Boden Kalk hat viele Vorteile Bodenstruktur stabilisieren, Nährstoffverfügbarkeit erhöhen, Bodenfruchtbarkeit steigern Der Versorgungszustand des Bodens mit Kalk beeinflusst alle Faktoren, die für das Pflanzenwachstum relevant sind. Er bestimmt erstrangig Bodenzustand und -fruchtbarkeit. Ohne einen standortgerechten pH-Wert der Böden sind die Wirkungen aller anderen Produktionsfaktoren (Düngemittel sowohl mineralisch als auch organisch, Pflanzenschutz) eingeschränkt oder sogar aufgehoben. Teilweise treten auf versauerten Standorten sogar Schadeffekte auf (Schwermetalle). Erst mit Kalk ist deshalb eine nachhaltige und erfolgreiche Bewirtschaftung von Acker und Grünland möglich. Die optimale Kalkversorgung des Bodens ist daher eine der Grundvoraussetzungen für die erfolgreiche Pflanzenproduktion, sowohl aus ökonomischer als auch aus ökologischer Sicht. Die Kenntnis über die Bedeutung der Kalkdüngung ist nicht neu. Schon die Väter und Großväter wussten: „Die Mergelgrube ist des Bauern Goldgrube (HAMM, 1872)“. Trotz dieses Wissens wurde aber in den Die Wirkung von Kalk als Bodendünger spielt eine vornehmliche Rolle. Unter anderem beeinflusst eine regelmäßige Kalkdüngung die erforderliche Krümel- und Aggregatbildung des Bodens. ACKER+plus | 11.10 letzten Jahren die Kalkdüngung des Öfteren vernachlässigt und dadurch wertvolles Produktionspotenzial nicht optimal ausgeschöpft. In erster Linie Bodendünger Der Kalkbedarf ergibt sich aus dem direkten Nährstoffbedarf der Kulturpflanzen einerseits und aus dem standortspe- Bild | ©Heinz Liebisch, PIXELIO 23 Boden zifischen Bodenbedarf. Hierbei tritt der reine Nährstoffbedarf in den Hintergrund, während der Aspekt der „Bodendüngung“ deutlich an erster Stelle steht. Großflächige Erhebungsuntersuchungen der Thüringischen Landesanstalt (TLL) zeigen, dass über 40 % aller Ertragsausfälle, d. h. Mindererträge gegenüber dem standortgemäß möglichen Höchstertrag, auf die Bodenversauerung, also auf eine unzureichende Kalkversorgung, zurückzuführen ist. Allein durch eine ordnungsgemäße, sprich regelmäßige Kalkdüngung, ist ein Großteil der Mindererträge zu vermeiden. Dies zeigen die für verschiedene Kulturen unterschiedlichen Standortansprüche an den pH-Wert. Mit Krümel-Verantwortung Kalk wirkt auf unterschiedliche Weise im Boden. Über 80 % aller Kakdünger kommen als Calciumcarbonat ausgebracht, also als Kohlensaurer Kalk. Diese Nährstoffverbindung wird im Boden durch Säuren gelöst und zum wasserlöslichen Calciumbicarbonat umgewandelt. Calciumoxid hingegen reagiert spontan mit Wasser im Boden und bildet Calciumhydroxid und nach CO2- Aufnahme ebenfalls Calciumbicarbonat (Ca(HCO3)2. Dieses ist die zentrale Bindungsform des Kalkes. Mit dem Bodenwasser gelangt der Kalk an die Kontaktstellen der Tonminerale und Humusstoffe und wird dort entsprechend der elektrischen Ladung angelagert – eine der Ursachen für die Aggregat- und Krümelbildung. Das Calciumhydrogencarbonat der Bodenlösung fällt mit fortschreitender Austrocknung zu Calciumcarbonat aus und vermörtelt die feinen Tonbestandteile (Tonminerale) an deren Kontaktstellen auch direkt und sorgt so für sehr stabile Aggregate und Krümel. Warum versauern Böden? Im mitteleuropäischen Klima findet eine natürlich bedingte Versauerung statt. Durch Regenwasser mit einem durchschnittlichen pH-Wert von 5,6 werden laufend Säuren eingetragen und mit dem Sickerwasser in den Unterboden transportiert. Unter Berücksichtigung von Niederschlag und Versickerung ergibt sich eine positive klimatische Wasserbilanz von meist ca. 100-20 mm pro Jahr (je nach Standort). Dies führt zu unvermeidbaren Kalkverlusten durch Auswaschung und Neutralisation, die in Abhängigkeit von Niederschlagsmenge, Bodenart und Nutzungsform zum Teil erhebliche Mengen erreichen können (Tab. 1). Die Verbrauchsangabe „kg/ha CaO“ lässt den Eindruck entstehen, dass der Kalk den Boden ungenutzt durchläuft. Das ist aber nicht der Fall: Während andere Nährstoffe durch Auswaschung zum Teil ungenutzt, d. h. produktive Wirkung in den Unterboden und später ins Grundwasser verlagert werden können, hat der Kalk nach der Passage des Bodenkörpers seine Wirkung bereits getan. Er hat die im Boden vorhandenen oder gebildeten Säuren neutralisiert. Die Auswaschung erfolgt dann z. B. als Ca-Sulfat, Ca-Chlorid oder Ca-Nitrat. Ausgewaschener Kalk ist also nicht einfach nur „verloren“, so dass man besser von produktiver Kalkverlagerung spricht. Neben den unvermeidbaren Verlusten können acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen die Bodenversauerung noch verstärken, zum Beispiel durch das Einbringen von organischer Substanz, der Aktivierung des Bodenlebens (CO2-Bildung) oder durch die Anwendung physiologisch sauer wirkender Düngemittel (z. B. AHL oder Harnstoff; Tab. 2). Je nach Region verläuft der Prozess der Versauerung unterschiedlich schnell. Wann welchen Kalk wählen? Kalkdünger wirken mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Soll der Kalk sofort wirken, sind stets Branntkalk oder Mischkalk angebracht. Dies ist z.B. bei akuten Säureschäden im Bestand, aber auch bei Vorsaatkalkung zu Rüben, Mais oder Raps erforderlich. Zur reinen Erhaltungskalkung dagegen sind alle Kalkdünger geeignet. Bild | AMAZONE Ein suboptimaler pH-Wert schränkt die Wirkung anderer Produktionsfaktoren (Düngung, Pflanzenschutz) ein. Eine kontinuierliche, ausreichende Kalkversorgung stellt damit eine Grundvoraussetzung für eine ökonomische und nachhaltige Pflanzenproduktion dar. 24 Richtige Nährstoffpower durch Kalk In Abhängigkeit vom pH-Wert des Bodens ändert sich auch die Ausnutzung der Pflanzennährstoffe, insbesondere des Phosphats. Bei neutraler bzw. schwach saurer ACKER+plus | 11.10 Boden Tab. 1: Jährliche Kalkverluste durch Auswaschung und Neutralisation (kg/ha CaO) Niederschläge Bodenartengruppe Nutzung niedrig < 600 mm mittel 600-750 mm hoch > 750 mm leicht (S, l‘Sand) Acker Grünland 100*-300 150 400 250 500 350 mittel sL bis t’L) Acker Grünland 400 200 500 300 600 400 schwer (tL, T) Acker Grünland 500 250 600 350 700 450 Quellen | BAD/VLK, 2003; *nach ROSCHKE, 2006 gehen kann (Abb. 1). In dieser Lagerungsform „kleben“ die Tonteilchen des Bodens zusammen und bilden dann eine dichte, flächige Struktur, so dass Gasaustausch und Wassertransport stark behindert werden. Bodenreaktion ist die Nährstoffausnutzung stets am höchsten. Schon aus diesem Grunde ist die ständige Überwachung und Korrektur des standortgemäßen BodenpH-Wertes unverzichtbarer Teil der guten fachlichen Praxis (GfP). stehen damit in unmittelbarem Zusammenhang. Ohne eine ausreichende Calciumsättigung der Bodenaustauscher bilden die Tonteilchen zunächst ein „Kante-Kante-Profil, das in ein so genanntes Kohärentgefüge über- Physikalische Wirkung – Brückenbauer Ca und Mg Tab. 2: Kalkwirkung ausgewählter Düngemittel Das Bodengefüge gehört zu den wichtigsten fruchtbarkeitsbestimmenden Bodeneigenschaften. Es beschreibt die räumliche Anordnung der festen Bodenteilchen und Porensysteme. Diese resultiert in erster Linie aus Größe und Form der mineralischen und organischen Bodenbestandteile. Vom Bodengefüge (Struktur) werden Wasser-, Luft- und Wärmehaushalt sowie die mechanischen Bodeneigenschaften maßgeblich beeinflusst. Auf die Pflanzenentwicklung, insbesondere während der Keimung und im Jungpflanzenstadium, hat die Struktur überragenden Einfluss, aber auch die Befahrbarkeit und der Zugkraftbedarf bei der Bodenbearbeitung Kalkverlust bzw. -gewinn in kg CaO Düngemittel Stickstoffdünger (% N) je 100 kg N je 100 kg Dünger Schwefelsaures Ammoniak, SSA (21) -299 -63 Ammonsulfatsalpeter, ASS (26) -188 -49 Harnstoff, Piagran (46), Alzon 47 (47) -100 -46 AHL -100 -28 Kalkammonsalpeter (27) -56 -15 +186 +39 Kalkstickstoff (21) Quelle | nach Sluijsmans Anzeige Tieflockerer WTL 300/6 Lockert den Boden tief, ohne ihn zu wenden. ACKER+plus | 11.10 Wheel Master Reifenwechsel leicht gemacht Sternkrümler mit Pneumatikstreuer Mehr Wirkung, weniger Kraftaufwand Hauptstraße 8-10 94439 Roßbach-Münchsdorf Tel.: 08723/910134 Fax.: 08723/3190 www.wallner-maschinen.de 25 Boden Abb.1: Lagerungsformen von Tonteilchen im Boden, schematische Darstellung Fläche-Fläche planar position Kohärentgefüge Tonminerale Porenwinkelvermörtelung durch CaCO3 Fläche-Kante planar-edge position voluminöse stabile Kartenhausstruktur Kante-Kante edge-edge position sehr voluminös, aber instabil Boden im Zustand der pH-Klassen A + B (niedrig) müssen mit entsprechend hohen Kalkmengen (Kalkmenge laut Bodenuntersuchungsergebnis) aufgekalkt werden, um den Boden aus dem strukturlabilen in den strukturstabilen Zustand zu überführen. Calcium- und Magnesiumionen sind Brückenbildner; sie gewährleisten einen stabilen Aggregatzustand. Chemische Wirkung – Bestens bei pH-Optimum Schon unsere Vorfahren wussten, dass die Ertragsleistung einer Kulturpflanze von dem Faktor bestimmt bzw. begrenzt wird, der im Minimum vorhanden ist (Liebig‘sche Minimumtonne). Wirtschaftliche Erträge sind nur dann möglich, wenn die Nährstoffkonzentration und damit das Nährstoffangebot für das Pflanzenwachstum bei intaktem pHWert, stabiler Bodenstruktur und geordnetem Humusgehalt ausgewogen sind. Eine besonders enge Beziehung besteht zwischen dem pH-Wert des Bodens und der Phosphatverfügbarkeit. Bei der Bodenuntersuchung wird der Gehalt an verfügbarem Phosphat mit der CAL-Methode (Calcium-Acetat-Laktat-Methode) bestimmt und in mg je 100 g Boden ausgewiesen. Die Düngungsempfehlung bezieht sich auf eine Krumentiefe von 20 cm ( 1mg P2O5 je 100 g Boden = 30 kg/ha P2O5). Quelle | n. B. Meyer, Göttingen u. J. Pollehn, Köln Bild | AGRARIUS Wünschenswerte Entwicklung von Bodenleben im Zuge einer intakten Gefügestruktur. Bei einer unzureichenden Ca-Sättigung der Bodenaustauscher ist das nicht möglich. 26 Mit Kalkdüngern werden die zweiwertigen Kationen Calcium (Ca2+) und Magnesium (Mg2+), die wichtigsten Einflussfaktoren für die Stabilität von Bodenaggregaten, ausgebracht. Eine stabile Bodenstruktur ist auf mittleren bis schweren Böden nur dann gegeben, wenn die Bodenaustauscher zu 60-80 % mit Calcium und zu 10-15 % mit Magnesium belegt sind. Dieser Zustand kann unter unseren klimatischen Verhältnissen einschließlich der Fruchtfolgegestaltung, den Ertragsleistungen und den Düngungssystemen auf Standorten, die sich bereits in der pH-Klasse C befinden, nur durch eine regelmäßige Erhaltungskalkung gewährleistet werden. Mit einer Kalkung konnte durch eine pH-Erhöhung (+ pH 0,5 bis 1,0) in vielen Versuchen der Anteil des pflanzenverfügbaren Phosphats um 2-5 mg/100 g Boden angehoben werden. Gleichzeitig wird der ACKER+plus | 11.10 Boden Abb. 2: Auswirkung des Kalkzustandes auf die Bakterienzahl –Kalkdüngung erhöht biologische Aktivität im Boden– Alterungsprozess, d. h. die Festlegung beziehungsweise Bindung von Phosphat an Aluminium und Eisen, deutlich gebremst. Eine Vorsaatkalkung entweder auf gefrorenem oder tragfähigem Boden bietet viele Vorteile. Der Kalk wird mit der Saatbettbereitung in den obersten Bodenhorizont eingearbeitet. Mit einer Aufwandmenge von ca. 15 dt/ ha CaO auf schwerem und zur Verschlämmung neigendem Boden in Form von Branntkalk oder Mischkalk wird im oberen Krumenbereich ein relativ hohes pH-Niveau eingestellt. Darüber hinaus ist der von der Versauerung am stärksten gefährdete Krumenbereich stabil geschützt: Säureeinträge aus der Atmosphäre werden genauso wie Säuren, die durch Umsetzungsvorgänge entstehen, umgehend neutralisiert. Dabei bleibt der pH-Wert stabil, das Bodenkrümelgefüge gefestigt, die Regenverdaulichkeit verbessert und die Gefahr der Verschlämmung und Erosion vermindert. Auf leichten, mittleren Böden mit ungenügender Mg-Versorgung bringen 30 dt/ha Kohlensaurer Magnesiumkalk ebenfalls eine gute Kalkwirkung und verbessern die Magnesiumversorgung deutlich. Angefeuchtete Kalke können bei Minustemperaturen nicht umgeschlagen und ausgebracht werden. Generell ist bei der Vorsaatkalkung auf eine gute Querverteilung zu achten. 12,0 Bakterienzahl/g Erde (in Mio.) Vorsaatkalkung mit Vielfachwirkung 14,0 10,0 8,0 6,0 4,0 2,0 0,0 pH 4,8 pH 5,1 pH 5,6 pH 6,2 Bakterienzahl/g Erde Quelle | Dr. Heinrich Rid FAZIT Ohne eine geordnete Kalkdüngung ist eine nachhaltige und rentable Pflanzenproduktion nicht möglich. | Kotte Natürliche Einflüsse und unabdingbare ackerbauliche Maßnahmen verursachen permanentenBild Kalkverbrauch. Ein korrekter Kalkversorgungszustand ist Grundlage für die langfristige Erhaltung einer hohen Bodenfruchtbarkeit. Fortschreitende Bodenversauerung führt zu stetig absinkenden pH-Werten, was ab bestimmter Grenzen zu starken, durch andere Maßnahmen nicht zu kompensierenden, Ertragsminderungen und bis zu völligen Ertragsausfällen bei säureempfindlichen Kulturpflanzenarten führt. Nur durch regelmäßige, an Empfehlungen der Bodenuntersuchungen orientierte Zufuhr von basisch wirksamen Verbindungen (Carbonate, Silikate, Oxide und Hydroxide) kann der Versauerung entgegen gewirkt und die Bodenfruchtbarkeit dauerhaft erhalten werden. Gesundungs- oder Erhaltungskalkung Kalk schafft Leben Diese alte Weisheit wird regelmäßig unterstrichen durch alte und neue Versuchsergebnisse: Nur bei optimalem pH-Wert (= standortangepasste Kalkversorgung) entwickelt sich reges Bodenleben als Voraussetzung für biologische Aktivität. Abbildung 2 verdeutlicht, dass die Zahl der Bakterien mit der Erhöhung des Säuregrads ansteigt. Bild | ©Günter Havlena, PIXELIO Joachim Pollehn, Düngekalk-Hauptgemeinschaft [email protected] ACKER+plus | 11.10 Eine ausreichende Kalk-Düngung beeinflusst die Güte der Bodenstruktur maßgeblich – und diese wiederum ist unerlässlich im Hinblick auf Keimung und Jugendentwicklung. 27