Presseaussendung Bozen, 25. Jänner 2010 Die Mindestvoraussetzungen für eine bessere Regelung der direkten Demokratie und die unakzeptablen Vorschläge des Parteiausschusses der SVP an ihre Basis Die nur am Quorum gescheiterte Volksabstimmung vom 25.10.2009 hat das Thema „direkte Demokratie“ in den Mittelpunkt der politischen Diskussion gerückt. Die SVP fühlt sich aufgerufen ein besseres Gesetz für die Regelung der direkten Demokratie in unserem Land vorzulegen. Wir verfolgen das Ziel einer mit gut anwendbaren politischen Mitbestimmungsrechten vervollständigten Demokratie mit viel Geduld seit vielen Jahren. Die Blockade des politischen Systems, die „Verstocktheit“, der Reformstau und die zu lösenden Probleme werden unterdessen immer größer, mehr und gravierender. Wir sind davon überzeugt, dass mit guten Mitbestimmungsrechten die Gesellschaft schon längst konstruktiv in die entgegengesetzte Richtung gewirkt hätte. Diejenige, die die politische Verantwortung tragen, müssen sich bewusst sein, dass sie auch die Verantwortung tragen für den Verfall des politischen Systems, die Verschleppung und das Anwachsen der Probleme der Gesellschaft, indem sie die Beteiligung aller an der Lösung verhindern. Genau drei Monate nach der Volksabstimmung nennt die Initiative jetzt die absolut notwendigen Mindestverbesserungen der geltenden Regelung der Direkten Demokratie, die im Frühjahr im Landtag zustande kommen müssen. Sie arbeitet selbst an einem entsprechenden Reformvorschlag zum geltenden Gesetz. Sie wird, parallel und unabhängig von allen begrüßenswerten Bemühungen der politischen Parteien, diesen Verbesserungsvorschlag mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln voran bringen. Diese Mindestvoraussetzungen für eine tatsächliche Anwendbarkeit der politischen Mitbestimmungsrechte und somit das absolute Minimum an Verbesserung, das jetzt in der Folge des klaren Abstimmungsergebnisses auf parlamentarischem Weg zustande kommen muss, sind: 1. Eine Absenkung des Beteiligungsquorums auf 15 %, 2. die Einführung einer Schutzklausel für die Sprachgruppen, 3. die Einführung von Volksabstimmungen mittels bestätigendem/ablehnenden Referendum über Beschlüsse der Landesregierung und 4. die Gewährleistung einer objektiven institutionellen Information in Form eines Abstimmungsheftes. In diesem Zusammenhang bewertet die Initiative einige der jetzt von der SVPFührung ihrer Basis zur Begutachtung vorgelegten Vorschläge als äußerst bedenklich: Zulassungskriterien Es ist richtig, dass Bereiche wie Menschenrechte und Minderheitenschutz nicht einer Volksabstimmung unterworfen werden sollen. Wenn die SVP allerdings auch Satzungsgesetze, wie z.B. ein Wahlgesetz oder ein Gesetz zur Regelung der Direkten Demokratie der Mitbestimmung des Volkes entziehen möchte, dann ist das nur aus der Logik des Machtinhabers zu verstehen, der die Spielregeln, die ihm zur Macht verhelfen, nicht in Frage gestellt sehen möchte. Gerade diese politischen Spielregeln müssen vom Volk selbst festgelegt werden können, wenn der Gefahr vorgebaut werden soll, dass sich die politische Vertretung unabhängig von den Bürgerinnen und Bürgern ein politisches System zurechtlegt, in dem sie nicht mehr kontrollierbar ist. Hier entscheidet sich, wer der Souverän ist: das Volk oder die politische Vertretung. Auch der Vorschlag, dass in Zukunft keine in Artikel gefasste Gesetzentwürfe zur Volksabstimmungen gebracht werden sollen, sondern nur noch über „politische Grundsätze“ abgestimmt werden soll, ist unakzeptabel. Es bliebe dem Landtag überlassen, die vom Volk beschlossenen Grundsätze in Gesetzestexte zu fassen. Bestünde nur noch diese Möglichkeit, würde den Bürgerinnen und Bürgern ein schon geltendes Recht, selbst gesetzgebend zu wirken, wieder entzogen. Durchaus sinnvoll wäre hingegen, die Abstimmung über Grundsätze, die dann vom Landtag ausformuliert werden können, als zusätzliche Möglichkeit anzubieten. Quorum Grundsätzlich ist es begrüßenswert, dass auch die Volkspartei eine Änderung des Beteiligungsquorums in Aussicht stellt. Die als „Alternative“ angebotene Einführung eines Zustimmungsquorums ist aber nicht annehmbar. Was ist ein Zustimmungsquorum? Es legt eine nötige Mindestzustimmung fest, also einen Prozentsatz von JaStimmen der Stimmberechtigten, der für die Annahme eines Vorschlags nötig ist. Ein konkretes Beispiel: Ausgehend vom Erfahrungswert einer durchschnittlichen Stimmbeteiligung bei Volksabstimmungen von 30-40%, also z.B. von 35%, müssten bei einem Zustimmungsquorum von 25 %, 71,5 % der Abstimmenden für einen Vorschlag mit Ja stimmen, damit dieser angenommen wird. Dort, wo das Zustimmungsquorum angewandt wird, hat sich seine negative Wirkung, vielfach bewiesen. Es sollte jetzt nicht, wie für das Beteiligungsquorum am 25. Oktober, auch für das Zustimmungsquorum bei uns erst wieder der Beweis angetreten werden müssen, dass es eine Anwendung der Mitbestimmungsrechte verhindert. Sollten wirklich solche Vorschläge in eine Neufassung des Gesetzes zur Direkten Demokratie aufgenommen werden, dann hätte das aus unserer Sicht automatisch den Antrag auf ein bestätigendes Referendum darüber zur Folge. Informationspflicht Unabdingbar für die korrekte Abwicklung einer Volksabstimmung ist die Gewähr einer institutionellen, sachlichen und objektiven Information. In dem von der SVP zur Diskussion vorgelegten Text vermissen wir entsprechende Vorschläge. Positive Elemente Positiv registrieren wir, dass die SVP die Möglichkeit von Volksabstimmungen über Beschlüsse der Landesregierung in Betracht zieht. Die Regelung dieser Möglichkeit ist von entscheidender Bedeutung für eine konkrete Mitbestimmung des Volkes. Ob die Art von Volksabstimmungen dann auch wirklich nutzbar ist, hängt allerdings vom vorgesehenen Verfahren ab. Auch der Vorschlag, dass der Landtag einen Gegenentwurf zum Vorschlag einer Volksinitiative mit zur Abstimmung bringen kann, ist ein Element aus unserer besseren Regelung der Direkten Demokratie und ist somit willkommen. Stephan Lausch Koordinator der Initiative für mehr Demokratie