5.4 Quantenfeldtheorie Zur Beschreibung der optischen Eigenschaften von Festkörpern, Flüssigkeiten, Atomen und Molekülen hat man es mit geladenen Massenpunkten d.h. Elektronen und Atomkernen zu tun, die mit elektromagnetischen Feldern in Wechselwirkung stehen. Zum Verständnis vieler optischer Eigenschaften wird es nötig, auch die elektromagnetischen Felder zu quantisieren. Die Vorgehensweise ist dabei die gleiche wie bei der Quantisierung der Punktmechanik, indem neben der Lagrange-Funktion eine Hamilton-Funktion gebildet wird, und zu den kanonisch konjugierten Koordinaten selbstadjungierte Operatoren eingeführt werden, die bestimmten Vertauschungsrelationen gehorchen. Dieser Weg sei deshalb hier kurz skizziert. Hat man in der klassischen Mechanik ein System von Massenpunkten, welches durch generalisierte Lagekoordinaten qk und Geschwindigkeitskoordinaten q̇k bestimmt ist, so ergibt sich die Bewegungsgleichung nach dem Variationsprinzip aus der Variation des Wirkungsintegrals mit der Lagrange-Funktion L(qk , q̇k , t) = T (qk , q̇k , t) − V (qk , t) aus kinetischer Energie T und potenzieller Energie V Z t2 δ L(qk , q̇k , t′ ) dt′ = 0, t1 wobei die qk (t) mit den Nebenbedingungen δqk (t1 ) = 0 = δqk (t2 ) zu variieren sind. Die Variationsableitung oder Funktionalableitung dieses Funktionals ergibt dann die Euler-Lagrange-Gleichungen: δ δqk (t) Z t2 t1 L(qk , q̇k , t′ ) dt′ = 0 =⇒ ∂L d ∂L − = 0. ∂qk dt ∂ q̇k Funktionalableitung oder Variationsableitung F Sei r ∈ R3 , ϕ(r) ∈ RN , F ∈ C, dann heißt ϕ(r)−→C bzw. F[ϕ] ein Funktional von ϕ. Wenn für η(r) ∈ RN und α ∈ R für ein gegebenes Funktional F[ϕ + αη] die Ableitung nach α existiert und sich in der Form Z X N δF[ϕ] d F[ϕ + αη] = ηk (r) d3r dα δϕk (r) α=0 V k=1 schreiben läßt, dann heißt δF[ϕ] Funktionalableitung des Funktionals F[ϕ]. δϕk (r) Definiert man die kanonisch konjugierten Impulskoordinaten pk = Hamilton-Funktion mithilfe einer Legendre-Transformation H(qk , pk , t) = X pk q̇k − L(qk , q̇k , t) k und den Hamilton-Gleichungen q̇k = ∂H ∂pk die Bewegungsgleichung ebenfalls bestimmen. und ṗk = − ∂H ∂qk ∂L , so kann man aus der ∂ q̇k Der Übergang zur Quantenmechanik besteht nun darin, zu den kanonisch konjugierten Koordianten qk , pk selbstadjungierte Operatoren in einem Hilbert-Raum einzuführen, die den Vertauschungsrelationen [pk , ql ] = h̄ δkl 1 i ; [qk , ql ] = 0 = [pk , pl ] genügen. Die Zeitabhängigkeit der Operatoren A(qk , pk , t), die Observablen zugeordnet sind, ist dann gegeben durch − h̄ ∂A h̄ dA = [A, H] − . i dt i ∂t Zur Quantisierung von Feldern gehen wir von einem System von endlich vielen Feldern ψν (r, t) mit ν = 1, 2, . . . n aus, mit den unabhängigen Variablen des Ortsraumes r = (x1 , x2 , x3 ) und der Zeit t. Diese Felder mögen die Lösungen eines Systems von Differenzialgleichungen sein, die sich aus einem Funktional der Lagrange-Funktion mit einem Variationsprinzip ergeben. Die Variation des Wirkungsintegrals muss hier bezüglich der Felder ψν (r, t) mit vier unabhängigen Variablen geschehen, so dass die Lagrange-Funktion L aus einer Lagrange-Dichte L gemäß δ Z t2 L dt = 0 t1 mit L = Z L d3r und L = L(ψν , ψν|k , ψ̇ν , t) zu bestimmen ist, die von den ψν , den ψ̇ν und außerdem noch von den partiellen Ableitungen nach ∂ψν den Ortskoordinaten ψν|k = abhängen kann. ∂xk Die Variation der ψν (r, t) soll dabei an den Integrationsgrenzen |r| → ∞ und t = t1 , t2 verschwinden. Dann ergibt die Variation des Wirkungsintegrals δ δψν (r, t) Z t2 t1 dt′ Z d3r′ L(ψν , ψν|k , ψ̇ν , t′ ) = 0 die Euler-Lagrange-Gleichungen für Felder ψν (r, t) für ν = 1, 2, . . . n 3 X ∂ ∂L ∂L ∂ ∂L − = 0, − ∂ψν ∂xk ∂ψν|k ∂t ∂ ψ̇ν k=1 die zu den Ausgangsgleichungen führen. Zur Quantisierung werden zunächst kanonisch konjugierte Impulsfelder πν (r, t) und eine von den ψ̇ν unabhängige Energiedichte D mithilfe einer Legendre-Transformation eingeführt ∂L πν (r, t) = ∂ ψ̇ν und D(ψν , ψν|k , πν , πν|k , t) = n X πν ψ̇ν − L ν=1 und das von den ψ̇ν unabhängige Energiefunktional Z H = D(ψν , ψν|k , πν , πν|k , t) d3r. mit ∂D = 0, ∂ ψ̇ν Aus der Variation des Energiefunktionals H(ψν , πν ) = Z hX i πν ψ̇ν − L(ψν , ψν|k , ψ̇ν , t) d3r ν n X δH ν=1 δH δψν + δπν δψν δπν erhält man wegen − n X δL − = δψν + ψ̇ν δπν δψ ν ν=1 3 und X ∂ ∂L δL ∂L ∂ ∂L = − = δψν ∂ψν ∂xk ψν|k ∂t ∂ ψ̇ν k=1 δH ∂ δL ∂ δL = πν die Hamiltonschen Gleichungen für Felder = = δψν δψν ∂t δ ψ̇ν ∂t 3 X ∂ ∂D δH ∂D ∂ψν = = − ∂t δπν ∂πν ∂xk ∂πν|k 3 X ∂ ∂D δH ∂πν ∂D = − . = − ∂t δψν ∂ψν ∂xk ∂ψν|k und k=1 k=1 Der Übergang von der klassischen Feldtheorie zu einer Quantenfeldtheorie wird dadurch vorgenommen, dass die kanonisch konjugierten Felder zu Feldoperatoren ψν (r, t) −→ ψ̂ν (r, t) und πν (r, t) −→ π̂ν (r, t) und H −→ Ĥ werden, die den Vertauschungsrelationen für Bosonen h̄ π̂ν (r, t), ψ̂µ (r′ , t) = δνµ δ(r − r′ )1 i und π̂ν (r, t), π̂µ (r′ , t) = 0 = ψ̂ν (r, t), ψ̂µ (r′ , t) genügen sollen. Die zeitliche Änderung der Feldoperatoren ergibt sich bei Heisenberg-Operatoren − h̄ ∂ ψ̂ν = [ψ̂ν , Ĥ] und i ∂t − h̄ ∂ π̂ν = [π̂ν , Ĥ]. i ∂t