cluster 3

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Der Bedarf Ihrer Sprachgemeinschaft
Vorbemerkung
1. Einleitung
2. Das Euromosaic Model und Ergebnisse
3. Bedarfsanalyse
i. Der SMILE Report
4. Cluster und Bedarfe
i. Allgemeine Beobachtungen
ii. CLUSTER 1 und 2
iii. CLUSTER 3
iv. CLUSTER 4
v. CLUSTER 5
vi. Staatssprachen und staatslose Sprachen
vii. Wirtschaftsentwicklung
5. Typologiebildung
6. Sprache und die Neue Ökonomie
i. HLT Skalen
ii. Bedarfe
Vorbemerkung
Ziel ist es, eine Bedarfsanalyse zu entwickeln, auf deren Grundlage eine Typologie von Sprachgruppen
entwickelt werden kann, die mit den EU-Fördermöglichkeiten kombiniert werden kann. Um
sicherzustellen, dass dies eine gemeinschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Antragstellern wird,
ist es wünschenswert, dass jeder dieser Antragsteller die Möglichkeit erhält, sich über das Projekt zu
informieren, um sich als Teil der Arbeit betrachten zu können. Dieses Dokument soll den
gemeinschaftlichen Aspekt fördern, indem jeder die Möglichkeit hat, durch seine Ideen an der
Entwicklung des Projektes mitzuarbeiten. Somit kann es zur Grundlage für Diskussionen in der ersten
Projektsitzung beitragen.
Das Dokument ist als internes Dokument geschrieben worden, was sich in der kritischen und
analytischen Form, aber auch auf der Betonung der theoretischen Grundlagen zeigt, die über unser
Verständnis über die Produktion und die Wiedergabe von Minderheitensprachgruppen informieren.
Daher wird dieses Dokument auf unterschiedliche Akzeptanz stoßen, was so einkalkuliert wurde.
-1-
1. Einleitung
Die Gründe, die mit der Entwicklung des „Bedarfs-Rahmens“ für unterschiedliche Sprachgruppen
zusammenhängen, machen es notwendig, dass man sich bewusst ist, dass der Prozess der
Sprachplanung nicht nur durch Korpus und Statusplanung dargestellt werden kann. So ist z.B. eine
Sprache, die nicht standardisiert wird, nicht für die Menschliche Sprachtechnologie (HLT) geeignet und
somit von dem Markt der New Economy ausgeschlossen.
Dies verdeutlicht die Wichtigkeit der Sprachplanung als Rahmen für das Entwickeln der Bedarfe
verschiedener Sprachgruppen. Jedoch sollte Sprachplanung nicht als einfaches Derivat von
wirtschaftlicher oder kultureller Politik angesehen werden. In der Euromosaic Studie entwarfen wir ein
Entwicklungsmodell basierend auf der Kapazität des Produzierens und Reproduzierens der Sprachen
durch Sprachgruppen. Die Sprachgruppen werden als soziale Gruppen im normativen Rahmen von
Gesellschaft und Wirtschaft gesehen. Der Fokus lag sehr stark auf der Statusplanung und auf dem
Umstand, wie der Sprachgebrauch erhöht werden kann. In der Atlantis Studie wurde der Fokus auf
die Beteiligung der Sprachgruppen an der New Economy gelegt. Gewissermaßen verschob sich der
Fokus auf die Korpusplanung. Aus unserer Ansicht bieten diese beiden Studien die beste Grundlage,
um eine Bedarfsanalyse zu entwickeln.
Andererseits ist es auch wichtig zu erkennen, dass dies lediglich eine begrenzte Bedeutung für die
formale institutionelle Praxis der Sprachplanung hat. Eher versuchen wir einen Kontext zu entwickeln,
innerhalb dessen Rahmen Freiwillige, einzelne Organisationen und Forschungszentren die Initiative
ergreifen können an Projekten teilzunehmen, die für die Politikpraxis der Sprachplanung von
Bedeutung sind. In diesem Sinn wird Sprachplanung als eine zentrierte Tätigkeit gesehen, die mit
gesetzlichen und institutionellen Bedingungen verknüpft ist.
2. Das Euromosaic Modell und die Ergebnisse
Das Euromosaic Modell basierte auf der Kapazität unterschiedlicher Sprachgruppen institutionelle
Kontexte abzubilden, die für die kulturelle Reproduktion notwendig sind: die Familie, die
Gemeinschaft, die Wirtschaft und Bildung.
Sie wird in schematischer Form auf der nächsten Seite dargestellt:
-2-
Abb. 1.1 Schematische Darstellung der sprachlichen Produktion und Reproduktion
ÖKONOMISCHER PROZESS
ZYKLUS DER ÖKONOMISCHEN
AKKUMULATION IN DER
PERIPHERIE
POLITISCHER DISKURS
ÖKONOMISCHE RESTRUKTURIERUNG
Öffentlicher
Sektor
Lokal
ARBEITSMÄRKTE
KAPITALFLUSS
Regional
MIGRATION
International
Privater Sektor
SPRACHPRESTIGE
SPRACHSTATUS
BILDUNG
SPRACHGRUPPEN-ENDOGAMIE
FAMILIE
GEMEINSCHAFT
SPRACHLICHE PRODUKTION/REPRODUKTION/NICHT-REPRODUKTION
-3-
Dieses Modell bemüht sich jene Kräfte darzustellen, die für die Produktion und die Reproduktion der
regionalen Minderheitensprachen hauptsächlich verantwortlich sind. Es ist ein Modell des industriellen
Wirtschaftszeitalters, in dem einige Änderungen notwendig werden, um die Auswirkungen der New
Economy darzustellen – siehe unten. Innerhalb der soziologischen Analyse wird soziale Reproduktion
als Ausdruck dessen gesehen, wie sich die soziale Struktur mit Veränderungen der Ökonomie
verändert. Es gibt Raum für individuelle soziale Mobilität, die ihrerseits Aufschluss über die
kapitalistischen Wirtschaftsstrukturen und Gesellschaftsverhältnisse gibt. Für eine lange Zeit suchten
viele der orthodoxeren Deutungen der Gesellschaft, Gesellschaftsklassenanalysen zu privilegieren.
Jedoch hat der Fokus sich verschoben hin zu Gesellschaftsklasse, Geschlecht und ethnische Gruppen,
die koexistieren. Das Betrachten einer Sprachgruppe als Sozialgruppe ermöglicht es uns, das
Reproduktionsmodell auf diese Gruppen anzuwenden. Außerdem betrifft das Reproduktionsmodell
nicht nur einzelne Mitglieder, die innerhalb der Sozialgruppe bleiben, sondern auch jene, die sich in
die Gruppe begeben. Es ist die Sozialgruppe, die reproduziert wird, und es gibt individuelle Mobilität
hinein in die Gruppe und auch hinaus. Mit Sprache als Kennzeichen der Sozialgruppe wird es möglich,
Produktion und Reproduktion zu betrachten, indem sich die Produktion auf neue Mitglieder in der
Sozialgruppe bezieht. Selbstverständlich gehören Individuen vieler sozialen Gruppen an, womit es
notwendig wird, die vielfältigsten Identitäten zu betrachten, die von diesen sozialen Gruppen
abstammen. Der wichtige Punkt hier ist, dass sich unsere Betrachtungsweise verschiebt von einem
konkreten Hinweis auf Sprache als Objekt hin zu einer speziellen Art von sozialer Gruppe, welche
durch Sprache gekennzeichnet ist.
Bis in die achtziger Jahre gab es eine Tendenz zu soziologische Theorien, die das Verhalten der
sozialen Akteure ausschließlich auf deren Position in dem sozialen Gesellschaftsgeflecht begründet
sahen. Diese ließen keinen Raum für Formen sozialer Kreativität oder Widerstände gegen die
Bestimmung ausschließlich durch soziale Position. Dies führte zu einer Orientierung, welche stark auf
der sozialen Konstruktion von Bedeutung aufbaut. Dies bedeutet auch, dass der soziale Akteur die
soziale Struktur beeinflussen kann. So kann ein Arbeitsmarktsegment geschaffen werden, das
ausschließlich Sprechern einer regionalen Minderheitensprache geöffnet ist, wenn die Sprecher Wege
finden, ihre Sprache in die Arbeit und Beschäftigung mit einzubeziehen. So können sie einen Effekt
auf der Sozialstruktur innerhalb der Region ausüben.
Wir wenden uns jetzt einer Betrachtung des Konzeptuellen Rahmens des Modells zu und wie sich die
verschiedenen Konzepte innerhalb eines dynamischen Sozialprozesses äußern. Es ist
selbstverständlich, dass die Prozesse ökonomischer Veränderungen starke Auswirkungen auf
Veränderungen der sozialen Reproduktion haben, insbesondere dann, wenn es starke ZentrumPeripherie-Gegensätze gibt. Dies macht neoliberale Sichtweisen, deren eine Betonung der Marktkräfte
in der Betrachtung des Einzelnen und der Gemeinschaft zu Eigen ist.
Diese Sichtweisen sind aufgrund Reduktion der Reglementarien des Staates und der Globalisierung
der Märkte sehr aktuell. Das Endresultat wird ein konstanter Prozess des Umstrukturierens sein,
welcher sich auf die Regionen in unterschiedlichen Wegen auswirkt. Obwohl die Details der regionalen
Umstrukturierung unterschiedlich sein werden, wird es einige Elemente geben, die alle Regionen
betreffen. Ökonomische Umstrukturierung erfordert notgedrungen eine neue Zirkulation des Kapitals
und dies trägt zur inneren Migration bei. Es scheint als befänden wir uns in einem Prozess der
Geldanhäufung mit der Betonung auf regionalen Unterschieden und Ungleichheiten. Dies hat
Auswirkungen auf die Migration. Die Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK) hat
vielleicht Auswirkungen auf Aktivitäten und Beschäftigung, aber nicht auf strukturelle
Beschäftigungsmöglichkeiten.
Die Auswirkungen der Migrationsströme auf die Möglichkeit der Produktion und Reproduktion von
Minderheitensprachgruppen können beträchtlich sein. Wenn sich eine Minderheitensprachgruppe in
ihrer kulturellen Praxis und Institutionen einschließt, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die
Staatssprache als hauptsächliches Interaktionsmedium durchsetzt. Das hat Auswirkungen auf die
Möglichkeiten der Produktion und Reproduktion von Sprache innerhalb der Zivilgesellschaft. Hierbei
spielen die beiden Institutionen Familie und Gesellschaft die Hauptrolle. Einwanderung kann ebenso
signifikante Auswirkungen auf die Rolle der Familie in der Weitergabe der Sprache haben.
Ökonomische Umstrukturierung zeigt sich durch die Auswirkungen auf die verschiedenen
Arbeitsmärkte. An dieser Stelle identifizieren wir die wichtigste Variable in unserem Modell durch
Betrachtung der Motivation für die Produktion und Reproduktion von regionalen Minderheitssprachen,
-4-
und zwar für Sprecher und Nichtsprecher einer Minderheitensprache. Dies bezeichnen wir als
Sprachprestige oder Wert der Sprache für soziale Mobilität. Da die Motivation eine Sprache zu
sprechen von der ökonomischen Bedeutung abgeleitet wird, hat dies beträchtliche Auswirkungen auf
die Familie und Gesellschaft.
Die Sprache ist ausschließlich da, um auf dem lokalen und regionalen Arbeitsmarkt zu handeln, es sei
denn es gibt eine zusätzliche Staatssprache, die in einem anderen Staat gelernt werden kann. Dafür
ist es also notwendig, mehr über die regionale Wirtschaft und wie man sich um sie kümmern kann
nachzudenken. Der Peripherie fehlen hier viele Gestaltungsmöglichkeiten und dies führt zu einer
Auswanderung von Schlüsselpersonal speziell dann, wenn die Staatsbildung die regionalen
Arbeitsbedingungen überdeckt. Es gibt auch Unterschiede beim Umfang, mit welchem die
Minderheitensprachen integriert werden können – zum einen in den öffentlichen und zum anderen in
den privaten Sektor. Offensichtlich sind die regionale Politik und die Bereitschaft und die Möglichkeiten
der regionalen Autoritäten im privaten Sektor von besonderer Bedeutung im Hinblick auf die
Unterstützung von regionalen Sprachen.
Auch muss die Bildung als Sektor näher betrachtet werden. Auch hier treffen wir auf eine Institution,
welche Produktion und Reproduktion von Wirtschaft und Zivilgesellschaft umspannt. Die Benutzung
von Sprache in der Vor- und Grundschule hat wenig Bedeutung für den Arbeitsmarkt, dagegen hat sie
entscheidende Wichtigkeit für die Kompetenzen und die Benutzung innerhalb der Zivilgesellschaft. Auf
der anderen Seite fordert die Integration der Sprache in wirtschaftliche Aktivitäten die Verwendung
dieser auf einem höheren Bildungsniveau. Das ist ein Grund für die strukturellen Merkmale der
sozialen Reproduktion. Wie wir betont haben, liegt dies an der Beziehung zwischen wirtschaftlicher
Ordnung und sozialer Struktur. Wirtschaftliche Veränderungen und soziale Organisation laufen nicht in
einem Vakuum ab. Der Staat spielt in der Festlegung der sozialen Prozesses durch Gesetze oder
Sozialpolitik eine wichtige Rolle: z.B. Regulierung der Nutzung der Sprache. Wie wir sehen werden,
gibt es eine Abneigung gegenüber Marktprinzipien. An dieser Stelle führen wir das Konzept der
Legitimation ein. Es betrifft die Sprache, wie diese durch Gesetze oder Politik legitimiert wird innerhalb
der administrativen und wirtschaftlichen Aktivitäten. Natürlich ist Administration ein Teil der
wirtschaftlichen Ordnung, indem sie Beschäftigung und den Arbeitsmarkt regelt.
Es ist offensichtlich, dass die Legitimation keinen wünschenswerten Effekt auf die soziale Praxis hat.
Es muss ein Transfer der Legitimationsprinzipien in soziale Praxis betreffen, damit sich Verhalten meist
stillschweigend institutionalisiert. Das bedeutet, dass sich ein Individuum darüber nicht direkt bewusst
ist und somit keine reflektierte Praxis darstellt. An diesem Punkt heben wir uns von in der Linguistik
gängigen Konzepten wie „Domäne“, „Diglossie“ und „Normalisierung“ ab. All diese Konzepte basieren
auf rationalen Annahmen über das soziale Verhalten. Soziologie betrachtet solche Konzepte durch die
Akzeptanz, dass normatives Verhalten in der Natur der Menschen liegt. Das bedeutet, dass soziale
Praxis als institutionalisiertes Verhalten betrachten wird. Das macht die Beziehung zwischen
Legitimation und Institutionalisierung komplexer als es scheint. Es bedeutet auch, das Konzepte wie
Normalisierung (welches zusammengefasst bedeutet, dass das Benutzen einer Sprache normal ist)
mehr beinhalten kann, als auf den ersten Blick erkennbar ist. Durch die Ableitung von soziologischen
Theorien konstruiert das Modell die Sprachgruppe als soziale Gruppe, welche sich in unterschiedlichen
Wegen durch politische Diskussionen und der wirtschaftlichen Ordnung strukturiert. Dieses Modell
leitet aus der Notwendigkeit eine analytische Perspektive zu entwickeln zwei Dinge ab: Erstens hätte
es unterschiedliche Bedingungen für die verschiedenen Minderheitensprachgruppen in Europa zu
klären. Zweitens wäre es ausreichend theoretisch fundiert, um auszuarbeiten wie diese Gruppen sich
selbst reproduzieren können. Es ist also ein Modell, welches stark an Bedürfnissen und Bedarfen
ausgerichtet ist.
Dieses Modell ist stark hypothetisch und deduktiv und diente uns als Basis, um einen konzeptuellen
Rahmen zu entwickeln, der es uns ermöglichte die Bedeutung dieses Konzeptes und die mit ihm
verbundenen Variablen in verschiedenen Fällen in Europa zu erforschen. Die Ergebnisse dieses
Projektes werden nachfolgend dargestellt.
Auf Grund einer Analyse konnten 54 verschiedene regionale Minderheitensprachen in der EU
herauskristallisiert werden. Das Hauptziel in dieser Analyse war die Verteilung von Punkten zu jeder
Sprachgruppe anhand von sieben Hauptvariablen des Modells:
 Rolle der Familie in der Reproduktion der Sprachgruppen
-5-
 Rolle der Gemeinschaft in der Produktion und Reproduktion der Sprachgruppen
 Rolle der Bildung in der Produktion und Reproduktion der Sprachgruppen
 Wert der Sprache für soziale Mobilität – Sprachprestige
 Legitimation/Legitimierung der Sprachbenutzung
 Institutionalisierung der Sprachnutzung
Die Identifikation eines jeden individuellen Falls reduziert die Falscheinordnung von Variablen. Die
Analyse:
 stellt eine Rangliste von den verschiedenen Fällen auf, mit Referenz zu jeder Variablen
und zur Gesamtpunktezahl,
 nimmt eine Clusteranalyse vor, die Fälle mit gleichen Punkten isoliert
 nimmt Korrelationsanalyse vor, um die Verbindung zwischen den Variablen zu sehen.
Diese Punkte sind in den folgenden Tabellen abgebildet:
TABELLE 1: Punkte und Ränge der Sprachgruppen
SPRACHGRUPPE
RANG
PUNKTE
Schwedisch in Finnland
1
28
Katalanisch in Katalonien
1
28
Deutsch in Belgien
3
27
Deutsch in Italien
3
27
Luxemburgisch
5
25
Walisisch
6
24
Baskisch
6
24
Katalanisch in Majorca
8
23
Galizisch
9
22
Ladinisch
10
20
Slowenisch in Italien
10
20
Slovenisch in Österreich
12
19
Turkisch in Griechenland
12
19
Baskisch in Navarra
14
18
Danisch in Deutschland
14
18
Deutsch in Dänemark
14
18
Katalanisch in Valencia
17
17
Irisch
17
17
Okzitanisch in Spanien
19
16
Asturisch
19
16
Gälisch
19
16
Französisch in Deutschland
22
15
Friaulisch
22
15
-6-
Friesisch
22
15
Kroatisch in Österreich
25
14
Sorbisch
25
14
Baskisch in Frankreich
27
13
Sami in Finnland
27
13
Finnisch in Tornedal
29
12
Katalanisch in Frankreich
29
12
Katalanisch in Aragon
29
12
Korsisch
29
12
Ungarisch in Österreich
33
11
Frankoprovenzalisch
33
11
Irisch in Nordirland
33
11
Albanisch in Italien
36
10
Sami in Schweden
36
10
Slowakisch in Österreich
38
9
Katalanisch in Italien
39
8
Okzitanisch in Italien
39
8
Mirandisch
39
8
Bretonisch
39
8
Nordfriesisch
43
5
Flämisch in Frankreich
43
5
Slawomazedonisch
43
5
Okzitanisch in Frankreich
43
5
Sardinisch
47
4
Bulgarisch
48
3
Ostfriesisch
48
3
Portugiesisch in Spanein
48
3
Albanisch in Griechenland
51
2
Aromunisch
52
2
Grico
52
2
Kornisch
54
0
-7-
Kultur
Gemeinschaft
Prestige
Institutionalisierung
Legitimation
Bildung
TOT.
CLUSTER 1
Schwedisch in Finnland
Katalanisch
Deutsch in Belgien
Deutsch in Italien
Luxemburgisch
Walisisch
Baskisch
Katalanisch auf den Balearen
Galizisch
CLUSTER2
Ladinisch
Slowenisch in Italien
Slowenisch in Österreich
Türkisch
Baskisch in Navarra
Dänisch in Deutschland
Deutsch in Dänemark
Katalanisch in Valencia
Irisch
Okzitanisch in Spanien
Asturisch
Gaelisch
CLUSTER 3
Deutsch in Frankreich
Friaulisch
Friesisch
kroatisch in Österreich
Sorbisch
Baskisch in Frankreich
Sami in Finnland
Finnisch in Tornedal (S)
Katalanisch in Frankreich
Katalanisch in Aragon
Korsisch
CLUSTER 4
Ungarisch in Österreich
Frankoprovenzalisch
Irisch in NI
Albanisch in Italien
Sami in Schweden
Slowakisch in Österreich
Katalanisch in Italien
Familie
TABELLE 2: Clusterpunkte nach Variable
4
4
4
4
4
3
3
3
3
4
4
4
4
3
3
4
3
3
4
4
4
4
4
3
3
3
3
4
4
4
4
3
4
3
3
3
4
4
4
4
4
3
3
4
3
4
4
4
4
4
4
4
3
4
4
4
3
3
3
4
4
4
3
28
28
27
27
25
24
24
23
22
3
3
3
4
3
3
2
2
2
3
2
2
2
2
2
2
3
3
3
3
3
1
2
3
3
3
3
3
2
2
2
2
2
3
2
2
3
3
3
2
2
2
3
2
2
2
2
2
3
3
3
3
2
3
2
3
2
2
3
2
4
3
3
2
3
2
3
3
3
3
3
3
2
3
2
3
3
3
3
2
3
2
2
2
20
20
19
19
18
18
18
17
17
16
16
16
2
3
2
2
1
2
1
1
2
3
2
3
2
2
1
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
1
2
2
2
2
2
1
2
3
2
1
2
2
2
2
1
1
1
2
3
3
3
2
2
2
2
2
2
2
2
1
2
3
3
1
2
2
1
1
2
2
1
2
2
3
2
2
1
2
1
2
15
15
15
14
14
13
13
12
12
12
12
1
2
1
3
1
2
2
1
1
2
1
1
1
2
1
2
1
2
1
1
1
2
2
2
0
1
1
0
2
2
1
2
2
1
1
2
1
2
1
2
2
1
2
1
2
1
2
1
1
11
11
11
10
10
9
8
-8-
Okzitanisch in Italien
Mirandisch
Bretonisch
CLUSTER 5
Nordfriesisch
Flämisch in Frankreich
Slawomazedonisch
Okzitanisch in Frankreich
Sardinisch
Bulgarisch
Ostfriesisch
Portugiesisch in Spanien
Aromunisch
Grico
Albanisch in Griechenland
Kornisch
3
3
1
1
0
3
2
2
1
0
0
0
1
1
1
0
1
0
1
1
2
8
8
8
1
1
2
1
1
2
1
1
2
0
2
0
0
1
1
1
1
0
0
1
0
1
0
0
1
1
2
1
1
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1
1
0
1
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0
2
1
0
1
0
0
1
1
0
1
0
0
5
5
5
5
4
3
3
3
2
2
2
0
3. Bedarfsanalyse
Die Tabellen belegen, dass nicht alle Sprachgruppen dieselben Fähigkeiten zur Produktion und
Reproduktion haben. Dies impliziert unterschiedliche Aktivitäten für die Minderheiten, zumindest in
den unterschiedlichen Clustern. Da die Cluster Kategorien von Minderheitensprachgruppen darstellen,
die eine ähnliche Punktzahl erreichen, kann man diese zusammen behandeln und zudem als eine Art
Typologie verstehen. Es ist auch wichtig zu beachten, dass Soziologie mit Generalisierungen arbeitet,
bei denen das Konzept soziale Gruppe selbst eine Verallgemeinerung darstellt, so dass wir es hier mit
Verallgemeinerungen zu generalisierten Gruppen handelt. Allerdings sind die Gruppen in den Clustern
nicht identisch, so dass jeder Fall wiederum einzelnen betrachtet werden muss, was die einzelnen
Berichte bei Euromosaic machen.
i. Der SMILE Bericht:
Bevor wir auf die Interpretation der Skalen eingehen, lohnt ein Blick auf den Bericht „Support for
minority languages in Europe" (Unterstützung von Minderheitensprachen in Europa), der vom Referat
„Sprachenpolitik" der Generaldirektion Bildung und Kultur in Auftrag gegeben wurde. Dieser Bericht
soll die notwendigen Instrumente für die Ausrichtung der Unterstützung der sprachlichen Vielfalt
durch die Europäische Union aufzeigen. Diese Frage wird in einem breiteren Kontext behandelt, der
durch andere politische Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen (national, regional, kommunal)
gekennzeichnet ist, die die Regional- und Minderheitensprachen (RMLs) schützen und fördern sollen.
Im Gegensatz zum Euromosaic-Projekt folgte dieser Bericht keiner theoretischen Vorgabe und stellt
damit ein praxisorientiertes Dokument dar, wohingegen Euromosaic einen Beitrag in der theoretischen
Diskussion leistet, so dass Skalen und Ergebnisse nicht vereinfachend benutzt werden dürfen.
Die Stärke des SMILE Berichts ist seine valide Kritik am Euromosaic-Projekt, die eine Bedarfs- oder
politische Analyse, aufbauend auf theoretischen Vorgaben, darstellt. Allerdigs ist der Bericht selbst zu
kritisieren. So besteht kein einfacher, linearer Zusammenhang zwischen den einzelnen Dimensionen
oder Skalen, wie es in dem Bericht suggeriert wird. Diese vereinfachenden Zusammenhänge finden
sich z.B. in Fishmans Modell des „Reversing Language Shift“, die eher zu einer Typologie als zu
analytischen Sichtweisen führen. In solchen Typologien wird z.B. meist übersehen, wenn Bereiche
isoliert ohne Zusammenhang aufgelistet werden, dass es Politiken gibt, die auf alle Minderheiten
angewendet werden müssen, wie z.B. für Familie und Gemeinschaft.
Der SMILE Bericht entwickelt Stufen zur Beschreibung der Situation von Minderheiten, die an die
GIDS-Skala von Fishman angelehnt sind, aber zugleich sich auch dem Skalen-Model von Euromosaic
orientiert. Allerdings rückt SMILE wieder stärker die Sprache in den Mittelpunkt, wohingegen bei
Euromosaic die soziale Gruppe einer Sprache im Fokus steht. Ist das Skalen-Modell also theoretisch
wenig fundiert, so ist Kosten-Nutzen-Analyse für die Unterstützung von Minderheitensprachen ein sehr
wichtiges Element. Dennoch bleibt die mangelhafte theoretische Fundierung fraglich, zumal
-9-
Euromosaic und SMILE aufgrund epistemologischer Gegensätze nicht miteinander vereinbar sind. So
haben die verwendeten Konzepte unterschiedliche Bedeutung, so dass eine Verbindung von Fishmans
Ansatz mit den Daten des Euromosaic-Berichts nicht akzeptierbar ist. Zudem kommt es in dem Bericht
nicht zu einer eigenen Interpretation der Skalen und Daten, die damit verfälscht aus Euromosiac
verwendet werden, so dass wir von einer Berücksichtigung des SMILE-Berichts abraten.
4. Cluster und Bedarfe
Wir betrachten nun die einzelnen Cluster, bevor wir einzelne Bedarfseinschätzungen abgeben. Hierbei
ist zu beachten, dass Verallgemeinerungen nur im Zusammenhang mit den Einzelberichten bei
Euromosaic gesehen werden dürfen.
i. Allgemeine Beobachtungen:
Die meisten der Gruppen in Cluster 1 und Cluster leben im Zentrum oder der Semi-Peripherie, wo sie
dem Prozess der Restrukturierung standgehalten haben, indem sie z.B. spezifische ökonomische
Nischen besetzt haben. Die meisten haben auch der Arbeitsmigration und dem damit verbunden
Prestigeverlust standgehalten. Dennoch zollen die Gruppen durch den Verlust an Größe den
ökonomischen Umstrukturierungen Tribut, wobei hier dem Staat und seiner Unterstützung eine
zentrale Rolle zukommt.
Sprache ist in diesen Clustern als ein dynamisches Objekt konstruiert, dessen Bedeutung nicht nur im
Privaten, sondern auch auf regionalen Arbeitsmärkten liegt, was sich wiederum im Bildungssektor
widerspiegelt. Diese Legitimierung erfolgt sehr stark dadurch, inwieweit der Staat es zulässt, dass die
Sprachen an ein bestimmtes Territorium gebunden sind. Dieses Territorium ist ebenso ein soziales
Konstrukt, das sich auch durch Sprache definiert.
In diesem Sinn haben die Gruppen des Clusters 1, und begrenzt auch in Cluster 2, eine Legitimierung
erreicht, die als konstruktiv bezeichnet werden kann. Denn viele von ihnen haben
Sprachplanungseinrichtungen zur Verfolgung ihrer Interessen. Hier sollte auch bedacht werden, dass diese
Institutionen sich für Sprachgruppen in den Clustern 3 bis 5 einsetzen könnten. Auch wenn dies plausibel
erscheinen mag, sind hier die unterschiedlichen Bedürfnisse der Sprachgruppen, aber auch ihrer Fähigkeit
zur Produktion und Reproduktion zu berücksichtigen. Die Übertragung von Kompetenzen oder
Lösungsansätze ist insgesamt schwierig aufgrund der unterschiedlichen situativen Bedingungen. Dennoch
müssen Minderheitensprachen stärker in den öffentlichen Sektor integriert werden, um auch den privaten
Sektor zu eigenen Aktivitäten anzuregen. Eine neue Herausforderung kommt zudem durch die IuK hinzu
(siehe unten).
In den Clustern 3 und 4 tauchen Sprachgruppen auf, die eine größere Unterstützung durch den Staat als
durch die eigene Zivilgesellschaft erhalten. Dies steht im krassen Kontrast zu den Clustern 4 und 5, in
denen der Staat keine Unterstützung leistet oder manchmal gar feindlich den Minderheitengruppen
gegenübersteht. In diesen letzten Clustern kommt eine zentralisierte Staatsphilosophie zum Tragen, bei der
Staat und Gesellschaft integriert werden, wobei die Kirche ebenso eine bedeutende Rolle spielt. Im
Gegensatz dazu leben Minderheiten der Cluster 1 und 2 in Staaten, die eine dezentrale Verantwortung
zulassen. Die zunehmende Dezentralisierung führt aber nicht automatisch zu einer Verringerung der
Spannungen zwischen Zentrum und Peripherie.
Innerhalb der Sprachplanung wird immer wieder der Bedeutung der Politik auf die normative
gesellschaftliche Ordnung hervorgehoben. Hier kommen Konzepte wie Domäne oder Normalisierung an ihre
Grenzen. Sprachverwendung geht nicht nur auf die Sprachkompetenz zurück, sondern eher darauf, wie
diese Kompetenz in Abhängigkeit zu Subjekten und Objekten einer Gesellschaft konzeptualisiert ist.
Kontexte der Sprachverwendung können zudem nicht isoliert betrachtet werden, da sie von den anderen
und der eigenen Identität abhängt. Identität ist daher weniger unter der Kontrolle des Individuums,
vielmehr wie Diskurskonstrukte das Individuum in einem Kontext platzieren. Wir können nicht uns selbst in
eine Identität hineindenken, und Institutionalisierung ist kein rationaler Prozess, der uns erlaubt zu
behaupten „Ich fühle mich walisisch, deshalb bin ich Waliser“.
- 10 -
ii. CLUSTER 1 und 2
Sprachgruppen in diesen Clustern sind im Gegensatz zu den anderen am besten gestellt, da sie
ökonomisch gut gestellt sind und vom Staat unterstützt werden, wobei sich Unterschiede innerhalb
des Clusters ergeben. Luxemburgisch zum Beispiel könnte nicht in diese Cluster aufgenommen
werden, da die Sprache im Bildungssektor so gut wie keine Rolle spielt, auf der anderen Seite ist es
eine offizielle Sprache in einem Nationalstaat der EU. So könnte auch Deutsch in Italien besser gestellt
sein als Katalanisch, da letzteres keine offizielle Staatssprache ist.
Vielen der Sprachgruppen in diesen Clustern fehlt ein gut ausgebautes Schulsystem, auch weil oft eine
ausreichende Anzahl von Schülern fehlt. Hinzu kommt, dass oft eine Anbindung an lokale
Wirtschaftsräume fehlt, wobei diesem Aspekt große Beachtung geschenkt werden muss.
Ein zusätzliches Augenmerk muss der Gemeinschaftsentwicklung gewidmet werden, da diese wichtig
für die Weiterentwicklung ist. Obgleich die Sprachen gut ausgebaut sind, fehl auch in diesen Clustern
die Umsetzung der Erkenntnisse und Kenntnisse in die Sprachpraxis. Hierzu muss ein Augenmerk auf
die Entwicklung von Status und Prestige der Sprachen gelenkt werden.
iii.
CLUSTER 3:
Im Gegensatz zu den vorherigen Sprachgruppen sind nur wenige Sprachgruppen dieses Clusters Teil
einer ökonomischen Fortentwicklung geworden. Ist dies trotzdem der Fall, wurde die Sprachgruppe
gestärkt. Mit wenigen Ausnahmen ist die Reproduktion in der Familie nur schwach ausgeprägt, da die
soziale und ökonomische Motivation hierzu fehlt. Für die meisten Sprachgruppen gilt, dass ihre
Sprache ohne Legitimierung und Prestige institutionalisiert wurde, so dass der Status in der
Zivilgesellschaft schwach ist. Allerdings haben die Sprachgruppen Zugang zur kulturellen Reproduktion
und selten zu Schulstrukturen.
Zwei dieser Sprachgruppen befinden sich in höchst dynamischen Regionen Europas, die Kapital und
Arbeit an sich ziehen. Alle anderen befinden sich in der Peripherie. Die Dominanz des Tourismus als
Erwerbsquelle verhindert eine nachhaltige Reproduktion dieser Gruppen, wobei gerade der
Niedergang der Landwirtschaft oftmals keinen anderen Ausweg lässt. Hinzu kommt eine starke
Abwanderung, die zu einer Veränderung der Sozialstrukturen führt.
In manchen Fällen ist die Erhöhung der Institutionalisierung unumgänglich und auf andere Bereiche
auszudehnen, was durch staatliche und lokale Einrichtungen geleistet werden kann. Hier können z.B.
Italien und Frankreich genannt werden, die entsprechende Unterstützung leisten. Sehr wichtig ist hier
auch die Stärkung des Primarbereichs als Grundlage der gesamten Ausbildung in einer
Minderheitensprache.
iv.
CLUSTER 4:
Im vierten Cluster finden sich Sprachgruppen mit vergleichbaren Konstellationen zu denen des
vorherigen Clusters. Sie leben in der Peripherie und haben eine enorme Einwanderung zu verkraften,
die zugleich mit einer gesellschaftlichen Umstrukturierung verbunden ist. Es gibt wenig Prestige und
Legitimierung, so dass der Stand in der Zivilgesellschaft schwach ist, wodurch die Sprecherzahl stark
zurückgeht. Es zeigt sich auch eine hohe Variation in dem Cluster von einer absolut nicht
stattfindenden Reproduktion bis hin zu einer Reproduktion zumindest ausschließlich in der Familie.
Eine Verbesserung der Situation muss daher alle sieben variablen ins Visier nehmen, wobei die
Ausprägung nach den Sprachgruppen variiert. Familie, Gemeinschaft und Bildung sollten am meisten
im Mittelpunkt stehen. .
v.
CLUSTER 5:
Auch die Sprachgruppen dieses Clusters sind hauptsächlich in der Peripherie angesiedelt. Sie verfügen nur
über eine kleine Anzahl von Sprechern, wobei in das Gebiet kaum Migration stattfindet und mithin kaum
Umstrukturierungsprozesse stattgefunden haben. Ihre Situation ist das Resultat des Ausschlusses aus
staatlichen Förderungen, da der Staat oftmals deren Existenz negiert. In den meisten Fällen haben die
- 11 -
Sprachen jedoch eine Bedeutung im privaten Umfeld und wird daher oftmals mit „Traditionellem“ und nicht
mit dem „Modernen“ verbunden. Die Sprachgruppen haben zudem keinen gesetzlichen Status, woraus sich
die Nicht-Unterstützung durch den Staat erklärt.
Es ist unrealistisch zu glauben, dass eine Verbesserung der Situation dieser Sprachgruppen schnell zu
erreichen ist. Aktivitäten sind zumeist im Rahmen der Zivilgesellschaft zu suchen, obgleich zugleich
grenzüberschreitende Kontakte eine Förderung erzeugen. Daher muss eine Unterstützung in der Erhöhung
des Sprachgebrauchs in der Zivilgesellschaft und in der Erhöhung des Prestiges der Sprache, wobei
Korpusplanung eine zentrale Maßnahme darstellt. Gleichzeitig muss aufgrund der Traditionsverbundenheit
ein Augenmerk auf die Familie gelegt werden.
Es sind zwei Richtungen der Unterstützung denkbar:
1. Sprachgruppen gleicher Cluster mit vergleichbaren Problemen sollten zusammenarbeiten.
2. Sprachgruppen verschiedener Cluster sollten ihre Erfahrungen austauschen.
In dieser Zusammenarbeit erhält der Technologietransfer eine zentrale Bedeutung.
vi.
Staatssprachen und staatslose Sprachen
Bisher haben wir Sprachgruppen nur im Hinblick auf ihre Reproduktionsfähigkeit in Abhängigkeit ihrer
erreichten Punkte in der Euromosaic-Untersuchung betrachtet. Verschiedene Sprachen haben aber zudem
keine Anbindung an Staatssprachen, was ihre Situation erschwert. Aber auch wenn Sprachen in
verschiedenen Ländern auftauchen wie z.B. Deutsch in Italien oder Frankreich ist ihre Situation
verschieden, da sie unterschiedlichen Gesellschaften angehören. Hier muss mithin eine Unterscheidung in
Staatssprachen und staatslose Sprachen eingeführt werden. So kommen Regionalsprachen wie das
Katalanische in den Fokus, da durch die Öffnung der Grenzen in der EU auch Regionen grenzüberschreitend
agieren können, was zu einer neuen transnationalen Qualität in der Förderung von Minderheitensprachen
führen kann. Diese Qualität ist oftmals an grenzüberschreitende Wirtschaftsbeziehungen geknüpft, die
immer wieder neu verhandelt werden müssen.
Wichtig im Kontext staatsloser Sprachen ist, dass Medien immer noch zumeist auf die Staatsbevölkerung
ausgerichtet sind und zwar bezüglich der Verbreitung einer „homogenen“ Kultur. Hier existieren
Unterschiede zwischen Printmedien und dem Fernsehen/Radio und innerhalb ihrer Struktur. So sind Medien
stark lokal ausgerichtet und weniger international, wobei das Lokale zumeist die Minderheitengruppen
ausklammert und sich auf eine lokale Staatsbevölkerung bezieht. In manchen Fällen existieren jedoch
regionale Radio- und Fernsehsender, die auch in der Minderheitensprache senden, allerdings unterliegen sie
zumeist komplett der staatlichen Kontrolle. Daher suchen viele dieser Sender nach unabhängigen
Produzenten für ihre Sendungen. Auch web-basierte Anwendungen wurden hierfür in rudimentärer Form
entwickelt. Hier ist auch auf das Mercator-Media-Netzwerk zu verweisen, das entsprechende Services für
alle Minderheiten versucht anzubieten. In diesem Zusammenhang kann die Rolle der EU so verstanden
werden, dass sie die Bedeutung des Staates eher schwächt, wenn sie durch entsprechende
Förderprogramme Medienaktivitäten unterstützt, wie sie auf dieser Plattform dokumentiert sind.
vii.
Wirtschaftsentwicklung
Innerhalb der Euromosaic-Studie ist die dynamische Wirtschaftsstruktur eine unabhängige Variable,
während Sprachgebrauch die abhängige Variable ist. Es ist auch deutlich, dass viele EU-Programme einen
Schwerpunkt auf Wirtschaftsentwicklung legen. Mithin ist es offensichtlich, dass unser Modell auch einen
Fokus auf wirtschaftliche Entwicklungen legt, bei dem Bildung eine Zubringerfunktion in Form der
Ausbildung von Arbeitskräften hat. Dieser Fokus beruht auf unserem generellen Verständnis des
Zusammenhangs zwischen Sprache und Wirtschaft:

An Orten, wo ökonomische Umstrukturierungen kaum Bedeutung haben, können Sprachgruppen mit
ihren eigenen Ressourcen überleben. Ihr Status ist aufgrund der staatlichen Unterstützung hoch.

An Orten, wo wirtschaftliche Umstrukturierung und zugleich eine Abwanderung eine Rolle spielen, ist
zugleich der niedrige ökonomische Status mit einem niedrigen Gruppenstatuts verbunden. Die
Sprachgruppen erhalten nur wenig oder keine Hilfe durch den Staat und sind daher von Elimination
bedroht.
- 12 -

An Orten, wo die wirtschaftliche Umstrukturierung vollständig abgelaufen ist, finden
Sprachgruppen, die geringe staatliche Hilfe erhalten, aber zugleich wenig institutionalisiert sind.

An anderen Orten, wo die wirtschaftliche Umstrukturierung stark abgelaufen ist, finden sich auch
Sprachgruppen, die viel staatliche Hilfe erhalten, und dann zugleich von den Umstrukturierungen
profitieren können.
sich
Das Fehlen jeglicher Verbindung zwischen kultureller Vielfalt und wirtschaftlichen Entwicklungen ist
schlüssig mit der Annahme, dass wirtschaftliches Wachstum mit einer kulturellen Homogenisierung
einhergeht. Dies führt zu einer ultimativen Ratio, nach der neo-klassische Ökonomen das Verhältnis
zwischen Zentrum und Peripherie gekennzeichnet haben. Dieser Diskurs geht davon aus, dass die
wirtschaftliche Veränderung peripherer Strukturen von zwei Faktoren abhängt: Aufheben der Isolation
durch die Erleichterung von Kommunikation und Aufheben der kulturellen Unterschiedlichkeit, um rationale
ökonomische Sichtweisen durchzusetzen.
Die Vitalität einer Minderheitensprachgruppe hängt nun entscheidend davon ab, wie diese Sprache in die
Ökonomie einziehen kann. Hierbei spielt individuelle Mobilität eine zentrale Rolle. Sprache ist in diesem
Prozess ein wichtiges Hilfsmittel. Die Betonung des „guten Lebens“ in diesem ökonomischen Diskurs über
Demokratie ist die Verbindung zwischen Ökonomie und Demokratie. In der neoklassischen Theorie wird
dieser Zusammenhang betont und er ist zentral für die neue Wissensökonomie.
Die Betonung ökonomischer Entwicklung lenkt den Blick auf die Fähigkeit der Regionen ihre eigenen
Vorteile und Kompetenzen ins Spiel zu bringen, wobei eher Human- denn Finanzkapital die tragende Rolle
für Innovationen hat. Dies öffnet den Raum für Vielfalt in diesem Diskurs. Die Beziehung zwischen
Innovation, Sprache und der sozialen Konstruktion von Bedeutung erzeugt eine neue Bedeutung für
wirtschaftliche Entwicklungen. Sprachen konstruieren Bedeutung in unterschiedlicher Weise und das
Mischen dieser Strukturen kann die Grundlage für neue Wissenskonstruktion sein. Die Betonung auf
Wissenskonstruktion und Wissensmanagement bedeutet, dass Sprache eine zentrale Rolle beim reflexiven
Lernen und bei der Bildung von Innovationsnetzwerken hat. Man kann gar das Argument konstruieren,
dass Innovation am ehesten im regionalen Kontext aufgrund der Signifikanz regionaler Kultur und Identität
für diesen Prozess stattfinden kann. Die Gemeinschaft erhält mithin eine neue Bedeutung in diesem neuen
wirtschaftlichen Wertschöpfungsprozess.
5. Typologiebildung
Wenn wir eine Typologie der Bedarfe unterschiedlicher Sprachgruppen auf Grundlage der Euromosaic
Daten erstellen wollen, dann muss diese Typologie auf den theoretischen Konzeptionen und Prinzipien
dieser Studie aufbauen. Zusammengefasst diskutierte das Euromosaic-Modell die Verbindung zwischen
Staat und Zivilgesellschaft in Abhängigkeit von deren Rolle bei der sozialen und kulturellen
Reproduktion, wobei eine Sprachgruppe nur eine Art von sozio-kulturellen Gruppen ist, denen ein
Individuum angehören kann. Eine Schwäche von Euromosaic ist, dass es keine Rangfolge oder
Beziehung zwischen diesen Gruppen aufstellen konnte, da hier multiple Identitäten und ihre
Koexistenz mit hätten berücksichtigt werden müssen. Die Zugehörigkeit zu verschiedenen Gruppen
kann aber eine entscheidende Rolle für die Reproduktion spielen.
Nach den bisherigen Ausführungen ist deutlich, dass es eine Verbindung zwischen Wirtschaftsordnung
und den Bildungseinrichtungen eines Staates gibt. Dieselben Bildungseinrichtungen spielen eine
zentrale Rolle in der ideologischen Ordnung eines Staates, die mit der kulturellen Reproduktion
verbunden ist. Jede Sprachgruppe, die von diesen Einrichtungen abgeschnitten ist, muss ihre
Produktion rein durch die Zivilgesellschaft – Familie und Gemeinschaft – leisten. Ob es überhaupt
Sprachgruppen gibt, die allen diesen Kategorien angehören, ist fraglich, denn dann wäre ihr
Minderheitenstatus fraglich. Dennoch ist es wichtig, dass Sprache, ihr Gebrauch und die Sprachgruppe
als etwas Normatives gesehen werden, denn dies macht Legitimierung und Institutionalisierung aus.
Hierzu muss die Sprache insbesondere im Primarbereich gefördert werden, um eine Basis für höhere
Schulen zu legen und um letztlich sie auch für das Wirtschaftsleben attraktiv zu machen.
Der typologische Rahmen basiert also auf der Klassifikation der Bedarfe in Bezug auf die Fähigkeit der
Sprachgruppe sich selbst zu reproduzieren und nicht wie bei Fishman in Bezug auf spezielle
Funktionen oder Korpusplanung. Die Verknüpfung der Bildungsinstitutionen mit der Wirtschaft in der
sozialen Reproduktion erlaubt es uns, diese als einen Prozess zu verstehen, in dem die Mobilisierung
- 13 -
von Lernressourcen mit wirtschaftlichen Aktivitäten einhergeht und mit einem Aufwerten des
Sprachprestiges, das wiederum Reproduktion und Sprachgebrauch motiviert. Dies ist das dynamische
Verständnis der Reproduktion von Sprachgruppen als soziale Gruppen.
Wenn die Annahme der Verbindung zwischen Bildung, Legitimierung und Wirtschaft korrekt ist, dann
ist ein Kontinuum über die einzelnen Sprachgruppen zu erwarten. Es reicht von Sprachgruppen, die in
allen drei Bereichen stark sind, bis hin zu solchen, die in allen drei Bereichen schwach sind. Die
dazwischenliegenden Fälle konstituieren sich durch die Rolle der Sprache im Bildungsbereich. Auf
diesem Level der Konzeptualisierung sind die Bedarfe zwar sehr allgemein, doch lassen sie sich recht
schnell spezialisieren.
Die Situation bezüglich der Sprachproduktion und -reproduktion in der Zivilgesellschaft ist nicht direkt
mit den anderen Variablen verbunden, auch wenn sie einen Einfluss haben. Der Grad an Legitimierung
kann die staatliche Unterstützung für die Sprachreproduktion auf der Gemeinschaftsebene
beeinflussen, dieser kann aber wiederum durch Einwanderung neutralisiert werden, woraus die
Komplexität des Wirkungsgefüges deutlich wird.
Hieraus lassen sich nun vier grundlegende Typen von Sprachgruppen entwickeln:
TYP
1
BESCHREIBUNG
Sprache ist integriert in Bildung,
und Wirtschaft, wobei die
Legitimierung stark ist.
2
Es besteht kein Wechselspiel
zwischen Bildung, Wirtschaft und
Legitimierung.
3
Bildung existiert nur zur
Unterstützung der Zivilgesellschaft.
4
Sprache wird nur in der
Zivilgesellschaft gesprochen und der
Staat ist negativ gegenüber dieser
Sprache eingestellt.
MARKIERUNG
Tertiäre Bildung
BEDARFE
 Starke Zivilgesellschaft
versus Einwanderung.
 Arbeit mit
Gemeinschaftsentwicklung,
um Gemeinschaft, Sprache
und Wirtschaft miteinander
zu verbinden.
 Ausweitung der tertiären
Bildung durch IuK.
Sekundarbildung  Stärken der formalen
Sprachproduktion.
Entwickeln nachhaltiger
Verbindungen zwischen
Bildung und
lokalen/regionalen
Arbeitsmarktbedarfen.
Primarbildung
 Erhöhen des Links zur
Staatssprache, wenn möglich
durch IuK.
 Integrieren von
Zivilgesellschaft und Bildung.
 Förderung der Ausweitung
von Bildung.
 Verstärken der Legitimierung
auch in anderen Bereichen.
Keine
 Vollständiger Fokus auf die
Formalbildung
Gemeinschaftsebene.
 Projekte durch die gesamte
Gemeinschaft und
Korpusplanung mit IuK.
- 14 -
6. Sprache und die New Economy
Das Atlantis-Projekt sollte primär herausfinden, inwieweit Sprachgruppen bereit sind, an der New
Economy teilzuhaben. Diese Fähigkeit hängt zu einem großen Teil von der Nutzung der Informationsund Kommunkationstechnologie (IuK) ab. Das Projekt fokussierte fast ausschließlich auf staatslose
Sprachen, da viele soziale Gruppen andere als die Staatssprachen benutzen, die in einem anderen
Staat auch eine Minderheitensprache sein kann. IuK fördert hier zugleich eine grenzüberschreitende
Betrachtung dieser Problematik.
Hier taucht ein wichtiger Punkt auf: Mit dem Nationalstaat entwickelte sich die Idee einer Gesellschaft
mit einer Sprache, Wirtschaft usw. Mit der IuK wird dieses Muster immer mehr in Frage gestellt, zumal
transnationale Akteure wie die EU eine zentrale Rolle einnehmen, was die gesamte Gesellschaft
verändern kann. Zumindest arbeitet diese Ökonomie in Übereinstimmung mit sozialen Bedarfen und
Wünschen bei gleichzeitiger Zurückdrängung des Staates. In diesem Mechanismus muss
Wirtschaftsplanung vergeblich sein (Giddens, 1994). Dies beeinflusst die Entwicklung von regionalen
Räumen und der Peripherie durch Institutionen, Technologien und Mentalitäten der alten Wirtschaft:
 In den neuen dynamischen Arbeitsmärkten muss beständig gelernt werden – von
Individuen und Organisationen.
 Wissen ist eine Ressource wie natürliche Ressourcen in de alten Wirtschaftsordnung.
 Regionale Wirtschaftsräume sind offener als in der alten Wirtschaftsordnung.
 Unternehmensunterstützung muss wissens- und nicht kapitalbasiert sein.
 Jede Region konkurriert mit den eigenen Kompetenzen und Werten, wobei die Integration
mit anderen Regionen notwendig ist, aber oft vergessen wird.
Die zentralen Wissens- und Kulturwerte müssen dann zum Wohle der Regionen angepasst werden –
und dies in Kopperation mit anderen Regionen. Wie oben erwähnt ist hier Vielfalt die Grundlage der
Erzeugung neuen Wissens, bei dem Sprache eine zentrale Rolle spielt. Hinzu kommt, dass kulturelle
Ressourcen für die New Economy digitalisiert werde müssen, was innerhalb der Content Produktion
passiert. Allerdings laufen die peripheren Minderheiten Gefahr, von diesem Prozess abgehängt zu
werden, da die Breitbandanschlüsse nur unter Prinzipien der freien Marktwirtschaft vergeben werden.
Hier öffnet sich der „digital divide“, zumal Minderheiten vom Nationalstaat nicht mit neuen
Technologien in Verbindung gebracht werden. Die Folge ist, dass nur Nationalsprachen in den Prozess
der Digitalisierung eingeschlossen werden.
Im Atlantis-Projekt wurden Skalen, vergleichbar mit denen des Euromosaic-Projekts entwickelt. Sie
zeigen die Position der staatslosen Sprachen bezüglich ihrer Fähigkeit in die New Economy
einzutreten. Das Konzept fokussiert auf die Wissensökonomie, die Wissensgenerierung und
-Management als Werte und Ressourcen ansieht, so wie Finanzkapital im industriellen Zeitalter. Viele
Arbeitsbedingungen laufen online, wobei gemeinsame Werte und Wissen transnational entwickelt
werden. In diesem Zusammenhang ist Sprache zentral und sprachliche Vielfalt ein Wert.
Da die IuK eine zentrale Rolle in der neuen Wirtschaftsordnung hat, müssen auch für Minderheiten
entsprechende Tools für elektronische Speicherung und Weitergabe von Informationen und
Kommunikationstools in ihrer Sprache entwickelt werden. Dies erfordert die Menschliche
Sprachtechnologie (Human Language Technology, HLT), die eine maschinelle Übersetzung und
Spracherkennung möglich macht. Minderheitensprachen werden dies ganz unterschiedlich bis
überhaupt nicht realisiert haben, so dass sich wiederum Skalen wie bei Euromosaic anbieten, die zwar
allgemein, aber spezifische Zugänge ermöglichen. Diese Skalen sollen insbesondere die
Transformation von Medien in Multimedia und die daran anknüpfende Entwicklung wissensintensiver
Wirtschaftsdienstleistungen (Knowledge Intensive Business Services: KIBS) berücksichtigen, die auf
der Konvergenz von Web und traditionellen Sendern aufbaut.
- 15 -
i.
HLT Scales:
HLT ist die Basis dafür, dass Sprachen tiefer in die digitale Infosphäre eindringen können. Daher
wurden folgende Skalenstufen für Minderheitensprachen entwickelt:
0
Es sind keine Sprachtools in der Minderheitensprache vorhanden.
1
Es existiert ein elektronischer Korpus.
2
Es existiert ein elektronisches Wörterbuch und einige elektronische grammatische Tools sind
verfügbar.
3
Es existiert ein komplettes Set elektronischer Wörterbücher, Korpora, Grammatiken und
Grammatikhilfen.
4
Es existieren maschinelle Übersetzungsmöglichkeiten und Spracherkennungswerkzeuge.
Kommerzielle Benutzung der Sprache in IuK-Softwareentwicklung:
0
Es gibt keine kommerzielle Entwicklung von Software, die die Minderheitensprache verwendet.
1
Softwareentwicklungen in der Sprache sind lokal und privat verortet.
2
Wenige Firmen nutzen die Sprache in ihren Softwareprodukten.
3
Staatliche und regionale Softwarefirmen integrieren die Sprache in ihre Produktentwicklung.
4
Die wichtigen Softwareunternehmen verwenden vorwiegend die Minderheitensprache in der
Softwareentwicklung und vermarkten ihre Produkte in der Sprache.
Einbezug der Minderheitensprache in wissensintensive Wirtschaftsdienstleistungen (KIBS):
0
Die nötigen Entwicklungen hierfür haben noch nicht stattgefunden.
1
Es gibt wenige Webseiten, die die Sprache in nicht kommerzieller Form verwenden.
2
Es gibt Dienstleistungsseiten des Staates oder im Lernbereich, die die Sprache nutzen, was zu
schwacher kommerzieller Aktivität führt.
3
Der öffentliche Sektor nutzt die Sprache durch die öffentliche Verwaltung, woraus einige
kommerzielle Aktivitäten entstehen,
4
Es gibt eine hohe Zahl von webbasierten kommerziellen und öffentlichen Dienstleistungen in
der Sprache.
Media/Multimedia:
0
Konvergenzprozesse, die Multimedia-Entwicklungen erlauben, haben noch nicht eingesetzt.
1
Nur rudimentäre Entwicklungen haben stattgefunden, so dass Sprache noch keine Rolle spielt.
2
Erste Entwicklungen haben begonnen, aber Sprache spielt hierbei meine Rolle.
3
Konvergenz wird benutzt für die öffentliche Verwaltung und Lizenzen werden für den privaten
Sektor vergeben, um entsprechende Anwendungen zu entwickeln.
4
Öffentlicher und privater Sektor haben Pläne, um einen kompletten Konvergenzprozess in der
Minderheitensprache einzuleiten.
Generelle Skala:
0
Es existieren praktisch keine digitalen Ressourcen in der Minderheitensprache.
1
Die Sprache hat eine begrenzte Anzahl digitaler Sprachkorpora und elektronischer
Nachrichtenvermittlung.
- 16 -
2
Die Sprache hat wenige digitale Ressourcen, die Forschung in Menschlicher
Sprachtechnologie, elektronischen Datenbanken und zu Anwendersoftware für die
Gesamtbevölkerung und für Bildungszwecke einschließt (z.B. Gaelisch).
3
Die Sprache hat viele digitale Ressourcen, die Forschung in Menschlicher Sprachtechnologie,
elektronischen Datenbanken und zu Anwendersoftware für die Gesamtbevölkerung und für
Bildungszwecke einschließt (z.B. Irisch).
4
Die Sprache hat eine große Vielzahl elektronischer Ressourcen, die wichtige Schritte in
angewandter
Menschlicher
Sprachtechnologie,
elektronischen
Datenbanken)
und
Massenmedien, aber auch Anwendersoftware für die Gesamtbevölkerung und für
Bildungszwecke einschließt, was teilweise die Teilnahme an der Informationsgesellschaft und
der New Economy erlaubt (z.B. Walisisch und Katalanisch).
2
2
4
2
3
na
1
3
2
4
1
1
0
1
1
2
3
4
2
0
1
2
1
4
1
4
na
1
4
3
4
1
1
0
2
0
4
4
3
1
1
Generell
na
2
4
2
4
0
0
0
0
0
2
3
3
0
0
0
0
0
4
0
3
Multimedia
na
2
4
2
4
1
2
0
2
2
3
4
3
3
KIBS
Albanisch
Asturisch
Baskisch
Bretonisch
Katalanisch
Kornisch
Korsisch
Frankprovenzalisch
Friesisch
Friaulisch
Gaelisch
Galizisch
Irisch
Ladinisch
Luxemburgisch
Okzitanisch
Sami
Sardinisch
Slowenisch
Sorbisch
Walisisch
Software
Sprachgruppe
HLT
Innerhalb der generellen Skala gehen auf dem Niveau 0 bis 1 die Initiativen zu Konvergenzprozessen
von einzelnen Individuen oder Netzwerken aus. Auf dem Niveau 2 kommen einzelne Institutionen
hinzu, die manchmal regionale oder staatliche Unterstützung haben. Auf dem Niveau 3 bis 4 kommt
es zu eher kohärenten Maßnahmen, die an die Maßnahmen für die Staatssprache gebunden sind. Die
Minderheitensprachen sind nun wie folgt zu gruppieren:
Na
1
4
2
4
1
1
0
1
1
3
3
3
2
1
2
1
4
2
4
4
3/4
In der Tabelle lässt sich eine Polarisierung in der Form erkennen, dass wenige Minderheitengruppen in
Aktivitäten des Nationalstaates für die Staatssprache eingeschlossen werden, was insbesondere die
Online-Verwaltung und den Bildungssektor betrifft. Der Großteil der staatslosen Sprachen ist aber von
der digitalen Entwicklung fast vollständig ausgeschlossen. Es wird auch deutlich, dass der Erfolg der
eEurope-Initiative der EU stark von der Dezentralisierung des Staates abhängt.
- 17 -
ii.
Bedarfe
Berücksichtigt man die Möglichkeiten durch die IuK, so ist die potentielle Zusammenarbeit zwischen
Minderheiten starker möglich, die sch insbesondere für Wirtschaft, Bildung und Unterhaltung anbietet.
Im folgenden soll die darauf aufbauende neue Gemeinschaftsentwicklung diskutiert werden. Zuvor
jedoch eine Vorbemerkung: Das Aufkommen der New Economy wird immer ein dynamischer Prozess
bleiben, in dem sehr individuelle Aktivitäten ablaufen. Wichtige Entwicklungsschritte können in
kürzester Zeit ablaufen. Diese Schnelligkeit und Individualität macht es zum teil schwierig, generell für
Minderheitensprachen an diesem Prozess teilzuhaben, insbesondere dann, wenn die Basis der
Menschlichen Sprachtechnologie nicht gelegt ist oder nicht gelegt werden kann.
Die Bedarfe dieser Gemeinschaften starten bei einer wirtschaftlichen Veränderung, die davon abhängt,
welcher Bereich der New Economy mit der IuK-Entwicklung in den Fokus genommen wird. Hardware
und Software-Entwicklung sind z.B. in Europa auf Helsinki und Stockholm sowie für die Software auf
einem band zwischen Dublin und Mailand lokalisiert, was Minderheitengruppen von diesen
Entwicklungen ausschließt. Daher könnten Minderheiten eher an der „Digitalen Ökonomie“ teilhaben,
in der Hard- und Software genutzt werden, um neuen Content und Dienstleistungen zu entwickeln.
Dieser Content und diese Dienstleistungen bauen auf lokaler Softwareentwicklung und deren
Integration in verschiedene Plattformen auf. Dieser Prozess hängt nun wiederum von der Konvergenz
des Webs und den traditionellen Sendern ab, um neue Multimedia-Anwendungen entwickeln zu
können. Regional kulturelle Materialien können dann digitalisiert werden, wobei die breitere
Vermarktung eine wichtige Rolle spielt. Und diese orientiert sich an Regionen, Sprachen und Kulturen,
aber weniger an Staatsgrenzen. Um an diesen Entwicklungen teilhaben zu können, muss die
Menschliche Sprachtechnologie voll entwickelt sein. Ist dies nicht der Fall, so ist Marginalisierung einer
Sprachgruppe oder Region die Folge, der wiederum eine Verlust an Arbeitsplätzen nachfolgt.
Die Richtung der Bedarfsentwicklung wird nun klarer. Es ist ein klarer Fokus auf Menschliche
Sprachtechnologie als Grundlage für jegliche Entwicklung in diesem Bereich. Dies impliziert auch einen
begrenzten Fokus auf Software. In beiden Fällen spielt die eEurope-Initiative eine entscheidende
Rolle, mit der u.a. eine europaweite digitale Demokratie erzeugt werden soll. Damit wird es zudem
leichter über Raum- und Sprachgrenzen zu arbeiten, was potentielle Kooperationen zwischen
staatslosen und Staatsminderheitensprachen wahrscheinlicher macht, die jedoch technischer und
politischer Unterstützung bedürfen.
- 18 -
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