Rede Bruck/Mur: Sehr geehrte Damen und Herren! In der heutigen Zeit scheint die Demokratie ein wohlerworbenes Recht zu sein, über das man sich keine Gedanken mehr machen muss. Wie wir aus der Geschichte aber auch von dieser Veranstaltung und insbesondere gerade jetzt von diesen Interviews gehört haben, wurde uns verdeutlicht, dass dies nicht immer so war. Für die Demokratie wurde gekämpft - gekämpft mit dem Blut vieler Menschen. Am 12. Februar 1934 haben Steirer ihr Leben für das Recht auf Demokratie eingesetzt. Einige von ihnen sind heute anwesend und ich frage mich, was sie empfinden, wenn sie sehen, dass dieser Wert, der Wert der Demokratie, zu einer solchen Selbstverständlichkeit geworden ist, dass man ihn nicht zu pflegen, noch zu schützen, geschweige denn noch zu verbessern braucht. Wir leben momentan in einer Gesellschaft, in der einem suggeriert wird, dass nur der Beste, der Stärkste, der Reichste, vor allem aber der Eigensinnigste das Leben bravourös meistern kann. Nicht alle Menschen sind die besten und stärksten und trotzdem so wichtig für die Entwicklung unserer Gesellschaft. Alle leisten einen wichtigen Part für unser Zusammenleben und haben Fähigkeiten, die bei anderen vermisst werden. Dass alle Menschen das gleiche Recht haben, ist für mich Ausdruck einer Demokratie. Eine Demokratie drückt sich aus, durch das Recht auf eine eigene Meinung. Es muss uns gelingen, die Jugend zu motivieren, dass sie sich ihre eigenen Gedanken über gesellschaftspolitische Themen macht. Wir, die Erwachsenen, müssen Ansprechperson, Gesprächspartner und Förderer sein. Wenn wir es schaffen, dass unsere Jugend selbst bestimmt, kritisch und zielstrebig in die Zukunft geht, wird unser demokratisches System bewahrt bleiben. Die Zukunft braucht Menschen, die sich trauen, aufzustehen, laut und unbequem zu sein. In meiner Vision von der demokratischen Zukunft, sehe ich Systeme, die Meinungsvielfalt nicht nur akzeptieren, sondern unterstützen und fördern. Die Angst vor dieser Gesellschaft gab es schon vor 70 Jahren. Das Ergebnis sind die Bilder und die Erfahrungen von Menschen, die wir heute gehört haben. Demokratie heißt Kommunikation. Wenn es nicht möglich ist, Probleme zu besprechen und gemeinsam eine Lösung zu finden, wird Demokratie ad absurdum geführt. Wir wissen aus den unterschiedlichsten Bereichen unseres Lebens, dass wir im Team bessere und effizientere Lösungen finden als alleine. Der Alleingang, das Bestimmen eines einzelnen, das nicht Hören auf die Vielen, ist der erste Schritt in Richtung Diktatur. Wenn wir einige Entwicklungen der letzten Jahre beobachten, bei denen z.B. die Sozialpartnerschaft übergangen worden ist, ist es für mich ein bedenkliches Symbol, wie viel die Menschen für die Mächtigen wert sind. Ein demokratisches Bewusstsein heißt, ein Bewusstsein der Veränderung. Durch die Medialisierung und Globalisierung haben sich die Rahmenbedingungen stark verändert. Wir stehen vor neuen Herausforderungen, denen wir mit neuen Lösungsmöglichkeiten begegnen müssen. Die Geschichte ist wichtig für das Verständnis von Entwicklungen und Entscheidungen. Dies müssen wir ehren, bewahren und nie vergessen. Im Heute ist es wichtig, die zeitgemäßen Strömungen aufzugreifen und sie mit demokratischem Bewusstsein zu füllen. Für die Zukunft müssen wir Strategien entwickeln, die uns davor beschützen, dass die vermeintlich Starken uns mit ihren Ellenbogentechniken kurzfristig scheinbaren Erfolg gewähren und darauf vergessen, um was es langfristig geht. Um einer Gesellschaft in der jeder Platz hat, in der das Recht auf eigene Meinungsäußerung gefördert wird und in der die Sicherheit für den Einzelnen gewährleistet ist. (...)