Institut für Stochastik Prof. Dr. G. Last · Dipl.-Math. F. Gieringer Stochastische Geometrie WS 2014/2015 Übungsblatt 11 Aufgabe 11.1: Geometrische Dichten des Booleschen Modells Es sei Z ein isotropes Boolesches Modell in R3 mit Intensität γ > 0 und auf K0 konzentrierter Kornverteilung Q. (a) Bestimmen Sie die Dichten δ0 , . . . , δ3 in Abhängigkeit von γ0 , . . . , γ3 . (b) Es sei δ0 = 0.34, δ1 = 0.1, δ2 = 0.11, δ3 = 0.52. Bestimmen Sie die Intensität γ. R (c) Nun sei Q(·) = 1{ϑM ∈ ·}ν(dϑ) für ein M ∈ K0 , wobei ν das eindeutige haarsche WahrSO3 scheinlichkeitsmaß auf SO3 ist. Bestimmen Sie mit δ0 = 10, δ1 = 20, δ2 = 0, δ3 = 0, die Intensität γ. Was können Sie aus diesen Werten bezüglich M folgern? Lösung: (a) Aus Theorem 5.4.1 und der Formel für δ3 unmittelbar davor ergeben sich δ3 = 1 − e−γ3 , δ2 = e−γ3 γ2 , h π i δ1 = e−γ3 γ1 − γ22 , 8 1 π 3 −γ3 δ0 = e γ0 − γ1 γ2 + γ2 . 2 48 (b) Wegen den Formeln aus Teil (a) gilt γ3 = − ln(1 − δ3 ), δ2 γ2 = , 1 − δ3 2 δ1 π δ2 γ1 = + , 1 − δ3 8 1 − δ3 δ0 1 γ0 = + 1 − δ3 2 π δ1 + 1 − δ3 8 δ2 1 − δ3 2 ! π δ2 − 1 − δ3 48 δ2 1 − δ3 Mit γ0 = γE[V0 (Z0 )] = γE[1] = γ erhalten wir für die vorgegebenen Werte γ ≈ 0,73. 1 3 . (c) Aus den Formeln in Teil (a) kann man leicht die folgenden Werte ablesen: γ3 = 0, γ2 = 0, γ1 = 20, γ0 = 10. Wegen der Rotationsinvarianz der inneren Volumina gilt Z Z γi = γ Vi (K)Q(dK) = γ Vi (ϑM )ν(dϑ) = γVi (M ). K0 SO(3) Mit γ0 = γ folgt V3 (M ) = 0, V2 (M ) = 0, V1 (M ) = 2, γ = 10. Dann muss M = [−e, e] für ein e ∈ S 2 gelten. Aufgabe 11.2: Orthogonale Projektion Es seien d ∈ N, m ∈ {0, . . . , d} und f : Kd → R messbar. Zeigen Sie Z Z ⊥ f (K|L) νm (dL), f (K|L ) νd−m (dL) = G(d,m) G(d,d−m) wobei K|L (bzw. K|L⊥ ) die orthogonale Projektion auf L (bzw. L⊥ ) sei. Insbesondere gilt die letzte Gleichung in Bem. 5.3.21. Lösung: Nach Gleichung (5.3.4) gelten mit einem festen Ld−m ∈ G(d, d − m) Z Z ⊥ f (K|L ) νd−m (dL) = f K|(ϑLd−m )⊥ ν(dϑ) G(d,d−m) SOd und wegen L⊥ d−m ∈ G(d, m) Z Z f (K|L) νm (dL) = G(d,m) f (K|ϑ(L⊥ d−m )) ν(dϑ). SOd Also genügt es zu zeigen (ϑL)⊥ = ϑ(L⊥ ) für alle ϑ ∈ SOd , L ∈ G(d, d − m). Sei y ∈ ϑ(L⊥ ) und z ∈ L⊥ mit y = ϑz. Für alle x ∈ L gilt wegen ϑ ∈ SOd < y, ϑx > = < ϑz, ϑx > = < z, x > = 0, also y ∈ (ϑL)⊥ . Sei umgekehrt y ∈ (ϑL)⊥ . Dann gilt für alle x ∈ L: < y, ϑx > = 0, also < ϑ−1 y, ϑ−1 ϑx > = 0, folglich ϑ−1 y ∈ L⊥ und damit y ∈ ϑ(L⊥ ). Aufgabe 11.3: Erwartungstreue Schätzer Es sei K ∈ K3 mit K ⊂ [0, 1]3 und X1 eine zufällige Gerade in [0, 1]3 , definiert wie in Aufgabe 10.1. Nehmen Sie an, Sie können für Realisierungen X1 (ω) der zufälligen Gerade feststellen, ob der Schnitt X1 (ω) ∩ K leer ist und außerdem die Länge von X1 (ω) ∩ K bestimmen. Entwerfen Sie nun erwartungstreue Schätzer für die Oberfläche und das Volumen von K. 2 Lösung: Da µ1 ( · ∩ A[0,1]3 ) die Verteilung von X1 ist und K ⊂ [0, 1]3 , gilt µ1 (A[0,1]3 ) R Vj (K ∩ E1 )µ1 (dE1 ) c1,2+j A(3,1) j,3 V2+j (K) E[Vj (K ∩ X1 )] = R , = 3 3 V0 ([0, 1] ∩ E1 )µ1 (dE1 ) c1,2 0,3 V2 ([0, 1] ) A(3,1) wobei letztere Gleichung durch zweimalige Anwendung der Crofton-Formel folgt. Es gilt also V2+j (K) = c1,2 0,3 c1,2+j j,3 V2 ([0, 1]3 )E[Vj (K ∩ X1 )] = 2πj!κj E[3Vj (K ∩ X1 )] (2 + j)!κ2+j Setzt man j = 0 ein, so erhält man mit Vb2 (K) := 3V0 (K ∩ X1 ) einen erwartungstreuen Schätzer für V2 (K) und für j = 1 erhält man mit 3 Vb3 (K) := V1 (K ∩ X1 ) 2 einen erwartungstreuen Schätzer für das Volumen von K. Aufgabe 11.4: Folgern Sie die Steinersche Formel aus der kinematischen Hauptformel. Lösung: Es sei K ∈ K0 , > 0, M = B d und j = 0. Wir betrachten zunächst die linke Seite der kinematischen Hauptformel (Thm. 5.3.25). Es gilt mit der Zerlegung des invarianten Maßes µ wie im Beweis von Thm. 5.3.16 und der Rotationsinvarianz von B d Z Z Z d V0 (K ∩ g(B ))µ(dg) = V0 (K ∩ (ϑ(B d ) + x))ν(dϑ)dx Gd Rd SOd Z = Rd 1{(K ∩ (B d + x) 6= ∅}dx = Vd (K + B d ). | {z } ⇔x∈K+B d Andererseits gilt für die rechte Seite der kinematischen Hauptformel mit der Formel aus Aufg. 7.4 für die inneren Volumina von B d d X k,d−k c0,d Vk (K)Vd−k (B d ) = k=0 = d X k=0 d X k=0 = d X ck,d−k Vk (K)d−k Vd−k (B d ) 0,d k!κk (d − k)!κd−k d κd Vk (K)d−k d!κd k κk κd−k Vk (K)d−k . k=0 3