MIK-Seminar Skript - Dr. Wolfgang Ruf

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Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” Seminar "Mit sich selbst im Reinen -­‐ Management innerer Konflikte" Seminare an der DHBW-­‐VS, Bereich Sozialwirtschaft, 1. Halbjahr 2016 Termine: 18.5. -­‐ 20.5. – 3.6. . (jeweils von 9 bis 16 Uhr mit Pausen) Dr. Wolfgang Ruf-­‐Ballauf, Freiburg www.ruf-­‐ballauf.de Inhalt: Konfliktdefinition 2 Systematik äußerer Konflikte 2 Was ist ein innerer Konflikt? 3 Besonderheiten innerer Konflikte 3 Innere Konflikte aus Sicht der Tiefenpsychologie 4 Systematik innerer Konflikte 6 Innere Konflikte und seelische Gesundheit 8 Zusammenhang zwischen inneren und äußeren Konflikten 9 Konzept des Selbstmanagements und der Selbstwirksamkeit 10 Selbtsmanagement innerer Konflikte 12 Techniken und Hilfen 16 1 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” Konfliktdefinition Als Konflikt wird das Aufeinanderstossen gegensätzlicher bzw. unvereinbarer o Interessen o Ziele o Werte/Kulturen o Meinungen o Bedürfnisse o Gefühle o Vorgehensweisen ... zwischen Personen und Gruppen oder auch innerhalb einer Person bezeichnet. Auf Grund der mehr oder weniger starken emotionalen Beteiligung entsteht eine Konfliktspannung, die oft Anlass für (spontane, unüberlegte, unsinnige oder schädliche) Handlungen darstellt. Die Gefühlsbeteiligung bei Konflikten erschwert oft eine klare Sicht auf den Kern eines Konflikts und verhindert konstruktive Konfliktlösungen. Gleichwohl ist kein bedeutender Konflikt ohne Gefühlsspannung denkbar. Systematik äußerer Konflikte Äußere Konflikte sind zwischenmenschliche Konflikte zwischen zwei oder mehreren Personen, Systemen, Gruppen oder Ländern. Zwischenmenschlichte Konflikte entstehen zwangsläufig im Verlauf des Lebens. Sie sind nicht grundsätzlich vermeidbar. Einteilung nach Beteilgten oder Inhalt eines Konflikts: o Beteiligte (Personen, Systeme, Gruppen, Staaten) Paarkonflikt, systemischer Konflikt (z.B. Familienkonflikt), Gruppenkonflikt (z.B. gesellschaftliche Gruppen wie Parteien), zwischenstaatlicher Konflikt usw. o Art / Inhalt des Konflikts Interessenkonflikt, Zielkonflikt, Informationskonflikt, Machtkonflikt, Ressourcenkonflikt, militärischer Konflikt usw. 2 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” Inwieweit wir mit (unvermeidbaren) Konflikten zurecht kommen, hängt von unserer Konfliktfähigkeit ab. Charakterisitka von Konfliktfähigkeit sind: §
die Fähigkeit, konstruktive Kritik auszuüben §
die Fähigkeit, Kritik auszuhalten, anzunehmen §
Toleranz, Offenheit §
Dialogbereitschaft §
Einfühlungsvermögen §
die Bereitschaft, Irrtümer einzugestehen §
nicht nachtragend sein Konfliktbereitschaft zu entwickeln ist Gegenstand von Schulungen, Coaching oder Supervision. Oft stossen wir dabei an Grenzen, die in uns selbst liegen und in unserer Biographie, Erziehung, Erfahrung, Sozialisation usw. begründet liegen. Ein Training im Umgang mit äußeren Konflikten setzt daher voraus, dass wir unsere eigene Konflikthaftigkeit ausreichend kennen, zulassen und gelernt haben, damit umzugehen. Erst dann sind wir in der Lage, erfolgreich zwischenmenschliche Konflikte zu managen. Was ist ein innerer Konflikt? Die in der Konfliktdefinition genannten Gegensätze können sich auch innerhalb eines Individuums abspielen. Dies nennt man inneren Konflikt. Synonyme sind: Intraindividueller K., intrapersoneller K., intrapsychischer oder innerseelischer K. Es handelt sich um ein inneres Hin-­‐ und Hergerissensein, eine Ambivalenz, d.h. mann will etwas und will es gleichzeitig auch nicht. Dies kennt jeder von uns, denn genauso unvermeidbar wie zwischenmenschliche Konflikte sind es auch die innerseelischen Konflikte. Es ist also normal, gelegentlich eine solche Ambivalenz zu spüren. Entscheidend ist der Umgang mit dieser Situation: zulassen oder leugnen, offener Umgang mit den eigenen Schwächen oder verdrängen? Besonderheiten innerer Konflikte Ein innerer Konflikt findet innerhalb der eigenen Person statt, Denken, Fühlen und häufig Verhalten sind von Gegensätzen und Widersprüchen geprägt. Innere Konflikte sind nicht selten. Es ist -­‐ wie gesagt -­‐ normal, dass wir gelegentlich im inneren 3 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” Widerstreit stehen. Allerdings werden innere Konflikte oft nicht als solche erkannt, weil wir dazu neigen, die unangenehmen Seiten eines inneren Widerspruchs zu verdrängen. Außerdem schreiben wir häufig inneren Konflikten auch nicht die gleiche Bedeutung zu wie äußeren, also zwischenmenschlichen Konflikten. Dabei können innere Konflikte mindestens genauso belastend sein, denn unsere Persönlichkeit kann einen inneren Konflikt mit sich genauso destruktiv austragen, wie dies zwischenmenschlich der Fall sein kann. Die Folge sind seelische und/oder körperliche Störungen der Gesundheit. Äußere Konflikte sind nicht selten Ausdruck ungelöster innerer Konflikte. Die Voraussetzung für ein erfolgreiches Konfliktmanagement nach außen ist deshalb sehr häufig ein gelungenes Konfliktmanagement nach innen -­‐ also mit sich selbst ins Reine zu kommen. Dabei gibt es jedoch eine Reihe von Schwierigkeiten, die im Folgenden besprochen werden. Innere Konflikte aus Sicht der Tiefenpsychologie Die Konfliktlehre ist einer der zentralen Pfeiler der Tiefenpsychologie als theoretische Grundlage der Psychoanalyse. Die Entstehung innerer Konflikte lässt sich in einer bestimmten Abfolge darstellen, die entwicklungspsychologisch bzw. biografisch begründet ist. Äußere Konflikte entstehen zunächst in der frühen Kindheit mit den sozialen Objekten, den ersten Bezugspersonen: Diese Konflikte treten zwangsläufig auf z.B. in der Abstillphase, Trotzphase, Entdeckung und Exploration der Geschlechtlichkeit u.a. Jede Entwicklungsphase des Kindes geht mit mehr oder weniger typischen Konfliktkonstellationen einher. Entscheidend dabei ist, wie die Bezugspersonen mit diesen eigentlich normalen Konflikten umgegangen sind. Mit anderen Worten: Die Konfliktfähigkeit der Bezugspersonen prägt zunächst einmal unser eigenes Konfliktverhalten. Innere Konflikte entwickeln sich dann aus den frühen äußeren Konflikten unter folgenden Bedingungen: 1. der Konflikt mit den Bezugspersonen wird nicht gelöst (weil z.B. Widerspruch nicht geduldet oder der Konflikt einfach unterdrückt wird) und 2. der Konflikt wiederholt sich ständig in gleicher Art und Weise. Dies führt dazu, dass sich das Konfliktmuster im Inneren "einbrennt", der Konflikt wird verinnerlicht, wie es in der Fachsprache heißt. Unser späteres Verhalten ist ja in weitem Maße durch verinnerlichte Muster geprägt -­‐ so auch in Bezug auf Konflikte. Die Besonderheit eines verinnerlichten Konfliktmusters ist, dass uns der ursprüngliche Bezug zum äußeren Konflikt meist nicht mehr in Erinnerung ist. Der Konflikt hat sich im Inneren verselbstständigt. 4 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” Ambivalenzkonflikt: Innere Konflikte -­‐ also verinnerlichte Konfliktmuster ursprünglich äußerer Konflikte -­‐ sind sehr häufig vom Ambivalenz geprägt. Unter Ambivalenz versteht man in diesem Zusammenhang ein inneres, gefühlsmäßiges Hin-­‐ und Hergerissensein. Beispielsweise führt die Unterdrückung von Widerspruch in der Trotzphase zu Ärger oder gar Hass gegen die Bezugsperson, die man auf der anderen Seite aber auch liebt. Liebe und Hass wären in diesem Beispiel stark gegensätzliche, also ambivalente Gefühle. Neurotischer Konflikt: Wir alle neigen dazu, die negativen Gefühle und Wünsche zu unterdrücken, sie zu "vergessen". Eine besondere Form des Vergessens ist das Verdrängen. Damit meint man eine Verschiebung der unangenehmen Erinnerungen, Gefühle, Wünsche, Impulse usw. in das Unbewusste. Im Unbewussten sind diese Inhalte für uns nicht mehr greifbar, also "entschärft". Sie entfalten jedoch weiterhin ihre Wirkung, weil die Konfliktspannung ja nicht abgebaut werden konnte. Eine Besonderheit des Vorgangs ist, dass Verdrängung sich unbewusst vollzieht. Wenn das nicht so wäre, wüssten wir ja, was wir verdrängt haben. Das wissen wir aber leider nicht. Im obigen Beispiel aus der Trotzphase (Ambivalenz von Liebe und Hass) wurden Hassgefühle verdrängt, da sie nicht sein durften. Das Kind wurde nur akzeptiert, wenn es das "liebe Kind" war. "Wenn Du böse bist, mögen wir dich nicht mehr...". Das Kind muss also seine "böse Seite" irgendwie verbergen. Dies geschieht durch die Mechanismen der Verdrängung. Die verdrängten aggressiven Impulse enthalten jedoch "Energie" (Konfliktspannung), die sich destruktiv entladen kann und seelische und/oder körperliche Symptome verursachen kann. Verdrängte Ambivalenzkonflikte nennt man neurotische Konflikte. Reaktualisierung eines (neurotischen) Konflikts: Wir alle haben mehr oder weniger Dinge verdrängt. Ob wir damit zurecht kommen, hängt von Inhalt und Ausmaß des Verdrängten ab. Und es hängt davon ab, in welcher Situation wir uns wiederfinden. Häufig passiert es im späteren Leben, dass wir in Situationen geraten, die Ähnlichkeiten mit früheren (familiären) Situationen haben -­‐ ohne dass uns dies bewusst wird. Beispielsweise könnte ein neuer Vorgesetzter Ähnlichkeiten mit meinem strengen Vater haben ohne dass ich das merke. Wenn ich -­‐ wie im obigen Beispiel -­‐ Ärger und Hass gegen meinem Vater verdrängt und ein angepasstestes Verhalten entwickelt habe, dann werde ich mich gegenüber meinem Vorgesetzten genauso verhalten wie zuvor meinem Vater gegenüber. Soweit die Verhaltensgründe unbewusst bleiben, sind gesundheitliche Störungen oft die Folge (s.u.). Das (unbewusste) Wiedererleben eines frühkindlichen, nicht gelösten und verdrängten Konflikts nennt man Reaktualisierung. Das Problem ist: Wir spüren zwar, dass eine Situation uns in besonderer Art und Weise berührt oder belastet, wir erkennen jedoch nicht die eigentlichen Gründe, da sie im Verborgenen 5 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” liegen. An dieser Stelle Licht ins Dunkel zu bringen, wäre Teil eines erstrebenswerten Reifungsprozesses. Systematik innerer Konflikte Varianten menschlicher Konflikte sind vielfältig. Jedoch lassen sich viele dieser Varianten auf bestimmte Grundmuster zurückführen, die sog. Grundkonflikte. Diese Grundmuster sind folgende: •
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Abhängigkeit – Autonomie Als Säugling sind wir vollständig abhängig von den versorgenden Bezugspersonen. Eine wichtige Entwicklungsaufgabe ist die schrittweise Unabhängigkeit, beginnend mit der Entwöhnung von der Mutterbrust, (vorläufig) endend mit dem Weggang aus dem Elternhaus. Die Entwicklung von Autonomie ist oft beschwerlich und mit Ängsten verbunden. Sie muß trainiert und gefördert werden. Abhängigkeit bedeutet in erster Linie Sicherheit, allerdings um den Preis der Einengung. Autonomie bedeutet Freiheit und spontanes Handeln, allerdings auch die Gefahr des Scheiterns. Anpassung (Kontrolle) – Auflehnung In der Trotzphase lerner wir laufen und sprechen, damit auch weglaufen und widersprechen. Die Erwachsenen setzen uns Grenzen, fordern Gehorsam und Anpassung an Regeln. Wir stehen vor der Frage, wie weit wir uns der Kontrolle durch die Erwachsenen unterwerfen oder uns dagegen auflehnen. Anpassung bedeutet die Fähigkeit, Anforderungen und Regeln verschiedenster Situationen zu akzeptieren und zu erfüllen. Stark angepasste Menschen laufen allerdings Gefahr, sich von Anderen instrumentalisieren zu lassen. Auflehnung bedeutet kritische Distanz und in Frage stellen herkömmlicher Verhaltensweisen. Wenn Auflehnung ausschließlich in Ablehnung mündet, stellt sich der Betreffende rasch außerhalb der Gemeinschaft. Versorgung – Autarkie Ein weiterer Entwicklungsschwerpunkt der frühen Kinderjahre ist die Frage, wie weit bzw. wie lange wir uns versorgen lassen oder beginnen, Selbstsorge zu erlernen mit dem Ziel, von der Versorgung durch Andere unabhängig zu werden. Bei Autonomie geht es um die Unabhängigkeit von anderen Personen, bei Autarkie um Unabhängigkeit von der Versorgung durch Andere. Versorgt zu werden ist angenehm und bequem. Menschen, die es gewohnt sind, versorgt zu werden, sind oft hilflos in Situationen, in denen diese Versorgung nicht (mehr) 6 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” •
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zur Verfügung steht. Autarke Menschen versorgen sich selbst, in der Extremvariante sind sie jedoch häufig unfähig, Hilfe von Anderen anzunehmen. Keuschheit–Triebhaftigkeit („ödipaler Konflikt“) Die Entdeckung der Geschlechtlichkeit stellt einen weiteren Markstein kindlicher Entwicklung dar. Die Exploration des Körpers (z.B. "Doktorspiele") ist dabei genauso wichtig wie das mit dem Geschlecht verknüpfte Rollenverhalten ("Vater -­‐ Mutter -­‐ Kind" -­‐Spiele). Nach wie vor wird Sexualität innerhalb der Erziehung häufig tabuisiert und das Einüben geschlechtsspezifischer Rollen damit erschwert. Übertriebene Keuscheit kann unerfüllte Sexualität und Partnerkonflikte zur Folge haben bzw. Sexualität mit einem schlechten Gewissen verknüpfen. Wenig kontrollierte Triebhaftigkeit birgt die Gefahr von Promiskuität oder die Unfähigkeit, dauerhaft eine befriedigende Partnerbeziehung einzugehen. Neues verliert rasch seinen Reiz. Selbstwertkonflikt Die Bestätigung durch Bezugspersonen, dass man trotz Fehlern und Schwächen ein wertvoller Mensch ist, der liebenswert und auch einmalig ist, stellt in der kindlichen Entwicklung die wichtigste Quelle des Selbstwertes dar. Das Kind braucht den "Glanz im Auge der Mutter", um sich darin zu spiegeln. Mit anderen Worten: Der Stolz und die Liebe der Bezugspersonen sind für das Kind eine sichere Basis. Dieses Wissen ermöglicht die weitere Entwicklung des Selbstbewusstseins, auch durch die systematische Stärkung der Ressourcen (Fähigkeiten und Stärken) eines Kindes. Gelingt diese Entwicklung, wird das Kind zunehmend unabhänig von äußerem Lob und Anerkennung. Menschen mit Selbstwertkonflikt zweifeln an den eigenen Fähigkeiten, halten sich für unattraktiv, wenig liebenswert und erwarten Bestätigung ausschließlich durch Andere. Identitätskonflikt Das sichere Wissen, wer wir sind, woher wir kommen und welches unsere Ziele sind, macht unsere Identität aus. Neben unserer Persönlichkeit ist es die Verankerung in familiäre, berufliche, gesellschaftliche usw. Rollen, die unsere Identität fördern. Als Persönlichkeit wird hier die für jeden Menschen einmalige Kombination seiner Persönlichkeitseigenschaften verstanden. Auch Vorbilder, Menschen mit denen wir uns "identifizieren", fördern unsere Identität. Ein Identitätskonflikt entsteht, wenn Teile der eigenen Persönlichkeit nicht akzeptiert oder die Identifikation mit bestimmten Rollen nicht möglich ist, diese Rollen also nicht ausgefüllt werden können, obwohl die Situation es erfordern würde. So könnte beispielsweise eine junge Mutter in Konflikt kommen, wenn es ihr nicht gelingt, eigene Wünsche und Bedürfnisse zu Gunsten derjenigen des 7 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” Kindes hintanzustellen. Diese Fähigkeit ist Teil der Mutterrolle. Ist sie nicht vorhanden, ist die junge Frau mit der Mutterrolle überfordert, weil nicht ausreichend damit identifiziert. Wenn es in der persönlichen Entwicklung nicht gelungen ist, eine klare eigene Identität herauszubilden, liegt eine diffuse Identität vor, die ebenfalls Anlass für tiefe innere Konflikte sein kann. Innere Konflikte und seelische Gesundheit Innere Konflikte stellen unter bestimmten Bedingungen eine Gefahr für unsere Seelenhygiene oder sogar für unsere Gesundheit dar. Da wir alle mit inneren Konflikten zu kämpfen haben und es keinen Menschen gibt, der keinerlei Widersprüche in sich tragen würde, ist die Frage also nicht, ob wir innere Konflikte haben, sondern wie wir mit unseren Konflikten umgehen. Daran entscheidet sich die seelische Gesundheit und Stabilität. In der Folge entscheidet sich daran sehr häufig auch, wie wir in Konfliktsituationen mit anderen Menschen umgehen können. Grundsätzlich gibt es drei Wege des Umgangs: 1. Zulassen der Konflikte, offenes, akzeptierendes Verhalten gegenüber der eigenen Konflikthaftigkeit, Offenheit gegenüber möglicherweise verborgenen Konflikten, kritische Innenschau und Arbeiten am Konflikt, Versuch, einer Lösung oder Kompromißfindung. 2. Ignorieren innerer Konflikte, die einem zwar bewusst sind, die man jedoch nicht anpacken will und mit sich selbst quasi aussitzt – in der Hoffnung, dass sich das Problem mit der Zeit von selbst löst oder dass der innere Druck nachlässt. 3. Verdrängen besonders unangenehmer Konflikte bzw. Konfliktanteile in das Unbewusste; wie oben ausgeführt, ist das Verdrängen eine besonders effektive Form des “Vergessens” mit dem Ergebnis, dass ein willentlicher Zugriff auf die Konfliktinhalte nicht mehr möglich ist. Seelische Gesundheit wird nur durch die erste Möglichkeit garantiert. Verdrängen kann zwar vorübergehend entlasten und ist in Notsituationen manchmal sogar erforderlich, macht aber mittelfristig seelisch oder sogar körperlich krank. Das Ignorieren von inneren Konflikten ist zwar besser als das Verdrängen, blockert jedoch häufiger notwendige Entscheidungen und hemmt die persönliche Entwicklung. Lediglich der offene und selbstkritische Umgang mit der eigenen Konflikthaftigkeit garantiert langfristig seelische Gesundheit und persönliche Entwicklung. 8 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” Zusammenhang zwischen inneren und äußeren Konflikten Innere Konflikte resultieren also stets aus biographischen Erfahrungen. Sie "schlummern" in uns und werden aus ganz bestimmten Gründen oder Anlässen wieder "zum Leben erweckt". Wenn es sich um verdrängte Konflikte handelt, merken wir nur, dass wir aus irgendeinem Grunde mit einer Sache nicht klar kommen, ohne dass wir wirklich wissen warum. Wenn Konflikte, die wir in uns tragen, wieder aktell werden, spricht man von Reaktualisierung. Die Reaktualisierung innerer Konflikte geschieht stets nach dem gleichen Schema. Wir geraten in eine Situation, die mit der biographischen Situation, aus der der innere Konflikt entstanden ist, Ähnlichkeiten hat, eine gemeinsame Schnittmenge. Diese Ähnlichkeiten können sehr klar, oder nur sehr diskret sein. Ob uns der Zusammenhang bewusst wird oder nicht, hängt eben davon ab, ob wir den ursprünglichen (biographischen) Konflikt verdrängt haben oder nicht. Beispiel 1: Ein Arbeitnehmer erhält einen neuen Kollegen. Der Kollege gleicht schon äußerlich dem Bruder des Betreffenden. Mit dem Bruder gab es früher stets Konflikte und Konkurrenzkämpfe. Dadurch passiert es leicht, dass der Betreffende ebenfalls in Konkurrenz zu seinem neuen Kollegen gerät ohne dass er dies möchte und ohne dass der Kollege ihm Anlass dafür gibt. Ist ihm der biografische Hintergrund mit seinem Bruder bewusst, kann sich der Betreffende davon distanzieren und Konkurrenzverhalten gegenüber dem Kollegen vermeiden. Hat er diesen biografischen Hintergrund jedoch verdrängt, weil seinerzeit die Konkurrenzsituation stark negativ besetzt oder von Sanktionen begleitet war, dann fühlt er sich unbewusst in einer Konkurrenzsituation mit den neuen Kollegen, ohne dass er dies wirklich versteht. Er spürt lediglich, dass er mit dem neuen Kollegen "irgendwie" nicht klar kommt, bemerkt möglicherweise nicht einmal, dass es Konkurrenzgefühle sind, die ihn plagen, gibt die Schuld dafür aber dem neuen Kollegen. Bevor der kam, war ja alles in Ordnung. In der Folge wird Vieles, was der neue Kollege macht oder sagt, in das biographische Konkurrenzschema einsortiert -­‐ auf diese Weise bestätigt sich die negative Erwartung -­‐ und ein handfester Krach mit dem Neuen ist nur noch eine Frage der Zeit. Aus dem inneren Konflikt des Arbeitnehmers entsteht durch diese Reaktualisierung ein äußerer Konflikt mit dem neuen Kollegen. -­‐ Der im Hintergrund stehende innere Konflikt könnte beispielsweise ein Selbstwertkonflikt sein. Nehmen wir an, der Buder wurde stets bevorzugt und anerkannt, weil er die besseren Schulleistungen erbrachte. "Nimm Dir ein Beispiel an Deinem Bruder" könnten so oder so ähnlich die Eltern immer wieder zu ihm gesagt haben, verbunden mit Tadel und Mißachtung seiner eigenen Leistungen. Wahrscheinlich 9 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” hat er den Bruder dafür gehasst und hat es ihn spüren lassen. Dafür wurde er dann hart bestraft und musste seine aggressiven Gefühle dem Bruder gegenüber verdrängen. Es wird angeregt, die Situation in der Ursprungsfamilie im Seminar durch ein Rollenspiel zu verdeutlichen. Beispiel 2: Die 24-­‐jährige Studentin hat einen neuen Freund, in den sie heftig verliebt ist. Sie ist überzeugt, den idealen Partner gefunden zu haben. Nach einigen Monaten hat sie das Gefühl, dass die Aufmerksamkeit des Freundes nachlässt. Sie gibt sich Mühe, seine Beachtung zu finden, z.B.durch sorgfältiges Äußere, durch neue Kleidung, durch eine neue Frisur, durch kleine Geschenke und Aufmerksamkeiten, oder auch dadurch, dass sie anfängt, sich für seine Hobbies zu interessieren usw. Er bemerkt dies und erkennt es an. Sie hat jedoch das Gefühl, dass seine Anerkennung oberflächlich und nicht Herzensangelegenheit ist. Eines Tages wirft sie ihm unter Tränen vor, dass sie ihm offensichtlich nicht so wichtig sei und sie vernachlässige. Er widerspricht und beteuert seine Liebe. Kurzfristig hat sie das Gefühl, es sei wieder alles wie am Anfang ihrer Beziehung. Aber nach wenigen Wochen ist sie davon überzeugt, dass er sie nicht wirklich begehrt und es kommt immer wieder zu Vorwürfen deshalb. Nach vielen Streitgesprächen trennt er sich schließlich. Die Studentin versteht nicht, warum ihr das nun schon zum dritten Mal so ähnlich passiert ist. Im Seminar wird nun versucht, eine Phantasiegeschichte zur Biographie der Studentin zu (er)finden. Wichtige Fragen dabei sind: Warum tritt sie immer wieder in dieselbe Falle? Welcher biographische Konflikt könnte vorgelegen haben? Welche Personen aus der Biographie waren vielleicht wichtig? Wie war die Familienkonstellation, wie waren die Rollenverteilungen, die Kommunikationsformen? Was könnte der innere Konflikt der Studentin sein? Was könnte Anlaß für die Reaktualisierung gewesen sein? Welche weiteren Fragen erscheinen bedeutsam? Konzept des Selbstmanagements und der Selbstwirksamkeit Der Begriff "Selbstmanagement" wird in verschiedenen Fachgebieten sehr unterschiedlich verwendet. Im Bereich der Managementwissenschaft geht es dabei meist um Führungsverhalten, in der Coaching-­‐Szene werden darunter mehr oder weniger taugliche Anleitungen zum Zeitmanagement, Zielmanagement, Beziehungsmanagement usw. verstanden. Zu diesem Zweck wurden eine Reihe von Techniken entwickelt, die in Kursen zum Selbstmanagement vermittelt werden. In diesem Seminar werden die psychologischen Elemente des Konzepts fokussiert. Das Grundkonzept entstammt dem kypernetischen Modell sich selbst regulierender Systeme. Wesentliche Elemente sind: Motivation, Zielsetzung, Planung, Organisation 10 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” und Durchführung, Erfolgskontrolle (Feedback) und Lerneffekt (Selbstanpassung). Dieser Prozess läuft zyklisch ab und verbessert das Ergebnis mit jedem Durchlauf. Psychologischer Grundpfeiler ist die Überzeugung der Selbstwirksamkeit. Dies ist nichts anderes als das Vertrauen in die eigene Stärke. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung glauben, dass sie durch ihr Handeln etwas bewirken und auch schwierige Situationen bewältigen können. Die Selbstwirksamkeitserwartung ist ein gewisser Optimismus, eine positive geistige Haltung. Man ist optimistisch, den Anforderungen gewachsen zu sein und diese meistern zu können. Die Selbstwirksamkeitserwartung hat einen großen Einfluss auf unsere Gefühle, unser Verhalten und unseren Lebenserfolg. Wenn wir überzeugt sind, Einfluss auf uns und unser Leben zu haben, dann reagieren wir weniger ängstlich, verlieren seltener die Hoffnung und zeigen ein größeres Durchhaltevermögen. Wir trauen uns mehr zu und erreichen dann auch mehr als Menschen mit geringer Selbstwirksamkeitserwartung. Menschen mit einer geringen Selbstwirksamkeitserwartung geben schnell auf, wenn sie auf Probleme stoßen, oder wagen sich erst gar nicht an bestimmte Aufgaben und Herausforderungen heran, weil sie sich nichts zutrauen. Da sie nicht daran glauben, etwas bewirken zu können, fühlen sie sich häufig hilflos und neigen zu Depressionen. Die Überzeugung, etwas bewirken zu können, kann erlernt werden. Gestärkt wird unsere Selbstwirksamkeitserwartung dadurch, dass wir die Erfahrung machen, schwierige Situationen gemeistert zu haben, oder dass wir Menschen mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung beobachten, die wir uns als Vorbild nehmen können. Menschen, die in ihrem Leben mit Schicksalsschlägen fertig werden mussten. Auch wenn Andere an uns glauben, stärkt das unsere Überzeugung, eine Aufgabe meistern zu können. Auch die Erfahrung, Gefühle beeinflussen zu können und nicht jeder Stimmung hilflos ausgeliefert zu sein, trägt zur Selbstwirksamkeit bei. Ebenfalls kann die Erfahrung, dass Ängste und Befürchtungen, bezogen auf eine bestimmte Situation, unbegründet oder übertrieben waren, das Vetrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken. In schwierigen Situationen kann man sich auch daran erinnern, welche vergleichbaren Situationen man in der Vergangenheit bereits bewältigt hat. Usw. In der Verhaltenstherapie wurde das Prinzip der Selbstwirksamkeit sogar zur Therapieform ausgebaut (vgl. "Selbstmanagement-­‐Therapie. Ein Lehrbuch für die klinische Praxis" von Frederick H. Kanfer, Hans Reinecker und Dieter Schmelzer von Springer (2011) EUR 69,95 -­‐ leider sehr teuer). 11 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” Selbstmanagement innerer Konflikte Es erscheint sinnvoll und folgerichtig, das Konzept des Selbstmanagement und der Selbstwirksamkeit auch auf den Bereich innerer Konflikte anzuwenden. Die Grundeinstellungen, wie sie oben dargestellt wurden, gelten für den ganzen Menschen. Wenn ich also überzeugt bin, die (meisten) Anforderungen, die von außen an mich herangetragen werden, meistern zu können, dann bin ich es auch, wenn es um innere Herausforderungen und Probleme geht. Die Schwierigkeit besteht jedoch darin, innere Konflikte überhaupt als solche zu erkennen. Der Mechanismus der Verdrängung führt ja gerade dazu, Konflikte aus dem Bewusstsein zu entfernen. Wie also könnte es gelingen, dennoch an das Innerste heran zu kommen? Hierbei gibt es eine Reihe von Voraussetzungen. Dazu gehören: o Akzeptanz eigener Konflikthaftigkeit. Viele Menschen leugnen eigene Konflikte, "Probleme haben die Anderen, aber nicht ich!". Konflikte werden als Schwäche erlebt, die man nicht nur Anderen gegenüber, sondern auch gegenüber sich selbst nicht eingestehen mag. Die Erkenntnis, dass jeder Mensch eigene Konflikte hat, dass dies normal ist und dass man trotzdem im Leben und mit anderen Menschen gut zurecht kommen kann, stärkt die Konfliktakzeptanz. Auch die Erfahrung, dass andere Menschen das Zugeben von Schwächen eher positiv und selten negativ beurteilen, ist hilfreich. o Kritikfähigkeit. Kritik an Anderen zu üben, fällt uns meistens nicht so schwer. Wir wissen genau, wobei bei Anderen "der Hase im Pfeffer liegt". Was uns selbst betrifft, wird es da schon schwieriger. So kritisch wir auf Andere blicken, so sehr blicken wir auf uns selbst mit einer "rosa Brille". Das bedeutet, wir blenden bestimmte Dinge aus, die wir nicht sehen wollen oder nicht sehen können. Unsere Kritikfähigkeit können wir dadurch stärken, dass wir nach jeder Kritik an Anderen uns überlegen, was wir selbst zur der kritischen Situation beigetragen haben. Eine gute Übung ist auch zu überlegen, was Andere in dieser Situation über uns wohl denken (s.u. "Perspektivwechsel"). o Introspektionsfähigkeit. Introspektion bedeutet Innenschau. Es ist die Fähigkeit gemeint, in sich hinein zu lauschen und Vorgänge im Innern wahrzunehmen. Hierbei geht es in erster Linie um Gefühle, aber auch um Gedanken und Körperempfindungen. In der Hektik des Alltags gelingt uns die Innenschau oft nicht. Voraussetzung für eine ergiebige Innenschau ist die Abschirmung äußerer Reize. Die Schaffung entspannender Rahmenbedingungen ist eine wichtige Hilfe. 12 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” Techniken wie autogenes Training oder meditative Ansätze können die Innenschau beflügeln. o Mit der Introspektionsfähigkeit verbunden ist die Reflexionsfähigkeit. Denkprozesse laufen ohne unsere Zutun ständig ab. Hier geht es darum, mit einer inneren Distanz Dinge in uns zu bewegen, sie auf verschiedenen Wegen systemarisch durchzudenken und kritisch zu beleuchten. Eine besondere Form der Reflexion ist der innere Dialog. Gegensätzliche Positionen sprechen wie lebendige Personen in uns und ringen um eine Lösung. Argumente beider Seiten werden genannt und gewichtet. Letztlich schlägt man sich auf eine Seite oder schließt einen inneren Kompromiss. Bei verdrängten inneren Konflikten neigen wir dazu, nur die eine Seite zu sehen. In diesem Fall sollten wir uns daran erinnern, dass die meisten Probleme zwei Seiten haben. o Fähigkeit zum Perspektivwechsel. Oft sind wir in unseren eigenen Dingen so gefangen, dass wir "den Wald vor lauter Bäumen" nicht sehen. Manchmal werden wir auch aufgefordert, die Dinge doch einmal mit den Augen eines Anderen zu betrachten. Perspektivwechsel meint, dass wir einen Schritt zurücktreten und versuchen, uns und unsere Situation "von außen" zu betrachten. Wir können uns beispielsweise vorstellen, als neutraler Berichterstatter engagiert worden zu sein. Eine andere Technik wäre die "Tagtraumtechnik", bei der man -­‐ wie sonst in Träumen -­‐ sich selbst von außen erlebt -­‐ vielleicht als Akteur einer Phantasiegeschichte. Diese Technik lässt sich sehr gut mit Entspannunsübungen und Innenschau kombinieren. Wenn diese Einstellungen vorliegen bzw. die zugehörigen Fähigkeiten trainiert werden, dann können Hinweise auf innere Konflikte leichter wahrgenommen werden. Oft sendet das Unterbewusstsein Signale, die uns den Weg weisen. Man kann lernen, diese Signale zu interpretieren. Neben den Signalen der eigenen Seele können es auch Hinweise aus der Umwelt sein, die uns auf die richtige Spur bringen. Als Beispiele seien genannt: o Entscheidungsschwäche. Wir treffen täglich Entscheidungen. Manche Entscheidungen fallen uns leicht, andere schwerer. Dann gibt es Entscheidungen, die wir nicht treffen, die wir immer wieder aufschieben ohne dass uns die Gründe dafür klar sind. Wenn es dann garnicht anders geht, entscheiden wir irgendwie und sind unzufrieden. Was uns hemmt sind Ängste, die falsche Entscheidung zu treffen, unangenehme Folgen ertragen zu müssen oder ein schlechtes Gewissen zu haben. Wenn wir also offen an diese Ängste herangehen, haben wir die Chance weiter zu kommen. Nach einer Entscheidung stellen wir oft fest, dass die Ängste unbegründet waren. Dennoch sind Ängste ein wichtiger 13 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” Fingerzeig auf unbewusste Vorgänge. Die Art der Ängste gibt oft einen Hinweis, um welchen inneren Konflikt es dabei geht. o Aufschieben bestimmter Aufgaben. Jeder von uns erledigt manche Aufgaben rasch und gern, andere Aufgaben jedoch zögerlich oder gar nicht. Wenn es immer wieder die gleichen Aufgaben sind, die wir vor uns her schieben, dann ist dies ein Hinweis auf Konflikte. Natürlich gibt es Aufgaben, die uns auch überfordern können. Gemeint sind hier jedoch Aufgaben, die wir normalerweise gut bewältigen könnten, sie jedoch aus unerfindlichen Gründen nicht anpacken. Häufig finden wir Ausreden oder schieben andere Dinge vor, die angeblich wichtiger sind. Wir sollten hier die Art der Aufgabe näher betrachten und das zumeist unangenehme Gefühl, welches mit der Aufgabe assoziiert ist, versuchen zu ergründen. Manchmal geht es dabei um die unbewusste Weigerung, bestimmte Pflichten oder Rollen zu erfüllen. o Vermeidung bestimmter Situationen. Jeder von uns kennt Situationen, die er gerne vermeiden würde. Wenn wir bewusst Situationen vermeiden, die uns unangenehm sind, müssen wir für die Folgen geradestehen, nehmen aber in der Regel keinen seelischen Schaden. Wenn es uns jedoch immer wieder "passiert", dass wir Situationen vermeiden, ohne dass wir dies gewollt oder geplant haben, ist das ein starker Hinweis für einen inneren Konflikt. Wenn wir unser Vermeidungsverhalten ergründen, können wir auf die Spur des Konflikts kommen. Beispielsweise "vergessen" wir einen Termin und wissen hinterher gar nicht, wie uns das passieren konnte. Bei näherer Betrachtung stellen wir jedoch fest, dass mit diesen Termin oder der damit verbundenen Person eine unangenehme Assoziation verknüpft ist. o Wiederholung gleichartiger Probleme.Die Art der Probleme, mit denen wir im Leben konfrontiert werden, ist begrenzt, nicht aber die Häufigkeit mit der sie auftreten. Wenn wir uns immer wieder den gleichen Problemen gegenüber sehen, ohne dass wir so genau wissen warum, dann steckt vermutlich ein innerer Konflikt dahinter. "Das passiert mir immer wieder", stellen wir frustriert fest und finden keine dauerhafte Problemlösung. Eine Zerlegung des Problems in seine Einzelteile, die Problemanalyse, kann weiter führen. Oft ist dabei Hilfe von außen effektiver, als eigenes Grübeln. Auch hier gibt es Techniken, z.B. die w-­‐Fragen (was, wo, wann, wer, warum ...). o Konfliktmuster, die sich wiederholen. Jeder hat die Erfahrung gemacht, dass Konflikte häufig nach demselben Schema ablaufen. Oft genügen wenige Worte, bestimmte Reizworte, um den Schalter umzulegen und den Konflikt in alten 14 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” Bahnen abfahren zu lassen. Dies betrifft meist äußere Konflikte mit bestimmten Personen, das gilt aber auch für innere Konflikte. Konfliktschemata äußerer Konflikte können auf innere Konfliktmuster hinweisen. Die Konfliktmuster anderer Menschen meinen wir zu kennen Um die eigenen Konfliktmuster zu erkennen, ist es wichtig, sich selbst die Frage zu stellen: Was hat das mit mir zu tun? Was ist mein Anteil an diesem Konflikt? Was läuft bei mir ab? Dies betrifft natürlich nicht die Konflikte, deren Hintergrund und Entwicklung wir genau kennen und verstehen, sondern Konflikte, bei denen wir eigentlich nicht wissen, warum sie immer wieder nach dem selben Schema ablaufen. o Einseitige Schuldzuweisungen. Bei äußeren Konflikten sind Schuldzuweisungen die Regel. Von den Konfliktbeteiligten wird die Schuld sehr rasch und sehr unterschiedlich verteilt. Meist sind die Anderen Schuld. Schuldzuweisungen führen selten zu einer konstruktiven Lösung des Konflikts. Wenn äußeren Konflikten innere Konflikte zu Grunde liegen, dann haben Schuldzuweisungen meist die Funtkion, von eigenen Fehlern, Schwächen, Versäumnissen oder von eigener Schuld abzulenken, d.h. den ursächlich eigenen Konflikt abzuwehren. Wenn wir also dazu neigen, die Schuld sehr schnell Anderen zu geben, dann sollten wir darüber nachdenken, ob wir damit nicht eigene Konflikte zudecken. o Konflikte mit Personen, die Ähnlichkeiten aufweisen. Manchmal passiert es, dass wir immer mit dem selben Typ von Menschen in Konflikt geraten. Es handelt sich zwar um verschiedene Personen, dennoch haben Sie etwas Gemeinsames. Das können Charaktereigenschaften, Verhaltensweisen, Äußerlichkeiten oder auch nur die Art sich zu bewegen, sich auszudrücken, Gefühle zu zeigen usw. sein. Hintergrund ist eine biographische Verknüpfung mit diesem "Typ Mensch". Eine Verknüpfung, die uns jedoch nicht bewusst ist. Sehr häufig beziehen sich Verknüpfungen auf frühe Bezugspersonen, die eine emotionale Bedeutung für uns hatten. o Wiederholte Ängste, die sich als übertrieben oder unbegründet erweisen. Ängste gehören zum Leben. Zumeist sind unsere Ängste dem Anlass angemessen. Wenn dies nicht so ist, sondern die Ängste über den Anlass deutlich hinausgehen, kann dies ein Hinweis für einen angstbesetzten inneren Konflikt sein. Wenn wir es geschaft haben, trotz Ängsten eine Situation zu meistern, dann hilft uns diese Erfahrung, mit Ängsten dauerhaft fertig zu werden. Gerade bei Ängsten gelingt das Selbstmanagement jedoch nicht immer, weshalb therapeutische Unterstützung hier wichtig sein kann. 15 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” o Eigene Einstellungen, die bezogen auf die Muster der Grundkonflikte (s.o.), extreme Positionen verkörpern, z.B. extremes Streben nach Autonomie oder Autarkie, Verharren in Situationen der Abhängigkeit, übertriebene Suche nach Selbstbestätigung usw. Bei den oben beschriebenen Grundmustern innerer Konflikte sind wir in der Regel im mittleren Teil des Spektrums verortet. Wenn es beispielsweise um Autonomie vs. Abhängigkeit geht, dann werden wir je nach Situation und Ziel manchmal autonome Entscheidungen treffen und ein andermal Entscheidungen, die eine gewisse Abhängigkeit bedeuten. Wenn wir jedoch ausschließlich und kompromisslos nur in eine Richtung gehen, dann kann dies Ausdruck eines inneren Konfliktes sein. Wer z.B. seine Autonomie ständig in den Vordergrund stellt, der überdeckt möglicherweise eigene Abhängigkeitswünsche. o Gleichartige Hinweise verschiedener Menschen. Wenn Menschen aus unserem Umfeld unabhängig voneinander ähnliche Hinweise, Kritik oder Ratschläge geben, dann ist das ein Hinweis darauf, dass wir etwas nicht sehen (wollen). Wir sollten in solchen Situationen darüber nachdenken, ob an den Aussagen nicht doch etwas dran ist. o Störungen der Funktionen des vegetativen Nervensystems. Zu den häufigsten Störungen gehören: Schweißausbrüche, Herzklopfen, Bluthochdruck, Schwindel, Schlafstörungen, Verdauungsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen. Solche Reaktionen des vegetativen Nervensystems sind typische Stressreaktionen. Wie erwähnt, können innere Konflikte genauso belastend sein wie äußere Konflikt und zu einer Stressreaktion führen. Wenn wir keine Erklärung für die Symtpome haben, dann sollten wir prüfen, ob es nicht ein innerer Konflikt ist, der diesen (inneren) Stress verursacht. Symptome des vegetativen Nervensystems sind ein Alarmzeichen, welches man stets beachten sollte. Techniken und Hilfen Regelmäßige "Inventur" durch kritische Innenschau und Reflexion hilt uns, wiederkehrende Muster des Erlebens und Verhaltens zu erkennen. Die Selbsterkenntnis als Methode wird in vielen philosophischen wie auch psychotherapeutischen Richtungen angewandt. Am besten ist es, ein "Ritual der inneren Einkehr" einzurichten. Hierzu bedarf es spezieller Rahmenbedingungen. Zeitpunkt und Ort sollten mit Bedacht gewählt, Störungen von außen möglichst vermieden werden. Die Abschirmung von Außenreizen 16 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” ist wichtig und kann zum Beispiel durch Entspannungstechniken erreicht werden. Ruhige Musik oder andere Hilfsmittel der Entspannung können ebenfalls eingesetzt werden. Es ist sinnvoll, sich in einer bestimmten Reihenfolge die gleichen Fragen zu stellen. Solche Fragen könnten beispielsweise sein: o Spüre ich einen inneren Zwiespalt? o Gibt es Entscheidungen, die ich treffen sollte, mit denen ich aber nicht vorankomme? o Mit welchen Personen stehe ich derzeit im Konflikt? Wie ist meine Beziehung zu diesen Personen? An wen erinnern mich diese Personen? o Gerate ich immer wieder mit den gleichen Personen in Konflikt? (Anm.: nicht mit den selben Personen!) o Welche Situationen vermeide ich? o Welches sind meine Ängste und wodurch werden sie ausgelöst? o Gibt es Dinge, die so oder so ähnlich bereits schon einmal vorgekommen sind oder die sich in ähnlicher Weise immer wieder abspielen? o Wie gestalte ich Beziehungen (Freundschaftsbeziehungen, Partnerbeziehungen, Arbeitsbeziehungen)? o Gebe ich (immer wieder) die Schuld an einer bestimmten Situation anderen? o Gibt es körperliche Beschwerden oder Hinweise? Manche Menschen benötigen nicht Ruhe, sondern körperliche Aktivität, um ihre Gedanken nach innen zu konzentrieren. Wandern oder Jogging in freier Natur können hilfreich sein. Die Umgebung sollte keine große Konzentration erfordern, Straßenverkehr ist ungeeignet. Wenn man eine vertraute Strecke wählt, muss man weniger auf dem Weg achten und die Gedanken haben Vorrang. Welche Rahmenbedingungen am besten sind, muss man einfach ausprobieren. Selbsterkenntnis und Selbstmanagement sind nicht immer möglich oder erfolgreich. Es gibt innere Konflikte, die durch Selbsterkenntnis nicht entdeckt werden können, da sie vollständig verdrängt wurden. Wenn es sich um einen gravierenden Konflikt handelt, sind wir mit dem Selbstmanagement häufig auch überfordert. In dieser Situation sollten wir nicht zögern, Rat und Unterstützung durch Außenstehende zu suchen. Zudem hilft uns die Außensicht, die eigene Sicht zu relativieren und zu erweitern. Eine gute Freundin oder ein guter Freund können helfen, wenn wir selbst nicht weiterkommen. Hierbei sind besonders Freunde hilfreich, die nicht immer nur zustimmen, sondern die in der Lage sind, auch die kritischen Fragen zu stellen. 17 Seminar Dr. W. Ruf-­‐Ballauf: “Mit sich selbst im Reinen -­‐ Selbstmanagement innerer Konflikte” Es gibt Situationen, wo uns nur professionelle Hilfe weiterbringt. Psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen, ist keine Schande. Therapeuten mit tiefenpsychologischer oder psychoanalytischer Ausbildung sind darauf spezialisiert, innere Konflikte aufzudecken. Verhaltenstherapeuten arbeiten an den Auswirkungen der Konflikte, nämlich am konkreten Verhalten. Jeder Psychotherapeut hat übrigens eine eigene Therapie hinter sich, im Rahmen der Ausbildung nennt man das dann Selbsterfahrung. Häufig stellt sich die Frage, wann der Zeitpunkt ist, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hier ist eine klare Antwort möglich. Immer dann, wenn es mir mit dem Selbstmanagement nicht gelingt, in allen Bereichen des Alltags diejenigen Dinge zu machen, die ich gerne machen möchte oder auch machen muss, sollte Hilfe in Anspruch genommen werden. Es sind also die Einschränkungen in der Alltagsbewältigung, die uns signalisieren, dass wir etwas für uns tun sollten. 18 
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