Gottesdienst am EMK Kleinbasel Pfrin. Christina Forster Predigtreihe: Kennzeichen eines Methodisten 9+10 Die Mitmenschen lieben wie sich selbst. Gott ist alles, was zählt. In den letzten Predigten haben wir gehört, wie die Liebe sich zu Gott zeigt. Beten und auch Gott gehorchen, auf ihn hören, ihn loben, ihm danken, darin zeigt sich unsere Liebe zu Gott. Doch noch in einem anderen Punkt zeigt sich diese Liebe: „Die Menschen lieben, wie sich selbst.“ „Gott ist alles, was zählt.“ Auch heute werde ich an Hand von ausgewählten Bibelversen, die wir in der Lesung gehört haben, diese beiden methodistischen Kennzeichen vertiefen. Mat 5,44 „Ich sage aber: Liebt eure Feinde und betet für alle, die euch verfolgen.“ Dieser Vers stammt aus der Bergpredigt. Jesus bricht hier mit der herkömmlichen Vorstellung, dass man den Feind hassen soll. Die Feinde Israels, sind die Völker, die Israel schaden. Jesus geht einen anderen Weg. Er bezieht die ganze Welt ein. Es gibt nun keine Menschen, kein Volk, was ich hassen darf. Gott ist für alle da und Israel ist nicht mehr alleine auserwählt. Jesus meint damit auch nicht nur die nationalen und religiösen Feinde, sondern auch die persönlichen Feinde, es sind die Menschen, die uns verfolgen. Für unsere Verfolger sollen wir beten. Jesus selbst hat es am Kreuz verwirklicht: „Vergib Ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Lk 23,34) Auch andere Apostel sind gestorben und haben ihren Verfolgern verziehen. Doch hören wir auch bei Paulus und im Johannesevangelium, dass die Urchristen Irrlehrer und Menschen, die dem Bösen dienen, meiden sollen. Sie sollen sie nicht hassen, aber um nicht selber verführt zu werden, sollen sie sie meiden, Distanz einnehmen. Die Urchristen sollen also die Irrlehrer, die Menschen, die Gottes Liebe nicht annehmen, keinen Raum geben. Man kann diese Menschen ermahnen, aber sie dürfen auf Distanz gehalten werden. Wie sieht es aber bei uns heute aus. Mitarbeiter und Mitglieder von Kirchen werden verfolgt, werden gereizt, oder gar belächelt, sogar von Personen aus der Kirche selber. Und doch kann man in der Liebe bleiben. Immer wieder kann es passieren, dass mich etwas trifft und verletzt. Es ist sozusagen die Achillesverse, die wir alle irgendwo haben. Und dann geschieht es, dass wir genau da verletzt werden, in unseren eigenen Wunden. Aber Jesus fordert uns auf, dass wir diese Menschen, auch Menschen in unserem Umfeld, mein Nächster, dass wir diese Menschen lieben und für sie beten. Das ist nicht sehr einfach. Aber wenn es denn gelingt, für solche Menschen zu beten und auch sich zu schützen, indem man Grenzen zieht, dann kann Heilung geschehen, sogar auf beiden Seiten. Ich möchte es an einem Beispiel erklären. Ein Mann ist in einer Führungsposition. Er merkt auf einmal, dass nicht alle ihn in dieser Rolle respektieren. Er erfährt Verletzungen. Und sein Selbstwertgefühl sinkt. Er zweifelt an sich: Ist er an der richtigen Stelle? Er erleidet Anfechtungen, denn hier kann das Böse Raum einnehmen, in den Zweifeln. Doch dann erkennt dieser Mann, dass es er doch eigentlich nicht abhängig sein muss von dem Respekt der anderen. Er ist für Gott eine vertrauensvolle Führungsperson und das erfährt er auch immer wieder. Es ist seine Berufung und seine Gabe. Durch die Erfahrung, dass Gott ihn liebt, egal wie viele Menschen ihn verletzen und ihm nicht Respekt zollen, begreift er, dass er sich ganz auf Gott konzentrieren muss. Dort erfährt er die Kraft zu seinem Selbstwert. Und so geschieht Heilung und der Mann strahlt und erlangt wieder Sicherheit, da er sich von Gott führen lässt, noch mehr als zuvor. Er verlässt sich in allen Dingen auf Gott. Er weiß auch, dass er seine Peiniger nicht ändern kann. Das kann nur Gott. Und seine Stellung steht nicht in Frage nur aufgrund ein paar weniger, die mit ihm Probleme haben. Ein Stein fällt diesem Mann vom Herzen und er kann gelassen weiter gehen. Gott trägt ihn. Das Herz ist das Zentrum unserer Persönlichkeit. Und mit ganzer Seele bedeutet, mit allen Regungen und Empfindungen und Gefühlen unseres Lebens. Und auch unser Denken soll ganz auf Gott gerichtet sein, nicht nur die Emotionen. Mit all unseren Sinnen, mit all unserer Persönlichkeit sollen wir Gott lieben. Und dann sollen wir unseren Mitmenschen, wie uns selbst lieben. Oft vergessen wir diesen kleinen Zusatz „wie uns selbst“. Doch dieser Zusatz ist sehr wichtig. Ich denke dieses Beispiel kann jeder für sich durchbuchstabieren, denn in unseren Arbeitswelten und unseren Beziehungen kommen immer wieder solche Situationen vor. Doch ist es eine Übung, sich dieser Haltung anzunehmen, dass auch meine Verfolger von Gott geliebt werden. Es ist eine Lebensaufgabe. Und mir wird bewusst, dass ich nicht für ihr Heil und ihre Veränderung verantwortlich bin. Ich nehme sie mit ins Gebet und überlasse es Gott. Ich kann nur für mich selber Verantwortung übernehmen. Und wenn wir diese Haltung immer wieder einüben, dann wird Gottes Reich immer mehr sichtbar werden und die Welt wird sich verändern. Wie soll ich jemanden aufrichtig lieben können, wenn ich mich selber nicht liebe. Und aufgrund unseres Daseins, geschieht es eben, dass wir im Laufe unseres Lebens auch die Entziehung von Liebe erfahren, dass wir nicht geliebt werden oder zu wenig. Und so entsteht in uns eine Lücke, eine Liebeslücke. Und wenn wir uns dessen nicht bewusst werden, dann erwarten wir von anderen, dass sie diese Lücke schließen und verwechseln dann dies mit Liebe, denn wir bedrängen den anderen und fordern von ihm Liebe. Das ist keine wahrhaftige Liebe. Nur wenn mir bewusst wird, dass ich in mir eine Lücke habe, dann kann Heilung geschehen. Jeder von uns hat diese Lücke, denn wir alle sind Sünder und in das Geflecht der Sünde eingebettet. Wenn ich mir also dieser Tatsache bewusst bin, dann stellt sich nun die Frage, wie komme ich da raus. Wie kann ich diese Lücke der Selbstliebe, des Selbstwertes schließen. Mk 12,33 „Ihn sollen wir lieben von ganzem Herzen, mit unserem ganzen Verstand, mit ganzer Hingabe und mit aller Kraft. Und auch unsere Mitmenschen sollen wir so lieben wie uns selbst. Das ist mehr als alle Opfer, die wir Gott bringen könnten.“ Alleine durch das Hineinlassen der Liebe Gottes. Wenn ich Gott in diese Lücke hineinlasse, dann kann Heilung geschehen und ich werde ganz. Und nur so kann ich auch dann meinen Mitmenschen lieben. Ansonsten erwarte ich von meinem Mitmenschen immer wieder die Liebe, die mir irgendwann entzogen wurde, meist in der frühen Kindheit. Ich kann euch also nur ermutigen, dass ihr euch eurer Liebeslücke bewusst werdet und sie euch von Gottes Liebe ausfüllen lasst. Auch im Markusevangelium begegnet uns das höchste Gebot. Wir sollen Gott von ganzem Herzen lieben und auch unseren Mitmenschen, wie uns selber. Jesus wird gefragt, welches das höchste Gebot ist. Er zitiert mit dieser Aussage, die wir gerade vernommen haben, das Sch'ma Israel (Höre Israel), das im 5. Mose 6,4-5 steht: Und so könnt Ihr diese Liebe weitergeben und eure Mitmenschen bekommen leuchtende Augen. „Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR allein. Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.“ 2 Kol 3,13 dass dieser Mensch auch von Gott geliebt ist. „Ertragt einander, und seid bereit, einander zu vergeben, selbst wenn ihr glaubt, im Recht zu sein. Denn auch Christus hat euch vergeben.“ AMEN Und auch dieser Vers unterstreicht nochmals in seiner eigenen Nuance das vorher gesagte. Auch das Ertragen hat Jesus uns vorgelebt. Er hat es ertragen, dass Judas in verraten hat, dass Petrus ihn verleugnet hat. Wir dürfen Geduld haben, mit Menschen, die uns Mühe machen, denn sie werden auch von Gott geliebt. Paulus meint, dass man da, wo Enttäuschungen und Verletzungen geschehen (und das geschieht eben auch in unserer Gemeinde), Nachsicht üben sollen. Man soll sich auch vergeben und neu beginnen. Das Wort „vergeben“ heißt wörtlich „Freundlichkeit erweisen“. Ich soll also nicht wie eine beleidigte Leberwurst dem anderen begegnen – so nennen wir es in Bayern -, sondern ihm mit Freundlichkeit begegnen. Und auch da, wo ich einen Anlass habe zum Tadeln und zur Beschwerde, soll ich diese hinten anstellen und mit Freundlichkeit begegnen. Dass heißt nicht, ein falsches freundliches Gesicht aufsetzen und im inneren denken, was das für ein blödes Huhn ist und von nichts eine Ahnung hat, sondern dass ich eine Haltung darin habe, dass ich vergebe, dass ich verstehe, dass dieser Mensch auch von Gott geliebt ist. Ich verurteile ihn nicht. Im Unser Vater (Vater Unser) beten wir das auch: Und vergib uns unsere Schuld, so auch wir vergeben unseren Schuldigern. Dies kann ich aber nur erfahren, wenn ich selber aus der Vergebung Jesu lebe. Nur so kann ich meinem Bruder oder meiner Schwester vergeben. Paulus beschreibt das so, dass wir einander tragen sollen und uns nicht gegenseitig in die Pfanne hauen sollen. Vergebung ist gefragt. Damit ist nicht gesagt, dass ich jetzt mit diesen Menschen ganz nah sein muss, sondern nur, dass ich nicht mehr verurteile, dass ich nicht mehr beleidigt bin. Denn es kann immer noch sein, dass das Verhalten sich nicht ändert und ich werde immer noch verletzt. Da darf ich Abstand und Distanz nehmen, aber immer mit dem Bewusstsein, 3