Fälle - Hans-Bredow

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Persönlichkeitsschutz (I und II)
Dr. Benjamin Korte
Übungsfälle (WS 03/04)
Fall 1: "Kanzleraffäre"
Die Bild-Zeitung meldet:
»Der Bundeskanzler, Gerhard Schröder, hat ein Verhältnis mit der Fernsehmoderatorin
Sandra M.«
Aufgabe: Unterstellen Sie, diese Meldung sei zutreffend. Verletzt sie die Persönlichkeitsrechte des
Bundeskanzlers?
Fall 2: "Birkelnudeln"
Der Journalist J erhält kurz vor Redaktionsschluss eine Pressemitteilung des Regierungspräsidiums
Stuttgart, wonach Nudelprodukte der Firma Birkel „mikrobiell“ mit "Flüssigei" verseucht seien. J
macht noch vergeblich den Versuch, einen Sprecher der Firma Birkel zu erreichen. Danach hebt er
die Meldung für den nächsten Tag ins Blatt. Nach Erscheinen des Artikels bricht der Umsatz der
Firma Birkel ein.
Als sich kurz darauf herausstellt, dass Birkel-Produkte gesundheitlich völlig einwandfrei sind, d.h.
insbesondere niemals mit "Flüssigei" verseucht waren, macht das Unternehmen Schadensersatz
i.H.v. 21,6 Mio. Euro geltend.
Hat die Z-Zeitung durch Abdruck des Artikels das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Firma
Birkel verletzt?
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Fall 3: "Saustall Justiz"
"Christian (5) ist der einsamste Junge Dresdens. Während seine Freunde über die Spielplätze
toben, sitzt er in seinem Zimmer. Er darf nicht allein nach draußen. Denn in der
Nachbarschaft lebt ein geistig behinderter Mann, der Christian vor zwei Monaten
mißbraucht hat. Und der läuft noch immer frei rum!
(...)
Der mutmaßliche Täter ist Horst U. (42 - Name von der Red. geändert). Nach Aussagen von
Christian hat der Mann ihn mindestens fünf mal mißbraucht.
(...)
Mittlerweile machte sich Horst U. an ein kleines Mädchen ran. Die fünfjährige Maria wurde von
ihm befingert. Nachbarn sahen, daß Gert T. dabei sogar Sperma an den Fingern hatte.
Staatsanwalt Stephan Streng: "Wir wissen bisher nur von zwei Übergriffen, bei denen die beiden
Kinder berührt worden sind. Der Verdächtige ist nicht einschlägig vorbestraft. Wir hatten
Bedenken, ob das für eine sofortige Einweisung ausreicht." Die Staatsanwaltschaft forderte von der
Polizei deshalb Nachermittlungen, hat jetzt die Akte auch an das Vormundschaftsgericht
weitergereicht.
Ein beispielloser Skandal. Hätten sich Gericht und Staatsanwaltschaft gleich kurzgeschlossen, wäre
Host U. längst in Verwahrung. Denn seit Januar liegt beim Gericht ein psychiatrisches Gutachten
üben den Mann (liegt Bild vor). Darin empfiehlt das Psychiatrische Landeskrankenhaus Arnsdorf
die Einweisung in eine geschlossene Anstalt. Außerdem heißt es: "Zudem sind gelegentliche
Erregungszustände zu berücksichtigen, die ein ausgeprägtes fremd- und selbstgefährdendes
Potential haben."
(...)
"Damit nicht genug: Seit 18. August gibt es ein weiteres Gutachten. (...) Der Psychiater schildert
den Mann als schwerst alkoholkrank und debil. "Er hat die Persönlichkeitsentwicklung eines 8- bis
9jähringen Kindes erreicht."
(...)
Horst U. wohnt indessen weiter in seiner heruntergekommenen Ein-Raum-Wohnung, ständig unter
Alkohol."
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Fall 4: "Pornodarsteller"
Fall: Bernd Bollig, der als Moderator beim Fernsehsender F tätig ist, ist von der ABC-Partei als Kandidat für
eine Landtagswahl aufgestellt worden. In der Z-Zeitung erscheint hierzu ein Artikel, der u.a. folgende
Aussagen enthält:
1.) "Bollig, der in den 70er Jahren in verschiedenen Pornofilmen mitwirkte, möchte nun als Politiker
Karriere machen."
Zur Illustration dieser Aussage wird folgende Aufnahme aus einem Film Bolligs abgedruckt:
2.) "Wie Szene-Insider berichten, soll Bollig auf Partys angeblich regelmäßig Kokain konsumieren."
3.) "Einer wie Bollig, der gerade mal über das politische Grundwissen eines Klippschülers verfügt und
zudem noch aussieht wie ein schmieriger Möchtegern-Casanova, sollte sich aus der Politik lieber
heraushalten."
Im übrigen wird in neutraler, rechtlich unbedenklicher Weise von verschiedenen Wahlkampfauftritten
Bolligs berichtet.
Bollig zieht wegen des Artikels der Z-Zeitung vor das Zivilgericht. In der Gerichtsverhandlung stellt sich
heraus, dass die Aussage zu 1.) nachweislich zutrifft. Bollig beruft sich jedoch darauf, dass seine Tätigkeit
als Pornodarsteller mittlerweile fast dreißig Jahre zurückliege und ihm daher – ähnlich wie einem Straftäter –
ein Recht zustehe, nach so langer Zeit nicht mehr mit seinen "Jugendsünden" an den öffentlichen Pranger
gestellt zu werden. Die Berichterstattung über seine ehemalige Tätigkeit als Pornodarsteller verstoße daher
gegen § 192 StGB. Jedenfalls aber verletze sie sein allgemeines Persönlichkeitsrecht, da sie in seine
Intimsphäre eingreife.
Ob Bollig auf Partys Kokain konsumiert hat, läßt sich nicht zur Überzeugung des Gerichts aufklären. Die ZZeitung beruft sich insoweit aber auf "verläßliche Informanten", die sie jedoch aufgrund entsprechender
Verabredungen nicht namentlich nennen wolle.
Bollig kann in der Verhandlung nachweisen, dass ihm der F-Sender aufgrund des Artikels der Z-Zeitung
gekündigt hat und ihm dadurch Lohn i.H.v. 20.000 Euro entgangen ist.
Aufgabe: Beurteilen Sie unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte, ob die
Verbreitung der o.g. Zitate und des oben abgedruckten Fotos rechtlich zulässig war und prüfen Sie, welche
presserechtlichen Ansprüche das Zivilgericht Bernd Bollig voraussichtlich zusprechen wird.
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