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Mindestlohn – und mehr
Von Dr. Andreas Nadler
Zum Jahreswechsel tritt das am 03.07.2014 vom Bundestag beschlossene Mindestlohngesetz in Kraft.
Neben der – vermeintlich – klaren Regelung eines flächendeckenden Mindestlohns bringt das Mindestlohngesetz jedoch zahlreiche weitere Neuregelungen mit sich.
Ab dem 01.01.2015 gilt in Deutschland ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 €. Niedrigere Löhne
sind nach der Übergangsregelung des Mindestlohngesetzes ausnahmsweise noch bis zum 01.01.2017
möglich, allerdings nur durch eine Regelung in einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag oder mittels
einer Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Eine Mindestlohnkommission
soll erstmals zum 30.06.2016 mit Wirkung zum 01.01.2017 über eine Anpassung des Mindestlohns entscheiden, danach regelmäßig im Abstand von zwei Jahren.
Der Mindestlohn ist auf alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer anzuwenden. Nur vereinzelt sind
Ausnahmen vorgesehen. So haben prinzipiell auch Praktikanten Anspruch auf den Mindestlohn, wobei
Pflichtpraktika im Rahmen der Ausbildung unter bestimmten Voraussetzungen hiervon ausgenommen
sind. Auch Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung und Auszubildende, unabhängig vom Alter, werden vom Mindestlohngesetz nicht erfasst. Für ehrenamtlich Tätige besteht ebenfalls kein Mindestlohnanspruch und für Langzeitarbeitslose gilt der Mindestlohn erst nach einer Beschäftigungsdauer von sechs Monaten. Zeitungszusteller haben ab dem 01.01.2015 zunächst nur Anspruch
auf 75 Prozent, ab dem 01.01.2016 auf 85 Prozent und erst vom 01.01.2017 an vollen Anspruch auf
den Mindestlohn in Höhe von 8,50 €.
Je nach Vergütungsmodell ist zweifelhaft, welche Vergütungsbestandteile auf den Mindestlohn angerechnet werden dürfen. Das Gesetz spricht nur von einem Mindestlohn, der „brutto 8,50 Euro je Zeitstunde“ betrage und enthält keine Aussagen dazu, wie in Fällen zu verfahren ist, in denen nicht nach
Zeitstunden abgerechnet wird (z.B. Stück- und Akkordlöhne) oder wie andere Lohnbestandteile (z.B. Zulagen, Sonderzahlungen, Provisionen, sonstige variable Vergütung) zu berücksichtigen sind. Diese Fragen
wird die Praxis zu klären haben.
Der Mindestlohn muss spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat folgt, in
dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, ausgezahlt werden. Besonderheiten gelten jedoch bei der Vereinbarung von Arbeitszeitkonten.
Eine Unterschreitung des Mindestlohns hat jedoch nicht nur Ansprüche des Arbeitnehmers zur Folge. Es
handelt sich auch um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 € belegt
werden kann. Die Zollbehörden werden die Einhaltung des Mindestlohngesetzes überprüfen. Diese überwachen auch die Einhaltung weiterer, durch das Mindestlohngesetz eingeführter Pflichten.
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Zunächst führt das Mindestlohngesetz neue Dokumentationspflichten hinsichtlich der Arbeitszeit ein.
Dies betrifft zum einen alle Minijobs mit Ausnahme von solchen in Privathaushalten und zum anderen
Arbeitsverhältnisse in für Schwarzarbeit besonders anfälligen, in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz
genannten Branchen – bei letzteren auch für Leiharbeitnehmer. Für diese Arbeitnehmer müssen fortan
Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit spätestens sieben Tage nach der Arbeitsleistung aufgezeichnet und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden. Werden diese Aufzeichnungen nicht rechtzeitig erstellt oder nicht hinreichend lange aufbewahrt, droht bei einer Prüfung
durch die Zollbehörden ein Bußgeld von bis zu 30.000 €.
Weitergehende Meldepflichten bestehen in den in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten
Branchen für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland oder Arbeitgeber mit Sitz im Inland, die Leiharbeitnehmer
aus dem Ausland beschäftigen. Vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung müssen solche Arbeitgeber
den Zollbehörden die Vor- und Zunamen und das Geburtsdatum sämtlicher eingesetzter Arbeitnehmer
und den Beginn, die voraussichtliche Dauer und den Ort der Beschäftigung mitteilen. Ferner haben sie
den Ort im Inland, an dem die Unterlagen zur Dokumentation der Arbeitszeit bereitgehalten werden und
den Vor- und Zunamen sowie das Geburtsdatum und die Anschrift in Deutschland der oder des verantwortlich Handelnden zu melden. Arbeitgeber mit Sitz im Ausland müssen versichern, dass sie das Mindestlohngesetz einhalten. Arbeitgeber mit Sitz im Inland, die Leiharbeitnehmer aus dem Ausland beschäftigen, müssen eine Versicherung des Verleihers beifügen, dass dieser das Mindestlohngesetz einhält. Verstöße gegen diese Meldepflichten können ebenfalls mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 € geahndet
werden.
Gravierende Folgen hat das Gesetz jedoch nicht nur für Unternehmen im Hinblick auf ihre eigenen Mitarbeiter. Vielmehr haftet ein Unternehmen auch für die Mindestlohnansprüche der Arbeitnehmer der von
ihm beauftragten Unternehmen. Es bestünden dann allenfalls Regressansprüche gegen den eigentlichen
Arbeitgeber. Insbesondere bei längeren Leistungsketten drohen somit erhebliche Haftungsrisiken, da die
Haftung für sämtliche Mitarbeiter aller Subunternehmer und auch deren Subunternehmer sowie der von
Nachunternehmern beauftragten Verleihunternehmen besteht. Diese Haftung besteht verschuldensunabhängig und kann nicht ausgeschlossen werden. Absichern lässt sich dieses Risiko nur durch eine entsprechende Vertragsgestaltung mit den Nachunternehmern.
Insgesamt lässt sich das neue Mindestlohngesetz demnach nicht auf die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns reduzieren. Leider bleibt das Gesetz in einigen Fragen eine Antwort schuldig und hinterlässt eine gewisse Rechtsunsicherheit. In jedem Falle bringt es eine Fülle neuer Pflichten mit sich, die
es ab dem 01.01.2015 zu beachten gilt.
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Dr. Andreas Nadler
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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