unproduktiven, pseudodemokratischen

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PRESSEAUSSENDUNG
UND BRIEF AN DIE DEMOKRATIEBEWEGUNG IN SÜDTIROL
ZUM JAHRESWECHSEL 2009/2010
2009 – das Jahr einer ganz neuen politischen Erfahrung
der Menschen in diesem Land, die weiterwirkt!
2010 – das Jahr, das wird, was wir daraus machen!
Politiker kommen und gehen,
wir Bürger für mehr Demokratie bleiben und werden immer mehr!
Die Initiative für mehr Demokratie zieht Bilanz und blickt voraus: Was haben wir, was hat unser
Land in diesem Jahr gelernt? Was erwarten wir uns vom neuen Jahr?
Viele, sehr viele Menschen haben den Mut gehabt und gelernt nein zu sagen zur Arroganz der
Macht. Die erste Volksabstimmung ist als erste wirkliche Gelegenheit wahrgenommen worden,
als Bürgerin und Bürger aufzustehen und klarzustellen, dass wir einen eigenen Willen haben,
den wir nicht nur zum Delegieren brauchen wollen. Sie war für viele Menschen ein Akt der
Zivilcourage. So sind wir auch ohne unseren Gesetzesvorschlag zur Direkten Demokratie
durchzubringen, mit der Zustimmung von gut einem Drittel der stimmberechtigten Bürgerinnen
und Bürgern des Landes einen großen Schritt weiter gekommen. Die willkürlich festgesetzte
Zahl von 156.160 Stimmen (40%), als Bedingung für die Gültigkeit der Abstimmung, wird nichts
von dem verhindern, was wir uns zur Weiterentwicklung der Demokratie in unserem Land
vorgenommen haben.
Wenn es einen Beweis gebraucht hat, dann ist er mit der ersten Volksabstimmung leider
erbracht worden: Die politischen Mitbestimmungsrechte sind von der politischen Mehrheit so
geregelt worden, dass sie nicht zu gebrauchen sind. Mehr Anstrengung eine gute
Stimmbeteiligung zu erwirken, als sie zur ersten Volksabstimmung gemacht worden ist, ist
schlecht vorstellbar. Die Gestaltung der demokratischen Regeln muss von uns Bürgerinnen und
Bürger mitgedacht und mitentschieden werden. Ohne uns geht es nicht mehr. Wir werden
versuchen die Parteien von unserer Vorstellung von einer guten Regelung zu überzeugen. Mit
dem bestätigenden Satzungsreferendum werden wir uns nötigenfalls wehren gegen eine
Änderung der geltenden Regelung, die uns nicht überzeugt. Wir machen uns aber auch wieder
bereit, alle Stimmberechtigten in einer Volksabstimmung entscheiden zu lassen über jene
Elemente in einer Regelung zur Direkten Demokratie, die unabdingbar sind für die
Anwendbarkeit der politischen Mitbestimmungsrechte.
Vom neuen Jahr können wir uns nur erwarten, wofür wir uns weiterhin überzeugt einsetzen
werden und wozu es keine Alternative gibt, wenn wir eine Abwärtsentwicklung nicht hinnehmen
wollen. Unser Ziel ist und bleibt eine Demokratie, in der es für alle Sinn macht, sich über die
Probleme der Gesellschaft zu verständigen, weil sie sich an deren Lösung beteiligen und sich
verantwortlich empfinden können. Das ist eine Demokratie, in der die Argumente und nicht eine
ungleiche Verteilung der Macht entscheiden. Das ist nicht einfach nur Direkte Demokratie,
sondern die Überwindung einer Konkurrenz-Demokratie, die zunehmend Verschwendung und
Ungerechtigkeit produziert, in der ein unproduktives Gegeneinander der Parteien herrscht und
die Durchsetzungskraft des Stärkeren, der nicht der Bessere, sondern meistens nur der
Rücksichtslosere und Schlauere ist in der Verfolgung seiner Ziele und Vorstellungen.
Unser Ziel ist letztlich eine Konkordanz-Demokratie, die nur zustande kommt, wenn wir Bürger
von außen kontrollieren und politischen Initiativgeist üben können. Konkordanz bedeutet
Einigung durch Zusammenarbeit und Abstimmung aufeinander. Zusammenarbeiten und sich
einigen muss die politische Vertretung dann, wenn sie ihre Vorschläge nicht nur im Landtag von
ihrer Mehrheit absegnen lassen kann, sondern wenn sie vor uns Bürgern bestehen müssen. Wir
sind davon überzeugt, dass eine große Mehrheit der Bürger sich eine solche konstruktive Politik
wünscht. Der Weg dahin führt über eine gut geregelte Direkte Demokratie, die wir erreichen
werden.
Wir freuen uns mit allen Menschen im Land über die nächsten Schritte,
die wir im neuen Jahr gemeinsam in Richtung mehr Demokratie gehen werden.
Alles Gute!
Stephan Lausch
Otto von Aufschnaiter
Koordinator
Vorsitzender der Initiative für mehr Demokratie
Hier in Thesen des Schweizer SP-Nationalrates Andreas Gross
die wichtigsten Merkmale einer Konkordanz-Demokratie:
Die Konkordanz ist modern und zukunftsträchtig. Ihr zugrunde liegt das permanente
Bemühen, sich über Parteigrenzen hinweg zu verständigen. So kann eine vielfältige
Wirklichkeit besser integriert werden als durch das vergleichsweise simple Konkurrenzund Koalitionsprinzip.
Konkordanz schafft gute institutionelle Voraussetzungen dafür, wirtschaftliche Interessen,
soziale Gegensätze, kulturelle Unterschiede, regionale Ansprüche und politische
Divergenzen auszugleichen. Sie trägt wesentlich dazu bei, politische Fragen
sachspezifisch zu diskutieren und nicht bloss unter parteipolitischen Gesichtspunkten zu
erledigen.
Konkordanz ist kein Instrument zur Harmonisierung politischer Gegensätze, sondern ein
Element eines offenen Konfliktlösungsmechanismus. Das heisst, Differenz und
Konfliktkultur sind grundlegende Elemente von Freiheit und der Demokratie, ja der
Politik überhaupt.
Die Konkordanz erlaubt themenspezifische, parteipolitisch wechselnde
Mehrheitsbildungen.
Eine Konkordanz-Regierung umfasst Parteien, die zwar programmatisch immer wieder
auch unterschiedliche Positionen vertreten, in verschiedenen Zusammensetzungen aber
Mehrheiten zur Lösung von Problemen schaffen und finden können. Entscheidend sind
der Wille zur Zusammenarbeit und zur Verständigung sowie die Anerkennung der
fundamentalen (republikanischen) Gemeinsamkeiten wie die Respektierung der
Verfassung, der Gewaltenteilung, folglich auch der anderen Gewalten, sowie des
Völkerrechts, der Europäischen Menschenrechts-Konvention und deren Gerichtshof in
Strassburg.
Philosophisch bedeutet die Konkordanz den Verzicht auf den alleinigen
Wahrheitsanspruch. Es gilt immer die Vermutung, dass der Andersdenkende ebenso zur
Annäherung an die Wahrheit beitragen kann wie man selber. Diese Offenheit hat zur
Folge, dass ein konkordantes Regierungssystem besonders lernfähig ist. Lernfähigkeit
wiederum ist möglicherweise die Eigenschaft, welche unsere Gesellschaft am nötigsten
hat.
Entnommen aus: Andreas Gross und Fredi Krebs, Bundesratswahlen: Keine Castingshow,
Editions le Doubs – Service Public, 2009 St. Ursanne.
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