Diagnostik von Niederdruckplasmen zur kontrollierten Synthese von

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RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM
Dissertation
Diagnostik von Niederdruckplasmen
zur kontrollierten Synthese von
Kohlenwasserstoff-Nanoteilchen
Martin Schulze
Bochum 2007
Dissertation zur Erlangung des Grades eines
Doktor-Ingenieurs
der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik an der
Ruhr-Universität Bochum
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
i
Bilderverzeichnis
iii
1 Einleitung
1
1.1
Anwendungspotentiale von Nanoteilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.2
Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
1.3
Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
7
2.1
Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
2.2
Versuchsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
2.3
Entstehung von Protopartikeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2.4
Teilchenagglomeration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
2.5
Weiteres Wachstum und Wachstumszyklen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
2.6
Unterbrechung des Teilchenwachstums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
3 Ausbildung von Plasmainstabilitäten
3.1
27
Dynamik der Staubteilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
3.1.1
Orbitallimitiertes Teilchenstrommodell . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
3.1.2
Kräftebilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
3.2
Void-Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
3.3
Void-Instabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
4 Charakterisierung der Teilchen
4.1
35
Physikalische und chemische Eigenschaften plasmasynthetisierter
Kohlenwasserstoff-Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
4.2
Ex-situ Charakterisierung durch Mikroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
4.3
In-situ Charakterisierung mit direkten Methoden . . . . . . . . . . . . . . .
38
4.3.1
Lichtstreuung an Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
4.3.2
Weitere direkte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
In-situ Charakterisierung mit indirekten Methoden . . . . . . . . . . . . . .
39
4.4
i
ii
Inhaltsverzeichnis
4.4.1
Teilchenvermessung mittels der Void-Instabilität . . . . . . . . . . . .
39
4.4.2
Messungen der Plasmaimpedanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
4.4.3
Weitere Plasmainstabilitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
5 Plasmadiagnostik
5.1
5.2
43
Langmuir-Sondenmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
5.1.1
Aufnahme der Strom-Spannungs-Charakteristik . . . . . . . . . . . .
43
5.1.2
Statistisches Modell der Messung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
5.1.3
Physikalisches Modell des Sondenstroms . . . . . . . . . . . . . . . .
46
5.1.4
Grundsätzliche Vorgehensweise bei der Kennlinienauswertung . . . .
47
5.1.5
Ionenstromkorrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
5.1.6
Nichtparametrische Regression mittels lokaler Polynome . . . . . . .
53
5.1.7
Varianzschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
5.1.8
Bestimmung des optimalen Bandbreitenprofils . . . . . . . . . . . . .
58
5.1.9
Bestimmung der Plasmaparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
5.1.10 Algorithmus zur Auswertung von Sondenkennlinien . . . . . . . . . .
67
5.1.11 Gültigkeitsbereich des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
Optische Emissionsspektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
5.2.1
Analyse der OES-Spektren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
5.2.2
Bestimmung von Neutralgastemperaturen . . . . . . . . . . . . . . .
71
5.2.3
Bestimmung parametrisierter Elektronenenergieverteilungsfunktionen
72
5.2.4
ICCD-Kameramessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
6 Untersuchung der Void-Rotation
85
6.1
Charakterisierung der stabilen Entladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
6.2
Charakterisierung der Void-Rotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
92
6.2.1
Zeitliches Verhalten und Abhängigkeit vom Magnetfeld . . . . . . . .
92
6.2.2
Optische Emissionsspektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
6.2.3
Langmuirsondenmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
6.3
Physikalisches Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Zusammenfassung
105
Literaturverzeichnis
118
Danksagung
119
Bilderverzeichnis
2.1
Schematische Zeichnung des experimentellen Aufbaus . . . . . . . . . . . . .
8
2.2
Ablauf des Experiments und Zeitverlauf der Plasmaemission. . . . . . . . . .
11
2.3
Modell des Teilchenwachstums im Plasma. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2.4
Massenspektrum der negativen Ionen in einer gepulsten C2 H2 -Entladung. . .
13
2.5
Massenspektrum der Neutralteilchen 3 s nach Zünden der Entladung. . . . .
13
2.6
Zeitliche Entwicklung der Zählraten von Makromolekülen. . . . . . . . . . .
15
2.7
Höhenprofil von 2 nm großen Teilchen auf einer Siliziumprobe. . . . . . . . .
16
2.8
Größenverteilung von Teilchen zu verschiedenen Zeitpunkten der Agglomeration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
Zeitverlauf der Größe und Dichte von agglomierenden Staubteilchen. . . . . .
22
2.10 Zeitverlauf von Größe und Dichte plasmasynthetisierter Staubteilchen. . . . .
23
2.11 Zusammenhang zwischen Agglomeration und mittlerem Ladungszustand. . .
24
3.1
Teilchentrajektorie auf ein Staubteilchen im orbitallimitierten Modell. . . . .
27
4.1
REM-Bilder extrahierter Teilchen bei Variation der Injektionsdauer von C2 H2 . 40
4.2
Zusammenhang zwischen Teilchengröße und Periodendauer der Plasmaoszillationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
5.1
Elektrisches Ersatzschaltbild der Langmuir-Sonde. . . . . . . . . . . . . . . .
43
5.2
Theoretische Strom-Spannungs-Charakteristik eines Argonplasmas. . . . . .
48
5.3
Verteilungsfunktionen der Schätzer für die Parameter des Ionenstroms. . . .
51
5.4
Anpassung eines lokalen Polynoms an eine verrauschte Modellkennlinie. . . .
54
5.5
Bandbreitenprofil nach dem lokalen CP-Kriterium.
60
5.6
Elektronenenergieverteilungsfunktion aus der Auswertung der Modellkennlinie. 63
5.7
Verteilungsfunktionen der Schätzer für die Elektronendichte und die mittlere
Elektronenenergie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
5.8
Ortsaufgelöste Einkopplungseffizient in die Glasfaser. . . . . . . . . . . . . .
69
5.9
Anpassung des Hintergrundspektrums und der Linienprofile an die Messdaten. 71
2.9
. . . . . . . . . . . . . .
5.10 Anpassung einer Boltzmann-Verteilung an die Besetzungsdichten der rotatorischen Molekülniveaus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
5.11 Termschema der 3p5 4s und 3p5 4p Zustände von Argon. . . . . . . . . . . . .
76
iii
iv
Bilderverzeichnis
5.12 Sichtlinienintegrierte Zustandsdichten der Argon-3p5 4s-Niveaus bei Druckvariation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77
5.13 Sichtlinienintegrierte Zustandsdichten der Argon-3p5 4s-Niveaus aus [HM00].
78
5.14 Vergleich von gemessenen und berechneten Linienintensitäten. . . . . . . . .
80
5.15 Vergleich der mit OES und Langmuirsonde gemessenen EEDF bei Druckvariation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
5.16 Auswertung eines ICCD-Kamerabilds der Plasmaemission der Ne-585 Linie. .
83
6.1
Ortsprofile der Plasmaparameter im stabilen Argon-Neon Plasma ohne statisches Magnetfeld. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
Räumliche Variation der EEDF im stabilen Argon-Neon Plasma ohne statisches Magnetfeld. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
6.3
Ortsprofile der Plasmaparameter mit und ohne statischem Magnetfeld. . . .
88
6.4
Ortsaufgelöste Emissionsprofile bei Variation des statischen Magnetfelds. . .
88
6.5
EEDF bei Variation des statischen Magnetfelds. . . . . . . . . . . . . . . . .
89
6.6
Ortsprofil der Elektronendichte mit und ohne Staubteilchen. . . . . . . . . .
90
6.7
Ortsprofil der rotatorischen Gastemperatur mit und ohne Staubteilchen. . . .
91
6.8
Zeitliche Entwicklung und Magnetfeldabhängigkeit der Void-Umlaufzeit. . . .
93
6.9
Phasenabhängigkeit der Ne–585 Linienemission während der Plasmaoszillationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
6.10 Ortsprofile der Ne–585 Linienemission zu verschiedenen Phasenlagen. . . . .
95
6.11 Ortsprofile der Linienemission des Plasmoiden bei Variation des Magnetfelds.
96
6.12 Schematische Darstellung der Sondenmessung im Bezugssystem des rotierenden Plasmoiden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
6.13 Phasenaufgelöste Langmuirsondenmessung während der Plasmaoszillationen.
98
6.14 Emissionsprofil der Ne-585 Linie entlang kreisförmiger Pfade um das Reaktorzentrum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
6.2
6.15 Orts- und phasenaufgelöste Elektronendichte während der Plasmaoszillationen. 99
6.16 Konturplot der Elektronendichte im Bezugssystem des Plasmoiden. . . . . . 100
6.17 Konturplot des Plasmapotentials im Bezugssystem des Plasmoiden. . . . . . 100
6.18 Schematische Darstellung der Teilchendynamik im induktiven Plasma. . . . . 102
1. Einleitung
1.1
Anwendungspotentiale von Nanoteilchen
Kleinste Teilchen, die gemeinhin als Nanoteilchen bezeichnet werden, finden heutzutage in
wachsendem Maße Einsatz in industriellen Produkten. In vielen Fällen lassen sich dadurch
Verbesserungen hinsichtlich der Funktionalität erzielen. Beispielsweise gibt es Sonnenschutzcremes, die als UV-Filter Nanoteilchen aus Titandioxid enthalten. Der Vorteil dieser Cremes
ist, dass sie im Gegensatz zum herkömmlichen Produkt bei gleicher Schutzwirkung durchsichtig sind. Nanoteilchen werden aber auch Klebern, Farben, Lacken und Nahrungsmitteln
beigemischt. Weitere Anwendungen finden sich in den verschiedensten Bereichen, wie z.B.
in Katalysatoren, in bildgebenden Verfahren der Medizin und Biologie sowie als Therapeutikum. Das vielfältige Einsatzspektrum beruht auf den einzigartigen Eigenschaften, die
Materialien in Form kleinster Partikel besitzen. Dazu zählen die hohe Löslichkeit in Flüssigkeiten, die hohe chemische Reaktivität und Photolumineszenz.
Den meisten etablierten Anwendungen ist gemein, dass sie auf der Verwendung von Teilchen mit einem Durchmesser im Bereich mehrerer zehn bis hundert Nanometer basieren.
Solche Teilchen sind relativ leicht herzustellen und die Anforderungen an die Reinheit und
Größenverteilung sind in der Regel nicht besonders restriktiv. Wichtiger ist in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, große Mengen an Teilchen kostengünstig herzustellen. Eine
sinnvollere Klassifizierung wird dementsprechend auch durch die alternative Bezeichnung
sub-Mikrometer-Teilchen erzielt. Nanoteilchen bezeichnet dagegen sachlich korrekt Teilchen,
deren Durchmesser im Bereich von wenigen Nanometern bis zu einigen zehn Nanometern
liegt. Auf Grund von Marketing-Aspekten ist es in der Industrie üblich, den Begriff Nanoteilchen auch auf größere Teilchen anzuwenden. Im nachfolgenden Text werden die Begriffe
konsequent in ihrem sachlich richtigen Zusammenhang verwendet.
Der Einsatz echter Nanoteilchen ist deutlich weniger verbreitet. Es gibt jedoch ein großes
Anwendungspotential. Die meisten Einsatzszenarien beruhen auf den überragenden elektrischen und optischen Eigenschaften von Nanoteilchen, die sich wiederum auf ihre Bandlücke
zurückführen lassen. Diese unterscheidet sich oftmals erheblich von der Bandlücke des Festkörpermaterials und ist unmittelbar mit der Größe der Teilchen verknüpft: Je kleiner die
Teilchen sind, desto größer wird in der Regel ihre Bandlücke. Allerdings verändert sich die
komplette Bandstruktur, so dass z.B. bei Materialien mit indirekter Bandlücke auch direkte
optische Übergänge stattfinden können [WSP99].
Eine Anwendungsmöglichkeit, die sich daraus ergibt, ist der Einsatz von Silizium-NanoKristalliten als aktiv emittierendes Material. Im undotierten Siliziumfestkörper gibt es keinen optoelektrischen Effekt, da Silizium eine indirekte Bandlücke aufweist. Um lichtemittierende Schaltkreise aufzubauen ist die Halbleiterindustrie daher auf die Einbettung anderer
Materialien, wie z.B. Gallium-Arsenid angewiesen, was zu komplizierte Schichtstrukturen
führt. Die Herstellung solcher Systeme lässt sich nur schwer in die Prozesse integrieren,
die auf Siliziumbasis arbeiten. Dies behindert nachdrücklich die Revolutionierung des Halb1
2
Kapitel 1 Einleitung
leitersektors durch integrierte optische Übertragungswege in mikroelektronischen Schaltkreisen. Durch die Einbettung von Silizium-Nanokristalliten in den Siliziumfestkörper kann
dieses Problem in Zukunft überwunden werden. Auf dem Weg zur Marktreife wurden hier
bereits wesentliche Fortschritte erzielt [IFS00]. Insbesondere sind die PhotolumineszenzEigenschaften von Silizium-Nanokristalliten in Abhängigkeit der Teilchengröße gut erforscht.
Neben Silizium existieren andere Materialsysteme, bei denen durch die Einbettung von Nanoteilchen deutliche Fortschritte bezüglich der Lumineszenzeigenschaften erzielt werden können. Bettet man beispielsweise Nanoteilchen unterschiedlicher Größe oder unterschiedlicher
Materialien in bestehende optoelektrische Systeme ein, zeichnet sich das Verbundsystem
durch Lumineszenz bei verschiedenen Wellenlängen gleichzeitig aus. Dadurch lassen sich
LEDs realisieren, die wesentlich effizienter arbeiten als in der herkömmlichen Ausführung.
Besonders wichtig ist dabei die Möglichkeit, blaues Licht direkt und ohne die Verwendung
von Phosphoren zu erzeugen. Dies kann beispielsweise durch die Einbettung von CdSe/ZnS
Nanokristalliten in eine GaN-Matrix erreicht werden [MPA+ 05]. In einer anderen Arbeit
wird gezeigt, dass speziell präparierte CdSe-Nanokristallite ein kontinuierliches Emissionsspektrum im sichtbaren Bereich aufweisen [BMR06]. Dies stellt die ideale Voraussetzung für
die Herstellung hocheffizienter LEDs dar.
Weitere Anwendungsmöglichkeiten finden sich im Bereich von Bauelementen für nichtflüchtige Speicher. Diese basieren auf dem Prinzip der Speicherung elektrischer Ladung in einer
entsprechend präparierten Schicht. Die Auf- und Entladung geschieht über Feldeffekttransistoren. Die ladungsspeichernde Schicht muss in diesen Systemen durch eine Isolationsschicht
abgeschirmt werden. Die Anforderungen an diese Isolationsschicht lassen sich mit Halbleiterprozessen, die Strukturbreiten von unter 65 nm verwenden, nicht mehr erfüllen [De 02].
Die Alternative ist die Verwendung von Nanoteilchen als Träger gespeicherter Ladung. Die
Potentialdifferenzen, die beim Auf- und Entladungsvorgang im Bauteil auftreten sind dann
deutlich niedriger als beim herkömmlichen Design, und entsprechend können deutlich dünnere Isolationsschichten verwendet werden [De 02].
Ein letztes vielversprechendes Anwendungsgebiet, das hier Erwähnung finden soll, ist die
Einbettung von Silizium-Nanokristalliten in eine amorphe Matrix bei der Herstellung von
Solarzellen. Solche sogenannten polymorphen Solarzellen zeichnen sich durch einen deutlich
verminderten Photodegradationseffekt aus [RMP02]. Ihr technologischer Einsatz wird im
Prinzip nur dadurch verhindert, dass die so hergestellten Solarzellen bislang nicht den Wirkungsgrad von a-Si:H Solarzellen erreichen können. Hierbei wurden jedoch in letzter Zeit
wesentliche Verbesserungen erzielt [RCKT04]. Daneben gibt es Untersuchungen zur Einbettung von Nanokristalliten in PbSe-Solarzellen, durch die eine starke Absorption im nahen
Infrarotbereich erzielt werden kann [CXZ+ 06].
All diesen Einsatzmöglichkeiten für Nanoteilchen ist es gemein, dass man Teilchen vorgegebener Größe benötigt, oft in monodisperser Form. Zur kontrollierten Synthese solcher
Teilchen gibt es nur in wenigen Fällen Herstellungsverfahren, die allen Anforderungen genügen. Eine Synthese aus der Gasphase durch die Anwendung von Plasmatechnologie stellt
ein Möglichkeit dar, diese Lücke zu schließen. Plasmaverfahren finden insbesondere in der
Mikroelektronik verbreitet Anwendung, so dass bei den dort gelagerten Anwendungsfeldern
eine direkte Integration in bestehende Prozesse möglich ist. Viele Plasmaprozesse, insbesondere beschichtende Plasmen, neigen inhärent zur Bildung von Partikeln. Tatsächlich wurde
die Erforschung des Teilchenwachstums im Plasma historisch zunächst von dem Wunsch
getrieben, Partikelbildung zu vermeiden und damit der Zerstörung von empfindlichen Mikrostrukturen durch unkontrolliert abgeschiedene Partikeln zu unterbinden. Im Hinblick auf
künftige Anwendungen für Nanoteilchen kehrt sich dieser Fokus nun um. Man möchte nun
im Gegenteil Plasmen dazu nutzen, um Teilchen zu erzeugen.
1.2 Aufgabenstellung
1.2
3
Aufgabenstellung
Das größte Problem bei der Plasmasynthese ist die Diagnostik der Teilchengröße während
des Teilchenwachstums. Hierzu existieren anwendungsreife Verfahren für Teilchengrößen ab
25 nm Radius, die nach dem Prinzip der Ellipsometrie arbeiten [HW06]. Da die Intensität
des gestreuten Lichts proportional zum Teilchenradius zur sechsten Potenz ist, kann man
bei kleineren Teilchen die Intensität des gestreuten Lichts vom Rauschen nicht mehr unterscheiden. Dies trifft für alle Methoden zu, die auf Lichtstreuung beruhen. Andere Diagnostikmethoden, die in der Literatur vorgeschlagen werden, erfordern extremen apparativen
Aufwand oder besitzen eine schlechte Reproduzierbarkeit, so dass eine Kalibrierung nur
schwer durchführbar ist. Die kontrollierte Erzeugung von Nanoteilchen im Sinne von Teilchen mit Durchmessern von wenigen Nanometern bis einigen zehn Nanometern erfordert
aber inhärent ein einfaches Verfahren zur in-situ Bestimmung der Teilchengröße.
An diesem Punkt setzt die vorliegende Arbeit an. Im Rahmen eines Teilprojekts des von
der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereich 591, Univer”
selles Verhalten gleichgewichtsferner Plasmen“, wird eine induktiv gekoppelte Entladung
(ICP) untersucht, mit der man zum einen Teilchen erzeugen kann und die zum anderen bei
Anwesenheit von Nanoteilchen eine Instabilität aufweist. Diese Instabilität lässt sich unter
anderem von außen mittels einer Fotodiode beobachten, mit der man die Lichtemission des
Plasmas im sichtbaren Bereich misst. Man stellt fest, dass es sich um ein periodisches Signal
handelt, wobei die Frequenz im Bereich einiger Hertz bis hin zu einigen zehn Hertz liegt.
Damit ist ausgeschlossen, dass eine Ladungsinstabilität vorliegt, wie sie beispielsweise in
elektronegativen Entladungen auftritt. Solche Instabilitäten werden durch den periodisch
schwankenden Ladungszustand von Atomen oder Molekülen mit hoher Elektronenaffinität
hervorgerufen und besitzen dementsprechend Periodendauern, die in der Größenordnung der
Aufladungszeit liegen [CLLM01]. Die zugehörigen Frequenzen liegen im Bereich von Kilohertz. Andererseits gibt es Untersuchungen an kapazitiv gekoppelten Entladungen (CCP),
in denen sub-Mikrometer-Partikel eingeschlossen sind und die ebenfalls zu instabilem Verhalten neigen [PG96b]. Dort kann man die Teilchen direkt beobachten und stellt fest, dass
sich eine teilchenfreie Region im Plasma ausbildet, deren Größe oszilliert, oder die in der
Reaktorkammer rotiert. Wie auch im induktiv gekoppelten Plasma liegen die Frequenzen
dabei im Bereich einiger Hertz. Die Instabilitäten im CCP verschwinden jedoch, wenn die
Teilchen eine kritische Größe von etwa 120 nm im Durchmesser unterschreiten.
In einer vorangegangenen Arbeit an einem ICP konnte gezeigt werden, dass die dort beobachtete Instabilität ebenfalls auf Transporteffekten von Teilchen beruht, in diesem Fall
jedoch von Nanoteilchen [vB04]. Weil man die Teilchen nicht direkt nachweisen kann, war
die genaue Natur der Oszillationen in dieser Entladung nicht bekannt. Es liegt jedoch die
Vermutung nahe, dass die Frequenz durch die Größe der Nanoteilchen beeinflusst wird, da
die Kräfte, die auf die Teilchen wirken, von deren Durchmessern abhängen. Eine Korrelation
zwischen der Frequenz eines einfach zu beobachtenden Plasmaphänomens und der Größe der
sich im Plasma befindlichen Teilchen würde aber genau die Lücke der fehlenden Diagnostik bei der Teilchenerzeugung mit Plasmaverfahren schließen. Die genaue Untersuchung der
Zusammenhänge während der Plasmainstabilität im ICP ist Gegenstand dieser Arbeit.
Zu diesem Zweck steht ein induktiv gekoppelter Plasmareaktor zur Verfügung, der mit
verschiedenen Plasmadiagnostiken ausgestattet ist. Um die unmittelbare Verknüpfung zur
Teilchenerzeugung zu schaffen, erfolgt diese in demselben Versuchsaufbau. Zur Erweiterung
des Parameterraums für die Teilchenerzeugung steht für die Leistungseinkopplung neben
einer induktiven Spule auch eine kapazitive Elektrode zur Verfügung. Die Arbeit umfasst
die Untersuchung des Teilchenwachstums, die Charakterisierung der stabilen Entladung und
4
Kapitel 1 Einleitung
die orts- und zeitabhängige Untersuchung der Plasmaoszillationen zur Diagnostik der Teilchengröße. Mit Ausnahme der Plasmachemie, die in der ersten Phase des Teilchenwachstums die Bildung von Protopartikeln beschreibt, wird erwartet, dass die Ergebnisse für
alle Materialsysteme, die im Plasma aus der Gasphase synthetisiert werden können, gültig
sind. Für die Experimente im Rahmen dieser Arbeit werden beispielhaft KohlenwasserstoffNanoteilchen betrachtet, die aus Azetylen erzeugt werden. Kohlenwasserstoff-Schichten, die
sich dabei an den Reaktorwänden ablagern, lassen sich durch einen einfachen Reinigungsprozess mittels eines Argon-Sauerstoff-Plasmas rückstandsfrei entfernen. Dies ist eine wichtige
Voraussetzung für die Reproduzierbarkeit der Versuche. Im Hinblick auf die Anwendung
lassen sich Kohlenwasserstoff-Teilchen beispielsweise zur Einbettung in diamantartige Kohlenstoffschichten benutzen, um die innere Materialspannung zu reduzieren, die sonst ab einer
gewissen Dicke zu einem adhäsiven Versagen der Schichten führen.
Neben den in-situ Untersuchungen der Teilchengröße im Plasma wird in dieser Arbeit auch
der Wachstumsmechanismus der Teilchen betrachtet. Vollständig verstanden ist dieser nur
für Silizium-Teilchen, die im Plasma beispielsweise aus dem Quellgas Silan synthetisiert werden können. Bei dem entsprechenden Prozess konnten bereits Nanoteilchen verschiedener
Größen ab 2 nm Durchmesser produziert werden. A priori ist jedoch nicht klar, inwieweit
die Prozesse, die auf dieser Größenskala eine Rolle spielen, auf andere Materialsysteme übertragbar sind. Insbesondere wurden solche Untersuchungen im Fall von KohlenwasserstoffTeilchen bisher nicht durchgeführt. Die Herstellung kleinster Nanoteilchen mit unter 10 nm
Durchmesser stellt eine besondere Herausforderung dar, da das Teilchenwachstum in der frühen Phase extrem dynamisch erfolgt. Die Untersuchungen gestalten sich vor allem deshalb
schwierig, weil man die Teilchengröße in diesem Bereich bisher nicht zuverlässig bestimmen kann. Nicht zuletzt ist deshalb auch im Falle von Silizium nicht geklärt, wie man das
Teilchenwachstum bei einer vorgegebenen Größe anhalten kann, um kleinste Teilchen zu
erhalten. Anwendungsreife besitzt nur ein Prozess, bei dem Teilchen unter Ausnutzung der
thermophoretischen Kraft durch einen Temperaturgradienten im Plasma zu einem Substrat
hin getrieben werden und dort in eine wachsende Schicht eingebettet werden [RMP02].
1.3
Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit lässt sich in zwei Teile gliedern. Im ersten Teil wird zunächst der experimentelle Aufbau vorgestellt und die Experimentführung zur Erzeugung der Nanoteilchen
erläutert (Kapitel 2). Um ein Verständnis für den Wachstumsprozess der Teilchen zu erlangen, wird das Wachstumsmodell nach dem Stand der gegenwärtigen Forschung dargestellt
und mit Simulationen und experimentellen Ergebnissen für das in Kapitel 2.2 vorgestellte
Experiment bestätigt. In Kapitel 2.6 wird gezeigt, dass sich das Teilchenwachstum stoppen
lässt, ohne dabei die Entladung zu unterbrechen. Die Teilchen laden sich dabei negativ auf
und sind im elektrostatischen Potential des Plasmas gefangen. Im anschließenden Kapitel
wird die Dynamik der sich im Plasma befindlichen Staubteilchen diskutiert (Kapitel 3). Ziel
ist es, ein grundlegendes Verständnis für die Vorgänge zu schaffen, die zur Ausbildung von
Plasmainstabilitäten in der staubigen Entladung führen können. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Ursachen für die im Experiment beobachteten Plasmaoszillationen gerichtet
(Kapitel 3.3). Kapitel 4 befasst sich schließlich mit der Charakterisierung von Nanoteilchen
mittels ex-situ und in-situ Diagnostiken. Es werden zunächst die wesentlichen Erkenntnisse
über die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Kohlenwasserstoff-Nanoteilchen
dargestellt und die in dieser Arbeit eingesetzten Methoden der Mikroskopie erläutert. Anschließend werden die in der Literatur vorgeschlagenen in-situ Verfahren vorgestellt, mit
denen man die Größe von kleinen Teilchen direkt messen kann. Diese Verfahren lassen sich
1.3 Aufbau der Arbeit
5
jedoch nur zur Charakterisierung von sub-Mikrometer-Teilchen, nicht jedoch für die Vermessung von Nanoteilchen anwenden. Abschließend werden daher in Kapitel 4.3 Methoden
vorgestellt, die indirekt arbeiten und auf der Wechselwirkung der Teilchen mit dem Plasma
beruhen. Auf die im Experiment beobachtete Plasmainstabilität wird dabei in Kapitel 4.4.1
eingegangen und es wird gezeigt, dass sich diese zur Bestimmung der Größe von Nanoteilchen
eignet.
Der zweite Teil der Arbeit befasst sich mit der Diagnostik der Entladung selbst. In Kapitel 5
werden die Methoden eingeführt, mit denen das stabile Plasma und die Plasmaoszillationen
charakterisiert werden sollen. Dabei wird ausführlich auf ein neuartiges Auswertungsverfahren von Langmuir-Sondenkennlinien eingegangen, das die Angabe des statistischen Fehlers bei der Bestimmung von Plasmakenngrößen ermöglicht. Anschließend wird die optische
Emissionsspektroskopie vorgestellt. Dabei wird ein neues Verfahren entwickelt, um die Dichten metastabil und resonant angeregter Atomzustände selbstkonsistent und unabhängig von
der Elektronenenergieverteilungsfunktion aus Linienverhältnissen zu bestimmen. Diese dienen als Eingangsgrößen für ein Stoß-Strahlungsmodell zur Schätzung einer parametrisierten
Elektronenenergieverteilungsfunktion. In Kapitel 6 werden schließlich die stabile Entladung
und die im Experiment beobachtete Plasmainstabilität charakterisiert. Ein qualitatives Modell zur Aufklärung der beobachteten Phänomene bildet den Schluss der Arbeit.
6
Kapitel 1 Einleitung
2. Plasmasynthese von Nanoteilchen
Aus der Halbleiterindustrie ist bekannt, dass Plasmen, die zur Schichtabscheidung in PECVDProzessen eingesetzt werden, zur Teilchenbildung neigen. Als Prekursoren für das Schichtwachstum werden in diesen Prozessen Molekülgase in das Plasma eingeleitet und dort
fragmentiert. Alternativ werden im sogenannten Sputterprozess Atome und Atomverbünde
(Cluster) von einem Festkörpermaterial (Target), das in Kontakt mit dem Plasma steht, abgelöst. Die Reaktionsprodukte lagern sich auf den Oberflächen des Reaktors und dem Werkstück ab. Gleichzeitig finden allerdings in der Gasphase Polymerisationsreaktionen statt,
die zur Bildung von Partikeln mit Durchmessern von bis zu mehreren Mikrometern führen. In Beschichtungsprozessen können diese Teilchen das Werkstück beschädigen. Bei der
Prozessierung von Wafern können sie z.B. zum Ausfall von Schaltkreisen führen.
Andererseits kann der Prozess der Teilchenbildung im Plasma gezielt ausgenutzt werden und
als Quelle für Nanoteilchen dienen. Das Teilchenwachstum im Plasma ist dabei kein gleichförmiger Prozess, sondern läuft zeitlich nichtlinear in mehreren Phasen ab. Dies führt einerseits zu einzigartigen Eigenschaften der Teilchen, erschwert aber andererseits maßgeblich die
Kontrolle des Wachstumsprozesses. Die grundlegenden Prozesse, die das Teilchenwachstum
dominieren, sind inzwischen gut erforscht. Das Wachstum erfolgt unabhängig vom Materialsystem in mehreren Schüben und führt am Ende zu Teilchen mit einer Größe von mehreren Mikrometern. Da man das Streulicht solcher Teilchen mit bloßem Auge erkennen kann,
spricht man auch von Staub oder Staubteilchen bzw. von einem staubigen Plasma. Die frühe
Wachstumsphase unterscheidet sich je nach Materialsystem erheblich. Am besten bekannt
sind die Vorgänge in Silanplasmen, die zur Entstehung von Siliziumwasserstoff-Teilchen führen [Bou99]. In der vorliegenden Arbeit werden Experimente in Azetylen (C2 H2 ) Plasmen
durchgeführt, in denen Kohlenwasserstoff-Teilchen entstehen [DAM+ 99]. Im Folgenden wird
der experimentelle Aufbau erläutert und die Modellvorstellung für das Teilchenwachstum
im Plasma dargestellt.
2.1
Experimenteller Aufbau
Abbildung 2.1 zeigt den experimentellen Aufbau, der zur Erzeugung und in-situ Diagnostik
der Kohlenwasserstoff-Nanoteilchen verwendet wird (vgl. [SvA06b; SvA06a]). Die Geometrie
der Reaktorkammer entspricht im Wesentlichen der durch die Gaseous Electronics Conference festgelegten Referenzkammer (GEC-Zelle) [HGM+ 94] und unterscheidet sich durch
einen vergrößerten Elektrodenabstand (6 cm) sowie einen größeren Elektrodendurchmesser
(14 cm). Für die Heizung des Plasmas stehen eine kapazitive Elektrode und eine induktive
Spule zur Verfügung, die von oben bzw. von unten in die Reaktorkammer hineinragen. Die
Spule ist in einen hutförmigen Quartzzylinder eingebettet, der die gleichen Abmessungen
besitzt wie die geerdete Elektrode der GEC-Zelle. Die beiden Elektroden werden unabhängig
voneinander aus zwei synchronisierten Hochfrequenz- (HF-) Generatoren gespeist, die bei
13,56 MHz arbeiten. Die Prozessgase werden von maximal vier Massenflussreglern durch eine
7
8
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
abstimmbares
Wellenlängenfilter
ICCD-Kamera
Triggergenerator
∅ 25 cm
Extraktor
50 V
Fotodiode
∅ 14 cm
1 kV
Langmuir-Sonde
Plasma
Substrat
6 cm
ICP - Spule
y
Draufsicht:
Quarzfenster
Glasfaser
Spektrometer
HelmholtzSpule
Reaktorkammer
·
·
·
·
·
·
CF-160 Flansch
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·0
·
Quartzfenster
·
·
·
·
Glasfaser
·
·
·
· 7 cm· 12,5 cm
20,25 xcm
·
·
·
·
·
·
·
· CF-160 Flansch
·
·
·
·
·
Magnetfeld
·
·
Bild 2.1: Schematische Zeichnung des experimentellen Aufbaus. Das Design entspricht einer GECZelle mit vergrößertem Elektrodenabstand und induktiver Einkopplung. Als Plasmadiagnostiken sind eine Fotodiode, ein Massenspektrometer und eine Langmuir-Sonde montiert. Massenspektrometer und ICCD-Kamera sind nur während der jeweiligen Messungen installiert. Im Aufbau ohne Kamera ragt anstelle des oberen Quartzfensters eine kapazitive Elektrode in die Reaktorkammer. Das Helmholtz-Spulenpaar erzeugt ein schwaches
statisches Magnetfeld. Im unteren Teil der Zeichnung ist das Koordinatensystem für die
Draufsicht definiert, auf das bei räumlich aufgelösten Messungen Bezug genommen wird.
2.1 Experimenteller Aufbau
9
Ringdusche, die die kapazitive Elektrode umschließt, in die Kammer eingelassen. Das Pumpsystem besteht aus einer Turbomolekularpumpe (Pfeiffer Vaccuum, TMU 261 P) und einer
Membranvorpumpe (Pfeiffer Vaccuum, MVP 055-3). Der Basisdruck der Anlage beträgt ca.
10−4 Pa, der maximale Gasdurchfluss beträgt ca. 200 sccm. Eine Druckregelung ist über
ein verstellbares Butterfly-Ventil (VAT, Reihe 611) in Verbindung mit einem kapazitiven
Druckaufnehmer (Baratron) realisiert.
Für die Extraktion der präparierten Partikel stehen zwei Systeme zur Verfügung: In die
kapazitive Elektrode ist ein Transferschlitten eingebettet, der Subtratplättchen der Größe
25 × 25 mm2 aufnehmen kann. Durch eine Transportvorrichtung kann der Transferschlitten
im Vakuum in eine Schleusenkammer gezogen und nach dem Belüften dort beladen werden. Auf diese Weise können Teilchen extrahiert werden, die sich während des Prozesses
und nach Abschalten des Plasmas auf den Reaktorwänden niederschlagen. Die extrahierten
Teilchen können ex-situ mittels Rasterkraft- und Rasterelektronenmikroskopie untersucht
werden (vgl. Kapitel 4.2). Für die Experimentreihen zur Untersuchung der frühen Phase des
Teilchenwachstums wird die Transfervorrichtung für den Schlitten entfernt und ein elektrostatischer Extraktor installiert. Dieser besteht aus zwei Elektroden (vgl. Abbildung 2.1). Die
erste Elektrode ist eine Edelstahlplatte mit 1 mm großen Durchtrittslöchern, die direkten
Kontakt zum Plasma hat und gegenüber Systemmasse mit bis zu 100 V vorgespannt werden
kann. Die zweite nachgelagerte Elektrode kann mit einer Beschleunigungsspannung von bis
zu 10 kV beaufschlagt werden. Negativ geladene Teilchen, die durch die Löcher der ersten
Elektrode treten, werden zur zweiten Elektrode hin beschleunigt. In die Beschleunigungselektrode ist eine Spannvorrichtung eingebettet, die Substratplättchen mit einer Größe von
bis zu 10 × 10 mm2 aufnehmen kann und zur Be- und Entladung mit der Transferstange in
die Schleuse zurückgezogen wird. Während der Experimente wird das Volumen hinter der
Extraktionselektrode durch das Pumpsystem der Schleuse differentiell gepumpt. Dadurch
wird zum einen die freie Weglänge der extrahierten Teilchen vergrößert und zum anderen ein Funkenüberschlag zwischen den Elektroden bei hohen Beschleunigungsspannungen
vermieden. Zur Teilchenextraktion während der Experimente kann die Extraktorelektrode
durch die Experimentsteuerung mit rechteckförmigen Spannungspulsen mit einer Zeitauflösung von 10 ms beaufschlagt werden. Negativ geladene Teilchen werden dann zur Elektrode
hingezogen und treten durch die Löcher hindurch. Die meisten Elektronen treffen durch ihre
ungerichtete thermische Bewegung auf die Wände der Durchtrittslöcher und werden dadurch
zu einem großen Teil von den zu extrahierenden Partikeln gefiltert. Dies ist notwendig, um
den elektrischen Strom auf die Beschleunigungselektrode zu begrenzen und die Entstehung
von parasitärer Röntgenstrahlung zu vermeiden.
Für die in-situ Diagnostik des Plasmas bzw. der Nanoteilchen stehen ein Massenspektrometer, eine Langmuirsonde (vgl. Kapitel 5.1), ein optisches Spektrometer (vgl. Kapitel 5.2),
eine intensivierte Charge-Coupled-Device (ICCD) Kamera (vgl. Kapitel 5.2.4), sowie eine
Fotodiode zur Verfügung. Das Massenspektrometer ist an dem rückwärtigen DIN CF-160
Flansch mit dem Reaktor verbunden und wird doppelt differentiell gepumpt. Es dient zur
quantitativen Bestimmung von Neutralteilchendichten im Massenbereich 1–400 amu. Bei
Einsatz der Langmuir-Sonde wird das Frontfenster mit einem Adapter zum Anschluss der
Sondenmechanik ersetzt. Die Sonde dient zur räumlich und zeitlich aufgelösten Diagnostik
der Elektronenenergieverteilungsfunktion (EEDF) und kann dazu mit einem Riemenantrieb
entlang der Horizontalen durch die Reaktormitte positioniert werden. Das Spektrometer
wird mit der Plasmastrahlung beaufschlagt, die aus dem Frontfenster tritt und in eine Glasfaser eingekoppelt wird. Die Glasfaser ist auf einer optischen Bank installiert und lässt
sich in einer Ebene parallel zum Frontfenster des Reaktors positionieren. Eine Lochblende
begrenzt den Raumwinkel, aus dem die Plasmastrahlung erfasst wird. Mit Hilfe des Spektrometers wird die über die Sichtlinie gemittelte, parametrisierte EEDF zeitlich aufgelöst
10
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
gemessen. Dies ist wichtig, wenn die Sondenmessungen durch ein statisches externes Magnetfeld gestört werden (vgl. Kapitel 5.1.11). Ferner können die Dichten der metastabil
und resonant angeregten Argonatome im Plasma gemessen werden (vgl. Kapitel 5.2.3). Ein
spezielles Gitter im Spektrometer ermöglicht die Diagnose der Neutralgastemperatur (vgl.
Kapitel 5.2.2). Für die Untersuchungen mit der ICCD-Kamera wird die obere, kapazitive
Elektrode durch einen zweiten Quarzhut ersetzt und die Kamera kopfüber im Abstand von
55 cm vom Quarzhut installiert (vgl. Abbildung 2.1). Dies erlaubt eine zweidimensional
räumlich aufgelöste Diagnostik der Plasmaemission. Die Kamera ist mit einem Varispec™Flüssigkristall-Wellenlängenfilter [SEC+ 01] ausgestattet, so dass die Plasmastrahlung mit
einer spektralen Auflösung von ∆λ = ±5 nm gemessen und damit isolierte Spektrallinien
erfasst werden können. Die ICCD-Kamera wird zur Diagnostik von teilchenfreien Zonen
(Voids) und von Plasmainstabilitäten im partikelhaltigen Plasma eingesetzt (vgl. Kapitel
6). Die Fotodiode nimmt schließlich die integrale Intensität der Plasmaemission im sichtbaren Bereich des Spektrums auf. Plasmaoszillationen sind im Zeitverlauf des Signals als
periodische Schwankungen sichtbar. Ein Triggergenerator erzeugt aus diesem Signal eine
Pulsfolge, die zur Triggerung der Messungen mit der Langmuir-Sonde, dem Spektrometer
und der ICCD-Kamera dient.
2.2
Versuchsablauf
Der Versuchsablauf zur Erzeugung und Diagnostik von Nanoteilchen ist in Abbildung 2.2 a
schematisch dargestellt. Zunächst wird ein Gasgemisch aus Azetylen und Edelgasen (Argon
und Neon oder Argon und Helium) präpariert (Phase (i) in Abbildung 2.2). Das Hintergrundgas dient zur Diagnostik von Plasmaparametern und zur Manipulation der EEDF. Insbesondere wird durch die Beimischung von Argon (Ar), das unter den verwendeten Edelgasen die
größte Masse (m = 40 amu) und die niedrigste Ionisierungsschwelle besitzt (Eion = 15,8 eV),
eine hohe Elektronendichte erreicht und durch die Ergänzung mit Helium (He) oder Neon
(Ne) (m = 4 amu, Eion = 24,6 eV bzw. m = 20 amu, Eion = 21,6 eV) eine gegenüber reinem
Argon erhöhte Elektronentemperatur erzielt. Linienstrahlung von zwei Hintergrundgasen
mit verschiedenen Ionisierungsschwellen ermöglicht den Einsatz der optischen Emissionsspektroskopie zur Diagnostik der parametrisierten EEDF (vgl. Kapitel 5.2.3).
Die Synthese von Nanoteilchen erfolgt nun in einer kapazitiven Entladung (Phasen (ii–iii)
in Abbildung 2.2). Dazu werden entweder die kapazitive Elektrode oder (bei installierter
ICCD-Kamera) die Spule bei der Leistung PCCP mit HF beaufschlagt. Solange PCCP . 80
W zündet auch im zweiten Fall ein kapazitives Plasma, das über die parasitäre Kapazität der
Spule gespeist wird. Nach einer vorgegebenen Zeit ∆tC2 H2 wird die Azetylenzufuhr gestoppt.
Zur Untersuchung von Plasmainstabilitäten im partikelhaltigen Plasma wird die Entladung
nach einer Zeit ∆tCCP in den induktiven Modus umgeschaltet (Phase (iv) in Abbildung 2.2).
Dazu wird die Spule bei hoher Leistung PICP betrieben und ggf. die kapazitive Elektrode
abgeschaltet. Im induktiven Modus beobachtet man die Entstehung eines Voids und Oszillationen der Plasmaemission (vgl. Kapitel 3.3). Die Nanoteilchen bleiben während dieser Zeit
in der Entladung gefangen, da sie negative Ladung tragen und durch das elektrostatische
Feld des Plasmas an einem Abtransport zu den Wänden oder zur Pumpe gehindert werden (vgl. Kapitel 3.1.2). Bei Unterbrechung des Plasmas strömen die Teilchen hingegen ab
(Phase (vi) in Abbildung 2.2), was man daran erkennt, dass ein Plasma, welches bei gleichen
externen Parametern wie in Phase (iv) im Anschluss gezündet wird, stabil brennt (Phase
(vii) in Abbildung 2.2).
2.2 Versuchsablauf
11
(a)
i
ii
iii
iv+v
vi
vii
Zeit (t)
Ar+Ne Fluss ∆ t
CH
2
C2H2 Fluss
CCP
ICP
∆ tCCP
∆ tICP
i ii+
iii iv
ICP
vi vii
v
Emission (a.u.)
(b)
2
12,5 Hz
Hz
12,5
0
20
40
60
80
100
120
Zeit / s
Bild 2.2: (a) Ablauf des Experiments. Während der Phasen (ii–iii) brennt eine kapazitive Entladung, während der Phasen (iv–v) und (vii) wird mittels der Spule induktiv Leistung
eingekoppelt. (b) Zeitverlauf der Gesamtintensität der Plasmaemission im sichtbaren Bereich, wie von der Fotodiode erfasst.
12
2.3
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
Entstehung von Protopartikeln
Staubteilchen entstehen durch Synthese aus dem Quellgas C2 H2 . Das Wachstum erfolgt
nicht gleichförmig sondern in Schüben. Dies ist in Abbildung 2.3 schematisch dargestellt.
Kurz zusammengefasst kommt es in der frühen Wachstumsphase zur Nukleation von sogenannten Protopartikeln, die sich anschließend zu größeren Partikeln zusammenlagern. Nach
dem Abschluss dieser Prozesse wachsen die Partikel langsam durch Anlagerung von Radikalen bis zu einer Größe von mehreren Mikrometern Durchmesser weiter an. Zur Untersuchung der frühen Phase des Teilchenwachstums eignet sich v.a. die Massenspektrometrie
[BS05]. In der Literatur findet man nur wenige Ergebnisse massenspektrometrischer Untersuchungen an staubbildenden C2 H2 -Plasmen [HSH+ 96; DAM+ 99; Des02; HBW03; DTF+ 05].
Daneben existieren Ansätze, um die Chemie eines C2 H2 -Plasmas mit Hilfe von globalen
und hydrodynamischen Plasmamodellen zu simulieren [SEK01; DBG06b; DBG06a; De 06].
An dem hier beschriebenen Experiment können mit einem doppelt differentiell gepumpten
Massenspektrometer Neutralteilchenspektren während der Phasen (ii–iii) gemessen werden.
Eine detaillierte Beschreibung der entsprechenden Untersuchungen findet man bei Consoli
[Con06; BCSKed]. Die wesentlichen Ergebnisse sollen hier kurz diskutiert werden.
Abbildung 2.4 ist eine Reproduktion von Abbildung 6 aus der Arbeit von Deschenaux
[DAM+ 99] und zeigt das negative Ionenspektrum einer gepulsten, kapazitiven Entladung
in reinem Azetylen (PCCP = 40 W, φC2 H2 = 8, p = 10 Pa), das im Zeitraum 30–150 s nach
dem Zünden des Plasmas aufgenommen wurde. Abbildung 2.5 zeigt eine Momentaufnahme
des Massenspektrums der Neutralteilchen aus der Arbeit von Consoli [Con06] während der
Experimentphase (iii) (∆tC2 H2 = 2 s, PCCP = 80 W, φAr : φHe : φC2 H2 = 4 : 15 : 4 sccm,
p (t = 0) = 5. 6 Pa). In beiden Graphiken erkennt man neben den Peaks bei Massen, die
mit den Molekülfragmenten von C2 H2 identifiziert werden, auch Peaks bei höheren Massen.
Dabei handelt es sich um die Fragmentierungsmuster von Makromolekülen und Ringen, die
aus C2 H2 und dessen Molekülfragmenten gebildet werden. Das Staubteilchenwachstum beginnt also mit der Zusammenlagerung von leichten Kohlenwasserstoffen in der Gasphase zu
Makromolekülen.
An Hand der Schwellenenergien, die für die zahlreichen physikalisch möglichen Reaktionen
überwunden werden müssen, lassen sich zwei Wachstumspfade identifizieren, deren Reaktionen ausreichend hohe Raten besitzen, um zur Bildung dieser Makromoleküle beitragen
zu können. Am ersten Wachstumspfad sind ausschließlich neutrale Spezies beteiligt. Der
Prekursor für die entsprechende Reaktionskette ist das C2 H-Radikal, das durch Elektronenstoßdissoziation aus C2 H2 hervorgeht. Durch die sukzessive Anlagerung von C2 H-Radikalen
Molecule
0.1 nm
Macro-molecule
Nanoparticle
Agglomerate
Powder
1 nm
10 nm
100 nm
1 µm
Bild 2.3: Modell des Teilchenwachstums im Plasma. Zunächst findet die Nukleation von Protopartikel statt, die sich anschließend zu größeren Partikeln zusammenlagern und schließlich
durch Anlagerung von Radikalen langsam auf eine Größe von mehreren Mikrometern
Durchmesser anwachsen [Bou99].
2.3 Entstehung von Protopartikeln
10
13
m/z
6
b
Counts/s
10
10
10
10
5
4
3
2
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
m/z
Bild 2.4: Massenspektrum der negativen Ionen in einer gepulsten, kapazitiven Entladung in reinem
C2 H2 aufgenommen im Zeitraum 30–150 s nach dem Zünden des Plasmas. In der Notation
dieser Arbeit sind die externen Parameter PCCP = 40 W, φC2 H2 = 8 sccm bei einem
konstanten Druck von p = 10 Pa. Die Graphik ist der Arbeit von Deschenaux et. al
entnommen (vgl. Abbildung 6 b in [DAM+ 99]).
7
10
+
He
2
6
10
+
C2H2
Ar
50
5
10
28
-1
Zählrate [s ]
t=3s
+
37
74
4
10
C3H6O
3
10
+
61 64
98
78
102
2
10
126
128
152
1
10
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
130
140
150
Masse [amu]
Bild 2.5: Massenspektrum der Neutralteilchen in diesem Experiment 3 s nach dem Zünden der
kapazitiven Entladung (vgl. Abbildung 2.2). Die Abbildung stammt aus der Arbeit von
Consoli (vgl. Abbildung 3.3 b in [Con06]). Die Dauer der Quellgaszufuhr ist ∆tC2 H2 = 2 s,
die Generatorleistung PCCP = 80 W und die Gasflussraten φAr : φHe : φC2 H2 = 4 : 15 : 4
sccm bei einem Ausgangsdruck von p = 5. 6 Pa.
14
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
entstehen dann aus dem Quellgas C2 H2 Molekülketten:
C2 H2 + e− −→ C2 H + H + e− ,
C2n H2 + C2 H −→ C2n+2 H2 + H, n = 1, 2, . . . .
(2.1)
(2.2)
Die Lebensdauer der so gebildeten Makromoleküle wird durch die Diffusion und Anlagerung
an die Reaktorwände begrenzt. Der zweite Wachstumspfad wird durch negative Ionen induziert. Negative Ionen sind in der Plasmaentladung gefangen, da im Plasma stets ein auf die
Wand gerichtetes elektrostatisches Feld vorherrscht, das für negative Teilchen als Potentialbarriere wirkt. Die mittlere Lebensdauer der negativen Ionen wird daher durch die mittlere
Rekombinationszeit mit positiven Ionen bestimmt. Die Reaktionsketten zur Bildung der
Makromoleküle durch negative Ionen beginnen mit der dissoziativen Elektronenanlagerung
an C2 H2 oder an ein Makromolekül und verlaufen desweiteren durch sukzessive Anlagerung
von C2 H2 :
C2m H2 + e− −→ C2m H− + H, m = 1, 2, . . . ,
C2n H− + C2 H2 −→ C2n+2 H− + H2 , n = m, m + 1, . . . .
(2.3)
(2.4)
Die chemisch stabilen Spezies der ersten Wachstumskette lassen sich in den Massenspektren, die während des Experiments gemäß Kapitel 2.2 aufgenommen werden, identifizieren
und ihre Konzentrationen mittels einer Bayes-Analyse quantitativ bestimmen [Con06]. In
Abbildung 2.5 erkennt man z.B. die Fragmentierungsmuster der Spezies C4 H2 (50 amu),
C6 H2 (74 amu) und C8 H2 (98 amu). Der experimentelle Nachweis negativer Ionen mittels
Massenspektrometrie lässt sich nur mit einer entsprechend positiv vorgespannten Blende
zur Ionenextraktion und einer Ionenoptik zur Fokussierung des Ionenstrahls auf den Elektronenvervielfacher des Massenspektrometers durchführen. Am experimentellen Aufbau der
vorliegenden Arbeit ist diese Ausrüstung nicht vorhanden und entsprechend liegen keine
experimentellen Ergebnisse vor. In der Literatur findet man allerdings negative Ionenspektren, die von Deschenaux in einer reinen C2 H2 -Entladung gemessen wurden [DAM+ 99]. In
Abbildung 2.4 erkennt man, dass im Gegensatz zu den Neutralenspektren die maximale
Konzentration bei größeren Spezies auftritt. Dies kann man dadurch erklären, dass die Rate
der dissoziativen Elektronenanlagerung gemäß Gleichung 2.3 für größere Neutrale größer
ist [SEK01]. Der Vergleich von Abbildung 2.5 und 2.4 legt Nahe, dass der Hauptbeitrag
zur Wachstumskette (2.4) aus der Dissoziation von C6 H2 entsteht [Con06]. Ab dieser Größe
tragen beide Wachstumsketten zur Bildung größerer Makromoleküle bei.
Um die Zeit abzuschätzen, die zur Bildung einer bestimmten Dichte von Makromolekülen bestimmter Größe benötigt wird, muss man die Kinetik der Reaktionsketten betrachten. Diese
wird durch die Reaktionsratenkoeffizienten und durch die Dichte der Wachstumsprekursoren bestimmt. Für die Reaktionskette (2.1–2.2) erscheint eine Abschätzung anhand eines
stark vereinfachten Ratengleichungssystems möglich. Dazu betrachte man nur die Reaktionen, die zu dieser Reaktionskette beitragen. Das Ratengleichungssystem zur Bestimmung
der Moleküldichten nC2 H bzw. nC2n H2 (n = 1, 2, . . .) lautet dann wie folgt:
X
dnC2 H
= nC2 H2 ne rC2 H −
nC2n−2 H2 nC2 H rC2n H2 ,
(2.5)
dt
n>1
dnC2 H2
= −nC2 H2 ne rC2 H − nC2 H2 nC2 H rC4 H2 ,
(2.6)
dt
dnC2n H2
= nC2n−2 H2 nC2 H rC2n H2 − nC2n H2 nC2 H rC2n+2 H2 , n = 2, 3, . . . .
(2.7)
dt
Für die Ratenkoeffizienten findet man in der Literatur die geschätzten Werte rC2 H ≈ 1,3 ·
10−16 m3 s−1 bzw. rC2i H2 ≈ 5,0 · 10−17 m3 s−1 (i = 2, 3, . . .) [De 06]. (2.5–2.7) ist ein homogenes nichtlineares Differentialgleichungssystem (DGL-System) erster Ordnung. Nimmt
2.3 Entstehung von Protopartikeln
15
man als weitere Vereinfachung eine konstante Dichte des Prekursors nC2 H (t) ≡ nC2 H an,
so liegt mit (2.6–2.7) ein lineares DGL-System mit konstanten Koeffizienten vor. Für die
anfänglichen Dichten nC2 H2 (t = 0) = n0 bzw. nC2i H2 (t = 0) = 0 besitzt dieses DGL-System
folgende analytische Lösung:
n−1
nC2 H rC2n H2
+
nC2n H2 (t) =n0 exp (− (nC2 H rC2n H2 + ne rC2 H ) t) −
ne rC2 H
(2.8)
n−2
n
X
n−2−k (nC2 H rC2n H2 ) k
t .
n0 exp (−nC2 H rC2n H2 t)
(−1)
(ne rC2 H )n−k
k=0
In Abbildung 2.6a sind die entsprechenden Zeitverläufe der drei leichtesten Makromoleküle
für den Fall pC2 H2 (t = 0) = 1,4 Pa, ne = 1 · 1016 m−3 und nC2 H = 2,5 · 1016 m−3 dargestellt. Abbildung 2.6b zeigt zum Vergleich die normierten Zeitverläufe der Signale des
Massenspektrometers aus einer Messung mit den oben angegebenen experimentellen Daten
[Con06]. Offensichtlich werden die experimentellen Daten durch das stark vereinfachte Modell gut wiedergegeben: Beide Diagramme zeigen, dass die Dichten bzw. Zählraten innerhalb
1.2 · 1020
(a)
C4 H2
C6 H2
C8 H2
1 · 1020
n / m−3
0.8 · 1020
0.6 · 1020
0.4 · 1020
0.2 · 1020
0 · 1020
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
t/s
(b)
1.2
2.7s
3s
50 amu
74 amu
98 amu
3.4s
normierte Zählrate
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
Plasma an
0.0
1.0
1.5
2.0
2.5
3.0
3.5
4.0
4.5
5.0
5.5
6.0
Zeit
t / [s]
s
Bild 2.6: Zeitliche Entwicklung der Zählraten der Molekülmassen von C4 H2 (50), C6 H2 (74) und
C8 H2 (98) gemäß einem einfachen Nukleationsmodell (a) bzw. aus Messungen mit dem
Massenspektrometer (b). Die Zählraten durchlaufen nacheinander ein Maximum. Abbildung (b) ist der Arbeit von Consoli entnommen (vgl. Abbildung 3.6b in [Con06]).
16
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
weniger zehn Millisekunden anwachsen und dann zeitversetzt ein Maximum durchlaufen. Die
Höhe des Maximums ist dabei umso kleiner, je größer das Makromolekül ist. Der Zeitversatz zwischen den Maxima zweier aufeinanderfolgender C2n H2 liegt in der Größenordnung
von einigen 100 ms. Das Absinken der Zählraten einige Zeit nach dem Zünden der Entladung erklärt sich aus der Verarmung des C2 H2 im Reaktorvolumen. Im Experiment wird
zwar Quellgas nachgeführt, der Verbrauch durch die Reaktionen im Plasma liegt aber in
der gleichen Größenordnung, so dass die Ausgangsdichte nicht aufrechterhalten wird. Die
Neutralgaszufuhr lässt sich im Modell durch einen zusätzlichen Quellterm in Gleichung (2.6)
beschreiben, wobei im Ergebnis nur die Endwerte, nicht jedoch die qualitativen Zeitverläufe
der Moleküldichten beeinflusst werden.
Theoretisch ließen sich die Wachtumsketten der Makromoleküle beliebig fortsetzen und
könnten so die Entstehung von Staubpartikeln erklären. Im stationären Zustand des Modells
stellt sich dabei eine exponentiell abklingende Verteilung der Speziesdichten ein [Bou99]. Dies
steht im Widerspruch zu experimentellen Befunden in der Literatur und in dieser Arbeit:
• Die Zeit, die zur Nukleation einer hohen Konzentration an 2 nm großen Teilchen benötigt wird, liegt im Experiment im Bereich einiger hundert Millisekunden. Abbildung 2.7
zeigt beispielsweise ein dreidimensionales Höhenprofil von Kohlenwasserstoff-Teilchen
auf einer Siliziumprobe, die wie in Kapitel 2.2 beschrieben bei einer Generatorleistung
von PCCP = 40 W, den Gasflussraten φAr : φHe : φC2 H2 = 4 : 15 : 4 sccm und einem
Ausgangsdruck von p = 5,6 Pa präpariert und im Zeitraum 250–500 ms nach dem
Zünden der Entladung mit dem Extraktor aus dem Plasma extrahiert wurden. Im
Gegensatz zu diesem Ergebnis dauert die Nukleation einer nennenswerten Dichte von
vergleichbar großen Teilchen (ca. 400 Kohenstoffatome bei einer Massendichte von 2
g cm−3 [Hon04]) gemäß dem Modell nach Gleichung (2.8) mehrere Minuten.
• Die kleinsten Nanoteilchen, die man durch Extraktionsversuche findet, haben unabhängig vom Materialsystem Durchmesser von 1–2 nm (vgl. Abbildung 2.7 und
[CMPB06]). Ihre Größenverteilung ist monodispers. Tatsächlich erhält man eine enge
Größenverteilung der Teilchen mit einfachen Nukleationsmodellen im transienten Fall.
Allerdings wird die Verteilung mit voranschreitender Zeit bzw. zunehmender mittlerer Größe breiter. Gleichzeitig sinkt das Maximum der Verteilung, so dass man eine
Mindestgröße für extrahierte Teilchen nicht erklären kann.
• Die Größe der Teilchen im Plasma ist während der ersten hundert Millisekunden konstant [BHB+ 94]. Im weiteren zeitlichen Verlauf entwickelt sich in der Größenverteilung zunächst ein zweites Maximum, bevor die Verteilung wieder monodispers wird
z / nm
2
1
0
0
0.2
1
0.4
x / µm
0.8
0.6
0.4
0.8
1
0.2
0.6
y / µm
0
Bild 2.7: Höhenprofil von 2 nm großen Kohlenwasserstoff-Teilchen auf einer Siliziumprobe. Die
Teilchen wurden wie in Kapitel 2.2 beschrieben bei PCCP = 40 W, φAr : φHe : φC2 H2 =
4 : 15 : 4 sccm und p (t = 0) = 5,6 Pa präpariert und im Zeitraum 250–500 ms nach dem
Zünden der Entladung mit dem Extraktor aus dem Plasma extrahiert.
2.4 Teilchenagglomeration
17
[CMPB06]. Frühere Experimente in Azetylen- und Methanplasmen deuten indirekt
darauf hin, dass eine solche monodisperse Teilchenverteilung im Plasma sogar über
einen Zeitraum von mehreren Minuten stabil sein kann [HBW03]. Eine solche Sättigung der Teilchengröße geht aus dem Nukleationsmodell (2.8) nicht hervor.
Das Nukleationsmodell gibt die Situation im Experiment also nur unzureichend wieder. Die
Vereinfachungen, auf denen das Modell basiert, sind offenbar nicht zulässig. Der erste Widerspruch hat im Wesentlichen zwei Ursachen: Zum einen ist die Annahme eines konstanten
Ratenkoeffizienten falsch. Tatsächlich hängt der Ratenkoeffizient von der Querschnittsfläche
der beteiligten Spezies ab und steigt mit der Größe der Teilchen an (vgl. Abbildung 2.9
in [Bou99]). Dies führt zu einem beschleunigten Wachstum. Zum anderen ist die Zusammenlagerung von Makromolekülen nicht berücksichtigt. Diese kann ebenfalls das Wachstum
beschleunigen.
Der Grund für die Entstehung einer stabilen, monodispersen Größenverteilung bei 1–2 nm
Durchmesser ist in der Literatur nicht eindeutig geklärt. Grundsätzlich kommen zwei Effekte zum Tragen: Der erste Effekt ist der sogenannte selektive Einschluss, der dafür sorgt,
dass Teilchen ab einer bestimmten Größe im Plasma gefangen sind [FBH+ 96]. Das Prinzip
liegt darin, dass der Elektronenanlagerungskoeffizient eine nichtlineare, monoton steigende
Funktion der Teilchengröße ist. Entsprechend sinkt die mittlere Zeit für die Elektronenanlagerung an ein neutrales Teilchen mit steigender Größe. Ab einer kritischen Größe wird die
mittlere Diffusionszeit zur Reaktorwand unterschritten. Ein neutrales Teilchen wird dann
negativ aufgeladen, bevor es die Reaktorwand erreichen kann und ist entsprechend im elektrostatischen Potentialtopf des Plasmas gefangen.
Dies erklärt jedoch nicht, warum die Teilchen ab einer Größe von 1–2 nm zunächst nicht
weiter wachsen. Die einzig sinnvolle Erklärung dafür ist, dass die Ratenkoeffizienten für die
Anlagerung von Radikalen und Makromolekülen ab dieser Teilchengröße stark sinken. Ein
Erklärungsansatz hierfür stammt von Fridman, der die Nukleation von SiliziumwasserstoffNanoteilchen in Silanplasmen untersucht hat [FBH+ 96]. Fridman geht davon aus, dass die
Ratenkoeffizienten der durch Anionen induzierten Wachstumskette wegen der vibratorischen
Anregung der SiH4 -Moleküle im Plasma stark erhöht sind. Ab einer kritischen Teilchengröße relaxieren jedoch die vibratorischen Anregungen bevor es zur Reaktion zwischen dem
Wachstumsprekursor und dem Nanoteilchen kommt und die Reaktionsratenkoeffizienten
sind entsprechend reduziert. Eine detaillierte Untersuchung dieses und ähnlicher Effekte
liegt allerdings nicht vor.
Unabhängig von der Ursache sprechen die experimentellen Ergebnisse eindeutig für die Ansammlung einer großen Dichte von Teilchen mit 1–2 nm Durchmesser. Man nennt diese
Teilchen Protopartikel oder primäre Cluster. Primäre Cluster haben offensichtlich deutlich
reduzierte Wachstumsraten, andererseits sind sie im Plasma gefangen. Solange die Molekülgaszufuhr aufrecht erhalten wird, steigt die Dichte von Protopartikeln immer weiter an. Die
Größenverteilung der primären Cluster ist monodispers.
2.4
Teilchenagglomeration
Ist eine ausreichend große Dichte von Protopartikeln nukleiert, kann ein weiteres Wachstum
durch Zusammenlagerung von Teilchen zu größeren Einheiten erfolgen. Dieser Vorgang heißt
Agglomeration. Eine Zunahme der mittleren Teilchengröße durch Agglomeration setzt voraus, dass die Agglomerationsrate größer ist als die Wandverlustraten der Agglomerate. Die
entscheidenden Faktoren, die die Agglomerationsrate bestimmen, sind die Teilchengröße,
die Ladungsverteilung und die Teilchendichte, wobei die ersten beiden Faktoren den Agglo-
18
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
merationsratenkoeffizienten festlegen. Aus dem Agglomerationsratenkoeffizienten und der
mittleren Aufenthaltdauer ergibt sich eine Teilchendichte, die überschritten werden muss,
damit es zu einem Teilchenwachstum durch Agglomeration kommt.
Wie in Kapitel 2.3 erläutert liegen in der Ausgangssituation des Experiments Protopartikel
mit Teilchendurchmessern im Bereich von 1–2 nm vor. Da der Elektronenanlagerungskoeffizient kleiner als eins ist sind die meisten Teilchen zunächst neutral (vgl. [FBH+ 96]). Entsprechend der Überlegungen beobachtet man im Experiment, dass es eine kritische Dichte an
primären Clustern gibt, bei der in dieser Situation Agglomeration einsetzt. Bei voranschreitender Agglomeration und steigender Teilchengröße ist zu beachten, dass der Elektronenanlagerungskoeffizient schnell gegen eins konvergiert und die Partikel sich entsprechend negativ
aufladen. Sind alle Teilchen negativ geladen, kommt die Agglomeration zum Erliegen, da
die Teilchen einander abstoßen. Die thermische Energie reicht bei typischen Temperaturen
im Bereich einiger hundert Grad Celsius nicht aus, um die elektrische Potentialbarriere zu
überwinden. Allerdings ist der momentane Ladungszustand stochastischer Natur, d.h. die
Ladung eines Teilchens schwankt auf Grund der verschiedenen Stoßprozesse, die eine positive
oder eine negative Ladung auf das Teilchen übertragen, um ihren Mittelwert. Agglomeration
findet statt, solange eine ausreichende Anzahl von Teilchen neutral oder positiv geladen ist.
Der Agglomerationsvorgang lässt sich mit vergleichsweise geringem Aufwand modellieren.
Um die Größenverteilung der im Plasma agglomerierten Teilchen vorhersagen zu können,
wird im Folgenden ein entsprechendes Modell vorgestellt und auf die Situation im Experiment angewandt. Die Agglomerationsrate Rtotal bei einer Teilchengröße vd ergibt sich aus
der Summierung der Raten Rk aller möglichen k-Teilchenstöße (k = 1, 2, . . .) [FBH+ 96]:
Rk = Xn (vd ,vd ) (Xn (vd ,vd ) τ nd )k−2 k! · n2d
X
1
2
,
Rtotal =
Rk (vd ) ≈ Xn (vd ,vd ) nd 1 +
ln (nkcr /nd )
k
(2.9)
(2.10)
wobei Xn (vd ,vd ) der Ratenkoeffizient für binäre Stöße bei der Teilchengröße vd ist, nd die
Teilchendichte, τ die Aufenthaltsdauer der Teilchen im Reaktor und nkcr die kritische Dichte für Vielteilchenagglomeration. Für nd . nkcr steigt die Agglomerationsrate Rtotal stark
an. Über die kritische Dichte ncr , die sich aus dieser Betrachtung ergibt, herrscht in der
Literatur Uneinigkeit: Fridman gibt als Größenordnung 1017 m−3 an [FBH+ 96], was im Bereich typischer Ionendichten in Niedertemperaturplasmen liegt. Laut Kortshagen spielt die
Vielteilchenagglomeration keine Rolle und Agglomeration findet auch bei rein binären Stößen von neutralen Teilchen schon für deutlich kleinere Dichten statt [KB99]. Im Folgenden
werden nur binäre Teilchenstöße betrachtet.
In jedem Fall sind die Agglomerationsraten stark reduziert, wenn sich die Partikel negativ
aufladen. Eine kritische Dichte für den Einsatz von Agglomeration kann aber erreicht werden, wenn sich die Plasmabedingungen so ändern, dass der mittlere Ladungszustand der
Teilchen abgesenkt wird und dadurch eine größere Anzahl an Teilchen neutral oder positiv geladen wird [KB99]. Der mittlere Ladungszustand Qd und die Standardabweichung der
Ladungsverteilung σQd eines Staubteilchens mit dem Radius a lassen sich mit einfachen analytischen Ausdrücken abschätzen, wenn davon ausgegangen wird, dass die Elektronenströme
bzw. Ionenströme auf die Staubteilchenoberfläche im Mittel gleich groß sind (vgl. Kapitel
3.1.1 und [Bou99]):
!
r
m
T
n
e
i
i
Qd ≈ −eBβe−1 ln
(2.11)
ni me Te
2
σQ
d
≈
βe−1
1−
1−
Te
Ti
Te
β Qd
Ti e e
βe Qed −
,
1
(2.12)
2.4 Teilchenagglomeration
19
wobei ne , me und Te bzw. ni , mi und Ti die Elektronendichte, Elektronenmasse und Elektronentemperatur bzw. Ionendichte, Ionenmasse und Ionentemperatur sind. βe = e2 /4π0 akB Te
ist ein Normierungsfaktor und B ein plasmaspezifischer Parameter, der schwach mit den Vehältnissen Te /Ti und me /mi variiert. Man erkennt, dass die negative mittlere Ladung Qd im
Betrag abgesenkt wird, wenn das Verhältnis von Elektronendichte zu Ionendichte ne /ni sehr
viel kleiner als 1 ist. Dies ist der Fall, wenn ein Großteil der Plasmaelektronen an Staubteilchen gebunden ist. Mit dem Ladungsmodell gemäß Gleichung (2.11) tritt dies ein, wenn die
Protopartikeldichte die Größenordnung der positiven Ionendichte erreicht.
Eine detailliertere Behandlung der Aufladungsprozesse unter Berücksichtigung von Elektronenablösung durch resonante UV-Strahlung und hochenergetische Elektronen legt Nahe,
dass der mittlere Ladungszustand nach Gleichung (2.11) zu hoch geschätzt wird [KB99].
Gleiches gilt, wenn man berücksichtigt, dass der Elektronenanlagerungskoeffizient für kleine
Teilchen deutlich kleiner als eins ist. Koppelt man ein solches Ladungsmodell selbstkonsistent an ein globales Plasmamodell, stellt man jedoch fest, dass sich je nach berücksichtigten
Aufladungsprozessen zwar die Plasmabedingungen stark unterscheiden, die Ladungsverteilung aber kaum beeinflusst wird [KB99]. Der mittlere Ladungszustand wird daher von Gleichung (2.11) ausreichend genau wiedergegeben. Die kritische Dichte für den Einsatz der
Agglomeration, die sich somit ergibt, liegt in der Größenordnung der positiven Ionendichte.
Sobald eine kritische Dichte überschritten wird, führt die Agglomeration zu einer Nettoproduktion größerer Teilchen. Die Anlagerungsraten primärer Cluster an diese Agglomerate
steigen wiederum mit der Größe der Teilchen, so dass der Prozess an Dynamik gewinnt.
Einmal angestoßen, läuft die Agglomeration daher unumkehrbar ab, bis sämtliche primären
Cluster verbraucht und alle Teilchen negativ geladen sind. Die Agglomerationsratenkoeffizienten Xn (vd ,vd0 ) für verschieden große Teilchen mit Volumina vd und vd0 sind aus der
Aerosolchemie bekannt [KB99]:
r
8kB Td
Xn (vd ,vd0 ) = α (vd ,vd0 )
πmd
XX
0
Fk (vd ) Fk0 (vd0 ) σ (k,k 0 ,vd ,vd0 )
α (vd ,vd ) =
(2.13)
(2.14)
k0
k
exp − kk0 e2
· a2 π, kk 0 > 0
4π0 akB Td
σ (k,k 0 ,vd ,vd0 ) =  1 − kk0 e2
· a2 π,
kk 0 ≤ 0.
4π0 akB Td
(2.15)
Dabei sind k bzw. k 0 die Anzahl der Elementarladungen der Stoßpartner, α (vd ,vd0 ) der
über die Ladungsverteilungen Fk (vd ) und Fk0 (vd0 ) gemittelte inelastische Coulombstoßquerschnitt σ (k,k 0 ,vd ,vd0 ), kB Td die thermische Energie der Staubteilchenbewegung
und md =
−1
1/3
01/3
1/3
ρd vd−1 + vd0−1
die effektive Masse, bzw. a = (3/4π)
vd + vd
der Radius des
Harte-Kugel-Stoßquerschnitts. Mit dem einfachen Modell eines normalverteilten Ladungszustands nach Gleichungen (2.11)–(2.12) gilt:
1
Fk =
2
e (k + 0. 5) − Qd
e (k − 0. 5) − Qd
√
√
erf
− erf
,
2σ
2σ
(2.16)
wobei e die Elementarladung und erf (. ) die Fehlerfunktion ist.
Bei logarithmischer Diskretisierung der Teilchengröße vd in N Zellen lässt sich ein diskretes
20
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
Modell für die Agglomeration ableiten [GTS80]:
N
i
N
X
dVk X X +
−
=
νi,j,k Vi Vj − Vk
νi,k
Vi
dt
i=1 j=1
i=1
1
1
+
νi,j,k
=
Zvj
Zvi
vi =vi0
vj =vj0
vj ≤vi
vk0 ≤vi +vj ≤vk1
1
−
νi,j
=
(2.17)
Zvi
Xn (vi ,vj ) (vi + vj ) dvi dvj
(vi1 − vi0 ) vj1 − vj0 vi vj
(2.18)
1
Zvj
vi =vi0 vj =vj0
vj ≤vi
(vi1
dv dv
Xn (vi ,vj ) vi
i j,
0
1
0
− vi ) vj − vj vi vj
(2.19)
+
−
wobei Vk die gesamte Volumendichte der Teilchen in Zelle k ist und νi,j,k
bzw. νi,j
die
Agglomerationsfrequenzen für Volumentransfer in die Zelle k bei Agglomeration von Teilchen
der Zellen i und j bzw. aus der Zelle k bei Agglomeration mit Teilchen der Zelle i darstellen.
Die Gleichungen (2.18) und (2.19) sind für den Fall abgeleitet, dass die Volumendichte
innerhalb einer Zelle konstant ist. Die zeitliche Entwicklung der Agglomeration ergibt sich
aus Gleichung (2.17). Diese wird mit einem expliziten Zeitschrittverfahren gelöst. Durch
den Bezug der Teilchengröße auf das Volumen ist (2.17) konservativ bzgl. des gesamten
Teilchenvolumens. Um die Größenverteilung bzgl. des Teilchenradius zu erhalten, ordnet
man jeder Zelle auf dem Volumengitter einen mittleren Radius zu:
1 vk+1 + vk 1/3
1/3
.
(2.20)
ak =
vk+1 − vk
2 vk+1 − vk
Als Ergebnis erhält man für die Größenverteilung eine logarithmische Normalverteilung, die
sich im Laufe der Zeit zu größeren Radien verschiebt. Dies ist beispielhaft in Abbildung
2
1.8
t = 0:
1.6
V(a=1nm)
= 4,6 ⋅ 10-9
t=0
t = 10−5 s
t=1s
V (a) / 10−12
1.4
1.2
t=1s
1
0.8
t = 10-5 s
0.6
0.4
0.2
0
1
10
100
a / nm
Bild 2.8: Größenverteilung der Teilchen zu verschiedenen Zeitpunkten der Agglomeration. Auf der
Ordinate ist die Volumendichte der Teilchen V (a) in den Gitterzellen des Simulators
aufgetragen.
2.4 Teilchenagglomeration
21
2.8 dargestellt. Auf der Ordinate ist in dieser Abbildung die Volumendichte Vk auf dem
Gitter des Simulators aufgetragen. Zum Zeitpunkt t = 0 befinden sich alle Teilchen in der
ersten Gitterzelle. Die Form der logarithmischen Normalverteilung stellt sich während der
ersten Simulationsschritten ein und bleibt dann bis zum Abbruch der Simulation bei t = 1
s bestehen. Dieses Verhalten findet man unabhängig vom Plasma in allen Gaskondensationsprozessen vor. Die Breite der Verteilung ist jedoch bei der Agglomeration im Plasma
deutlich kleiner als bei vergleichbaren Gaskondensationsprozessen, zum einen auf Grund
der Größenabhängigkeit des mittleren Ladungszustands der Teilchen (kleine Teilchen sind
mit größerer Wahrscheinlichkeit neutral oder positiv geladen und agglomerieren bevorzugt),
zum anderen weil keine thermische Dissoziation der Agglomerate auftritt.
Für die realistische Simulation der Agglomeration ist es von elementarer Bedeutung, die
Wechselwirkung der heranwachsenden Teilchen mit dem Plasma zu erfassen. Im Fall der
Protopartikel ist unklar, wie groß der Anteil der negativ geladenen Teilchen ist: Direkte
Elektronenanlagerung findet nur für langsame Elektronen statt, deren kinetische Energie
in vibratorische Anregungen übertragen werden kann. Der Elektronenanlagerungskoeffizient
liegt in diesem Fall zwei Größenordnungen unter der Ionenrekombinationsrate [FBH+ 96].
Allerdings kann ein dritter Stoßpartner, z.B. ein Neutralteilchen, die kinetische Energie des
Elektrons aufnehmen. Der Elektronenanlagerungskoeffizient ist dann druckabhängig. Eine
von Perrin durchgeführte ab-initio Berechnung ergibt, dass der Anlagerungskoeffizient ke für
p = 13 Pa und Te ≤ 5 eV bereits für Clustergrößen ab 50 Atomen größer als 0,5 ist (vgl.
Kapitel 2 in [Bou99]). Eine Simulationsstudie von Kortshagen zeigt hingegen eine bessere
Übereinstimmung mit experimentell während der Agglomeration in Silanplasmen ermittelten Plasmaparametern, wenn nur mit direkter Elektronenanlagerung gerechnet wird [KB99].
In diesem Fall ist die Ladungsträgerbilanz von den Protopartikeln praktisch unbeeinflusst
und der Beginn der Agglomeration erfolgt identisch zu neutralen Aerosolen. Spätestens ab
einem mittleren Teilchenradius von 5 nm ist der Elektronenanlagerungskoeffizient ke ≈ 1, so
dass ausgehend von typischen Protopartikeldichten und typischen Plasmadichten ein Großteil der Plasmaelektronen auf der Teilchenoberfläche gebunden ist. Dadurch ist das Verhältnis von Elektronendichte zu Ionendichte ne /ni sehr viel kleiner als 1 und der mittlere
Ladungszustand der Partikel wird begrenzt (vgl. (2.11)). Nach außen sichtbar wird diese Situation durch einen drastischen Wechsel der Entladungscharakteristik (in der Literatur als
α–γ 0 -Modenwechsel bezeichnet [Bou99]). Im weiteren Verlauf der Agglomeration sinkt die
Gesamtoberfläche der Teilchen und damit auch der Anteil der an die Teilchen gebundenen
Elektronen. Entsprechend steigen ne /ni und in Folge die mittlere Ladung der Teilchen |Qd |.
Die Agglomeration verlangsamt sich und kommt schließlich zum Erliegen. In der Simulation
wird dieses Verhalten erfasst, indem man ne /ni vor jedem Zeitschritt der Agglomeration
mittels eines Plasmamodells aktualisiert. Für eine qualitative Betrachtung kann man dabei
von einer konstanten Ionendichte ausgehen und die Elektronendichte aus der Quasineutralitätsbedingung berechnen:
0 = eni − ene − Qd nd
Qd nd
ne
=1−
.
ni
eni
(2.21)
(2.22)
Abbildung 2.9 zeigt den Zeitverlauf des mittleren Radius und der Dichte der agglomerierenden Teilchen für zwei verschiedene Ausgangsdichten. Die Simulationen starten mit den
Teilchendichten nd = 2 · 1016 m−3 bzw. nd = 1018 m−3 und gehen von monodispersen Protopartikeln mit einem Radius von a = 1 nm aus. Alle Teilchen befinden sich zu Beginn in der
ersten Gitterzelle V0 . Die Ionendichte wird während der Simulation konstant auf ni = 1016
m−3 gehalten. Die Elektronendichte wird dagegen nach jedem Zeitschritt gemäß Gleichung
(2.22) neu bestimmt. Die Temperaturen werden zu Te = 3 eV bzw. Ti = 26 meV gewählt. In
22
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
1018
12
mittlerer Radius
Teilchendichte
10
10
~ t -6/5
17
nd(t=0) = 1018 m-3
1016
6
nd(t=0) = 2 ⋅ 1016 m-3
a / nm
nd / m−3
8
4
10
15
2
1014
10−6
10−5
10−4
10−3
10−2
10−1
0
100
t/s
Bild 2.9: Zeitliche Entwicklung des mittleren Radius (a) und der Teilchendichte (nd ) von Staubteilchen aus zwei Simulationen der Agglomerationsphase. Die Rechnung beginnt zum
Zeitpunkt t = 0 mit einer Teilchendichte von nd = 2 · 1016 m−3 bzw. nd = 1018 m−3 und
mit einem mittleren Teilchenradius von a = 1 nm. Die positive Ionendichte beträgt in
beiden Fällen konstant ni = 1016 m−3 .
der Abbildung erkennt man, dass die Agglomeration zunächst langsam beginnt. Während
dieser Zeit stellt sich für die Teilchengröße eine logarithmische Normalverteilung ein. Im
weiteren Verlauf sinkt die Partikeldichte sinkt nach einem Potenzgesetz mit nd ∼ t−6/5 . Da
im Modell angenommen wird, dass während der Agglomeration keine neuen primären Cluster gebildet werden ist das Gesamtvolumen aller Teilchen konstant und für den mittleren
Teilchenradius folgt: a ∼ t2/5 . Diese Situation hält an, solange ein nennenswerter Anteil der
Teilchen neutral oder positiv geladen ist. Schließlich sinken die Agglomerationsraten und
das Teilchenwachstum kommt zum Erliegen.
Der Verlauf des Teilchenwachstums wird im Experiment durch ex-situ Messungen an extrahierten Teilchen bestätigt. Abbildung 2.10 zeigt den gemessen Zeitverlauf der mittleren
Größe und der Dichte von Teilchen auf der Oberfläche von Siliziumwaferstücken, die wie
in Kapitel 2.2 beschrieben bei PCCP = 70 W, φAr : φHe : φC2 H2 = 4 : 15 : 4 sccm und
p (t = 0) = 5,6 Pa präpariert wurden. Auf der Abszisse ist die Zeit ∆tCCP = ∆tC2 H2 bis
zum Umschalten in den ICP-Modus aufgetragen. Die Teilchen wurden mit dem Abschalten
des Plasmas nach ∆tICP = 120 s auf den Proben gesammelt. Im Rahmen der statistischen
Fehler skalieren Größe und Dichte der auf den Proben gefundenen Teilchen während der
Agglomerationsphase mit den aus dem Modell vorhergesagten Potenzen der Zeit.
2.5
Weiteres Wachstum und Wachstumszyklen
Je nach Anfangszustand der Agglomerationsphase sind ab einer bestimmten Teilchengröße kaum noch neutrale oder positiv geladene Teilchen vorhanden und Agglomeration findet
praktisch nicht mehr statt. Wird weiter Prekursorgas zugeführt, wachsen die Teilchen jedoch
durch Anlagerung von Makromolekülen und neu gebildeten Protopartikeln langsam weiter
an. Auf diese Weise können Teilchen mit Durchmessern von mehreren Mikrometern entstehen. Schließlich ist die Schwerkraft so groß, dass die Teilchen die elektrische Potentialbarriere
überwinden und auf den Gefäßboden fallen. Nun kann sich wieder eine kritische Dichte an
2.6 Unterbrechung des Teilchenwachstums
23
120
100
40
80
30
mittlerer Durchmesser ~ t
2/5
60
Teilchendichte ~ t -6/5
20
40
10
Teilchendichte / µm−2
mittlerer Teilchendurchmesser / nm
50
20
Clusterbildung
Agglomeration
0
0
0
5
10
15
20
25
30
35
Extraktionszeitpunkt / s
Bild 2.10: Zeitliche Entwicklung der Größe und der Dichte von auf Siliziumproben gesammelten
Staubteilchen. Die Teilchen wurden wie in Kapitel 2.2 beschrieben bei PCCP = 70
W, φAr : φHe : φC2 H2 = 4 : 15 : 4 sccm und p (t = 0) = 5,6 Pa bei Variation von
∆tCCP = ∆tC2 H2 präpariert und mit dem Abschalten des Plasmas nach ∆tICP = 120
s auf den Proben gesammelt. Größe und Dichte der Teilchen skalieren mit den für
Agglomeration typischen Potenzen der Zeit.
Protopartikeln aufbauen und die Prozesse des Teilchenwachstums wiederholen sich. Eine
vergleichbare Situation entsteht, wenn es zur Bildung einer teilchenfreien Region, also eines
sogenannten Voids, kommt (vgl. Kapitel 3.2). Innerhalb des Voids können sich dann neue
Protopartikel ansammeln und es kann ebenfalls eine neue Teilchengeneration heranwachsen.
Wiederum wiederholen sich alle Vorgänge zyklisch. Die Zykluszeiten liegen in beiden Fällen
typischerweise im Bereich mehrerer Minuten [HBW03].
2.6
Unterbrechung des Teilchenwachstums
Aus den vorherigen Abschnitten ist klar, dass das Teilchenwachstum in Schüben erfolgt:
Die einzelnen Teilchen wachsen zunächst sehr schnell zu Protopartikeln heran, haben dann
einige Zeit eine nahezu konstante Größe und werden schließlich in Agglomerate eingebaut.
Die Möglichkeiten, auf den Wachstumsprozess Einfluss zu nehmen sind begrenzt. Die entscheidenden Prozessparameter während der Nukleation der Protopartikel sind
• die Dichte des Prekursorgases,
• die zugeführte Leistung,
• die Elektronendichte,
• die Gastemperatur.
Die ersten drei Parameter bestimmen im Wesentlichen die Prekursorendichte für die Makromolülwachstumsketten und damit die Nukleationsgeschwindigkeit der Protopartikel. Eine
erhöhte Gastempertur führt zu einer deutlichen Reduktion der Nukleationsraten [BHB+ 94].
Die Ursachen für dieses Verhalten wurden in der Literatur für Silanplasmen z.T. kontrovers
diskutiert [FBH+ 96; Bou99; BKG03]. Den größten Einfluss hat offenbar die Temperaturabhängigkeit der Prekursorgasdichte bei konstant gehaltenem Druck sowie die Temperaturabhängigkeit der Diffusionskoeffizienten von Makromolekülen und Partikeln [BKG03].
24
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
Die Größe der Protopartikel lässt sich kaum beeinflussen. Die untere Schranke wird durch den
kritischen Radius für selektiven Einschluss bestimmt, die obere Schranke durch die Schwelle,
bei der die Anlagerungsratenkoeffizienten sinken und sich das Wachstum stark verlangsamt.
In der Praxis könnte man über die Größe des Entladungsgefäßes Einfluss auf die untere
Schranke nehmen, ab der selektiver Einschluss einsetzt: Ein großes Entladungsgefäß führt
zu einer großen mittleren Diffusionszeit zur Wand und damit zu einem kleinen Teilchenradius, ab dem die mittlere Zeit für Elektronenanlagerung die Diffusionszeit unterschreitet. Die
Größenabhängigkeit der Anlagerungsratenkoeffizienten, von der die obere Schranke festgelegt wird, ist hingegen durch die intrinsischen Eigenschaften des Teilchensystems bestimmt
und kann mit den externen Parametern nicht beeinflusst werden. Im Ergebnis kann man
daher nur über die Größe des Entladungsgefäßes die Breite der Teilchengrößenverteilung
beeinflussen.
Der mittlere Ladungszustand der Teilchen bestimmt die maximale Teilchengröße, bei der
noch ein nennenswerter Anteil der Teilchen neutral oder positiv geladen ist und legt damit
die Größe fest, bis zu der die Teilchen agglomerieren. Dies ist schematisch in Abbildung 2.11
dargestellt. Die Abbildung zeigt die normierte mittlere Ladung der Teilchen in Abhängigkeit der Teilchengröße und dem Verhältnis von Staubteilchendichte zur Dichte der positiven
Ionen nd /ni , wobei für alle Teilchengrößen von einem Elektronenanlagerungskoeffizienten
ke = 1 gemäß der Rechnung von Perrin ausgegangen [Bou99] wird. Gemäß dieser Vorstellung setzt die Agglomeration ein, sobald sich eine Protopartikeldichte von der Größenordnung der positiven Ionendichte angesammelt hat. Die Entladungsbedingungen ändern sich
dann derart, dass die Elektronendichte stark absinkt und sich in Folge dessen der mittlere
Ladungszustand der Teilchen verringert. Agglomeration findet statt, solange die Bedingung
Qd nd ≈ eni erfüllt ist. Kann man den Ladungszustand beeinflussen, hat man somit eine
Zugriffsmöglichkeit auf den Moment, an dem die Agglomeration anhält.
Den wichtigsten Einflussgrößen auf den Ladungszustand sind dabei die Elektronentemperatur und das Verhältnis von Elektronendichte zu Ionendichte (vgl. Gleichung 2.11). Letzteres
neutrale +
negativ + positiv
geladene Teilchen
TeilchenDurchmesser
100 nm
10 nm
1 nm
nur negativ
geladene
Teilchen
Ag
g
lo m
era
ti
on
φC H → 0, CCP → ICP
2
2
keln
Nukleation von Protopati
Bild 2.11: Globaler Zusammenhang zwischen Agglomeration und mittlerem Ladungszustand. Agglomeration setzt ein und hält an, solange die auf den Protopartikeln gebundene Ladung in derselben Größenordnung liegt, wie die positive Ionendichte. Ein Wechsel vom
kapazitiven in den induktiven Modus kann die Ladungsträgerbilanz ändern und die Agglomeration anhalten. Die zugrundeliegende Abbildung ist dem Buch von Bouchoule
entnommen [Bou99].
2.6 Unterbrechung des Teilchenwachstums
25
ist während der Agglomeration in einer kapazitiven Entladung auf Grund der Quasineutralität und Qd nd ≈ eni typischerweise deutlich kleiner als eins. Wird die Reaktivgaszufuhr
gestoppt, nimmt jedoch die Ionisationsrate im Plasma deutlich zu und die Iondendichte erhöht sich um bis zu einer Größenordnung. Ein Wechsel in den induktiven Modus kann diesen
Effekt noch verstärken. Im Ergebnis wird das Verhältnis nd /ni drastisch reduziert. Dadurch
erhöht sich der mittlere Ladungszustand der Staubteilchen, die Anzahl an neutralen und
positiv geladenen Staubteilchen sinkt und die Agglomeration stoppt. Dies ist in Abbildung
2.11 durch einen Pfeil parallel zur Abszisse symbolisiert.
26
Kapitel 2 Plasmasynthese von Nanoteilchen
3. Ausbildung von Plasmainstabilitäten
In diesem Kapitel werden die Vorgänge in einer partikelhaltigen Entladung diskutiert, die
zur Ausbildung von Instabilitäten führen können. Dazu wird zunächst die Dynamik von
Staubteilchen im Plasma betrachtet und anschließend auf die Entstehung von staubfreien
Regionen im Plasma eingegangen.
3.1
3.1.1
Dynamik der Staubteilchen
Orbitallimitiertes Teilchenstrommodell
Entscheidend für die Kräfte, die im Plasma auf ein Staubteilchen wirken, ist dessen Ladungszustand. Im zeitlichen Mittel stellt sich dieser so ein, dass sich die positiven und
negativen Ströme auf die Staubteilchenoberfläche kompensieren. In diesem Fall besitzt das
Staubteilchen gegenüber dem Plasma ein wohldefiniertes Potential, aus dem man mit Hilfe
eines Kondensatormodell seine Ladung berechnen kann. In Niederdruckplasmen kann man
die Randschicht um das Staubteilchen als stoßfrei betrachten. Die Potentialverteilung um
das Staubteilchen wird dann in guter Näherung durch ein abgeschirmtes Coulombpotential,
dem sogenannten Debye-Hückel- bzw. Yukawa-Potential beschrieben [Bou99]:
a
r−a
Φ (r)
= exp −
,
(3.1)
Φd
r
λD,eff
wobei a der Radius des Staubteilchens, r der Abstand von seinem Mittelpunkt, Φd das elektrische Potential auf seiner Oberfläche gegenüber dem ungestörten Plasma und λD,eff die
Abschirmlänge ist. Für den Fall einer dicken Randschicht (a λD,eff ) fällt dieses Potential
in der Umgebung des Staubteilchens flacher ab als r−2 . Die Ladungsträgerströme auf das
Staubteilchen sind dann orbitallimitiert (OML-Fall) [DPKG92] und für einen einzelnen Ladungsträger, der sich an der Schichtkante s befindet, kann man mit Hilfe der Energie- und
Schichtkante
Ion / Elektron
(qk, mk)
Plasma (Upl, fe, fi)
Staubteilchen
(Qd, md)
Schicht (U(r))
a
rs
vp,r
vs,r
vp,t
vs,t
Bild 3.1: Trajektorie eines Elektrons oder Ions in der Nähe eines Staubteilchens im orbitallimitierten Modell. Die Geschwindigkeit an der Schichtkante entscheidet darüber, ob das
Elektron bzw. Ion auf das Staubteilchen trifft oder es verfehlt.
27
28
Kapitel 3 Ausbildung von Plasmainstabilitäten
Drehimpulserhaltungssätze entscheiden, ob er die Oberfläche des Staubteilchens erreicht,
oder das Staubteilchen verfehlt (vgl. Abbildung 3.1):
(
0,
qΦd ≤ 0
vs,r ≥ vs,r,min = q 2eΦd
(3.2)
,
qΦ
>
0
d
m
s 2qΦ
d
2 −
vs,t ≤ vs,t,max = ρ vr,s
,
(3.3)
m
wobei q und m die Ladung bzw. die Masse des Ladungsträger sind, vs,r und vs,t seine radiale
bzw. tangentiale Geschwindigkeitskomponente in der durch den Geschwindigkeitsvektor und
den Staubteilchenmittelpunkt festgelegten Ebene und ρ eine Hilfsgröße, die durch
ρ=
a2
rs2 − a2
(3.4)
mit dem Staubteilchenradius a und dem Radius der Randschicht rs verknüpft ist. Der Strom
einer Ladungsträgersorte auf das Staubteilchen ergibt sich aus der Integration ihrer Geschwindigkeitsverteilungsfunktion an der Schichtkante über den Geschwindigkeitsraum und
die Oberfläche der Schichtkante.
Für ein Plasma, das aus Elektronen mit Maxwell’scher Geschwindigkeitsverteilung und einer
Ionensorte mit driftender Maxwell’schen Geschwindigkeitsverteilung besteht, ergeben sich
unter der Annahme rs a folgende Teilchenströme [KIZM05; Bou99]:
eΦd
2
(3.5)
Γe = πa ne ve,th exp
kB Te
2 r √
π
u
2eΦd
ui
−1
2
2
+ ui exp − i
Γi = 2πa ni vTi ui
1 + ui −
erf √
(3.6)
2
kB Ti
2
2
a
Qd = 4π0 a 1 +
Φd .
(3.7)
λD,eff
Γe und Γi sind der Elektronen- bzw. Ionenstrom auf die Oberfläche des Staubteilchens, ne
und ni die Dichten der Elektronen bzw. Ionen
p im ungestörten Plasma und Te bzw. Ti die
Elektronen- bzw. Ionentemperatur. ve,th =p 8kB Te /πme ist die thermische Geschwindigkeit
der Elektronen und ui = vi /vTi mit vTi = kB Ti /mi die Machzahl der Ionen. Die Beziehung
(3.7) verknüpft die Ladung des Staubteilchens Qd < 0 mit seinem Oberflächenpotential
unter der Annahme, dass die Potentialverteilung um das Staubteilchen dem Debye-HückelPotential gemäß Gleichung 3.1 entspricht. Für die effektive Abschirmlänge λD,eff dieses Potentials gilt in guter Näherung [KIZM05]:
−2
2 −1
+ λ−2
(3.8)
λ−2
D,e
D,eff = λD,i 1 + ui
r
0 kB Ti
λD,i =
(3.9)
e 2 ni
r
0 kB Te
λD,e =
,
(3.10)
e 2 ne
wobei λD,i bzw. λD,e die Ionen- bzw. Elektronendebyelängen bezeichnen. Durch numerische
Lösung des Gleichungssystems (3.5–3.7) kann man die Ladung des Staubteilchens bestimmen. In guter Näherung kann man den Ladungszustand auch mit einer semiempirisch abgeleiteten Formel abschätzen [MR95]:
!
r
4π0 akB Te
ne mi Ti
ln
,
(3.11)
Qd ≈ −eB
e2
ni me Te
3.1 Dynamik der Staubteilchen
29
wobei B eine schwach variierende Funktion von Te /Ti und me /mi ist. Man sieht, dass die
mittlere Ladung eines Staubteilchens linear mit seinem Radius a und mit der Elektronentemperatur Te skaliert. Die Plasmadichte wirkt sich nicht auf die Ladung aus, solange die
Quasineutralität ne ≈ ni erfüllt ist. Ist jedoch ein erheblicher Teil der Elektronen an Staubteilchen gebunden, so wird ne /ni sehr viel kleiner als eins und die zeitlich gemittelte Ladung
des einzelnen Staubteilchens ist gegenüber dem Fall der Quasineutralität deutlich reduziert.
Dadurch kann sich der Anteil an neutralen und positiv geladenen Staubteilchen im Plasma
erhöhen und Agglomeration wird begünstigt.
3.1.2
Kräftebilanz
Im stationären Zustand der staubigen Entladung wird die Gleichgewichtsposition der Staubteilchen durch ihre Kräftebilanz beschrieben. Die maßgeblichen Kräfte sind die elektrostatische Kraft, der Ionenwind und ggf. thermophoretische Kräfte sowie Gravitation. Im Folgenden werden für diese Kräfte analytische Ausdrücke angegeben.
Elektrostatische Kraft
Die elektrostatische Kraft lässt sich in guter Näherung durch
F el = Qd E
(3.12)
beschreiben [Bou99], wobei E das statische elektrische Feld des Plasmas ist. Das statische
elektrische Feld des Plasmas ist in der Regel auf die Wände des Entladungsgefäßes gerichtet.
Für negativ geladene Teilchen wirkt die Kraft F el entsprechend in Richtung Reaktormitte
und hält die Staubteilchen von den Wänden fern.
Ionenwindkraft
Der Ionenwind beinhaltet zwei Komponenten: Die Kraftwirkung durch den Impulsübertrag
der auf die Staubteilchen treffenden Ionen F i,c und die Coulombwechselwirkung der vorbeiströmenden Ionen mit dem negativ geladenen Staub F i,s . Allgemein ergeben sich die beiden
Komponenten durch die Faltung der Ionengeschwindigkeitsverteilungsfunktion fi (v) mit den
Wirkungsquerschnitten für Ioneneinfang σc bzw. Coulombwechselwirkung σs [KIMT02]:
2ρ0
2
(3.13)
σc (v) = πa 1 +
a
ρZmax
ρdρ
2
σs (v) = 4π
(3.14)
2 = 4πρ0 Γ
1 + (ρ/ρ0 )
ρ
Z min
F i,c = mi vfi (v) vσc (v) dv
(3.15)
Z
F i,s = mi vfi (v) vσs (v) dv.
(3.16)
ρ0 = −eΦd a/mi v 2 ist der Coulomb- bzw. Landau-Radius. Der modifizierte Coulomb-Logarithmus
Γ = ln
β+1
β + (a/λD,eff )
(3.17)
30
Kapitel 3 Ausbildung von Plasmainstabilitäten
mit dem mittleren normierten Stoßparameter
β=−
eΦd
a
2
kB Ti (1 + ui ) λD,eff
(3.18)
ergibt sich aus der Wahl der Integrationsgrenzen in (3.14). Als untere Grenze wird der maximale Stoßparameter für den Aufprall eines Ions der Geschwindigkeit v auf das Staubteilchen
verwendet, was naturgemäß dem minimalen Stoßparameter für Coulombstreuung entspricht:
r
2eΦd
ρmin (v) = a 1 −
.
(3.19)
mi v 2
Die obere Grenze wird so gewählt, dass alle Ionen mit einbezogen werden, deren Bahnen
sich bis auf λD,eff an das Staubteilchen annähern [KIMT02]:
s
2eΦd a
.
(3.20)
ρmax (v) = λD,eff 1 −
mi v 2 λD,eff
Die Wahl (3.20) ist willkürlich, führt jedoch zu einem genaueren Ergebnis als der klassische
Ausdruck für Coulombstreuung ρmax = λD,eff . Die Ionenwindkraft, die sich im klassischen
Fall ergibt, ist bei typischen Plasmabedingungen um mindestens den Faktor fünf zu niedrig,
um etwa die Enstehung von Voids zu erklären [AG01]. Im Fall einer driftenden Maxwellverteilung
!
3/2
mi (v − v i )2
1
exp −
(3.21)
fi (v) =
kB Ti
kB Ti
ergibt sich für die Ionenwindkraft [KIZM05]:
r √
π
ui
2eΦd
−2
2
2
F i,c = 2πa ni mi vTi
1 + ui + 1 − ui
erf √
+
1−
2
kB Ti
2
2 u
2eΦd
−1
2
+ ui exp − i
+ ui
1−
kB Ti
2
r
2 2 2
√
4e Φd
π −2
ui
u
−1
2
F i,s = 2πa ni mi vTi −
ui erf √
+ ui exp − i
Γ.
2
2
kB2 Ti2
2
(3.22)
(3.23)
Für typische Plasmaparameter im Bereich β . 5 stimmen (3.22) und (3.23) sehr gut mit
den Ergebnissen von Monte-Carlo-Simulationen der Ionenströmung um ein negativ geladenes
Testteilchen überein [Hut05]. Die Abweichung in diesem Bereich beträgt maximal 20 %. Für
β > 5 führt (3.14) trotz Verwendung der effektiven Debye-Länge (3.8) zu großen Fehlern.
Größere Abweichungen können sich auch ergeben, wenn die mittlere freie Weglänge der
Ionen im Plasma kleiner wird als die effektive Debye-Länge [IZKM05]. Für β 1 und
subthermische Ionen (ui 1) dominiert die Kraftwirkung durch Coulombstreuung. Der
entsprechende Ausdruck (3.23) kann in diesem Fall in guter Näherung stark vereinfacht
werden [KIMT02]:
2√
e2 Φ2d
2
2
2πa ni mi vTi ui 2 2 Γ.
F i ≈ F i,s ≈
(3.24)
3
kB Ti
Thermophoretische Kraft
Thermophorese wird durch einen Temperaturgradienten induziert und ergibt sich aus einer
inhomogen über die Teilchenoberfläche verteilten Stoßrate mit Neutralgasteilchen. In guter Näherung wird die thermophoretische Kraft durch folgende Beziehung wiedergegeben
3.2 Void-Entstehung
31
[GTR01]:
16 πa2
√
κT ∇Tn ,
(3.25)
15 2π vn,th
p
wobei κT die thermische Leitfähigkeit des Gases, vn,th = 8kB Tn /πmn die thermische Geschwindigkeit der Neutralteilchen und Tn die (ortsabhängige) Neutralgastemperatur ist. Bei
einer Elektronendichte von ne ≈ 1017 m−3 , wie sie in ICP-Entladungen typischerweise vorherrscht, ist ein hoher Temperaturgradient erforderlich, damit die thermophoretische Kraft
in derselben Größenordnung wie die Ionenwindkraft liegt. Ein solcher Temperaturgradient
stellt sich normalerweise nur ein, wenn eine Elektrode des Reaktors geheizt oder gekühlt
wird. Dies ist im Experiment, wie es in 2.2 beschrieben wird, nicht der Fall. Thermophorese
wird daher in den nachfolgenden Betrachtungen vernachlässigt.
F th = −
Gravitationskraft
Die Gravitationskraft
4
(3.26)
F g = md g = πa3 ρd g
3
erzielt die Größenordnung der elektrostatischen Kraft erst bei Teilchenradien von einigen
Mikrometern. Bei Teilchengrößen von einigen zehn Nanometern spielt die Gravitationskraft
keine Rolle und wird daher nachfolgend ebenfalls nicht beachtet.
Neutralgasreibung
Im Fall bewegter Staubteilchen wirkt die Reibung mit dem Neutralgashintergrund der Bewegungsrichtung entgegen. Die Reibungskraft wird in guter Näherung durch die EpsteinBeziehung wiedergegeben [Eps24; BWA65; GTR01]:
#
"
√ r
π Td,sf v d − v n
8
2
2
√
,
(3.27)
F n = −2πa mn nn vn,th √ + (1 − p )
3
Tn
3 π
2vn,th
wobei v d die Strömungsgeschwindigkeit der Staubteilchen, v n die Strömungsgeschwindigkeit
des Neutralgases und Td,sf die Temperatur an der Oberfläche des Staubteilchen ist. Dieselbe
Beziehung beschreibt den Effekt einer Gasströmung um ein ruhendes Staubteilchen. Die
Kraft auf Nanoteilchen durch die Gasströmung in der GEC-Zelle bleibt bei typischen Flussraten allerdings deutlich unterhalb der Größenordnung der Ionenwindkraft.
Die dominierenden Kräfte auf die Nanoteilchen im Experiment sind also die elektrostatische
Kraft und die Kraft des Ionenwinds. Die elektrostatische Kraft beschreibt die Wirkung des
gesamten elektrischen Feldes im Plasma auf die Staubteilchen, also auch die Coulombwechselwirkung der Staubteilchen untereinander. Tatsächlich stellt sich im stationären Fall das
elektrische Potential des staubigen Plasmas so ein, dass der Ionenwind an jedem Ort der
Staubteilchenwolke gerade durch die elektrostatische Kraft kompensiert wird.
3.2
Void-Entstehung
In bestimmten Bereichen des Parameterraums bilden sich im staubigen Plasma spontan eine ohne mehrere staubteilchenfreie Regionen, sogenannte Voids. Die Entstehung wird durch
statistische Fluktuationen der Staubteilchendichte initiiert. In Bereichen geringer Staubteilchendichte ist die Plasmateilchendichte lokal erhöht, da die Ladungsträgerverluste an
32
Kapitel 3 Ausbildung von Plasmainstabilitäten
der Oberfläche der Staubteilchen niedriger sind. Kann in dieser Situation der erhöhte Ionenwind nicht mehr durch die elektrostatische Kraft kompensiert werden, so führt dies
in einem sich selbst verstärkenden Prozess zu einer Entmischung von Plasma und Staub
[SG99; AG01; DPS+ 02; TVM04].
Der wahrscheinlichste Ort für die Enstehung eines Voids liegt in der Nähe der Reaktormitte,
da die Plasmadichte dort am größten ist. Die Voraussetzung für die Entstehung eines Voids
lautet allgemein:
Fi
> 1.
(3.28)
F el
Die Ionendrift nahe dem Zentrum der Entladung ist subthermisch, d.h. ui 1. In diesem Fall
ist das statische elektrische Feld über die Beweglichkeit µi mit der Ionendriftgeschwindigkeit
verknüpft:
v i = µi E
(3.29)
e
,
µi =
mi nn Xin
(3.30)
wobei nn die Neutralteilchendichte und Xin der Ratenkoeffizient für elastische Stöße zwischen
Ionen und Neutralteilchen ist. Damit gilt für die elektrostatische Kraft auf die Staubteilchen:
a
4π0
eΦd v i mi nn Xin ,
(3.31)
F el = Qd E = 2 a 1 +
e
λD,eff
und die Bedingung für die Enstehung eines Voids lässt sich ohne eine explizite Abhängigkeit
vom elektrostatischen Feld ausdrücken:
e2
ni
1
eΦd
Fi
= √
a √
Γ > 1,
F el
3 2π0 nn mi kB Ti Xin kB Ti
(3.32)
wobei für die Ionenwindkraft der vereinfachte Ausdruck (3.24) angesetzt wird.
Bei fester Ionentemperatur ist das Verhältnis F i /F el direkt proportional zum Staubteilchenradius a und zum Ionisationsgrad ni /nn . Der Einfluss von anderen Plasmaparametern
über das Oberflächenpotential der Staubteilchen Φd und den Coulomb-Logarithmus Γ ist
dagegen nur schwach ausgeprägt. Damit kann für einen vorgegebenen Ionisationsgrad die
kritische Staubteilchengröße ermittelt werden, ab der es zur Entstehung eines Voids kommt.
Für Ionisationsgrade, wie sie für kapazitive Entladungen typisch sind, liegt der kritische Radius deutlich über 100 nm [SG99]. In induktiven Entladungen ist der Ionisationsgrad ni /nn
dagegen typischerweise ein bis zwei Größenordnungen höher. Für eine Argon-Entladung bei
einem Druck von p = 4 Pa, einer Ionendichte von ni ' 1017 m−3 , einer thermischen Ionenenergie kB Ti ' 26 meV, einem Stoßratenkoeffizienten Xin ' 5. 9 · 10−16 m3 s−1 [EPM+ 76] und
einem Oberflächenpotential eΦd ' 6 eV [Bou99] liegt der minimale Staubteilchenradius, für
den die Bedingung (3.32) erfüllt ist, unter 1 nm.
Ein Void setzt sich gegenüber dem umgebenden, staubigen Plasma durch eine erhöhte Strahlungsintensität ab. Dies liegt daran, dass die Elektronendichte im staubigen Plasma durch
die Rekombination von Elektronen an den Staubteilchenoberflächen je nach Staubteilchendichte um ein bis zwei Größenordnungen gegenüber der Elektronendichte im Void reduziert
ist [AG03; DOYA06]. In kapazitiven Entladungen kann dieser Effekt dadurch teilweise kompensiert werden, dass die Elektronentemperatur im staubigen Plasma gegenüber dem Void
erhöht ist. Dies liegt daran, dass die lokale Stärke des elektrischen Wechselfelds umgekehrt
proportional zur lokalen Elektronendichte ist und damit der Leistungseintrag im staubigen Plasma wesentlich größer ist, als im Void. Im Gegensatz dazu hängt in der induktiven
3.3 Void-Instabilität
33
Entladung die Stärke des elektrischen Wechselfelds in erster Linie von der volumengemittelten Elektronendichte ab [DOYA06]. Durch eine verminderte Elektronendichte erhöht sich
eher die Eindringtiefe der elektromagnetischen Welle [LL05] und man erwartet im Void tendenziell eine höhere Elektronentemperatur als im staubigen Plasma. Dies wird durch die
Langmuirsonden-Messungen im Experiment bestätigt (vgl. Kapitel 6.1). Auf Grund der erhöhten Emission im sichtbaren Bereich wird das Void im Folgenden phänomenologisch auch
als Plasmoid bezeichnet.
3.3
Void-Instabilität
Führt man das Experiment wie in Kapitel 2.2 beschrieben durch, beobachtet man nach dem
Umschalten des Plasmas vom kapazitiven Modus in den induktiven Modus (Phasen (iv–v)
in Abbildung 2.2) erwartungsgemäß einen Plasmoiden. Allerdings ist die Plasmaemission
nicht stabil. Dies ist in Abbildung 2.2 b anhand des Signals der Fotodiode für einen Versuch mit ∆tC2 H2 = ∆tCCP = 4 s, PCCP = 70 W und PICP = 100 W dargestellt: Während
der kapazitiven Phase (ii–iii) ist die Lichtemission des Plasmas auf Grund einer geringen
Elektronendichte niedrig im Vergleich zur induktiven Phase (iv–v). Zu Beginn der induktiven Phase (iv) bzw. nach dem Stopp der Azetylenzufuhr unterliegt die Lichtemission starken
chaotischen Schwankungen. Offenbar brennt die Entladung in dieser Phase noch nicht durchgehend induktiv sondern wechselt zwischen kapazitivem und induktivem Modus hin und her.
Nach einigen Sekunden brennt das Plasma rein induktiv und allmählich kristallisiert sich eine gleichmäßige Oszillation heraus (Phase (v)). Den Wechsel zur rein induktiven Entladung
erkennt man daran, dass die Strahlungsintensität durchgehend höher ist, als im kapazitiven
Plasma. Sporadisch kommt es in Phase (v) zu heftigeren Schwankungen der Plasmaemissionen (z.B. im Bereich 85–95 s in Abbildung 2.2 b). Die Entladung bleibt dabei aber wiederum
im induktiven Modus. Nach einer Unterbrechung des Plasmas für einige Sekunden (Phase
(vi)) brennt die Entladung stabil und induktiv (Phase (vii)).
Die Zusammensetzung des Plasmas unterscheidet sich zwischen den einzelnen Phasen wie
folgt: Im kapazitiven Modus handelt es sich um ein Edelgas-Azetylen-Plasma, in dem Staubteilchen heranwachsen. Nach dem Abschalten der Azetylenzufuhr, d.h. im Laufe von Phase
(vi), wird zunächst der Prekursorgasvorrat verbraucht. Die Zeitkonstante hierfür liegt in der
Größenordnung der mittleren Verweildauer für Neutralteilchen. Bei einem Plasmavolumen
von 5 l, einem Druck von 4 Pa und einer Flussrate von 40 sccm beträgt diese etwa 0,5 s.
Während der ersten Sekunden von Phase (vi) befindet sich also noch Molekülgas im Plasma.
Die Schwelle zwischen kapazitivem und induktivem Modus liegt in diesem Fall in der Nähe
der Generatorleistung PICP = 100 W. Oszillationen zwischen den beiden Betriebsmodi sind
in diesem Fall typisch und erklären sich aus dem Zusammenspiel von Plasmaimpedanz, der
Hysterese in der Leistungsbilanz des Plasmas und dem Anpassnetzwerk, das sich zwischen
Generator und Spule befindet (vgl. [LL05]).
Ist das Quellgas verbraucht, liegt eine reine Edelgasentladung vor, in der die Staubteilchen,
die in der kapazitiven Phase (ii–iii) erzeugt werden, gefangen sind. Die Schwelle zwischen
den Betriebsmodi liegt dann deutlich unterhalb der Generatorleistung PICP = 100 W und
das Plasma brennt durchgehend induktiv. Die Plasmaoszillationen, die dann beobachtet
werden, werden allein durch die Anwesenheit der Staubteilchen verursacht. Als Mechanismen, durch die anwesender Staub Plasmaoszillationen verursachen kann, wurden in früheren Untersuchungen Ladungsinstabilitäten und Transportinstabilitäten betrachtet [vB04].
Der Frequenzbereich der beobachteten Instabilitäten liegt zwischen 10 und 100 Hz und
liefert damit einen Anhaltspunkt über die Natur der Oszillationen: Ladungsinstabilitäten
sind charakteristisch für elektronegative Plasmen. Dabei unterliegt der Ladungszustand der
34
Kapitel 3 Ausbildung von Plasmainstabilitäten
beteiligten Spezies periodischen Schwankungen. In einer Argon–SF6 Entladung durchlaufen beispielsweise SF6 Moleküle einen Zyklus von Elektronenanlagerung (Neutralteilchen →
negatives Ion), Ion-Ion-Rekombination (negatives Ion → Neutralteilchen), Ionisation (Neutralteilchen → positives Ion) und Wandrekombination (positives Ion → Neutralteilchen).
Die begrenzende Zeitdauer für diese Instabilität ist die Ion-Ion-Rekombinationszeit, die in
der Größenordnung 1 ms liegt [LL05]. Im Fall agglomerierter Teilchen ist die begrenzende
Zeitdauer für Ladungsschwankungen die Aufladungszeit. Diese liegt im Bereich einiger 10
µs [Bou99] und damit deutlich unterhalb der Periodendauer der beobachteten Plasmaoszillationen. Ladungsinstabilitäten müssten zu Oszillationen mit deutlich höheren Frequenzen
führen und können damit nicht als Erklärung für die beobachteten Phänomenen dienen.
Für eine Betrachtung von Teilchentransportphänomenen geht man von driftenden Staubteilchen aus, für die Ionenwindkraft und Neutralgasreibungskraft im Gleichgewicht stehen.
Aus Gleichungen (3.24) und (3.27) folgt für die Driftgeschwindigkeit:
√
ni e2 Φ2d
pi
Γ.
(3.33)
v d = √ vTi ui
nn kB2 Ti2
8 2
Als typische Transportzeit ergibt sich für ein Staubteilchen mit Radius a = 25 nm bei
ui = 0,1 und den Plasmaparametern aus Kapitel 3.2 H/v d ≈ 10 ms. Die Periodendauer der
Plasmaoszillationen liegt also im Bereich typischer Transportzeiten für die Staubteilchen
im Reaktor. Transportinstabilitäten können also die beobachteten Plasmaoszillationen im
induktiven Modus erklären.
Da die Partikel in diesem Experiment so klein sind, dass sie nicht mit Lichtstreuung lokalisiert werden können, ist es nicht möglich, die Trajektorien der einzelnen Partikel zu
verfolgen. Allerdings werden ähnliche Plasmainstabilitäten in kapazitiven Entladungen beobachtet [PG96a; SG99]. Dort entstehen Voids nur in Staubplasmen mit deutlich größeren
Partikeln als im induktiven Fall (vgl. Kapitel 3.2) und entsprechend werden auch die Instabilitäten nur für deutlich größere Partikel beobachtet. In [SG99] werden entsprechende Beobachtungen für Partikel mit a ≈ 65 nm diskutiert. Die Partikelwolke wird dabei von einem
Laser in einer Ebene ausgeleuchtet und das Streulicht der Teilchen in dieser Ebene von einer
ICCD-Kamera erfasst. In Analogie zu den anfänglich chaotischen Oszillationen in der rein
induktiven Phase dieses Experiments (Phase (iii)) beobachtet man im kapazitiven Plasma
bei heranwachsenden Teilchen ein unregelmäßiges Erscheinen und Verschwinden mehrerer
Voids (in [SG99] als Filamentmodus bezeichnet) und damit verbunden ein chaotisches Flackern des Plasmaemission. Nach einiger Zeit verschmelzen diese Voids zu einem einzigen,
das um das Zentrum des Reaktors rotiert, oder im Zentrum liegt und pulsiert. Durch die
Bewegung oder die Pulsierung des Plasmoids kommt es zu periodischen Oszillationen der
Plasmaemission, wie sie von einer Fotodiode erfasst werden können. Die Frequenzen der
Instabilitäten liegen unter dem Bereich, der im ICP für kleinere Teilchen beobachtet wird.
Aus den Aufnahmen der ICCD-Kamera, die zeitlich und räumlich aufgelöst die Plasmaemission aus eine Ebene parallel zu den Elektroden erfassen, lässt sich schließen, dass in diesem
Experiment ähnlich wie im Fall der kapazitiven Entladung in [SG99] ein Plasmoid bzw. Void
um das Zentrum der Entladung rotiert (vgl. Kapitel 6). Mit der Bewegung des Plasmoids
bzw. Voids ist ein Transport von Staubteilchen weg von der Void-Grenze, die sich in Rotationsrichtung vorne befindet, verbunden. Die Diskussion über die Ursache für die Rotation
des Voids im CCP kommt in den zitierten Arbeiten zu keinem schlüssigen Ergebnis. Auch
die Skalierung der Umlauffrequenz mit wichtigen Plasmaparametern wird nicht genauer ausgeführt. Für das vorliegende Experiment wird die Skalierung der Umlauffrequenz mit der
Größe der Partikel in Kapitel 4.4.1 betrachtet. Kapitel 6 charakterisiert die Void-Rotation
mit Hilfe von plasmadiagnostischen Werkzeugen und zeichnet ein Bild der physikalischen
Ursachen für die Void-Rotation.
4. Charakterisierung der Teilchen
In den folgenden Abschnitten werden wichtige Ergebnisse bzgl. der Eigenschaften im Plasma
synthetisierter Kohlenwasserstoff-Teilchen diskutiert und Methoden zur ex-situ und in-situ
Charakterisierung von Nanoteilchen vorgestellt. Die Kenntnis der chemischen und physikalischen Eigenschaften der Teilchen ist wichtig, um auf den möglichen Einsatz in technischen
Anwendungen schließen zu können. Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist es, Teilchen mit
vorgegebener Größe zu erzeugen. Dazu werden die etablierten ex-situ und die in der Literatur vorgeschlagenen in-situ Methoden zur Vermessung von Teilchen kurz vorgestellt und
auf ihre Anwendbarkeit hin bewertet. Schließlich wird eine neue Methode basierend auf der
in Kapitel 3.3 erläuterten Plasmainstabilität vorgeschlagen und durch Vergleich mit ex-situ
Messungen kalibriert.
4.1
Physikalische und chemische Eigenschaften plasmasynthetisierter
Kohlenwasserstoff-Teilchen
Die Erzeugung von Kohlenwasserstoff-Teilchen im Plasma erfolgt aus einem Kohlenwasserstoff-Molekülgas. Als Quellgase kommen dabei z.B. Methan (CH4 ), Ethin bzw. Azetylen
(C2 H2 ), Ethen (C2 H4 ) [DAM+ 99] und Propen (C3 H6 ) [DTF+ 05] zum Einsatz. Die geläufigsten Gase sind dabei Methan und Azetylen. Die Teilchen die dabei im Plasma entstehen,
unterscheiden sich in ihrer Morphologie, ihrer Härte und ihrer chemischen Zusammensetzung. Zumeist findet man monodisperse, kugelförmige Teilchen, die unter hoher Auflösung
betrachtet eine blumenkohlartige Struktur aufweisen [SKB+ 05]. Die blumenkohlartige Struktur rührt aus dem Agglomerationsvorgang her: Bei der Zusammenlagerung von Protopartikeln kommt es zu einer unvollständigen Verschmelzung der Stoßpartner. Da es für die
Anlagerung von Prekursoren an die heranwachsenden Teilchen im Normalfall keine Vorzugsrichtung gibt, bleiben die Teilchen dabei kugelförmig. Dies entspricht auch dem energetisch
günstigsten und chemisch stabilsten Zustand.
Durch die Zusammenlagerung von Teilchen mit Durchmessern in derselben Größenordnung
sind die heranwachsenden Staubteilchen allerdings nicht perfekt symmetrisch. In elektrostatischen Feldgradienten kann es dann durch Polarisation zu einer parallelen Ausrichtung
der unsymmetrischen Teilchen kommen. Solche Feldgradienten findet man in Plasmarandschichten vor. In der Folge kommt es zum Wachstum von elongierte Staubteilchen, wie sie
von Hong im Experiment beobachtet wurden [HRW06]. Neben diesen Morphologien konnte
in anderen Materialsystemen, wie z.B. Siliziumwasserstoff, die Bildung von einkristallinen,
würfelförmigen Nanoteilchen erzielt werden [BAP+ 04]. Dazu muss durch die entsprechende
Wahl der Entladungsbedingungen eine hohe innere Temperatur der Staubteilchen erzielt
werden. Durch Untersuchungen mit hochauflösenden Rastertunnelmikroskopen (HRTEM)
liegen Hinweise vor, dass Protopartikel auch bei gewöhnlichen Entladungsbedingungen grö35
36
Kapitel 4 Charakterisierung der Teilchen
ßere kristalline Zonen aufweisen [VMB+ 02].
Bezüglich der chemischen Struktur von Kohlenwasserstoff-Nanoteilchen gibt es Ergebnisse
aus Raman- und Fourier-Transformations-Infrarot-Spektroskopie, aus denen man schließt,
dass die Eigenschaften denen aus dem Plasma abgeschiedener amorpher Kohlenwasserstoffschichten (a-C:H) entsprechen: Die Teilchen bestehen aus einem Netzwerk von sp2 - und
sp3 -Verbindungen, wobei die sp2 -Phase in Molekül-Clustern, -Ringen und -Ketten auftritt
[HW05]. Insbesondere beträgt die sogenannte nanokristalline Größe der Teilchen ca. 0,55–
0,85 nm, was Verbünden aus zwei bis vier Graphitringen entspricht, wie man sie auch in
a-C:H Schichten findet. Der Wasserstoffanteil liegt ebenfalls im für a-C:H Schichten typischen Bereich und beträgt typischer Weise ca. 30 %. Ellipsometrische Untersuchungen zeigen
dabei, dass das Material bei großen Teilchen nicht homogen ist, sondern die Teilchen aus
einem harten Kern mit einem Radius von bis zu 65 nm bestehen, der sich durch einen hohen
Brechungsindex auszeichnet (n ≈ 2,0−1,0i) und der von einer weicheren Schicht eingeschlossen ist, die entsprechend einen niedrigeren Brechungsindex aufweist (n ≈ 1,96 − 0,125i für
das Quellgas C2 H2 bzw. n ≈ 1,85 − 0,23i für CH4 ) [HRW06]. Grundsätzlich ist das Material
weicher, wenn es in einer wasserstoffreichen Atmosphäre erzeugt wird.
Die elektronischen und optischen Eigenschaften von Nanoteilchen werden in besonderer
Weise durch ihre Größe bestimmt: Ab einer Größe von einigen zehn Atomen kann man
die physikalischen Eigenschaften quantenmechanisch wie in einem Festkörper beschreiben.
Insbesondere existiert dann eine Bandstruktur, bei der die Bänder zunächst im Vergleich
zum Festkörpermaterial zu größeren Energien hin verschoben sind, und die mit steigender
Teilchengröße im Bereich einiger Nanometer in die Bandstruktur des Festkörpermaterials
übergeht. Bei Siliziumteilchen wurde die Verschiebung der Bänder experimentell ermittelt
[vDC+ 98]. Die Bandlücke von 2 nm großen Teilchen wurde dort mit etwa 1,8 eV angegeben,
gegenüber 1,17 eV im Festkörper. Die Tatsache, dass die Bandlücke von Nanoteilchen eine
Funktion ihrer Größe ist, stellt eine wichtige Motivation für die Herstellung von Teilchen
vorgegebener Größe dar.
4.2
Ex-situ Charakterisierung durch Mikroskopie
Die wichtigste Methode zur Vermessung der Teilchen ist die Mikroskopie, da sie eine direkte
Angabe der Größe ermöglicht. Dabei erreichen zwei verbreitete Verfahren die notwendige
Auflösung im Nanometerbereich: Rasterelektronenmikroskopie (REM) und Rasterkraftmikroskopie (AFM). Beide Verfahren werden in dieser Arbeit verwendet, um die Größe von
Teilchen ex-situ zu bestimmen.
Bei der Rasterelektronenmikroskopie wird die Probe mit einem Strahl hochenergetischer
Elektronen beschossen. Dabei kommt es zu verschiedenen Wechselwirkungen mit der Probe: Teilweise werden die Elektronen elastisch und inelastisch gestreut, teilweise treten sie
durch die Probe hindurch und teilweise werden Sekundärelektronen und Augerelektronen
aus dem Material ausgelöst, wobei durch letzteren Prozess Röntgenstrahlung entsteht. Durch
die Detektion der Wechselwirkungsprodukte ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, um
Informationen über den Aufbau der Probe zu erhalten. Eine Abbildung der Oberflächentopologie wird durch die Erfassung der Sekundärelektronen bei einer Abrasterung der Probe
mit dem Elektronenstrahl ermöglicht. Es können nur solche Sekundärelektronen die Probe verlassen und zum Detektor gelangen, die in den obersten Schichten abgelöst werden
[Joy00]. Die laterale Auflösung wird dabei durch die Ausdehnung des Elektronenstrahls an
der Probenoberfläche und die Beschussenergie festgelegt. Das Gerät, das für diese Arbeit
zur Verfügung steht, erreicht bei der niedrigsten Beschussenergie von 5 keV eine Auflösung
4.2 Ex-situ Charakterisierung durch Mikroskopie
37
von etwa 2 nm [Neu06]. Damit lassen sich Teilchen ab einem Durchmesser von etwa 15 nm
detektieren und vermessen. Kleinere Teilchen werden durch den Elektronenbeschuss so stark
beschädigt, dass sie sich nicht abbilden lassen.
Die Vermessung der Teilchen wird durch einen Algorithmus automatisiert: In den REMBildern ist der Rand der zweidimensionalen Projektion eines Teilchen als heller Saum erkennbar. Durch ein Schwellwertverfahren werden solche Ränder in geschlossene Linienzüge
umgewandelt. Anschließend werden Bildpixelanzahlen der zusammenhängenden Bereiche
ermittelt. Die Pixelanzahl P eines solchen Bereichs ist proportional zur Querschnittsfläche
eines Teilchens, so dass sich der Teilchenradius a auf einfache Weise berechnen lässt:
a=f·
√
P.
(4.1)
Der Kalibrierfaktor f ergibt sich dabei aus dem Maßstab der Aufnahme. Die Teilchendichte auf der Probe ergibt sich aus dem Verhältnis der detektierten Teilchenanzahl und der
abgebildeten Fläche.
Teilchen, die kleiner sind als 15 nm, lassen sich mit dieser Methode nicht vermessen. Proben, auf denen man solche Teilchen vermutet, werden daher mittels Rasterkraftmikroskopie
vermessen. Bei der Rasterkraftmikroskopie wird die Probe mittels eines Piezokristalls lateral unter einem Tastkopf geführt. Der Tastkopf wird mit einer Tastspitze beladen, die an
ihrem Ende einen Durchmesser von wenigen Nanometern besitzt. Die Oberseite der Spitze
wird von einem Laserstrahl beleuchtet und das reflektierte Licht von einem geteilten Photodetektor erfasst. Das Differenzsignal der beiden Teile des Photodetektors ist ein Maß für
die Verbiegung der Spitze. Zur Abrasterung der Oberflächentopologie einer Probe wird die
Verbiegung durch Nachführen der vertikalen Position des Probentellers auf einen Sollwert
geregelt. Bei entsprechend feiner Tastspitze kann mit diesem Verfahren eine nahezu atomare
Auflösung erreicht werden.
Der Nachteil des Verfahren ist, dass die Tastspitze in direktem Kontakt zur Probe steht. Es
zeigt sich, dass die Bindung der Nanoteilchen auf der Probenoberfläche so schwach ist, dass
die Teilchen an der Tastspitze hängenbleiben. Eine Vermessung der Teilchengröße ist auf diese Weise nicht möglich. Als Ausweg wird das Rasterkraftmikroskop im sogenannten nichtkontaktierenden Modus betrieben. Dabei wird als Regelgröße für die vertikale Probenposition
die Amplitude einer in Resonanz schwingenden Tastspitze verwendet. Die Schwingungsamplitude wird dabei wieder über den reflektierten Laserstrahl erfasst. Die freie Schwingungsamplitude beträgt typischerweise einige 10 nm. Durch van-der-Waals-Wechselwirkung verringert sich die Resonanzfrequenz der Tastspitze bei Annäherung an die Probe und in Folge
sinkt die Amplitude. Die dabei auf die Probe wirkende Kraft ist wesentlich kleiner als im
kontaktierenden Modus und auf der Probe befindliche Nanoteilchen können auf diese Weise
problemlos detektiert werden. Der zugängliche Größenbereich der Teilchen liegt zwischen 0,5
und 20 nm. Die Untergrenze ergibt sich aus dem Signal-Rausch-Verhältnis des Detektors.
Die Obergrenze wird durch die endliche Regelgeschwindigkeit der Probenposition bestimmt:
An Stufen, die größer als 20 nm sind, kommt es auch bei langsamen Abtastgeschwindigkeiten zu einem Kontakt der Spitze mit der Probe. Dabei kann die Spitze irreversiblen Schaden
nehmen.
Die weitere Verarbeitung der AFM-Bilder erfolgt in Analogie zu den REM-Aufnahmen. Da
in den Bildern z.T. Stufen auftreten, wird ein semi-automatischer Algorithmus verwendet,
bei dem der Benutzer die Teilchen auf den Bildern markiert. In der Umgebung der Teilchen werden dann jeweils der Median und das Maximum des Höhensignals berechnet. Die
Differenz entspricht dem Durchmesser des Teilchens.
38
4.3
Kapitel 4 Charakterisierung der Teilchen
In-situ Charakterisierung mit direkten Methoden
Für eine zuverlässige Prozesssteuerung bei der Plasmasynthese von Nanoteilchen benötigt
man inhärent eine in-situ Methode zur Bestimmung der Größe der im Plasma gefangenen
Teilchen. Idealerweise würde man die Größe während des laufenden Prozesses erfassen und
das Wachstum der Teilchen bei der vorgegebenen Zielgröße unterbrechen. Im Folgenden werden die existierenden Ansätze zur in-situ Bestimmung von Teilchengrößen kurz vorgestellt
und ihre Einsatzfähigkeit bewertet.
4.3.1
Lichtstreuung an Teilchen
Eine Klasse von Verfahren beruht auf der Lichtstreuung an Teilchen. Dabei wird ein Teil des
Plasmavolumens von einer externen Lichtquelle ausgeleuchtet und das Streulicht der Teilchen von einem Detektor erfasst. In der Regel wird als Lichtquelle ein linear polarisierter
Laserstrahl mit einer Wellenlänge λ im sichtbaren Bereich verwendet und das Streulicht unter einem oder mehreren Winkeln gemessen. Die Lichtstreuung an den Teilchen wird durch
die Rayleigh-Mie-Theorie beschrieben. Rayleigh-Streuung gilt für Teilchen, deren Durchmesser sehr viel kleiner als die Wellenlänge des Lasers ist. Die Intensität des Streulichts von
einem Teilchen mit dem Brechungsindex n und Radius a unter einem Winkel θ im Abstand
R senkrecht bzw. parallel zur Polarisationsrichtung ist dann:
16π 4 a6
I⊥ = I0 4 2
λR
16π 4 a6
Ik = I0 4 2
λR
n2 − 1
n2 + 2
2
n2 − 1
n2 + 2
2
,
(4.2)
cos2 θ.
(4.3)
Das gesamte vom Detektor erfasste Streulicht ist dann proportional zur Staubteilchendichte
und zu a6 . Rayleigh-Streuung kann z.B. verwendet werden, um die frühe Phase des Teilchenwachstums zu charakterisieren: Unterbricht man das Teilchenwachstum zu verschiedenen
Zeitpunkten durch Abschalten des Plasmas und bestimmt mit ex-situ Methoden die Teilchengröße, kann man auf die Dichte der Teilchen in der Entladung zurückschließen [BB93].
Allein durch Rayleigh-Streuung kann man die Größe der Teilchen allerdings nicht in-situ
bestimmen.
Ab einem Teilchendurchmesser von etwa 5% der Wellenlänge des Laserlichts setzt allmählich
Mie-Streuung ein. Durch Mie-Streuung wird der Polarisationszustand des reflektierten Lichts
geändert. Mit ellipsometrischen Verfahren kann man diese Änderung des Polarisationszustands erfassen und auf die Größe und den Brechungsindex der Streuzentren zurückschließen.
Einfache Verfahren erfassen das Streulicht unter verschiedenen Winkeln senkrecht und/oder
in der Polarisationsebene und berechnen aus den Verhältnissen der Signale die gesuchten
Größen [BB93; PG96b]. Intelligentere Verfahren bestimmen mit einem Ellipsometer explizit
die ellipsometrischen Winkel Ψ und ∆. Durch Anpassung der Parameter eines entsprechenden Modells für die Mie-Streuung findet man wiederum die gesuchten Größen [HW06]. Die
Methode funktioniert zuverlässig für Teilchen mit einem Radius größer als 25 nm. Für kleinere Teilchen ist die Interpretation der Daten schwierig und führt z.T. zu widersprüchlichen
Ergebnissen. Für Größen im Bereich weniger Nanometer ist Mie-Streuung zur Vermessung
der Teilchengröße nicht geeignet.
4.4 In-situ Charakterisierung mit indirekten Methoden
4.3.2
39
Weitere direkte Verfahren
Als weitere direkte Verfahren zur Vermessung von Teilchen kommen Massenspektrometrie,
laserinduzierte Elektronenablösung und Teilchenverdampfung in Frage. Massenspektrometrie ist dabei auf etwa 1000–2000 Atommassen begrenzt, was einem Teilchendurchmesser
von unter 1 nm entspricht. Bei der laserinduzierten Elektronenablösung werden Laserpulse
mit typischen Energien von einigen 10 mJ in das Plasmavolumen geschossen und die transiente, lokale Erhöhung der Elektronendichte gemessen [SSKd96]. Da die Menge der von den
Teilchen abgelösten Elektronen von vielen unbekannten Parametern, u.a. der Teilchendichte abhängt, kann man mit dieser Methode die Teilchengröße nicht bestimmen. Ähnliches
gilt für die laserinduzierte Verdampfung von Teilchen [BB94]. Bei dieser Methode werden
mittels energiereicher ns-Laserpulse im UV-Bereich Teilchen verdampft. Die dabei auftretende Bremsstrahlung im UV- und sichtbaren Bereich wird mit einem Spektrometer mit nsZeitauflösung erfasst und über das Spektrum integriert. Das Signal-Rausch-Verhältnis dieser
Methode ist für kleine Teilchen deutlich größer als bei der Rayleigh-Streumethode. Auch hier
sind jedoch Teilchendichte und Teilchengröße inhärent verknüpft. Außerdem ist ein hoher
experimenteller Aufwand nötig. Noch kaum erforscht ist die Möglichkeit, mit TerahertzSpektroskopie Rückschlüsse auf die Teilchengröße zu ziehen. Es besteht die Möglichkeit, dass
dielektrische Nanoteilchen Eigenmoden im Terahertz-Frequenzbereich aufweisen. Die Diagnostik dieser Moden mittels Terahertz-Spektroskopie wird gegenwärtig erforscht [ESS+ 06].
4.4
In-situ Charakterisierung mit indirekten Methoden
Für direkte Verfahren zur in-situ Bestimmung von Teilchengrößen ist der Größenbereich
unterhalb eines Teilchenradius von 25 nm damit nicht zugänglich. Die einzige Alternative
ist, indirekte Methoden zu verwenden, um auf die Teilchengröße zurückschließen.
Indirekte Verfahren zur Teilchencharakterisierung beruhen auf der Wechselwirkung der Teilchen mit dem Plasma. Die Plasmaparameter können empfindlich auf die Anwesenheit von
Teilchen reagieren, da die Ladungsbilanz des Plasmas erheblich beeinflusst wird. Insbesondere können sich Instabilitäten ausbilden, die man mit einfachen Mitteln beobachten kann. In
den folgenden Abschnitten wird gezeigt, wie durch die in Kapitel 3.3 beschriebene Plasmainstabilität Nanoteilchen im Plasma in-situ vermessen werden können. Anschließend werden
alternative Methoden erläutert, die in der Literatur vorgeschlagen wurden.
4.4.1
Teilchenvermessung mittels der Void-Instabilität
Führt man das in Kapitel 2.2 beschriebene Experiment für verschiedene Injektionszeiten von
Azetylen ∆tC2 H2 durch, stellt man fest, dass die Periodendauer der Plasmaoszillationen und
damit die Umlaufzeit des rotierenden Voids (vgl. Kapitel 6) in etwa linear mit ∆tC2 H2 skaliert. Für eine genauere Analyse werden die Teilchen durch Abschalten des Plasmas am Ende
des jeweiligen Versuchs auf Siliziumplättchen gesammelt. Die Proben werden anschließend
aus dem Reaktor geschleust und der ex-situ Analyse mittels Rasterelektronenmikroskopie
zugeführt (vgl. Kapitel 4.2). Die Ergebnisse sind in Abbildung 4.1 und Tabelle 4.1 zusammengestellt. Man erkennt, dass der mittlere Teilchendurchmesser mit steigender Injektionszeit zunimmt, während die Dichte der Teilchen auf den Proben sinkt. Größe und Dichte der
Teilchen skalieren dabei wie in Kapitel 2.4 beschrieben mit den für Agglomerationsprozesse
typischen Potenzen der Zeit (vgl. Abbildung 2.10). Die Korrelation der Umlaufzeit des Voids
40
Kapitel 4 Charakterisierung der Teilchen
⟨d⟩ = 23 nm
N = 95 µm-2
(a)
200 nm
∆ tCCP = 4 s
⟨d⟩ = 28 nm
N = 58 µm-2
(b)
200 nm
∆ tCCP = 8 s
⟨d⟩ = 44 nm
N = 11 µm-2
(c)
200 nm
∆ tCCP = 32 s
Bild 4.1: REM-Aufnahmen der auf Silizium-Proben gesammelten Teilchen bei einer Variation der
Dauer der kapazitiven Phase bzw. der Injektionsdauer von C2 H2 ∆tCCP = ∆tC2 H2 .
∆tCCP
2
2
4
8
16
32
Oszillations(s) periode (ms)
42
36
62
80
101
124
mittlerer Teilchendurchmesser (nm)
17.4
20.6
23.2
28.1
35.6
44.2
Tabelle 4.1: Gemessene Oszillationsperioden und mittlere Teilchendurchmesser bei einer Variation der Dauer der kapazitiven Phase bzw. der Injektionsdauer von C2 H2 (∆tCCP =
∆tC2 H2 ).
4.4 In-situ Charakterisierung mit indirekten Methoden
41
mittlerer Teilchendurchmesser / nm
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
0
20
40
60
80
100
120
140
Periodendauer / ms
Bild 4.2: Graphische Darstellung der Korrelation zwischen der mittleren Teilchengröße und der
Periodendauer der Plasmaoszillationen. Die Fehlerbalken geben die Schwankung der Periodendauer bzw. die Standardabweichung der gemessenen Größenverteilung an. Wie
durch die durchgezogene Linie veranschaulicht, wird der Zusammenhang in guter Näherung durch eine lineare Verknüpfung wiedergegeben.
mit der Teilchengröße ist in Abbildung 4.2 dargestellt. Man erkennt, dass die Umlaufzeit
eine Funktion der Teilchengröße ist. Im Rahmen der in Abbildung 4.2 dargestellten Messfehler lässt sich die Abhängigkeit der Umlaufzeit von der Teilchengröße durch eine lineare
Verknüpfung darstellen. Die Ursache für diesen linearen Zusammenhang konnte dabei im
zeitlichen Rahmen dieser Arbeit nicht endgültig geklärt werden: In Kapitel 6 wird anhand
experimenteller Daten der physikalische Mechanismus, der zu den Oszillationen führt, aufgeklärt. Dabei wird man feststellen, dass eine quantitative Modellierung der Phänomene mit
dem gegenwärtig verfügbaren Wissen über Plasmamodellierung extrem aufwändig ist. Ein
einfaches analytisches Modell zur Beschreibung der Zusammenhänge konnte nicht gefunden
werden.
Dennoch kann man die skizzierte Korrelation zwischen Umlaufzeit und Teilchengröße ausnutzen, um die Teilchengröße in einem Prozess zur Nanoteilchenerzeugung zu kontrollieren:
Die Teilchengröße ergibt sich aus dem Wachstumsprozess während der kapazitiven Phase
des Experiments (vgl. Kapitel 2). Durch externe Parameter, wie z.B. die Injektionsdauer des
Azetylen oder der Umschaltzeitpunkt in den induktiven Modus, kann der Wachtumsprozess
justiert werden, so dass Nanoteilchen der gewünschten Größe entstehen. Die Plasmaoszillationen im induktiven Modus können dann dazu verwendet werden, um die Teilchengröße
zu messen. Dazu muss einmal eine Kalibrierkurve mittels ex-situ Vermessung der Teilchen
erzeugt werden. Danach kann die Diagnose der Teilchengröße in-situ erfolgen und der Herstellungsprozess kann ohne weitere ex-situ Kalibrierungen optimiert werden. Anschließend
kann die Korrelation routinemäßig verwendet werden, um die Größe der Nanoteilchen, die
aus dem Herstellungsprozess hervorgehen, zu kontrollieren und die Parameter des Prozesses
ggf. nachzuregeln.
4.4.2
Messungen der Plasmaimpedanz
Eine alternative Methode ist die Bestimmung der Teilchengröße durch die direkte oder indirekte zeitaufgelöste Messung der Plasmaimpedanz. Dabei wird eine Strom-Spannungssonde
42
Kapitel 4 Charakterisierung der Teilchen
zwischen dem Anpassnetzwerk und der getriebenen Elektrode eingebracht und das Fourierspektrum der gemessenen Spannung bzw. des gemessenen Stroms analysiert [SHW04]. In
azetylenhaltigen Plasmen beobachtet man beim Einsetzen der Agglomeration einen Sprung
in der Plasmaresistivität, gefolgt von einer Relaxation mit einer Zeitdauer im Bereich mehrerer Sekunden. Für eine Diagnostik der heranwachsenden Teilchen genügt es, die Signaländerungen einer einzelnen Harmonischen der gemessenen Spannung zu verfolgen. In der
Literatur findet man derartige Messungen an kohlenwasserstoffhaltigen Plasmen [SHW04]
und silanhaltigen Plasmen [BGH+ 01]. Das größte Problem dieser Diagnostik ist die starke
Abhängigkeit der Plasmaimpedanz von externen Parametern. Abgesehen von den internen
Plasmaparametern hat z.B. der Zustand der Kammerwände einen entscheidenden Einfluss.
Eine Kalibrierung dieses Verfahren ist daher nur schwer durchzuführen.
4.4.3
Weitere Plasmainstabilitäten
In Kapitel 3.3 wurde diskutiert, dass in elektronegativen Entladungen Anlagerungsinstabilitäten auftreten können, bei denen eine Modulation der Plasmaparameter im Frequenzenbereich einiger kHz statt findet. Tatsächlich ist in silanhaltigen Plasmen eine solche Instabilität gefunden worden, die eben genau dann einsetzt, wenn die kritische Protopartikeldichte
für Agglomeration erreicht wird [CJR+ 06; CMPB06]. Die Modulation der Plasmaparameter
wurde dabei mittels einer Strom-Spannungssonde erfasst, die zwischen dem Anpassnetzwerk
und der getriebenen Elektrode eingebracht wird. Die Instabilität endet zu einem relativ frühen Zeitpunkt der Agglomeration. Die Teilchen haben dann einen mittleren Radius von etwa
6 nm [CMPB06]. Zusammen mit der zeitlichen Entwicklung der Frequenz der Instabilität
kann man mit dieser Methode im Prinzip die Agglomeration direkt bei der gewünschten
Teilchengröße durch Abschalten der Entladung unterbrechen. Der für eine solche Messung
zugängliche Größenbereich von 2 bis 6 nm Teilchenradius ist für viele Anwendungen interessant. Das größte Problem dieser Methode ist die starke Abhängigkeit der Frequenz der
Instabilität von externen Parametern, wie z.B. der Prekursorgasdichte. Daher ist unklar,
wie häufig das Verfahren mit aufwändigen ex-situ Messungen rekalibriert werden muss. Zu
prüfen ist ferner, ob sich das Verfahren auf andere Materialsysteme übertragen lässt.
Zuletzt soll ein exotisches Verfahren zur Bestimmung der Teilchengröße Erwähnung finden,
das von Kortshagen vorgeschlagen wurde [Kor97]. Kortshagen stellt fest, dass die Dispersionsbeziehung der staub-akustischen Plasmawelle von der Teilchenmasse abhängt. Regt man
eine solche Welle mit einer intrusiven Methode an, müsste ein Empfänger, der die Welle in
einigen Millimeter Entfernung vom Sender aufnimmt, eine Phasendifferenz messen, die eine
eineindeutige Abhängigkeit vom Teilchenradius aufweist. Der Größenbereich, der für diese
Methode zugänglich ist, ist durch die Dämpfung der Welle begrenzt, die mit dem Teilchenradius zunimmt. Experimentell konnte diese Überlegung bisher nicht bestätigt werden.
5. Plasmadiagnostik
Wie in Kapitel 4.4.1 beschrieben, gelingt es durch die Beobachtung einer Oszillation im partikelhaltigen ICP auf die Größe der im Plasma gefangenen Nanoteilchen zurückzuschließen.
Die physikalischen Ursachen dieser Instabilität und der Verknüpfung der Oszillationsperiode
mit der Teilchengröße ist a priori nicht bekannt. Zur Klärung bedarf es daher einer experimentellen Analyse. Im Folgenden werden Methoden der Plasmadiagnostik diskutiert, mit
deren Hilfe das stationäre und das oszillierende Plasma untersucht werden (vgl. Kapitel 6).
Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Langmuir-Sonde gerichtet, für die im Rahmen
dieser Arbeit ein neues Auswerteverfahren entwickelt wurde.
5.1
Langmuir-Sondenmessungen
5.1.1
Aufnahme der Strom-Spannungs-Charakteristik
Mit einer Langmuir-Sonde kann die Elektronen-Energieverteilungsfunktion (EEDF) direkt
gemessen werden. Dazu wird eine elektrisch leitende Sonde in das Plasma eingebracht, mit
einer Spannung beaufschlagt und der Strom, der durch die Sonde zur Systemmasse fließt,
gemessen. Messungen bei verschiedenen Spannungen werden zu einer Strom-SpannungsCharakteristik, der sogenannten Sondenkennlinie, zusammengesetzt. In dieser Arbeit wird
Tiefpass
FloatingpotentialImpedanzwandler
v=1
Sondenstrom
Rampen-
(Messbereich
spannung
HF-Bandsperre 1 µA bis 100 mA) (-80 V bis 80 V)
Floatingspannung
(0 V bis 320 V)
Plasma
Ein- und ausfahrbare
Sondenspitze
16 Bit
16 Bit
12 Bit
PC-System (galvanisch getrennt)
Bild 5.1: Elektrisches Ersatzschaltbild der Langmuir-Sonde. Die Abbildung ist der Bedienungsanleitung des Sondensystems APS3 entnommen [Dei07].
43
44
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
das Sondensystem APS3 verwendet ([SFAP01]), das als Sonde einen Wolframdraht mit 50
µm Durchmesser besitzt, der 5 mm aus einem Glasröhrchen (∅ = 1 mm, Länge 10 mm) heraussteht. Das Glasröhrchen führt den Draht durch eine zusätzliche Sonde auf den Innenleiter
eines koaxialen Heizleiters, der in einem Keramikrohr liegt. Das Keramikrohr ist von einem
Membranbalg umgeben und mit einem Schlitten verbunden, der von einem Riemenantrieb
verfahren werden kann. Auf diese Weise wird der Messkopf im Plasma in einem Abstand
im Bereich von 0 bis 20 cm von der Kammerwand positioniert. In Abbildung 5.1 ist das
elektrische Ersatzschaltbild der Anordnung dargestellt. Man sieht, dass sich der Stromkreis
über die Erdung des Reaktors schließt. In diesem Experiment ist die Reaktorkammer aus
Edelstahl gefertigt, so dass in der Regel ein guter Kontakt zwischen Plasma und Systemmasse gewährleistet ist und die Störung des Plasmas durch den Sondenstrom vernachlässigbar
ist. Wird die Kammerwand durch den Betrieb der azetylenhaltigen Entladung allerdings
vollständig mit einer Kohlenwasserstoff-Schicht belegt, wirkt dies wie ein zusätzlicher Widerstand im Sondenstromkreis und im Extremfall muss für die Messung eine zusätzliche
Erdungssonde in das Plasma eingeführt werden. In den Experimenten zur Teilchenerzeugung ist die Zeit der Reaktivgaszufuhr kurz genug, um diese Komplikation zu vermeiden.
Eine Besonderheit der experimentellen Anordnung gemäß Abbildung 5.1 ist die Verwendung
zweier Spannungsquellen zur Erzeugung der Sondenspannung. Mit der ersten Quelle ist es
möglich, die Sonde gegenüber der Systemmasse vorzuspannen. Die Spannung wird wahlweise auf einen festen Wert eingestellt oder zwischen den Messungen durch eine Analogschaltung auf die Spannung der zusätzlichen Sonde geregelt, die das Floatingpotential misst.
Die zusätzliche Sonde wird im Folgenden daher als Floatingsonde und die Spannungquelle als Floatingspannungsquelle bezeichnet. Die Floatingsonde dient zusätzlich zur passiven
Kompensation der HF-Modulation des Plasmapotentials. Dazu ist sie elektrisch mit dem
Außenleiter des koaxialen Heizleiters verbunden, so dass sich eine kapazitive Kopplung an
die Messsonde ergibt, die mit dem Innenleiter verbunden ist. Die Messsonde ist wiederum
durch Bandsperren, die auf die Anregungsfrequenz des Plasmas (13,56 MHz) und die ersten
vier Harmonischen abgestimmt sind, von der Messelektronik entkoppelt. Für die Messung
der Strom-Spannungs-Charakteristik wird die Spannung der zweiten Quelle in einem vorgegebenen Bereich von maximal ±80 V schrittweise erhöht. Die zweite Quelle wird daher als
Rampenspannungsquelle bezeichnet. Auf jeder Spannungsstufe erfolgt eine Strommessung
über einen Messwiderstand. Zusätzlich wird der aktuelle Wert der Floatingspannungsquelle
gemessen und damit der Offset der Rampenspannung gegenüber Systemmasse bestimmt.
Die Einstellung der Rampenspannung bzw. die Messung des Spannungsabfalls am Messwiderstand und der Floatingspannung erfolgt durch einen Digital-Analogwandler mit 16 Bit
Auflösung bzw. durch Analog-Digitalwandler mit 16 Bit bzw. 12 Bit Auflösung. Das Messsystem lässt sich mit Hilfe eines Computerprogramms bedienen, das in [Sch04] detailliert
beschrieben ist.
Zur Analyse der Strom-Spannungs-Charakteristik benötigt man ein physikalisches Modell
der Messung. Dazu betrachtet man die Randschicht, die sich bei gegebener Sondenspannung Up gegenüber dem Plasma um die Messsonde ausbildet. Unter Vernachlässigung von
Stößen in dieser Randschicht sowie von Sekundärelektronenemission durch die Sonde kann
man den Sondenstrom Ip bei gegebenen Plasmaparametern mit Hilfe der OML-Theorie beschreiben (vgl. Kapitel 3.1.1). In den Experimenten in Kapitel 6 wird ausschließlich bei
niedrigen Drücken im Bereich einiger Pascal gearbeitet, so dass die Annahme einer stoßfreien Randschicht für den durch Elektronen getragenen Strom hinreichend gegeben ist.
Das OML-Modell führt in diesem Fall auf die Druyvesteyn-Beziehung, welche die zweite
Ableitung des Stroms explizit mit der EEDF des umgebenden Plasmas verknüpft. Aus den
Momenten der EEDF kann man u.a. die Elektronendichte und die mittlere Elektronenenergie
am Ort der Messung bestimmen (vgl. Kapitel 5.1.3). Für den Ionenstrom treffen die Nähe-
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
45
rungen der OML-Theorie in der Praxis nicht zu. In dieser Arbeit wird daher eine allgemeine
Parametrisierung des Ionenstroms verwendet, deren Parameter nicht unmittelbar mit den
Plasmakenngrößen verknüpft sind. Eine ausführliche Diskussion alternativer physikalischer
Modelle findet sich etwa in [SS70].
In der Praxis sind die gemessenen Kennlinien mit Rauschen behaftet und die berechneten
Parameter sind als Schätzwerte für die tatsächlichen Plasmaparameter aufzufassen. Insbesondere wird die zweite Ableitung des Elektronenstroms nicht explizit gemessen, sondern
muss aus der verrauschten Kennlinie geschätzt werden. Eine weit verbreitete Methode hierfür
ist eine lineare Filterung der Kennlinie und anschließendes zweimaliges numerisches Differenzieren. Eine lineare Filterung lässt sich durch Faltung der Kennlinie mit einer Filtercharakteristik beschreiben. Die meisten Auswerteverfahren arbeiten dabei mit einer konstanten
Breite dieser Charakteristik. Eine Langmuirsondenkennlinie besitzt aber verschiedene Bereiche, die sich hinsichtlich ihrer Dynamik stark unterscheiden. Eine Filterung mit konstanter
Charakteristik wird den Eigenschaften der Kennlinie nicht gerecht und kann zu erheblichen
systematischen Fehlern der geschätzten Plasmaparameter führen [G0̈6]. Darüber hinaus bieten die in der Literatur beschriebenen Filterverfahren keine statistische Behandlung der
ausgewerteten Größen. Im Rahmen der Arbeiten von Gälger [G0̈6], Wenig [Wen06] und der
vorliegenden Arbeit wird ein Verfahren entwickelt, das ein adaptives Filter auf die Auswertung der gemessenen Kennlinien anwendet und Schätzwerte für die statistischen Fehler der
Ergebnisse angibt. Dieses Verfahren wird im Folgenden vorgestellt.
5.1.2
Statistisches Modell der Messung
Statistisch gesehen besteht das Filterproblem darin, aus einer endlichen Anzahl mit Rauschen behafteter Datenpunkten einen Schätzer für die den Daten zugrundeliegende, wahre
Funktion zu finden. Als Funktion wird in diesem Zusammenhang der unverrauschte Strom
auf die Sonde in Abhängigkeit des Sondenpotentials gegenüber der Systemmasse angesehen.
Da aus dem Sondenstrom bzw. seiner zweiten Ableitung die nicht parametrisierte EEDF
berechnet werden soll, wird für diese Funktion kein parametrisches Modell vorgegeben. Mathematisch gesehen entspricht die Filterung daher einer sogenannten nichtparametrischen
Regression.
Für die Messdaten wird das folgende statistische Modell formuliert (vgl. [Wen06]):
Ii (Ui ) = m (Ui ) + M essf ehler, i = 1 . . . N,
(5.1)
wobei die Ii den N Messwerten zu den Sondenpotentialen Ui gegenüber Systemmasse entsprechen und die Funktion m (u) das Sondenpotential auf den unverrauschten Sondenstrom
abbildet. Man beachte, dass im physikalischen Modell das Sondenpotential Up auf das Plasmapotential Upl bezogen ist, während sich bei der Messung das Sondenpotential U dem
Aufbau der Messapparatur entsprechend stets auf die Systemmasse bezieht. Gleichung 5.1
geht von einem additiven Messfehler aus, wobei sich der Begriff Messfehler in diesem Zusammenhang auf eine Zufallsgröße bezieht, deren Stichprobe stochastisch unabhängig sein soll.
In der Signalverarbeitung wird ein solcher Messfehler auch als additives, weißes Rauschen
bezeichnet, wobei dann zusätzlich vorausgesetzt wird, dass der Messfehler der Normalverteilung genügt. Die folgenden Ausführungen gelten hingegen unabhängig von der Form der
Verteilungsfunktion.
In der Praxis setzt sich der Messfehler aus vielen verschiedenen Rauschprozessen zusammen.
Diese Prozesse können teilweise korreliert sein, also von der Historie der Messung abhängen.
Typische Beispiele dafür sind Instabilitäten der Leistungseinkopplung durch sogenanntes
Netzbrummen des Generators oder etwa eine Schwankung der Floatingspannungsquelle. Sol-
46
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
che Prozesse lassen sich durch geeignete konstruktive Maßnahmen unterdrücken und werden
daher bei der Auswertung der Kennlinien vernachlässigt. Die Messdaten (Ui , Ii ) entsprechen
damit der Stichprobe einer zweidimensionalen, unabhängigen Zufallsgröße (U, I). Die wahre
Funktion m (u) bzw. der unverrauschte Sondenstrom entspricht dem bedingten Erwartungswert von I bei gegebenem Sondenpotential U = u,
m (u) = E [I|U = u] ,
(5.2)
σ 2 (u) = Var [I|U = u] .
(5.3)
mit der bedingten Varianz
Die Varianz ist ein Maß für das Rauschen bzw. die Messfehler. Diese ist nicht bekannt,
sondern muss aus den Daten geschätzt werden. In der Regel ist die Varianz abhängig vom
eingestellten Sondenpotential, da es Rauschprozesse gibt, deren Varianz vom Messwert abhängt. Dies ist z.B. beim Schrotrauschen der Fall [M9̈0]. Man spricht in diesem Zusammenhang vom heteroskedastischen Fall. Um die Ableitung des Filters einfach zu halten, wird
zunächst von gleichförmigem Rauschen ausgegangen, dessen Varianz vom Sondenpotential
unabhängig ist, also σ 2 (u) = σ 2 . Dies entspricht dem sogenannten homoskedastischen Fall.
Die Schätzer der Funktion m (u) und ihrer Ableitungen m(ν) (u) werden im Folgenden mit
m̂ (u) und m̂(ν) (u) bezeichnet. Die Wahl der Filtermethode hängt von den Anforderungen
ab, die sich aus den Eigenschaften der Zufallgrößen ergeben. Im Folgenden werden daher
zunächst ein physikalisches Modell für den Sondenstrom m (u) entwickelt und die Zusammenhänge mit den zu bestimmenden Plasmaparametern erläutert. Anschließend wird das
Auswertungsverfahren vorgestellt.
5.1.3
Physikalisches Modell des Sondenstroms
In Niederdruckplasmen lassen sich die Plasmateilchenströme auf eine Langmuirsonde in guter Näherung aus der OML-Theorie ableiten, die auch für die Berechnung der Ströme auf
ein Staubteilchen angewandt wird (vgl. Kapitel 3.1.1). In Zylindergeometrie trifft man die
zusätzliche Annahme, dass die Länge der Sonde Lp sehr viel größer als ihr Radius Rp ist.
Die Geschwindigkeit eines Ladungsträgers an der Schichtkante wird dann in zylindrische
Koordinaten vs,r , vs,t und vs,z zerlegt. Für Ladungsträger, die auf die Sonde treffen, gelten
dann die Einschränkungen gemäß Gleichungen (3.2) und (3.3). Für den Teilchenstrom einer
Ladungsträgersorte k mit der Ladung qk und der Masse mk auf die Sonde unterscheidet
man entsprechend Gleichung (3.2) zwischen einem anziehenden bzw. einem abstoßenden
Sondenpotential und spricht entsprechend von Anlaufstrom bzw. Sättigungsstrom. Die Integration einer isotropen Geschwindigkeitsverteilung fv ,k über den Geschwindigkeitsraum
und die Oberfläche der Schichtkante ergibt:
vs,t,max
Z∞
Z
Z∞
Ip,k = −qk As
vs,r fv ,k (vs,r ,vs,t ,vs,z ) dvs,z dvs,t dvs,r ,
(5.4)
vs,r =vs,r,min vs,t =−vs,t,max vs,z =−∞
wobei As = 2πrs Lp die Mantelfläche eines Kreiszylinders mit dem Radius der Randschicht
rs und der Länge der Sonde Lp ist. Für den Fall einer Isotropen Geschwindigkeitsverteilung
und einer dicken Randschicht (rs Rp ) lässt sich der Ausdruck auf die folgenden einfachen
Integrale reduzieren:

R∞
2qk Up


v 3 fv,k dv,
−qk Up ≤ 0
−q
A
π
1
−

mk v 2
 k p v=vs,r,min
!
Ip,k =
q
r
∞
R

1
k Up
k Up


2
− 2q
+ 1 − 2q
arcsin
v 3 fv,k dv, −qk Up > 0,
2q U
−qk Ap
mk v 2
mk v 2
1− k 2p
v=0
mk v
(5.5)
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
47
wobei Ap = 2πRp Lp die Mantelfläche der Zylindersonde ist. Für den Fall einer MaxwellBoltzmann-Verteilung gilt:

q
−qk Ap nk kB Tk exp −qk Up ,
−qk Up ≤ 0
q 2πmk qkB Tk
q
Ip,k =
(5.6)
−qk Up
−qk Up
−qk Up
−qk Ap nk kB Tk √2
+
exp
erfc
,
−q
U
>
0.
k
p
2πmk
kB Tk
kB Tk
kB Tk
π
Kennt man den Strom einer Ladungsträgerspezies auf die Sonde, kann man Gleichungen
(5.5) und (5.6) dazu verwenden, um auf die Plasmaparameter zurückzuschließen. Dabei ist
die erste Gleichung unabhängig von der Form der EDF anwendbar. Insbesondere erhält man
durch zweimaliges Differenzieren und Auflösen nach fE,k (E) = 4πm−1
k vfv,k für den Bereich
−qk Up ≤ 0 die sogenannte Druyvesteyn-Beziehung [Dru30]:
√
8mk E d2 Ip,k , E ≥ 0.
(5.7)
fE,k (E) =
Ap e3
dUp2 U =E/q
p
k
Die EDF kann also direkt aus der zweiten Ableitung des Stroms auf die Sonde bestimmt
werden. Die Ladungsträgerdichte und die mittlere Energie ergeben sich aus den Momenten
der EDF:
Z∞
µl,k =
E l fE,k (E) dE,
(5.8)
0
nk = µ0 ,
µ1
hEk i = .
µ0
(5.9)
(5.10)
Zur späteren Berechnung (vgl. Kapitel 5.1.5 und 5.1.9) setzt man die Druyvesteyn-Beziehung
ein und bezieht das Potential auf Systemmasse:
ZUpl
l+1/2
(Upl − U )
φl,k =
±∞
√
µl,k = el
−8mk qk
φl,k ,
Ap e2
d2 Ip,k dUp2 U
dU,
(5.11)
p =U −Upl
(5.12)
wobei das Plus-Zeichen in der unteren Integrationsgrenze für positive und das Minus-Zeichen
für negative Ladungsträger einzusetzen ist.
5.1.4
Grundsätzliche Vorgehensweise bei der Kennlinienauswertung
Wie im vorangegangenen Kapitel erläutert, addieren sich die Ströme der verschiedenen Ladungsträger zum gesamten Sondenstrom. Eine exakte Aufspaltung des Sondenstroms in die
Beiträge der einzelnen Spezies mit dem Modell gemäß Gleichung (5.5) ist daher nicht möglich. Die Kennlinie ist jedoch in verschiedene Abschnitte unterteilt (vgl. Abbildung 5.2)
und man kann für einen großen Bereich den Beitrag durch den Ionenstrom gegenüber dem
Elektronenstrom vernachlässigen. Dies betrifft den gesamten Bereich des Elektronensättigungsstroms und einen Teil des Elektronenanlaufstroms und beruht darauf, dass die Masse
der Elektronen um mindestens drei Größenordnungen kleiner ist als die der leichtesten Ionen. Bei einem stark negativen Sondenpotential gegenüber dem Plasma werden hingegen
48
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
60
Argon, ne = 5 · 1017 m−3 , T e = 3 eV
50
I p / mA
40
30
20
Ionensättigungsstrombereich
Elektronensättigungsstrombereich
Elektronenanlaufstrombereich
10
0
−10
Ufl
−5
0
5
Upl
10
15
20
25
30
U / V = U p + Upl / V
Bild 5.2: Theoretische Strom-Spannungs-Charakteristik eines Argonplasmas gemäß Gleichung
(5.6). Bei der gestrichelten Kurve ist zu den Stromwerten der Modellkennlinie weißes
Rauschen mit einer Standardabweichung von σ = 1 mA addiert.
die meisten Elektronen von der Sonde ferngehalten und der Strombeitrag der Ionen überwiegt. Messdaten in diesem Bereich der Sondenkennlinie kann man dazu verwenden, um
ein parametrisches Modell für den Ionenstrom anzupassen (vgl. Kapitel 5.1.5). Auf diese
Weise erhält man näherungsweise den Ionenstrom für die gesamte Kennlinie. Zieht man den
Ionenstrom von der Kennlinie ab, um den Elektronenstrom zu erhalten, spricht man von
einer Ionenstromkorrektur. Für die statistische Behandlung ist es jedoch vorteilhaft, den
Sondenstrom zunächst im gesamten Bereich als Elektronenstrom aufzufassen und die Auswertung im Nachhinein zu korrigieren (vgl. Kapitel 5.1.9). Dies bedeutet im Einzelnen, dass
man Schätzer für die zweiten Ableitungen des gesamten Sondenstroms und des Ionenstroms
berechnet und aus der Differenz mittels der Druyvesteyn-Beziehung die EEDF berechnet.
Schätzer für die Momente der EEDF erhält man dadurch, dass man Gleichung (5.11) ebenfalls getrennt auf die zweiten Ableitungen des gesamten Sondenstroms und des Ionenstrom
anwendet und danach die Differenz bildet.
Voraussetzung für die Anwendung von Gleichungen (5.7–5.12) ist die Kenntnis des Plasmapotentials. Um dieses zu bestimmen, nutzt man aus, dass Gleichung (5.5) für alle Ladungsträgersorten einen Krümmungswechsel besitzt. Gleichung (5.5) ist zwar an sich nicht nach Up
differenzierbar, dies liegt aber daran, dass die Voraussetzung einer dicken Randschicht in der
Umgebung des Plasmapotentials nicht gegeben ist. Eine physikalisch sinnvolle Lösung des
Sondenstroms ist in jedem Fall beliebig oft stetig-differenzierbar. Unter der Voraussetzung,
dass Gleichung (5.5) nur in einer hinreichend kleinen Umgebung des Plasmapotentials verletzt ist, erhält man einen guten Schätzer für das Plasmapotential aus dem Nulldurchgang
der zweiten Ableitung des Sondenstroms.
Ein letzter wichtiger Aspekt betrifft die Validierung des Auswertungsverfahrens. Dazu verwendet man Modellkennlinien, die mit Gleichung (5.6) erzeugt werden. Die Modellkennlinien
werden mit weißem Rauschen beaufschlagt und anschließend ausgewertet. In Abbildung 5.2
ist beispielhaft eine solche Modellkennlinie für ein Argonplasma gemäß Gleichung (5.6) mit
und ohne Rauschen dargestellt. Den systematischen und den statistischen Fehler der Schätzer für die Plasmaparameter erhält man dadurch, dass man das Verfahren einige tausend
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
49
mal wiederholt und die Mittelwerte und die Varianzen der Schätzer mit den Ausgangswerten
bzw. der geschätzten Varianzen vergleicht. In den folgenden Kapiteln wird die Auswertung
von Sondenkennlinien nach dem in den Arbeiten von Gälger [G0̈6], Wenig [Wen06] und
dieser Arbeit entwickelten Verfahren vorgestellt.
5.1.5
Ionenstromkorrektur
Zunächst wird die Behandlung des Ionenstroms erläutert, aus der sich wie in Kapitel 5.1.4
beschrieben die Ionenstromkorrektur ergibt. Der systematische Fehler dieser Korrektur wird
maßgeblich von der Qualität des Modells für den Ionenstrom bestimmt. Der Strom gemäß der
OML-Theorie (Gleichung 5.6) stellt dabei eine schlechte Näherung dar. Dies liegt zum einen
daran, dass man für die Beschreibung des Ionenstroms auf die Sonde auch in Niederdruckplasmen Stöße mit Neutralteilchen in der Randschicht um die Sonde nicht vernachlässigen
kann. Zum anderen ist die Ionengeschwindigkeitsverteilung an der Schichtkante nicht isotrop, weil die Ionen in der Vorschicht auf die Bohmgeschwindigkeit beschleunigt werden. Ein
weiterer Grund besteht in der endlichen Länge der Zylindersonde. Je größer das Sondenpotential gegenüber dem Plasma ist, desto dicker ist die Randschicht um die Sonde und desto
schlechter trifft die Näherung einer kreiszylindrischen Geometrie zu [JSB85]. Tatsächlich
existiert keine allgemeingültige Parametrisierung des Ionenstroms, die alle Effekte adäquat
berücksichtigt. Um den Preis, dass der Bezug zu physikalischen Größen teilweise verloren
geht, hat sich die Beschreibung des Ionenstroms mittels einer allgemeinen Potenzfunktion
durchgesetzt [KS99]. In dieser Arbeit wird dazu folgende Darstellung gewählt:
(
exp (b0 ) (−Up )b1 , Up < 0
Ip,i (Up ) =
(5.13)
0,
Up ≥ 0,
wobei b0 und b1 freie Parameter sind, die aus dem Ionensättigungsstrombereich mit der
Methode der kleinsten Quadrate aus den ersten Nion Datenpunkten geschätzt werden:
Nion b1 X
Ii − exp (b0 ) − Ui − Ûpl
→ min!.
(5.14)
i=1
Die Werte Ui sind die vom Messsystem vorgegebenen Spannungswerte und damit wie oben
erläutert auf Systemmasse bezogen. Die Anzahl der Datenpunkte wird so gewählt, dass
die größte Spannung Ui einen Abstand von einigen kB T̂e /e vom Plasmapotential besitzt,
wobei kB T̂e ein Schätzer für die effektive Elektronentemperatur kB Te = 2/3 hEe i darstellt.
Der genaue Wert von T̂e ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Wichtig ist vielmehr,
dass der Schätzer seinerseits eine geringe Standardabweichung aufweist (siehe unten). In der
Implementierung wird T̂e daher mittels einer Näherungsformel aus den Schätzern für das
Plasmapotential und das Floatingpotential berechnet [LL05]:
kB T̂e =
eÛpl − eÛfl
.
3,3 + 0,5 ln (mi /u)
(5.15)
In der Praxis hat sich ein Abstand von 6kB T̂e /e vom Plasmapotential für die Wahl von Nion
als sinnvoll erwiesen.
Bei Gleichung (5.14) handelt es sich um ein nichtlineares kleinste-Quadrate Problem. Eine
erschöpfende Behandlung solcher Probleme und ihrer Statistik findet man in der Literatur
(vgl. [SW03] und [BW88]). Die Anwendung auf die Schätzung des Ionenstroms ist ausführlich
in der Arbeit von Wenig beschrieben (vgl. [Wen06]). Im Folgenden werden die Ergebnisse
50
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
von Wenig dargestellt, die für die statistisch korrekte Ionenstromkorrektur der Momente der
EEDF benötigt werden.
Die Lösung von Gleichung (5.14) lässt sich auf Grund der Nichtlinearität nicht analytisch
darstellen und wird daher numerisch mittels des Gauß-Newton-Verfahrens berechnet. Dazu
wird Gleichung (5.14) zunächst in Matrix-Vektor-Notation dargestellt:
|I ion − ξ (b)|2 → min!,
(5.16)
mit dem Vektor der Strommesswerte I ion = (I1 , . . . , Ini )T , dem Vektor der theoretischen
T
Stromwerte ξ (b) = Ip,i U1 − Ûpl , . . . , Ip,i UNion − Ûpl
und dem Koeffizientenvektor
b = (b0 , b1 )T . Ausgehend von Startwerten b0 konstruiert das Gauß-Newton-Verfahren nun
aus dem folgenden linearisierten kleinste-Quadrate Problem eine Folge von Koeffizienten bi ,
die für gut gewählte Startwerte gegen die Lösung b̂ des nichtlinearen Problems konvergiert:
|I ion − ξ (bi ) − V (bi ) δ i |2 → min!,
(5.17)
wobei V (bi ) = (∂/∂b) ξ (bi ) die Jakobi-Matrix von ξ (b) und δ i = bi+1 − bi der zu bestimmende Korrekturterm für den Koeffizientenvektor ist. Die Lösung des linearen kleinsteQuadrate Problems (5.17) lautet:
δi = V TV
−1
V T (I ion − ξ (bi )) .
(5.18)
Zur Bestimmung der Startwerte b0 wird das kleinste-Quadrate Problem für die logarithmierten Stromwerte aufgestellt:
|ln (−I ion ) − ln (−ξ (b0 ))|2 → min!,
(5.19)
wobei die Logarithmusfunktion ln (.) in dieser Schreibweise auf die einzelnen Komponenten der Vektors (.) angewendet werden soll. Die logarithmierten Stromwerte sind lineare
Funktionen der Sondenspannung. Gleichung (5.19) lässt sich daher durch eine einfache Matrixinvertierung lösen. Man beachte, dass die Koeffizienten b0 nicht als Schätzwerte für das
Ionenstrommodell verwendet werden können, da durch die Logarithmierung der Fehlerterm
des statistischen Modells falsch behandelt wird. D.h. die Lösung, die die Summe der Fehlerquadrate des logarithmierten Problems minimiert, minimiert nicht zwangsläufig die Summe
der Fehlerquadrate des ursprünglichen, nichtlinearen Problems [BW88]. Die Werte b0 liegen
aber in aller Regel genügend nahe an b̂, so dass das Gauß-Newton-Verfahren konvergiert.
Für die statistische Auswertung benötigt man das Verteilungsergebnis der Schätzer b̂. Da
b̂ iterativ bestimmt wird, gibt es keine analytischen Ausdrücke für den Erwarungswert und
die Standardabweichung. Man kann aber zeigen, dass die Schätzer b̂ asymptotisch erwartungstreu und normalverteilt sind. Je größer die Anzahl an Datenpunkten Nion , desto näher kommt die tatsächliche Verteilung der Schätzer dem asymptotischen Ergebnis. Für die
Varianz-Kovarianz-Matrix der asymptotischen Verteilung gilt
h i
−1
Var b̂ = σ 2 V T V
(5.20)
und für eine Funktion der Schätzer g(b̂)
i
∂g(b̂)
Var g(b̂) = σ 2
∂ b̂
h
!T
V TV
−1 ∂g(b̂)
∂ b̂
.
(5.21)
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
(a)
51
1.8
Simulation
Schätzer
Wahrscheinlichkeitsdichte
1.6
1.4
1.2
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
−9.6 −9.4 −9.2 −9 −8.8 −8.6 −8.4 −8.2 −8 −7.8 −7.6
b̂0
(b)
3
Simulation
Schätzer
Wahrscheinlichkeitsdichte
2.5
2
1.5
1
0.5
0
−0.2
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
1.2
b̂1
Bild 5.3: Verteilungsfunktionen der Schätzer (a) für den Vorfaktor und (b) für den Exponenten
des Ionenstroms. Die Histogramme zeigen die simulierten Verteilungen einer Monte-Carlo
Simulation mit dem Stichprobenumfang 10000 und damit in guter Näherung die tatsächlichen Verteilungen. Die gestrichelten Linien sind die Normalverteilungen mit den
Erwartungswerten und den mittleren geschätzten Standardabweichungen der Schätzer.
52
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
Die Varianz der Messfehler σ 2 ist in der Praxis nicht bekannt und muss aus den Daten
geschätzt werden. Der Algorithmus zur Varianzschätzung verwendet Ergebnisse der nichtparametrischen Regression und wird daher in Kapitel 5.1.7 vorgestellt.
In Abbildung 5.3 sind die Erwartungswerte der mittels Gleichung (5.20) geschätzten Verteilungsfunktionen von b̂ zusammen mit den tatsächlichen Verteilungsfunktionen für die
Modellkennlinie aus Abbildung 5.2 dargestellt. Die Verteilungsfunktionen sind das Ergebnis
einer Monte-Carlo Simulation mit dem Stichprobenumfang 10000. Für die Standardabweichung der Messfehler wurde dabei ein Wert von σ = 0,1 mA verwendet, was in der Praxis
einer mäßig stark verrauschten Messung entspricht. Man sieht, dass die Ergebnisse sehr gut
übereinstimmen. Zu beachten ist, dass für die Herleitung von Gleichungen (5.20) und (5.21)
die lineare Näherung des Modells ξ (b) in der Umgebung der Schätzer b̂ verwendet wird.
ξ (b) kann man geometrisch als Hyperfläche auffassen [Wen06]. Das Ergebnis der linearen
Näherung konvergiert mit steigender Anzahl an Datenpunkten umso schneller gegen die
tatsächliche Varianz der Schätzer, je kleiner die Krümmung dieser Fläche am Erwartungswert ist. Dabei ist nicht die Krümmung in kartesischen Koordinaten relevant, sondern die
Krümmung entlang der Koordinatenlinien, die durch die Parametrisierung der Schätzer gegeben sind [BW88]. Diese Krümmung und damit das Konvergenzverhalten von Gleichungen
(5.20) und (5.21) kann man mit der Art der Parametrisierung des Problems beeinflussen.
Aus dieser Tatsache ist die exponentielle Darstellung des Vorfaktors exp (b0 ) motiviert, die
zu einer deutlich kleineren Krümmung der Hyperfläche bezüglich des Parameters b0 führt
als die lineare Darstellung [Wen06]. Die in Abbildung 5.3 gezeigte Monte-Carlo Simulation
wurde mit 100 Datenpunkten durchgeführt und zeigt eine sehr gute Übereinstimmung mit
dem asymptotischen Ergebnis. Bei sonst gleichen Parametern erkennt man erst bei unter
20 Datenpunkten eine deutliche Abweichung der simulierten Verteilungsfunktion für b̂ von
der Normalverteilung. In der Praxis kann problemlos gewährleistet werden, dass über 20
Datenpunkte im Ionensättigungsstrombereich zur Verfügung stehen.
Im Rahmen der Ionenstromkorrektur kann der Schätzer für den Ionenstrom nun vom gesamten Sondenstrom abgezogen werden, um den reinen (verrauschten) Elektronenstrom zu
erhalten. Bei dieser Vorgehensweise addieren sich die Messfehler und die Fehler des Ionenstromschätzers. Dies führt zu dem Problem, dass die Fehler der einzelnen Messpunkte nicht
mehr stochastisch unabhängig sind, was eine nichtparametrische Regression des Elektronenstroms erheblich erschwert. Ähnliche Probleme entstehen, wenn man eine nichtparametrische Regression des gesamten Sondenstroms durchführt und die Schätzer des Ionenstrom
und seiner Ableitungen von den Schätzern des Gesamtstroms bzw. dessen Ableitungen abzieht. Während man dann für die EEDF an jeder Auswertestelle die Standardabweichungen
der Schätzer addieren kann, muss man zur Bestimmung der Fehler für die Schätzer der
Momente die Varianz-Kovarianzmatrix der gesamten zweiten Ableitung berechnen.
Eine einfachere Lösung ist die Bestimmung der Momente aus der zweiten Ableitung des
gesamten Sondenstroms bei anschließender Subtraktion der Momente der zweiten Ableitung des Ionenstroms. Die Integration wird auf den Bereich U < −6kB T̂e /e beschränkt, um
die Unabhängigkeit der statistischen Fehler zu gewährleisten. Simulationen zeigen, dass der
E [∆µ̂l ]
l
0
3,612 · 1015 m−3
1 7,209 · 10−4 J m−3
σ∆µ̂l
8,80 · 1014 m−3
1,318 · 10−4 J m−3
E [σ̂∆µ̂l ]
9,00 · 1014 m−3
1,379 · 10−4 J m−3
p
Var [σ̂∆µ̂l ]
3,43 · 1014 m−3
7,26 · 10−5 J m−3
Tabelle 5.1: Verteilungsergebnis der Schätzer für die Ionenstromkorrektur der Momente der EDF.
σ∆µ̂l bezeichnet dabei die tatsächlichen Standardabweichungen der Schätzer, σ̂∆µ̂l die
geschätzten Standardabweichungen. Die Daten entstammen derselben Monte-Carlo
Simulation wie die Daten in Abbildung 5.3.
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
53
systematische Fehler, der daraus resultiert, vernachlässigt werden kann. Die Ionenstromkorrektur der Momente kann man mittels Gleichung (5.13) analytisch bestimmen:
ZÛpl
∆φ̂l = −
b̂1 −2+l+1/2
b̂1 b̂1 − 1 exp b̂0 Ûpl − U
dU
Ûpl −6kB T̂e /e
b̂1
=
b̂1 − 1 exp b̂0 b̂1 − 1 + l + 1/2
(5.22)
Ûpl − U
b̂1 −1+l+1/2 Ûpl
, b̂1 + 1/2 6= l − 1.
Ûpl −6kB T̂e /e
Die Varianz-Kovarianzmatrix der Schätzer ∆φ̂l kann man schließlich mit Gleichung (5.21)
berechnen. Leider ist der Ausdruck (5.22) für b̂1 −1+l+1/2 ≤ 0 nicht bestimmt. Insbesondere
lässt sich für den Fall der stoßfreien Randschicht (b = 0,5) und maxwell-boltzmannverteilter
Ionen die Ionenstromkorrektur des nullten Moments ∆φ̂0 nicht berechnen. Das Problem
rührt von der Nichtdifferenzierbarkeit von Gleichung (5.13) bei U = Ûpl her. Die Knickstelle
der Gleichung ist allerdings unphysikalisch. Der tatsächliche Ionenstrom ist in jedem Fall
beliebig oft stetig-differenzierbar. In der Umgebung des Plasmapotentials ist das Modell also
eine schlechte Näherung des Ionenstroms. Eine einfache Lösung besteht darin, bei der Ionenstromkorrektur die Integration nicht bis zum Plasmapotential durchzuführen. Die optimale“
”
Integrationsgrenze, die zu einem minimalen systematischen Fehler führt, ist nicht bekannt.
Für die Implementierung in dieser Arbeit wird der Wert Ûpl − 0,1 · kB T̂e angesetzt. Das Verteilungsergebnis für die Ionenstromkorrektur der Momente, das sich in der oben erläuterten
Monte-Carlo Simulation ergibt, ist in Tabelle 5.1 zusammengefasst. Die Erwartungswerte
der geschätzten Standardabweichungen stimmen mit den tatsächlichen Standardabweichungen hervorragend überein. Allerdings stellt man fest, dass die Standardabweichungen recht
groß sind (25 % bzw. 18 % des Erwartungswerts). Die Ionenstromkorrektur der Momente weist also bei mäßig verrauschten Kennlinien einen verhältnismäßig großen statistischen
Fehler auf. Für die Auswertung der mittleren Elektronenenergie wird später die Korrelation
der beiden Momente benötigt. Ein Schätzer hierfür ist durch die Varianz-Kovarianz-Matrix
gemäß Gleichung (5.21) gegeben. Das Ergebnis für die hier vorgestellte Monte-Carlo Simulation beträgt 99,9 %.
Zu beachten ist schließlich, dass die Schätzer für die Parameter des Ionenstroms bzw. für
die Ionenstromkorrektur der Momente und ihre Varianzen bedingte Schätzer für ein vorgegebenes Plasmapotential bzw. eine vorgegebene effektive Elektronentemperatur darstellen.
Kennt man die Verteilungsfunktionen von Ûpl und T̂e , kann man die totalen Varianzen von b̂
und ∆φ̂l berechnen. Es zeigt sich allerdings, dass für diese Parameter die totalen Varianzen
von den bedingten Varianzen nur geringfügig abweichen. In der Implementierung wird daher der Einfachheit halber mit den bedingten Varianzen gerechnet. Dies ist für die Schätzer
der Momente der zweiten Ableitung des gesamten Sondenstroms nicht möglich (vgl. Kapitel
5.1.9).
5.1.6
Nichtparametrische Regression mittels lokaler Polynome
Zur Auswertung von Gleichung (5.7) benötigt man die zweite Ableitung des Sondenstroms.
Zusätzlich muss das Plasmapotential bekannt sein. Für die Angabe der Standardabweichungen der Schätzer benötigt man schließlich noch einen Schätzer für die Varianz der Messfehler.
Im Folgenden wird ein lineares Filterverfahren vorgestellt, das auf einem endlichen Definitionsbereich die Bestimmung von Schätzern für eine beliebige Funktion zusammen mit ihren
Ableitungen unter Angabe des statistischen Fehlers ermöglicht, wobei die Eigenschaften des
Filters lokal und adaptiv angepasst werden. Hierbei handelt es sich um das Verfahren der
54
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
lokalen Polynome. Die Grundzüge dieses Verfahrens sind u.a. bei Loader ausführlich beschrieben [Loa99]. Die Anwendung auf die Auswertung der Sondenkennlinien wurde bereits
von Gälger [G0̈6] und Wenig [Wen06] diskutiert. An dieser Stelle werden die wesentlichen
Ergebnisse dargestellt, die für die Implementierung der Schätzer für die Plasmaparameter
benötigt werden (vgl. Kapitel 5.1.9).
Zur Bestimmung eines lokalen Polynoms passt man mit der kleinste-Quadrate Methode in
der Umgebung einer Auswertestelle u0 ein Polynom m̂u0 (u) vom Grad p an die Daten an. Die
Koeffizienten âν dieses Polynoms sind Schätzer für die Koeffizienten der Taylor-Entwicklung
der Funktion um die Auswertestelle,
mu0 (u) = m (u0 ) + m(1) (u − u0 ) + . . . +
m(p)
(u − u0 )p
p!
(5.23)
m (u) ≈ mu0 (u)
(5.24)
Die Anpassung lässt sich wie folgt darstellen:
n
X
2
Kh (Ui − u0 ) [Ii − a0 − a1 (Ui − u0 ) − . . . − ap (Ui − u0 )p ] → min!.
(5.25)
i=1
Dabei ist Kh (u) eine Gewichtsfunktion, welche die quadrierten Residuen in der Umgebung
der Auswertestelle stärker gewichtet als solche, die von der Auswertestelle weit entfernt
liegen. Kh (u) wird auch als Kernfunktion oder Kern bezeichnet. Der Index h bezeichnet die
Bandbreite des Kerns, mit der sich Kh (u) auf einen normierten Kern zurückführen lässt:
Kh (u) = h−1 K (u/h) .
(5.26)
Die Schätzer für den Funktionswert und seine Ableitungen an der Auswertestelle u0 ergeben
sich aus der Lösung des kleinste-Quadrate Problems wie folgt:
m̂(ν) (u0 ) = ν!âν .
(5.27)
Die Anpassung eines lokalen Polynoms an die Modellkennlinie an einer einzelnen Auswertestelle ist in Abbildung 5.4 veranschaulicht.
45
0.35
Messwerte
Kernfunktion
lokales Polynom
m̂ (u0 )
40
35
0.3
0.25
25
0.2
20
0.15
Kh / V−1
I / mA
30
15
0.1
10
2h
0.05
5
u0
0
12
14
16
18
20
0
22
24
26
U/V
Bild 5.4: Anpassung eines lokalen Polynoms an die in Abbildung 5.2 gezeigte verrauschte Modellkennlinie (σ = 1 mA) an der Auswertestelle u0 = 19 V. Das lokale Polynom minimiert die
Summe der mit der Kernfunktion gewichteten quadrierten Residuen an den Messpunkten.
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
55
Das Verfahren der lokalen Polynome konstruiert nun kontinuierliche oder diskrete Schätzer
für die den Messdaten zugrunde liegende wahre Funktion und ihre Ableitungen aus den
Koeffizienten der lokalen Polynome an allen Auswertestellen auf dem Definitionsbereich
der Funktion. Man kann zeigen, dass die Form des normierten Kerns auf die Qualität der
Schätzer einen untergeordneten Einfluss hat [Loa99]. In dieser Arbeit wird durchgehend der
sogenannte trikubische Kern benutzt:
(
3
70
1 − |u|3 , |u| ≤ 1
81
(5.28)
K (u) =
0,
|u| > 1.
Die Wahl der Bandbreite ist dagegen entscheidend für das Ergebnis, da sie die Breite des Bereichs vorgibt, aus dem Daten für die Anpassung eines lokalen Polynoms verwendet werden.
Eine kleine Bandbreite führt zu einem kleinen systematischen Fehler durch die Filterung bei
einer großen Variabilität der Schätzer. Bei einer großen Bandbreite hingegen ist die Varianz
der Schätzer zwar klein, aber die starke Glättung führt zu einem großen systematischen Fehler. Die Bandbreite, die zu einem optimalen Ergebnis führt, hängt dabei von der Dynamik
der Funktion ab, die den Daten zugrunde liegt. Diese ist in den verschiedenen Bereichen der
Sondenkennlinie unterschiedlich stark. Es ist daher sinnvoll, die Bandbreite mit Hilfe eines
entsprechenden Algorithmus adaptiv und lokal an die Dynamik der Daten anzupassen. In
dieser Arbeit wird die lokale Bandbreite mit Hilfe des sogenannten CP-Kriteriums bestimmt
(vgl. Kapitel 5.1.8).
Zur Bestimmung der Varianz der Schätzer benutzt man die Darstellung des Filters in MatrixVektor-Notation. Mit der Matrix der Kerngewichte,
W = diag [Kh (Ui − u0 )] ,
(5.29)
dem Vektor der Strommesswerte I = (I1 , . . . , In )T , dem Vektor der Polynomkoeffizienten
a = (a0 , . . . , ap )T und der sogenannten Designmatrix


1 (U1 − u0 ) . . . (U1 − u0 )p


..
..
(5.30)
X =  ...

.
.
p
1 (Un − u0 ) . . . (Un − u0 )
nimmt das gewichtete kleinste-Quadrate Problem folgende Form an:
2
1/2
W (I − Xa) → min!.
(5.31)
Die Lösung dieses Problems ergibt sich zu
â = X T W X
−1
X T W I,
(5.32)
−1
M T b,
(5.33)
oder äquivalent dazu
â = M T M
mit M = W 1/2 X und b = W 1/2 I. In der Implementierung wird die QR-Zerlegung
M = QR bestimmt. Aus der oberen Dreiecksmatrix R ergibt sich die Lösung des kleinsteQuadrate Problems [Loa99]. Die QR-Zerlegung wird desweiteren dazu verwendet, um die
Linearkoeffizienten des Filters und wichtige Größen für die Varianzschätzung und die Auswertung des CP-Kriteriums zu berechnen (vgl. Kapitel 5.1.7 und 5.1.8). Für die Schätzer
der Funktion und ihrer Ableitungen gilt:
m̂(ν) (u0 ) = ν!eν+1 T â.
(5.34)
56
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
−1 T
Mit der Definition lν (u0 )T = ν!eν+1 T X T W X
X W erhält man die Linearkoeffizienten der Abbildung der Strommesswerte auf die Schätzer:
m̂(ν) (u0 ) = lν (u0 )T I.
(5.35)
Da die Messfehler nach den Voraussetzungen stochastisch unabhängig sind (vgl. Kapitel
5.1.2), kann man sofort die Varianz der Schätzers berechnen:
Var m̂(ν) (u0 ) = |lν (u0 )|2 σ 2 .
(5.36)
Die Faktoren |lν (u0 )|2 heißen Varianzreduktionsfaktoren, da sie angeben, in welchem Maß
die Varianz der Schätzer im Vergleich zu der Varianz der ungefilterten Messdaten reduziert
wird. Fasst man die Schätzer an allen Auswertestellen zu den Vektoren I (ν) und die Vektoren
lν für alle Auswertestellen zu den Matrizen Lν zusammen, so erhält man:
I (ν) = Lν I.
(5.37)
Die Matrizen Lν benötigt man für die statistische Auswertung der Plasmaparameter (vgl.
Kapitel 5.1.9).
Eine wichtige Eigenschaft des Verfahrens der lokalen Polynome liegt darin begründet, dass
sich das Filter bei gegebenem Bandbreitenprofil als lineares Filter darstellen lässt: Im Fall
einer großen Anzahl von Messpunkten (n → ∞) und asymptotisch gleichverteilter Dichte
der Messpunkte auf der Spannungsachse (f (u) → (Un − U1 )−1 ) verhält sich das Verfahren
der lokalen Polynome wie ein Kernglätter. Die Linearkoeffizienten lν ergeben sich dann aus
∗
. Dabei unterscheidet man zwischen dem Voluden sogenannten äquivalenten Kernen Kν,p
menkern und den Randkernen. Der Volumenkern gilt für alle Auswertestellen u0 , für die das
Intervall [u0 − h (u0 ) , u0 + h (u0 )] die Ränder des Datenbereichs [U1 , Un ] nicht überdeckt.
Für Auswertestellen außerhalb dieses Intervalls hängt der äquivalente Kern von der Auswertestelle ab. Da die äquivalenten Kerne zur Berechnung der Varianzen der Schätzer für
das Floating- und das Plasmapotential benötigt werden, wird das Ergebnis hier angegeben
[FG96]:
∗
Kν,p
(u) = eν+1 T (S)−1 (1, . . . , up )T K (u) ,
(5.38)
wobei die Einträge sij der Matrix S durch die Momente der ursprünglichen Kernfunktion
gegeben sind:
cZmax
sij =
(u − u0 )i+j Kh (u − u0 ) du,
(5.39)
−cmin
mit den auf die lokale Bandbreite normierten Abständen der Auswertestelle zu den Rändern
cmin = (u0 − U1 ) /h (u0 ) bzw. cmax = (Un − u0 ) /h (u0 ).
Mit Hilfe der äquivalenten Kerne erhält man asymptotische Ergebnisse für die systematische
Abweichung und die Varianz des lokalen Polynomschätzers. Diese lassen sich nicht direkt
berechnen, da sie ihrerseits von unbekannten Größen abhängen. Ein wichtiges Ergebnis ist
allerdings die Skalierung mit dem Polynomgrad: Man kann zeigen, dass der systematische
Fehler beim Übergang von p = 2q auf p = 2q + 1 mit derselben Ordnung von n−1 skaliert,
während sich die Ordnung beim Übergang auf p = 2q +2 verschlechtert. Analoges gilt für die
asymptotische Varianz beim Übergang von geradem p − ν = 2q auf ungerades p − ν = 2q + 1
[Loa99]. Für gerades ν, also insbesondere für die Bestimmung der wahren Funktion und
ihrer zweiten Ableitung, wird entsprechend ein ungerader Polynomgrad bevorzugt. In dieser
Arbeit wird daher der Polynomgrad p = 3 verwendet.
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
5.1.7
57
Varianzschätzung
Zur Bestimmung der Varianz der Schätzer für die nichtparametrische Regression gemäß
Gleichungen (5.20) und (5.40) und für die Auswertung des Kriteriums zur Wahl der optimalen Bandbreite (vgl. Kapitel 5.1.8) benötigt man die Varianz der Messfehler σ 2 . Diese
ist nicht bekannt und muss daher aus den Daten geschätzt werden. Dazu betrachtet man
den Erwartungswert der Summe der quadrierten Residuen der lokalen Polynome an den
Messpunkten und wendet den Satz von Steiner an:
"
#
2
h
i X h
i2
X
X
E
Ii − Iˆi
=
Var Ii − Iˆi +
E m (Ui ) − Iˆi .
(5.40)
i
i
i
Der zweite Term der rechten Seite entspricht der Summe der quadrierten systematischen
Abweichungen. Der erste Term lässt sich unter Verwendung der Varianz-Kovarianz-Matrix
wie folgt umformen:
h
i
X
ˆ
Var Ii − Ii = Spur [Var [(E n − L0 ) I]]
i
h
i
= Spur (E n − L0 )T (E n − L0 ) Var [I]
= σ 2 n − 2Spur [L0 ] + Spur L0 T L0 .
(5.41)
Für die Varianzschätzung wählt man nun eine kleine Bandbreite, so dass die systematischen
Fehler klein sind und man den zweiten Term der rechten Seite von Gleichung (5.40) in guter
Näherung vernachlässigen kann. Gleichung (5.40) kann dann nach der Varianz
T der Daten
aufgelöst werden und mit den Definitionen v0 = Spur [L0 ] und v2 = Spur L0 L0 ergibt
sich:
(0) 2
E I − Î 2
.
(5.42)
σ ≈
n − 2v0 + v2
Einen Schätzer für diesen Ausdruck erhält man, indem man den Erwartungswert der Summe
der quadrierten Residuen durch den Wert ersetzt, den man bei einer Anwendung des Filters
mit kleiner Bandbreite auf die Daten erhält:
(0) 2
I − Î .
(5.43)
σ̂ 2 =
n − 2v0 + v2
Analog kann man einen Schätzer für eine lokal variierende Varianz finden. Dazu betrachtet
man den Erwartungswert der gewichteten Summe der quadrierten Residuen eines einzelnen
lokalen Polynoms m̂u0 (u) an allen Auswertestellen:
"
#
X
X
E
Kh (Ui − u0 ) (Ii − m̂u0 (Ui ))2 =
Kh (Ui − u0 ) Var [Ii − m̂u0 (Ui )] +
i
i
(5.44)
X
2
Kh (Ui − u0 ) E [m (Ui ) − m̂u0 (Ui )] .
i
Das lokale Polynom ist der Schätzer der Taylorentwicklung um die Auswertestelle u0 gemäß
Gleichung (5.23). Der zweite Term der rechten Seite von Gleichung (5.44) besteht daher
aus der Summe der quadrierten Fehler der Taylor-Entwicklung um die Auswertestelle selbst
und der quadrierten systematischen Abweichungen des lokalen Polynoms von der TaylorEntwicklung. Der erste Term lässt sich durch Einsetzen der Lösung des kleinste-Quadrate
58
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
Problems umformen:
h
h
X
−1 T 1/2 ii
Kh (Ui − u0 ) Var [Ii − m̂u0 (Ui )] = Spur Var E n − M T M
M W I
i
h
i
−1 T
= σ 2 (u0 ) Spur [W ] − σ 2 (u0 ) Spur M T M
M WM
X
=
Kh (Ui − u0 ) σ 2 (u0 ) − Var [m̂u0 (Ui )] .
i
(5.45)
Wählt man nun wieder die Bandbreite klein genug, so dass man den Fehlerterm
vernachlässi- i
h
−1 T
T
gen kann, und verwendet die Definitionen t0 = Spur [W ] und t2 = Spur M M
M WM
so ergibt sich für die lokale Varianz:
P
Kh (Ui − u0 ) E (Ii − m̂u0 (Ui ))2
,
(5.46)
σ 2 (u0 ) ≈ i
t0 − t2
bzw. für ihren Schätzer:
P
σ̂ 2 (u0 ) =
Kh (Ui − u0 ) (Ii − m̂u0 (Ui ))2
i
t0 − t2
.
(5.47)
In dieser Arbeit wird nur der Fall identisch verteilter Messfehler betrachtet und daher der
homoskedastische Varianzschätzer gemäß Gleichung (5.43) verwendet. Der heteroskedastische Varianzschätzer wird im folgenden Abschnitt für die adaptive Wahl der Bandbreite
benutzt. Die zur Auswertung von Gleichung (5.43) benötigten Größen werden aus der Anpassung der lokalen Polynome an die Sondenkennlinie mit einer konstanten Bandbreite von
1 V berechnet.
5.1.8
Bestimmung des optimalen Bandbreitenprofils
Für die eigentliche Filterung arbeitet man mit einer lokalen, problemangepassten Bandbreite. Gesucht ist ein Algorithmus, der an jeder Auswertestelle die optimale“ Bandbreite
”
bestimmt. Optimal“ soll in diesem Zusammenhang heißen, dass einerseits der systemati”
sche Fehler der Schätzer klein ist, andererseits auch die Varianzreduktionsfaktoren gemäß
Gleichung (5.40) möglichst klein werden. Grundsätzlich wirken diese beiden Kriterien entgegengesetzt: Eine kleine Bandbreite führt zu einem kleinen systematischen Fehler, aber einer
großen Varianz der Schätzer und umgekehrt. Ein Verfahren zur Wahl der Bandbreite muss
also einen guten Kompromiss zwischen den beiden Kriterien finden. Das Verfahren, dass
in dieser Arbeit verwendet wird, ist das lokale Mallows’sche CP-Kriterium [Loa99]. Dieses
bewertet die Güte der Anpassung eines lokalen Polynoms anhand der gewichteten Summe
der quadratischen Abweichung des Polynoms von den wahren Funktionswerten bezogen auf
die Rauschleistung σ 2 :
P
Kh (Ui − u0 ) (m̂u0 (Ui ) − m (Ui ))2
P
.
(5.48)
Ru0 (h) = i
σ 2 Kh (Ui − u0 )
i
Es zeigt sich, dass Ru0 (h) stets ein lokales Minimum bei einer Bandbreite hopt verschieden
von Null gefolgt von einem steilen Anstieg besitzt. Diese Bandbreite hopt wird als optimale“
”
Bandbreite an der Auswertestelle u0 verwendet.
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
59
Zur Auswertung von Ru0 (h) werden die wahren Funktionswerte m (Ui ) an den Messpunkten
benötigt. Diese sind nicht bekannt und hopt lässt sich entsprechend nicht direkt bestimmen.
Man betrachtet daher den Erwartungswert von Ru0 (h),
P
Kh (Ui − u0 ) E [m̂u0 (Ui ) − m (Ui )]2 + Var [m̂u0 (Ui )]
P
.
(5.49)
E [Ru0 (h)] = i
σ 2 Kh (Ui − u0 )
i
Der erste Summand im Zähler lässt sich unter Verwendung der Umformungen (5.44) und
(5.45) eliminieren:
1 X
Kh (Ui − u0 ) E [m̂u0 (Ui ) − Ii ]2 + 2Var [m̂u0 (Ui )] − σ 2
2
σ t0 i
!
X
1
2
=
Kh (Ui − u0 ) E [m̂u0 (Ui ) − Ii ] + 2t2 − t0 .
σ −2
t0
i
E [Ru0 (h)] =
(5.50)
Die verallgemeinerte, lokale CP-Kurve wird dann wie folgt definiert:
1
LCPu0 (h) =
t0
!
σ −2
X
Kh (Ui − u0 ) (m̂u0 (Ui ) − Ii )2 + αt2 − t0 .
(5.51)
i
Für α = 2 ist LCPu0 (h) ein erwartungstreuer Schätzer der Abweichung des lokalen Polynoms Ru0 . Mit α 6= 2 kann man das Gewicht des Varianzterms, also der Streuung des
lokalen Polynoms verändern. Insbesondere führt α > 2 dazu, dass sich das Minimum des
CP-Werts zu einer größeren Bandbreite verschiebt und damit stärker geglättet wird. Da der
lokale CP-Wert eine Zufallsgröße ist, kann es in der Praxis vorkommen, dass kein lokales
Minimum gefunden werden kann. Dieser Fall kann insbesondere dann auftreten, wenn die
Streuung der Messwerte gegenüber der homoskedastischen Varianz der Messfehler lokal erhöht ist. Das CP-Kriterium wird robuster, wenn man anstelle des lokalen CP-Werts gemäß
Gleichung (5.52) das Maximum von LCPu0 für den homoskedastischen Varianzschätzer und
für den heteroskedastischen Varianzschätzer verwendet. Dann erhält man das von Loader
implementierte und auch in der Arbeit von Wenig und in dieser Arbeit verwendete Ergebnis:
!
!
X
1
2
max σ̂ −2
Kh (Ui − u0 ) (m̂u0 (Ui ) − Ii ) , t0 − t2 + αt2 − t0 .
LCPu0 (h) =
t0
i
(5.52)
Zur Bestimmung der optimalen Bandbreite hopt muss man nun das lokale Minimum der
CP-Kurve vor dem steilen Anstieg finden. Dazu wird der folgende heuristische Algorithmus
verwendet, der gegenüber der vorangegangenen Arbeit einige Optimierungen enthält: Ausgehend von h0 = 0,4 wird die Bandbreite in Schritten von 0,4 V erhöht. Wird ein lokales
Minimum gefunden, wird mit den nächsten Schritten, die mittlere Steigung des CP-Werts
bestimmt. Werden weitere lokale Minima gefunden, werden die zuvor detektierten Werte
überschrieben. Die Schleife endet, wenn der lokale CP-Wert den Wert 5,0 oder das zehnfache des gemerkten lokalen Minimums überschreitet. Durch die zweite Abbruchbedingung
wird vermieden, dass lokale Minima, die innerhalb des steilen Anstiegs der CP-Kurve auftreten, berücksichtigt werden. Wird kein Minimum gefunden, schlägt der Algorithmus fehl.
Ansonsten wird nun ausgehend von der Bandbreite mit dem doppelten CP-Wert des Minimums (oder dem ersten Wert größer 5,0) die Bandbreite in Schritten von 0,1 V verringert,
bis die Steigung kleiner als ein zehntel der gemerkten mittleren Steigung ist. Dann wird
die Bandbreite in Schritten von 0,05 V vergrößert oder verkleinert, bis man das lokale Minimum hopt überschreitet. Die Abtastung der CP-Kurve zur Detektion des Minimums ist
60
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
(a)
1.4
CP-Kurve (u0 = 10 V)
abgetastete Werte
detektiertes Minimum
1.2
LCP (h)
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0
1
2
3
4
5
6
7
h/V
(b)
20
CP Werte
geglättetes Profil
beschränktes Profil
18
16
14
h/V
12
10
8
6
4
2
0
−10
Upl
−5
0
5
10
15
20
25
30
U/V
Bild 5.5: (a) CP-Kurve für die in Abbildung 5.2 dargestellte, verrauschte Kennlinie (σ = 0,1 mA)
an der Auswertestelle u0 = 10 V. Die Kreuze entsprechen den CP-Werten, die vom
Algorithmus zur Minimumsuche abgetastet werden. Das detektierte Minimum ist mit
einem Kreis dargestellt. (b) Bandbreitenprofil nach dem lokalen CP-Kriterium für die
Auswertung der in Abbildung 5.2 dargestellten Kennlinie. Links vom Plasmapotential
wird die Bandbreite gegenüber den Werten des CP-Kriteriums (gestrichelte Kurve) wie
im Text beschrieben nach oben beschränkt.
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
61
in Abbildung 5.5a am Beispiel der in Abbildung 5.2 dargestellten Modellkennlinie für die
Auswertestelle u0 = 10 V veranschaulicht.
Für die Auswertung der Sondenkennlinien wird mit diesem Verfahren zunächst die optimale
Bandbreite bei einer vorgegebenen Anzahl von Auswertestellen bestimmt. Schlägt der Algorithmus an einer Auswertestelle fehl, wird das Verfahren statt dessen an einer benachbarten
Auswertestelle angewandt. Zusätzlich werden Auswertestellen in unmittelbarer Umgebung
eines ersten Schätzers für das Plasmapotential bearbeitet, um diesen Bereich möglichst gut
zu charakterisieren. Der komplette Bandbreiteverlauf hopt (u) nach dem CP-Kriterium wird
durch Interpolation der gefundenen optimalen Bandbreiten konstruiert. Für die Interpolation werden lokale Polynome mit p = 1 verwendet, wobei für die hierfür verwendete Bandbreite der mittlere Abstand der ausgewählten Auswertestellen verwendet wird. Es zeigt sich,
dass das so konstruierte Bandbreitenprofil in der Regel am Plasmapotential ein Minimum
aufweist und links davon monoton ansteigt. Simulationsstudien zeigen, dass durch das CPKriterium in einiger Entfernung vom Plasmapotential die Bandbreite unnötig groß gewählt
wird, so dass das Ergebnis zwar sehr rauscharm ist, aber einen nicht vernachlässigbaren
systematischen Fehler aufweist. Die Situation lässt sich dadurch verbessern, dass man die
Bandbreite auf den Wert begrenzt, den man in der Entfernung von 3kB T̂e /e vom geschätzten Plasmapotential Ûpl findet, wobei T̂e der Schätzer der effektiven Elektronentemperatur
gemäß Gleichung (5.15) ist. Dazu wird der linke Teil des Bandbreitenprofil bis zu einem
Abstand von kB T̂e /e vom Plasmapotential durch eine glatte Funktion ersetzt:
h∗opt (u) = hopt

kB T̂e /e + 1 −

2
 mkB T̂e /e,
1 + exp −β u − Ûpl + kB T̂e /e
(5.53)
wobei m die mittlere Steigung von hopt (u) zwischen Ûpl − 3kB T̂e /e und Ûpl − kB T̂e /e ist und
der Parameter β so berechnet wird, dass die Steigung der Funktion bei Ûpl −kB T̂e /e gleich m
ist. Abbildung 5.5 zeigt das Bandbreitenprofil, das sich auf diese Weise für die verrauschte
Modellkennlinie ergibt, die in Abbildung 5.2 dargestellt ist.
5.1.9
Bestimmung der Plasmaparameter
Der letzte Schritt der Auswertung besteht darin, aus der geschätzten Kennlinie bzw. ihrer
zweiten Ableitung Schätzer für die Plasmaparameter Floatingpotential, Plasmapotential,
Elektronendichte und mittlere Elektronenenergie zu bestimmen: Das Floatingpotential liegt
per Definition in der Nullstelle der Sondenkennlinie. Am Plasmapotential besitzt das Modell
für den Sondenstrom wie in Kapitel 5.1.4 erläutert einen Krümmungswechsel und entsprechend wird als Schätzer die Nullstelle der zweiten Ableitung verwendet. Weist die geglättete
Kennlinie mehrere Nullstellen auf, so wird diejenige Nullstelle verwendet, die am nächsten
am absoluten Maximum der ersten Ableitung liegt. Wird keine Nullstelle gefunden, wird
das absolute Maximum der ersten Ableitung verwendet.
Gesucht sind die statistischen Eigenschaften dieser Schätzer. Nutzt man aus, dass sich das
Verfahren der lokalen Polynome für eine große Anzahl an Messpunkten wie ein Kernglätter
verhält, kann man das asymptotische Ergebnis für eine Nullstelle des Schätzers der ν-ten
Ableitung ζ̂ν von Müller verwenden [M8̈5]. Müller zeigt, dass eine solche Nullstelle asymptotisch normalverteilt ist. Die systematische Abweichung bzw. Varianz lässt sich wie folgt
62
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
berechnen:
E m̂(ν) (ζν )
E ζ̂ν − ζν = − (ν+1)
,
m
(ζν )
∗
h i
σ 2 (ν!)2 νν,p,0
Var ζ̂ν =
2.
nh2ν+1 f (ζν ) (m(ν+1) (ζν ))
h
i
(5.54)
(5.55)
Dabei ist f (ζν ) die Dichte der Messpunkte auf der Spannungsachse am Ort der Nullstelle
∗
das nullte Moment des quadrierten äquivalenten Kerns gemäß
und νν,p,0
∗
νν,p,j
Z∞
=
∗
ν (u)
uj Kν,p
2
du.
(5.56)
−∞
Die systematische Abweichung kann in der Praxis nicht ausgewertet werden, da Gleichung
(5.54) nur unbekannte Größen enthält. Für die Varianzen von Floating- bzw. Plasmapotential erhält man hingegen folgende Schätzer:
σ̂Û2 fl =
∗
σ̂ 2 ν0,p,0
2 ,
(1)
ˆ
nhf Ûfl m̂
Ûfl
(5.57)
σ̂Û2 pl =
∗
4σ̂ 2 ν2,p,0
2 .
(3)
5
ˆ
nh f Ûpl m̂
Ûpl
(5.58)
Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Formeln ist eine ausreichend große Dichte von
Messpunkten. Diese ist in der Praxis bei einer Abtastung der Sondenkennlinie mit 500 oder
mehr Messpunkten gegeben. Der Dichtewert ist dann in guter Näherung durch den ParzenRosenblatt-Schätzer bestimmt [Sch00]:
X
fˆu0 = n−1
Kh (Ui − u0 )
(5.59)
i
Ein diskreter Schätzer für die EEDF wird durch die Druyvesteyn-Beziehung berechnet,
wobei zu beachten ist, dass die zweite Ableitung des gesamten Sondenstroms eingesetzt und
der Beitrag des Ionenstroms nachträglich abgezogen wird:
√
8me Ei (2) (2)
ˆ
ˆ
m̂
Ûpl − Ei /e − Ip,i (−Ei /e) .
(5.60)
fE,e (Ei ) =
Ap e3
Die Auswertestellen Ei werden so gewählt, dass die Ûpl − Ei /e mit den Auswertestellen
von m̂(ν) zusammenfallen. Für alle Auswertestellen, für die Ûpl − Ei /e nicht im Bereich des
Ionensättigungsstroms liegt, sind die Schätzer der zweiten Ableitungen von Sondenstrom
bzw. Ionenstrom stochastisch unabhängig und die Varianz des Schätzers der EEDF ergibt
sich aus Gleichungen (5.40) und (5.21):


!
(2) T
(2)
h
i
ˆ
ˆ
∂ Ip,i
∂ Ip,i
8me Ei
2
.
σ̂f2ˆE,e (Ei ) = 2 6 σ̂ 2 lν Ûpl − Ei /e +
Var b̂
(5.61)
Ap e
∂ b̂
∂ b̂
Im Bereich des Ionensättigungsstroms ist der Schätzer der zweiten Ableitung in der Praxis
schlecht bestimmt, da die zweite Ableitung mit zunehmender Entfernung vom Plasmapotential exponentiell abfällt. Der Schätzer der EEDF wird daher nur außerhalb dieses Bereichs
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
63
fˆE,e mit Ionenstromkorrektur
95 % Konfidenzband
fˆE,e ohne Ionenstromkorrektur
fE,e
fE,e / eV−3/2 m−3
1017
1016
ohne Ionenstromkorrektur
Ionensättigungsstrombereich
1015
mit Ionenstromkorrektur
1014
0
2.5
5
7.5
10
12.5
15
17.5
20
22.5
25
E / eV
Bild 5.6: Elektronenenergieverteilungsfunktion aus der Auswertung der in Abbildung 5.2 gezeigten,
verrauschten Modellkennlinie (σ = 0,1 mA). Die durchgezogene Linie ist das Ergebnis
der Auswertung einer verrauschten Kennlinie mit Gleichung (5.60). Die gestrichelte Linie
wurde ohne Ionenstromkorrektur erzeugt. Die gestrichelt-gepunktete Linie ist die EEDF,
aus der die unverrauschte Modellkennlinie erzeugt wurde.
bestimmt und für größere Energien zu Null gesetzt. In Abbildung 5.6 ist fˆE,e (Ei ) für eine
Auswertung der Monte-Carlo Simulation mit und ohne Ionenstromkorrektur dargestellt. In
diesem Fall ist der Unterschied zwischen den beiden Ergebnissen marginal. In der Praxis
muss man im Einzelfall beurteilen, ob dies zu einer Verbesserung der Ergebnisse gegenüber
der Näherung Ip,e ≈ Ip führt.
Für die Schätzer der Elektronendichte und der mittleren Elektronenenergie benötigt man die
Momente der EEDF. Diese erhält man durch numerische Integration des diskreten Schätzers der EEDF. In dieser Arbeit wird dazu die Trapezregel benutzt. Verallgemeinert auf ein
beliebiges lineares Integrationsverfahren kann man die numerische Berechnung der Hilfsgrößen φl gemäß Gleichung (5.11) in Matrix-Vektor-Notation darstellen und zusammen mit der
Ionenstromkorrektur gemäß Gleichung (5.22) gilt für die Schätzer der Momente der EEDF:
(2)
φ̂l,e = wl T Î − ∆φ̂l = λl T I − ∆φ̂l ,
√
el 8me e φ̂
−
∆
φ̂
,
µ̂l,e =
l
l
Ap e2
(5.62)
(5.63)
wobei wl der Vektor der Integrationsgewichte ist und λl T = L2 T wl der Vektor der Linearkoeffizienten zur Berechnung der Momente aus den Strommesswerten Ii . Da die Messfehler
nach Voraussetzung stochastisch unabhängig sein sollen, berechnen sich die Varianzen der
Schätzer φ̂l zu:
h
i
Var φ̂l |Upl = |λl |2 σ 2 .
(5.64)
Zu beachten ist, dass es sich um bedingte Varianzen handelt, da die obere Grenze der Integration gemäß (5.11) der Schätzer des Plasmapotentials ist und auch der Vektor wl vom
Plasmapotential abhängt und mithin eine Zufallsgröße ist. Im Gegensatz zur Ionenstromkorrektur zeigt sich, dass die bedingte Varianz des Schätzers am Plasmapotential deutlich
kleiner ist, als die totale Varianz von φ̂l bzw. µ̂l . Zur Berechnung eines adäquaten Schätz-
64
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
werts benutzt man daher das Gesetz der totalen Varianz [Bil95]:
h i
h
h
ii
h h
ii
Var φ̂l = E Var φ̂l |Upl + Var E φ̂l |Upl
h i
h
i
8me e2l Var [µ̂l ] = 2 3 Var φ̂l + Var ∆φ̂l ,
Ap e
(5.65)
(5.66)
h
i
h
i
wobei E φ̂l |Upl = φ̂l (Upl ) ist und die Berechnung des Erwartungswerts von Var φ̂l |Upl
bzw. der Varianz von φ̂l (Upl ) durch die Faltung mit der oben definierten Wahrscheinlichkeitsverteilung von Ûpl erfolgt:
h
h
ii Z∞
h
i
E Var φ̂l |Upl =
Var φ̂l |Upl fÛpl (Upl ) dUpl
h h
ii
Var E φ̂l |Upl =
−∞
Z∞
φ̂l (Upl ) − φ̂l Ûpl
2
fÛpl (Upl ) dUpl
(5.67)
(5.68)
−∞
fÛpl (Upl ) = N Ûpl , σ̂Û2 pl .
(5.69)
Zu beachten ist, dass die Ergebnisse nur dann exakt gelten, wenn der Schätzer des Plasmapotentials keinen systematischen Fehler aufweist. Dies ist allenfalls näherungsweise erfüllt.
Simulationsstudien zeigen aber, dass die Varianzen der Schätzer µ̂l durch Gleichungen (5.64–
5.69) gut wiedergegeben werden.
Der Schätzer der Elektronendichte ist nun durch das nullte Moment der EEDF gegeben:
n̂e = µ̂0 ,
σn̂2 e = Var [µ̂l ] .
(5.70)
(5.71)
Die mittlere Elektronenenergie berechnet sich mittels Division des zweiten und des nullten
Moments. Die Varianz des zugehörigen Schätzers kann nur über Umwege bestimmt werden:
Nach dem Gesetz der großen Zahlen wird die Verteilung der Momente in guter Näherung
durch eine Gauß-Verteilung beschrieben. Die allgemeine Verteilung des Verhältnisses zweier
gaußverteilter Zufallsgrößen hat eine komplizierte Struktur [HAG75]. Man kann aber mit
der Geary-Hinkley-Transformation eine neue Zufallsgröße konstruieren:
E [µ̂0 |Upl ] hEˆe i − E [µ̂2 |Upl ]
, hEˆe i = (µ̂2 /µ̂0 ) , (5.72)
χ= q
2
Var [µ̂0 |Upl ] hEˆe i − 2Cov [µ̂2 , µ̂0 |Upl ] hEˆe i + Var [µ̂2 |Upl ]
(.)
Ufl
4,68 V
Upl
15,66 V
ne
4,55 · 1017 m−3
hEe i
4,44 eV
h i
E (.ˆ)
4,70 V
15,61 V
4,52 · 1017 m−3
4,58 eV
σ(.)
ˆ
h i
E σ̂(.)
ˆ
r
h i
Var σ̂(.)
ˆ
0,095 V
0,021 V
3,38 · 1015 m−3
0,043 eV
0,094 V
0,018 V
3,48 · 1015 m−3
0,040 eV
7,53 · 10−3 V
1,27 · 10−3 V
2,29 · 1014 m−3
3,27 · 10−3 eV
Tabelle 5.2: Verteilungsergebnis der Schätzer für die Plasmaparameter. σ(.)
ˆ bezeichnet dabei die
l
tatsächlichen Standardabweichungen der Schätzer, σ̂(.)
ˆ die geschätzten Standardabl
weichungen. Die Daten entstammen derselben Monte-Carlo Simulation wie die Daten
in Abbildung 5.7.
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
65
1.2
Wahrscheinlichkeitsdichte / 10−16
(a)
Simulation
Schätzer
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
4.35
4.4
4.45
4.5
4.55
4.6
4.65
n̂e / 1017 m−3
(b)
12
Simulation
Schätzer
Wahrscheinlichkeitsdichte
10
8
6
4
2
0
4.35
4.4
4.45
4.5
D
4.55
4.6
E
Êe / eV
4.65
4.7
4.75
Bild 5.7: Verteilungsfunktionen der Schätzer (a) für die Elektronendichte und (b) für die mittlere
Elektronenenergie (b). Die Histogramme zeigen die simulierten Verteilungen einer MonteCarlo Simulation mit dem Stichprobenumfang 10000 und damit in guter Näherung die
tatsächlichen Verteilungen. Die gestrichelten Linien sind die Normalverteilungen mit den
Erwartungswerten und den mittleren geschätzten Standardabweichungen der Schätzer.
66
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
wobei für die bedingte Kovarianz gilt:
h
i
T
8me e2l T
Cov
λ
I,
λ
I|U
+
Cov
∆
φ̂
,
∆
φ̂
2
0
pl
2
0
A2p e3
h
i
8me e2l = 2 3 λ2 T λ0 σ 2 + Cov ∆φ̂2 , ∆φ̂0 .
Ap e
Cov [µ̂2 , µ̂0 |Upl ] =
(5.73)
h
i
Die Kovarianz der Ionenstromkorrekturterme Cov ∆φ̂2 , ∆φ̂0 ist durch Gleichung (5.21)
gegeben. Für den Fall, dass der Divisor mit großer Wahrscheinlichkeit positiv ist, ist χ in
guter Näherung standard-normalverteilt. In diesem Fall ist der Divisor der Schätzer für
die Elektronendichte. Solange die Varianz des nullten Moments keine zu großen Werte annimmt, haben negative Werte für diesen Schätzer eine verschwindende Wahrscheinlichkeit.
Den bedingten Erwartungswert und die bedingte Varianz des Schätzers für die mittlere
Elektronenenergie erhält man durch Integration über die Verteilungsfunktion von χ,
h
i
E hEˆe i|Upl =
h
i
Var hEˆe i|Upl =
Z∞
−∞
Z∞
−∞
dχ
ˆ
ˆ
hEe ifχ χ hEe i
dhEˆe i
dhEˆe i
h
i2 dχ
hEˆe i − E hEˆe i|Upl
fχ χ hEˆe i
dhEˆe i
ˆ
dhEe i
fχ (χ) = N (0, 1) .
(5.74)
(5.75)
(5.76)
Die Berechnung des totalen Erwartungswerts und der totalen Varianz erfolgt analog zu dem
Schätzer für die Elektronendichte. In Abbildung 5.7 ist das Ergebnis einer Monte-Carlo Simulation der Auswertung der Momente mit 10000 Zyklen dargestellt. Dabei liegt die gleiche
Modellkennlinie zu Grunde wie in Abbildungen 5.3 und 5.2. Die Standardabweichung der
simulierten Messfehler beträgt σ = 0,1 mA. Man erkennt, dass die Erwartungswerte der
geschätzten Verteilungen von n̂e und hEˆe i hervorragend mit der Simulation übereinstimmen. Tabelle 5.2 fasst die Ergebnisse der Monte-Carlo Simulation für alle Plasmaparameter
zusammen.
Bei dem Messsystem APS3, das in dieser Arbeit verwendet wird, ist nun noch zu beachten, dass das Sondenpotential gegenüber Systemmasse durch die Reihenschaltung von zwei
Spannungsquellen eingestellt wird, und zwar der Rampenspannungsquelle und der Floatingspannungsquelle. Die Spannung der Floatingspannungsquelle weist eine Drift von bis
zu 0,1 V s−1 auf und wird daher vor jeder Kennlinienmessung auf den jeweiligen Sollwert
eingestellt. Die tatsächliche Spannung wird von einem 12-Bit Analog-Digital-Wandler mit
einem Spannungsmessbereich von etwa 0 V bis 350 V N -mal gemessen. In der Praxis muss
insbesondere bei getriggerten Messungen darauf geachtet werden, dass die Drift der Floatingspannungsquelle während des Abtastens der Kennlinie vernachlässigbar klein bleibt. Für
die Auswertung der Kennlinien ergeben sich die Spannungswerte Ui aus der Summe der eingestellten Rampenspannung und des gemessenen Werts der Floatingspannungsquelle. Der
Messwert der Floatingspannungsquelle Ûflq weist nun ein Quantisierungsrauschen σÛ2 auf,
flq
das die Varianz der Floating- bzw. Plasmapotentialschätzer um ein Vielfaches übersteigen
kann. Bei der Bestimmung der Momente der EEDF stellt dies kein Problem dar: Es gehen
nur Spannungsdifferenzen Ui − Upl in die Auswertung ein und diese sind unabhängig vom
Quantisierungsrauschen der Floatingspannungsquelle. Die Varianzen der geschätzten Werte für Floating- und Plasmapotential gegenüber Systemmasse ergeben sich jedoch aus den
Summen der Varianzen der Schätzer und der Varianz des Messwerts der Floatingspannungs-
5.1 Langmuir-Sondenmessungen
67
quelle,
2
2
σ̂Û∗ fl = σ̂Ûfl + σ̂Û2 flq ,
2
2
σ̂Û∗ pl = σ̂Ûpl + σ̂Û2 flq .
(5.77)
(5.78)
Der Messwert Uflq ergibt sich aus dem Mittelwert von N Einzelmessungen, so dass die
Varianz σ̂Û2 durch die korrigierte Stichprobenvarianz geschätzt werden kann:
flq
σ̂Û2 flq =
5.1.10
2
1 X
Uflq,i − Ûflq .
N −1 i
(5.79)
Algorithmus zur Auswertung von Sondenkennlinien
Die Auswertung von Langmuir-Sondenkennlinien mit dem in dieser Arbeit entwickelten
Verfahren läuft nun in mehreren Schritten ab. Zunächst wird mittels lokaler Polynome eine
vorläufige Anpassung an die Sondenkennlinie bei Verwendung einer konstanten Bandbreite
von 1 V durchgeführt. Die dadurch bestimmten Lν -Matrizen werden verwendet, um die
Größen v0 und v2 für den homoskedastischen Varianzschätzer zu berechnen, der in Kapitel
5.1.7 diskutiert wurde. Danach wird mit dem in Kapitel 5.1.8 erläuterten Verfahren das
optimale Bandbreitenprofil hopt (u) bestimmt. Anschließend wird die Glättung der Sondenkennlinie mit diesem Bandbreitenprofil wiederholt. Aus dem Ergebnis werden vorläufige
Schätzer des Floatingpotentials, des Sondenpotentials und der effektiven Elektronentemperatur bestimmt. Im Anschluss wird das Bandbreitenprofil in der Umgebung des geschätzten
Plasmapotentials verfeinert und für Spannungen die kleiner sind als das Plasmapotential
nach oben beschränkt (vgl. Kapitel 5.1.8). Dazu werden die vorläufigen Schätzer der Potentiale und der Elektronentemperatur benutzt. Die Schätzer werden ferner dazu verwendet,
um den Bereich des Ionensättigungsstroms zu erraten. Eine erneute Glättung mit dem verbesserten Bandbreitenprofil h∗opt (u) wird verwendet, um die endgültigen Schätzer für den
Sondenstrom und seine Ableitungen sowie für Floating- und Plasmapotential inklusive der
Varianzen zu berechnen. Mit den Daten im Ionensättigungsstrombereich werden anschließend das parametrische Modell für den Ionenstrom angepasst und die zweite Ableitung
sowie die Korrekturterme für die Momente der EEDF zusammen mit den Varianzen und
der Kovarianz ermittelt. Zuletzt werden aus der zweiten Ableitung des Sondenstroms unter
Berücksichtigung der Ionenstromkorrektur die Schätzer für die EEDF sowie die Plasmaparameter Elektronendichte und mittlere Elektronentemperatur zusammen mit den Varianzen
berechnet.
Zum Vergleich mit anderen Plasmadiagnostiken ist es nützlich, die Auswertung zusätzlich mit einer parametrisierten EEDF durchzuführen. Dazu wird aus einer parametrisierten
EEDF mittels Gleichung (5.5) eine Modellkennlinie erzeugt. Mit der nichtlinearen kleinsteQuadrate Methode werden die Parameter so angepasst, dass die Summe der quadrierten
Residuen im Vergleich zur gemessenen Kennlinie minimiert wird. Die Implementierung erfolgt analog zur Ionenstromanpassung (vgl. Kapitel 5.1.5). Die Startwerte für den GaußNewton Algorithmus werden aus den Plasmaparametern der nichtparametrischen Regression
generiert. Ein solches Verfahren besitzt einen größeren systematischen Fehler als die nichtparametrische Schätzung der EEDF, erlaubt aber einen direkteren Vergleich mit anderen
Plasmadiagnostiken (vgl. Kapitel 5.2.3).
68
5.1.11
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
Gültigkeitsbereich des Modells
Die Voraussetzungen für die Gültigkeit des neuentwickelten Auswerteverfahren sind im Prinzip konservativ. Die einzigen physikalischen Annahmen sind die Anwendbarkeit der OMLTheorie für die Beschreibung des Elektronenstroms auf die Sonde und dass sich der Ionenstrom mittels einer allgemeinen Potenzfunktion in ausreichender Näherung wiedergeben
lässt. Die zweite Annahme stellt in der Praxis kein Problem dar. Ohnehin macht sich die
Ionenstromkorrektur in den meisten Fällen kaum bemerkbar (vgl. Abbildung 5.6). Die Gültigkeit der OML-Theorie beschränkt sich hingegen auf Niederdruckplasmen (p . 100 Pa)
ohne statische Magnetfelder. Bei größerem Druck ist die EEDF in der Umgebung der Sonde durch die Messung gestört und die Druyvesteyn-Beziehung ist nicht mehr anwendbar
[SS70]. Es existieren allerdings Ansätze, welche die Verarmung an Ladungsträgern um die
Sondenspitze berücksichtigen [PDD+ 06].
Bei Anwesenheit von statischen Magnetfeldern gyrieren die Ladungsträger um die Magnetfeldlinien. Dadurch verändert sich das Driftverhalten und der Ladungsträgerfluss zur Sonde
wird anisotrop. Gleichung (5.4) gilt dann nur noch in einem Energiebereich, in dem der Gyrationsradius der Ladungsträger sehr viel größer ist als die Ausdehnung der Randschicht. In
Kapitel 6.1 werden Messungen im teilweise magnetisierten Plasma durchgeführt. Dabei stellt
man fest, dass die Störung der EEDF gemäß der Druyvesteyn-Beziehung bei magnetischen
Flussdichten bis zu etwa 0,9 mT vernachlässigbar ist. Der Gyrationsradius für Elektronen
mit einer Energie von 1 eV beträgt dann rl = 4 mm, was etwa dem zehnfachen einer typischen Randschichtdicke im ICP entspricht [LL05]. Für größere magnetische Flussdichten
ist die Voraussetzung rl rs nicht mehr gegeben. Man beobachtet dann eine Störung der
EEDF im niederenergetischen Bereich. In Folge dessen kann zum einen die DruyvesteynBeziehung nicht mehr angewendet werden, zum anderen liegt das Plasmapotential nicht
mehr im Wendepunkt der zweiten Ableitung. Eine Auswertung der Sondenkennlinien ist
dann nicht mehr möglich. Alternative physikalische Modelle zur Beschreibung des Sondenstroms im magnetisierten Plasma existieren nur für vollständig magnetisierte Ladungsträger
[LR76]. Bei teilweiser Magnetisierung hingegen müssen unter hohem numerischen Aufwand
kinetische Plasmamodelle gelöst werden [SL91]. In dieser Arbeit wird bei einer magnetischen
Flussdichte größer als 0,9 mT auf die Sondendiagnostik verzichtet. Statt dessen wird mittels
optischer Emissionsspektroskopie eine parametrisierte EEDF gemessen (vgl. Kapitel 5.2).
Bezüglich der statistischen Ergebnisse muss gewährleistet sein, dass eine ausreichende Anzahl von Datenpunkten zur Verfügung steht, so dass die asymptotischen Verteilungsergebnisse für die Schätzer gültig sind. In der Praxis genügen 500 Messpunkte, damit die statistischen Fehler durch die geschätzten Standardabweichungen gut wiedergegeben werden
(vgl. Kapitel 5.1.9). Ein systematischer Fehler durch die Auswertung entsteht auf Grund
der Glättung ausgeprägter Merkmale der Kennlinie. Je nach Bandbreite wird die EEDF in
der Nähe des Plasmapotentials mehr oder weniger stark verschmiert“ und in Folge dessen
”
wird die Elektronendichte unterschätzt bzw. die mittlere Elektronenenergie überschätzt. In
einem typischen Argon-Plasma liegen die Abweichungen von den wahren Parametern bei
mäßig starkem Rauschen (σ . 0,1 mA) im Bereich weniger Prozent (vgl. Tabelle 5.2).
Die größten Unwägbarkeiten entstehen durch die Unvollkommenheit der Messapparatur.
Viele Effekte führen zu einem Ausschmieren“ der zweiten Ableitung der Kennlinie um den
”
Nulldurchgang, z.B. unvollständige HF-Kompensation, Aufheizen des Sondendrahts und zusätzliche Widerstände im Messkreis. Eine ausführliche Abhandlung über diese Effekte und
Empfehlungen zur Durchführung der Messungen findet man bei Godyak [GPA02]. Beim
Messsystem APS3, das in dieser Arbeit verwendet wird, stellt man fest, dass in Edelgasentladungen die unvollständige HF-Kompensation bei niedriger Elektronendichte den größten
systematischen Fehler bei der Kennlinienauswertung verursacht. Ab einer Elektronendich-
5.2 Optische Emissionsspektroskopie
69
te von etwa ne & 2 · 1016 m−3 ist das Signal gut kompensiert und der statistische Fehler
überwiegt.
5.2
Optische Emissionsspektroskopie
Mittels optischer Emissionsspektroskopie (OES) lassen sich Rückschlüsse auf viele wichtige
Plasmaparameter ziehen. Mit Hilfe von Modellen für die Intensitäten und die Formen von
Spektrallinien kann man u.a. Elektronentemperaturen, Elektronendichten, Dichten angeregter atomarer Niveaus und Neutralgastemperaturen berechnen. Obwohl es sich bei der OES
um eine weit verbreitete Diagnostik der Plasmaphysik handelt, gibt es keine standardisierten Verfahren zur Interpretation der Daten. Dies liegt daran, dass es sich um eine indirekte
Methode handelt und sowohl beim Aufbau der Messapparatur als auch bei der Wahl der Modelle zur Analyse der Daten große Freiheitsgrade bestehen. Die Modelle enthalten zumeist
starke Vereinfachungen, die auf die jeweilige Situation mehr oder weniger gut anwendbar
sind. Dementsprechend muss eine quantitative Auswertung von Daten, die mit OES gewonnen werden, sehr sorgfältig durchgeführt werden. Die folgenden Abschnitte stellen die
Verfahren zur Messung von Neutralgastemperaturen und Elektronenenergieverteilungsfunktionen vor, die in dieser Arbeit angewandt werden. Als Spektrometer werden ein Ocean
Optics™ HR4000 bzw. ein Ocean Optics™ USB2000 verwendet. Ersteres besitzt ein Gitter
der Strichdichte 2400 mm−1 und eine Fokuslänge von 10 cm, wodurch im Bereich 600–656
nm eine spektrale Auflösung entsprechend einer Halbwertsbreite von 0,05 nm erreicht wird.
Für dieses Spektrometer liegt eine relative Kalibrierkurve vor, die mit Hilfe einer kalibrierten Deuteriumlampe durch Messen des Spektrums in einer Ulbrichtkugel erzeugt wurde.
Das USB2000 ist mit einem Gitter der Strichdichte 600 mm−1 ausgestattet und hat eine
Fokuslänge von ca. 5 cm, wodurch bei 700 nm eine spektrale Auflösung entsprechend einer Halbwertsbreite von etwa 1,5 nm erreicht wird. Eine Relativkalibrierung wird für dieses
Spektrometer mit Hilfe einer kalibrierten Xenon-Lampe durchgeführt. Die Lichteinkopplung
y
Glasfaser
Blende
Frontfenster
Reaktorkammer
y / cm
0
x
2
4 · 10−7
1
3 · 10−7
0
2 · 10−7
−1
1 · 10−7
−2
0 · 10−7
−10
−5
0
5
10
x / cm
Bild 5.8: Ortsaufgelöste Einkopplungseffizienz aus dem Plasmavolumen in die Glasfaser.
70
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
erfolgt jeweils über eine Glasfaser mit 0,5 mm2 Durchmesser, die im Abstand von 32,4 cm
vor dem Frontfenster der Reaktorkammer angebracht ist. Eine Blende beschränkt das für
die Glasfaser sichtbare Plasmavolumen auf einen Kegelstumpf. Für die quantitative Analyse
von Daten, die mittels OES gewonnen werden, wird zu jedem Punkt im Plasmavolumen der
Teil des Raumwinkels benötigt, aus dem bei dieser Anordnung Licht in die Glasfaser einkoppelt. Abbildung 5.8 zeigt das Ergebnis einer entsprechenden Berechnung in der dargestellten
Geometrie.
5.2.1
Analyse der OES-Spektren
Für die Auswertung der Spektren werden die Photonenraten verschiedener Spektrallinien
benötigt, die in die Glasfaser einkoppeln. Die Spektrallinien sind dabei auf Grund verschiedener Verbreiterungsmechanismen als Linienprofile mit verschiedenen Formen im Spektrum
sichtbar. In einem relativ kalibrierten Spektrum ist die Fläche eines solchen Linienprofils
proportional zur Photonenrate. Die Form des Profils lässt sich in der Regel mit analytischen Ausdrücken gut beschreiben. Das Regressionsproblem besteht also darin, parametrisierte Linienprofile an bestimmten Stellen im Spektrum anzupassen. Die Anpassung erfolgt
nach der nichtlinearen kleinste-Quadrate Methode (vgl. Kapitel 5.1.5). Je nachdem, welcher
Linienverbreiterungsmechanismus dominiert, verwendet man dabei Gauß-, Lorentz- oder
Voigtprofile. Bei der Analyse der in Kapitel 6 gemessenen Spektren zeigt sich, dass die atomaren Linien gut durch Gaußprofile wiedergegeben werden, während die Molekülbanden
besser durch Lorentzprofile beschrieben werden. Der erste Fall entspricht einer Linienverbreiterung durch das Apparateprofil des Spektrometers USB2000. Im zweiten Fall wird das
Spektrometer HR4000 benutzt, welches eine höhere spektrale Auflösung besitzt, so dass die
Linienverbreitung im Plasma dominiert. Auf Grund der zahlreichen Energieniveaus von Molekülen spielt dabei die Druckverbreiterung durch inelastische Stöße eine wesentliche Rolle,
woraus sich das Lorentzprofil ergibt [TLJ99].
Vor der Anpassung der Linienprofile an die Spektren muss das sogenannte Hintergrundspektrum von den Messdaten subtrahiert werden, das sich aus der Hintergrundbeleuchtung und
der Kontinuumsstrahlung des Plasmas zusammensetzt. Das Hintergrundspektrum wird mittels lokaler Polynome ermittelt (vgl. Kapitel 5.1.6). Dazu wird der Hintergrund als kontinuierliche Funktion der Wellenlänge aufgefasst und Linienstrahlung als Ausreißer interpretiert.
In der Regressionsanalyse können Ausreißer dadurch identifiziert werden, dass die Messdaten nicht im Konfidenzband des Regressors liegen. Die Ausreißer werden dann aus den Daten
entfernt und die Regression mit den übrigen Daten erneut durchgeführt. Bei der Analyse
der Spektren ergibt sich das Problem, dass die Linien sich nur in positiver Richtung vom
Hintergrund abheben und damit die Ausreißer“ asymmetrisch verteilt sind. Die erläuterte
”
Vorgehensweise führt dann dazu, dass der Hintergrund systematisch zu hoch geschätzt wird.
Dies führt zu einem großen systematischen Fehler bei der Anpassung der Linienprofile. Als
einfache Lösung wird der Standardalgorithmus für die Hintergrundschätzung dahingehend
modifiziert, dass alle Messdaten als Ausreißer angesehen werden, die oberhalb des Regressors liegen. Das Verfahren wird insgesamt fünf mal wiederholt. Als konstante Bandbreite
h wird dabei jeweils der Teil des gesamten Wellenlängenbereichs ∆λ verwendet, der dem
inversen Zähler i entspricht (h = i−1 ∆λ). Das Ergebnis der letzten Iteration wird als Hintergrund verwendet. Aus den Residuen wird mittels des homoskedastischen Varianzschätzers
die Varianz der Messdaten geschätzt (vgl. Kapitel 5.1.7).
Die Implementierung der Algorithmen zur Spektralanalyse erfolgt mit der Programmiersprache R, die bei statistischen Problemen verbreitet Anwendung findet [R06]. In Form der
Pakete locfit [Loa06] und nls [BD] werden darin die Routinen für die Anpassung der lokalen
5.2 Optische Emissionsspektroskopie
71
Photonenrate (unkalibriert)
200
Messwerte
geschätztes Hintergrundspektrum
geschätztes Gesamtspektrum
150
Q1 = 12,48 ± 0,12
Q2 = 3,93 ± 0,14
Q3 = 6,09 ± 0,13
100
50
0
621
622
623
624
625
626
Wellenlänge / nm
Bild 5.9: Anpassung des Hintergrundspektrums und der Linienprofile dreier molekularer Wasserstofflinien der Fulcher α-Banden an das Spektrum eines Argon-Wasserstoff-Plasmas.
Polynome und für die nichtlineare kleinste-Quadrate Methode zur Verfügung gestellt. Abbildung 5.9 zeigt beispielhaft das Ergebnis der Anpassung des Hintergrundspektrums und
dreier molekularer Wasserstofflinien an eine Messung im Argon-Wasserstoff-Plasma.
5.2.2
Bestimmung von Neutralgastemperaturen
Durch die Beimischung eines Molekülgases zu Niederdruckentladungen entsteht die Möglichkeit, mittels OES die Neutralgastemperatur zu bestimmen. Man findet dann in den Spektren
sogenannte Rotationsbanden, die durch Strahlungs-Relaxation von elektronisch und vibratorisch bzw. rotatorisch angeregten Molekülen entstehen. Eine einfache Analyse ausgewählter
Banden ist unter folgenden Voraussetzungen möglich [GGD01]:
• Die Wirkungsquerschnitte für elektronische Anregungen bei konstantem Rotationsund Vibrationszustand müssen sehr viel größer sein als für Anregungen bei Veränderung des Rotations- bzw. Vibrationszustands.
• Die Lebensdauer des elektronisch angeregten Zustands muss deutlich kleiner sein als
die Relaxationszeit der rotatorischen Niveaus.
• Der dominante Anregungsmechanismus muss direkte Elektronenstoßanregung sein.
Insbesondere muss die Bevölkerungsrate des angeregten Zustands durch Kaskadenprozesse vernachlässigbar klein sein.
Die Verhältnisse der Besetzungsdichten der rotatorischen Niveaus im elektronisch angeregten Zustand sind dann identisch zu denen im elektronischen Grundzustand (n = 0). Außerdem sind die Verhältnisse der Linienintensitäten im Spektrum der Entladung ein Maß
für die Verhältnisse der Zustandsdichten der rotatorisch angeregten Niveaus. In [GGD01]
und [ARGSD05] wird gezeigt, dass in induktiv gekoppelten Niederdruckplasmen diese Voraussetzungen auf den sogenannten Q-Zweig der diagonalen Fulcher-α Banden im zweiten
vibratorisch angeregten Niveau (ν = 2) des Wasserstoffmoleküls in ausreichender Näherung
72
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
zutreffen. Der Q-Zweig enthält die Linien, bei denen sich der rotatorische und der vibratorische Energiezustand beim elektronischen Übergang nicht ändern (∆N = ∆ν = 0). Wenn
sich die rotatorisch angeregten Niveaus für ν = 2 und n = 0 im thermischen Gleichgewicht
befinden, kann man mittels eines Boltzmannplots der Zustandsdichten die Temperatur der
Wasserstoffmoleküle im angeregten Zustand bestimmen, die nach den obigen Voraussetzungen mit der Temperatur im Grundzustand übereinstimmt. Bei Neutralgasdrücken von
einigen Pascal ist ein lokales thermisches Gleichgewicht der Zustandsdichten in guter Näherung gegeben. Andererseits sind die Stoßfrequenzen der Neutralgasteilchen so groß, dass
die verschiedenen Spezies, also Argon, Wasserstoff, etc., die gleiche Temperatur besitzen.
Die Anwendbarkeit der Wasserstoffmethode zur Temperaturmessung in ICPs wird in einer Arbeit von Abdel-Rahman bestätigt [ARGSD05]. Dort wird durch den Vergleich HFphasenaufgelöst gemessener Temperaturen mit entsprechenden Simulationen gezeigt, dass
der gemessene Mittelwert von der tatsächlichen Neutralgastemperatur um weniger als 20 K
nach oben abweicht. Die Neutralgastemperatur in diesem Experiment kann daher durch die
OES bei Zugabe einer geringen Menge an Wasserstoff zur Gasmischung gemessen werden.
Die Messungen erfolgen mittels des HR4000 Spektrometers, welches eine genügend kleine
Halbwertsbreite besitzt, um die Rotationsbanden des Wasserstoffs aufzulösen. Bei einer Beimischung von φH2 = 2 sccm Wasserstoff zum Gasfluss durch den Reaktor kann man die drei
intensivsten Linien des Q-Zweigs der Fulcher-α-Banden (622,48 nm, 623,03 nm und 623,84
nm) von der Hintergrundstrahlung gut unterscheiden. Die Genauigkeit der Messung reicht
dann aus, um die Gastemperatur auf etwa ±20 K genau zu bestimmen. Die Berechnung
der Temperatur aus den Messwerten erfolgt dabei durch die Anpassung einer Exponentialfunktion an die Messwerte nach der in Kapitel 5.1.5 vorgestellten nichtlinearen kleinsteQuadrate Methode. Im Gegensatz zur Langmuirsondenmessung stehen in diesem Fall nur
wenige Messpunkte zur Verfügung. Eine konsistente statistische Behandlung des Problems
wird entsprechend dadurch verhindert, dass das asymptotische Verteilungsergebnis für die
zu schätzenden Parameter nicht gültig ist. Die asymptotischen Standardabweichungen der
Schätzer werden dennoch als Maß für den statistischen Fehler der Auswertung verwendet.
Abbildung 5.10 zeigt den Boltzmann-Plot und die angepasste Exponentialfunktion für die
in Abbildung 5.9 dargestellte Messung im Argon-Wasserstoff-Plasma. Die Gastemperatur
wird aus dieser Messung zu 570 K bestimmt. Für den statistischen Fehler ergibt die lineare
Näherung eine Standardabweichung von 15 K. Obwohl die lineare Näherung nur im Fall
vieler Datenpunkte zutrifft (vgl. Kapitel 5.1.5), deckt sich das Ergebnis überraschend gut
mit der beobachteten Streuung der berechneten Temperaturen.
5.2.3
Bestimmung parametrisierter Elektronenenergieverteilungsfunktionen
Vereinfachtes Stoß-Strahlungsmodell
Zur Bestimmung von parametrisierten EEDFs verwendet man sogenannte Stoß-Strahlungsmodelle, welche die Intensitäten von Spektrallinien bei vorgegebenen EEDF-Parametern
beschreiben. Die Parameter werden dann mit der nichtlinearen kleinste-Quadrate Methode
so angepasst, dass die berechneten Linienintensitäten das gemessene Spektrum bestmöglich
wiedergeben. Das in dieser Arbeit verwendete Verfahren basiert auf einem vereinfachten,
stationären Stoß-Strahlungsmodell von Boffard [BLD04]. In diesem Modell geht man davon
aus, dass ein Gleichgewicht zwischen Elektronenstoßanregung aus dem Grundzustand sowie
5.2 Optische Emissionsspektroskopie
73
Besetzungsdichte (unkalibriert)
10
Boltzmann-Verteilung
Messwerte
1
Trot = 570 K ± 15 K
0.1
0
2
4
6
8
10
12
14
Energiezustand (En=1,ν=2,N / En=1,ν=2,0 )
Bild 5.10: Anpassung einer Boltzmann-Verteilung an die Besetzungsdichten der rotatorischen Molekülniveaus. Die Besetzungsdichten sind proportional zu den Linienintensitäten des
Q-Zweigs im Fulcher-α-Band von Wasserstoff. Die Anpassung nach der nichtlinearen
kleinste-Quadrate Methode ergibt die Gastemperatur.
aus den metastabil und resonant angeregten Niveaus und spontaner Emission besteht:
!
r
Z∞
X
X
dni (r)
2E
dE −
Ail ni (r) .
(5.80)
=0=
nk (r) σki (E) fe (r,E)
dt
m
e
l<i
k
0
Dabei sind ni (r) die Besetzungsdichte des atomaren Zustands i, nk (r) die Besetzungsdichten des Grundzustands bzw. der metastabil und resonant angeregten Niveaus, σki die Wirkungsquerschnitte für Elektronenstoßanregung des Zustands i aus den Zuständen k und Ail
die Einsteinkoeffizienten für die strahlenden Übergänge aus dem Zustand k in die Zustände
l. In der Literatur wird ein solches Modell auch als Koronamodell bezeichnet. Gegenüber einem vollständigen, stationären Stoß-Strahlungsmodell sind im Koronamodell die Anregung
der atomaren Niveaus durch Strahlungsübergänge aus höheren Niveaus (im Folgenden als
Stoßkaskaden bezeichnet) und durch Photonenanregung aus tiefer liegenden Niveaus sowie
Stoßabregung vernachlässigt. Dadurch enthält dieses Modell nur lokale Größen und die Anzahl der Variablen und Eingabeparameter ist begrenzt. Andererseits haben Stoßkaskaden
und Photonenreabsorption in Niederdruckplasmen einen nennenswerten Anteil an der Population der strahlenden Niveaus. Um diese Prozesse zu erfassen, wird das Koronamodell
daher wie folgt erweitert: Anstelle der Wirkungsquerschnitte für die direkte Elektronenstoßanregung werden druckabhängige, optisch gemessene Wirkungsquerschnitte verwendet,
welche die Beiträge der Anregung durch Stoßkaskaden berücksichtigen. Für die Beschreibung der spontanen Emission werden effektive Einsteinkoeffizienten verwendet, wodurch die
Reabsorption von Strahlung erfasst wird. Das modifizierte Modell lautet damit:
!
r
Z∞
X
X
2E
App
0=
nk (r) σki (E) fe (r,E)
dE −
γil Ail ni (r) ,
(5.81)
me
l<i
k
0
App
wobei σki
die optisch gemessenen Wirkungsquerschnitte und γil Ail die effektiven Einsteinkoeffizienten sind. Zur Bestimmung der γil geht man von einer homogenen Photonendichte
74
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
im Plasmavolumen aus. Die γil ergeben sich dann aus den mit ni gewichteten, volumengemittelten Escapewahrscheinlichkeiten θil (r) und werden in der Literatur daher als Escapefaktoren bezeichnet [Hol47; Iro78]:
−1 Z
Z
γij =
ni (r)
V
ni (r) θij (r) dV.
(5.82)
V
Die Photonenrate φij (r) für einen optisch erlaubten Übergang i → j am Ort r, die auf einen
Photonendetektor außerhalb des Plasmas trifft, hängt von der Besetzungsdichte des strahlenden Niveaus ni (r), dem Einsteinkoeffizienten Aij , der Escapewahrscheinlichkeit θij (r)
und dem für den Detektor sichtbaren Teil des Raumwinkels c (r) wie folgt ab:
φij (r) = c (r) θij (r) Aij ni (r) .
(5.83)
Der gesamte Photonenfluss ΦObs
ij , der auf den Detektor trifft, ergibt sich aus der Integration
von Gleichung (5.83) über das für den Detektor sichtbare Plasmavolumen V Obs :
Z
Obs
Φij =
c (r) θij (r) Aij ni (r) dV.
(5.84)
V Obs
Mit einer modifizierten Definition des Escapefaktors,
γij = cni −1 cni θij ,
(5.85)
ΦObs
= V Obs cni γij Aij ,
ij
(5.86)
ergibt sich:
R
wobei (. ) = 1/V Obs V Obs (. )dV die Mittelung einer Größe (. ) über das sichtbare Plasmavolumen symbolisiert. Eliminiert man ni (r) mit Hilfe von Gleichung 5. 81 und verwendet
man volumengemittelte Größen für die Besetzungsdichten nk (r) und die gewichtete EEDF
c (r) fe (r), so erhält man:
∞
ΦObs
ij
Z
γij Aij X
App
Obs
P
nk σki
(E) cfe (E)
=V
l<i γil Ail k
r
2E
dE.
me
(5.87)
0
Mit Hilfe von Gleichung (5.87) kann ein implizites Gleichungssystem für die unbekannte
EEDF aufgestellt werden. Dazu parametrisiert man die EEDF und betrachtet die Photonenflüsse mehrerer strahlender Übergänge auf ein optisches Spektrometer gemäß Gleichung
(5.87). Die Lösung eines solchen Gleichungssystems erfolgt mit der nichtlinearen kleinsteQuadrate Methode. Voraussetzung ist die Kenntnis aller Eingabeparameter, also der WirApp
kungsquerschnitte (σki
), der Besetzungsdichten des Grundzustands und der resonant und
metastabil angeregten Niveaus (nk ), der Einsteinkoeffizienten (Aij ) und der Escapefaktoren
(γij ). Die Einsteinkoeffizienten sind bei Edelgasen für die meisten Übergänge im sichtbaren Spektralbereich bekannt (vgl. [NIS06]). Für die Wirkungsquerschnitte gibt es qualitativ
hochwertige Messungen für die Anregung vieler wichtiger atomarer Niveaus (vgl. [BLD04]).
Für die Escapefaktoren gibt es analytische Näherungsformeln, die eine Näherung in ausreichender Genauigkeit liefern, die allerdings wiederum von den Besetzungsdichten der metastabil und resonant angeregten Niveaus abhängen (vgl. [Iro78]).
Während man die Dichte des Grundzustands mit der Gasgleichung aus dem eingestellten
Druck berechnen kann, sind die Besetzungsdichten der resonant und metastabil angeregten Niveaus nicht bekannt. Prinzipiell können diese Besetzungsdichten selbstkonsistent aus
5.2 Optische Emissionsspektroskopie
75
dem mit (5.87) konstruierten Gleichungssystems geschätzt werden. Allerdings erhöht sich
dadurch zum einen die Anzahl der Unbekannten, zum anderen zeigt sich, dass die Ergebnisse auf Grund der Ungenauigkeiten der in der Literatur verfügbaren Wirkungsquerschnitte
inkonsistent sind. Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher ein einfaches Verfahren entwickelt,
mit dem eine robuste Schätzung der gesuchten Besetzungsdichten anhand der gemessenen
Spektren möglich ist. Dieses wird im folgenden Abschnitt vorgestellt.
Bestimmung der Dichten von metastabil und resonant angeregten atomaren
Niveaus
Ausgangspunkt ist der von einem Detektor erfasste Photonenfluss eines Übergangs gemäß
Gleichung (5.86). Setzt man die Photonenflüsse von zwei Übergängen i → j und i → k, die
von einem gemeinsamen oberen Niveau i ausgehen, ins Verhältnis, so erhält man formal:
γij Aij
Φij
=
.
Φik
γik Aik
(5.88)
Auf Gleichung (5.88) gründet sich folgende diagnostische Idee: Betrachtet man nur das strahlende Niveau i und die tieferliegenden atomaren Niveaus, ist die gesamte Strahlungsemission
des Plasmas aus dem Niveau i unabhängig von der Photonreabsorption, da sich die Besetzung des Niveaus ni in dem Maße erhöht, in dem sich der Photonenfluss aus dem Plasma
verringert. Da sich aber die Escapewahrscheinlichkeiten θij und damit die Escapefaktoren
γij für die verschiedenen Strahlungsübergänge je nach Besetzungsdichte der unteren Niveaus
unterscheiden, verändern sich die effektiven Verzweigungsverhältnisse für die Strahlung aus
dem Niveau i gemäß Gleichung (5.88). Die Abhängigkeit der Verzweigungsverhältnisse von
den Besetzungsdichten der unteren Niveaus kann nun dazu ausgenutzt werden, um aus den
Verhältnissen gemessener Photonenflüsse auf die Besetzungsdichten zurückzuschließen.
Grundsätzlich können die Escapefaktoren exakt berechnet werden. Eine entsprechende Analyse erfordert allerdings die Kenntnis der räumlichen Profile sowohl des strahlenden, als auch
der tiefer liegenden Niveaus. Da diese nicht bekannt sind, wird eine globale Näherung verwendet. In der Literatur stehen dazu verschiedene analytische Ausdrücke zur Verfügung
[Iro78]. Konsistente Ergebnisse bei der Analyse der metastabil und resonant angeregten
Niveaus werden in dieser Arbeit mit der Formel von Mewe [Mew70] erzielt:
γij ≈
2 − exp (−10−3 κij (∆ν = 0) l)
,
1 + κij (∆ν = 0) l
(5.89)
wobei l die Länge des sichtbaren Plasmavolumens ist und die sogenannten Absorptionskoeffizienten κij wie folgt definiert sind:
λ2ij
gi
κij (∆ν) =
Pij (∆ν) nj Aij ,
8π
gj
(5.90)
mit der Wellenlänge des strahlenden Übergangs λij , den statistischen Gewichten des oberen
bzw. unteren Niveaus gi und gj , der volumengemittelten Besetzungsdichte des unteren Niveaus nj und der Frequenzverteilungsdichte des Linienprofils Pij (∆ν). Für die hier betrachtete Situation ist die Dopplerverbreiterung der dominante Mechanismus, der das Linienprofil
festlegt, und es gilt [TLJ99]:
r
Pij (∆ν) = λij
m
m
2
2
exp −λij
∆ν .
2πkB T
2kB T
(5.91)
76
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
Zur Bestimmung der mittleren Besetzungsdichten nk wird nun mit Hilfe von (5.88) ein implizites Gleichungssystem aufgestellt, das mehrere Linienverhältnisse mit jeweils gleichem
strahlenden Niveau kombiniert. Mit Hilfe des in Kapitel 5.1.5 vorgestellten Gauß-NewtonVerfahrens wird das Gleichungssystem nach den Unbekannten nk gelöst. Man beachte, dass
durch die Verwendung von Linienverhältnissen mit jeweils gleichem oberen Niveau das Gleichungssystem nicht von den Besetzungsdichten dieser Niveaus abhängt. Im Gegensatz zu
anderen Methoden werden für die Analyse keine Wirkungsquerschnitte benötigt und es
werden keine Annahmen bzgl. der EEDF getroffen. Die einzigen atomaren Daten, die in
die Analyse eingehen sind die Einsteinkoeffizienten, für die genaue Messwerte existieren
[NIS06]. Das Verfahren funktioniert auch dann, wenn die Besetzungsdichten der metastabil
und resonant angeregten Niveaus in derselben Größenordnung liegen. Diese Eigenschaft ist
insbesondere bei Methoden, die auf dem Vergleich von Linienintensitäten mit schwacher und
starker Photonenreabsorption beruhen, nicht gegeben [JT75; GGPS06]. Von entscheidender
Bedeutung ist die Nichtlinearität des Gleichungssystems. Mit einem Gleichungssystem, das
linear von den Verhältnissen der Besetzungsdichten abhängt, könnten nur relative Werte für
diese Dichten berechnet werden. Durch die Nichtlinearität von Gleichung (5.89) können mit
dem hier vorgestellten Verfahren die absoluten Werte der Dichten nk berechnet werden.
Linie
Ar-826
Ar-727
Ar-696
Ar-840
Ar-738
Ar-706
Ar-852
Ar-794
Wellenlänge
(λ)
826. 45 nm
727. 29 nm
696. 54 nm
840. 82 nm
738. 40 nm
706. 72 nm
852. 14 nm
794. 82 nm
Übergang
2p2
2p2
2p2
2p3
2p3
2p3
2p4
2p4
→ 1s2
→ 1s4
→ 1s5
→ 1s2
→ 1s4
→ 1s5
→ 1s2
→ 1s3
Schwellenergie Einsteinkoeffizient Lebensdauer
(Eth )
(Aij )
(τ )
7 −1
13. 33 eV
1. 53 · 10 s
28. 4 ns
6 −1
13. 33 eV
1. 83 · 10 s
28. 4 ns
13. 33 eV
6. 39 · 106 s−1
28. 4 ns
7 −1
13. 30 eV
2. 23 · 10 s
28. 9 ns
6 −1
13. 30 eV
8. 47 · 10 s
28. 9 ns
13. 30 eV
3. 80 · 106 s−1
28. 9 ns
7 −1
13. 28 eV
1. 39 · 10 s
24. 9 ns
13. 28 eV
1. 86 · 107 s−1
24. 9 ns
Tabelle 5.3: Atomare Daten der Argon-Linien, die für die Berechnung der Dichten der metastabil
und resonant angeregten Niveaus verwendet werden. [NIS06].
14
Energie / eV
13. 5
2p2
n2p2
2p3
n2p3
2p4
n2p5
13
12. 5
12
11. 5
1s5
n1s5
1s4
n1s4
1s3
n1s3
1s2
n1s2
11
Bild 5.11: Termschema der 3p5 4s und 3p5 4p Zustände von Argon. Die Energieniveaus sind in
Paschennotation angegeben. Die Pfeile stellen die optisch erlaubten Übergänge dar, die
in Tabelle 5.3 aufgelistet sind.
5.2 Optische Emissionsspektroskopie
77
Im Experiment wird das Verfahren auf das Argon-System angewendet, um die gemittelten
Besetzungsdichten der beiden metastabilen Niveaus n1s3 und n1s5 sowie der resonanten Niveaus n1s2 und n1s4 zu bestimmen. Diese werden für die Anwendung des Stoß-Strahlungsmodells
benötigt. Zur Auswertung wird noch das sichbare Volumen benötigt. Dieses ergibt sich aus
der experimentellen Anordnung des Spektrometers. Wie in Kapitel 5.2 erläutert, erfolgt die
Einkopplung durch eine Glasfaser, die vor dem Frontfenster des Reaktors angebracht ist.
Der Einkopplungsbereich wird dabei durch eine Blende auf ein kegelförmiges Volumen begrenzt, welches die gesamte Plasmaentladung in horizontaler Richtung durchschneidet (vgl.
Abbildung 5.8). Als Tiefe des sichbaren Plasmavolumens wird daher l = 25 cm verwendet,
was dem Durchmesser des Kessels entspricht. Man beachte, dass die Ergebnisse für die über
die Sichtlinie integrierten Besetzungsdichten nd · l von der Wahl der Länge l unabhängig
sind. In Tabelle 5.3 ist eine Auswahl von Argon-Linien im sichtbaren Bereich zusammen
mit den Anregungsenergien und den natürlichen Lebensdauern der oberen Niveaus sowie
den Einsteinkoeffizienten für die Übergänge zusammengestellt. Die verschiedenen Übergänge sind in Abbildung 5.11 veranschaulicht. Die oberen Niveaus der Übergänge liegen im 3p5 4s
Orbital, also im zweiten elektronisch angeregten Zustand. Die Spektralabstände zu benachbarten Linien und die Strahlungsintensitäten dieser Linien sind über einen weiten Bereich
des Parameterraums von argonhaltigen Entladungen so groß, dass sich die Linienintensitäten problemlos auch mit einem Spektrometer mit schlechter spektraler Auflösung messen
lassen. Das Spektrometer muss mindestens relativ kalibriert sein, so dass die Verhältnisse der
gemessenen Intensitäten den Verhältnissen der Photonenflüsse entsprechen. Diese Voraussetzungen sind für das im Experiment verwendete Spektrometer USB2000 sichergestellt. Aus
den Linien von Tabelle 5.3 werden nun fünf linear unabhängige Verhältnisse mit jeweils gemeinsamen oberen Niveau gebildet, nämlich 2p2 → 1s5 : 2p2 → 1s2 , 2p2 → 1s4 : 2p2 → 1s2 ,
2p3 → 1s5 : 2p3 → 1s2 , 2p3 → 1s4 : 2p3 → 1s2 und 2p4 → 1s3 : 2p4 → 1s2 . Durch die
Verwendung von mehr Linienverhältnissen als Unbekannten im Gleichungssystem vorhanden sind wird die Robustheit des Schätzers verbessert und der Einfluss des Rauschens der
Messwerte auf das Ergebnis verringert.
Zur Verifikation des Verfahrens wird eine Druckvariation in einer Argon-Entladung durchgeführt und die Ergebnisse für die Besetzungsdichten mit Literaturwerten verglichen. Abbil1017
n · l / m−2
1016
1015
ne
nAr1s2
nAr1s3
nAr1s4
nAr1s5
1014
0
1
2
3
4
5
6
7
p / Pa
Bild 5.12: Variation der sichtlinienintegrierten Zustandsdichten der Argon-3p5 4s-Niveaus mit dem
Entladungsdruck.
78
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
dung 5.12 zeigt die über die Sichtlinie integrierten Besetzungsdichten im Druckbereich p = 1
– 6 Pa bei einer Generatorleistung Pf = 100 W. Als Referenz ist die von der Langmuirsonde
gemessene Elektronendichte eingezeichnet. Man erkennt dass die Dichten der resonanten
Niveaus mit dem Druck zunehmen. Dieser Trend lässt sich mit verlängerten effektiven Lebensdauern der resonanten Niveaus auf Grund verstärkter Photonenreabsorption für die
strahlenden Übergänge in den Grundzustand bei steigendem Druck erklären [BGV98]. Die
Dichten der metastabilen Zustände sind nahezu konstant. Dabei ist die Dichte des 1s5 metastabilen Zustands bei einem Druck von p = 1 Pa etwa um den Faktor 6,5 höher als die
Dichte des 1s3 Zustands. Dieser Faktor nimmt mit steigendem Druck auf etwa 4,7 bei p = 6
Pa ab. Auf Grund des Verhältnisses der statistischen Gewichte der beiden Zustände würde
man einen Unterschied um den Faktor 5 erwarten. Die Abweichungen davon kann man etwa
wie folgt erklären: Von Untersuchungen anhand detaillierter Stoß-Strahlungsmodelle ist bekannt, dass die wichtigsten Depopulationsmechanismen der metastabilen Zustände PenningIonisation und Elektronenstoßanregung in höhere Zustände sind [BGV98]. Diese Prozesse
sind für die beiden metastabilen Zustände verschieden effizient und je nach Elektronendichte
verschieben sich die Anteile der einzelnen Prozesse an der Depopulation. Die Elektronendichte ist wiederum eine druckabhängige Größe (vgl. Abbildung 5.12). Entsprechend ergibt sich
eine Abweichung des Besetzungsverhältnisses vom Verhältnis der statistischen Gewichte, die
mit dem Druck variiert.
Abbildung 5.13 ist eine Reproduktion von Abbildung 16 der Publikation von Hebner [HM00]
und enthält analog zu Abbildung 5.12 eine Druckvariation der Besetzungsdichten der metastabilen und resonanten Zustände bei einer Argon-Entladung in einer induktiven GECZelle. Es fällt auf, dass die Ergebnisse der beiden Graphiken bis auf die absoluten Zahlen
hervorragend übereinstimmen, obwohl die Ergebnisse von Hebner mit einer grundlegend
verschiedenen Messmethode gewonnen wurden, nämlich der Laserabsorptionsspektroskopie.
Mit dieser Methode erhält man direkt die über das Volumen eines Laserstrahls integrierten
Besetzungsdichten, ohne eine Annahme über die räumlichen Profile treffen zu müssen. Die
Tatsache, dass man mit beiden Methoden zu denselben Ergebnissen gelangt, rechtfertigt a
posteriori die Näherungen, die durch die Verwendung des globalen Escapefaktors nach Gleichung (5.89) gemacht wurden, insbesondere die Annahme einer homogenen Photonendichte
im Plasma. Die Absolutwerte zwischen den beiden Messreihen unterscheiden sich maximal
um den Faktor 2, was auf Grund der verschiedenen Messmethoden und der verschiedenen
Entladungs- und Spulengeometrien als gute Übereinstimmung zu werten ist. Ein grundlegender Unterschied besteht z.B. im Elektrodenabstand, der in diesem Experiment 6 cm beträgt,
Bild 5.13: Variation der sichtlinienintegrierten Zustandsdichten der Argon-3p5 4s-Niveaus mit dem
Entladungsdruck. Die Abbildung ist einer Publikation von Hebner entnommen (vgl.
Abbildung 16 in [HM00]).
5.2 Optische Emissionsspektroskopie
79
wohingegen Hebner den im GEC-Design vorgesehenen Abstand von 3,8 cm verwendet.
Parametrisierung der EEDF und Auswahl von Spektrallinien für das StoßStrahlungsmodell
Die Besetzungsdichten der metastabil und resonant angeregten Niveaus und die Escapefaktoren können also mit dem soeben beschriebenen Verfahren berechnet werden. Um das
Stoß-Strahlungsmodell gemäß Gleichung (5.87) anwenden zu können, muss noch eine sinnvolle Parametrisierung der EEDF gefunden und Linien identifiziert werden, für die alle
notwendigen Wirkungsquerschnitte mit ausreichender Genauigkeit bekannt sind. Aus Langmuirsondenmessungen, die in Kapitel 6.1 vorgestellt werden, ist bekannt, dass die lokale
EEDF einer Zwei-Temperaturverteilung ähnelt. Eine solche Verteilung kann etwa wie folgt
dargestellt werden:

ne a exp − E
, E ≤ kB Te,pos
kB Te,1 (5.92)
fe =
ne ab exp − E
, E > kB Te,pos ,
kB Te,2
wobei a und b Normierungskonstanten sind:
s
! s
!
√
T
π
T
T
e,pos
e,pos
e,pos
a−1 = (kB Te,1 )
erf
−
exp −
+
2
Te,1
Te,1
Te,1
s
!! s
!
√
π
T
T
T
e,pos
e,pos
e,pos
(kB Te,2 )3/2 b
1 − erf
+
exp −
2
Te,2
Te,2
Te,2
Te,1 − Te,2
b = exp Te,pos
.
Te,1 Te,2
3/2
(5.93)
(5.94)
Die Verteilung besitzt vier Parameter, nämlich die beiden Temperaturen Te,1 und Te,2 für
den niederenergetischen bzw. den hochenergetischen Abschnitt, eine Schwellenergie kB Te,pos ,
welche die beiden Bereiche voneinander trennt, und die Elektronendichte ne . Die über das
sichtbare Volumen des Detektors gemittelte EEDF hat eine ähnliche Form, wobei die Knickstelle unschärfer“ ist. Die Parametrisierung erfolgt daher auf gleiche Weise, allerdings wird
”
im Exponenten eine Überblendfunktion zwischen den beiden Temperaturen verwendet.
Für die Auswahl von Spektrallinien wird die von der Langmuirsonde gemessene, volumengemittelte EEDF in Gleichung (5.87) eingesetzt und die berechneten Linienintensitäten mit der
Messung durch das Spektrometer verglichen. Die Messungen werden in einer Argon-NeonEntladung durchgeführt und die Ne-585 Linie wird zur Analyse hinzugefügt. Im Falle des
Neon liegen keine Daten für die metastabil und resonant angeregten Niveaus vor. Allerdings
ist nur das resonante 1s2 Niveau mit dem oberen Niveau der Ne-585 Linie optisch verbunden.
Entsprechend sind die Anregungsquerschnitte aus den drei anderen Niveaus sehr klein und
die Anregung aus diesen Niveaus lässt sich vernachlässigen. Das einzig relevante 1s2 Niveau,
in das die Ne-585 Linie strahlt, hat die niedrigste Besetzungsdichte und bleibt daher ebenfalls unberücksichtigt. Ansonsten werden als Wirkungsquerschnitte die optisch gemessenen
Querschnitte von Lin [CBSL98; Lin04; CJL00] verwendet. Diese beinhalten einen kompletten
Datensatz für die Elektronenstoßanregung der Argon 3p5 4p Niveaus aus dem Grundzustand
und aus den metastabil angeregten Niveaus, sowie für die Anregung der Neon 2p5 3p Niveaus
aus dem Grundzustand. Für die Anregung aus den resonanten Argon Niveaus stehen keine
Wirkungsquerschnitte zur Verfügung. Die Elektronenstoßanregung aus diesen Niveaus kann
daher ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Um eine aufwändige Absolutkalibrierung des
80
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
Spektrometers zu vermeiden, werden die Spektren so skaliert, dass der gemessene Photonenfluss der Ne-585 Linie bei 1 Pa mit dem Ergebnis von Gleichung (5.87) übereinstimmt.
Dieser Skalierungsfaktor wird für alle nachfolgenden Messungen als Kalibrierung verwendet.
In Abbildung 5.14 ist das Ergebnis einer Messung für eine Druckvariation im Bereich p = 1
– 6 Pa und einer konstanten Generatorleistung Pf = 100 W zusammen mit den berechneten
Photonenflüssen dargestellt. Man erkennt eine gute Übereinstimmung der Werte für die Linien Ne-585 und Ar-750. Dies ist leicht zu verstehen, da die oberen Zustände dieser Niveaus
optisch nur mit dem 1s2 Niveau von Neon bzw. Argon verbunden sind, die die niedrigsten
Besetzungsdichten aufweisen. Daher spielt die Photonenreabsorption bei diesen Linien eine
untergeordnete Rolle und die Elektronenstoßanregung erfolgt zum überwiegenden Teil aus
dem Grundzustand. Für die Linien Ar-696 und Ar-706 stimmen die berechneten Werte nicht
gut mit den gemessenen überein. Die berechneten Intensitäten sind dabei zu niedrig und die
Abweichung steigt mit zunehmenden Druck. Dies kann man damit erklären, dass auf Grund
der fehlenden Wirkungsquerschnitte die Elektronenstoßanregung aus den resonant angeregten Niveaus, insbesondere dem stark besetzten 1s4 Niveau nicht berücksichtigt werden kann.
Die Besetzungsdichte der resonanten Niveaus steigt mit zunehmenden Druck, wie in Abbildung 5.12 zu sehen ist. Die Intensität der Linie Ar-811 wird vom Modell zu hoch geschätzt.
Dies könnte z.B. daran liegen, dass der Wirkungsquerschnitt für Elektronenstoßanregung
aus dem metastabilen 1s5 Niveau in [Lin04] zu hoch angegeben ist.
Als Spektrallinien für die Auswertung des Stoß-Strahlungsmodells kommen also die Linien
Ne-585 und Ar-750 in Frage. Bei vier unbekannten Parametern der parametrisierten EEDF
hat man damit mehr Unbekannte als Gleichungen. Die Situation verbessert sich, wenn man
den Anregungsquerschnitt für Elektronenstoßanregung des 2p9 Niveaus aus dem metastabilen 1s5 Niveau willkürlich so anpasst, dass das Modell die Messwerte aus Abbildung 5.14
wiedergibt. Es stehen dann drei Gleichungen zur Verfügung. Um die Unbestimmtheit vollständig aufzuheben, kann man einen Parameter der EEDF vorgeben. In den Experimenten,
die im nachfolgenden Kapitel beschrieben werden, wird die Schwellenergie für eine bestimmte
Linienintensität (ohne Einheit)
1011
Ar-750
(Modell)
Ne-585
(Modell)
Ar-696
(Modell)
Ar-706
(Modell)
Ar-794
(Modell)
Ar-811
(Modell)
1010
109
108
0
1
2
3
4
5
6
7
p / Pa
Bild 5.14: Vergleich von gemessenen und berechneten Intensitäten der Spektrallinien von Argon
aus Tabelle 5.3. Die Berechnung erfolgt nach Gleichung 5.87 mit den Besetzungsdichten
der metastabilen angeregten Niveaus und der EEDF aus OES- bzw. Langmuirsondenmessungen.
5.2 Optische Emissionsspektroskopie
81
Plasmabedingung aus Sondenmessungen bestimmt und bei Variation der Magnetfelds konstant gehalten. Bei der Auswertung der OES-Daten ergibt sich dann ein Fehler bezüglich der
Form des hochenergetischen Teils der EEDF. Der wesentliche Informationsgehalt der EEDF
liegt allerdings in der Elektronendichte, der Temperatur des niederenergetischen Bereichs
und im integralen Anteil an höherenergetischen Elektronen. Diese Information bleibt auch
dann erhalten, wenn eine falsche Schwellenergie zugrunde gelegt wird.
Vergleich mit Langmuir-Sondenmessungen
Zur Validierung des Verfahrens wird die volumengemittelte EEDF aus Langmuirsondenmessungen mit der parametrisierten EEDF verglichen, die aus den OES-Daten bestimmt
wird. Die Versuche werden wieder in einem Argon-Neon-Plasma durchgeführt. Abbildung
5.15 zeigt das Ergebnis bei drei verschiedenen Drücken. In allen drei Fällen findet man eine gute Übereinstimmung der Messergebnisse. Beide Diagnostiken zeigen einen Anstieg der
Elektronendichte bei steigendem Druck, eine absinkende Elektronentemperatur im niederenergetischen Bereich und einen sinkenden Anteil an höherenergetischen Elektronen. Dies
entspricht den Vorhersagen globaler Plasmamodelle [LL05]: Mit steigendem Druck wird die
Diffusion der positiven Ladungsträger zu den Rekombinationszentren an der Reaktorwand
erschwert. Das Gleichgewicht zwischen Ladungsträgerverlusten und -generation wird dann
bei einer niedrigeren Elektronentemperatur erreicht. Dadurch sinkt wiederum das Plasmapotential. Für die Elektronen in reinen Edelgas-Niederdruckplasmen herrschen nichtlokale
Bedingungen und der dominierende Energieverlustkanal ist der Ladungsträgerverlust zur
Wand. Die Schwellenergie hierfür ist das Plasmapotential und dessen Trend folgend ist der
Anteil an höherenergetischer Elektronen bei größerem Druck niedriger. Die Ladungsträgerdichte wird schließlich durch die Bilanz der eingekoppelten Leistung bestimmt und weist
daher den umgekehrten Trend auf, wie die Elektronentemperatur.
1016
1.0 Pa
2.0 Pa
6.0 Pa
fe / m−3 eV−3/2
1015
1014
1013
Langmuirsonde
10
12
OES
1011
0
5
10
15
20
25
E / eV
Bild 5.15: Vergleich der mit OES und Langmuirsonde gemessenen EEDF bei einer Variation der
Entladungsdrucks.
82
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
Zusammenfassend stellt man fest, dass die Messung der EEDF mittels OES eine wichtige
Ergänzung zur Langmuirsondendiagnostik darstellt. Die Methode kann insbesondere dann
angewendet werden kann, wenn sich die Kennlinien der Langmuirsondenmessungen nicht
durch die OML-Theorie beschreiben lassen, wie z.B. im teilweise magnetisierten Plasma.
5.2.4
ICCD-Kameramessungen
Der Nachteil der optischen Emissionsspektroskopie im Vergleich zur Langmuirsonde ist der
Verlust der Ortsauflösung. Dies könnte man beheben, indem man die Plasmaemission von
verschiedenen Sichtlinien misst und mittels einer Abelinversion auf die Emissionsprofile zurückrechnet [GD94]. Die Abelinversion ist für die Messungen an diesem Experiment jedoch
aus dreierlei Gründen nicht anwendbar: Erstens sind die Messungen zeitaufwändig. Für die
Aufnahme eines kompletten Ortsprofils benötigt man in der Praxis mehrere Minuten. Wie
in Kapitel 6 diskutiert wird, ist dies aber eine Zeitskala, auf der sich die Eigenschaften des zu
charakterisierenden Systems wesentlich verändern. Zweitens benötigt man Sichtlinien, die
nur den Randbereich des Plasmas erfassen. Solche Sichtlinien sind mit den Fenstern, die an
der Reaktorkammer angebracht sind, nicht zugänglich. Drittens wird in der Regel von einer
rotationssysmmetrischen Entladung ausgegangen. Während der Void-Rotation weist das zu
untersuchende System keine derartige Symmetrie auf.
Ein alternativer Weg ist die Aufnahme der Plasmaemission mittels einer CCD-Kamera.
Mittels eines Wellenlängenfilters erhält man spektroskopische Signale und es besteht die
Möglichkeit, die Auswerteverfahren der optischen Emissionsspektroskopie anzuwenden. In
der Praxis ist die spektrale Auflösung der Filter jedoch zu schlecht, um eine detaillierte
Analyse durchführen zu können. Tatsächlich stehen nur solche Linien für eine Auswertung
zur Verfügung, die im Spektrum isoliert auftreten, d.h. einen großen Wellenlängenabstand
zu benachbarten Spektrallinien aufweisen. Man kann jedoch viele qualitative Informationen
über die Entladung gewinnen. Da bei der Aufnahme und Auswertung der Bilder viele Freiheitsgrade bestehen, wird die Vorgehensweise in diesem Experiment im Folgenden detailliert
erläutert.
Für die Versuche im Rahmen dieser Arbeit steht eine intensivierte Kamera zur Verfügung,
die mit einem durchstimmbaren Flüssigkristall-Wellenlängenfilter mit einer Halbwertsbreite
von etwa 5 nm ausgestattet ist. Für ortsaufgelöste Messungen der Plasmaemission wird die
Kamera über der oberen Elektrode so montiert, dass das Objektiv der Entladung zugewandt
ist (vgl. Abbildung 2.1). Während der Messungen muss die CCP-Elektrode entsprechend abgenommen und durch einen zweiten Quarzhut ersetzt werden. Für die Leistungseinkopplung
in das Plasma steht dann nur noch die HF-Spule zur Verfügung. Bei niedriger Generatorleistung brennt die Entladung jedoch kapazitiv und die Situation ist mit der Leistungseinkopplung durch die CCP-Elektrode vergleichbar. Dies wird in Kapitel 6 ausgenutzt, um in
einer kapazitiven Phase Teilchen zu generieren und anschließend die Plasmainstabilität im
induktiven Plasma mit der Kamera zu beobachten.
Für phasenaufgelöste Messungen der Instabilität wird der Photonenverstärker der Kamera von einem Triggergenerator angesteuert. Dieser besteht aus zwei Teilen: Beim ersten
Teil handelt es sich um eine Analogschaltung zur Vorverarbeitung des Signals einer Photodiode. Diese erzeugt mittels eines RC-Glieds aus dem zeitabhängigen Eingangssignal ein
Trendsignal. Immer dann, wenn das Eingangssignal das Trendsignal von unten nach oben
durchbricht wird am Ausgang der Schaltung ein Impuls erzeugt. Der zweite Teil des Triggergenerators ist ein Verzögerungsgenerator, der Triggerimpulse einstellbarer Breite und mit
einstellbarer Zeitverzögerung gegenüber dem Eingangsimpuls erzeugt.
Die Belichtungszeit der Kamera wird nun konstant auf 2 s gesetzt. Je nach Periodendauer
5.2 Optische Emissionsspektroskopie
83
der Plasmaoszillation wird dann eine unterschiedliche Anzahl von Triggerpulsen von einer
Aufnahme erfasst. Die Integrationszeit ergibt sich dann aus dem Produkt der Belichtungszeit
mit der Oszillationsfrequenz und der Breite der Triggerimpulse. Während der Versuche wird
sichergestellt, dass die Kamera bei der jeweiligen Integrationszeit nicht in Sättigung geht.
Das Signal ist dann direkt proportional zur Integrationszeit. Um die Daten untereinander
vergleichen zu können, wird das Signal vor der Auswertung jeweils auf eine Integrationszeit
von 1 s umskaliert. Ferner wird eine Kalibrierung bezüglich der Verstärkerspannung des
Photonenverstärkers vorgenommen. Im Zuge dessen werden die Signale so umskaliert, dass
alle Bilder von der Plasmaemission bei einer Wellenlänge auf die gleiche Verstärkerspannung
bezogen sind.
(a)
(b)
60
Gratlinie
intensity (a. u.)
20
y / mm
Profil entlang der Gratlinie
20000
7 cm
40
25000
r
0
0
−20
15000
10000
20000
−40
18000
16000
14000
12000 10000
−60
−60
−40
−20
0
x / mm
20
5000
Ne-585
40
60
0
−80 −60 −40 −20 0
20 40 60 80
r / mm
Bild 5.16: Auswertung eines ICCD-Kamerabilds der Plasmaemission am Beispiel der Ne-585 Linie
in der stationären Entladung. (a) Kamerasignal bezogen auf das Koordinatensystem des
Reaktors mit eingezeichneten Konturlinien. Die als Gratlinie bezeichnete Schnittlinie
verbindet die Flächenschwerpunkte der Konturlinien. (b) Emissionsprofil entlang der
Gratlinie.
Abbildung 5.16 stellt beispielhaft die weitere Auswertung der Kamerabilder dar: Zunächst
wird das Signal auf das Koordinatensystem des Reaktors bezogen (vgl. Abbildung 2.1). Anschließend werden Konturlinien eingezeichnet, an Hand derer man Gradienten und etwaige
Asymmetrien der Plasmaemission erkennen kann. Für die Beschreibung des Voids in Kapitel
6 erweist es sich als zweckmäßig, das Emissionsprofil entlang der Geraden darzustellen, die
das Reaktorzentrum und die Flächenschwerpunkte der Konturlinien kreuzt. Diese Gerade
wird im Folgenden als Gratlinie bezeichnet. Da die Flächenschwerpunkte nicht zwangsläufig
auf einer Geraden liegen, wird die Gratlinie so angepasst, dass die Summe der quadrierten
Abstände zu den Flächenschwerpunkten minimiert wird. Eine sinnvolle Interpretation der
Profile entlang dieser Geraden ist nur dann möglich, wenn eine Asymmetrie der Emission
in der Art gegeben ist, dass die Flächenschwerpunkte nur mit kleinen Abständen um die
Gratlinie streuen oder wenn die Emission rotationssymmetrisch ist und jeder Schnitt zu dem
gleichen Profil führt.
84
Kapitel 5 Plasmadiagnostik
6. Untersuchung der Void-Rotation
In Kapitel 4.4.1 wurde die Möglichkeit diskutiert, mit Hilfe der gemessenen Umlaufzeit
einer sich selbst einstellenden Void-Rotation auf die Größe der im Plasma gefangenen Nanoteilchen zurück zu schließen. Die Void-Rotation tritt allerdings nur auf, wenn ein externes
statisches Magnetfeld vorhanden ist. Die physikalischen Ursachen, die zur Entstehung der
Void-Rotation führen, sollen nun im Detail untersucht werden. Dazu werden die im vorangegangen Kapitel vorgestellten Diagnostiken eingesetzt, um die Void-Rotation anhand zeitlich
und räumlich aufgelöster Plasmaparameter zu charakterisieren. Das statische Magnetfeld
wird dabei von einem Helmholtz-Spulenpaar erzeugt. Über den Strom lässt sich die magnetische Flussdichte einstellen. Abschließend wird ein physikalisches Bild entwickelt, das die
Void-Rotation schlüssig beschreibt.
6.1
Charakterisierung der stabilen Entladung
Als erstes wird die stabile Plasmaentladung untersucht. Dazu werden Messungen mit der
Langmuirsonde, den Spektrometern und der ICCD-Kamera durchgeführt. Um die Berechnung der parametrisierten EEDF aus den OES Daten gemäß Kapitel 5.2.3 zu ermöglichen,
wird mit der Gasmischung Argon-Neon gearbeitet. Bei anderen Edelgasmischungen unterscheiden sich die Plasmaparameter quantitativ. Die qualitativen Ergebnisse, die zum Verständnis der Void-Rotation benötigt werden, sind jedoch davon unabhängig.
Zunächst werden Messungen mit dem Langmuirsondensystem APS3 durchgeführt und die
Daten wie in Kapitel 5.1.9 beschrieben ausgewertet. In Abbildungen 6.1 und 6.2 sind die
räumlichen Variationen der Plasmaparameter bzw. der Elektronenenergieverteilungsfunktion in Argon-Neon bei einem Druck von 4,0 Pa, einer Generatorleistung von P = 170
W und einem Strom durch das Helmholtz-Spulenpaar von I = 0 A, also ohne externes
statisches Magnetfeld, dargestellt. Man erkennt, dass die Ortsprofile der Plasmaparameter
typisch für induktiv gekoppelte Niederdruckplasmen sind [LL05]: Die Parameter haben ihr
Maximum in der Reaktormitte und fallen zur Reaktorwand hin ab. Die mittlere Energie
der Elektronen ist dabei über den gesamten Kesselradius nahezu konstant und wird erst
innerhalb des Volumens des CF-160 Flansch kleiner. In den Energieverteilungsfunktionen
aus der nichtparametrischen Regression (dicke Linien in Abbildung 6.2) deuten sich typische
Zwei-Temperatur-Profile an. Der Übergang zwischen den beiden Bereichen mit hoher bzw.
niedriger Temperatur verläuft fließend. Zur genaueren Analyse werden mit der nichtlinearen kleinste-Quadrate Methode Modellkennlinien an die gemessenen Daten angepasst, die
sich aus der Zwei-Temperatur-Verteilung (5.92) ergeben (vgl. Kapitel 5.1.10). Dabei erhält
man für den niederenergetischen und den hochenergetischen Abschnitt der Verteilungsfunktion jeweils Temperaturen, die sich etwa um den Faktor zwei unterscheiden (dünne Linien
in Abbildung 6.2). Die Energie, an der der Übergang zwischen den beiden Abschnitten
der Verteilungsfunktion erfolgt, wird dabei bei größerem Abstand zur Reaktormitte kleiner
(vgl. Abbildung 6.2). Man beachte, dass dies im Widerspruch zu der Annahme steht, dass
85
86
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
(a)
25
Argon-Neon, 4.0 Pa
Ufl
Upl
20
U /V
15
10
5
Kessel
Quarz-Hut
0
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
x / cm
9
(b)
6
Argon-Neon, 4.0 Pa
ne
hEe i
8
5
6
4
5
3
4
3
hEe i / eV
ne / 1016 m−3
7
2
2
Kessel
1
1
Quarz-Hut
0
0
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
x / cm
Bild 6.1: Ortsprofile des Floating- und Plasmapotentials (a) bzw. der Elektronendichte und der
mittleren Elektronenenergie (b) im stabilen Argon-Neon Plasma (Druck p = 4,0 Pa,
Generatorleistung PICP = 170 W) ohne statisches Magnetfeld entlang der Sichtlinie des
Spektrometers. Auf der Abszisse ist der Abstand von der Reaktormitte angetragen. Die
EEDF an den mit Kreisen gekennzeichneten Stellen ist in Abbildung 6.2 dargestellt.
6.1 Charakterisierung der stabilen Entladung
87
1017
10
Argon-Neon, 4.0 Pa
0 cm
10 cm
15 cm
20 cm
16
fe / eV−3/2 m− 3
1015
1014
1013
1012
1011
1010
109
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
E / eV
Bild 6.2: Räumliche Variation der EEDF im stabilen Argon-Neon Plasma (Druck p = 4,0 Pa,
Generatorleistung PICP = 170 W) ohne statisches Magnetfeld entlang der Sichtlinie des
Spektrometers. Die dünnen Linien entstammen parametrischen Anpassungen von Modellkennlinien an die Messdaten. Die Kreise kennzeichnen dabei die Knickstellen der
Zwei-Temperatur-Verteilungen.
das Zwei-Temperatur-Profil durch die elektronische Anregung der Argon- bzw. Neonatome
steht: In diesem Fall würde der Übergang zwischen den beiden Temperaturen der Verteilung
unabhängig vom Ort der Messung bei derselben Energie erfolgen. Tendenziell entspricht die
Beobachtung daher dem Fall einer nichtlokalen EEDF [KBT96]: Der Verlust an hochenergetischen Elektronen wird durch Diffusion zur Wand bestimmt. Die Schwelle hierfür ist die
Potentialbarriere, die durch das elektrostatische Feld des Plasmas hervorgerufen wird. Diese
nimmt zum Rand der Entladung hin ab. Dies deckt sich mit der Beobachtung der räumlichen
Abhängigkeit der Übergangsenergie in den gemessenen EEDFs (vgl. Abbildung 6.1).
Bei eingeschaltetem Helmholtz-Spulenstrom sind Messungen mit der Langmuirsonde nur
möglich, solange die magnetische Flussdichte klein ist (vgl. Kapitel 5.1.11). Die Grenze, ab
der die Daten nicht mehr mittels der OML-Theorie ausgewertet werden können, liegt bei
etwa B = 0,9 mT. Unabhängig von der Flussdichte kann allerdings wie in Kapitel 5.2.3 beschrieben mit der optischen Emissionsspektroskopie eine volumengemittelte EEDF bestimmt
werden. Abbildung 6.3 zeigt zunächst den Einfluss eines schwachen statischen Magnetfelds
auf die Ortsprofile der Plasmaparameter, die mit der Sonde gemessen werden. Man erkennt,
dass sich auf Grund des Magnetfeldeinflusses das Elektronendichteprofil zusammenzieht: Die
Elektronendichte ist bei eingeschaltetem Magnetfeld zwischen den beiden Elektroden höher
und außerhalb der Elektroden niedriger als ohne Magnetfeld. Analog dazu erhöht sich die
mittlere Elektronenenergie zwischen den beiden Elektroden und verringert sich außerhalb
dieses Bereichs. Dieser Trend bestätigt sich, wenn man die mit der ICCD-Kamera räumlich aufgelösten Emissionsprofile zweier Linien betrachtet (vgl. die mit 0 mT bzw. 0,7 mT
bezeichneten Kurven in Abbildung 6.4): Die Plasmaemission ist bei eingeschaltetem Magnetfeld zwischen den Elektroden zunächst stärker und außerhalb dieses Bereich schwächer
als bei ausgeschaltetem Magnetfeld. Die Erhöhung der Plasmaemission zwischen den Elektroden ist bei der Ne-585 Linie deutlich stärker ausgeprägt als bei der Ar-696 Linie. Das
obere Niveau der Ne-585 Linie besitzt eine höhere Anregungsschwelle als das der Ar-696
Linie und mithin hängt seine Bevölkerungsrate stärker von der mittleren Elektronenener-
88
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
12
7
Argon-Neon, 4.0 Pa
0 mT
0.7 mT
10
6
4
6
3
hEe i / eV
ne / 1016 m−3
5
8
4
2
Kessel
2
1
Quarz-Hut
0
0
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
x / cm
Detektorsignal (normiert auf B = x = 0)
Bild 6.3: Ortsprofile der Elektronendichte und der mittleren Elektronenenergie entlang der Sichtlinie des Spektrometers mit und ohne externem statischen Magnetfeld. Auf der Abszisse
ist der Abstand von der Reaktormitte angetragen.
Ar-696
Ne-585
0.7 mT
1
0 mT
1.5 mT
0.1
−12 −8
−4
0
4
8
12
x / cm
Bild 6.4: Ortsaufgelöste Emissionsprofile der Linien Ar–696 und Ne–585 bei Variation des statischen Magnetfelds aus Messungen mit der ICCD-Kamera. Die Intensitäten steigen zunächst an und sinken für B > 0,7 mT wieder ab.
6.1 Charakterisierung der stabilen Entladung
89
gie ab [BLD04]. Die Vergrößerung des Linienverhältnisses mit der magnetischen Flussdichte
deckt sich also mit der von der Langmuirsonde gemessenen Erhöhung der mittleren Elektronenenergie. Der Grund für das Zusammenziehen des Elektronendichteprofils liegt in einem reduzierten radialen Elektronentransport auf Grund des magnetischen Einschlusses: Die
Elektronen mit typischen Energien zwischen 0,1 eV und 10 eV gyrieren mit Radien zwischen
0,75 mm und 75 mm um die magnetischen Feldlinien. Durch diese Gyration ist die Diffusion senkrecht zu den Magnetfeldlinien stark behindert. Dies wirkt sich unmittelbar auf den
Energietransport aus: Dem gleichen Energieeintrag durch das HF-Feld der ICP-Spule steht
ein reduzierter Abtransport von Energie in radialer Richtung gegenüber. Dadurch steigt die
mittlere Elektronenenergie zwischen den Elektroden relativ zur mittleren Elektronenenergie außerhalb dieses Bereichs. Anhand der von der ICCD-Kamera aufgenommenen Bilder
der Ne-585 Linienemission kann man bei starkem Magnetfeld klar den torusförmigen Bereich der induktiven Kopplung erkennen. Aus der Perspektive der Kamera erscheint dieser
als hell leuchtender Ring und in den Schnittbildern durch das Reaktorzentrum als lokales
Maximum (vgl. Abbildung 6.4).
Bei höherem statischen Magnetfeld lassen sich die mit der Sonde gemessenen Kennlinien im
Rahmen der OML-Theorie nicht mehr auswerten. Um das Verhalten des Plasmas charakterisieren zu können, werden daher Messungen mit optischer Emissionsspektroskopie durchgeführt und die volumengemittelte parametrisierte EEDF berechnet (vgl. Kapitel 5.2.3).
Das Ergebnis ist in Abbildung 6.5 dargestellt, wobei für die magnetischen Flussdichtewerte
0 mT und 0,7 mT als Referenz die volumengemittelte EEDF, die mit der Langmuirsonde
gemessen wurde, mit eingezeichnet ist. Man erkennt, dass die volumengemittelte Elektronentemperatur bis zu einer magnetischen Flussdichte von 0,7 mT sinkt, während sie danach
wieder zunimmt. Die Elektronendichte verhält sich umgekehrt, was im Sinne einer globalen
1016
0 mT
0.7 mT
1.5 mT
fe / m−3 eV−3/2
1015
1014
0 mT
10
<Ee> = 5.85 eV,
ne = 1.81·1016 m-3
13
<Ee> = 5.67 eV,
0.7 mT
16
-3
ne = 2.44·10 m
1012
<Ee> = 6.14 eV,
1.5 mT
16
-3
ne = 1.25·10 m
1011
0
5
10
15
20
25
E / eV
Bild 6.5: EEDF bei Variation des statischen Magnetfelds. Die durchgezogenen Linien sind die
Ergebnisse von OES-Messungen, die gestrichelten Linien die Ergebnisse von Langmuirsondenmessungen für B ≤ 0,7 mT. Zunächst sinkt die mittlere Elektronenenergie bei
steigender Elektronendichte. Für B > 0,7 mT kehrt sich der Trend um.
90
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
Leistungsbilanz charakteristisch für eine konstant gehaltene Generatorleistung ist [LL05]:
Die mittlere Elektronenenergie in Niederdruckplasmen ergibt sich demnach grundsätzlich
aus dem Gleichgewicht der Wandverluste und der Volumengeneration. Die Elektronendichte
wird hingegen durch die eingekoppelte Leistung und die inverse mittlere Elektronenenergie
bestimmt. Das Absinken der Elektronentemperatur mit steigender magnetischer Flussdichte
lässt sich mit dem verbesserten radialen Einschluss der Elektronen erklären, der zu einer
Verringerung der Wandverluste führt. Ist die Flussdichte groß genug, spielen die radialen
Verluste schließlich keine Rolle mehr und der Elektronenverlust zur Wand wird allein durch
den axialen Transport bestimmt. Dieser wird dadurch verstärkt, dass die dem Elektronengas
zugeführte kinetische Energie in die Richtung parallel zu den magnetischen Feldlinien und
damit in axiale Richtung umgelenkt wird. Die Wandverluste an den Elektroden und den
Deckelflächen des Reaktors werden daher mit steigender magnetischer Flussdichte größer.
In Folge dessen stellt sich das Gleichgewicht zwischen Ionisation und Wandverlusten bei
größerer mittlerer Elektronenenergie ein. Insgesamt gesehen durchläuft die mittlere Elektronenenergie mit steigender magnetischer Flussdichte ein Minimum. Die geschilderten Effekte
führen dazu, dass die Nichtlokalität der EEDF durch das statische Magnetfeld verringert
wird.
Zuletzt wird der Einfluss von Nanoteilchen auf die Parameter der Plasmaentladung untersucht. Abbildung 6.6 zeigt exemplarisch die Ortsprofile der Elektronendichte und der mittleren Elektronenenergie mit und ohne Teilchen in einem Argon-Helium-Plasma bei p = 2 Pa
und PICP = 100 W. Die Nanoteilchen werden wie in Kapitel 2.2 beschrieben in der CCPPhase erzeugt, wobei in diesem Fall der Azetylenfluss 45 sccm, die Dauer der Injektion- bzw.
CCP-Phase ∆tC2 H2 = ∆tCCP = 10 s und die Generatorleistung PCCP = 100 W betragen.
Bezogen auf die in Abbildung 4.2 dargestellte Kalibrierkurve erwartet man bei diesen Parametern einen Teilchendurchmesser von etwa 30 nm. Nach dem Stoppen der Azetylenzufuhr
und dem Umschalten in den ICP-Modus ist das Plasma zunächst instabil. Nach einigen
Minuten hören die Oszillationen jedoch auf und das Plasma brennt stabil mit einem Void,
welches in der Reaktormitte ruht. In dieser Situation werden die in Abbildung 6.6 dargestellten Ortsprofile der Plasmaparameter aufgenommen. Im Elektronendichteprofil kann man die
Void-Grenze nicht auf Anhieb erkennen. Aus der experimentellen Beobachtung kann man
jedoch abschätzen, dass das Void in dieser Situation größer ist als der Durchmesser der
Elektroden. In Abbildung 6.6 entspricht dies dem Punkt, an dem im Elektronendichteprofil
1018
7
Argon-Helium, 2.0 Pa
ohne Nanoteilchen
mit Nanoteilchen
6
ne / m−3
4
3
1016
Void
staubiges Plasma
hEe i / eV
5
1017
2
Kessel
1
Quarz-Hut
1015
0
0
2
4
6
8
10
12
14
16
x / cm
Bild 6.6: Ortsprofil der Elektronendichte und der mittleren Elektronenenergie entlang der Sichtlinie des Spektrometers mit und ohne Staubteilchen in der Entladung.
6.1 Charakterisierung der stabilen Entladung
91
die Zone des steilsten Abfall beginnt. Im Vergleich zu der Situation in der teilchenfreien
Entladung ist die Elektronendichte im Void deutlich größer und im Bereich des staubigen
Plasmas um eine halbe Größenordnung niedriger. Dies entspricht den Erwartungen gemäß
den Beobachtungen in der Literatur [AG03; DOYA06]. Die verminderte Elektronendichte
im staubigen Plasma hat demnach zwei Gründe: Zum einen stellen die Staubteilchen negative Ladungsträger dar und tragen daher neben den Elektronen zur Kompensation der
positiven Ladungsdichte durch die Ionen bei. Zum anderen findet auf der Oberfläche der
Staubteilchen Rekombination statt, d.h. im Bereich des staubigen Plasmas gibt es eine Senke für Ladungsträger. Im Gegensatz zu den Ergebnissen der Simulationen in [AG03] wird in
diesem Experiment in der staubigen Region des Plasmas eine niedrigere Elektronentemperatur als im Void gemessen. Dies erklärt sich dadurch, dass das Plasma auf die zusätzlichen
Elektronenverluste an der Oberfläche der Staubteilchen mit einer erhöhten Ionisierung im
Void reagiert, wo in diesem Fall die elektromagnetische Leistung durch induktive Kopplung
absorbiert wird. Dieses Verhalten unterscheidet sich von kapazitiven Entladungen, wo der
lokale Leistungseintrag in das Elektronengas umgekehrt proportional zur Elektronendichte
ist [DOYA06].
Um abschätzen zu können, ob die thermophoretische Kraft für den Staubteilchentransport
eine Rolle spielt, benötigt man eine ortsaufgelöste Messung der Neutralgastemperatur. Diese
kann wie in Kapitel 5.2.2 beschrieben durch die Beimischung von Wasserstoff zur Entladung
und Messung der Rotationsbanden durchgeführt werden. Aus den Intensitäten dreier Linien
der Fulcher-α-Banden wird damit eine rotatorische Gastemperatur ermittelt, die maximal 20
K über der Neutralgastemperatur liegt. In diesem Experiment gibt es bezüglich der Messung
zwei Einschränkungen: Zum einen ändern sich die Plasmaparameter durch die Beimischung
des Wasserstoffs. Solange die Wasserstoff-Konzentration im Plasma klein ist, lassen sich die
gemessenen Gastemperaturprofile dennoch auf die Situation ohne Wasserstoff übertragen.
Für diesen Versuch werden 2 sccm Wasserstoff durch den Reaktor geleitet, was ca. 10 % des
gesamten Gasflusses entspricht. Es wird davon ausgegangen, dass die Auswirkungen auf das
Gastemperaturprofil dann vernachlässigt werden können. Die zweite Einschränkung ergibt
sich aus der Reaktorgeometrie. Wie in Kapitel 5.2.4 erläutert, kann man keine Abelinversion durchführen, um auf die Emissionsprofile der einzelnen Spektrallinien zurückzuschließen.
Daher werden in diesem Experiment die sichtlinienintegrierten Intsensitäten dazu benutzt,
800
700
600
T rot / K
500
400
300
200
ohne Nanoteilchen
mit Nanoteilchen
100
0
0
1
2
3
4
5
6
x / cm
Bild 6.7: Ortsprofil der sichtlinienintegrierten rotatorischen Gastemperatur in der Mitte zwischen
den beiden Elektroden entlang der x-Koordinate mit und ohne Staubteilchen.
92
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
eine volumengemittelte Temperatur zu berechnen. Abbildung 6.7 zeigt das Ergebnis für ein
Argon-Plasma bei p = 4 Pa und P = 100 W ohne und mit Staubteilchen. Im ersten Fall ist
die rotatorische Gastemperatur im Rahmen der statistischen Messfehler im Reaktorvolumen
konstant und liegt bei 585 ± 20 K. Im Fall der staubigen Entladung ist die Gastemperatur
durch die Anwesenheit der Teilchen deutlich größer. Um die Reaktormitte liegt der Wert
dann bei 660 ± 30 K. Dies entspricht der Neutralgastemperatur im Void. Ab etwa 5 cm
Entfernung zur Reaktormitte erfasst das Spektrometer nur noch Strahlung aus dem Bereich des staubigen Plasmas. Das Signal nimmt dann stark ab und der statistische Fehler
der Auswertung steigt entsprechend stark an (vgl. Abbildung 6.7). Daher lassen sich keine klaren Aussagen bezüglich der Neutralgastemperatur im staubigen Plasma treffen. Unter
Vernachlässigung der Fehler würde das gemessene Ortsprofil zu dem Schluss führen, dass die
Neutralgastemperatur im staubigen Plasma größer ist, als im Void. Die thermophoretische
Kraftwirkung auf die Staubteilchen würde dann in Richtung des Voids erfolgen. In jedem Fall
ist die Temperatur der Reaktorwand sehr viel niedriger als die gemessene Gastemperatur.
In Wandnähe erwartet man daher, dass die thermophoretische Kraft nach außen weist.
6.2
6.2.1
Charakterisierung der Void-Rotation
Zeitliches Verhalten und Abhängigkeit vom Magnetfeld
Für die nachfolgend beschriebenen Experimente werden die Plasmaparameter so gewählt,
dass sich eine Rotation des Voids im staubigen Plasma einstellt. Zunächst wird die zeitliche
Entwicklung der Umlaufgeschwindigkeit des Voids bei fest eingestelltem Magnetfeld untersucht. Das Experiment wird wie in Kapitel 2.2 beschrieben mit PCCP = 40 W, ∆tC2 H2 =
∆tCCP = 5 s und pargon : pneon : pacetylen = 1 : 3,2 : 1,6 Pa durchgeführt. Die Plasmaoszillationen setzen bei einer Periodendauer von T = 29 ms ein. Wechselt man dann von einem
Argon-Neon-Gasfluss zu einem Argon-Helium-Gasfluss, stellt sich bei sonst gleichen Bedingungen dieselbe Periodendauer T = 29 ms ein, was nach der in Kapitel 4.4.1 entwickelten
Kalibrierkurve einer Nanoteilchengröße von a = 20 nm entspricht.
Abbildung 6.8 a zeigt die zeitliche Entwicklung der Periodendauer in Argon-Neon während
der ersten 25 Minuten von Phase (iv). Man erkennt, dass die Periodendauer mit der Zeit
langsam zunimmt, bis das System nach etwa 6 Minuten eine chaotische Phase durchläuft
und anschließend in einen langsameren Modus wechselt. Danach nimmt die Periodendauer
weiter zu, bis die Oszillationen schließlich enden und das Plasma stabil brennt. Dieser Trend
ist mit der Größe des Voids korreliert, das mit der Zeit langsam wächst. Solange die VoidGröße unterhalb einer kritischen Grenze bleibt, oszilliert die Plasmaemission bei steigender
Periodendauer im schnellen Modus. Nach dem Wechsel in den langsamen Modus wächst das
Void ebenso wie die Periodendauer der Oszillation weiter an.
Abbildung 6.8 b zeigt die Abhängigkeit der Periodendauer von der magnetischen Flussdichte des statischen Magnetfelds im Bereich 0 bis 2 mT. Grundsätzlich ist diese Abhängigkeit
nicht zeitlich konstant. Die dargestellte Kurve zeigt die Situation 4 min nach Beginn des Experiments. Man beobachtet Plasmaoszillationen im schnellen Modus für magnetische Flussdichten zwischen 0,3 und 0,9 mT und solche im langsamen Modus zwischen 0,9 und 1,7 mT.
Im schnellen Modus variiert die Periodendauer zwischen 39 ms und 43 ms, wobei die Kurve
das Minimum bei etwa 0,7 mT durchläuft. Im langsamen Modus nimmt die Periodendauer
von 134 ms auf 239 ms etwa linear mit der magnetischen Flussdichte zu. Unterhalb von 0,3
mT und oberhalb von 1,7 mT brennt die Entladung stabil. Nimmt man die Abhängigkeit zu
einem späteren Zeitpunkt auf, verschiebt sich die Schwelle, die den schnellen und langsamen
Modus voneinander trennt, zu kleineren Flussdichten. Etwa 7 min nach Beginn des Expe-
6.2 Charakterisierung der Void-Rotation
(a)
93
160
(b)
250
i
140
ii iii
iv
v
200
120
150
80 schneller
τ / ms
τ / ms
100
langsamer
Modus
Modus
schneller
Modus
langsamer
Modus
100
60
40
50
20
t = 4 min
B = 0.4 mT
0
0
0
5
10
15
t / min
20
25
0
0. 4
0. 8
1. 2
1. 6
2
B / mT
Bild 6.8: (a) Zeitliche Entwicklung der Periodendauer der Plasmaoszillationen bei konstanter magnetischer Flussdichte. (b) Magnetfeldabhängigkeit der Periodendauer 4 min nach dem
Zünden der Entladung.
riments oszilliert das System für alle Flussdichten im Bereich 0,3 bis 1,7 mT im langsamen
Modus.
Qualitativ ist das Verhalten, das in Abbildungen 6.8 a und b dargestellt ist, für alle Hintergrundgase und Nanoteilchengrößen identisch. Bei konstanter magnetischer Flussdichte
wächst die Periodendauer im Laufe der Zeit und wechselt zu einem bestimmten Zeitpunkt
von einem schnellen in einen langsamen Modus. Im schnellen Modus gibt es ein lokales
Minimum der Periodendauer in Abhängigkeit der magnetischen Flussdichte, im langsamen
Modus nimmt die Periodendauer mit der magnetischen Flussdichte zu.
Die zeitlichen Veränderungen der Vorgänge auf der Zeitskala von Minuten werden durch das
Wachstum des Voids hervorgerufen. Dieses lässt sich wie folgt erklären: Die Void-Größe wird
durch die Gesamtanzahl von Nanoteilchen und von deren Dichte in der staubigen Region
des Plasmas bestimmt. Eine Nachproduktion von Teilchen kann nicht stattfinden, da die
Acetylen-Zufuhr nach der Zeit ∆tC2 H2 gestoppt wird. Die vorhandenen Nanoteilchen sind
im Prinzip gefangen, da sie im Mittel eine negative Ladung tragen und das elektrostatische
Feld der Entladung eine Potentialbarriere darstellt. Auf Grund der Dynamik der Staubteilchenladung ist es jedoch möglich, dass Teilchen dem Plasma entkommen. Wie in Kapitel
3.1.1 diskutiert wurde, ist der momentane Ladungszustand eines Teilchens eine Zufallsgröße und es gibt zu jeder Zeit einige Teilchen im Plasma, die entweder neutral oder positiv
geladen sind. Die Dichte dieser Teilchen ist gerade in der Nähe der Randschicht am größten, weil der mittlere Ladungszustand der Teilchen dem Betrage nach dort am kleinsten
ist [AG01]. Positive Teilchen werden durch die Randschichtspannung zur Reaktorwand hin
beschleunigt und können diese erreichen, bevor ihr Ladungszustand durch Rekombination
und Elektronenanlagerung wieder negativ wird. An der Gefäßwand lagern sich Teilchen ab
und gehen damit für das staubige Plasma verloren. Das System verliert im Laufe der Zeit
also allmählich Nanoteilchen. Bei konstanter Staubteilchendichte im Plasma wird das Void
daher im Laufe der Zeit größer.
94
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
6.2.2
Optische Emissionsspektroskopie
Mit Hilfe der oberhalb der Kammer installierten ICCD-Kamera kann die Plasmaemission
während der Plasmaoszillationen orts- und phasenaufgelöst gemessen werden. Dazu wird der
Photonenverstärker der Kamera wie in Kapitel 5.2.4 beschrieben vom Ausgangssignal des
Triggergenerator angesteuert. Durch die Wahl der Verzögerungszeit des Triggersignals wird
die Phasenlage der Triggerpulse innerhalb der Oszillationsperiode eingestellt. Die Breite der
Triggerpulse ist konstant auf 10 ms eingestellt. Die Auswertung der Bilder erfolgt nach der
in Kapitel 5.2.4 beschriebenen Methode.
Abbildung 6.9 zeigt eine Bildsequenz für die Ne-585 Linie, die im schnellen Modus der Oszillation aufgenommen wurde. Die Bilder stellen einen Ausschnitt des Reaktors der Fläche
6 × 6 cm dar, der den größten Teil der Deckelflächen der Quarzzylinder mit Durchmesser
14,4 cm erfasst. Die Bildbereiche in den Ecken der Bilder, die außerhalb der Elektroden
liegen, sind schwarz eingefärbt, da die Emission in diesen Bereichen durch die Kante bzw.
die Mantelfläche des oberen Quarzzylinders verzerrt ist. In den Bildern erkennt man den
Plasmoiden, der entgegen dem Uhrzeigersinn zwischen den Quarzzylindern rotiert. Nimmt
man eine entsprechende Bildsequenz auf, während das System im langsamen Modus oszilliert, stellt man fest, dass der Plasmoid bzw. das Void in entgegengesetzter Richtung, also
im Uhrzeigersinn rotiert! Das Verhalten kehrt sich um, wenn man den Strom durch die
Helmholtz-Spule und damit die Richtung des statischen Magnetfelds umkehrt. Das Void rotiert dann im Uhrzeigersinn, wenn sich das System im schnellen Modus befindet, und ändert
seine Umlaufrichtung im langsamen Modus, so dass es dann entgegen dem Uhrzeigersinn
rotiert.
Die Struktur des Plasmoiden kann man mit Hilfe der Konturlinien beschreiben, die in der
Bildsequenz in Abbildung 6.9 eingezeichnet sind. Man erkennt, dass die Flächenschwerpunkte dieser Konturlinien auf einer Geraden liegen. Der Plasmoid weist bezüglich dieser Geraden
τ=0
60
Ne-585
40
y / mm
y / mm
30000
20
0
−20
35000
−40
25000
20000
15000
10000
−60
0
40
40
20
20
0
35000
30000
25000
−40
20000
15000
−60
10000
−60 −40 −20 0
20 40
−20
T=70 ms (schneller Modus)
−60 −40 −20
20
40
60
x / mm
τ=0.45
40
60
10000
0
40000
−20
35000
30000
25000
20000
15000
−60 −40 −20
0
x / mm
0
35000
30000
25000
20000
15000
−40
−60
−60 −40 −20
60
20
60
15000
35000
40
60
40
60
τ=0.75
20
0
−60 −40 −20
0
x / mm
20
35000
30000
25000
20000
15000
10000
−40
10000
−60
0
−20
30000
25000
20000
−40
60
20
40
−20
40
0
x / mm
40
y / mm
y / mm
τ=0.60
20
−60
10000
x / mm
20
−40
τ=0.30
−20
y / mm
60
60
τ=0.15
y / mm
60
−60
40
60
−60 −40 −20
0
20
x / mm
Bild 6.9: Von der ICCD-Kamera aufgezeichnete Bildsequenz der Ne–585 Linienemission zu äquidistanten Phasen während der Plasmaoszillationen. Der Plasmoid rotiert im schnellen
Modus gegen den Uhrzeiger um das Zentrum der Entladung.
6.2 Charakterisierung der Void-Rotation
95
also eine Achensymmetrie auf. Wie in Kapitel 5.2.4 definiert, wird die Gerade im Folgenden
als Gratlinie bezeichnet. Das Maximum der Plasmaemission liegt während des kompletten
Umlaufs des Voids im Zentrum der Entladung. Die Emission innerhalb des Voids ist jedoch
nicht rotationssymmetrisch. Dies erkennt man an der Verzerrung der aufeinanderfolgenden
Konturlinien bzw. an der Verschiebung ihrer Flächenschwerpunkte gegenüber dem Reaktorzentrum. Dabei ist auf der zur Reaktormitte hin verschobenen Seite der Void-Grenze der
Gradient der Emission deutlich größer als auf der zur Reaktorwand hin verschobenen Seite.
Dies wird auch anhand der Emissionsprofile entlang der Gratlinie deutlich. Diese Profile
sind für drei verschiedene Phasenlagen der Void-Rotation in Abbildung 6.10 dargestellt. Die
zur Reaktormitte hin verschobene Seite der Void-Grenze liegt jeweils auf der linken Seite
der Profile. Wie schon anhand der Konturlinien diskutiert ist der Gradient der Plasmaemission dort größer als auf der anderen Seite. Zusätzlich erkennt man anhand der Profile,
dass die Struktur des Voids während der Rotation stabil ist. Nur die maximale Emission
im Reaktorzentrum unterscheidet sich leicht zwischen den einzelnen Phasenlagen. Bei einer Wiederholung des Experiments lässt sich jedoch diesbezüglich kein einheitlicher Trend
beobachten. In normierter Darstellung sind die Profile praktisch deckungsgleich.
Auf der rechten Seite des Graphen erkennt man in ca. 3 cm Abstand zum Reaktorzentrum
eine Knickstelle in den Profilen, wobei der Gradient rechts von dieser Knickstelle dem Betrage nach größer ist. Die Vermutung liegt nahe, dass sich die Void-Grenze am Ort dieser
Knickstelle befindet. Das Void würde damit gänzlich zwischen den Elektroden liegen. Dagegen spricht eine Beobachtung in Versuchen, die mit größeren Teilchen durchgeführt wurden.
Größere Teilchen laden sich stärker negativ auf, wodurch die Elektronenverarmung im staubigen Plasma größer ist. Dadurch verringert sich die Lichtemission aus diesem Bereich und
der Kontrast wird so groß, dass man die Abmessungen des Voids relativ zur Elektrode mit
bloßem Auge gut abschätzen kann. In einem solchen Fall stellt man fest, dass während der
Instabilität eine Seite des Voids immer an den Rand der Elektroden hinreicht oder darüber
hinausragt. Hat man ein kleineres Void, so liegt dieses stets stationär im Reaktorzentrum.
40000
τ
0
0. 3
0. 6
Ne-585
35000
intensity (a. u.)
30000
25000
20000
15000
Staubplasma
Plasmoid
Staubplasma
10000
5000
Quarzhut
0
−80 −60 −40 −20 0
20 40 60 80
r / mm
Bild 6.10: Ortsprofile der Ne–585 Linienemission entlang der Gratlinien der in Abbildung 6.9 dargestellten ICCD-Kamerabilder zu verschiedenen Phasenlagen der Plasmaoszillation.
96
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
Offensichtlich kann man den Plasmoiden also nicht als eigenständige Entladung auffassen,
deren Begrenzung das staubige Plasma ist. Vielmehr setzt der Staub die Plasmadichte gegenüber der teilchenfreien Situation lokal herab, während das Dichteprofil in einem Abstand
der Größenordnung einer Energierelaxationslänge von der Void-Grenze praktisch unbeeinflusst ist. Die Knickstelle in den Emissionsprofilen hat also einen gewissen Abstand zur
Void-Grenze, der in der Größenordnung der Energierelaxationslänge der Elektronen liegt.
Abbildung 6.11 zeigt die Emissionsprofile der Ne-585 Linie (a) und der Ar-696 Linie (b)
entlang der Gratlinien für drei Flussdichtewerte des statischen Magnetfelds. Bei der niedrigsten Flussdichte (0,4 mT) rotierte das System im schnellen Modus, bei den beiden anderen
Flussdichten (0,7 mT und 1,1 mT) im langsamen Modus. Man erkennt, dass die Emissionsprofile mit steigender magnetischer Flussdichte breiter werden. Diese Verbreiterung lässt
sich teilweise durch eine Vergrößerung des Plasmoiden bzw. des Voids erklären. Anhand der
Emissionsprofile der Ar-696 Linie kann man diese Vergrößerung auf etwa 1 cm schätzen. Die
Verbreiterung der Profile ist allerdings im Fall der Ne-585 Linie deutlich stärker ausgeprägt
als im Fall der Ar-696 Linie. Dies kann man nur mittels der Elektronenenergieverteilung
erklären: Geht man von einer konstanten Besetzungsdichte der metastabilen Niveaus aus,
ist das Emissionsverhältnis Ne-585 : Ar-696 eine monotone Funktion der mittleren Elektronenenergie. Das mit der magnetischen Flussdichte steigende Emissionsverhältnis rechts
von der Void-Grenze entspricht dann einer lokal erhöhten mittleren Elektronenenergie bei
Anwesenheit des statischen Magnetfelds. Eine andere Erklärung wäre eine lokal verminderte
Besetzungsdichte der metastabilen Niveaus. Diese würde das Emissionsverhältnis Ne-585 :
Ar-696 ebenfalls erhöhen. Lokale Schwankungen der Besetzungsdichte können jedoch nur
mit räumlich variierenden Anregungsraten erklärt werden. Eine kleinere Anregungsrate der
metastabilen Niveaus geht dann zwangsläufig mit einer kleineren mittleren Elektronenenergie einher. Dies steht zu dem steigenden Emissionsverhältnis in Widerspruch. Das lokal
erhöhte Emissionsverhältnis von Ne-585 : Ar-696 wird also durch eine lokal erhöhte mittlere
Elektronenenergie hervorgerufen. Dies steht in Einklang mit der Beobachtung in Kapitel 6.1:
Dort wurde festgestellt, dass sich die Nichtlokalität der EEDF durch das statische Magnetfeld vermindert. In einer solchen Situation müssen lokale Verluste an Elektronen durch lokal
(a)
(b)
1
0. 9
0. 4 mT
0. 7 mT
1. 1 mT
1
0. 4 mT
0. 7 mT
1. 1 mT
Ne-585
langsamer
Modus
0. 8
Ar-696
0. 8
0. 6
0. 5
schneller
Modus
0. 4
intensity (a. u.)
intensity (a. u.)
0. 7
0. 6
0. 4
0. 3
0. 2
0. 2
0. 1
Quarzhut
0
−80 −60 −40 −20 0
Quarzhut
0
20 40 60 80
r / mm
−80 −60 −40 −20 0
20 40 60 80
r / mm
Bild 6.11: Ortsprofile der Ne–585- (a) bzw. Ar–696 Linienemission (b) entlang der Gratlinien in
den ICCD-Kamerabildern bei Variation des Magnetfelds zur Phasenlage τ = 0.
6.2 Charakterisierung der Void-Rotation
97
erhöhte Ionisation kompensiert werden. Dies äußert sich in einer Erhöhung der mittleren
Elektronenenergie im Bereich des staubigen Plasmas.
6.2.3
Langmuirsondenmessungen
Die Aufnahmen mit der ICCD-Kamera charakterisieren den Bereich der Entladung zwischen den beiden Elektroden. Der größte Teil des staubigen Plasmas liegt außerhalb des
Bildbereichs und kann daher nicht erfasst werden. Das unvollständige Bild kann allerdings
mit Hilfe von Langmuirsondenmessungen wie folgt ergänzt werden: Eine an einem festen
Ort im Reaktor installierte Sonde nimmt zeitaufgelöst die Plasmaparameter ne und Te innerhalb einer Oszillationsperiode auf. Abbildung 6.12 stellt die Situation schematisch für
eine Void-Rotation entgegen dem Uhrzeigersinn dar, wie sie im schnellen Modus bei nach
oben gerichteten Magnetfeldlinien auftritt. Im Bezugssystem des rotierenden Systems Void /
Staubplasma folgt die Sonde einer Trajektorie im Uhrzeigersinn. Eine zeitaufgelöste Messreihe enthält damit die ortsaufgelösten Plasmaparameter entlang dieser Trajektorie und kann
dementsprechend auf eine Kreisbahn abgebildet werden.
Abbildung 6.13 zeigt phasenaufgelöst die Plasmaparameter, die mit der Sonde in 6 cm Abstand zur Reaktormitte und damit am Rand der Elektroden gemessen wurden. Die Messung
erfolgte während der Plasmaoszillationen im schnellen Modus mit einer Periodendauer von
65 ms in einem Argon-Helium-Gasgemisch bei p = 2 Pa und PICP = 100 W. Die Nanoteilchen wurden unter Beimischung von Φacetylene = 45 sccm bei PCCP = 100 W mit
∆tC2 H2 = ∆tCCP = 10 s präpariert und haben gemäß der Kalibrierkurve von Abbildung 4.2
einen Durchmesser von etwa 30 nm. Bis auf das Hintergrundgas entspricht die Situation
damit in guter Näherung derjenigen während der Kamera-Messungen. Die in der Abbildung
6.13 hervorgehobenen Zeitpunkte entsprechen den im Schema 6.12 eingetragenen Ortspunkten: Zum Zeitpunkt 1 taucht die Sonde in das staubige Plasma ein. Die Elektronendichte
sinkt entsprechend und erreicht zum Zeitpunkt 2 ihr Minimum. Zum Zeitpunkt 3 überstreicht die Void-Grenze die Sonde. Entsprechend steigt die Elektronendichte und erreicht
zum Zeitpunkt 4, wo sich die Sonde inmitten des Voids befindet, ihr Maximum. Man erkennt, dass die Flanke zur rechten Seite des Minimums in der Elektronendichte einen deutlich
größeren Gradienten aufweist als die Flanke zur linken Seite. Auf das Ortsbild übertragen
bedeutet dies eine Asymmetrie des Voids bezüglich der in Kapitel 6.2.2 definierten Gratlinie.
Zum Vergleich ist in Abbildung 6.14 die Plasmaemission der Ne-585 Linie entlang von drei
Kreisen mit 4, 5 bzw. 6 cm Radius für das erste Bild der in 6.9 dargestellten Sequenz abgebildet. Die Form der Profile entspricht qualitativ dem in Abbildung 6.13 gezeigten Zeitverlauf
aje
Tr
e des Plasm
ktori
oid
en
3
2
x
4 Plasmoid
1
Nanoteilchen
Bild 6.12: Schematische Darstellung der Sondenmessung im Bezugssystem des rotierenden Plasmoiden.
98
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
1018
4
1
2
3
7.5
7
6.5
ne
5.5
<Ee>
10
5
16
hEe i / eV
6
ne / m−3
10
17
4.5
4
1015
3.5
0π
0.5π
1π
1.5π
2π
τ
Bild 6.13: Phasenaufgelöste Messung der Elektronendichte und der mittleren Elektronenenergie im
Abstand von 6 cm von der Mitte der Reaktorkammer. Die Periodendauer der Plasmaoszillation beträgt 65 ms. Die Ziffern entsprechen den im Schema 6.12 gekennzeichneten
Phasenlagen. Die durchgezogenen Linien dienen der optischen Orientierung.
der Elektronendichte. Abbildung 6.14 bestätigt damit die Interpretation des Sondensignals
als ortsabhängige Größe im System des rotiertenden Voids und die gemessene Asymmetrie
der Plasmaparameter bezüglich der Gratlinie.
Abbildung 6.15 fasst die Zeitverläufe der Elektronendichte zusammen, die bei verschiedenen Abständen der Sonde zur Reaktormitte gemessen wurden. Die Kurven sind gegen die
Phase der Oszillationsperiode aufgetragen. Man erkennt, dass die Elektronendichte im zeitlichen Mittel mit zunehmendem Abstand der Sonde zur Reaktormitte sinkt, wie man es auf
Grund der Ladungsträgerrekombination in der staubigen Region des Plasmas erwartet. Alle
Kurven weisen eine starke Modulation auf, wobei der Phasenbereich, während dessen die
Linienintensität (ohne Einheit)
105
104
Ne-585
4 cm
5 cm
6 cm
103
0π
0.5π
1π
1.5π
2π
τ
Bild 6.14: Emissionsprofil der Ne-585 Linie entlang kreisförmiger Pfade um das Reaktorzentrum.
6.2 Charakterisierung der Void-Rotation
99
1018
ne / m−3
1017
1016
4 cm
5 cm
6 cm
10 cm
14 cm
1015
0π
0. 5π
1π
1. 5π
2π
τ
Bild 6.15: Orts- und phasenaufgelöste Messung der Elektronendichte während der Plasmaoszillationen. Die Periodendauer der Plasmaoszillation beträgt 65 ms. Die durchgezogenen
Linien sind willkürlich eingezeichnet.
Elektronendichte in der Nähe ihres jeweiligen Maximums liegt, mit zunehmendem Abstand
von der Reaktormitte deutlich sinkt: Am innersten Messpunkt (4 cm von der Reaktormitte
entfernt) sind es etwa 75 % der Periode, an der äußersten Messposition (14 cm Abstand zur
Reaktormitte) nur etwa 10 %. Die Flankensteilheiten weisen mit zunehmendem Abstand
zur Reaktormitte einen entgegengesetzten Trend auf: Der Anstieg der Elektronendichte am
Punkt 3 im Schema 6.12 wird steiler, der Abfall um den Punkt 1 deutlich flacher. Während
das Elektronendichteprofil entlang des innersten Kreises beinahe symmetrisch ist, ist das
Profil entlang des äußersten Kreises also stark verzerrt. Auf Grund der Stärke der Modulationen vermutet man, dass der innerste Kreis vollständig im Bereich des Voids liegt, während
die Sonde sich an den weiter außen liegenden Messpunkten wechselweise im Void und im
staubigen Plasma befindet. Dies deckt sich mit der Abschätzung der Größe des Voids in
Kapitel 6.2.2. Die Asymmetrie der Plasmadichteprofile muss demnach in einer Asymmetrie
der Staubteilchendichte begründet sein.
Da die Zeitverläufe der Plasmaparameter als ortsaufgelöste Messungen entlang kreisförmiger
Trajektorien im System Void / Staubplasma aufgefasst werden können, kann man die Daten
von Abbildung 6.15 in einen zweidimensionalen Konturplot transformieren. Das Ergebnis
der Transformation ist in Abbildung 6.16 dargestellt. Die Dichte innerhalb des gestrichelten
Kreises bei 4 cm Abstand zur Reaktormitte ist verzerrt, da in diesem Bereich keine Messung durchgeführt werden kann, ohne die Void-Rotation zu stören: Bringt man die Sonde
näher an das Zentrum heran, stoppt die Oszillation und das Plasma brennt solange stabil,
bis die Sonde wieder herausgezogen wird. Die geschätzte Ausdehnung des Voids bzw. des
Plasmoiden ist mit einer durchgezogenen Linie angedeutet und deckt sich gut mit den gemessenen Emissionsprofilen, die in Kapitel 6.2.2 diskutiert wurden. Die steilen Flanken auf
den Kreisbahnen um das Reaktorzentrum sind in Abbildung 6.16 auf der dem Plasmoiden
gegenüberliegenden Seite als Bereich mit starkem azimutalen Gradienten der Elektronendichte erkennbar. Die Konturen sind in diesem Bereich stark verzerrt. Die Vermutung liegt
nahe, dass es dort eine Zone mit erhöhter Staubteilchendichte gibt, die vom Ionenwind aus
dem teilchenärmeren Bereich vor diesem hergetrieben wird.
Abbildung 6.17 zeigt den Konturplot des Plasmapotentials, der auf die gleiche Weise erstellt
100
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
Nanoteilchen
Plasmoid
4 cm
7.2 cm
14 cm
Bild 6.16: Konturplot der Elektronendichte im Bezugssystem des Plasmoiden, der durch die Transformation der Orts- und Phasenaufgelösten Langmuirsondenmessung gemäß Abbildung
6.15 entsteht. Die gestrichelte Linie ist die innerste der Messung zugängliche Position. Die durchgezogenen Linien sind die geschätzten Maße des Voids und einer Region
erhöhter Staubteilchendichte.
Vp / V
28
26
10
Nanoteilchen
24
5
22
y / cm
Plasmoid
20
0
18
4 cm
−5
16
7.2 cm
14
−10
12
14 cm
10
−10
−5
0
x / cm
5
10
Bild 6.17: Konturplot des Plasmapotentials im Bezugssystem des Plasmoiden, der durch die Transformation der orts- und phasenaufgelösten Langmuirsondenmessung entsteht. Die Bedeutung der eingezeichneten Linien ist analog zu Abbildung 6.16
6.3 Physikalisches Bild
101
wird wie der Konturplot der Elektronendichte. Man erkennt, dass das Plasmapotential eine
monoton fallende Funktion des Abstands von der Reaktormitte ist. Das elektrostatische
ambipolare Feld des Plasmas weist also erwartungsgemäß in Richtung der Reaktorwand.
Allerdings ist auch der Gradient des Plasmapotentials in dem Bereich erhöht, der in der
Abbildung mit Nanoteilchen“ gekennzeichnet ist. Eine Abschätzung ergibt für den größten
”
Bereich von Abbildung 6.17 einen Potentialgradienten bzw. eine Feldstärke von etwa ' 1,3 V
cm−1 . Im Bereich des starken Gradienten in der Elektronendichte ist die Feldstärke deutlich
größer (' 10 V cm−1 ).
6.3
Physikalisches Bild
Auf der Basis der in den vorherigen Abschnitten vorgestellten experimentellen Ergebnisse
wird nachfolgend ein physikalisches Bild der Void-Rotation entwickelt. Zunächst werden die
wichtigsten Punkte zusammengefasst, die ein solches Bild wiedergeben muss:
• Im staubigen, induktiven Plasma entsteht ein Void für Teilchengrößen im Bereich
weniger Nanometer.
• Ein schwaches, statisches Magnetfeld in vertikaler Richtung verursacht eine Rotation
eines gegenüber der Reaktormitte verschobenen Voids.
• Die Rotationsrichtung des Voids kehrt sich um, wenn die Richtung des Magnetfelds
umgekehrt wird.
• Abhängig von der Größe des Voids gibt es zwei Modi der Void-Rotation, die sich sowohl
in der Rotationsrichtung als auch in der Umlaufzeit unterscheiden: Ein kleines Void
rotiert bei nach oben weisenden magnetischen Feldlinien schnell und entgegen dem
Uhrzeigersinn, ein großes Void deutlich langsamer und mit dem Uhrzeigersinn.
Im Prinzip müsste ein dreidimensionales Modell, das die kinetischen oder hydrodynamischen
Plasmagleichungen selbstkonsistent an die Bewegungsgleichungen der Nanoteilchen koppelt,
in der Lage sein, das beobachtete Verhalten des Systems zu beschreiben. Ein solches dreidimensionales Modell einer staubigen Entladung, das alle Aspekte von Teilchenaufladung,
Teilchenbewegung, Elektronenkinetik etc. gleichzeitig und selbstkonsistent behandelt, ist
derzeit nicht existent.
Daher wird an dieser Stelle eine qualitatives Modell entwickelt.
Der Schlüssel zum Verständnis des Plasmaverhaltens ist die Vorstellung, dass sich in einem
dynamischen System ein Void immer zur derjenigen Seite bewegt, an der die Teilchen vor
der Void-Grenze durch die wirkenden Kräfte am leichtesten abströmen können. Dies wird
in Abbildung 6.18 schematisch veranschaulicht:
• Situation ohne Magnetfeld
In Abbildung 6.18 a ist ein Void in einer staubigen Entladung eingezeichnet, wie es
sich ohne statisches Magnetfeld einstellt. Die Nanoteilchen im Bereich des staubigen
Plasmas sind negativ geladen. Ihre Gleichgewichtsposition ergibt sich aus der Bilanz
der dominanten Kräfte, also elektrostatischer Kraft und Ionenwindkraft. Auf Grund
der Symmetrie ist die Konfiguration minimaler potentieller Energie ein im Reaktor
zentrales Void. Diese Situation wird in vielen Staubplasma-Experimenten vorgefunden,
insbesondere in Experimenten mit Plasmakristallen, wie sie bei Verwendung großer
Teilchen mit Durchmessern im Bereich einiger 100 nm bis Mikrometer entstehen.
102
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
a)
b)
E – force
E – force
E – force
·
·
·
·
·
·
E – force
·
·
·
·
·
·
·
·
·
fast
·
·
n
artic
op
·
le tr·aje
·
·
·
cto
r
· slow ·
i
·
es
·
na
void rotation
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
void
·
·
·
·
x
x
·
·
E – force
ion wind
reactor
center
void
B – field
B = 0 mT
dusty plasma
E – force
E – force
c)
·
·
er
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
E – force
E – force
·
ion wind
(ambipolar transport
+ Lorentz force)
eϕ
dusty plasma
·
d)
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
fast rotation
couterclockwise
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
E – force
·
E – force
E – force
·
dusty plasma
B – field
·
·
·
·
·
·
·
·
E – force
·
·
small void
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
bottleneck
outwards
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·inwards·
·
·
·
·
·
·
x
x
·
·
E – force
E – force
·
·
·
·
dusty plasma
·
B – field
·
· slow rotation
·
·
·
·
E – force
·
clockwise
big void
·
x
x
·
·
·
·
·
·
·
·
·
·
Bild 6.18: Schematische Darstellung der Teilchendynamik im induktiven Plasma. (a) Die radiale
Gleichgewichtsposition der Teilchen wird durch die elektrostatische Kraft und den Ionenwind bestimmt. (b) Bei Anwesenheit eines statischen Magnetfelds wird durch den
Ionenwind eine tangentiale Kraft auf die Nanoteilchen im staubigen Plasma übertragen. Die Teilchen rotieren um das Void und abhängig von der Void-Größe rotiert dieses
entgegen (c) oder mit (d) dem Uhrzeigersinn durch den Reaktor.
6.3 Physikalisches Bild
103
In dem hier diskutierten Experiment ist die Reaktorsymmetrie u.a. durch die Flansche
des GEC-Designs gestört. Dadurch wird das elektrostatische Potential verzerrt, was
einen entscheidenden Einfluss auf die Gleichgewichtsposition der Nanoteilchen in der
Entladung hat: Als energieminimierende, stabile Situation stellt sich im Experiment
ein Void ein, das in Richtung eines der großen Flansche verschoben ist. Eine geringe
Störung kann dazu führen, dass das Void sich zu dem gegenüberliegenden Flansch hin
bewegt oder zwischen den beiden Flanschen oszilliert. Diese Oszillation ohne statisches
Magnetfeld ist empfindlich gegenüber Störungen von außen und schlecht reproduzierbar. Bei symmetrischer Reaktorgeometrie wird erwartet, dass sich das Void stabil im
Zentrum befindet. Die Void-Rotation stellt sich hingegen nur ein, wenn ein Magnetfeld
vorhanden ist.
• Kraftbilanz der Nanoteilchen mit statischem Magnetfeld
Wenn ein statisches Magnetfeld vorhanden ist, ist der Ionenfluss, der die aus dem Void in das staubige Plasma strömenden Ionen beschreibt, nicht mehr senkrecht auf die
Void-Grenze bzw. radial nach außen gerichtet: Durch den Einfluss der Lorentz-Kraft
und durch den ambipolaren Transport entlang der E × B-Driftbewegung der Elektronen entsteht eine tangentiale Komponente des Ionenflusses auf die Void-Grenze, die eine Kraftkomponente auf die Nanoteilchen überträgt, die im Uhrzeigersinn gerichtet ist
(bei nach oben weisenden magnetischen Feldlinien). Eine einfache Abschätzung ergibt,
dass die tangentiale Geschwindigkeitskomponente in der Größenordnung der thermischen Geschwindigkeit liegt. In Folge dessen rotieren Staubteilchen im Uhrzeigersinn
um das Void. Diese Situation ist in Abbildung 6.18 b dargestellt. Die Umlaufgeschwindigkeit der Staubteilchen wird durch die Reibung gegen den Neutralgashintergrund
begrenzt.
• Situation bei kleinem Magnetfeld bzw. kleinem Void
In Abbildung 6.18 c ist die Situation in diesem Experiment für ein kleines Void dargestellt. Das Void ist im Bild bewusst gegenüber der Reaktormitte dezentriert eingezeichnet, da dies der stabilsten Situation entspricht, wie im Folgenden erläutert wird:
Die tangentiale Komponente des Ionenwinds, der aus dem Void in das staubige Plasma
tritt, erzwingt für Nanoteilchen, die sich im Bild oberhalb des Voids befinden, eine Bewegung weg vom Zentrum des Reaktors, und für Nanoteilchen, die sich unterhalb des
Voids befinden, eine Bewegung in Richtung der Reaktormitte. Da nun auf Grund der
ambipolaren Diffusion das Strömungsfeld der Ionen trotz Magnetfeld insgesamt nach
außen weist, erfolgt der Teilchentransport in dieser Richtung effizienter als in Richtung
Reaktormitte. Nanoteilchen oberhalb des Voids werden also effizient abtransportiert,
während Nanoteilchen unterhalb des Voids entgegen dem ambipolaren Strömungsfeld
anlaufen. Das Void rotiert in dieser Situation entgegen dem Uhrzeigersinn im Reaktor,
wobei eine eindeutige Auslenkung des Voids existiert, die die gesamte Bewegungsenergie des Systems minimiert. Das Void, das sich im Zentrum der Entladung befindet,
kann durch eine kleine Störung auf diese stabile Bahn gezwungen werden. Diese Erklärung erfolgt in Analogie zum sog. Magnuseffekt, der durch das Gesetz von Bernoulli
beschrieben wird [Dem98].
• Situation bei stärkerem Magnetfeld bzw. großem Void
Wird das Void in seiner Dimension so groß, dass sein Durchmesser mit dem Durchmesser des Reaktors vergleichbar wird, ergibt sich eine andere Situation. Wie in Abbildung 6.18 d dargestellt wird der Bereich zwischen dem Void und der Reaktorwand
sehr klein. Dieser Bereich kann dann zu einem Flaschenhals für die um das Void strömenden Nanoteilchen werden. In diesem Fall wird der Teilchentransport oberhalb des
104
Kapitel 6 Untersuchung der Void-Rotation
Voids behindert und insgesamt werden die Nanoteilchen unterhalb des Void durch die
tangentiale Komponente der Ionenwindkraft effizienter abtransportiert. Die Bewegung
des Voids erfolgt dann entsprechend im Uhrzeigersinn. Je größer das Void wird, umso
stärker wird der Teilchentransport zu der Engstelle vor der Reaktorwand behindert.
Insgesamt steigt die Reibung und die Teilchenbewegung bzw. die Void-Rotation werden in Übereinstimmung mit der experimentellen Beobachtung verlangsamt.
Überraschenderweise hat die magnetische Feldstärke bzw. die Größe des Voids nur einen
sehr schwachen Einfluss auf die Umlaufzeit des Voids, solange sich das System im schnellen
Modus befindet. Die Oszillationsperiode der Plasmaemission kann daher wie in Kapitel 6.18
beschrieben gemessen werden und die Kalibrierkurve 6.18 zur Detektion der Teilchengröße
benutzt werden.
Zusammenfassung
Ausgangspunkt der Arbeit war die Problematik, dass für die Herstellung von Kleinstteilchen
derzeit kein etabliertes Verfahren existiert, das unabhängig vom Materialsystem Teilchen mit
vorgegebener Größe im Bereich weniger Nanometer erzeugen kann. Solche Teilchen besitzen
jedoch ein hohes Anwendungspotential z.B. in der Elektronik und der Photonik, wobei die
meisten Anwendungsszenarien geringe Mengen an qualitativ hochwertigen Teilchen benötigen. Nanoteilchen, die in Niederdruckplasmen aus Molekülgasen synthetisiert werden, zeichnen sich durch eine enge Größenverteilung aus und werden diesen Anforderungen deshalb
gerecht. Das größte Problem stellt allerdings die Kontrolle der Größenverteilung während
des Wachstumsprozesses dar.
In der vorliegenden Arbeit wird daher zunächst das Wachstum von KohlenwasserstoffNanoteilchen in einer azetylenhaltigen, kapazitiven Entladung charakterisiert. Dabei wird
insbesondere auf die Entstehung von Protopartikeln und auf die Agglomeration dieser Partikel zu größeren Teilchen eingegangen. Protopartikel entstehen durch Kettenpolymerisation,
Ringbildung und durch die Zusammenlagerung solcher Makromoleküle zu Clustern. Der Einsatz der Agglomeration wird durch das Erreichen einer kritischen Dichte an Protopartikeln
induziert. Die Dynamik der Agglomeration und die zeitliche Entwicklung der Größenverteilung der heranwachsenden Teilchen werden anhand eines einfachen diskretisierten Modells
numerisch untersucht und die Ergebnisse mit experimentellen Daten belegt. Als ein Schlüssel
zur kontrollierten Erzeugung von Nanoteilchen wird die Tatsache entdeckt, dass beim Stoppen der Reaktivgaszufuhr und einem Wechsel vom kapazitiven in den induktiven Modus der
Entladung die Agglomeration unterbrochen wird. Dies wird durch eine globale Betrachtung
der Ladungsträgerbilanz im Plasma aufgeklärt. Die Teilchen bleiben beim Wechsel in den
induktiven Modus in der Entladung gefangen.
Kern der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung einer Plasmainstabilität, die während
der induktiven Phase des Experiments beobachtet wird und die durch die Anwesenheit von
Nanoteilchen induziert wird. Man stellt fest, dass die Oszillationsfrequenz dieser Instabilität
direkt mit der Größe der im Plasma befindlichen Teilchen verknüpft ist. Um ein Verständnis
über die der Instabilität zugrundeliegenden Ursachen zu erlangen, werden Methoden der
Plasmadiagnostik angewandt, die zeit- und ortsaufgelöste Messungen von wichtigen Plasmaparametern ermöglichen. Im einzelnen kommen Massenspektrometrie, Langmuirsonden
und optische Emissionsspektroskopie zum Einsatz.
Im Rahmen dieser Arbeit werden dabei die bestehenden Methoden zur Gewinnung quantitativer Parameter wesentlich verbessert. Besonderes Augenmerk wird auf die Langmuirsondenmessungen gerichtet. Es wird ein neues Filterverfahren auf Basis der lokalen Polynome etabliert, das eine statistische Bewertung der Schätzer für das Plasmapotential und der
Elektronenenergieverteilungsfunktion zusammen mit ihren Momenten Elektronendichte und
mittlere Elektronenenergie erlaubt. Die statistischen Fehler werden dabei selbstkonsistent
aus den Messfehlern berechnet und mittels Monte-Carlo-Simulationen anhand einer Modellkennlinie verifiziert. Neben den Sondenmessungen wird die optische Emissionsspektroskopie
eingesetzt, um aus einem erweiterten Koronamodell einen parametrisierten Schätzer für die
105
106
Zusammenfassung
EEDF zu erhalten. Zur Unterstützung dieser Methode wird ein allgemeines Verfahren entwickelt, mit dem man die Dichten der metastabil und resonant angeregten Niveaus des Argonatoms aus den Emissionsverhältnissen von Spektrallinien berechnen kann. Als Hilfsgrößen
werden dabei allein die Einsteinkoeffizienten und Informationen über den dominanten Linienverbreiterungsmechanismus benötigt. Die Methode führt insbesondere unabhängig von
der Form der EEDF zu korrekten Ergebnissen.
Im Ergebnis findet man durch die Anwendung der Plasmadiagnostiken, dass die beobachtete Plasmainstabilität durch die Rotation eines Voids in der partikelhaltigen Entladung
entsteht. Diese Rotation wird durch ein schwaches statisches Magnetfeld erzeugt, wie es z.B.
von einem Kaltkathoden-Druckmessgerät erzeugt wird. In der Folge wird die Abhängigkeit
dieser Rotation von der Magnetfeldstärke und anderen externen Parametern systematisch
untersucht. Man stellt fest, dass es zwei Modi gibt, die sich durch ihre Rotationsrichtung
unterscheiden und die durch konkurrierende Transporteffekte verursacht werden. Der erste
Effekt ist der Magnuseffekt, durch den Staubteilchen, die sich bei ihrer Rotation um das
Void mit dem Ionenfluss bewegen, effektiver transportiert werden als solche, die sich entgegen dem Ionenfluss bewegen. Bei nach oben weisenden Magnetfeldlinien wird dadurch eine
Rotation entgegen dem Uhrzeigersinn induziert. Der zweite Effekt entsteht durch eine Engstelle zwischen dem Void und der Reaktorwand, die den Transport von Nanoteilchen zur
Reaktorwand behindert. Ab einer bestimmten Void-Größe wird dieser Effekt dominant und
führt zu einem Richtungswechsel der Bewegung des Voids. Das Void bewegt sich dann im
Uhrzeigersinn um die Reaktormitte.
Zusammenfassend kann man festhalten, dass indirekte Methoden zur in-situ Diagnostik von
Nanoteilchen im Plasma die vielversprechendsten Ansätze bieten. Die in dieser Arbeit untersuchte Void-Rotation besitzt eine Umlaufzeit, die im schnellen Modus linear mit der Größe
der sich im Plasma befindlichen Teilchen verknüpft ist. Die weiteren Einflussgrößen lassen
sich im Wesentlichen auf die Void-Größe zurückführen. Diese lässt sich optisch erfassen und
z.B. durch die Generatorleistung kontrolliert einstellen. Im Vergleich zu Verfahren, die auf
der Rückwirkung von Staubteilchen auf die elektrischen Eigenschaften des Plasmas beruhen, handelt es sich also um ein robustes Verfahren zur in-situ Diagnostik der Partikelgröße
anhand einer einmalig mit ex-situ Verfahren gewonnen Kalibrierkurve.
Verzeichnis wichtiger Formelzeichen
H
R
PCCP
PICP
∆tC2 H2
∆tCCP
∆tICP
φ
p
nd
ncr
vd
Xn
Rk
Rtotal
a
Qd
σQd
ne
ni
Te
Ti
me
mi
kB Td
ρd
md
Φd
ke
λD,e
λD,i
λD,eff
vs,r
vs,t
rs
fe
fi
nn
Tn
ve,th
vi
Elektrodenabstand (Höhe der Entladung)
Radius der Entladung
Generatorleistung im kapazitiven Modus
Generatorleistung im induktiven Modus
Zeitdauer des Prekursorgaseinlasses
Zeitdauer der kapazitiven Experimentphase
Zeitdauer der induktiven Experimentphase
Gasflussrate
Neutralgasdruck
Staubteilchendichte
kritische Staubteilchendichte für den Einsatz der Agglomeration
Staubteilchenvolumen
Ratenkoeffizient für inelastische Staubteilchen-Staubreilchen-Stöße
Agglomerationsrate für k-Teilchenstöße
gesamte Agglomerationsrate für alle möglichen k-Teilchenstöße
Staubteilchenradius
Ladung eines Staubteilchens (zeitlicher Mittelwert)
Standardabweichung für ein gaußverteilte Staubteilchenladung
Elektronendichte
Ionendichte
Elektronentemperatur
Ionentemperatur
Elektronenmasse
Ionenmasse
thermische Energie der ungerichteten Staubteilchenbewegung
Massendichte der Staubteilchen
Staubteilchenmasse
Oberflächenpotential eines Staubteilchens (zeitlicher Mittelwert)
Elektronenanlagerungskoeffizient
Elektronendebyelänge
Ionendebyelänge
effektive Debyelänge für das abgeschirmte Potential eines Staubteilchens
Radiale Geschwindigkeitskomponente eines Teilchens an der Schichtkante
Tangentiale Geschwindigkeitskomponente eines Teilchens an der Schichtkante
Radius der Randschicht
Elektrongeschwindigkeitsverteilung
Ionengeschwindigkeitsverteilung
Neutralteilchendichte
Neutralgastemperatur
thermische Geschwindigkeit der Elektronen
(Drift-) Geschwindigkeit der Ionen
107
108
vTi
ui
vn
vn,th
vd
mn
Γe
Γi
Γi,th
E
F el
ρ0
β
σc
σs
Γ
Fi
κT
F th
Fg
Fn
Td,sf
µi
Xin
Up
Ufl
Uflq
Upl
Ip
Lp
Rp
m (u)
m(ν) (u)
m̂ (u)
m̂(ν) (u)
σ
σ̂
vs,z
vs,r,min
vs,t,max
fv
As
Ap
µl
φl
hEk i
Ip,i
Anhang 6 Zusammenfassung
Ionenschallgeschwindigkeit
Machzahl eines Ions
Driftgeschwindigkeit des Neutralgases
thermische Geschwindigkeit des Neutralgases
Driftgeschwindigkeit der Staubteilchen
Neutralteilchenmasse
Elektronenfluss auf ein Staubteilchen
Ionenfluss auf ein Staubteilchen (monoenergetische Ionen)
Ionenfluss auf ein Staubteilchen (subthermische Ionen)
statisches elektrisches Feld
elektrostatische Kraft
Coulomb- (Landau-)Radius
mittlerer normierter Stoßparameter für die Ionenstreuung an einem
Staubteilchen
Wirkungsquerschnitt für den Einfang von Ionen (Coulombradius)
Wirkungsquerschnitt für die Coulombstreuung von Ionen
modifizierter Coulomb-Logarithmus
Kraft durch den Ionenwind
Wärmeleitfähigkeit des Neutralgases
Thermophoretische Kraft
Gewichtskraft
Kraft durch Neutralteilchenstrom bzw. Reibungskraft
Oberflächentemperatur der Staubteilchen
Ionenbeweglichkeit
Ratenkoeffizient für elastische Ionen-Neutralteilchen-Stöße
Sondenpotential gegenüber dem Plasma
Floatingpotential
Wert der Floatingspannungsquelle
Plasmapotential
Sondenstrom
Länge einer zylindrischen Sonde
Radius der Sonde
unverrauschte Sondenkennlinie
ν-te Ableitung der unverrauschten Sondenkennlinie
Schätzer der Sondenkennlinie
Schätzer der ν-ten Ableitung der Sondenkennlinie
(homoskedastische) Standardabweichung der Messfehler
Schätzer der (homoskedastischen) Standardabweichung der Messfehler
Azimuthale Geschwindigkeitskomponente eines Teilchens an der
Schichtkante
Minimale radiale Geschwindigkeitskomponente eines Teilchens an
der Schichtkante
Maximale tangentiale Geschwindigkeitskomponente eines Teilchens
an der Schichtkante
Geschwindigkeitsverteilungsfunktion einer Ladungsträgersorte
Mantelfläche einer zylindrischen Randschicht
Mantelfläche einer Zylindersonde
l-tes Moment der EDF einer Ladungsträgersorte
Hilfgröße zur Bestimmung des l-tes Moments der EDF
mittlere Energie einer Ladungsträgersorte k
Ionenstrom auf eine Sonde
109
Nion
∆φl
mu0 (u)
m̂u0 (u)
h
K (u)
Kh (u)
lν
∗
Kν,p
Anzahl der Datenpunkte für die Anpassung des Ionenstrommodells
Ionenstromkorrektur für die Bestimmung des l-tes Moments der EEDF
Taylorentwicklung der Kennlinie um die Auswertestelle u0
lokales Polynom an der Auswertestelle u0
Bandbreite des Glättungsverfahrens in V
Gewichtsfunktion bzw. Kern
skalierte Gewichtsfunktion bzw. skalierter Kern
Linearkoeffizienten an einer Auswertestelle für die ν-te Ableitung
äquivalenter Kern für die ν-te Ableitung im Fall lokaler Polynome
vom Grad p
∗
∗
j-tes Moment des quadrierten äquivalenten Kerns Kν,p
νν,p,j
LCPu0 (h) CP-Kurve eines lokalen Polynoms an der Auswertestelle u0
hopt (u)
optimales Bandbreiteprofil gemäß dem lokalen CP-Kriterium
ζν
Nullstelle der ν-ten Ableitung einer Kennlinie
ζ̂ν
Nullstelle des Schätzers der ν-ten Ableitung einer Kennlinie
Ûfl
Schätzer des Floatingpotentials
Ûpl
Schätzer des Plasmapotentials
n̂e
Schätzer der Elektronendichte
ˆ
hEe i
Schätzer der mittleren Elektronenenergie
110
Anhang 6 Zusammenfassung
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Danksagung
Drei Jahre. Das war die Zeit, die mir an der Ruhr-Universität Bochum gegeben war, um
einen (winzigen) Beitrag zur wissenschaftlichen Diskussion rund um das Thema Nanoteilchensynthese im Plasma zu leisten. Ich hoffe, dass dies halbwegs gelungen ist.
Mein Dank gilt all jenen, die mich in den letzten drei Jahren bei der Entstehung dieser
Arbeit begleitet und unterstützt haben:
Sei es nun Eure Hilfe bei Aufbau und Pflege des Reaktors (Norbert Grabkowski, Herbert
Kellner, Holger Wolter sowie die Werkstätten von IC und NB), wissenschaftliche Diskussionen (Georg Wenig, Prof. Achim von Keudell, Prof. Peter Awakowicz, Timo Gans, Nikita
Bibinov und viele andere), Eure Motivation und moralische Unterstützung (Helmut Halfmann, Michael Deilmann, Timo Dittmar, Tim Baloniak und der Rest der ganzen Bande
außerhalb meines Büros und dessen Zweigstellen), oder Eure Duldung teilweise recht ungewöhnlicher Arbeitszeiten und die vielen schönen Stunden dazwischen (Ina Lingner, Monika
“Moka” Karpinski, Gabi und Hermann Schulze, Sandra, Thomas und Melanie Will) —
Ohne Euch hätte ich diese Arbeit niemals erfolgreich abgeschlossen!
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Danksagung
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