Melanie Weber Alltagsbilder des Klimawandels

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Melanie Weber
Alltagsbilder des Klimawandels
VS RESEARCH
Melanie Weber
Alltagsbilder des
Klimawandels
Zum Klimabewusstsein
in Deutschland
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Harald Heinrichs
VS RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
Dissertation Universität Lüneburg, 2008
1. Auflage 2008
Alle Rechte vorbehalten
© VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008
Lektorat: Christina M. Brian / Dr. Tatjana Rollnik-Manke
VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe
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wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in Germany
ISBN 978-3-8350-7005-9
Geleitwort
Der globale Klimawandel ist in jüngster Zeit zu einem zentralen politischen und
gesellschaftlichen Thema avanciert. Neben Klimamodellen, die mögliche zukünftige Entwicklungen des globalen Klimas und seiner regionalen Wirkungen
aufzeigen, lässt sich anhand von Messdaten ablesen, dass der Klimawandel bereits im Gange ist: In den vergangenen hundert Jahren ist die globale Durchschnittstemperatur um 0,74 C° gestiegen. Die globale Zivilisation steht somit vor
der gewaltigen Herausforderung weit reichende Transformationsprozesse zu
initiieren, die einerseits durch eine Reduzierung klimarelevanter Treibhausgase
zu einer Abmilderung des Klimawandels beitragen (Mitigation). Andererseits
sind durch eine vorausschauende Anpassung an bereits laufende Veränderungen,
Risiken des Klimawandels zu minimieren und sich gegebenenfalls eröffnende
Chancen zu nutzen (Adaptation).
Die Ursachen und Wirkungen des Klimawandels als globales Phänomen
sind regional, national und lokal sehr unterschiedlich verteilt. Während Industrieländer - bislang - die Hauptverursacher des Klimawandels sind, werden viele
Entwicklungs- und Schwellenländer in tropischen und subtropischen Breiten zu
den Hauptbetroffenen gehören. Sowohl für die naturwissenschaftliche als auch
die sozialwissenschaftliche Klimaforschung ist es deshalb notwendig den Klimawandel auf unterschiedlichen Skalen zu untersuchen. Melanie Weber nimmt
in ihrer Dissertation die Bundesrepublik Deutschland als Untersuchungseinheit
in den Blick. Sie untersucht theoretisch und empirisch das Klimabewusstsein der
deutschen Bevölkerung. Die zentrale Forschungsfrage lautet: Wie wird der Klimawandel angesichts zeitlicher und räumlicher Komplexität und diskursiver
Einflüsse in der Laienöffentlichkeit rezipiert? Damit greift Frau Weber ein ebenso wissenschaftlich interessantes wie gesellschaftlich relevantes Thema auf.
Im theoretischen Teil des Buches diskutiert die Autorin zunächst zentrale
naturwissenschaftliche Erkenntnisse und gesellschaftspolitische Aspekte des
globalen Klimawandels und zeigt die soziale Konstruktion des Themas auf. Anknüpfend an diskurstheoretische Überlegungen skizziert die Autorin, wie der
Klimawandel in der gesellschaftlichen Kommunikation durch mehr oder weniger
machtvolle Akteure aus Wissenschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft
sowie Medien und Öffentlichkeit ‚konstruiert’ wird. Die individuelle Wahrnehmung des Klimawandels ist eingebettet in diesen sozialen Kontext.
Zur adäquaten Erfassung der Laienwahrnehmung des Klimawandels formuliert die Autorin Forschungshypothesen auf der Grundlage einschlägiger gesell-
6
Geleitwort
schafts- und individualtheoretischer Ansätze: Systemtheorie, Theorie reflexiver
Modernisierung, Theorie gesellschaftlicher Naturverhältnisse, Umweltbewusstseinstheorie, Umweltverhaltenstheorie, Lebensstiltheorie. Die empirische Überprüfung der Hypothesen erfolgt zum einen durch Sekundäranalysen quantitativer
Studien, zum anderen durch die Analyse selbst erhobener Daten aus Fokusgruppen. Die empirischen Ergebnisse zeigen ein facettenreiches Bild des Klimabewusstseins der deutschen Bevölkerung. Es wird deutlich, dass der anthropogene
Klimawandel, vermittelt durch gesellschaftliche Diskurse, durchaus zu Resonanz
in der Bevölkerung geführt hat. Aber trotz einer relativ verbreiteten sozialökologischen Krisenwahrnehmung fehlt es an persönlicher (emotionaler) Betroffenheit, Wissen sowie Handlungsoptionen, um individuelle Verhaltensänderungen zu initiieren. Dementsprechend besteht weiterhin Bedarf an theoretischen,
konzeptionellen und empirischen Arbeiten, um die Mechanismen von Klimawandelbewusstsein und klimasensiblem Verhalten noch besser zu verstehen und
transparent zu machen. Ebenso großen Bedarf sieht die Autorin aber in praktischen Aktivitäten zur Förderung von Bewusstsein und Handeln. Auf der Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnisse plädiert sie für emanzipatorische
Kommunikations- und Beteiligungsstrategien, die Bürger darin unterstützen
sozial-ökologische Transformationsprozesse aktiv voranzubringen.
Das vorliegende Buch leistet einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung sozialwissenschaftlicher Klimaforschung. Die integrative Analyse, die auf
etablierten umweltsoziologischen, -psychologischen und sozial-ökologischen
Ansätzen aufbaut und existierende empirische Studien - ergänzt durch eigene
Fokusgruppenanalysen - auswertet, ermöglicht einen differenzierten Einblick in
das Klimabewusstsein der bundesdeutschen Bevölkerung. Die umfassende, sehr
gut lesbare Darstellung der theoretischen und empirischen Erkenntnisse macht
das Buch aber nicht nur für Sozialwissenschaftler zur Pflichtlektüre, sondern für
alle, die sich mit Klima-Wahrnehmung und -verhalten der Bevölkerung in
Deutschland beschäftigen.
Prof. Dr. Harald Heinrichs
Vorwort
Die Superlative in den Medien lassen nicht nach: Der Tropensturm ‚Noel’, der
im Herbst 2007 über Haiti, die Dominikanische Republik, Kuba und Mexiko
fegte und über 100 Todesopfer forderte, wurde vom mexikanischen Präsidenten
Felipe Caldéron als schlimmste Naturkatastrophe in der Geschichte des Landes
bezeichnet. In Deutschland wurden Helgoland und die Nordseeinseln im November 2007 von der stärksten Sturmflut seit 30 Jahren heimgesucht. Der extreme Winter in China im Januar 2008 war der kälteste seit 50 Jahren. Und die
Hitzewelle in Australien 2006 verursachte die schlimmste Trockenheit, die es je
auf dem Kontinent gab.
Die vielen Katastrophenmeldungen, die immer häufiger mit den Folgen des
Klimawandels in Zusammenhang gebracht werden, sollten die Bevölkerung doch
eigentlich wachgerüttelt haben, sollte man meinen. Doch als ich vor einigen
Jahren begann, mich mit dem Thema ‚Wahrnehmung des Klimawandels’ zu
beschäftigen, war mein Eindruck, dass in der Öffentlichkeit ein Missverhältnis
zwischen (Medien) vermittelter Katastrophe und tatsächlichem gesellschaftlichen
Einlenken herrschte. Ob und inwieweit Klimawandel induzierte Extremwetterereignisse, die massive Veränderungen für Mensch und Natur zur Folge haben, in
der Bevölkerung überhaupt wahrgenommen werden und inwieweit dies im Alltag der Menschen eine Rolle spielt, wurde mehr und mehr zu meiner zentralen
Fragestellung.
Entgegen der Auffassung einiger Sozialwissenschaftler im Forschungsfeld,
beharrte ich darauf, mich speziell mit Klimabewusstein und nicht mit Klimabewusstsein als einem Unteraspekt des Umweltbewusstseins zu befassen. Ich wollte wissen, ob unsere Gesellschaft das von der Politik gerne als ‚größte Menschheitskatastrophe des 21ten Jahrhunderts’ bezeichnete Umweltproblem wahrnimmt und wie sie darauf reagiert. Ich verfolgte die wissenschaftliche, aber auch
die aktuelle politische Debatte. Parallel dazu beobachtete ich, wie die verschiedenen Medien das Bild des Klimawandels transportierten, welches meist einer
heranrollenden Flutwelle glich. Und vor allem beschäftigte ich mich zunehmend
mit der Frage, ob und wie der Klimawandel in der Mitte der Gesellschaft ankommt. Am meisten erstaunt hat mich bei meiner empirischen Arbeit, dass die
meisten Menschen den anthropogenen Klimawandel bestätigen und relativ genau
beschreiben können, welche Folgen er für Natur und Menschheit hat, gleichzeitig aber kaum realisieren, dass der Klimawandel bereits in vollem Gange ist.
8
Vorwort
Es ist ein Dilemma, dass wir die globale Erwärmung zu einem großen Teil
nur vermittelt wahrnehmen (können) und damit von der Krisenwahrnehmung der
vermittelnden Akteure im Klimadiskurs abhängig sind: Unterschätzen sie die
Folgen des Klimawandels, wird kaum ein Aufschrei durch die Bevölkerung
gehen, der zu einem grundlegenden Wandel hin zu klimabewusstem Verhalten
führt. Machen Politik, Wissenschaft, Medien und zivilgesellschaftliche Akteure
uns jedoch eindringlich genug bewusst, dass jeder und jede einzelne unmittelbar
einen individuellen Beitrag zum klimabewussten Handeln leisten kann, dann ist
das Schlimmste vielleicht noch abzuwenden.
In jedem Fall ist der anthropogene Klimawandel ein Paradebeispiel für die
moderne Wissensgesellschaft, in der wir leben, und die uns abhängiger denn je
von Experten und Fachleuten macht, die uns die Existenz globaler (Umwelt-)
Probleme bewusst machen - bevor wir sie nachhaltig lösen können und müssen.
Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen bedanken, die mich
bei der Umsetzung meiner Doktorarbeit unterstützt haben:
Ich möchte mich beim deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bedanken, das das Forschungsprojekt „Global Governance und
Klimawandel. Eine Mehrebenenanalyse zu den Bedingungen, Risiken und Chancen sozial-ökologischer Transformationen“ im Rahmen des Schwerpunktprogramms sozial-ökologische Forschung (SÖF) gefördert hat.
Großer Dank geht an meine Kolleginnen und Kollegen des Forschungsprojektes, die mich während der ganzen Zeit begleiteten und tatkräftig unterstützten:
PD Dr. Achim Brunnengräber, Kristina Dietz und Marie Lindberg (alle Freie
Universität Berlin), PD Dr. Heike Walk (ZTG der Technischen Universität Berlin), Dr. Bernd Hirschl (Institut für ökologische Wirtschaftsforschung). Großer
Dank gilt auch meinem Betreuer Prof. Dr. Harald Heinrichs und seiner Mitarbeiterin Katina Kuhn vom Institut für Umweltkommunikation an der Universität
Lüneburg für ihren unermüdlichen Einsatz. Außerdem danke ich Maren Kandulla für ihre Hilfe. Ein besonderer Dank geht an Christiane Schaper, dir mir beistand, um das Schiff ins richtige Fahrwasser zu bringen. Den folgenden Personen
bin ich besonders dankbar, ohne euch hätte ich manche Durststrecke kaum überwunden: Antje Klemm, Christina Reiffert, Christina Rocker, Dr. Martina Dieckhoff und Wenke Siedersleben. Nicht zuletzt danke ich meiner Familie, die mich
immer unterstützt und für manche Abwechslung gesorgt hat: Elisabeth Weber,
Claudia, Bernd, Roman und Annika Schrön.
Mein ganz besonderer Dank geht an Florian Moritz für seine unendliche
Geduld.
Melanie Weber
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort…......…………………………..…………………….…........... 5
Vorwort. .............……......……………………………………………........ 7
Abbildungsverzeichnis ………………………………………………....... 11
Tabellenverzeichnis………………………………………………………...13
Boxenverzeichnis………………………………………………………….. 15
Abkürzungsverzeichnis.………………………………………………........ 17
1
1.1
1.2
Einleitung……………………...………………………………... 19
Zentrale Forschungsfrage……………………………………...... 21
Aufbau der Arbeit und Kapitelübersicht……………………....... 27
2
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
Der anthropogene Klimawandel als globales
Umweltproblem............................................................................ 33
Der anthropogene Klimawandel und seine Folgen…………....... 33
Die Komplexität des Klimawandels………………….…….……38
Klimawandel und nachhaltige Entwicklung…….……………… 41
Klimaschutz und Emissionsentwicklung….……………………. 44
Klimapolitik in Deutschland………………………..…………... 50
Globaler Umweltdiskurs und Klimawandel…………………….. 53
3
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
Die soziale Konstruktion des Klimawandels………………….... 59
Zyklen des Klimadiskurses in der BRD………………………… 61
Wissenschaft…………………………………………………..... 65
Politik………………………….………………………………... 70
Zivilgesellschaft und Wirtschaft….…………………………...... 77
Medien und Öffentlichkeit……………………………………… 81
Laienwahrnehmung des Klimadiskurses…………………..…… 92
4
4.1
4.2
4.3
Klimawandel als gesellschaftliches Risiko……………..……..... 97
Die Risikokommunikation des Klimawandels…………..…….... 97
Klimawandel als Modernisierungsrisiko…………………..….....107
Klimawandel als ‚gesellschaftliches Naturverhältnis’….………. 112
10
Inhaltsverzeichnis
5
5.1
5.2
5.3
Klimawandel als individuelles Risiko.……………….…….........115
Individuelles Umweltbewusstsein des Klimawandels………….. 115
Diskrepanzen zwischen Klimabewusstsein und -handeln…….…121
Individuum und Kollektiv……………………………..………... 126
6
Hypothesen………………………………………………….…...131
7
7.1
7.2
7.3
Untersuchungsdesign………………..………………………...... 135
Empirische Studien ……………………………..………………. 135
Eurobarometer- und Umweltbewusstseinsstudie...…..…………. 138
Fokusgruppen...........................................................……….…… 144
8
8.1
8.2
Empirische Ergebnisse ……………………………..…………. 153
Auswertung empirischer Studien…………...…………………....153
Sekundärdatenanalyse Eurobarometer- und
Umweltbewusstseinsstudie........................................................... 166
Ergebnisse der Fokusgruppenanalyse………………..………… 196
8.3
9
Zusammenfassung der Ergebnisse und Hypothesenüberprüfung................................................................................... 221
10
10.1
10.2
Fazit……………………………………………………………... 235
Forschungsbedarf und Erkenntnisse für die politische Praxis….. 235
Emanzipation und Partizipation……………………………….....240
11
Literaturverzeichnis………………………………………….......243
12
12.1
12.2
12.3
Anhang………………………………………………………..… 257
Ergänzende Abbildungen und Tabellen…………………..…….. 257
Fragebogentext Eurobarometer- und Umweltbewusstseinsstudie 264
Moderationsleitfaden Fokusgruppen…………………..………... 270
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1
Abbildung 2
Abbildung 3
Abbildung 4
Abbildung 5
Abbildung 6
Abbildung 7
Abbildung 8
Abbildung 9
Abbildung 10
Abbildung 11
Abbildung 12
Abbildung 13
Abbildung 14
Abbildung 15
Abbildung 16
Abbildung 17
Abbildung 18
Abbildung 19
Abbildung 20
Individuelle Wahrnehmung des Klimawandels……… 24
Reziproke Prozesse zwischen öffentlicher
Problemwahrnehmung des Klimawandels und
Klimaakteuren………………………………………... 25
Aufbau der Arbeit, methodische Umsetzung
und Ziele………………………………………………31
Treibhausgasentwicklungen 1990 - 2003 der nach
Kyoto-Protokoll zur Treibhausgasreduktion
verpflichteten Länder (Annex-I-Länder)....................... 48
Lastenteilung der Treibhausgasemissionen
der EU-15...........................................……………....... 75
Der mediale Vermittlungsprozess des Klimawandels... 84
Kognitive, affektive und konative Faktoren
des Umweltbewusstseins……………………………... 118
Sorge um die Umwelt........................................…........ 167
Eintritt von Klimaveränderungen…………………...... 168
Selbsteingeschätzte persönliche Gefährdung durch
den Klimawandel...........................................................169
Vermeidung und Anpassung…………………............. 170
Vier-Felder-Matrix „Vermeidung oder
Anpassung“.............................................…………...... 172
Fortschritte beim Klimaschutz …………………......... 173
Klimaschutz: deutsche oder europäische
Aufgabe?...................................................………........ 174
Zufriedenheit mit deutscher Rolle auf
internationalen Klimakonferenzen………………….... 175
Sparsamer Umgang mit Energievorräten und
Rohstoffen.................................................……............ 177
Lohnt sich umweltgerechtes Handeln?…………......... 178
Eigener Beitrag zum Umweltschutz...……………....... 180
Informationsstand Umweltprobleme………………..... 181
Effektivste Maßnahmen für den Umweltschutz............ 263
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1
Tabelle 2
Tabelle 3
Tabelle 4
Tabelle 5
Tabelle 6
Tabelle 7
Tabelle 8
Tabelle 9
Tabelle 10
Tabelle 11
Tabelle 12
Tabelle 13
Sektorale Entwicklung der CO2-Emissionen in
Deutschland, Angaben in Mio. t CO2……………........ 51
Entwicklung der Treibhausgasemissionen in der BRD
seit 1990 und Handlungsbedarf gemäß der Ziele des
Kyoto-Protokolls…………............................................52
Liste sozio-demographischer Variablen
(unabhängige Variablen)……………………………... 140
Zuordnung der deskriptiv ausgewerteten
klimarelevanten Einstellungsvariablen des
Eurobarometers 2005 und der Umweltbewusstseinsstudie 2004 zu den Klimabewusstseinsindikatoren…... 142
Skalierung abhängiger Variablen der multiplen linearen
und logistischen Regressionsanalysen……………...... 143
Sozio-demographische Auswahlkriterien der
Fokusgruppen………………………………………… 150
Stichprobenbeschreibung Fokusgruppen, Verteilung
der Personen nach sozio-demographischen
Merkmalen.................................................................... 151
Zusammenfassende Darstellung empirischer Wahrnehmungsstudien zum Klimawandel............................ 161
Multiple Regressionsmodelle der abhängigen
Variablen: Klimaveränderung, Klimagase,
Extremwetterereignisse und Gefährdung…………...... 184
Multiple Regressionsmodelle der abhängigen
Variablen: Mitigation, Adaptation,
Klimaschutz..................................................……......... 188
Multiple und logistische Regressionsmodelle der
abhängigen Variablen: (politische) Verantwortung
und Informationsstand....................................…........... 191
Übersicht signifikanter Effekte der Prädiktorvariablen
auf die Zielvariablen................…………………..........195
Zusammenfassung der Ergebnisse der
Fokusgruppendiskussionen…………………………... 220
14
Tabelle 14
Tabellenverzeichnis
Verteilung sozio-demographischer Merkmale in
der Umweltbewusstseinsstudie 2004 nach Geschlecht
(Liste der unabhängigen Variablen)..............……........ 257
Tabelle 15
t-Tests Umweltbewusstseinsstudie 2004....................... 259
Tabelle zu Abb. 8 Sorge um die Umwelt……………................................ 260
Tabelle zu Abb. 14 Klimaschutz: deutsche oder europäische Aufgabe?...... 260
Tabelle zu Abb. 15 Zufriedenheit mit deutscher Rolle auf
internationalen Klimakonferenzen...................……..... 261
Tabelle zu Abb. 18 Eigener Beitrag zum Umweltschutz.……………......... 261
Tabelle zu Abb. 19 Informationsstand Umweltprobleme......……………... 262
Tabelle zu Abb. 20 Effektivste Maßnahmen für den Umweltschutz…….... 264
Boxenverzeichnis
Box 1
Box 2
Box 3
Box 4
Box 5
Sieben Resonanzfilter der ökologischen
Kommunikation……………………………………… 63
Etappen internationaler Klimapolitik und
ihre Ergebnisse……………………………………….. 73
Das Beispiel Greenpeace…………………………….. 79
Lobbyismus und US-Klimapolitik…………………… 80
Komplexe Interessenverflechtung……………………. 81
Abkürzungsverzeichnis
ABL
AOSIS
ATTAC
BMBF
BMU
BUND
CDM
COP
DFG
DMG
DNR
DPG
EL
ET
EH
EU
FAO
G8
G33
GEF
ICAU
ICSU
IEA
IPCC
IUCN
JI
Alte Bundesländer
Allianz kleiner Inselstaaten (Alliance of small island states)
Association pour une taxation des transactions financières pour
l'aide aux citoyens
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
Clean Development Mechanism (Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung)
Conferences of the Parties (Klimakonferenzen der Unterzeichnerstaaten der UNFCCC)
Deutsche Forschungsgemeinschaft
Deutsche Meteorologische Gesellschaft
Deutscher Naturschutzring
Deutsche Physikalische Gesellschaft
Entwicklungsländer
Emission Trading
Emissionshandel
Europäische Union
Food and Agriculture Organization (UN-Organisation)
Gruppe der G8 (sieben führende Industrieländer und Russland)
Gruppe der G33 (Gruppe von Entwicklungsländern)
Global Environment Facility (Globale Umweltfazilität)
International Council of Scientific Unions
International Council for Science (Internationaler Wissenschaftsrat)
International Energy Agency (Internationale Energieagentur der
OECD)
Intergovernmental Panel on Climate Change
International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (auch: World Conservation Union)
Joint Implementation (Mechanismus für gemeinsame Klimaschutzprojekte; projektbezogene Zusammenarbeit zwischen zwei
Annex-I-Staaten (Industrieländern)
18
KfW
LDC
MOP
NBL
NGO
OECD
OPEC
PPP
SRU
UBA
UN
UNCED
UNDP
UNEP
UNESCO
UNFCCC
WBGU
WCRP
WHO
WMO
WTO
WWF
Abkürzungsverzeichnis
KfW Bankengruppe (früher: Kreditanstalt für Wiederaufbau)
Least Developed Countries
Members of the Parties (Klimakonferenzen der Unterzeichnerstaaten des Kyoto-Protokolls)
Neue Bundesländer
Non-governmental organization (Nicht-Regierungs-Organisation)
Organization for Economic Cooperation and Development
Organization of the Petroleum Exporting Countries
Private-Public-Partnerships
Sachverständigenrat für Umweltfragen (auch: Umweltrat)
Umweltbundesamt
United Nations
United Nations Conference on Environment and Development
(Erdgipfel 1992)
United Nations Development Programme
United Nations Environment Programme
United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization
United Nations Framework Convention on Climate Change
Wissenschaftlicher Beirat Globale Umweltveränderungen
World Climate Research Programme
World Health Organization (UN)
World Meteorological Organization
World Trade Organization
World Wide Fund for Nature
1 Einleitung
Der Klimawandel ist in aller Munde. In Zeitungen sind Titel zu lesen wie „Der
Klimawandel ist die größte Bedrohung für die Menschheit“ und „Die Klimaveränderung hat verheerende Folgen für Mensch und Natur“ oder „Wann kommt die
Klimakatastrophe?“. Die Internetsuchmaschine Google meldet über 5 Millionen
Einträge zum Stichwort „Klimawandel“, der englische Begriff „climate change“
wird sogar über 100 Millionen Mal aufgerufen.1
Die Popularität des Themas in den Medien stellt dabei nur eine Seite der öffentlichen Resonanz des Klimawandels dar. Aber wie wird der Klimawandel von
der Bevölkerung wahrgenommen? Reicht es, durch eine hohe Themenaufmerksamkeit ein ökologisches Bewusstsein für den Klimawandel herzustellen? Und
inwieweit wird der Klimawandel von der Bevölkerung überhaupt als menschlich
produziertes Umweltproblem gesehen?
Die Dissertation nimmt die gesellschaftliche Wahrnehmung und Bewertung
des Klimawandels in den Blick. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie das Umweltproblem Klimawandel und seine soziale Vermittlung, also der Klimadiskurs,
ins individuelle Bewusstsein rücken und welche Handlungskonsequenzen zu
erwarten sind. Ferner wird gefragt, ob sich überhaupt ein Klimabewusstsein
abbildet und wie sich dieses darstellt. Dabei beziehen sich die theoretischen
Ausführungen zuvorderst auf den westlichen, industriestaatlich geprägten Kulturraum. Die Untersuchung nimmt in erster Linie Bezug auf umweltsoziologische und umweltpsychologische Arbeiten vor allem aus der sozial-ökologischen
Forschung und Risikoforschung. Somit ordnet sich die Dissertation innerhalb des
Fachgebiets „Umweltsoziologie“ ein. Ziel ist es, Alltagsbilder des Klimawandels
zu untersuchen, die an der in Deutschland lebenden Bevölkerung empirisch überprüft werden.
Werden die Wechselwirkungen zwischen Natur und Gesellschaft betrachtet,
so ist es wichtig, nicht nur Stärke und Relevanz von Umweltveränderungen,
Sensibilität, Verwundbarkeit und Reaktionsvermögen von Ökosystemen einerseits und gesellschaftliche Reaktions-, Adaptions- und Alternativmöglichkeiten
andererseits auszuloten. Darüber hinaus gilt es, die zugrunde liegenden oder
1
Im Folgenden werden die Begriffe globale Erwärmung, globaler Klimawandel, anthropogener
Klimawandel oder nur Klimawandel meist synonym verwendet. An Stellen, bei denen Hinweise auf
den Unterschied zwischen natürlichem oder menschlich verursachtem Klimawandel erforderlich
sind, wird darauf explizit hingewiesen.
20
Einleitung
resultierenden gesellschaftlichen Wahrnehmungen und Bewertungen dessen zu
analysieren. Die Aufgabe der Umweltsoziologie ist es zu untersuchen:
„ […] wie soziale und kulturelle Strukturen die Art der Wahrnehmung, Nutzung und
Gestaltung von Natur prägen und wie die Folgen dieser Nutzung wieder auf Gesellschaften und ihre Institutionen zurückwirken. Zentraler Fokus der Umweltsoziologie
ist der gesellschaftliche Umgang mit der ökologischen Problematik.“ (Brand und
Reusswig 2001: 573)
„Eine der wichtigsten Aufgaben der Umweltsoziologie [besteht] darin, Unterschiede
der Prioritätensetzung und Wahrnehmungsmuster sowie massenmedialen und politischen Bearbeitung innerhalb und zwischen Gesellschaften zu beschreiben und in ihren Ursachen zu erklären.“ (Thompson und Rayner 1998, zit. aus Brand 2001: 564)
Aufgrund von Rückkopplungseffekten der vom Menschen verursachten Umweltveränderungen muss die Umweltsoziologie nicht nur untersuchen wie Gesellschaft die Natur nutzt und sich dadurch selbst gefährdet, sondern auch wie
diese ökologische Selbstgefährdung auf die Gesellschaft und ihre Institutionen
zurückwirkt (Brand und Reusswig 2001).2
Normatives Ziel der soziologischen Umweltbewusstseins- bzw. Umweltverhaltensforschung ist es mitunter, Strategien zur Neubildung, Veränderung und
Stabilisierung von umweltrelevanten Einstellungs- und Verhaltensmustern zu
finden. Dazu müssen deren soziale Ursachen, institutionelle Fehlfunktionen und
der Zusammenhang des Verhaltens resp. der Einstellung zu Verhaltensbereichen
und individuellen sowie gruppen- bzw. schichtspezifischen Mustern (Milieus)
herausgefunden werden (Wegener 1982; Joußen 1995; Vester 2001).
Die globalen Umweltveränderungen, und dabei auch der Klimawandel, gelten allerdings innerhalb der sozialwissenschaftlichen Umweltforschung als neues
Forschungsfeld. Transdisziplinäre Ansätze bspw. aus der Global-ChangeForschung, die sich mit der Analyse globaler Umwelt- und Entwicklungsprobleme beschäftigen, sind vergleichsweise neu und bahnen sich erst langsam ihren
Weg in die noch immer vorrangig disziplinär ausgerichtete Forschungs-
2
Dem folgenden Verständnis von Natur und Umwelt wird hier gefolgt: Nach Huber (2001: 155) ist
Natur „alles [...] was der Geo- und Biosphäre angehört und nicht dem operativen System der Gesellschaft, etwa als Nutztier, Produkt oder Infrastruktur“. Unter Umwelt ist im Folgenden gemeint „[…]
die jeweils spezifizierte geo- und biosphärische Umwelt bestimmter Populationen. Eine Umwelt
besteht nicht an und für sich, sondern für interagierende Lebewesen. [...] allgemein heißt Umwelt der
spezielle Lebensraum einer Population samt den Ressourcen und Senken, die sie sich darin verfügbar
macht. Umwelt bedeutet in diesem Sinne die Gesamtheit der stofflichen raum-zeitlichen Lebensbedingungen der betreffenden Populationen“ (ebd.: 157).
Zentrale Forschungsfrage
21
landschaft.3 Aufgrund der gesellschaftlichen Relevanz der Klimaproblematik
verfolgt die Dissertationsschrift zwei Perspektiven:
1.
2.
Zum einen werden aus einer problemorientierten Sichtweise die sozialökologische Relevanz individuellen Klimaschutzes und mögliche Handlungskonzepte herausgearbeitet. Damit nimmt die Arbeit im Sinne der sozial-ökologischen Nachhaltigkeitsforschung eine normative Perspektive ein.4
Zum anderen schließt die Dissertationsschrift an bestehende umweltsoziologische und umweltpsychologische Arbeiten an und nimmt diese zur Basis
der Analyse. Die Erkenntnisse tragen zum besseren Verständnis über die
Grundlagen individueller Wahrnehmung komplexer Umweltprobleme wie
dem Klimawandel bei.
1.1 Zentrale Forschungsfrage
Betrachtet man sowohl die internationalen als auch nationalen Emissionsentwicklungen, so steht ein grundlegender Wandel hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft mit einer Energiebilanz, die keine gefährlichen Folgen für das natürliche
Klimasystem verursacht, noch aus. Klar ist, dass eine Transformation der Energiesysteme nicht allein von den technischen Möglichkeiten abhängt, sondern
auch und vor allem von der Bereitschaft zur Veränderung gesellschaftlicher
Lebensweisen. Ziel muss deshalb also nicht nur die punktuelle Reduktion von
Treibhausgasen (Mitigation) sein, sondern eine langfristige (nachhaltige) Umstellung der sozial-ökologischen Verhältnisse auf ein für das natürliche Klima
3
Die Forschungsaufgabe der so genannten Global Change-Forschung (bzw. Forschung zum globalen
Wandel) resultiert aus der Erkenntnis, dass neben der Bedrohung durch den Klimawandel weitere
globale Veränderungen der Umwelt durch den Menschen stattfinden, die existentielle Auswirkungen
auf das menschliche Wohlbefinden haben. Ressourcen wie Nahrung, Wasser, Frischluft und eine die
menschliche Gesundheit begünstigende Umwelt sind in steigendem Maße vom globalen Wandel
betroffen. Dabei hat die Globalisierung der Weltwirtschaft seit den 1990er Jahre durch die zunehmende Verflechtung von globalen Umweltveränderungen, ökonomischer Globalisierung, kulturellem
Wandel und wachsendem Nord-Süd-Gefälle zum Globalen Wandel geführt (Michelsen 2005). Siehe
dazu auch die Internetseiten des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen (WBGU)
und des Nationalen Komitees für Global Change Forschung (NKGCF): http://www.wbgu.de und
http://www.nkgcf.org (Zugriff: 14.05.2008).
4
Sozial-ökologische Forschung nimmt komplexe Umweltprobleme wie den Klimawandel aus einer
interdisziplinären (Disziplin übergreifenden) und transdisziplinären (interdisziplinären und Praxis
bezogenen) Sichtweise in den Fokus. Nach dem Rahmenkonzept des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) lautet die Definition sozial-ökologischer Forschung: „Soziale Ökologie
ist die Wissenschaft von den Beziehungen der Menschen zu ihrer jeweiligen natürlichen und gesellschaftlichen Umwelt. In der sozial-ökologischen Forschung werden die Formen und Gestaltungsmöglichkeiten dieser Beziehungen in einer disziplinübergreifenden Perspektive untersucht. Ziel der
Forschung ist es, Wissen für gesellschaftliche Handlungskonzepte zu generieren, um zukünftige
Reproduktions- und Entwicklungsfähigkeit der Gesellschaft und ihrer natürlichen Lebensgrundlagen
sichern zu können.“ (Balzer und Wächter 2002)
22
Einleitung
verträgliches Treibhausgasniveau bei gleichzeitiger Anpassung (Adaptation) an
die Folgen des bereits stattfindenden anthropogenen Klimawandels (Hasselmann
et al. 2003).5 Die Umsetzung von Treibhausgasvermeidung und Anpassung ist
dabei sowohl vom individuellen Umweltbewusstsein6 als auch von Möglichkeiten und Grenzen des Umwelthandelns abhängig. Es spielen Handlungszwänge
ebenso eine Rolle wie Anreize, Infrastruktur, öffentlicher Diskurs konkurrierender Interessen, Gewohnheiten, Präferenzen und Lebensstile. So findet der gesellschaftliche Transformationsprozess nachhaltiger Entwicklung in einem durchaus
widersprüchlichen sozialen Kontext statt (Brand 1997). Es stellt sich die Frage,
welche individuellen Wahrnehmungen des Klimawandels bestehen und ob und
wie sich innerhalb der institutionell geprägten Handlungsmuster,7 konkurrierenden Normen und Alltagspraktiken ein Klimabewusstsein herausbildet. Insofern
nimmt die Arbeit eine Problem bezogene Perspektive ein.
Vorannahme der Dissertation ist, dass die Problemwahrnehmung des Klimawandels als Voraussetzung für individuelle Bewusstseinsbildung und Verhaltensintention zweifach beeinflusst wird: durch die beobachtbare Naturveränderung sowie durch den gesellschaftlichen Klimadiskurs. Dabei wirkt der Klimawandel auf die Gesellschaft zurück und stellt sie unter Veränderungsdruck. Die
Wechselwirkungen zwischen Veränderungen des Klimas und Gesellschaften
sind dabei Teil eines komplexen Zusammenhangs: Die bereits stattfindenden
Folgen des Klimawandels sowie die noch in der Zukunft zu erwartenden Folgen
beeinflussen Menschen in der Wahrnehmung des Klimawandels. Da das Problem komplex ist, gibt es darüber hinaus zahlreiche wissenschaftliche Unsicherheiten bei dem Versuch, die Folgen und ihr räumliches und zeitliches Eintreten
exakt nachzuweisen und vorherzusagen. Somit findet die Vermittlung zwischen
Klimaexperten und -expertinnen und breiter Öffentlichkeit unter Unsicherheit
statt. Zusätzlich zu den bereits stattfindenden Folgen des Klimawandels erreicht
5
Der vierte Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change geht nicht nur davon aus, dass
ein anthropogener Klimawandel bereits stattfindet, sondern zudem, dass selbst eine sofortige Stabilisierung der Treibhausgase seine Folgewirkungen in den nächsten Jahrzehnten nicht stoppen könnte:
„Anthropogenic warming and sea level rise would continue for centuries due to the timescales associated with climate processes and feedbacks, even if greenhouse gas concentrations were to be stabilized.” (IPCC 2007a: 17) Als Lösungsvorschlag wird deshalb ein Strategiemix aus sowohl Reduktions- als auch Anpassungsmaßnahmen vom Individuum bis zu nationalen und internationalen Regierungen gefordert: „ This suggests […] a mix of strategies that includes mitigation, adaptation, technological development (to enhance both adaptation and mitigation) and research (on climate science,
impacts, adaptation and mitigation). Such portfolios could combine policies with incentive-based
approaches, and actions at all levels from the individual citizen through to national governments and
international organizations.” (IPCC 2007b: 20)
6
Im Folgenden wird der Begriff des Umwelt- bzw. Klimabewusstseins zunächst als Über- und Sammelbegriff für verschiedene, direkt mit dem ökologischen Bewusstsein zusammenhängende Aspekte
wie Umweltwissen, -einstellung, -verhaltensbereitschaft u. a. verwendet. Eine präzise Begriffstrennung erfolgt in Kapitel 5.1 („Individuelles Umweltbewusstsein des Klimawandels“).
7
Das Handlungsfeld umfasst dabei sowohl Anpassungsmaßnahmen (Adaptation) an die Folgen des
Klimawandels als auch vorsorgende Klimaschutzmaßnahmen (Mitigation).
Zentrale Forschungsfrage
23
die Öffentlichkeit nur eine Übersetzung wissenschaftlich z. T. unsicherer Erkenntnisse über die genauen Folgen des Klimawandels (s. Abbildung 1). In der
vorliegenden Dissertationsschrift stehen Wahrnehmung, Bewusstseinsbildung
und Handlungsintention bezüglich des Klimawandels bei Laien und nicht bei
Experten bzw. Expertinnen im Mittelpunkt. Deshalb finden letztere auch nur am
Rande Erwähnung, ihre Untersuchung im Themenfeld Klimawandel oder ein
Vergleich zwischen den beiden Gruppen hätte ein anderes Untersuchungsdesign
als das vorliegende erfordert.8 Der Forschungsbedarf ergibt sich aus sozialökologischer, problemorientierter Sicht folgendermaßen: Der anthropogene Klimawandel ist ein zeitlich und räumlich komplexes globales Umweltproblem,
welches von Laien, so die Annahme, nur durch die Vermittlung und Übersetzung
wissenschaftlicher Experten und Expertinnen wahrgenommen wird. Die Unterscheidung zwischen normalem Wetter und atypischen Klimaveränderungen ist
für Laien ohne wissenschaftliche Deutung nicht möglich. Insofern gilt die Klimakommunikation bzw. der Klimadiskurs als wesentlicher Einflussfaktor auf die
Laien-Wahrnehmung des Klimawandels. Der Zusammenhang des Klimabewusstseins mit der Problemvermittlung durch Klimaexperten bzw. -expertinnen
und Medien erhält eine besondere Relevanz durch die Komplexität und ‚Glokalität’ (gemeint ist das Zusammenspiel globaler, nationaler, regionaler und
lokaler Strukturen) des Klimawandels.
Dabei stellt sich die öffentliche Problemwahrnehmung des Klimawandels
als Wechselspiel dar: Einerseits wirken die Informationen der Klimaakteure auf
die öffentliche Wahrnehmung ein, und andererseits wirkt die Resonanz in der
Bevölkerung auf die Art und Weise der durch Klimaexperten und -expertinnen,
Medien und anderen Akteuren vermittelten Klimakommunikation zurück, wie im
Folgenden noch zu zeigen sein wird (s. Abbildung 2). Die Klimakommunikation
findet dabei nicht zuletzt vor dem Hintergrund vielfältiger, Interessen geleiteter
Problemlösungsstrategien statt.
8
Die im englischen Sprachgebrauch übliche Trennung zwischen „lay people“ und „experts“ (vgl.
O’Riordan 2001; Kempton 1991; Dunlap 1998) ist in der deutschsprachigen Forschung oft missverständlich. In der Dissertationsschrift werden unter Laien Personen verstanden, die keine Experten
sind, also weder wissenschaftliche Fachleute aus dem engeren und weiteren Bereich der Klimaforschung noch Experten oder Expertinnen aus Praxisfeldern wie Politik, NGOs und Medien, die sich in
besonderem Maße mit dem Thema Klimawandel beschäftigen. Obgleich hier in erster Linie auf
Laien fokussiert wird, wird an manchen Stellen auch auf Experten und Expertinnen verwiesen,
insbesondere im Zusammenhang mit den internationalen Klimaverhandlungen, dem Klimadiskurs
und dem individuellen Risikobewusstsein. In der Risikoforschung wurde mit der Erkenntnis subjektiver und sozial konstruierter Risiken („The risks that kill you are not necessarily the risks that anger
and frighten you“; Sandman 1987: 21) die Diskrepanz zwischen Experten- und Laienwahrnehmung
von Risiken bestätigt. Gleichwohl sind qualitative Unterschiede zwischen Experten- und Laienwahrnehmung noch umstritten. Wiedemann spricht von „[der] Geburtsstunde einer bis heute anhaltenden
ideologischen Auseinandersetzung über die Dissense zwischen Experten und Expertinnen und Laien
bei der Beurteilung von Risiken“ (vgl. dazu auch Kapitel 5.1; Wiedemann und Mertens 2005: 39).
24
Einleitung
Beobachtbare
Naturveränderungen
Problemwahrnehmung
Bewusstseinsbildung
und Verhaltensintention
Gesellschaftlicher
Klimadiskurs
Abbildung 1:
Individuelle Wahrnehmung des Klimawandels (eigene Graphik)
25
Zentrale Forschungsfrage
Problemwahrnehmung der
Klimaakteure: Wissenschaft,
Politik, Wirtschaft, Medien
Öffentliche
Problemwahrnehmung
Abbildung 2:
Reziproke Prozesse zwischen öffentlicher Problemwahrnehmung des Klimawandels und Klimaakteuren (eigene Graphik)
So wird angenommen, dass die Öffentlichkeit den Klimawandel nicht nur durch
tatsächliche Klima- und Wetteränderungen wahrnimmt. Vielmehr wird davon
ausgegangen, dass der Diskurs über den Klimawandel, und damit auch seine
potentielle Problemkonstruktion, einen ebenso großen Einfluss auf die öffentliche Meinung ausübt. Dabei wird der Diskurs von verschiedenen Akteuren, vor
allem aus der Klimawissenschaft, aus staatlicher und nicht-staatlicher Politik, der
Wirtschaft und den Medien geführt, die jeweils unterschiedliche Interessen und
Lösungsstrategien vertreten (eine differenzierte Sichtweise auf ‚die Medien’
erfolgt in Kapitel 3.5). Die öffentliche Problemwahrnehmung des Klimawandels
ist also geprägt durch den medial vermittelten Klimadiskurs zentraler Akteure
vor allem aus den Bereichen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft.
26
Einleitung
Die Stellung der Medien ist dabei im Sinne einer Doppelposition hervorzuheben: Zum einen sind sie durch ihre Funktion als Vermittler für die öffentliche
Meinungsbildung gekennzeichnet und zum anderen dadurch, dass sie keine neutrale Mediationsfunktion ausfüllen, sondern ebenfalls spezifischen Interessen
unterliegen.
Die Spezifität der Frage der Wahrnehmung des Klimawandels ergibt sich nun
zum einen aus der Neuartigkeit (einen anthropogenen Klimawandel hat es zuvor
nicht gegeben) und zum anderen aus der Komplexität des Umweltproblems. Dies
bedeutet auch, dass Analogien zur sozialen Rezeption anderer (globaler) Umweltprobleme nicht ohne weiteres hergestellt werden können und diesbezügliche
theoretische Vorarbeiten unzureichend für die Untersuchungsfragestellung sind.
Gleichwohl kann auf bereits vorhandene Theoriebestände zurückgegriffen werden. Die Schwerpunkte der soziologischen Umweltforschung umfassen vor allem die Bereiche Umweltkommunikation, Umweltbewusstsein und -verhalten.
Theorie und Empirie der Forschung nehmen dabei Bezug auf Umweltbewusstsein (Brüggemann 1995; de Haan und Kuckartz 1998), Umwelt- und Konsumverhalten (Beier 1993; Kösters 1993; Diekmann 1994), Umweltbildung und
-erziehung (de Haan und Kuckartz 1998; de Haan 1995; Bolscho und Seybold
1996), Umweltkommunikation (Luhmann 1986) oder Risikowahrnehmung und
Partizipation im Umweltschutz (Stoll-Kleemann et al. 2003; Bechmann 1996;
Hiller und Krücken 1997). Darüber hinaus hat die Feststellung, dass Umweltbildung und Umweltbewusstsein nicht immer kongruent mit umweltangepassten
Verhaltensweisen sind, zu einer intensiven Auseinandersetzung mit Bestimmungs- und Wirkungsfaktoren umweltbewussten Verhaltens geführt (Preisendörfer und Wächter-Scholz 1997; Preisendörfer 1999; Schütz 1995).
Die Anwendung dieser Ansätze auf die Frage der Wahrnehmung des
anthropogenen Klimawandels ist jedoch bislang noch nicht ausreichend erfolgt.
Die vorliegende Dissertation trägt somit zur Schließung einer Forschungslücke
bei. Es wird dabei vor allem auf Theorien zur ökologischen Risikowahrnehmung
und -kommunikation und auf handlungstheoretische Ansätze zurückgegriffen.
Die Arbeit ordnet sich somit bei den umweltsoziologischen Arbeiten zur sozial-ökologischen Forschung und Risikoforschung ein. Der Fokus der Analyse
liegt auf der Laien-Wahrnehmung und Laien-Reaktion auf die globale Erwärmung. In der vorliegenden sozialwissenschaftlichen Dissertationsschrift werden
dazu Alltagsbilder zum Klimawandel analysiert. Empirisch wird weiterhin untersucht, wie Klimawandel, Klimaschutz und Klimapolitik von der in Deutschland
lebenden Bevölkerung wahrgenommen werden. Dabei liegt ein besonderer Fokus
auf dem an die Öffentlichkeit vermittelten Klimadiskurs. Dass hierzu Forschungsbedarf besteht und sich das Thema ‚öffentliche Wahrnehmung des Klimawandels’ von den traditionellen Themen der Risikoforschung unterscheidet,
unterstreichen Lorenzoni et al. (2005: 1395f.):
Aufbau der Arbeit und Kapitelübersicht
27
„Initial research on public opinion and perceptions on climate change stressed the
importance of lay misunderstandings of climate science. A key future research requirement would seem to be the extent to which the gathering global policy debate,
and with this the possibility of rising public awareness, is influencing the qualitative
structure of such beliefs among the general population, and in different countries of
the world. While for many of the issues traditionally studied by risk perception researchers (e.g., nuclear power, chemicals) one would forecast little radical modification of public representation in the near term, climate change stands out as entirely
different in this regard. Radical disjunctions from the understandings gained from
the past are a very real possibility.”
Die zentrale Forschungsfragestellung lautet somit:
Wie wird der Klimawandel angesichts zeitlicher und räumlicher Komplexität und
diskursiver Einflüsse in der Laienöffentlichkeit rezipiert?
Mit der umweltsoziologischen Dissertation wird das Ziel verfolgt, das ‚Umweltbewusstsein des Klimawandels’ in der Laien-Bevölkerung zu analysieren. Dabei
wird der Einfluss des Klimadiskurses auf individuelles Klimabewusstsein und
auf individuelle Handlungsbereitschaft für Klimaschutz berücksichtigt. Auf der
Grundlage der gewählten theoretischen Ansätze und gemeinsam mit empirischen
Analysen kann so ein tieferes Verständnis über die Zusammenhänge zwischen
komplexen Umweltproblemen und der Laienwahrnehmung erlangt werden.
Es wird außerdem das Ziel verfolgt, gruppenspezifische Wahrnehmungsund Einstellungsmuster zu identifizieren, die sich entweder aus soziodemographischen Merkmalen, aus Lebensstilmerkmalen oder aus anderen, Theorie geleiteten Gruppenspezifikationen ableiten lassen.
Des Weiteren leistet die Arbeit einen Beitrag zur Aufklärung der individuellen Klimaschutzmotive und -hemmnisse. Zur Verbesserung der Umweltkommunikation können, gemäß der Zielsetzung sozial-ökologischer Forschung, daraus
Strategieempfehlungen für staatliche und nicht-staatliche politische Akteure
abgeleitet werden. Nicht zuletzt aufgrund der (nicht nur) in Deutschland steigenden Emissionsraten, vor allem in den Bereichen Privathaushalte und Verkehr
(Ziesing 2006), erhält die Arbeit einen praxisrelevanten Bezug. Die Ergebnisse
der Dissertationsschrift befördern Erkenntnisse darüber, unter welchen Voraussetzungen (freiwillige) Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden (können).
Hierzu ist es notwendig, die Wahrnehmung der Klimaproblematik als eine Voraussetzung von Bewusstseinsbildung und Handlungsintention von Laien zu begreifen.
1.2 Aufbau der Arbeit und Kapitelübersicht
Eine Annäherung an die Frage nach der Klimawahrnehmung in der Bevölkerung
macht zunächst die Darstellung des anthropogenen Klimawandels als globales
28
Einleitung
Umweltproblem notwendig. Im Rahmen einer problemorientierten Analyse wird
in Kapitel 2 (Der anthropogene Klimawandel als globales Umweltproblem) die
Spezifität der Klimaproblematik dargelegt. Anhand der zeitlich und räumlich
komplexen Ursachen- und Wirkungsdimensionen wird der Klimawandel als
Mehrebenenproblem beschrieben. Es wird dabei darauf hingewiesen, dass die
räumliche Nivellierung bei der Problembeschreibung die öffentliche Wahrnehmung beeinträchtigt. Des Weiteren wird der Klimawandel als gesellschaftlich
bearbeitetes Problem dargestellt. Ausgehend vom umfassenden Konzept nachhaltiger Entwicklung wird der Klimawandel ordnungspolitisch sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene bearbeitet. Dass die derzeit bestehenden
ordnungspolitischen Instrumente aber noch keinen ausreichenden Klimaschutz
gewährleisten, wird bei der Betrachtung weltweit steigender Emissionen deutlich. Aus einer problemorientierten Sichtweise kommt dem individuellen Klimabewusstsein, das eng an die Entstehung eines allgemeinen ‚globalen Umweltbewusstseins’ geknüpft ist, eine wesentliche Rolle zu. So wird auf den Zusammenhang zwischen nationalem und internationalem Klimadiskurs in Bezug auf die
Debatte um die ‚Grenzen des Wachstums’, angestoßen in den 1970er Jahren
durch Dennis Meadows, eingegangen. Dabei spielen in der internationalen Debatte um die Lösung des Klimaproblems normative Vorstellungen eine wichtige
Rolle, die zumeist entweder mit Suffizienz- oder technischen Effizienzlösungen
zusammenhängen.
Weiterhin werden in Kapitel 3 (Die soziale Konstruktion des Klimawandels)
die wichtigsten Diskursarenen (Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Medien und
Öffentlichkeit) innerhalb der Klimadiskussion betrachtet.
Zunächst veränderte sich der Diskurs parallel zum (natur-)wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn, aber auch durch bestehende Unsicherheiten über
sich verändernde Zusammenhänge zwischen Klimasystem und Gesellschaft.
Berücksichtigt werden Aspekte wie ordnungspolitische Verträge, aber auch politische Interessen und politischer (Un-)Wille zu handeln, Diskursmacht und die
Begrenztheit zivilgesellschaftlicher Einflussnahme über Interessenvertretungen
(NGOs). Darüber hinaus werden, von der ersten internationalen Umweltkonferenz über die Klimarahmenkonvention bis zu den jährlich stattfindenden Klimakonferenzen, die Eckpfeiler internationaler Klimapolitik und deren Bedeutung
für die öffentliche Bewusstseinsbildung dargestellt.
Der Rolle der Medien wird ein eigener Abschnitt gewidmet, da sie für die
öffentliche Wahrnehmung eine zentrale Doppelfunktion erfüllen: Wie in der
Arbeit gezeigt wird, sind sie nicht nur selbst Akteure im Klimadiskurs, sondern
stellen die relevanten Informationen über ihre Nachrichtenvermittlungsfunktion
überhaupt erst der Öffentlichkeit zur Verfügung; für die Bürgerinnen und Bürger
sind sie sogar die primäre Informationsvermittlungsinstanz. Gleichwohl geschieht dies auf dem bestehenden gesellschaftlichen Resonanzboden. Vor diesem
Hintergrund wird die soziale Konstruktion des Klimawandels in Bezug auf indi-
Aufbau der Arbeit und Kapitelübersicht
29
viduelle Wahrnehmung, Klimabewusstseinsbildung und entsprechende Handlungsintention herausgearbeitet.
In den folgenden Kapiteln wird die soziale Konstruktion des Klimawandels tiefergehend analysiert. In den Kapiteln 4 und 5 werden soziologische Gesellschaftstheorien zur Erklärung umweltspezifischer Einstellungen bezüglich der
zentralen Fragestellung und als Grundlage für die Hypothesengenerierung ausgewertet. Der Theorieauswertung wird sich dabei von zwei Seiten genähert:
Erstens wird in Kapitel 4 der Klimawandel als gesellschaftliches Problem beschrieben. Ansätze zur ökologischen Risikokommunikation geben dabei wichtige Anstöße. Die Unterscheidung zwischen Risiko und Gefahr wird unter konstruktivistischen Gesichtspunkten zwar als anregend, bezogen auf die Problembeschreibung des Klimawandels aber von der Autorin als unzureichend bewertet.
Unter modernisierungstheoretischer Sicht eignet sich zur Beschreibung des Klimawandels der von Beck geprägte Risikobegriff besser, der von selbst produzierten Gefahrenlagen und deren Zunahme als Folge der industriellen Risikogesellschaft ausgeht. Der weltumspannende Charakter des Klimawandels ordnet sich
zunächst einmal gut in diesen Ansatz ein. Doch muss dieses Verständnis modifiziert werden, um nicht lokale und regionale Unterschiede zu nivellieren. Letztlich eignet sich das Konzept der Gesellschaftlichen Naturverhältnisse am besten
für die Beschreibung des anthropogenen Klimawandels als komplexes Wechselspiel zwischen Natur und Gesellschaft und als Ergebnis einer tief greifenden
industriegesellschaftlichen Krise.
In Kapitel 5 werden zweitens aus einer handlungstheoretischen Perspektive
die individuellen Bestimmungsfaktoren der Wahrnehmung und Bewertung des
Klimawandels herausgearbeitet. Dafür werden umweltsoziologische und
-psychologische Theorieansätze als grundlegend erachtet. Diese werden in Hinblick auf kognitive, affektive und konative Faktoren des Umweltbewusstseins
ausgewertet. Weiterhin wird auf Diskrepanzen zwischen Einstellungen und Handeln verwiesen. Ebenso wie bei den Systemansätzen geht es darum, die für die o.
g. zentrale Fragestellung relevanten Aspekte herauszuarbeiten. Da individuelle
Einstellungen sozialisiert sind, sich also durch Interaktion mit anderen Menschen
strukturieren, wird der Klimawandel als kollektives Problem analysiert. Verschiedene Ansätze zur Allmende-Klemme, die für die Frage der Übernutzung
des Gemeinschaftsguts Erdatmosphäre anwendbar sind, werden hinsichtlich der
Theorie rationalen Handelns ausgewertet. Schließlich wird unter Bezugnahme
des Lebensstilansatzes nachgezeichnet, dass individuelle Überlegungen immer
auch im alltagsweltlichen Kontext des eigenen (klimaschädlichen) Lebensstils
stehen. In Kapitel 6 werden acht Arbeitshypothesen formuliert, die am empirischen Material überprüft werden.
Zur methodischen Umsetzung wird im empirischen Teil ein dreifaches Vorgehen gewählt (das Untersuchungsdesign wird in Kapitel 7 dargestellt): In Kapitel 8.1 werden erstens anhand von empirischen Studien Untersuchungsergebnisse
zur Laienwahrnehmung des Klimawandels ermittelt. Die Ergebnisse deutscher
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