Ganzheitsmedizin P eer Review

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Schweizerische Zeitschrift für
Ganzheitsmedizin
Swiss Journal of Integrative Medicine
Essay
Schweiz Z Ganzheitsmed 2014;26:364–367
DOI: 10.1159/000367795
Online publiziert: November 7, 2014
Maca: Superfood, Aphrodisiakum, Hype?
Stephan Henauer
Schlüsselwörter
Résumé
Maca · Sexuelles Verlangen · Erektionsstörungen ·
Spermienqualität · Wechseljahrbeschwerden
Maca: superaliment, aphrodisiaque, publicité?
La maca (Lepidium meyenii Walpers) est une plante cultivée dans les
Andes à des altitudes supérieures à 4000 mètres au-dessus de la mer.
Les données scientifiques existantes indiquent que la maca influence
positivement le désir sexuel, la capacité d’érection, la qualité du
sperme et les troubles de la ménopause. D’autres effets qui restent à
confirmer et une bonne tolérance font de la maca un complément
alimentaire très prometteur qui mérite notre attention à bien des
égards.
Zusammenfassung
Maca (Lepidium meyenii Walpers) ist eine Kulturpflanze aus den Anden, die dort in Höhen oberhalb 4000 Meter über dem Meer angebaut wird. Die vorhandenen wissenschaftlichen Daten weisen darauf
hin, dass Maca sexuelles Verlangen, Erektionsfähigkeit, Spermienqualität und Wechseljahrbeschwerden positiv beeinflusst. Weitere
Wirkungen, die noch zu bestätigen sind, und gute Verträglichkeit
machen Maca zu einem vielversprechenden Nahrungsergänzungsmittel, das in vielerlei Hinsicht unsere Aufmerksamkeit verdient.
Keywords
Maca · Sexual desire · Erectile dysfunction · Sperm quality ·
Menopausal symptoms
Summary
Maca: Superfood, Aphrodisiac, Hype?
Maca (Lepidium meyenii Walpers) is a crop from the Andes cultivated
at altitudes above 4000 meters. The available scientific data indicates
that maca exerts positive effects on sexual desire, erectile function,
sperm quality, and menopausal symptoms. Additional effects, which
are yet to be confirmed, and good tolerability make maca a promising nutritional supplement that deserves our attention in many ways.
Einleitung
Maca (Lepidium meyenii Walp.) (Abb. 1) wird seit
einigen Jahren als «Superfood der Inkas» oder «peruanischer Ginseng» verkauft – mit grossem Erfolg in den USA
und in Asien, aber auch zunehmend in Europa. Worin
liegt der Erfolg? Die Anpreisungen (vorwiegend sexueller
Art), die Qualität der Produkte und ihre Preise lassen
Zweifel an der Seriosität aufkommen. Was ist Fiktion und
was Fakt? In wissenschaftlicher Hinsicht ist auf den ersten
Blick wenig Überzeugendes zu finden, aber Literaturrecherchen in PubMed (US National Library of Medicine)
und im weiteren Internet bringen doch Erstaunliches zutage. Eine kritische Zusammenfassung erscheint daher
durchaus reizvoll und hilfreich für die sinnvolle Anwendung von Maca.
Die bewegte Geschichte von Maca
Mots clés
Maca · Désir sexuel · Troubles de l'érection · Qualité du sperme ·
Troubles de la ménopause
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Maca (L. meyenii Walp.) gehört zur Familie der Brassicaceae (Kreuzblütler), stammt aus den Anden und wird
dort in Höhen oberhalb 4000 Meter über dem Meer angebaut. Die biologischen, geschichtlichen und wirtschaftlichen Aspekte sind in den Arbeiten des National Resarch
Dr. med. Stephan Henauer
Baumgartenweg 20, 4053 Basel, Schweiz
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Basel, Schweiz
Council [1], von Quirós und Aliaga-Cárdenas [2] sowie
von Hermann und Bernet [3] eingehend beschrieben.
Hier ein Auszug: Die frühesten Hinweise auf Maca als
essbare Pflanze stammen bereits aus der Zeit 1900 v. Chr.,
die ersten schriftlichen Dokumente – von den spanischen
Eroberern – aus dem 16. Jahrhundert n. Chr. [3]. Es wird
erzählt, dass das Vieh und die Pferde der Spanier sich im
ungewohnt harschen Klima wenig erfreulich entwickelten. Die Einheimischen empfahlen ihnen Maca, was zu
derart erstaunlichen Resultaten führte, dass sie ihren Tribut fortan in Maca zu begleichen hatten [3].
Maca verschwand in den folgenden Jahrhunderten
wieder aus dem Blickfeld, vermutlich weil die Produktion
von Wolle und der Bergbau bessere Beschäftigungs- und
Einkommensmöglichkeiten boten.
Erst in den 1960er-Jahren begann der erneute, vorerst
lokale Aufschwung. Zeitungen berichteten über positive
Wirkungen von Maca auf Fruchtbarkeit, Libido und Spermien. Wissenschaftler hoben die gesundheitlichen Vorteile hervor, und Legenden wie diese rankten: Timotea Cordova, ein Getränkehändler in Junin, begann 1980, seinen
Kunden ein Maca-Getränk anzubieten. LKW-Fahrer und
Reisende lernten das stärkende heisse Getränk, das auch
zur Erhöhung der sexuellen Ausdauer und Fruchtbarkeit
angepriesen wurde, schätzen. Sein Laden entwickelte sich
zu einem Pilgerort. Auch heute noch wird in diesem kleinen Laden das heisse Maca-Getränk serviert, und auf zahlreichen Postkarten an den Wänden wird Timotea für wiederhergestellte Ehen und die Ankunft von sehnlichst erwünschten Kindern gedankt [3].
Im selben Zeitraum entdeckten die Ausländer Maca,
was in den 1990er-Jahren zu einer beispiellosen Expansion der Produktion führte, unterstützt durch die Regierung (nicht nur die lokale, denn auch Schweiz und
Deutschland leisteten Unterstützung [3]) und durch wissenschaftliche Arbeiten an den peruanischen Universitäten. Dubiose Vermarktung, unhaltbare Versprechen und
Qualitätsprobleme führten zum Eingreifen der Behörden.
In der Europäischen Union wurden Maca-Importe mit
Maca
Wo liegt das Potenzial von Maca?
Gonzales [4], ein Forscher, der sich seit vielen Jahren
mit Maca befasst, hat kürzlich die ethnobiologischen und
ethnopharmakologischen Erkenntnisse zusammengefasst. Sein Fazit: Maca ist reich an Nährstoffen und entfaltet Erfolg versprechende Wirkungen auf sexuelle Funktion, Spermien, Klimakterium, Knochenstruktur, Prostata, Haut, Gemütszustand, Gedächtnis und Lernfähigkeit.
Er sieht grosses Potenzial für Maca als Adaptogen zur
Vorbeugung verschiedener Krankheiten (Adaptogene
sind Arzneimittel, welche die Widerstandsfähigkeit des
Organismus gegen Stressfaktoren erhöhen).
Nicht alle dieser Wirkungen sind schon am Menschen
geprüft worden, während sich Resultate von Tierversuchen bekanntlich nicht ohne Weiteres auf den Menschen
übertragen lassen. Es kommt hinzu, dass die bisher
durchgeführten klinischen Studien nicht immer den derzeitigen Standards entsprechen und daher nur beschränkt
aussagekräftig sind. Kritische Übersichtsarbeiten wie z.B.
jene von Shin et al. [5] kommen dann auch zu dem Schluss,
dass es zwar vielversprechende Hinweise gibt, aber noch
nicht genügend Daten aus kontrollierten Studien vorliegen, um diese zu bestätigen. Positiv zu werten ist, dass die
Resultate der Studien konsistent mit den Erfahrungen aus
der traditionellen Anwendung sind.
Beeinflussung von sexueller Funktion, Spermien
und Wechseljahrbeschwerden
Vier Studien, die den Standards entsprechen (Cochrane-Kriterien), zeigen, dass Maca bei Männern sexuelles
Verlangen und Erektionsstörungen sowie bei Frauen in
den Wechseljahren sexuelle Funktionsstörungen positiv
beeinflusst [5]. Auch sexuelle Funktionsstörungen, die
unter Antidepressiva auftraten (eine relativ häufige Nebenwirkung der Antidepressiva), besserten sich unter
Maca [6].
Spermavolumen, Spermienzahl und Spermienbeweglichkeit nehmen unter Maca zu [7]. Dass Maca eine günstige Wirkung auf die Spermien ausübt, wurde auch bei
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Abb. 1. Maca (Lepidium meyenii Walpers).
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dem Hinweis auf gesetzliche Grundlagen aus dem Jahre
1997 beschlagnahmt: Maca sei ein neuartiges Nahrungsmittel, dessen Wirksamkeit und Verträglichkeit nicht
belegt sei. Die peruanischen Behörden intervenierten und
wiesen nach, dass Maca schon vor 1997 in Europa in substantiellen Mengen konsumiert worden war und somit
nicht als neuartiges Nahrungsmittel zu betrachten sei,
was 2004 von den europäischen Behörden bestätigt wurde.
Eine Zulassung ist daher nicht notwendig, solange keine
Heilanpreisungen gemacht werden.
Andere Wirkungen
Es wird oft erwähnt, dass Maca das physische Leistungsvermögen steigert. Diese Erfahrung stammt wohl
aus der traditionellen Anwendung, denn es gibt lediglich
eine Studie am Menschen, und diese konnte das nicht
bestätigen. Getestet wurden gesunde Männer beim Radfahren über 40 km. Sie schnitten mit Maca nicht besser
ab als mit Placebo, aber ihr sexuelles Verlangen war unter
Maca grösser [12], sodass ihre Energie offenbar in falsche
Bahnen gelenkt wurde.
Es gibt einige Hinweise, dass Maca den Blutdruck
senkt; dies wurde bei Frauen in den Wechseljahren [11],
bei gesunden Männern [13] und in einer Bevölkerungsgruppe, die traditionell Maca konsumiert, beobachtet
[14]. Diese Wirkung wird mit der Hemmung des Angiotensin-I-Converting-Enzyms erklärt, die bei Diabetes
auch zur Vorbeugung von erhöhtem Blutzucker führen
könnte [15].
In Tierversuchen verbesserte Maca die Lernfähigkeit,
das Gedächtnis [16–19] und die Stresstoleranz [20, 21],
verhinderte Prostatahyperplasie [22] und Osteoporose
[23], schützte die Haut vor ultravioletter Strahlung [24]
und übte eine neuroprotektive Wirkung aus [25].
Unerwünschte Wirkungen
Maca wird seit Jahrhunderten in den zentralen Anden
und in den letzten Jahrzehnten zunehmend auch in Europa, in den USA und in Asien konsumiert. Es gibt keine
Hinweise auf ein Risiko für die Gesundheit. Im Gegenteil,
Gonzales et al. [23] haben bei Untersuchungen an einer
Bevölkerungsgruppe in den Anden festgestellt, dass die
regelmässigen Konsumenten gesünder sind als jene, die
kein Maca konsumieren. Maca ist von Behörden und anderen Organisationen als Nahrungsergänzungsmittel anerkannt. In einer neueren Beurteilung durch das renom-
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mierte USP Dietary Supplements Expert Committee
wurde Maca in Klasse A eingestuft (kein Hinweis auf ein
Risiko) [26]. Sie empfehlen eine Dosierung von 1,5–3,0 g
Pulver pro Tag.
Viele Formulierungen und Dosierungen
Maca wird in unterschiedlicher Form und Dosierung
angeboten. Die Grundform besteht aus pulverisierten
getrockneten Wurzeln. Es gibt eine gelatinisierte Form,
basierend auf der traditionellen Anwendung von gekochten Wurzeln. Ausserdem sind verschiedene Extrakte im
Handel. Die Sache wird noch dadurch verkompliziert,
dass es von den Maca-Wurzeln rote, gelbe und schwarze
Varianten gibt, die nicht genau dieselbe Zusammensetzung haben [8] und daher etwas verschieden wirken [4].
Die Dosis-Wirkungs-Beziehung ist bisher nicht untersucht worden. In den Studien variierten die Dosierungen
zwischen 1,5 und 3,5 g Pulver; die Anwendung dauerte
2–12 Wochen.
Die Resultate der verschiedenen Studien lassen sich
daher nicht einfach miteinander vergleichen, sind jedoch
ähnlich und konsistent mit der traditionellen Anwendung.
Dabei ist zu beachten, dass die Wirkung variieren kann,
je nach Anbau, Verarbeitung, galenischer Form, Dosierung, Therapiedauer und Ansprechen des Anwenders.
Schlussfolgerung
Trotz der vielen Unklarheiten geht aus den vorhandenen
Daten relativ klar hervor, dass Maca sexuelles Verlangen,
Erektionsstörungen, Spermienbildung und Wechseljahrbeschwerden positiv beeinflusst. Es gibt ferner zahlreiche
Hinweise auf weitere interessante Wirkungen. Welche
Form der Maca-Zubereitung gewählt wird, bleibt aufgrund der dürftigen Datenlage eher Ermessenssache. Davon ausgehend, dass Pflanzen von Natur aus «perfekt»
sind und das Zusammenspiel der Inhaltsstoffe und Energien durch Verarbeitung und Fremdstoffe möglichst
wenig gestört werden soll, erscheint es sinnvoll, unbehandeltes Maca-Pulver aus biologischem Anbau den anderen
Produkten vorzuziehen. Dies sollte auch im Hinblick auf
ökologische und sozioökonomische Kriterien erfolgen.
Maca ist alles in allem ein vielversprechendes Nahrungsergänzungsmittel, das in vielerlei Hinsicht unsere
Aufmerksamkeit verdient.
Disclosure Statement
Diese Arbeit wurde im Auftrag von Sunpart GmbH (Maca
Import) ausgeführt.
Henauer
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verschiedenen Tierarten gezeigt, unter anderem an Zuchtbullen durch eine Forschergruppe an der Eidgenössischen
Technischen Hochschule (ETH) Zürich [8]. Die spanischen Eroberer hatten somit einen guten Grund, ihren
Tribut in Form von Maca zu fordern.
Maca lindert Wechseljahrbeschwerden, so die Schlussfolgerung aus der Analyse der vier zu diesem Thema
publizierten Studien [9]. Insbesondere Meissner et al. [10,
11] haben in verschiedenen Studien nachgewiesen, dass
Maca nicht nur die Wechseljahrbeschwerden lindert, sondern auch die Hormone wieder ins Gleichgewicht bringt
und Blutdruck, Körpergewicht und Cholesterin günstig
beeinflusst. Sie betrachten Maca daher als Alternative zur
klassischen Hormontherapie.
Maca
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