A b r e c h n u n g s t i p p s IG e L 34 der niedergelassene arzt 2/2013 Primär wird der Hausarzt konsultiert Zwangsstörungen Bei Zwangsstörungen drängen sich den Betroffenen unwillkürlich und gegen deren Willen ständig Zwangshandlungen auf, von denen sie aus eigener Kraft zumeist nicht ablassen können. Erste Anlaufstelle ist in der Regel der Hausarzt. der niedergelassene arzt gibt Hinweise zur Abrechnung als IGeL. Z wangshandlungen sind mannigfaltig. Milde Zwänge, wie zum Beispiel ein Sammelzwang, können sich in das normale Leben eingliedern, ohne dass dies von dem Patienten oder seiner Umgebung als unangenehm empfunden ist. In Extremfällen können Zwangshandlungen so ausgeprägt sein, dass es für die Betroffenen kaum möglich ist, ihrer Arbeit ohne Beeinträchtigung nachzugehen oder gar das Haus zu verlassen. Das kann zum Beispiel bei einem ausgeprägten Kontrollzwang der Fall sein, bei dem ständig die bereits verschlossene Haustür kontrolliert wird oder bei einem Putzzwang mit unablässigem Putzen der Fliesen. Bei anderen Zwängen, so zum Beispiel bei einer Kleptomanie, können sogar Konflikte mit dem Gesetz resultieren. Was ist eine Zwangshandlung? Unter auf den ersten Blick harmlosen Zwängen leiden mehr Menschen als man annimmt. So ist zum Beispiel für ein gepflegtes Erscheinungsbild ein gewisser Zeitaufwand erforderlich. Manche Menschen benötigen allerdings für die täglichen Reinigungsprozeduren mehrere Stunden und empfinden dies als Zwangshandlung. Nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Zwangserkrankungen sind etwa eine bis zwei Millionen Menschen in Deutschland von Zwangserkrankungen, betroffen. Ob lediglich ein gesteigertes Reinlichkeitsbedürfnis oder ein krankhaftes Ritual vorliegt, ist unter Umständen schwierig zu unterscheiden, da nahezu jeder Mensch im täglichen Leben gewissen Zwängen folgt. Als normal ist es anzusehen, wenn jemand nach Verlassen der Wohnung zurückgeht, um nachzusehen, ob das Licht ausgeschaltet, die Tür verschlossen ist und so weiter. Bei etlichen Wiederholungen derartiger Überprüfungen ist allerdings von einer Zwangshandlung auszugehen. Auch Zwangsgedanken sind verbreitet. So leiden manche Patienten unter der zwanghaften Angst, an einer (bösartigen) Erkrankung zu leiden, ohne dass dafür Anzeichen oder Symptome vorliegen. Ursachen für Zwangsstörungen sind nicht bekannt, erörtert werden auch genetische Komponenten, was daraus geschlossen wird, dass Zwangserkrankungen in bestimmten Familien gehäuft vorkommen. Viele Patienten stellen bei sich selbst fest, dass sie unter Zwängen leiden, können sich aber aus eigener Kraft nicht davon befreien, weshalb dann auch der Hausarzt konsultiert wird. Wichtig • Erstkonsultation über die Krankenversichertenkarte abrechnen und Schweregrad der Zwangsstörung klären • Bei Zwangsstörungen ohne Krankheitswert Abrechnung als IGeL • Nr. 1 GOÄ, Beratung, 80 Punkte, 10,72 Euro (2,3-fach) • Nr. 3 GOÄ, Längere Beratung, 10 Minuten, 20,11 Euro (2,3-fach) • Psychotherapeutische Behandlung, Nr. 849 GOÄ, 20 Minuten, 30,83 Euro (2,3-fach) • Übende Verfahren, Nr. 846 GOÄ, mindestens 20 Minuten, 20,11 Euro (2,3-fach), Durchführung ggf. delegierbar • Übende Verfahren, Gruppenbehandlung, mindestens 20 Minuten, Nr. 847 GOÄ, bis zu 12 Teilnehmern, 6,03 Euro je Teilnehmer (2,3-fach) • Verhaltenstherapie, 50 Minuten, Nr. 870 GOÄ, 100,55 Euro (2,3-fach) IGeL oder GKV Bei Patienten mit Zwangshandlungen sollte die Erstvorstellung über die Krankenversichertenkarte abgerechnet werden. Als Kriterium, ob eine weitere Diagnostik und Behandlung zu Lasten der GKV erfolgen soll, könnte eine erforderliche Überweisung zum Nervenarzt beziehungsweise zu einem Psychotherapeuten angesehen werden, der dann seinerseits klären muss, ob es sich um eine als Krankheit einzustufende Zwangshandlung handelt. Zumeist sind Zwangshandlungen nur für die Betroffenen und gegebenenfalls deren Umgebung störend und ohne Krankheitswert. In der Regel wird zunächst eine Beratung erfolgen, was gegen die Zwangsstörungen unternommen werden kann, danach Einzel- oder Gruppenbehandlungen. Patienten mit Zwangshandlungen haben Hemmungen, ihre „Störungen“ gegenüber der Umgebung einzuräumen, weshalb Gruppenbehandlungen hilfreich sein können. Ist eine medikamentöse Therapie erforderlich, kann dies als Schnittstelle dafür angesehen werden, dass die Zwangsstörung Anzeichen eines „Wahns“ beinhaltet, dann sollte zu einer GKV-Behandlung übergeleitet werden. Die Behandlung von Zwangshandlungen kann für den Hausarzt eine interessante Ergänzung des IGeL-Spektrums darstellen, zur Durchführung sind keine Investitionen erforderlich. Um Patienten die Hemmungen zu nehmen, sich gegenüber dem Arzt bezüglich ihrer Zwangshandlungen zu äußern, kann im Wartezimmer durch Informationsmaterial darauf hingewiesen werden, dass Behandlungen bei Zwangshandlungen in der Praxis erbracht werden. Alle Tipps mit Stichwort-Suchfunktion und Archiv finden Sie auch unter www.abrechnungstipps.de – kostenlos!