Zwangshandlungen und IGeL - NAV-Virchow-Bund

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A b r e c h n u n g s t i p p s IG e L
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der niedergelassene arzt 3/2011
Hausarzt oft erste Anlaufstelle
Zwangshandlungen und IGeL
Obwohl primär Hausärzte von ­Patienten
mit Angstbeschwerden auf­
gesucht
werden und diese dabei ­selektieren
müssen, ob eine zu Lasten­der GKV
behandlungsbedürftige ­Erkrankung
vorliegt oder ob IGeL ange­bracht sind,
erbringen Hausärzte im Vergleich zu
anderen Facharztgruppen relativ w
­ enig
IGeL. Dabei sind gerade viele von den
in der täglichen Hausarzt­praxis vorgetragenen Beschwerden und Symptome
keiner Behandlung mittels GKV-Leistungen zugänglich, weil keine zu Lasten­
der GKV behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegt. Die Entscheidung,
ob GKV oder IGeL, ist auch bei Zwangshandlungen zu treffen,­deretwegen
Hausärzte regelmäßig konsultiert werden. der niedergelassene arzt gibt Hinweise zur Abrechnung als IGeL.
F
ür ein gepflegtes Erscheinungsbild ist
zweifellos ein gewisser Zeitaufwand
­erforderlich. Es gibt aber Menschen, die
für die täglichen Reinigungsprozeduren
mehrere Stunden benötigen.
Nach Einschätzung der Deutschen
­Gesellschaft für Zwangserkrankungen sind
etwa ein bis zwei Millionen Menschen in
Deutschland von Zwangserkrankungen
betroffen. Ob lediglich ein gesteigertes
Reinlichkeitsbedürfnis oder ein krank­
haftes ­Ritual vorliegt, ist unter Umstän­
den schwierig festzustellen, da nahezu
­jeder Mensch im täglichen Leben gewissen
Zwängen folgt, die Übergänge vom Nor­
malen zu krankhaften Zwangshandlungen
sind fließend.
So ist es durchaus als „normal“ anzu­
sehen, wenn jemand nach Verlassen der
Wohnung noch einmal zurückgeht um
nachzusehen, ob das Licht tatsächlich aus­
geschaltet ist. Werden derartige Überprü­
fungen aber e­ tliche Male hintereinander
durchgeführt, kann eine Zwangshandlung
vorliegen.
Verbreitet sind auch „Zwangsgedanken“.
Manche Patienten leiden unter der zwang­
haften Angst, an einer (bösartigen) Erkran­
kung zu leiden, ohne dass es dafür Anzei­
chen oder Symptome gibt. Auch ­solche
Patienten suchen zumeist primär i­hren
Hausarzt auf. Die Ursachen für Zwangs­
störungen sind nicht bekannt, diskutiert
werden auch genetische Komponenten,
was daraus ­geschlossen wird, dass Zwangs­
erkrankungen in bestimmten Familien
­gehäuft auftreten.
Viele Patienten merken zwar, dass sie
unter Zwängen leiden, können sich aber
aus eigener Kraft nicht davon befreien.
Der Umgebung gegenüber bestehen häufig
Hemmungen, Zwangshandlungen einzuge­
stehen. Konsultiert wird dann der Hausarzt.
Abgrenzung GKV und IGeL
Die Erstvorstellung von Patienten mit
Zwangshandlungen sollte über die
Kranken­versichertenkarte abgerechnet
werden, da die Patienten von einer Erkran­
kung ausgehen. Als Schnittstelle, ob die
weitere Diagnostik und Behandlung als
GKV-Leistung oder als IGeL einzustufen
ist, könnte eine erforderliche Überweisung
zum Nervenarzt angesehen werden, der
dann seinerseits entscheiden muss, welcher
Kategorie die Symptome zuzuordnen sind.
Zwangshandlungen und IGeL
Bei den meisten Patienten werden die
Zwangsstörungen als „normal“ einzu­stufen
sein, wobei dann zu verdeutlichen ist, dass
eine Behandlung zulasten der Gesetzlichen
Krankenkassen nicht erfolgen kann.
Die Behandlung als IGeL wird in der
Regel mit einer Beratung beginnen, was
gegen die Zwangsstörung unternommen
werden kann. Im Rahmen einer Behand­
lung können Einzel- oder auch Gruppen­
behandlungen angezeigt sein. Patienten
mit Zwangshandlungen haben in der Regel
Hemmungen, ihre „Störungen“ gegenüber
Wichtig
Zwangshandlungen
• Erstuntersuchung beim Hausarzt als
GKV-Leistung über die Krankenversichertenkarte abrechnen
• Schwere Fälle von Zwangshandlungen
zum Nervenarzt überweisen, der seinerseits entscheiden soll, ob eine Behandlung zulasten der GKV oder als IGeL
vorzunehmen ist
• Beratung: Nr. 1 GOÄ, 80 Punkte,
10,72 Euro (2,3-fach); längere Beratung,
mindestens zehn Minuten, Nr. 3 GOÄ,
150 Punkte, 20,11 Euro (2,3-fach)
• Nr. 846 GOÄ: Übende Verfahren,
mindestens 20 Minuten, 150 Punkte,
20,11 Euro­ (2,3-fach)
• Nr. 847 GOÄ: Übende Verfahren, Gruppenbehandlung, mindestens 20 Minuten, bis zu zwölf Teilnehmer, 45 Punkte
je Teilnehmer, 6,03 Euro (2,3-fach)
• Nr. 849 GOÄ: Psychotherapeutische
Einzelbehandlung, mindestens
20 ­Minuten, 230 Punkte, 30,83 Euro
(2,3-fach)
• Nr. 870 GOÄ: Verhaltenstherapie,
mindestens 50 Minuten, 750 Punkte,
100,55 Euro (2,3-fach)
der Umgebung einzuräumen, weshalb
Gruppenbehandlungen besonders hilfreich
sein können.
Ist eine medikamentöse Therapie erfor­
derlich, dürfte es sich um eine krankhafte
Erscheinung der Zwangsstörung handeln,
die Anzeichen eines „Wahns“ aufweisen
kann. Wird der Einsatz von Medikamen­
ten erforderlich, kann dies als Schnittstelle
dafür angesehen werden, dass die Behand­
lung der Zwangsstörung als GKV-Leistung
erfolgen sollte.
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