Zwangsstörungen - NAV-Virchow-Bund

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A b r e c h n u n g s t i p p s IG e L
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der niedergelassene arzt 2/2013
Primär wird der Hausarzt konsultiert
Zwangsstörungen
Bei Zwangsstörungen drängen sich den
Betroffenen unwillkürlich und gegen
deren Willen ständig Zwangshandlungen auf, von denen sie aus eigener Kraft
zumeist nicht ablassen können. Erste
Anlaufstelle ist in der Regel der Hausarzt. der niedergelassene arzt gibt Hinweise zur Abrechnung als IGeL.
Z
wangshandlungen sind mannigfaltig.
Milde Zwänge, wie zum Beispiel ein
Sammelzwang, können sich in das normale
Leben eingliedern, ohne dass dies von dem
Patienten oder seiner Umgebung als unangenehm empfunden ist. In Extremfällen
können Zwangshandlungen so ausgeprägt
sein, dass es für die Betroffenen kaum möglich ist, ihrer Arbeit ohne Beeinträchtigung
nachzugehen oder gar das Haus zu verlassen. Das kann zum Beispiel bei einem ausgeprägten Kontrollzwang der Fall sein, bei
dem ständig die bereits verschlossene
Haustür kontrolliert wird oder bei einem
Putzzwang mit unablässigem Putzen der
Fliesen. Bei anderen Zwängen, so zum Beispiel bei einer Kleptomanie, können sogar
Konflikte mit dem Gesetz resultieren.
Was ist eine Zwangshandlung?
Unter auf den ersten Blick harmlosen
Zwängen leiden mehr Menschen als man
annimmt. So ist zum Beispiel für ein
gepflegtes Erscheinungsbild ein gewisser
Zeitaufwand erforderlich. Manche Menschen benötigen allerdings für die täglichen Reinigungsprozeduren mehrere
Stunden und empfinden dies als Zwangshandlung.
Nach Einschätzung der Deutschen
Gesellschaft für Zwangserkrankungen sind
etwa eine bis zwei Millionen Menschen in
Deutschland von Zwangserkrankungen,
betroffen. Ob lediglich ein gesteigertes
Reinlichkeitsbedürfnis oder ein krankhaftes Ritual vorliegt, ist unter Umständen
schwierig zu unterscheiden, da nahezu
jeder Mensch im täglichen Leben gewissen
Zwängen folgt.
Als normal ist es anzusehen, wenn
jemand nach Verlassen der Wohnung
zurückgeht, um nachzusehen, ob das Licht
ausgeschaltet, die Tür verschlossen ist und
so weiter. Bei etlichen Wiederholungen derartiger Überprüfungen ist allerdings von
einer Zwangshandlung auszugehen.
Auch Zwangsgedanken sind verbreitet.
So leiden manche Patienten unter der zwanghaften Angst, an einer (bösartigen) Erkrankung zu leiden, ohne dass dafür Anzeichen
oder Symptome vorliegen. Ursachen für
Zwangsstörungen sind nicht bekannt, erörtert werden auch genetische Komponenten,
was daraus geschlossen wird, dass Zwangserkrankungen in bestimmten Familien
gehäuft vorkommen. Viele Patienten stellen
bei sich selbst fest, dass sie unter Zwängen
leiden, können sich aber aus eigener Kraft
nicht davon befreien, weshalb dann auch der
Hausarzt konsultiert wird.
Wichtig
• Erstkonsultation über die Krankenversichertenkarte abrechnen und Schweregrad der Zwangsstörung klären
• Bei Zwangsstörungen ohne Krankheitswert Abrechnung als IGeL
• Nr. 1 GOÄ, Beratung, 80 Punkte,
10,72 Euro (2,3-fach)
• Nr. 3 GOÄ, Längere Beratung,
10 Minuten, 20,11 Euro (2,3-fach)
• Psychotherapeutische Behandlung,
Nr. 849 GOÄ, 20 Minuten, 30,83 Euro
(2,3-fach)
• Übende Verfahren, Nr. 846 GOÄ, mindestens 20 Minuten, 20,11 Euro (2,3-fach),
Durchführung ggf. delegierbar
• Übende Verfahren, Gruppenbehandlung, mindestens 20 Minuten,
Nr. 847 GOÄ, bis zu 12 Teilnehmern,
6,03 Euro je Teilnehmer (2,3-fach)
• Verhaltenstherapie, 50 Minuten,
Nr. 870 GOÄ, 100,55 Euro (2,3-fach)
IGeL oder GKV
Bei Patienten mit Zwangshandlungen sollte
die Erstvorstellung über die Krankenversichertenkarte abgerechnet werden. Als Kriterium, ob eine weitere Diagnostik und
Behandlung zu Lasten der GKV erfolgen
soll, könnte eine erforderliche Überweisung
zum Nervenarzt beziehungsweise zu einem
Psychotherapeuten angesehen werden, der
dann seinerseits klären muss, ob es sich um
eine als Krankheit einzustufende Zwangshandlung handelt. Zumeist sind Zwangshandlungen nur für die Betroffenen und
gegebenenfalls deren Umgebung störend
und ohne Krankheitswert. In der Regel wird
zunächst eine Beratung erfolgen, was gegen
die Zwangsstörungen unternommen werden kann, danach Einzel- oder Gruppenbehandlungen. Patienten mit Zwangshandlungen haben Hemmungen, ihre
„Störungen“ gegenüber der Umgebung einzuräumen, weshalb Gruppenbehandlungen
hilfreich sein können.
Ist eine medikamentöse Therapie erforderlich, kann dies als Schnittstelle dafür
angesehen werden, dass die Zwangsstörung
Anzeichen eines „Wahns“ beinhaltet, dann
sollte zu einer GKV-Behandlung übergeleitet werden.
Die Behandlung von Zwangshandlungen kann für den Hausarzt eine interessante
Ergänzung des IGeL-Spektrums darstellen,
zur Durchführung sind keine Investitionen
erforderlich. Um Patienten die Hemmungen zu nehmen, sich gegenüber dem Arzt
bezüglich ihrer Zwangshandlungen zu
äußern, kann im Wartezimmer durch
Informationsmaterial darauf hingewiesen
werden, dass Behandlungen bei Zwangshandlungen in der Praxis erbracht werden.
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