„Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Diagnostik und Beratung SoSe 2017 – VO 2 Diagnose Beratung Intervention Christian Kraler Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Ein Missstand besteht darin, dass die Schulmeister mit ein und demselben Unterrichtsstoff und nach ein und demselben Maß eine Vielzahl junger Geister von unterschiedlichen Massen und Begabungen unter ihre Fuchtel nehmen. Empfindungsweise und Seelenstärke der Menschen sind verschieden. Man muss sie daher ihrer Wesensart gemäß auch auf verschiedenen Wegen zu ihrem Besten führen. Michel de Montaigne (1533 –1592) [email protected] 2 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 I. Diagnostik [email protected] 3 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Beispiel Hesse/Latzko, S. 58 „diagnostisches Urteil“ [email protected] 4 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 διάγνωσις, diágnosis ‚Unterscheidung, Entscheidung‘, aus διά-, diá-, ‚durch-‘ und γνώσις, gnósis, ‚Erkenntnis, Urteil Diagnostik Alltagsdiagnose: Urteile über Mitmenschen, Einschätzung von Situationen Beurteilungsfehler (vgl. Einf.-VO) unbewusstes Leiten von Alltagstheorien fehlende Überprüfung von Zusammenhangsannahmen im Alltag i.d.R. sinnvoll Professioneller Kontext: Konsequenzen von Fehlurteilen theoretisch begründbares System von Regeln/Methoden zur Urteilsfindung wissenschaftsbasierte Diagnostik (spez. Gütekriterien, Vorgangsweisen) [email protected] 5 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 wiss. Diagnostik Hesse/Latzko, S. 60 [email protected] 6 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 wiss. Diagnostik Wissenschaftlich fundierte Diagnostik: theoretisch begründbares System von Regeln und Methoden zur Gewinnung und Analyse von Kennwerten für inter- und intraindividuelle Merkmalsunterschiede von Einzelpersonen, Gruppen, Institutionen, Situationen, Gegenständen. Elemente einer professionellen Diagnostik: Formulierung diagnostischer Fragestellung Erhebung relevanter Daten Integration zur Diagnose basierend auf Bezugsgrößen Aufstellung von Prognosen teleologisches Moment Ziel wissenschaftlicher Diagnostik: Bereitstellung wissenschaftlich fundierter Entscheidungshilfen bei Handlungsmöglichkeiten im Rahmen konkreter Fragestellungen [email protected] 7 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Anwendungsfelder Hesse/Latzko, S. 62 [email protected] 8 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Ablaufmodell 0. Kontext: formale Bildung, Schule 1. Phänomen/Beobachtung 2. (normative) Bezugsgröße & Deviationsgrad 3. individualisierte Präzisierung 4. Handlungsbegründende Schlussfolgerung 5. Intervention 6. Folge(n), weiteres Vorgehen Urteilsbildung im diagnostischen Prozess ist mehr als Messen/Testen Komplexer, mehrstufiger Prozess hin zur Urteilsfindung im professionellen Kontext: Orientierung an wissenschaftlichen Methoden und Gütekriterien [email protected] Hesse/Latzko, S. 63 9 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 diagnostische Urteilsfindung Ingenkamp/Lissmann, S. 18 [email protected] 10 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Ablaufschritte 1. Problem aus der Schulpraxis: in diagnostische Fragestellung überführen adäquates (pädagogisches) Wissen zur Einordnung des Diagnoseanlasses darauf basierend … 2. Feststellungs- und Erklärungshypothesen entwickeln die geprüft werden können Feststellungshypothesen: liegt ein Fall überhaupt vor Erklärungshypothese: mögliche Ursachen 3. Adäquate diagnostische Methode auswählen zur Überprüfung der Gültigkeit der Hypothese Informationen/Daten, die zu diagnostischem Urteil verdichtet werden in Schule: Beobachtungsmethoden Gesprächsmethoden (Kommunikation!) Testverfahren Abklärung möglicher Hypothesen (WH Schritt) Verdichtung zu diagnostischem Urteil 4. Einleitung entsprechender adaptiver Maßnahmen 5. Evaluation [email protected] 11 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Diagnostische Interaktion [email protected] 12 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Voraussetzungen Diagnostik Voraussetzungen Vierstellige Relation (jemand diagnostiziert etwas bei jemandem mit etwas) Subjekt, Handlung, Objekt, Hilfsmittel Interaktion Wissen (Inhalte und Bezugsgrößen) Anlass Diagnoseprozess mit Handlungsmöglichkeiten übergeordnetes Ziel Kommunikation Commitment [email protected] 13 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Literatur: Diagnostik [email protected] 14 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Literatur: Kommunikation [email protected] 15 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Merkmal Merkmal Verhalten Leistung Diagnose SchülerIn Lehrperson Kommunikation & Beratung Beratung Intervention SchülerIn Lehrperson Kommunikation & Beratung Pädagogische Diagnostik: Tätigkeit im Schulalltag Aufgabe der LehrerInnen ≠ medizinisch-psychologische Diagnose Basis für pädagogisches Handeln teleologisch/nach vorne gerichtet mehr als „testen“ [email protected] 16 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Pädagogische Diagnostik Pädagogische Diagnostik im Überblick – SQA Unterlage [email protected] 17 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Definition(en) Pädagogische Diagnostik umfasst „alle diagnostischen Tätigkeiten, durch die bei einzelnen Lernenden und den in einer Gruppe Lernenden Voraussetzungen und Bedingungen planmäßiger Lehr- und Lernprozesse ermittelt, Lernprozesse analysiert und Lernergebnisse festgestellt werden, um individuelles Lernen zu optimieren. Zur Pädagogischen Diagnostik gehören ferner die diagnostischen Tätigkeiten, die die Zuweisung zu Lerngruppen oder zu individuellen Förderungsprogrammen ermöglichen sowie die mehr gesellschaftlich verankerten Aufgaben der Steuerung des Bildungsnachwuchses oder der Einteilung von Qualifikationen zum Ziel haben“. [email protected] 18 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Definition(en) „Die pädagogisch-psychologische Diagnostik ist ein Arbeitsfeld, das sich mit der Beschaffung und Bewertung von Informationen befasst, die zu einer möglichst akkuraten Einschätzung der aktuellen Ausprägung von Personenmerkmalen (z.B. Fähigkeiten und Einstellungen der Lernenden) oder Merkmalen der Lern- und Entwicklungsumwelt (z.B. Kommunikationsformen im schulische Unterricht, elterliches Erziehungsverhalten) führen und zu einer besseren Erklärung und Prognose in pädagogisch relevanten Problemfeldern beitragen. (Krapp/Weidenmann 2006, S. 528) [email protected] 19 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Definition(en) Pädagogische Diagnostik ist keine zusätzliche Aufgabe, sondern gehört zum Kern professioneller Arbeit von Lehrer/inne/n: Sie begründet jedes auf die einzelne Schülerin/den einzelnen Schüler fokussierte pädagogische Handeln. Alle empirischen Studien, die sich mit Lernleistungen von Schüler/innen beschäftigen, bestätigen eindeutig, dass eine verbesserte Diagnosekompetenz der Lehrer/innen zu einer Verbesserung der Lernleistungen der Schüler/innen führt. Pädagogische Diagnostik richtet ihren Blick vor allem auf die Ressourcen und Stärken jeder/s einzelnen Lernenden. Mit ihrer Hilfe können Lehrer/innen Lernvoraussetzungen und Lernergebnisse von Lernenden erschließen, deren Lernprozesse analysieren und daraus Maßnahmen für zielgerichtetes individuelles Fördern und Herausfordern ableiten. Begleitend dazu stellt das Überprüfen der Wirkung dieser Unterstützungsmaßahmen einen wesentlichen Aspekt pädagogischer Diagnostik dar. SQA-Unterlage Pädagogische Diagnostik, S. 5 [email protected] 20 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Diagnostik in der Schule Hesse/Latzko, S. 55 [email protected] 21 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 [email protected] Maier 2015, S. 17 22 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Hierarchieebenen und Aggregationsniveaus Individualdiagnostik (einzelne Personen): zeitaufwändig, Problem der Gruppierung v. Individuen ( Lerngruppen) … Gruppendiagnostik (Klasse, Lerngruppe) Verfahren der GD, stark von organisatorischen, rechtlichen, curricularen Rahmenbedingungen geprägt. Leistungsdiagnostik mit begrenzten Ressourcen möglich, durch Beobachtung einzelner SuS ergänzt, Bedeutung v. Gruppentests. Nachteil: begrenzte Anpassbarkeit an indiv. Voraussetzungen. Vorteil: Sozialer Bezugsrahmen auch bei nichtstandardisierten Verfahen. ~> Bildungsstandards, Kompetenzmodelle Diagnose von Leistungsgruppen: wichtige Rolle Selektion u. Zertifizierung Verstärkte Individualisierung verstärkte Individualdiagnostik (Vgl. VO Lernen und Lehren im Diversitätskontext) [email protected] 23 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Hierarchieebenen und Aggregationsniveaus Organisationsdiagnostik (Schule Schulentwicklung!) NT: Diagnostik auf Organisationsebene: Problem Auflösungsgrad der Daten, dieser sinkt stetig von Individual- über Gruppen- zu Organisationsdiag. (#Testzeitpunkte, #diag. Fragen). Vorteil: Aggregation (Zusammenfassung Diag.-Ergebnisse) macht Daten robuster Bildungsmonitoring bzw. Benchmarking (Schulsystem, Länder, Schularten): Large-Scale-Assessments: Processes ad procedures for measuring the achievement of large groups of learners. (vgl. ERIC-Deskriptoren) Benchmarking: Systematically measuring and comparing the operations and outcomes of organizations, systems, processes etc. against agreed upon „bestin-class“ frames of reference“. Ziel BM: abschließende Bewertung von Lernprozessen ganzer Alterskohorten. NT: grobkörnige Testformate [email protected] 24 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Diagnose interindividueller vs. Intraindividueller Differenzen Differenzen zwischen Personen (interindividuell) differenzielle Diagnostik: Merkmalsunterschiede zwischen Menschen. Diagnoseverfahren liefert Beschreibung der Verteilung der MM in Population. Schule: „Massenlernprozess“ dif.Diag. ((Leistungs-)Differenz zwischen Personen) Test … Large-Scale-Assessment Entwicklungen innerhalb einer Person (intraindividuell) intraindividuelle Diagnostik Erfassung der Veränderung von MM innerhalb eines Individuums über die Zeit Verfahren, das über Zeit mehrfach verwendet werden kann Problem: Entwicklung der diagnostizierten Personen mgl. genaue Kenntnis der Entwicklungsstufen in spez. Bereich (Zahlerwerb, Schriftsprache, Verhalten, …) ink. „Normen“ bzw. Durchschnitte Entwicklungsdiagnostik: gut, wenn z.B. Wissenserwerbsprozess lange dauert, Gebiet gut eingrenzbar ist (veränderungssensitive Instrumente) [email protected] 25 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Summative und formative Aspekte z.B. Leistungsdiagnostik Verwendung von z.B. Testergebnissen entscheidend ERIC-Deskriptoren Summative evaluation, product evaluation: Evaluation at the conclusion of an activity or plan to determine ist effectiveness. Formative evaluation: Evaluation that is used to modify or improve products, programs or activities and is based on feedback obtained during their planning and development. Summative Diagnostik: z.B. Schulempfehlung, Versetzungen, Schulnoten, „Endergebnis“ Formative Diagnostik: z.B. Förderplanempfehlung [email protected] 26 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 II. Kommunikation [email protected] 27 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 1. Einleitung [email protected] 28 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Lp SS SS SS SS SS SS SS SS SS SS SS SS Diagnostik als laufender unterrichtlicher Prozess Beobachtung (systematisch) Interaktion KOMMUNIKATION Thema/Problem Diagnose SchülerIn Beratung Lehrperson Intervention Kommunikation & Beratung [email protected] 29 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Schulischer Kontext Kommunikation als Person (z.B. M. Buber) in professionsspezifischer Rolle Faktoren: unbewusste eigene KommunikationsMUSTER (L+S) bewusste Intentionen Kontextgebundenheit Ziele: Information (Kontext Schule!) Lösung einer konkreten Frage Aufrechterhaltung der strukturellen Grundanforderung (did. Dreieck) professionsspezifischer, wissenschaftsbasierter Zugang STRUKTURBESCHREIBUNG, MODELLE, GRUNDLAGEN, ANWENDUNGEN [email protected] 30 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Paul Watzlawick (1921-2007) Beispiel einer Kommunikationstheorie konstruktivistischer Theorie Gegenwart zentral theoretisch als System von sich gegenseitig beeinflussenden Beziehungen beschrieben „Werden“ und „Wachsen“ als charakteristische Merkmale dieses Systems Palo-Alto-Gruppe: Forschungsgruppe aus Psychiatern, Psychologen und Sozialarbeitern am Mental Research Institute (MRI) in Palo Alto, Kalifornien. Initiator: Gregory Bateson, forschte ursprünglich zum Thema Schizophrenie, später zu den Themen Kommunikation, Psychotherapie und Familientherapie. Klatschender Mann & Elefant Problem [email protected] „Wirklichkeit“ als Ergebnis zwischenmenschlicher Kommunikation 31 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Burkart 2002, S. 538 [email protected] 32 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 „Der systemische Ansatz basiert auf der Situation im Jetzt und Hier. Das heißt auf der Art und Weise, in der die Menschen miteinander kommunizieren und im Kommunizieren dann in Schwierigkeiten kommen können. Wir versuchen also zu verstehen, wie das menschliche Bezugssystem funktioniert, in dem der sogenannte Patient mit drinnen steht und mitwirkt ... Unsere Frage ist: Wozu? Was ist die Funktion des sogenannten Symptoms? Das geht so weit für mich, dass, wenn ich zum Beispiel Ehe-Therapie betreibe, der Patient nicht mehr der Mann oder die Frau, sondern die Beziehung zwischen diesen beiden Menschen ist. Das ist mein Patient. An der Beziehung will ich arbeiten.“ Kommunikation und Seminar, Junfermann, Paderborn, Heft Juni 2007, S. 55. [email protected] 33 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Fünf pragmatischen Axiomen der Kommunikationstheorie: „Man kann nicht nicht kommunizieren!“ „Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, wobei Letzterer den Ersteren bestimmt und daher eine Metakommunikation ist.“ „Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktionen (=Struktur bzw. das Muster einer Kommunikation) der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bestimmt.“ „Menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten. Digitale Kommunikationen haben eine komplexe und vielseitige logische Syntax, aber eine auf dem Gebiet der Beziehungen unzulängliche Semantik. Analoge Kommunikationen dagegen besitzen dieses semantische Potential, ermangeln aber die für eindeutige Kommunikationen erforderliche logische Syntax.“ „Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komplementär, je nachdem, ob die Beziehungen zwischen den Partnern auf Gleichheit oder Unterschiedlichkeit basieren.“ Kurz: • Man kann nicht nicht kommunizieren • Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt • Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung • Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten • Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär [email protected] 34 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Kommunikationsmodelle: Möglichkeiten & Grenzen Themenzentrierte Interaktion Ruth Cohn (psychodynamische Psychologie) https://de.wikipedia.org/wiki/ Themenzentrierte_Interaktion „Jetzt halt einmal den Mund“ Nachrichtenquadrat Friedemann Schulz von Thun https://de.wikipedia.org/wiki/ Vier-Seiten-Modell Trandsaktionsanalyse Eric Berne https://de.wikipedia.org/wiki/ Transaktionsanalyse [email protected] 35 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 1. Man kann nicht nicht kommunizieren. "Man kann nicht nicht kommunizieren, denn jede Kommunikation (nicht nur mit Worten) ist Verhalten und genauso wie man sich nicht nicht verhalten kann, kann man nicht nicht kommunizieren." 2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt "Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, wobei letzterer den ersten bestimmt." Der Inhaltsaspekt erhält die Aufgabe Informationen zu vermitteln. Der Beziehungsaspekt gibt Aufschluss darüber, wie die Beziehung vom Empfänger aufgefasst wird. Jede Äußerung enthält eine Beziehungsaussage. Durch Gestik, Mimik und Tonfall des Sprechers, werden im Angesprochenen verschiedene Reaktionen ausgelöst. • Bestätigung (die Aussage wird als Kompliment verstanden) • Verwerfung (die Aussage wird fallen gelassen, da sie als negativ empfunden wurde) • Entwertung (der Sprecher und seine Aussage werden entwertet) Wenn eine negative Beziehung auf der Inhaltsebene ausgetragen wird kann dies eine gestörte Kommunikation zur Folge haben, [email protected] 36 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 3. Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung "Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bedingt." Regeln: • Jeder Teilnehmer einer Interaktion gibt der Beziehung eine Struktur • Auf jeden Reiz folgt eine Reaktion (Verhaltenskette) • Jeder Reiz ist zugleich auch Kommunikation, da eine Kommunikation kreisförmig verläuft. Es gibt keinen Anfangspunkt. Liegt eine Störung vor, nimmt einer der beiden Kommunikationspartner an, dass der andere die gleichen Informationen besäße wie er selbst. Durch diese subjektive Wahrnehmung, passiert meistens dann auch genau das, was der gestörte Kommunikationspartner prophezeit hat (Ursache-Wirkungs-Zusammenhang). [email protected] 37 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 4. Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten In der Kommunikation gibt es zwei Möglichkeiten Objekte darzustellen. Zum einen kann man sie durch die Analogie (z.B. eine Zeichnung) ausdrücken oder dem Objekt einen Namen geben. Nicht nur das gesprochene Wort (in der Regel digitale Kommunikation), sondern auch die nonverbalen Äußerungen (z. B. Lächeln, Wegblicken,...) teilen etwas mit. • Digital: Inhaltsaspekt einer Nachricht, es wird komplexes Wissen übermittelt. Logische Verknüpfungen und Negationen lassen sich ausdrücken • Analog: Beziehungsaspekt einer Nachricht, wesentlich älter. Digitale Kommunikation verfügt über eine komplexe und logische Syntax, entbehrt auf dem Gebiet der Beziehungen einer Semantik. Die analoge Kommunikation verfügt über ein semantisches Potenzial auf dem Gebiet der Beziehungen, entbehrt einer Syntax, die eine eindeutige Definition der Natur von Beziehungen leisten könnte. Mit analogen Elementen wird häufig die Beziehungsebene vermittelt, mit digitalen die Inhaltsebene. Analoge Kommunikation ist mehrdeutig und kann unterschiedlich entschlüsselt werden. Durch mögliche Fehlinterpretationen können Konflikte zwischen den Kommunikationspartnern entstehen. [email protected] 38 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 5. Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär "Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komplementär, je nachdem ob die Beziehung zwischen den Partnern auf Gleichgewicht oder Unterschiedlichkeit beruht." Beziehungen zwischen Partnern basieren entweder auf Gleichheit oder auf Unterschiedlichkeit. In komplementären Beziehungen ergänzen sich unterschiedliche Verhaltensweisen und bestimmen den Interaktionsprozess. Die Beziehungsgrundlage besteht hierbei im Unterschied der Partner. Häufig drückt sich diese Unterschiedlichkeit in einer Unterordnung aus, d.h. der eine hat die Oberhand über den anderen. Eine symmetrische Beziehungsform zeichnet sich dadurch aus, dass die Partner sich bemühen, Ungleichheiten untereinander zu minimieren (Streben nach Gleichheit). • Sind die Kommunikationsabläufe symmetrisch, so handelt es sich um 2 gleichstarke Partner, die nach Gleichheit und Verminderung von Unterschieden streben. Man könnte es auch ein "spiegelhaftes Verhalten" der Partner nennen. • Sind die Abläufe komplementär gibt es immer einen "superioren" und einen "inferioren" Partner. Die Partner ergänzen sich in ihrem Verhalten. [email protected] 39 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Eine Störung liegt vor, wenn es zu einer symmetrischen Eskalation kommt. Das Verhalten des einen Partners bedingt das des Anderen und umgekehrt. Daraus entstehen häufig paradoxe Handlungsaufforderungen. Entweder es kommt zu sogenannten "Doppelten Botschaften" ( z.B. nonverbal etwas anderes ausdrücken als man sagt) oder zu paradoxen Voraussagen. Watzlawick - 4 Schritte zur Problemlösung: 1. Zunächst muss das Problem definiert werden. Hierbei muss zwischen echten und Pseudoproblemen natürlich unterschieden werden. 2. Der zweite Schritt ist, die bisherigen Lösungsversuche zu untersuchen und zu sehen, ob die Probleme nicht durch Fehllösung entstanden sind. 3. Darauf folgt die Formulierung von Zielen bzw. Lösungen. In diesem Schritt sollte man Utopien und vage Lösungen natürlich nicht berücksichtigen. 4. Zu guter Letzt werden die Planungen durchgeführt. Die Axiome interpretieren die Autoren als heuristische Prinzipien für wissenschaftliche Projekte zur Erforschung menschlicher Kommunikation. [email protected] 40 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 2. Grundlagen & Systematisierung [email protected] 41 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Charakterisierung/Definition Kommunikation: als Mitteilung zwischen Menschen, die sich einander mit Hilfe von Mimik Gestik Sprache Schrift Bild Ton von Angesicht zu Angesicht, über papierene oder elektronische Übertragungs- und Speichertechniken Botschaften vermitteln. - Kommunikation ist immer auch inszeniert - wird in verschiedenen Wissenschaften aus unterschiedlichen Perspektiven als Erkenntnisobjekt betrachtet: * u.a. Soziologie, Psychologie, Pädagogik, Psychiatrie, Philosophie, Politikwissenschaften, Sprachwissenschaften/Linguistik „soziale“ Kommunikation * Physik, Mathematik, Informatik, Chemie, Biologie, … „technisch-naturwissenschaftl. Aspekte der Kommunikation (nach Burkart 2002, S. 15). [email protected] 42 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Charakterisierung/Definition Kommunikation ist bei genauerer Analyse „sperrig“ wissenschaftlich als „Materialobjekt“ (Klassifikation, Arten,…) & „Formalobjekt“ ( bes. Sichtweise auf Material) betrachten Def: Kommunikation als Prozess der Bedeutungsvermittlung zwischen Lebewesen. Soziale Kommunikationsprozesse im Mittelpunkt des Interesses. Kommunikation als soziales Verhalten: verhalten sich zueinander reaktiv Menschliche Kommunikation als soziales Handeln: intentionales Verhalten auf andere Kommunikation als soziale Interaktion: dynamischer Vorgang der Wechselwirkung zw. Menschen (Doppelseitigkeit), wechselseitiger Prozess d. Bedeutungsvermittlung Kommunikation als vermittelter Prozess: benötigt Ausdrucksmittel, Mitteilung braucht ein „Mittel oder Medium“, mit dem Bedeutungsinhalt Gestalt annimmt (personal/technisch) Menschliche Kommunikation als symbolisch vermittelte Interaktion: Symbol: Zeichen, das etwas repräsentiert Bedeutung verstehen (Bedeutungsinhalte zuordnen) [email protected] 43 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Verständigung als feedbackgesteuerter Prozess Verständigung K A M R Feedback K ommunikator R ezipient A ussage M edium (*) Reziprozität interaktionistisches Moment (*) Feedbackprozess verbindet die beiden kommunikativen Systeme Burkart 2002, S. 69 [email protected] 44 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Gegenseitige Kommunikation KOMMUNIKATIONSPARTNER A OUTPUT K KOMMUNIKATIONSPARTNER B INPUT Verständigung A M INPUT R OUTPUT M A OUTPUT K R K INPUT A M [email protected] R 45 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Sprachliche Reflexivität Besonderheit menschlicher Sprache: SELBSTREFLEXIVITÄT „mit Sprache über Sprache sprechen“ sprachliche Aussagen zum Gegenstand von Aussagen machen Objektsprache: inhaltliche Aussagen über Gegenstände/Verhältnisse Bezugnahme auf etwas Außersprachliches z.B.: „Johannes schaut nicht zur Tafel wie alle anderen.“ Metasprache: Aussagen über objektsprachliche Sätze Bezugnahme auf Sprache selbst z.B.: „Es stimmt, Johannes schaut wirklich nicht zur Tafel.“ Sprachliche Kommunikation wir erst durch metasprachliche Fähigkeiten der Beteiligten möglich. Besondere Bedeutung für nicht erfolgreich ablaufende kommunikative Interaktion! Metakommunikation zur diagnostischen Korrektur in Gang setzen [email protected] 46 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Diagnose sprachlicher Kommunikationsstörungen Metakommunikation: - Kommunikation über bereits stattgefundene Kommunikation - Form von Kommunikation, die sich selbst auf Inhalts- und Beziehungsebene thematisiert - Missinterpretierte Aussagen zum Kommunikationsgegenstand machen. Ziel von Sprache: Verständigung zwischen Kommunikationspartnern herstellen Voraussetzungen: - grundsätzliches Erkennen sprachlicher Manifestation - Deckungsgleichheit in den wechselseitigen sprachlichen Code-Systemen Nichtverstehen Verständigungsschwierigkeiten Missverstehen [email protected] 47 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Missverstehen sprachlicher Kommunikation Missverständnisse auf gegenständlicher Ebene: Selbe Sprachgemeinschaft Unterschiedliche Bedeutungszuordnung bei sprachlichen Symbolen Kommunikation erfolgreich, wenn Symbole einem Inhalt entsprechen, der in der Erfahrung verschiedener Personen ein best. Maß an Überdeckung hat. - Biographie (physisch/psychisch) - Geographie - soziale Aspekte Umwelt & Erfahrungen konstituierend [email protected] 48 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Sprachliche Kommunikationssituation Bild von A bei B Realisieren sozialer Positionen Bild von B bei A A B‘ setzt SPRECHAKT Definition der Kommunikationssituation [email protected] interpretiert B A‘ Burkart 2002, S. 119 49 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 III. Beratung [email protected] 50 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Lp SS SS SS SS SS SS SS SS SS SS SS SS Thema/Problem Diagnostik als laufender unterrichtlicher Prozess Beobachtung (systematisch) Interaktion KOMMUNIKATION Setting: Beratung Diagnose SchülerIn Beratung Lehrperson Intervention Kommunikation & Beratung [email protected] 51 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Beratung als Kerntätigkeit von Lehrpersonen Inhalt: aus Funktion der fachlichen Expertise heraus Personen: SchülerInnen, Erziehungsberechtigte (primär) Beratungskompetenz - i.d.R. keine eigene Ausbildung - Haltung, Methoden, Erfahrung Zeitfaktor Anlass Zunahme: - aufgrund steigender Komplexität im Bildungssystem (Reformen) - Personalisierung von Lernprozessen - gesetzliche Vorgaben (KEL,…) [email protected] 52 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Charakterisierung Weg zum Umgang mit Problemen/komplexen Situationen In Interaktion Prozess der mehrfach durchlaufen werden kann Ziel: Handlungs-/Entscheidungsmöglichkeit einer Person zu verbessern Autonomie erhöhen [email protected] 53 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Funktionen und Fehlformen [email protected] 54 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Merkmale schulischer Beratung (Schnebel 2007, S.26) [email protected] 55 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Beratungsprozess (Schnebel 2007, S.146) [email protected] 56 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Rollenklärung [email protected] 57 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 [email protected] 58 „Diagnostik und Beratung“ - VO 2 Christian Kraler, SoSe 2017 Kommunikation Diagnose Beratung Thema/Problem/Fragestellung SchülerIn Lehrperson [email protected] 59