Einführung in die partiellen Differentialgleichungen

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Zusammenfassung der Vorlesung
Einführung in die partiellen Differentialgleichungen
Stefan Müller
Universität Bonn
Sommersemester 2017
Dies ist eine gekürzte Zusammenfassung und kein vollständiges Skript der
Vorlesung. Deshalb kann diese Zusammenfassung ein Lehrbuch nicht ersetzen. Wie in der Vorlesung besprochen, werden folgende Bücher empfohlen:
• L. C. Evans, Partial Differential Equations, AMS Graduate Studies in
Mathematics 19
• F. John, Partial Differential Equations, Springer
• J. Jost, Partielle Differentialgleichungen, Springer
Dieses Skript basiert auf den oben genannten Büchern, und Skripten von S.
Conti (SS 2011), L. Szekelyhidi (SS 2010), Notizen zu einer Vorlesung im SS
2009 sowie weiteren Quellen, die nicht immer im Einzelnen genannt sind.
Tippfehler und Korrekturen bitte an [email protected] oder in der
Sprechstunde.
Diese Zusammenfassung ist nur für Hörer der Vorlesung V2B2 EPDE an
der Universität Bonn, Sommersemester 2017, bestimmt.
1
[15. Mai 2017]
[21.4. 2017, Vorlesung 1]
1
Harmonische Funktionen und die Poisson Gleichung
1.1
1.1.1
Eigenschaften harmonischer Funktionen
Definition und Beispiele
Definition 1.1. Sei Ω ⊂ Rn offen, u ∈ C 2 (Ω). Die Funktion u heißt harn
X
∂2
u.
monisch wenn ∆u = 0 auf Ω. Dabei ∆u =
∂x2i
i=1
Beispiele:
(i) Jede affine Funktion ist harmonisch.
(ii) Sei A ∈ Rn×n . Die Funktion x 7→ x · Ax ist genau dann in Rn harmonisch, wenn Tr A = 0. Insbesondere sind x 7→ x21 − x22 und x 7→ x1 x2
in R2 harmonisch.
(iii) Trennung der Variablen. Der Ansatz u(x1 , x2 ) = f (x1 )g(x2 ) führt auf
gewöhnliche Differentialgleichungen für f and g und liefert spezielle
harmonischen Funktionen (s. Übungsblatt 1).
(iv) Polarkoordinaten. Sei u : R2 \{0} → R und sei v(r, ϕ) = u(r cos ϕ, r sin ϕ).
Dann gilt
1 ∂2
1 ∂
∂2
(∆u)(r cos ϕ, r sin ϕ) =
v+
v + 2 v (r, ϕ) . (1.1)
r2 ∂ϕ2
r ∂r
∂r
Nach Definition ist v 2π-periodisch in ϕ, d.h.
v(r, ϕ + 2π) = v(r, ϕ) ∀r ∈ (0, ∞), ϕ ∈ R.
(1.2)
Man sieht leicht, dass es Lösungen von (1.1), (1.2) der Form rk g(ϕ)
gibt (s. Übungsblatt 1).
(v) Holomorphe Funktionen. Sei Ω ⊂ C offen. Eine Funktion f : Ω → C
heißt holomorph, falls sie in jedem Punkt von Ω komplex differenzierbar ist, d.h., falls für jedes z0 ∈ Ω in a ∈ C existiert, so dass
lim
z→0
f (z0 + z) − f (z0 ) − az
= 0.
z
2
[15. Mai 2017]
Dann sind f1 = Re f und f2 = Im f : Ω ⊂ R2 → R differenzierbar und
erfüllen die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen
∂
∂
f1 =
f2 ,
∂x1
∂x2
∂
∂
f1 = −
f2 .
∂x2
∂x1
Da holomorphe Funktionen unendlich oft differenzierbar sind, folgt
leicht, dass f1 und f2 harmonisch sind. Falls umgekehrt Ω ⊂ C konvex
ist und u : Ω → R harmonisch, so gibt es eine holomorphe Funktion f :
Ω → C mit Re f = u. Statt Konvexität von Ω reicht es anzunehmen,
dass Ω einfach zusammenhängend ist.
Folgerung: Seien ω ⊂ C und Ω ⊂ C offen, f : ω → Ω holomorph
u : Ω → R harmonisch. Dann ist u ◦ f : ω → R harmonisch.
Wir werden sehen, dass harmonische Funktionen viele Eigenschaften
holomorpher Funktionen auf höheren Dimensionen verallgemeinern.
(vi) Radialsymmetrische Funktionen. Sei f : (0, ∞) → R eine C 2 Funktion
und u(x) = f (|x|). Dann gilt
(∆u)(x) = f 00 (r) +
n−1 0
f (r),
r
wobei r := |x| .
(1.3)
(s. Übungsblatt 1).
1.1.2
Mittelwerteigenschaft
Definition 1.2. Sei (X, S, µ) ein Maßraum, E ∈ S mit 0 < µ(E) < ∞,
u ∈ L1 (E; µ). Dann gilt:
ˆ
1
u dµ =
u dµ .
(1.4)
µ(E) E
E
Insbesondere gilt für u ∈ L1 (B(x, r))
1
u dL = n
L (B(x, r))
B(x,r)
ˆ
u dLn
n
und für u : ∂B(x, r) → R, integrierbar,
u dH
n−1
∂B(x,r)
1
= n−1
H
(∂B(x, r))
(1.5)
B(x,r)
ˆ
u dHn−1 .
(1.6)
∂B(x,r)
Dabei bezeichnet Hn−1 das (n − 1)-dimensionale Hausdorffmaß das auf der
Sphäre ∂B(x, r) mit dem in Analysis 3 eingeführtem Oberflächenmaß S n−1
übereinstimmt:
ˆ
ˆ
n−1
u dH
=
u dS n−1 .
(1.7)
∂B(x,r)
∂B(x,r)
Im folgenden benutzen wir insbesondere zwei Tatsachen aus Analysis 3.
3
[15. Mai 2017]
• (Fubini in Polarkoordinaten) Sei f ∈ L1 (B(x, r)) Aus dem Satz von
Fubini und der Transformationsformel folgt, dass für fast alle ρ ∈ [0, r]
die Funktion f über ∂B(x, ρ) integrierbar ist und dass gilt
!
ˆ
ˆ
ˆ
f dHn−1
f dLn =
[0,r]
B(x,r)
dL1 .
(1.8)
∂B(x,ρ)
(vgl. Analysis 3, Beispiele nach dem Transformationssatz, Satz 3.30,
insbesondere Gleichungen (3.177), (3.181) und (5.17).
Daraus folgt, dass Ln (B(x, r)) = ωn rn und Hn−1 (∂B(x, r)) = S n−1 (∂B(x, r)) =
nωn rn−1 , wobei ωn = Ln (B(0, 1)).
• (Satz von Gauß) Für f ∈ C 0 (B(x, r)) ∩ C 1 (B(x, r)) mit div f ∈
L1 (B(x, r)) (und deshalb insbesondere für alle f ∈ C 2 (Ω), mit B(x, r) ⊂
Ω) gilt:
ˆ
ˆ
div f dLn =
B(x,r)
f · ν dHn−1 .
(1.9)
∂B(x,r)
Satz 1.3 (Mittelwerteigenschaft). Sei Ω ⊂ Rn offen, u ∈ C 2 (Ω), B(x, r) ⊂
Ω.
(i) Falls ∆u = 0 in Ω, dann gilt
u dHn−1 =
u(x) =
∂B(x,r)
u dLn .
(1.10)
B(x,r)
(ii) Falls −∆u ≤ 0 in Ω, dann gilt
u(x) ≤
u dHn−1
(1.11)
u dLn .
(1.12)
u dHn−1
(1.13)
u dLn .
(1.14)
∂B(x,r)
und
u(x) ≤
B(x,r)
(iii) Falls −∆u < 0 in Ω, dann gilt
u(x) <
∂B(x,r)
und
u(x) <
B(x,r)
Beweis. Aussage (i), folgt indem man Aussage (ii) auf u und −u anwendet.
Der Beweis von (iii) ist analog zu dem von (ii). Daher zeigen wir nur (ii).
4
[15. Mai 2017]
Für ρ ∈ (0, r] gilt
u(x + ρz) dHn−1 (z) ,
u(y) dHn−1 (y) =
(1.15)
∂B(0,1)
∂B(x,ρ)
denn unmittelbar aus der Definiton des Hausdorffmaßes folgt Hn−1 (ρE) =
ρn−1 Hn−1 (E) und Hn−1 (x + E) = Hn−1 (E).
Sei ϕ : [0, r] → R durch
u(x + ρz) dHn−1 (z)
ϕ(ρ) =
(1.16)
∂B(0,1)
definiert. Die Funktion ϕ ist stetig (vgl. Analysis 3, Satz 3.38 (i) und ϕ(0) =
u(x).
Es reicht daher zu zeigen, dass ϕ in (0, r) differenzierbar ist und ϕ0 ≥ 0
gilt. Die Differenzierbarkeit von ϕ folgt aus der Tatsache, dass u und ∇u
auf der kompakten Menge B(x, r) stetig und daher insbesondere beschränkt
sind (vgl. Analysis 3, Satz 3.38 (ii). Es gilt
d
ϕ(ρ) =
dρ
∇u(x + ρz) · z dHn−1 (z)
∂B(0,1)
ˆ
1
= n−1
∇u(x + ρz) · ν dHn−1 (z)
H
(∂B(0, 1)) ∂B(0,1)
ˆ
ρ
∆u(x + ρz) dLn ≥ 0 .
= n−1
H
(∂B(0, 1)) B(0,1)
(1.17)
(1.18)
(1.19)
Hier wurde den Satz von Gauß benutzt, und die Rechnung
X ∂ ∂
X ∂2
u(x + ρz) =
ρ 2 u(x + ρz) = ρ∆u(x + ρz)
∂zi ∂xi
∂xi
i
(1.20)
i
Daher gilt ϕ0 ≥ 0 in (0, r) und (1.11) ist bewiesen.
Um (1.12) zu beweisen benutzen wir Polarkoordinaten (vgl. (1.8)):
!
ˆ
ˆ
ˆ
u dHn−1
u dLn =
B(x,r)
[0,r]
ˆ
dL1 (ρ)
(1.21)
∂B(x,ρ)
Hn−1 (∂B(x, ρ))u(x)dL1 (ρ) = u(x)Ln (B(x, r)) .
≥
[0,r]
(1.22)
[21.4. 2017, Vorlesung 1]
[24.4. 2017, Vorlesung 2]
5
[15. Mai 2017]
Satz 1.4. Sei Ω ⊂ Rn offen, u ∈ C 2 (Ω). Die drei Eigenschaften
(i) u ist harmonisch, d.h.,
∆u = 0 in Ω ,
(1.23)
(ii) u erfüllt die sphärische Mittelwerteigenschaft, d.h.,
u dHn−1
u(x) =
(1.24)
∂B(x,r)
für alle (x, r) mit B(x, r) ⊂ Ω,
(iii) u erfüllt die Kugelmittelwerteigenschaft, d.h.,
u dLn
u(x) =
(1.25)
B(x,r)
für alle Kugeln B(x, r) ⊂ Ω,
sind äquivalent.
Bemerkung. Die Äquivalenz der drei Eigenschaften gilt auch unter der
schwächeren Annahme u ∈ C 0 und sogar u ∈ L1 (Ω) (vgl. Satz 1.8 für die
präzise Formulierung). Der Ansatz, Lösungsbegriffe für partielle Differentialgleichungen zu entwickeln, die zunächst möglichst wenig Regularitätsannahmen an die Lösung u erfordern und dann bessere Regularitätseigenschaften
zu beweisen, ist eine der wichtigen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts. Dies
wird in systematischer Weise in der Vorlesung ’Partielle Differentialgleichungen und Funktionalanalysis’ im nächsten Semester besprochen.
Beweis. (i)⇒(ii) folgt aus Satz 1.3.
(ii)⇒(iii) folgt aus
!
ˆ
ˆ
ˆ
u dLn =
u dHn−1 dL1 (ρ)
B(x,r)
[0,r]
ˆ
(1.26)
∂B(x,ρ)
Hn−1 (∂B(x, ρ))u(x)dL1 (ρ) = u(x)Ln (B(x, r)) .
=
[0,r]
(1.27)
(vgl. (1.21) oben).
(iii)⇒(i) wird durch Widerspruch bewiesen. Sei x ∈ Ω, so dass ∆u(x) 6=
0. Wir können oBdA annehmen, dass ∆u(x) > 0 (sonst betrachten wir −u).
Dann gibt es ein R > 0, so dass B(x, R) ⊂ Ω und ∆u > 0 in B(x, R). Dann
folgt für r ∈ (0, R) aus Satz 1.3(iii) (angewendet mit Ω = B(x, R)) , dass
u dLn ,
u(x) <
(1.28)
B(x,r)
entgegen der Annahme.
6
[15. Mai 2017]
1.1.3
Regularität I
Lemma 1.5. Es existiert
eine nichtnegative, radialsymmetrische Funktion
´
η ∈ Cc∞ (B(0, 1)) mit Rn η dLn = 1.
Erinnerung: eine Funktion η : Rn → R heisst radialsymmetrisch falls für
alle x, y ∈ Rn mit |x| = |y| die Gleichung η(x) = η(y) gilt.
Beweis. Dies wurde in Analysis 3, Lemma 4.27 (ii) bewiesen.
Zur Erinnerung: wir wissen aus Analysis I, dass die durch ψ(t) = e−1/t für
t > 0, ψ(t) = 0 für t ≤ 0 definierte Funktion in C ∞ (R) ist. Nach der Kettenregel ist daher die Funktion ϕ(x) = ψ(1−|x|2 ) in´Cc∞ (B(0, 1)). Außerdem ist
ϕ nichtnegativ und radialsymmetrisch. Sei C = Rn ϕ dx. Dann hat η = C1 ϕ
die gewünschten Eigenschaften.
Lemma 1.6. Sei η wie in Lemma 1.5, ηr (x) = r−n η(x/r). Sei u ∈ L1 (Ω) ,
so dass u die sphärische Mittelwerteigenschaft erfüllt, d.h. für jedes x ∈ Ω
gilt
u dHn−1
u(x) =
(1.29)
∂B(x,ρ)
für fast alle ρ > 0 mit B(x, ρ) ⊂ Ω. Dann gilt
u(x) = (u ∗ ηr )(x)
(1.30)
für alle x mit B(x, r) ⊂ Ω.
Beweis. Sei B(x, r) ⊂ Ω. Dann gilt
ˆ
(u ∗ ηr )(x) =
u(y)ηr (x − y) dy
Ω
ˆ
=
u(y)ηr (x − y) dy
B(x,r)
ˆ
ˆ
=
u(y)ηr (x − y) dHn−1 (y)dL1 (ρ) .
[0,r)
(1.31)
(1.32)
(1.33)
∂B(x,ρ)
Für jedes ρ ist y 7→ ηr (x−y) auf ∂B(x, ρ) konstant (weil η radialsymmetrisch
ist). Da u die sphärische Mittelwerteigenschaft hat, folgt
ˆ
ˆ
n−1
u(y)ηr (x − y) dH
(y) = u(x)
ηr (x − y) dHn−1 (y) . (1.34)
∂B(x,ρ)
∂B(x,ρ)
Deshalb gilt
ˆ
ˆ
ηr (x − y) dHn−1 (y)dL1 (ρ)
(u ∗ ηr )(x) = u(x)
(0,r)
ˆ
ηr dLn = u(x) .
= u(x)
(1.35)
∂B(x,ρ)
(1.36)
Rn
7
[15. Mai 2017]
Satz 1.7. Sei Ω ⊂ Rn , u ∈ C 2 (Ω), harmonisch. Dann gilt u ∈ C ∞ (Ω).
Beweis. Sei x ∈ Ω, r > 0, so dass B(x, 2r) ⊂ Ω. Dann gilt nach Lemma 1.6
ˆ
u(y) =
u(z)ηr (y − z)dz
(1.37)
B(x,2r)
für alle y ∈ Br (x). Aus ηr ∈ Cc∞ folgt, dass u beliebig oft differenzierbar
ist.
Satz 1.8. Sei Ω ⊂ Rn offen, u ∈ L1 (Ω). Falls
u dLn
u(x) =
(1.38)
B(x,r)
für alle Kugeln B(x, r) ⊂ Ω, dann gilt u ∈ C 2 (Ω) und
∆u = 0 in Ω .
(1.39)
Beweis. Wir werden zeigen, dass u die sphärische Mittelwerteigenschaft hat
und dann Lemma 1.6 und Satz 1.4 anwenden.
Sei B(x, R) ⊂ Ω. Dann gibt es eine Nullmenge N ⊂ (0, R), so dass
für alle ρ ∈ (0, R) \ N die Funktion u über ∂B(x, ρ) integrierbar ist. Sei
ψ : (0, R) → R durch
ˆ
ψ(ρ) =
(u(y) − u(x))dHn−1 (y) ,
(1.40)
∂B(x,ρ)
und ψ(ρ) = 0 für ρ ∈ N definiert. Aus (1.38) folgt, dass
ˆ
ˆ
ˆ
1
n
ψdL =
u(y) dL − u(x)
1 dLn = 0
(0,s)
B(x,s)
(1.41)
B(x,s)
für alle s ∈ (0, R), und deshalb ψ = 0 fast überall (Lemma 1.9, angewendet
auf ψχ(0,R) ). Es folgt, dass u die sphärische Mittelwerteigenschaft für fast
alle ρ ∈ (0, R) erfüllt. Aus Lemma 1.6 folgt, dass
u(x) = (ηr ∗ u)(x)
(1.42)
falls B(x, r) ⊂ Ω. Daraus folgt u ∈ C ∞ (vgl. den Beweis von Satz 1.7). Die
Aussage folgt dann aus Satz 1.4.
´
Lemma 1.9. Sei f ∈ L1 (R), so dass (a,b) f dL1 = 0 für alle a, b ∈ R. Dann
gilt f = 0 fast überall.
8
[15. Mai 2017]
Beweis. Seien ϕ = 12 χ(−1,1) und
ψk (x) = kϕ(kx) =
Dann gilt
k
(ψk ∗ f )(x) =
2
k
χ
(x).
2 (−1/k,1/k)
ˆ
f dL1 .
(1.43)
(x−1/k,x+1/k)
Aus der Annahme folgt, dass ψk ∗ f = 0. Nun gilt ψk ∗ f → f in L1 (Analysis
3, Lemma 4.28 (i)) und deshalb f = 0 fast überall.
1.1.4
Maximumprinzip
Satz 1.10 (Schwaches Maximumprinzip). Sei Ω ⊂ Rn offen und beschränkt,
u ∈ C 2 (Ω) ∩ C 0 (Ω) und
−∆u ≤ 0 in Ω .
(1.44)
Dann gilt
max u(Ω) = max u(∂Ω) .
(1.45)
Beweis. (i): Sei −∆u < 0 in Ω, und x0 ∈ Ω mit u(x0 ) = max u(Ω). Dann
Du(x0 ) = 0 und D2 u(x0 ) ≤ 0 (als symmetrische Matrix bzw. als bilineare
Abbildung). Es folgt, dass ∆u(x0 ) = Tr D2 u(x0 ) ≤ 0, gegen die Annahme.
(ii): Sei −∆u ≤ 0 in Ω, v : Ω → R durch v(x) = x2 definiert. Dann
−∆(u + εv) = −∆u − 2εn < 0 in Ω für alle ε > 0. Aus (i) folgt, dass
max(u + εv)(Ω) = max(u + εv)(∂Ω) .
(1.46)
max u(Ω) + ε min v(Ω) ≤ max u(∂Ω) + ε max v(∂Ω)
(1.47)
Es folgt, dass
und mit ε → 0 die Aussage.
Bemerkung. Falls u harmonisch ist, dann gilt auch
min u(Ω) = min u(∂Ω) .
(1.48)
Satz 1.11 (Eindeutigkeit). Sei Ω ⊂ Rn offen und beschränkt, u, v ∈ C 2 (Ω)∩
C 0 (Ω), so dass
∆u = ∆v in Ω
u = v auf ∂Ω .
(1.49)
(1.50)
Dann gilt u = v.
Beweis. Die Funktion w = u − v ist harmonisch, und gleich null auf ∂Ω.
Deshalb gilt w = 0 in Ω.
9
[15. Mai 2017]
Bemerkung. Wir haben auch gezeigt, dass aus ∆u = ∆v in Ω die quantitative Abschätzung max |u − v|(Ω) ≤ max |u − v|(∂Ω) folgt, d.h., die stetige
Abhängigkeit von den Randwerten in C 0 .
Definition 1.12. Eine offene Menge M ⊂ Rn heißt zusammenhängend,
wenn für alle offene Mengen A, B ⊂ M mit A ∩ B = ∅ und A ∪ B = M gilt:
A = ∅ oder B = ∅.
Bemerkung. Eine offene Menge M ⊂ Rn ist genau dann zusammenhängend,
wenn zu jedem Paar x, y ∈ M eine Kurve ϕ ∈ C 0 ([0, 1], M ) existiert, so dass
ϕ(0) = x und ϕ(1) = y. Die Kurve darf auch in C ∞ gewählt werden.
Satz 1.13 (Starkes Maximumprinzip). Sei Ω ⊂ Rn offen, beschränkt, zusammenhängend. Sei u ∈ C 0 (Ω), so dass
u dLn für alle B(x, r) ⊂ Ω .
u(x) ≤
(1.51)
B(x,r)
Dann gilt entweder
(i) u(x) < max u(∂Ω) für alle x ∈ Ω
oder
(ii) Die Funktion u ist konstant auf Ω.
Bemerkung. Falls u ∈ C 2 (Ω), dann kann die Annahme (1.51) durch
−∆u ≤ 0 in Ω ersetzt werden (Satz 1.3(ii)).
Beweis. Sei M = max u(Ω), V = Ω ∩ u−1 (M ) = {x ∈ Ω : u(x) = M }.
Sei x ∈ V , B(x, r) ⊂ Ω. Aus der Mittelwerteigenschaft folgt, B(x, r) ⊂
V . Deshalb ist V offen.
Da u stetig ist, ist auch die Menge Ω \ V = {x ∈ Ω : u(x) 6= M }) offen.
Da Ω zusammenhängend ist, gilt V = ∅ (Option (i)) oder V = Ω (Option
(ii)).
Satz 1.14 (Harnack-Ungleichung). Sei Ω ⊂ Rn offen, V offen, beschränkt,
zusammenhängend, mit V ⊂ Ω. Dann gibt es eine Konstante c = c(Ω, V ),
so dass
sup u(V ) ≤ c inf u(V )
(1.52)
für alle u ∈ C 2 (Ω) die ∆u = 0 und u ≥ 0 auf Ω erfüllen.
Beweis. Die Menge V ist kompakt, deshalb gilt:
1
r = dist (V, ∂Ω) > 0 .
2
10
(1.53)
[15. Mai 2017]
Wir betrachten zuerst zwei Punkte x, y ∈ V , mit |x − y| < r. Aus der
Mittelwerteigenschaft, B(x, r) ⊂ B(y, 2r) ⊂ Ω und u ≥ 0 folgt
ˆ
1
u(x) =
u=
u
(1.54)
ωn rn B(x,r)
B(x,r)
ˆ
1
u
(1.55)
≤
ωn rn B(y,2r)
u = 2n u(y) .
= 2n
(1.56)
B(y,2r)
Da V kompakt ist, gibt es endlich viele Kugeln {B(xj , r/2)}j=1,...,N mit
xj ∈ V , die V überdecken. Falls z, w ∈ B(xj , r/2) ∩ V für ein j, dann gilt
|z − w| < r und deshalb
u(z) ≤ 2n u(w) .
(1.57)
Aus der Stetigkeit von u folgt die gleiche Aussage für z, w ∈ B(xj , r/2) ∩ V .
Seien x, y ∈ V . Dann gibt es eine Kurve ϕ ∈ C 0 ([0, 1]; V ), die x und y
verbindet. Die Menge ϕ([0, 1]) ist durch maximal N der Kugeln überdeckt,
d.h.,
es gibt Kugeln Bk ∈ {B(xj , r/2)}, k = 1, . . . , K∗ so dass ϕ([0, 1]) ⊂
S
B
k k , Bk ∩ Bk+1 6= ∅. Konstruktion der Kugeln: B1 ist eine Kugel (aus der
Familie {B(xj , r/2)}j ), die ϕ(0) enthält. Sei t1 = sup{t ∈ [0, 1] : ϕ(t) ∈ B1 }.
Falls t1 < 1, gilt ϕ(t1 ) ∈ ∂B1 . Sei B2 eine Kugel (aus der gleiche Familie),
die ϕ(t1 ) enthält, und weiter induktiv. Da man keine Kugel zweimal wählt,
endet das Prozess nach höchstens N Schritten. Es folgt
u(x) ≤ 2N n u(y) .
(1.58)
[24.4. 2017, Vorlesung 2]
[28.4. 2017, Vorlesung 3]
1.1.5
Regularität II: Abschätzungen für die höheren Ableitungen
Notation: wir betrachten Multiindizes α ∈ Nn und definieren
kαk =
n
X
αi ,
α! =
i=1
n
Y
αi ! .
(1.59)
i=1
Man nennt kαk die Ordnung von α. Für x ∈ Rn definieren wir
α
x =
n
Y
xαi i
mit der Konvention x0i = 1.
(1.60)
i=1
Falls f ∈ C kαk (Ω), Ω ⊂ Rn offen so definieren wir
Dα f = ∂1α1 ∂2α2 . . . ∂nαn f .
11
(1.61)
[15. Mai 2017]
mit der Konvention ∂i0 f = 0.
Sei u : Ω → R harmonisch, B(x, r) ⊂ Ω. Aus Lemma 1.6 folgt, dass
u = u ∗ ηr/2 in B(x, r/2) und daher
Dα u(x) = Dα (u ∗ ηr/2 )(x) = u ∗ Dα ηr (x) .
(1.62)
Aus ηr (x) = r−n η(x/r) folgt |Dα ηr | ≤ C/r−n−kαk und deshalb
|Dα u|(x) ≤
C
rn+kαk
kukL1 (B(x,r)) .
(1.63)
Die Konstante C hängt von η, n und α ab. Es folgt:
Satz 1.15. Sei Ω ⊂ Rn offen, u : Ω → R harmonisch, B(x, r) ⊂ Ω. Dann
gibt es Konstanten Cn,k , so dass für jeden Multiindex α ∈ Nn der Ordnung
k gilt:
Cn,k
|Dα u|(x) ≤ n+k kukL1 (B(x,r)) .
(1.64)
r
Beweis. Folgt aus (1.62-1.63).
Diese Abschätzung hat viele Anwendungen, es werden hier insbesondere
zwei erwähnt:
Satz 1.16 (Liouville). Sei u ∈ C 2 (Rn ) harmonisch und beschränkt. Dann
ist u konstant.
Beweis. Sei M = sup |u|(Rn ). Aus Satz 1.15 (mit kαk = 1) folgt
|∂i u|(x) ≤
Cn,1 n
L (B(x, r))M
rn+1
(1.65)
für alle i ∈ {1, . . . , n}, alle x ∈ Rn und alle r > 0. Da r beliebig ist, folgt
Du(x) = 0.
Satz 1.17. Sei Ω ⊂ Rn offen, u : N → C 2 (Ω) eine Folge harmonischer
Funktionen, die in L1 (Ω) eine Cauchy-Folge ist. Dann gibt es u∗ ∈ L1 (Ω),
so dass:
(i) Dα uj konvergiert punktweise gegen Dα u für alle α ∈ Nn , insbesondere
ist die Funktion u∗ harmonisch.
(ii) Falls K ⊂ Ω kompakt ist und α ∈ Nn , dann konvergiert Dα uj → Dα u∗
gleichmäßig in K.
Beweis. Sei x ∈ Ω, B(x, r) ⊂ Ω. Aus
ˆ
1
1
|uj − um |(x) ≤
|uj − um |(y)dy ≤
kuj − um kL1 (Ω) (1.66)
n
ωn r B(x,r)
ωn rn
12
[15. Mai 2017]
folgt, dass j 7→ uj (x) eine Cauchy-Folge in R ist. Wir definieren u∗ (x) =
limj→∞ uj (x). Da uj eine Cauchy-Folge in L1 (Ω) ist, gilt auch uj → u∗ in
L1 (Ω).
Aus
u∗ (x) = lim uj (x) = lim
j→∞
j→∞ B(x,r)
u∗ dLn
uj dLn =
(1.67)
B(x,r)
folgt, dass u∗ die Mittelwerteigenschaft erfüllt. Deshalb (Satz 1.8) ist u∗
harmonisch.
Sei K ⊂ Ω kompakt, r = dist (K, ∂Ω). Für alle x ∈ K gilt B(x, r) ⊂ Ω
und deshalb
|Dα (uj − u∗ )|(x) ≤
Cn,kαk
rn+kαk
kuj − u∗ kL1 (Ω) .
(1.68)
Es folgt, dass
lim max |Dα (uj − u∗ )|(K) = 0 .
j→∞
(1.69)
Das beendet den Beweis.
Unser nächstes Ziel ist zu zeigen, dass harmonische Funktionen analytisch sind (s. unten). Dazu müssen wir die Abhängigkeit der Konstante Cn,k
von k = kαk präziser abschätzen.
Satz 1.18. Sei Ω ⊂ Rn offen, u : Ω → R harmonisch, B(x, r) ⊂ Ω. Dann
gilt für jeden Multiindex α ∈ Nn der Ordnung k
|Dα u|(x) ≤
wobei
Cn,k =
Cn,k
kukL1 (B(x,r)) ,
rn+k

1


 ω(n)
falls k = 0 ,

2n+1 nk k n+k


ω(n)
falls k ≥ 1 .
(1.70)
(1.71)
Beweis. Teil 1: k = 0. Für k = 0 folgt aus der Mittelwerteigenschaft
ˆ
1
|u|(x) ≤
|u| dLn .
(1.72)
ω(n)rn B(x,r)
Teil 2: k = 1. Sei i ∈ {1, . . . , n}. Die Funktion x 7→ Di u(x) ist ebenfalls
harmonisch (weil u ∈ C ∞ , und ∆Di u = Di ∆u). Aus der Mittelwertformel
und dem Satz von Gauß folgt
ˆ
ˆ
2n
2n
n
Di u(x) =
D
u
dL
=
uνi dHn−1 , (1.73)
i
ω(n)rn B(x,r/2)
ω(n)rn ∂B(x,r/2)
13
[15. Mai 2017]
wobei ν die äußere Normale ist. Deshalb gilt:
|Di u|(x) ≤
2n
sup |u|(∂B(x, r/2)) .
r
(1.74)
Für alle y ∈ ∂B(x, r/2) können wir den Fall k = 0 auf B(y, r/2) ⊂ B(x, r) ⊂
Ω anwenden:
ˆ
ˆ
2n
2n
n
|u|dL
≤
|u|dLn .
(1.75)
|u|(y) ≤
ω(n)rn B(y,r/2)
ω(n)rn B(x,r)
Deshalb gilt:
|Di u|(x) ≤
2n 2n
r ω(n)rn
ˆ
|u|dLn .
(1.76)
B(x,r)
Teil 3: Beweis von (1.70) und (1.71) mit vollständiger Induktion. Wegen Teil
2 müssen wir nur den Induktionsschritt durchführen. Sei α ein Multiindex
mit kαk = k + 1 ≥ 1. Dann gibt es i ∈ {1, . . . , n} und ein Multiindex β mit
kβk = k, so dass
D α u = Di D β u .
(1.77)
Die Funktion Dβ u ist ebenfalls harmonisch. Analog zu (1.74) folgt für alle
ρ ∈ (0, r)
n
|Dα u|(x) ≤ sup |Dβ u|(∂B(x, ρ)) .
(1.78)
ρ
Für y ∈ ∂B(x, ρ) folgt aus der Induktionsannahme, angewendet auf die
Kugel B(y, r − ρ) ⊂ B(x, ρ) ⊂ Ω
|Dβ u|(y) ≤
und somit
|Dα u|(x) ≤
Cn,k
kukL1 (B(x,r))
(r − ρ)n+k
(1.79)
Cn,k
n
kukL1 (B(x,r))
ρ (r − ρ)n+k
(1.80)
k
r. Damit folgt, dass (1.70)
Man wählt ρ = r/(k + 1), so dass r − ρ = k+1
gilt mit
k + 1 n+k
Cn,k+1 ≤ n(k + 1)
Cn,k
k
Mit der Induktionsannahme Cn,k ≤
Cn,k+1 ≤
2n+1
ω(n)
nk k n+k ergibt sich
2n+1 k+1 n+k+1
n k
.
ω(n)
Dies ist die gewünschte Abschätzung.
[28.4. 2017, Vorlesung 3]
[5.5. 2017, Vorlesung 4]
14
[15. Mai 2017]
Wiederholung Taylorformel Wir betrachten zunächst den eindimensionalen Fall. Sei I ⊂ R ein offenes Intervall, sei g ∈ C ∞ (I) und seien a, b ∈ I.
Aus dem Haupsatz folgt
ˆ
b
g(b) − g(a) =
g 0 (t) dt.
a
Partielle Integration liefert
ˆ
ˆ
b
0
1 · g (t) dt =
(t −
a
b)g(t)|bt=a
= (b − a)g 0 (a) +
+
ˆ b
b
(b − t)g 00 (t) dt
a
(b − t)g 00 (t) dt.
a
Mit vollständiger Induktion erhält man die Taylorformel mit Restglied in
Integralform
g(b) −
k−1 (l)
X
g (a)
l=0
l!
ˆ
b
l
(b − a) =
a
(b − t)k−1 (k)
g (t) dt.
(k − 1)!
(1.81)
Mit einer geeigneten Mittelwerteigenschaft des Integrals ergibt sich daraus
die Taylorformel mit Restglied an einer Zwischenstelle: es gibt ein θ ∈ [a, b]
(das von a, b und k abhängt, so dass
g(b) −
k−1 (l)
X
g (a)
l!
l=0
(b − a)l =
g (k) (θ)
(b − a)k
k!
(1.82)
Die höherdimensionale Taylorformel ergibt sich leicht aus der eindimensionalen. Sei B(x, r) ⊂ Rn , sei u ∈ C ∞ (B(x, r)) und y ∈ B(x, r). Definiere
g(t) = u(x + t(y − x)).
Dann gibt es ein offenes Interval I, so dass C ∞ (I) und I ⊃ [−1, 1]. Weiterhin
gilt u(y) = g(1). Aus der eindimensionalen Taylorformel folgt, dass es ein
θ ∈ [0, 1] gibt, so dass
g(1) −
k−1 (l)
X
g (0)
l=0
l!
=
g (k) (θ)
.
k!
(1.83)
Es bleibt noch, die Ableitungen von g durch die partiellen Ableitungen von
u auszudrücken. Nach der Kettenregel gilt
g 0 (t) =
n
X
(y − x)i ∂i u(x + t(y − x))
i=1
15
[15. Mai 2017]
und
n X
n
X
g (t) =
(y − x)i (y − x)j ∂j ∂i u(x + t(y − x)).
00
i=1 j=1
Mit vollständiger Induktion folgt
g (l) (t) =
n
X
i1 =1
...
n
X
(y − x)i1 . . . (y − x)il ∂i1 . . . ∂il u(x + t(y − x)). (1.84)
il =1
n
Die rechte Seite läßt
Pn sich mit Hilfe von Multiindizes α = (α1 , . . . , αn ) ∈ N
der Ordnung l = i=1 αi umschreiben. Präziser enthält die l-fache Summe
l!
l!
auf der rechten Seite den Term (y −x)α Dα u(x+t(y −x)) genau α1 !...α
= α!
n!
mal. Daher gilt
g (l) (t) =
X l!
(y − x)α Dα u(x + t(y − x)).
α!
(1.85)
kαk=l
Einsetzen in (1.83) liefert die mehrdimensionale Taylorformel
u(y) −
X 1
1
Dα u(x) (y − x)α = g (k) (θ).
α!
k!
(1.86)
kαk<k
(mit der Konvention Dα u(x) = u(x) für α = 0).
Definition 1.19. Sei Ω ⊂ Rn offen, f : Ω → R.
(i) Die Funktion f heißt analytisch im Punkt x ∈ Ω, falls ein r > 0
existiert, so dass die die Taylorreihe im Punkt x für alle y ∈ B(x, r)
konvergiert und mit f (y) übereinstimmt, d.h. falls
f (y) =
X 1
Dα f (x)(y − x)α
α!
n
(1.87)
α∈N
für alle y ∈ B(x, r) ⊂ Ω gilt.
(ii) Die Funktion f heißt analytisch in Ω (Notation: f ∈ C ω (Ω)), falls f
in jedem Punkt x ∈ Ω analytisch ist.
Satz 1.20. Sei Ω ⊂ Rn offen, u ∈ C 2 (Ω) harmonisch. Dann ist u ∈ C ω (Ω).
Beweis. Sei x ∈ Ω, r = dist (x, ∂Ω). Für alle y ∈ B(x, r/2) und α ∈ Nn mit
kαk = k folgt mit Satz (1.18)
|Dα u|(y) ≤ 2k M
nk k n+k
,
rk
(1.88)
wobei M = 2n+1 2n r−n kukL1 (B(x,r) /ωn .
16
[15. Mai 2017]
Sei y ∈ B(x, r/2) und sei
g(t) := u(x + t(y − x)).
Damit ergibt sich die mehrdimensionale Taylorformel mit Restglied (1.86)
X 1
1
Dα u(x)(y − x)α = g (k) (θ) ,
(1.89)
u(y) −
α!
k!
kαk<k
Um das Restglied abzuschätzen benutzen wir die Formel (1.85) für g (k) (t)
und (1.88)
!k
n
2k n+k |y − x|k
X
nk k n+k
kn k
≤
M
2
(1.90)
|g (k) (t)| ≤
|(y − x)i | M 2k
rk
rk
i=1
für alle t ∈ [0, 1]. Aus
ek =
X kj
j∈N
folgt
kk
≤
ek k!;
kk
k!
(1.91)
= 2nk folgt
k
n+1 2
2
n e|y − x|
k! .
|Dk g|(t) ≤ M
r
mit
kn
j!
≥
≤
(2k )n
(1.92)
Deshalb gilt:
k
n 2
X 1
2 n e |y − x|
α
α
u(y) −
.
D u(x)(y − x) ≤ M
α!
r
kαk<k
(1.93)
Für |y − x| < r/(2n+1 n2 e) ist die rechte Seite eine Nullfolge. Daher konvergiert die Taylorreihe in B(x, ρ), falls ρ < r/(2n+1 n2 e).
Satz 1.21. Sei Ω ⊂ Rn offen und zusammenhängend, f ∈ C ω (Ω). Es gebe
einen Punkt x ∈ Ω, so dass Dα f (x) = 0 für alle α ∈ Nn . Dann gilt f = 0
in Ω.
Bemerkung. Die Bedingung Dα f (x) = 0 für alle α ∈ Nn ist insbesondere
erfüllt, falls es ein r > 0 gibt, so dass f = 0 in B(x, r).
Beweis. Sei Vα = {x ∈ Ω : Dα f (x) = 0}, V = ∩α Vα . Die Menge V ist
abgeschlossen und nicht leer. Damit ist Ω \ V offen.
Wir zeigen jetzt, dass auch V offen ist. Sei x ∈ V . Dann gibt es ein r > 0,
so dass
X 1
f (y) =
Dα f (x)(y − x)α
(1.94)
α!
α
für alle y ∈ B(x, r) gilt. Aus x ∈ V folgt Dα f (x) = 0 für alle α und
somit f = 0 in B(x, r). Deshalb ist B(x, r) ⊂ V . Daher ist V offen. Da Ω
zusammenhängend ist, folgt V = Ω.
17
[15. Mai 2017]
1.2
Explizite Lösung der Poissongleichung
1.2.1
Gauß-Green Formeln.
Definition 1.22. Sei Ω ⊂ Rn offen. Dann ist C 1 (Ω) die Menge der Funktionen u ∈ C 0 (Ω) ∩ C 1 (Ω), so dass ein v ∈ C 0 (Ω; Rn ) mit v = Du in Ω
existiert. In diesem Fall sagt man, dass Du stetig auf Ω fortsetztbar ist.
Man schreibt Du(x) = v(x) für alle x ∈ Ω.
Für k ≥ 1 bezeichnet C k (Ω) die Menge der Funktionen u ∈ C k (Ω) ∩
k−1
C
(Ω), so dass v ∈ C 0 (Ω, Rn × . . . × Rn ) mit v = Dk u in Ω existiert.
Analoges definiert man C k (Ω; Rm ).
Bemerkung. Die Fortsetzung von Du auf dem Abschluss Ω ist eindeutig.
Satz 1.23. Sei Ω ⊂ Rn ein beschränktes C 1 Gebiet und seien u, v ∈ C 2 (Ω)∩
C 1 (Ω). Sei ν die äußere Einheitsnormale von Ω. Dann gilt
ˆ
ˆ
n
(i)
∆u dL =
Dν u dHn−1 , falls ∆u ∈ L1 (Ω);
Ω
ˆ
∂Ω
ˆ
∇u · ∇v dLn =
(ii)
Ω
ˆ
(−∆u)v dLn +
Ω
∂Ω
falls v∆u ∈ L1 (Ω);
ˆ
ˆ
n
(iii)
(u∆v − v∆u) dL =
Ω
vDν u dHn−1 ,
(uDν v − vDν u) dHn−1 ,
∂Ω
falls u∆v − u∆u ∈ L1 (Ω).
Notation: Dν u := ν · ∇u =
∂u
∂ν .
Bemerkung. Die Aussage gilt auch, falls Ω stückweise C 1 oder allgemeiner ein Lipschitzgebiet ist (vgl. Analysis 3)
Beweis. Anwendung es Satzes von Gauss (Divergenzsatz) mit w = ∇u, w =
v∇u, w = u∇v − v∇u.
[5.5. 2017, Vorlesung 4]
[8.5. 2017, Vorlesung 5]
1.2.2
Fundamentallösung, Laplacegleichung im Ganzraum
Definition 1.24 (Fundamentallösung). Man definiert Φ : Rn → R durch

1


falls n = 2
− ln |x|
2π
Φ(x) =
(1.95)
1
1


falls
n
≥
3

n(n − 2)ωn |x|n−2
und Φ(0) = 0, wobei ωn = Ln (B1 ).
18
[15. Mai 2017]
Bemerkung. Aus Aufgabe 2 von Blatt 1 folgt, dass
auf Rn \ {0} .
∆Φ = 0
(1.96)
Lemma 1.25. Für alle r > 0 gilt
ˆ
Dν Φ dHn−1 = −1 .
(1.97)
∂B(0,r)
Beweis. Man rechnet ∇|x| = x/|x|,
∇Φ(x) = −
und
ˆ
x
1
,
nω(n) |x|n
ˆ
Dν Φ dH
n−1
=−
∂B(0,r)
∂B(0,r)
(1.98)
x
x
1
·
= −1 .
|x| nω(n) |x|n
Satz 1.26. Sei n ≥ 2, f ∈ Cc2 (R2 ), u = f ∗ Φ, d.h.,
ˆ
u(x) =
Φ(x − y)f (y)dy .
(1.99)
(1.100)
Rn
Dann gilt u ∈ C 2 (R2 ) und
−∆u = f .
(1.101)
Bemerkung. (i) Sei 0 < α < 1. Dann ist die Hölderseminorm von f
definiert durch
|f (x) − f (y)|
.
(1.102)
[f ]α := sup
|x − y|α
x6=y
Man kann zeigen, dass für f ∈ Cc2 mit supp f ⊂ B(0, R) gilt
sup |D2 (f ∗ Φ)| ≤ Cn [f ]α Rα ,
(1.103)
Rn
wobei die Konstante Cn nur von der Raumdimension n abhängt. Daraus
folgt durch Approximation, dass Satz 1.26 auch für hölderstetige Funktionen
mit kompakten Träger gilt.
(ii) In (i) kann Hölderstetigkeit nicht durch Stetigkeit ersetzt werden. Es
gibt eine stetige Funktion f mit kompaktem Träger, für f ∗ Φ nicht in C 2
ist.
Definition 1.27. Sei Ω ⊂ Rn offen. Man bezeichnet mit L1,loc (Ω) die Menge
der messbaren Funktionen f : Ω → R, die auf jeder kompakten Menge K ⊂ Ω
integrierbar sind.
Gegeben sei eine Funktionenfolge f : N → L1,loc (Ω) und eine Funktion
f∗ ∈ L1,loc (Ω); man sagt dass fj → f∗ in L1,loc (Ω) wenn für jede kompakte
Menge K ⊂ Ω gilt:
ˆ
lim
j→∞ K
|fj − f∗ |dLn = 0 .
19
(1.104)
[15. Mai 2017]
Bemerkung. f ∈ L1,loc (Rn ) genau dann, wenn f χB(0,R) ∈ L1 (Rn ) für alle
R > 0; fj → f∗ in L1,loc (Rn ) genau dann, wenn fj χB(0,R) → f∗ χB(0,R) in
L1 (Rn ) für alle R > 0.
Beispiele. L1 (Ω) ⊂ L1,loc (Ω) und C 0 (Ω) ⊂ L1,loc (Ω). Insbesondere ist für
jedes j ∈ N die Funktion fj : Rn → R, fj (x) = |x|2 /j, in L1,loc (Rn ); diese
Folge konvergiert gegen 0 in L1,loc (Rn ) (aber nicht in L1 !).
Bemerkung. Die in Def. 1.24 eingeführte Fundamentallösung erfüllt Φ ∈
L1,loc (Rn ).
Lemma 1.28. Sei f ∈ L1 (Rn ) und f = 0 in Rn \B(0, R), sei g ∈ L1,loc (Rn ).
Dann existiert für fast jedes x ∈ Rn die Faltung
ˆ
f (x − y)g(y)dy ,
(1.105)
(f ∗ g)(x) =
Rn
und es gilt f ∗ g ∈ L1,loc (Rn ).
Falls f ∈ Cc1 (Rn ), dann gilt f ∗ g ∈ C 1 (Rn ) und D(f ∗ g) = (Df ) ∗ g.
Bemerkung. (i) Die erste Aussage wurde bereits in Analysis 3 bewiesen
(Bemerkung nach Satz 4.24 und Übungsblatt 11).
(ii) Für die erste Aussage reicht f ∈ L1 (Rn ) nicht. Beispiel: f (x) = 1/(x2 +
1), g(x) = x2 in einer Dimension.
Beweis. Sei x ∈ B(0, r). Sei g1 = gχB(0,r+R) , g2 = gχRn \B(0,r+R) . Dann
gilt g2 (x − y)f (y) = 0 für alle y ∈ Rn (für y ∈
/ B(0, R) ist f (y) = 0, für
y ∈ B(0, R) ist g2 (x − y) = 0). Es gilt g1 ∈ L1 (Rn ). Nach Analysis 3, Satz
4.24, ist y 7→ f (y)g1 (x−y) integrierbar für fast alle x und f ∗g1 ist in L1 (Rn ).
Daraus folgt, dass y 7→ f (y)g(x − y) für fast alle x ∈ B(0, r) integrierbar ist.
Außerdem gilt mit Analysis 3, Satz 4.24
ˆ
ˆ
|f ∗ g(x)| dx =
|f ∗ g1 (x)| dx
(1.106)
B(0,r)
B(0,r)
ˆ
=
|f ∗ g1 (x)| ≤ kf kL1 kg1 kL1
(1.107)
Rn
ˆ
≤ kf kL1
|g|dLn < ∞ .
(1.108)
B(0,r+R)
Daher ist f ∗ g in L1,loc (Rn ).
Sei jetzt f ∈ Cc1 (Rn ) und sei R > 0 so dass supp f ⊂ B(0, R). Nach
Analysis 3, Lemma 4.26 gilt D(f ∗ g1 ) = (Df ∗ g1 ). Für x ∈ B(0, r) gilt
f ∗ g1 = f ∗ g und Df ∗ g1 = Df ∗ g. Daraus folgt die Behauptung.
20
[15. Mai 2017]
Beweis von Satz 1.26. Aus Lemma 1.28 folgt, dass das Integral existiert,
u ∈ C 1 und
Du = Φ ∗ Df .
(1.109)
Eine weitere Anwendung von Lemma 1.28 zeigt dass Du ∈ C 1 und
D2 u = Φ ∗ D2 f .
(1.110)
Deshalb gilt u ∈ C 2 (Rn ), mit ∆u = Φ ∗ ∆f .
Sei x ∈ Rn und sei R so groß, dass R > |x| und supp f ∈ B(0, R). Wir
rechnen
ˆ
Φ(y)∆f (x − y)dy
(1.111)
∆u(x) =
n
R
ˆ
=
Φ(y)∆f (x − y)dy
(1.112)
B(x,R)
ˆ
= lim
Φ(y)∆f (x − y)dy .
(1.113)
ε→0 B(x,R)\B(0,ε)
Die letzte Gleichung gilt, weil y 7→ Φ(y)∆f (x − y) in L1 (B(x, R)) liegt, und
χB(0,ε) → 0 punktweise fast überall. Wir wenden jetzt den Satz von Gauß
in der Form von Satz 1.23(iii) an. Es gilt ∆Φ = 0 auf B(x, R) \ B(0, ε) und
∇y [f (x − y)] = −(∇f )(x − y),
∆y [f (x − y)] = (∆f )(x − y) .
(1.114)
Daher folgt für ε ∈ (0, R − |x|)
ˆ
Φ(y)∆f (x − y)dy
(1.115)
B(x,R)\B(0,ε)
ˆ
=
[Φ(y)∆y [f (x − y)] − ∆Φ(y)f (x − y)] dy
(1.116)
B(x,R)\B(0,ε)
ˆ
=
[−Φ(y) µ(y) · (∇f )(x − y) − f (x − y) µ(y) · ∇Φ(y)] dHn−1 (y) ,
∂(B(x,R)\B(0,ε))
(1.117)
wobei µ die äußere Einheitsnormale von ∂(B(x, R)\B(0, ε) ist. Auf ∂B(x, R)
gilt f = 0 und ∇f = 0. Auf ∂B(0, ε) ist die äußere Einheitsnormale µ
von B(x, R) \ B(0, ε) gerade die innere Einheitsnormale von B(0, ε). Sei
ν(y) = −µ(y) = y/|y| die äußere Einheitsnormale von B(0, ε). Dann ergibt
sich
ˆ
Φ(y)∆f (x − y)dy
(1.118)
B(x,R)\B(0,ε)
ˆ
[Φ(y) ν(y) · (∇f )(x − y) + f (x − y) ν(y) · ∇Φ(y)] dHn−1 (y) ,
∂B(0,ε)
(1.119)
21
[15. Mai 2017]
Man sieht leicht, dass
ˆ
Φ(y) ν(y) · ∇f (x − y)dHn−1 (y) = 0
lim ε→0 ∂B(0,ε)
(1.120)
´
(die Funktion ∇f (x − y) ist beschränkt, und ∂B(0,ε) |Φ(y)|dHn−1 (y) = Cε).
Deshalb gilt:
ˆ
ν(y) · ∇Φ(y) f (x − y)dHn−1 (y)
(1.121)
∆u(x) = lim
ε→0 ∂B(0,ε)
ˆ
= lim
Dν Φ(y) f (x − y)dHn−1 (y) .
(1.122)
ε→0 ∂B(0,ε)
Mit dem Variablenwechsel y = εz folgt
ˆ
∆u(x) = lim
Dν Φ(z) f (x − εz)dHn−1 (z) .
ε→0 ∂B(0,1)
(1.123)
Da f (x − εz) beschränkt ist und punktweise gegen f (x) konvergiert, folgt
mit dominierter Konvergenz und Lemma 1.25 dass
ˆ
∆u(x) = f (x)
Dν Φ(y)dHn−1 (y) = −f (x) .
(1.124)
∂B(0,1)
Damit ist der Beweis beendet.
1.2.3
Distributionen
Definition 1.29. Sei D = Cc∞ (Rn ). Eine Folge f : N → D konvergiert in
D gegen f∗ ∈ D falls folgendes gilt:
(i) Für jedes α ∈ Nn konvergiert Dα fj → Dα f∗ gleichmäßig in Rn .
(ii) Es gibt eine kompakte Menge K ⊂ Rn , so dass fj = 0 aus Rn \ K für
alle j ∈ N.
´
Beispiel. (i) Sei η ∈ C ∞ (B(0, 1)) mit η = 1 und ηr = r−n η(x/r), sei
ψ ∈ D und ϕk = η 1 ∗ ψ. Dann konvergiert ϕk in D gegen ψ.
k
(ii) Sei ψ ∈ D, a ∈ Rn und ϕk (x) = k1 ψ(x − ka). Dann konvergiert Dα ϕk
gleichmäßig gegen 0 für alle Multiindices α, aber ϕk konvergiert nicht in D,
da Bedingung (ii) in Definition 1.29 nicht erfüllt ist.
Definition 1.30. Eine Distribution ist eine lineare und stetige Abbildung
T : D → R, d.h., eine Abbildung T : D → R, so dass
(i) Aus fk → f in D folgt T (fk ) → T (f );
22
[15. Mai 2017]
(ii) T (af + bg) = aT (f ) + bT (g) für alle a, b ∈ R, f, g ∈ D.
Man bezeichnet mit D0 (oder auch D0 (Rn )) die Menge der Distributionen.
Man sagt, dass eine Folge T : N → D0 gegen T∗ ∈ D0 (schwach-∗) in D0
konvergiert, wenn T gegen T∗ punktweise konvergiert, d.h., Tj (f ) → T∗ (f )
für alle f ∈ D.
Lemma 1.31. Sei f ∈ L1,loc (Rn ). Dann definiert
ˆ
Λf (ϕ) =
f ϕ dLn
(1.125)
Rn
eine Distribution Λf ∈ D0 . Die Abbildung Λ : L1,loc (Rn ) → D0 ist linear und
stetig.
Beweis. Hausaufgabe.
Weiteres Beispiel: für das Diracmass δa ist Λδa ist eine Distribution mit
Λδa (ϕ) = ϕ(a). Man schreibt häufig δa statt Λδa für die Distribution.
[8.5. 2017, Vorlesung 5]
[12.5. 2017, Vorlesung 6]
Lemma 1.32. Seien f, g ∈ L1,loc (Rn ), so dass Λf (ϕ) = Λg (ϕ) für alle
ϕ ∈ D. Dann gilt f = g fast überall.
Beweis. Sei hr = (f − g) ∗ ηr . Dann gilt hr (x) = 0 für alle x (weil hr (x) =
Λf (ϕx,r ) − Λg (ϕx,r ), wobei ϕx,r (y) = ηr (y − x)). Aus Lemma 1.33 folgt, dass
hr → f − g in L1,loc . Deshalb gilt f − g = 0 fast überall.
Lemma 1.33. Sei ηr wie in Lemma 1.5 und 1.6, f ∈ L1,loc (Rn ), fr = f ∗ηr .
Dann gilt fr → f in L1,loc .
Beweis. Für f ∈ L1 (Rn ) ist dies gerade Lemma 4.28 (i) aus Analysis 3. Für
f ∈ L1,loc (Rn ) müssen wir zeigen, dass f ∗ ηr → f in L1 (B(0, R)) für alle
R > 0.
Sei R > 0, sei r < 1 und sei f1 = f χB(0,R+1) . Dann folgt wie im Beweis
von Lemma 1.28 die Aussage f ∗ηr = f1 ∗ηr in B(0, R). Weiterhin gilt f = f1
in B(0, R). Aus Analysis 3, Lemma 4.28 (i) folgt f1 ∗ ηr → f1 in L1 (Rn ), und
damit insbesondere in L1 (B(0, R)). Daraus ergibt sich die Behauptung.
Wir kommen jetzt zu einer zentralen Eigenschaft von Distributionen:
Distributionen lassen sich beliebig auf differenzieren, die Ableitung von Distributionen ist eine natürlich Erweiterung der Ableitung von differenzierbaren Funktionen, die schwach-* Konvergenz von Distributionen kommutiert
mit der Ableitung.
23
[15. Mai 2017]
Definition 1.34. Sei T ∈ D0 . Dann ist Dα T : D → R durch
(Dα T )(ϕ) = (−1)kαk T (Dα ϕ)
(1.126)
definiert.
kαk
Lemma 1.35. (i) Sei f ∈ Cc (Rn ). Dann gilt Dα Λf = ΛDα f .
(ii) Sei T : N → D0 eine Folge, die schwach-∗ in D0 gegen T∗ ∈ D0 konvergiert
und sei α eine Multiindex. Dann konvergiert die Folge Dα T schwach-∗ gegen
Dα T∗ .
Beweis. (i): Wir betrachten zunächst |α| = 1. Für i = 1, . . . , n und ϕ ∈ D
ergibt sich mit partieller Integration
ˆ
ˆ
n
(Di f )ϕ dLn = ΛDi f (ϕ) .
f Di ϕ dL =
(Di Λf )(ϕ) = −Λf (Di ϕ) = −
Rn
Rn
(1.127)
Der allgemeine Fall folgt mit vollständiger Induktion.
(ii): Wir benutzen die Definition der distributionellen Ableitung, die Definition der schwach-∗ Konvergenz und wiederum die Definition der distributionellen Ableitung. Dies liefert
(Dα Tk )(ϕ) = (−1)|α| Tk (Dα ϕ) → (−1)|α| T∗ (Dα ϕ) = (Dα T∗ )(ϕ)
(1.128)
und somit die Behauptung.
Beispiel. (i) Sei n = 1, f (x) = |x|. Dann gilt DΛf = Λg , g(x) = 1 für
x > 0, g(x) = −1 für x < 0.
(ii) Sei n = 1, a < b, f = χ(a,b) . Dann gilt DΛf = Λδa − Λδb .
(iii) (nicht in der Vorlesung besprochen) Sei Ω ⊂ Rn offen und beschränkt
mit C 1 Rand und sei f = χΩ . Dann ist
ˆ
ˆ
n
(Di f )(ϕ) = −f (Di ϕ) = − Di ϕ dL = −
ϕνi Hn−1 .
(1.129)
Ω
∂Ω
(iv) (nicht in der Vorlesung besprochen) Sei a ∈ Rn , i ∈ {1, . . . , n}. Dann
gilt (Di Λδa )(ϕ) = −Λδa (Di ϕ) = −Di ϕ(a).
Damit können wir die zentrale Aussage dieses Unterkapitels formulieren.
Satz 1.36. Sei Φ die Fundamentallösung des Laplace-Operators. Dann gilt
−∆ΛΦ = Λδ0 .
Notation: man schreibt häufig kürzer
−∆Φ = δ0 in D0 .
24
(1.130)
[15. Mai 2017]
Beweis. Sei ϕ ∈ D. Dann gilt
ˆ
Φ(y)∆ϕ(y)dy
−∆ΛΦ (ϕ) = ΛΦ (−∆ϕ) = −
n
R
ˆ
Φ(−y)∆ϕ(y)dy
=−
(1.131)
(1.132)
Rn
= −(Φ ∗ ∆ϕ)(0) .
(1.133)
Nach Lemma 1.28 gilt −(Φ ∗ ∆ϕ)(0) = −∆(Φ ∗ ϕ)(0) und nach Satz 1.26 ist
der letzte Ausdruck gerade ϕ(0) = Λδ0 (ϕ).
Bemerkung. Das obige Argument zeigt, dass
ˆ
Φ(y)∆ϕ(y) dy = ϕ(0) ∀ϕ ∈ Cc2 (Rn )
(1.134)
Rn
und analog
ˆ
Φ(y − x)∆ϕ(y) dy = ϕ(x)
Rn
∀ϕ ∈ Cc2 (Rn ) .
(1.135)
Satz 1.37 (Weylsches Lemma). Sei u ∈ L1,loc (Rn ) und sei ∆Λu = 0 im
Sinne von Distributionen, d.h.
ˆ
u∆ϕ dLn = 0 ∀ϕ ∈ D .
(1.136)
Rn
Dann gibt es genau eine Funktion v ∈ C ∞ (Rn ) mit u = v fast überall und
es gilt ∆v = 0.
´
Beweis. Sei η ∈ Cc∞ (B(0, 1)) mit η = 1 und sei ηr (x) = r−n η(x/r). Sei
ur := ηr ∗ u. Nach Lemma 1.33 gilt ur → u in L1,loc für r → 0. Außerdem
gilt
ˆ
∆ur (x) = (u ∗ ∆ηr )(x) =
u(y)∆ηr (x − y) dy = 0 ,
(1.137)
Rn
wobei wir (1.136) mit ϕ(y) = ηr (x − y) angewandt haben.
Daher gilt ur ∈ C ∞ (Rn ) und ∆ur = 0. Sei ϕ ∈ Cc∞ (Rn ) radialsymmetrisch. Nach Satz 1.3 hat ur die sphärische Mittelwerteigenschaft, und aus
Lemma 1.6 folgt, dass ur = ϕ ∗ ur . Damit gilt ur = ϕ ∗ ur → ϕ ∗ u in
C ∞ (B(0, R)) für alle R > 0. Da ur → u in L1,loc , folgt u = ϕ ∗ u fast überall.
Sei v = ϕ ∗ u. Dann gilt v ∈ C ∞ (Rn ) und ur → v in C ∞ (B(0, R)) für r → 0.
Daraus folgt ∆v = 0.
25
[15. Mai 2017]
Bemerkung. (i) Dieses Vorgehen ist typisch für die moderne Theorie der
partiellen Differentialgleichungen. Man definiert zunächst einen sehr schwachen Lösungsbegriff (hier durch Abwälzen der Ableitungen auf die Test”
funktion ϕ“). Dann zeigt man, dass die schwachen Lösungen in Wirklichkeit
weit bessere Eigenschaften haben und klassische Lösungen sind.
(ii) (nicht im Detail besprochen). Die Voraussetzung kann u ∈ L1,loc entfallen. Genauer kann man folgende Aussage zeigen. Sei T ∈ D0 und ∆T = 0 in
D0 (d.h. T (∆ϕ) = 0 für alle ϕ ∈ D). Dann gibt es u ∈ D mit ∆u = 0 und
T = Λu . Zum Beweis definiert man ur jetzt als Faltung von T und ηr , genauer ur (x) := T (ηr (x − ·)), d.h. ur (x) = T (ψx ), wobei (ψx )(y) := η(x − y).
Dann kann man im Wesentlichen wie zuvor argumentieren.
1.2.4
Verhalten bei ∞, Multipolentwicklung
Exkurs Erste Interpretation der Laplacegleichung: elektrische Ladung und
elektrisches Potential
Sei ρ : R3 → R eine Ladungsdichte. Nach den statischen Maxwellgleichungen erfüllen das zugehörige elektrische Feld E : R3 → R3 und die elektrische Verschiebung D : R3 → R3 im Vakuum die Differentialgleichungen
div D = ρ
(1.138)
rot E = 0
(1.139)
D = 0 E
(1.140)
Die Konstante 0 heißt Influenzkonstante hat im SI Einheitensystem ungefähr den Wert 8.859 · 10−12 VAs
m.
Aus Analysis 2 wissen wir, dass (1.139) genau dann gilt, wenn es eine
Funktion u : R3 → R gibt, so dass
E = −∇u in Rn
(1.141)
(das Minuszeichen wurde hier eingefügt um mit der Notation der Physiker
konsistent zu sein). Die Funktion u heißt elektrisches Potential der Ladungsverteilung ρ.
Die Beziehung zwischen der elektrischen Ladungsdichte ρ und dem elektrischen Potential u ist damit gegeben durch
−∆u =
1
ρ.
0
(1.142)
Für ρ ∈ Cc2 (R3 ) ist eine Lösung dieser Gleichung gegeben durch
u=
1
Φ ∗ ρ.
0
(1.143)
Aus Lemma 1.39 unten folgt, dass dies die einzige (beschränkte) Lösung mit
limx→∞ u(x) = 0 ist.
26
[15. Mai 2017]
Die Physiker sprechen häufig vom Potential einer Punktladung q1 . Mathematisch ist eine Punktladung q1 im Punkt y als die Distribution q1 δy zu
interpretieren. Damit ist das Potential einer Punktladung q1 im Nullpunkt
durch
q1
q1 1
uq1 (x) = Φ(x) =
(1.144)
0
4π0 |x|
gegeben.
Abschliessend stellen wir noch eine Beziehung zu dem Ausdruck für die
Kraft zwischen zwei Punktladungen her, den Sie vermutlich aus der Schule
kennen. Sei E das von der Ladungsverteilung ρ erzeugte elektrische Feld.
Dann übt E auf eine Punktladung q2 im Punkt x die Kraft q2 E(x) aus.
Falls E das Feld einer Punktladung q1 im Nullpunkt ist, so ist die Kraft auf
eine Punktladung q2 im Punkt x gerade
F (x) = q2 E(x) = −q2 ∇uq1 (x) =
q1 q2 x
4π0 |x|3
(1.145)
Diese Kraft zeigt in radiale Richtung. Falls q1 q2 > 0, so zeigt die Kraft vom
Nullpunkt weg ( gleiche Ladungen stoßen sich ab“).
”
Analog kann man für eine Masseverteilung m : R3 → [0, ∞) ein Graviationspotential definieren. In diesem Fall ist das Vorzeichen umgekehrt, da
Massen sich anziehen und nicht abstoßen.
[12.5. 2017, Vorlesung 6]
[15.5. 2017, Vorlesung 7]
Satz 1.38. Sei n ≥ 2, f ∈ Cc2 (B(0, R)), u = Φ ∗ f . Dann gilt für alle k ∈ N
und alle x ∈ Rn \ B(0, 2R)
k+1
X
α
u(x) −
≤ Ck R
f
D
Φ(x)
kf kL1 (Rn ) ,
(1.146)
α
|x|n+k−1
kαk≤k
wobei
(−1)kαk
fα =
α!
ˆ
f (y)y α dy .
(1.147)
Rn
Bemerkung. Durch eine kurze Rechnung und vollständige Induktion über
die Ordnung kαk kann man leicht zeigen, dass sich die partiellen Ableitungen
Dα Φ in der Form
x
Dα Φ(x) = |x|2−n Pα ( )
|x|
schreiben lassen, wobei Pα ein homogenes Polynom vom Grad kαk ist. Wir
werden später ein anderes Argument für diese Darstellung sehen, aus dem
sogar folgt, dass die Polynome Pα harmonisch sind.
27
[15. Mai 2017]
Beweis. Die Idee ist, Φ in einer Taylor-Reihe zu entwickeln. Da DΦ (1 − n)–
homogen ist, gilt
Cα
(1.148)
|Dα Φ|(x) ≤
n−2+kαk
|x|
für alle α ∈ Nn (mit α 6= 0 falls n = 2). Beweis von (1.148): Sei α ∈ Nn , Cα =
max |Dα Φ|(∂B(0, 1)). Für t > 0 sei Φt (x) = Φ(tx). Aus der Kettenregel folgt
(Dα Φt )(x) = (Dα Φ)(tx)tkαk .
(1.149)
Für n ≥ 3 folgt aus der Definition von Φ
Φt = t2−n Φ
(1.150)
Dα Φt = t2−n Dα Φ .
(1.151)
Dα Φ(x) = tn−2 Dα Φt (x) = (Dα Φ)(tx)tn−2+kαk
(1.152)
und daraus
Deshalb gilt
für alle x ∈ Rn \ {0} und alle t ∈ (0, ∞). Mit t = 1/|x| folgt (1.148). Im Fall
n = 2 betrachtet man
DΦt = t2−n DΦ
(1.153)
statt (1.150), daraus folgt ebenfalls (1.151) für alle α 6= 0.
Seien x, y ∈ Rn mit |x| > 2R und |y| < R und
g(t) = g(x − ty).
Die eindimensionale Taylorformel (1.81) liefert (mit k + 1 anstelle von k)
ˆ 1
k
X
1 (l)
(1 − t)k (k+1)
g(1) =
g (0) +
g
(t) dt.
l!
k!
0
l=0
In Verbindung mit (1.85) und der Identität
Φ(x − y) =
1
k!
=
k+1
(k+1)!
folgt
X 1
(−y)α Dα Φ(x)
α!
kαk≤k
X k+1ˆ 1
+
Dα Φ(x − ty)(−y)α (1 − t)k dt
α!
0
(1.154)
(1.155)
kαk=k+1
Aus t ∈ [0, 1] folgt weiter |x − ty| ≥ |x|/2 und mit (1.148) ergibt sich
|Dα Φ(x − ty)| ≤ Cα
1
2n−2+kαk
≤
C
.
α
|x − ty|n−2+kαk
|x|n−2+kαk
28
(1.156)
[15. Mai 2017]
P
Deshalb gilt, mit Ck = (k + 1)2n+k−1 kαk=k+1 Cα /α!,
k+1
X 1
α
α
Φ(x − y) −
≤ Ck R
(−y)
D
Φ(x)
α!
|x|n+k−1
kαk≤k
(1.157)
und nach Multiplikation mit f (y) und Integration über y ergibt sich schließlich die Behauptung
ˆ
k+1
X 1
α
α
Φ ∗ f (x) −
≤ Ck R
(−y)
f
(y)
dy
D
Φ(x)
kf k1 .
α!
|x|n+k−1
Rn
kαk≤k
(1.158)
Lemma 1.39. Sei n ≥ 3, f ∈ Cc2 (Rn ), u eine beschränkte Lösung von
−∆u = f in Rn . Dann gibt es ein u∞ ∈ R so dass gilt:
u = Φ ∗ f + u∞ .
(1.159)
Beweis. Sei v = Φ ∗ f . Dann gilt −∆v = f . Sei R > 0, so dass supp f ∈
B(0, R). Dann gilt
ˆ
|v(x)| ≤ max |f |
|Φ|(x − y)dy ≤ C .
(1.160)
B(0,R)
Für |x| > 2R gilt
ˆ
|Φ|(x − y)dy ≤ Ln (B(0, R))
sup
|Φ| ≤ CR2 .
Rn \B(0,R)
B(0,R)
Für |x| < 2R gilt
ˆ
ˆ
|Φ|(z)dz ≤ CR2 .
|Φ|(x − y)dy ≤
B(0,R)
B(0,3R)
Deshalb ist v beschränkt. Es folgt, dass u − v harmonisch und beschränkt
ist. Aus dem Satz von Liouville (Satz 1.16) folgt, dass u − v konstant ist.
Satz 1.40. Sei n ≥ 3, f ∈ Cc2 (B(0, R)), u eine beschränkte Lösung von
−∆u = f in Rn . Dann gilt für alle k ∈ N und alle x ∈ Rn \ B(0, 2R)
k+1
X
α
u(x) − u∞ −
≤ Ck R
f
D
Φ(x)
kf kL1 (Rn ) ,
(1.161)
α
|x|n+k−1
kαk≤k
wobei
(−1)kαk
fα =
α!
ˆ
f (y)y α dy
(1.162)
Rn
und u∞ ∈ R.
29
[15. Mai 2017]
Beweis. Aus Lemma 1.39 folgt, dass u = Φ ∗ f + u∞ , d.h.,
ˆ
f (y)Φ(x − y)dy .
u(x) = u∞ +
(1.163)
B(0,R)
Die Aussage folgt dann aus Satz 1.38.
Bemerkung. Eine analoge Entwicklung kann man für beschränkte Funktionen u herleiten, die nur auf dem Außengebiet Rn \ B(0, R) definiert
sind und dort harmonisch. Man betrachtet einfach eine Abschneidefunktion
ϕ ∈ Cc∞ (B(0, 3R)) mit ϕ = 1 auf B(0, 2R) (zur Existenz solcher Funktionen
vgl. Analysis 3) und setzt v = (1−ϕ)u. Dann ist v = 0 in B(0, 2R)\B(0, R).
Wir können daher v als C 2 Funktion auf ganz Rn definieren, indem wir v = 0
auf B(0, R) setzen. Dann gilt f := ∆v = −u∆ϕ − 2∇u · ∇ϕ. Aus den Eigenschaften von ϕ folgt, dass supp f ⊂ B(0, 3R) \ B(0, 2R). Da u beschränkt
ist, ist auch v beschränkt und Satz 1.40 läßt sich auf v anwenden. Da v = u
in Rn \ B(0, 3R) folgen die Aussagen für u. Bei der Abschätzung der Koeffizienten fα und der Norm kf kL1 kann man benützen, dass man ϕ so wählen
kann, dass |∇ϕ| ≤ C/R und |∆ϕ| ≤ C/R2 .
Beispiel.
Für n = 3 erhält man nach leichten Umformungen:
1
q
x · p 1 x · Qx
−4
u(x) =
+
+
+ O(|x| ) ,
4π |x|
|x|3
2 |x|5
wobei
(1.164)
ˆ
q=
f (y)dy
(1.165)
yf (y)dy
(1.166)
(3y ⊗ y − |y|2 Id )f (y)dy .
(1.167)
B(0,R)
ˆ
p=
B(0,R)
ˆ
Q=
B(0,R)
q wird Monopolmoment, p Dipolmoment, Q Quadrupolmoment genannt.
Satz 1.41 (Newton). Sei n ≥ 2, f ∈ L1 (Rn ) radialsymmetrisch und supp f ⊂
B(0, R). Sei u = Φ ∗ f . Dann gilt
ˆ
u(x) = AΦ(x) für |x| > R,
A=
f dLn
(1.168)
Rn
Beweis. Übungsaufgabe.
Tip: Man sieht leicht, dass u(Rx) = u(x) für alle R ∈ SO(n), d.h. u ist
radialsymmetrisch. Dann kann man
ˆ
h(r) :=
Dν u dHn−1
(1.169)
∂B(0,r)
für r > R und den Limes r → ∞ betrachten.
30
[15. Mai 2017]
Bemerkung. Aus dem Satz folgt, dass man für eine radialsymetrische
Ladungsverteilung f aus dem Feld u außerhalb der Ladungsverteilung nur
die Gesamtladung, aber keine weiteren Details von f bestimmen kann.
Optimale Abschätzungen
Lemma 1.42. Sei u ∈ Cc2 (Rn ). Dann gilt:
ˆ
ˆ
2 2
|∆u|2 dx .
|D u| dx =
Notation: |D2 u|2 =
(1.170)
Rn
Rn
Pn
2
i,j=1 (∂i ∂j u) .
Bemerkung. Für A ∈ Rn×n gilt |Tr A|2 ≤ n|A|2 , und der Faktor n ist
notwendig (Beispiel: |Tr Id |2 = n2 , |Id |2 = n). Die Abschätzung (1.170) ist
nicht lokal, d.h., sie gilt nicht punktweise.
Beweis. Übungsaufgabe
Tip: Partielle Integration oder Fouriertransformation.
Satz 1.43. Sei f ∈ Cc2 (Rn ) und u = Φ ∗ f . Dann gilt
ˆ
ˆ
2 2
|D u| dx =
|f |2 dx .
Rn
(1.171)
Rn
Beweisidee. Man betrachtet zunächst f ∈ Cc3 (Rn ) und zeigt mit partieller
Integration, dass
ˆ
ˆ
ˆ
X
X
∂i ∂i u ∂j , ∂j u =
∂i ∂j u ∂i ∂j u +
...
B(0,r) i,j
B(0,r) i,j
∂B(0,r)
Aus den Abschätzungen für ∂i Φ und ∂i ∂j Φ folgen Abschätzungen für ∂i u und
∂
´ i ∂j u auf ∂B(0, r) für große r. Damit sieht man leicht, dass das Randintegral
∂B(0,r) . . . für r → ∞ verschwindet. Die Behauptung folgt mit dem Satz
über monotone Konvergenz.
[15.5. 2017, Vorlesung 7]
[19.5. 2017, Vorlesung 8]
31
[15. Mai 2017]
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