Grundlagen der Neuro-Psychopharmakologie Ein Therapiehandbuch Bearbeitet von Peter Riederer, Gerd Laux VIII, 619 S., 146, z.T. farbige Abb. 2009. Buch. viii, 619 S. Hardcover ISBN 978 3 211 85472 3 Format (B x L): 17 x 24,4 cm Gewicht: 1244 g Weitere Fachgebiete > Medizin > Sonstige Medizinische Fachgebiete > Neuropharmakologie, Psychopharmakologie schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte. 51 3.1 Neurotransmission und Signaltransduktion Vom Rezeptor zum Effektor und Bildung von „second messengern“ Löst ein Ligand nach Bindung an einen Rezeptor, d. h. einem Transmembranprotein mit Domänen auf der extrazellulären und zytoplasmatischen Seite, eine Reaktion im Zellinnern aus, bezeichnet man dies als Signalübertragung. Die Signaltransduktion ist eine Möglichkeit, das ursprüngliche Signal zu verstärken. Durch die Bindung des Neurotransmitters an die extrazelluläre Domäne des Rezeptors wird die Aktivität der Domäne der zytoplasmatischen Seite beeinflusst, der Rezeptor wird aktiviert. Im Zytosol wird ein biochemisches Signal erzeugt, dessen Amplitude sehr viel größer ist als beim extrazellulären Liganden. In vielen Fällen führt das Signal im Zytosol dazu, dass im Zellinnern die Konzentration einer niedermolekularen Verbindung ansteigt. Diese Moleküle werden als sog. „zweite Boten“ (-Stoffe) bezeichnet („second messenger“) im Gegensatz zum ersten Boten, dem extrazellulären Neurotransmitter. Verglichen mit den ionenkanalgekoppelten Rezeptoren arbeitet die Signalübertragung mit dem Second messenger verhältnismäßig langsam. Man nimmt an, dass auf diese Weise die Langzeitwirkung von Transmittern ermöglicht wird. Man unterscheidet grundsätzlich 2 Arten der Signaltransduktion: Der Rezeptor kann mit einem G-Protein interagieren, das mit der Membran assoziiert ist. In seiner aktiven Form besteht das GProtein aus einem GDP-gebundenem Trimer. Bei Rezeptoraktivierung wird GDP durch GTP ersetzt, die Untereinheiten des G-Proteins können daraufhin dissoziieren und reagieren mit einem oder mehreren Zielmolekülen. Rezeptoren, die über G-Proteine an ein Effektorsystem gekoppelt sind, werden auch als metabotrope Rezeptoren bezeichnet. Der Rezeptor besitzt in seiner Zytosoldomäne eine Proteinkinase. Nach Bildung des Rezeptor-Liganden-Komplexes wird die Kinase aktiviert und phosphoryliert ihre eigene zytoplasmatische Domäne. Diese Autophosphorylierung ermöglicht es dem Rezeptor, mit einem Zielprotein eine Bindung einzugehen und es gleichzeitig zu aktivieren. Das Zielprotein wiederum kann auf neue Substrate in der Zelle einwirken. Die Kinaserezeptoren sind in der Regel Tyrosinkinasen, es gibt jedoch auch einige wenige Serin-/ Threoninkinaserezeptoren. G-Proteine G-Proteine können Proteine oder Ionenkanäle aktivieren oder hemmen und lösen eine intrazel- Tabelle 3.1.3: G-Proteinklassen unterscheiden sich durch ihre Effektoren und werden durch eine Vielzahl von Transmembranrezeptoren aktiviert (InsP3, Inositolbiphosphat, DAG Diacylglyzerol). G-Protein Effektor Second messenger Beispiele für Rezeptoren GS aktiviert Adenylatzyklase cAMP c b-Adrenozeptor Golf aktiviert Adenylatzyklase cAMP c Olfaktorische Rezeptoren Gi hemmt Adenylatzyklase öffnet K+-Kanäle cAMP T Membranpotential c M2-Acetylcholinrezeptor G0 schließt Ca2+-Kanäle Membranpotential T a2-Adrenozeptor Gt (Transducin) stimuliert die cGMPPhosphodiesterase cGMP T Rhodopsinrezeptor aktiviert Phospholipase Cb InsP3, DAG c M1-Acetylcholinrezeptor 5-HT2-Rezeptor GABA B-Rezeptor Gq InsP3 Inositoltriphosphat DAG Diacylglyzerol 52 luläre Signalkaskade aus. Die G-Proteine übertragen Signale von einer Vielzahl von Rezeptoren auf viele verschiedene Moleküle. Viele klassische Neurotransmitter wirken über eine G-Protein-vermittelte Signaltransduktion. Zur Superfamilie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren gehören u. a. die Muskarin-, die a- und b-Adrenozeptoren und Untergruppen von glutamatergen Rezeptoren (vgl. auch Abb. 3.1.6. a und Tab. 3.1.3). Effektoren Unter einem Effektor versteht man ein Molekül, das durch ein G-Protein aktiviert oder in selteneren Fällen inhibiert wird. Häufig handelt es sich dabei um ein anderes membranständiges Protein. Der Rezeptor befindet sich demnach „upstream“ und der Effektor „downstream“ von dem G-Protein. Als Effektormoleküle dienen v. a. die Adenylatzyklase (AC), die Guanylatzyklase (GC) und die Phospholipasen A2 (PLA2) und C (PLC). Tabelle 3.1.3 gibt einen Überblick über die Effektoren, die mit verschiedenen Typen von GProteinen gekoppelt sind. Einige G-Proteine wirken auf viele Effektoren ein, die ihrerseits wiederum viele unterschiedliche Übertragungswege aktivieren. Klassische G-Proteine der Neurotransmission sind Gs und Gi: Gs aktiviert Adenylatzyklase und erhöht somit die cAMP-Konzentration, Gi hemmt umgekehrt die Adenylatzyklase und erniedrigt die cAMP-Konzentration. Es handelt sich also bei den Second messengern um Mitglieder der wichtigen Klasse der zyklischen Nukleotide. Ein weiteres klassisches G-Protein ist Gq: Es aktiviert Phospholipase C (PLC) und fördert somit die Bildung einer weiteren bedeutenden Gruppe von Second messengern, die aus kleinen Lipidmolekülen bestehen wie Inositoltrisphosphat (InsP3) und Diacylglyzerol (DAG), die aus dem Membranphospholipid (Phosphatidylinositol-4,5-Biphosphat, PIP2) gebildet werden. G-Proteine oder ihre Second messenger können auch direkt auf Kalium- oder Kalzium- 3 Neurobiologische Grundlagen ionenkanäle wirken und diese öffnen oder schließen. Bei der Aktivierung von PLC kommt es infolge der Bildung von InsP3 zur intrazellulären Freisetzung von Kalziumionen aus dem endoplasmatischen Retikulum und wahrscheinlich über Bildung weiterer Abbauprodukte des Inositolphosphatmetabolismus (z. B. InsP4) zur Öffnung von Kalziumkanälen in der Zytoplasmamembran. Die intrazelluläre Kalziumkonzentration wird heute ebenfalls als wichtiger Second messenger der zentralen Neurotransmission angesehen. Weitergabe des Signals von Second messengern Die gebildeten Second messenger aktivieren nun ebenfalls eine Signalkaskade, an der v. a. Kinasen, Phosphatasen und Proteasen beteiligt sind. Die Substrate dieser Enzyme befinden sich entweder in der Zellmembran, dem Zytoplasma oder im Zellkern. Eine genauere Charakterisierung der zytosolischen Kinasen erfolgt im anschließenden Kapitel. cAMP aktiviert die Proteinkinase A (PKA). Bei ansteigender cAMP-Konzentration bindet cAMP an die regulatorische Untereinheit von PKA. Dadurch wird die katalytische Untereinheit von PKA freigesetzt. Diese kann in den Zellkern wandern und phosphoryliert dort z. B. CREB (Bindungsprotein des cAMP-ResponseElements) und löst somit einen Transkriptionsprozess aus. CREB. CREB ist eines der wesentlichen Substrate der PKA im Zellkern (vgl. Abb. 3.1.6). Daneben werden Proteine von ihr phosphoryliert einschließlich spannungsabhängiger Kanäle in der Zellmembran (z. B. Na+-Kanäle, Ca2+abhängige K+-Kanäle, L-Type-Ca2+-Kanäle), Rezeptoren (z. B. GABAA-Rezeptoren, Non-NMDA-Glutamat-Rezeptoren, b-Adrenozeptoren), Na+-K+-ATPase, Synapsin I und II, Tyrosinhydroxylase, das in die Synthese der Katecholamine involviert ist. Aber auch die Expression von induzierbaren Transkriptionsfaktoren wie c-Fos werden durch CREB aktiviert. Auf diese Weise ist cAMP an der Kontrolle des Ionenstromes durch die Zellmembran, an der Neurotransmitterfreisetzung und der Funktion des Katechola- 53 3.1 Neurotransmission und Signaltransduktion minsystems sowie an der neuronalen Genregulation beteiligt. Über Phosphodiesterasen wird cAMP zu 5b-Adenosin-Monophosphat inaktiviert. Somit wird die Wirkung beendet. cGMP aktiviert die Proteinkinase G (PKG). Es existieren 2 unterschiedliche Formen der PKG, einmal in löslicher Form (Typ I) und einmal in membrangebundener Form (Typ II). Typ I ist die häufigste Form und kommt auch im Gehirn – hauptsächlich im Zerebellum – vor. Bestimmte Phosphodiesterasen werden durch cGMP aktiviert oder inhibiert. Dies erlaubt eine Interaktion zwischen dem cAMP- und dem cGMP-System. So reduziert cGMP die Effekte von cAMP, indem es dessen Wirkung durch Phosphodiesteraseaktivierung beendet. Diacylglyzerol (DAG) aktiviert Proteinkinase C (PKC). PKC stellt eine Enzymfamilie dar. PKC-Isoenzyme können kalziumabhängig sein (z. B. PKC a, b und g). Inaktive PKC kommt im Zytoplasma vor. Nach Ansteigen der intrazellulären Kalziumkonzentration transloziert PKC in die Zellmembran und bindet dort an Phospholipide. Diese Bindung ist kalziumabhängig und wird stimuliert durch DAG (Voraussetzung für die volle Enzymaktivität). Die Stimulation der PKC wird durch den Abbau der DAG und möglicherweise durch Resynthese zu PIP2 beendet. Phorbolester (z. B. Phorbol-12Myristat-13-Acetat) können den Effekt von DAG permanent nachahmen, allerdings mit größerer Potenz und niedrigerer Metabolisierungsrate. Viele wichtige neuronale Proteine sind Substrate der PKC: spannungsabhängiger Na+-Kanal, Ca2+-abhängige K+-Kanäle, GABAA- und NMDA-Rezeptor, „growth-associated protein 43“ (GAP-43 auch als Neuromodulin oder Protein B-50 bezeichnet). Dieses Protein (GAP-43) kommt hauptsächlich in Nervendigungen im adulten Gehirn vor und scheint in Plastizitätsund Transmitterfreisetzungsprozesse involviert zu sein. Kalzium und Calmodulin aktivieren die Calcium-Calmodulin-Kinase (CaMK). Die meisten Second-messenger-Funktionen von Kalzium setzen seine Interaktion mit einem intrazellulären kalziumbindenden Protein, dem Calmodulin, voraus. In verschiedenen neuronalen Zellen wurden neben Calmodulin noch andere kalziumbindende Proteine nachgewiesen: Parvalbumin, Calbindin oder Calretinin. Im Gegensatz zu Calmodulin ist deren exakte Funktion jedoch noch weitgehend ungeklärt. Calmodulin besteht aus einer einzelnen Polypeptidkette und besitzt 4 Bindungsstellen für Kalzium. Wenn die 4 Positionen mit Kalzium besetzt sind, ist das Protein aktiviert. Der Calcium/Calmodulinkomplex (CaM) reguliert direkt viele wichtige Enzyme (Tab. 3.1.4). Neben die- Tabelle 3.1.4: Regulation und Zielgene bzw. Zielproteine von Transkriptionsfaktoren a Transkriptionsfaktor Aktivierende Kinase Beispiele für das Zielgen bzw. Zielprotein CREB Proteinkinase A (PKA) Calcium-Calmodulin-Kinase (CaM-Kinase) RSK-2 (gehört zur Gruppe der Ser/Thr-Kinasen) Somatostatin Tyrosinhydroxylase Synapsin 1 c-Fos BDNF (brain derived neurotrophic factor) c-Fosa Fos-regulierende Kinase (FRK) Tyrosinhydroxylase IGF-1 NGF c-Juna c-Jun NH2-terminale Kinase (JNK) Fas-Ligand (CD95) Zyklooxygenase TNF-a , TNF-b, IL-2 NFkB IkB-Kinase (phosphoryliert Inhibitor, der somit NFκB für Translokation in den Zellkern freigibt) IL-1, IL-2, IL-6, IL-8 TNF-a Dimerisierungsparameter bestimmen maßgeblich, welcher Promotor aktiviert wird. 54 sen Enzymen stimuliert CaM über eine CaMKinase-Kinase (CaMKK) die Wirkung von 5 Proteinkinasen. Die wichtigste davon ist die Calcium/Calmodulin-abhängige Proteinkinase II (CaMK II). CaMK II ist angereichert in zentralen Neuronen, v. a. auf der postsynaptischen Seite. Substrate sind z. B. Tyrosin- und Tryptophanhydroxylase, Phospholipase A2, Adenylatzyklase, CREB, Calcineurin und Neurofilamentproteine. Deshalb ist CaM in ähnlicher Weise wie cAMP in Prozesse der synaptischen Neurotransmission involviert, sowohl auf präals auch auf postsynaptischer Seite. CaMK II kann im aktivierten Zustand durch Autophosphorylierung in einen stimulationsunabhängigen Zustand übergehen, welcher in LTP-(„long term potentiation“-) und Plastizitätsprozesse involviert zu sein scheint. Rezeptortyrosinkinasen Rezeptortyrosinkinasen lösen intrazelluläre Phosphorylierungskaskaden aus. Die Rezeptoren von Wachstumshormonen werden nach ihren Liganden benannt. Bei diesen handelt es sich in der Regel um kleine Polypeptide, die auch Zytokine genannt werden und die das Wachstum bestimmter Zelltypen stimulieren. Zu den Zytokinen gehören z. B. der epidermale Wachstumsfaktor (EGF/„epidermal growth factor“), der von Blutplättchen sezernierte Wachstumsfaktor (PDGF/„platelet derived growth factor“), der Nervenwachstumsfaktor (NGF/„nerve growth factor“) und Insulin. Die Bindung neurotropher Faktoren und Zytokine spielt eine sehr wichtige Rolle in der Entwicklung, Differenzierung, Funktion und Degeneration von Nervenzellen und in der Kommunikation neuronaler Netzwerke untereinander. Struktur und Einteilung. Die Rezeptortyrosinkinasen haben eine allgemeine charakteristische Struktur: Als integrale Membranpro- 3 Neurobiologische Grundlagen teine durchqueren sie einmal die Membran und haben eine extrazelluläre N-terminale und eine intrazelluläre C-terminale Proteindomäne. Sie können aus einer einzigen Polypeptidkette (z. B. EGF) oder aus einem Dimer (z. B. Insulin) bestehen. Die Rezeptoren wirken alle auf die gleiche Weise. Sie sind Proteinkinasen, die Phosphatgruppen auf Proteine übertragen. Nach ihrer Lokalisation unterscheidet man grundsätzlich 2 Gruppen von Proteinkinasen: Rezeptorproteinkinasen in der Membran und zytosolische Proteinkinasen, die sich frei im Zytosol bewegen können. Zu jeder Gruppe gehören 2 Typen von Kinasen, die danach eingeteilt werden, welche Aminosäure am Zielprotein durch sie phosphoryliert wird. Bei den Rezeptoren überwiegen die Tyrosinkinasen, dagegen handelt es sich bei den zytosolischen Kinasen meist um Serin/Threoninkinasen. Zu jeder Kinase gibt es eine für die entsprechenden Aminosäuren spezifische Phosphatase, die die Phosphorylierung und somit die Aktivierung rückgängig machen kann. Wirkungsweise. Bindet ein Ligand an den Tyrosinkinaserezeptor kommt es entweder intrazellulär zur Bildung von Second messengern (v. a. Lipide, die durch die Effektorsysteme PLC, PLA2 oder PI-Kinasen aktiviert werden) oder es kommt zu einer Proteinkinasesignalkaskade, die Second-messenger-unabhängig ist. Dabei aktiviert jede Kinase die nächste, indem sie diese phosphoryliert. Die letzte Kinase phosphoryliert in der Regel Transkriptionsfaktoren, die den Phänotyp von Zellen verändern können. Ras-Reaktionsweg. Der Reaktionsweg, der bisher am besten charakterisiert wurde, wird von Rezeptortyrosinkinasen ausgelöst und aktiviert Kinasen im Zytosol: der Ras-Reaktionsweg (vgl. Abb. 3.1.6). Das Ras-Protein ist ein membrangebundenes Protein, dessen Aufgabe es ist, an der Zelloberfläche ausgelöste Proliferationssignale in das Zellinnere zu übertragen. Bei der Transduktionskaskade wird das Signal vom Rezeptor über einen Adaptor zu Ras weitergeleitet, das wiederum zu einer Reihe von Ser/Thr-Phosphorylierungen führt. Schließlich 3.1 Neurotransmission und Signaltransduktion wird das Endglied des aktivierten MAP-Kinase(mitogenaktivierte Proteinkinase-) Reaktionswegs ERK („extracellular signal-related kinase“, ERK1 und ERK2) in den Kern eingeschleust und phosphoryliert Transkriptionsfaktoren (ELK1 und c-Myc). ERK kann außerdem im Zytosol RSK, eine Ser/Thr-Kinase, aktivieren, welche dann in den Kern transloziert und dort den Transkriptionsfaktor CREB phosphoryliert (vgl. Abb. 3.1 6). Weitere Reaktionswege. Die durch die Aktivierung von Rezeptortyrosinkinasen initiierten Signalwege können außerdem mit der apoptotischen Maschinerie interagieren und Apoptose hemmen (Abb. 3.1.9). Hierzu gehört z. B. der PI3K/Akt-Signalweg, der durch diverse 55 neurotrophe Faktoren, wie z. B. Nervenwachstumsfaktor (NGF), „brain-derived neurotrophic factor“ (BDNF), „glial cell line-derived neurotrophic factor“ (GDNF) und „insulin-like growth factor-I“ (IGF-I) aktiviert werden kann. Aktive PI3K (Phosphatidylinositol-3-Kinase) bewirkt die Phosphorylierung von Akt, das wiederum phosphoryliert, und inaktiviert das pro-apoptotische Bad und Caspase-9 (vgl. Abb. 3.1.9). Durch ein ausreichendes Angebot an neurotrophen Faktoren wird außerdem die Aktivität von c-Jun-NH2-terminale Kinase (JNK) und damit ein Signal zur verstärkten Expression pro-apoptotischer Bcl-2-Proteine unterdrückt (Yuan und Yankner 2000). Andere anti-apoptotische Signale, die u. a. durch Akt und MAP-Kinasen ge- Abbildung 3.1.9: Apoptotische Signalwege. Bei der Oligomerisierung des Todesrezeptors durch spezifische Todesliganden werden Adaptormoleküle rekrutiert, die in die Aktivierung des JNK-Signalweges und der Caspasen-8 und -2 involviert sind. Diese können nachfolgend Caspase-3 aktivieren. Durch die Bindung von neurotrophen Faktoren an ihre Rezeptoren werden intrazellulär protektive Mechanismen über PI3K/Akt und MAP-Kinasen (MEK, Erk) induziert. Dadurch werden proapoptotische Faktoren (JNK, Bax, Bad) und die Caspase-9 gehemmt. Weitere Erläuterungen sind im Text aufgeführt. 56 steuert werden, basieren z. B. auf der Aktivierung von CREB und NFkB (s. o.; vgl. auch Tab. 3.1.6), die die Transkription anti-apoptotischer Proteine induzieren können (Mattson 2000). Die Schlüsselmoleküle der neuronalen Apoptose sind eine ganze Reihe von Proteasen, die sog. Caspasen, die der Zelle den Todesstoß versetzen, indem sie lebenswichtige Proteine zerstören. Die Aktivierung der Caspasen erfolgt nach dem Schneeballprinzip: Caspasen zerschneiden andere Caspasen und aktivieren dadurch deren proteolytische Funktion. Inzwischen sind 14 Mitglieder der Caspase-Familie bekannt. Die Caspasen lassen sich funktionell in Initiator- und Effektor-Caspasen unterteilen. Erstere – auch „Upstream-Caspasen“ genannt (z. B. Caspase-8; vgl. Abb. 3.1.9) – werden auf ein membranäres Signal hin aktiviert und aktivieren Caspasen der 2. Gruppe – auch als „Downstream-Caspasen“ bezeichnet –, die prinzipiell für die Spaltung von Struktur- und Regulatorproteinen verantwortlich sind (z. B. Caspase-3; vgl. Abb. 3.1.9). Apoptose wird hierbei durch die sog. Todesrezeptoren, wie z. B. dem TNF(„tumor necrosis factor alpha“-) oder Fas-Rezeptor, induziert. In den letzten Jahren gewinnt die Untersuchung der Fehlregulation apoptotischer Mechanismen bei der Schädigung von Nervenzellen zunehmend Beachtung, und eine Beteiligung bei der Pathogenese von neurodegenerativen Erkrankungen, wie z. B. AlzheimerDemenz und Morbus Parkinson, wird derzeit diskutiert. 3.1.6 Transkriptionskopplung Die phänotypische Vielfalt beruht größtenteils auf Unterschieden in der Expression proteinkodierter Gene, also solcher, die von der RNAPolymerase II transkribiert werden. Hierbei wird eine RNA-Kette synthetisiert, die einem bestimmten Strangabschnitt einer DNA-Doppelhelix entspricht. Bevor ein Gen zur Expression gekommen ist, sind die folgenden Schritte der Reihe nach notwendig: die strukturelle Aktivierung des Gens, die Initiation der Transkription, 3 Neurobiologische Grundlagen die Prozessierung des Transkripts, der Transport des Transkripts ins Zytoplasma, die Translation der mRNA. Die Signal-Transduktions-Transkriptions-Kopplung umfasst demnach alle Teilschritte, die von der neuronalen Erregung zur Gentranskription erfolgen. Hierbei wird die Information des ersten Reizes – wie die synaptische Stimulation durch Neurotransmitter aber auch die humorale Stimulation z. B. durch Wachstumsfaktoren – in einen von der DNA gespeicherten Molekülkode umgewandelt (Abb. 3.1.9). Die Transkription beginnt, wenn die RNAPolymerase an einen besonderen DNA-Bereich am Anfang des Gens, den Promotor bindet. Der Promotor schließt das erste Basenpaar ein, das in RNA transkribiert wird, den sog. Startpunkt. Sequenzen, die sich vor dem Startpunkt befinden, bezeichnet man als stromaufwärts („upstream“) gelegen. Mit der RNA-Polymerase II können sehr viele Faktoren zusammenarbeiten. Sie lassen sich in 3 Hauptgruppen einteilen: Allgemeine Transkriptionsfaktoren. Diese Faktoren sind an allen Promotoren zur Einleitung der RNA-Synthese notwendig, legen die Initiationsstelle fest und bilden zusammen mit der RNA-Polymerase den basalen Transkriptionsapparat. Upstream-Faktoren. Diese sind DNA-bindende Proteine, die bestimmte DNA-Sequenzen upstream vom Startpunkt erkennen. Die Aktivität der Faktoren wird nicht reguliert, sie sind ubiquitär, wirken auf jeden Promotor mit passender Bindungsstelle und erhöhen die Effizienz des Transkriptionsstarts. Wenn ein Promotor nur Elemente enthält, die von allgemeinen und Upstream-Faktoren erkannt werden, ist er für die Transkription konstitutiver Gene („housekeeping-gene“) verantwortlich. Somit kann der Promotor in jedem Zelltyp die Transkription seines Gens in Gang setzen. Induzierbare Faktoren. Diese binden ebenfalls an bestimmte DNA-Sequenzen upstream vom Startpunkt. Sie besitzen eine regulatorische Funktion. Sie werden zu bestimmten Zeiten 3.1 Neurotransmission und Signaltransduktion oder in bestimmten Geweben synthetisiert oder aktiviert und sind zuständig für die Kontrolle sich zeitlich oder räumlich ändernder Transkriptionsmuster. Somit lässt sich die Aktivierung von Transkriptionsfaktoren und die Expression ihrer Zielgene als eine Plastizität auf der Ebene der Genexpression begreifen. Die DNA-Sequenzen, an die sie binden, werden auch als „response“-Elemente bezeichnet. Mehrere große Familien an Transkriptionsfaktoren konnten identifiziert werden, deren Einteilung sich auf die strukturellen Merkmale der Sequenzmotive bezieht, die für die DNABindung notwendig sind (z. B. Zinkfingermotiv, Leucin-Reißverschluss, Steroidrezeptoren). Aktivitätsregulierung von Transkriptionsfaktoren Wichtig ist es, zu verstehen, dass die Bindung eines Transkriptionsfaktors an die genregulato- 57 rische DNA-Sequenz mit einer Erhöhung oder Suppression der Transkription dieses Gens einhergeht. Wie in Abbildung 3.1.10 schematisch verdeutlicht, kann die Aktivität eines induzierbaren Transkriptionsfaktors auf verschiedene Weise reguliert werden: Die Aktivität wird durch Modifikation des Faktors kontrolliert (Beispiel: AP-1, ein Heterodimer aus den Untereinheiten c-Jun und c-Fos, wird aktiv, wenn Jun phosphoryliert wird); durch Ligandenbindung wird der Faktor aktiviert (Beispiel: Steroidrezeptor); der inaktive Faktor ist an die Kernhülle und an das endoplasmatische Retikulum gebunden. Bei Mangel an Sterolen (z. B. Cholesterin) wird die aktive zytosolische Domäne abgespalten, die dann im Kern als Transkriptionsfaktor fungiert; Abbildung 3.1.10: Regulation der Aktivität von Transkriptionsfaktoren z. B. durch Modifikation, durch Bindung eines Liganden oder durch Bindung eines Inhibitors. 58 der Faktor wird durch Verfügbarkeitsänderung aktiviert (z. B. NFkB wird durch das inhibitorische Protein I-kB im Zytoplasma zurückgehalten. Bei Phosphorylierung des Inhibitors wird NFkB frei). CREB. Wie schon erwähnt ist CREB ein Transkriptionsfaktor, der z. B. über die Bildung von cAMP und PKA-Aktivierung aktiviert wird. Aktiviertes CREB, d. h. phosphoryliertes CREB (cAMP „response element binding protein“), bindet an CRE (cAMP „response element“), eine kurze DNA-Sequenz bestehend aus nur 8 Nukleotiden (5b-TGACGTCA-3b), und erhöht somit die Transkription des „downstream“gelegenen Gens. CREB ist wesentlich an der Umsetzung des synaptischen Stimulationssignals im Langzeitgedächtnis beteiligt. Zielgene von CREB sind Gene, die für Transkriptionsfaktoren (z. B. c-Fos) sowie für andere Proteine kodieren (Tab. 3.1.4). Kaskade von Transkriptionsfaktoren Transkriptionsfaktoren wirken oftmals in einer Kaskade. So induziert CREB und eine Reihe weiterer Transkriptionsfaktoren die Gruppe der „immediate-early genes“ (IEG). Dazu gehören c-fos, fosB, c-jun, junB, junD u. a. Die Produkte dieser IEG sind selbst wiederum Transkriptionsfaktoren (induzierbare Transkriptionsfaktoren wie z. B. c-Jun, c-Fos, JunB, FosB), denen eine bedeutende Rolle in der neuronalen Genregulation zukommt, da sie die Genexpression verstärken und spezifizieren. Jun und Fos, die zur AP-1-(„activator protein-1“-)Familie gehören, sind der Klasse der Leucin-Reißverschluss-Transkriptionsfaktoren zuzuordnen. Sie neigen dazu, mit sich selbst oder mit anderen Transkriptionsfaktoren (z. B. JunB, JunD, AFT-4, NFAT) Homo- bzw. Heterodimere (z. B. AP-1 bestehend aus einer c-Junund einer c-Fos-Untereinheit) zu bilden. Die Fähigkeit zur Dimerisierung ist von entscheidener Bedeutung für die Interaktion dieser Faktoren mit der DNA. Die Dimerisierungspartner bestimmen maßgeblich, welcher Promotor aktiviert wird. Der bloße Nachweis der Expression eines Transkriptionsfaktors sagt demnach 3 Neurobiologische Grundlagen noch nichts Genaues über seinen funktionalen Zustand aus. Wie der Name schon sagt, werden IEG sehr rasch exprimiert. Schon nach 30 min werden sie als Antwort auf einen adäquaten Reiz hin exprimiert, während im Ruhezustand der Zelle, also in Abwesenheit eines Stimulus, nur sehr niedrige Spiegel an Fos und Jun vorliegen. Viele Stimuli, die Second messenger generieren (z. B. cAMP, Kalzium), können über die Aktivierung von CREB oder anderer Transkriptionsfaktoren sehr rasch die Expression von Fos induzieren (vgl. Abb. 3.1.6.b), indem sie an den c-fos-Promotor binden. Von daher können c-fos und andere IEG als wichtige Marker des neuronalen Aktivierungsgrades fungieren. Dimere. Fos vermag allein nicht an DNA zu binden, wahrscheinlich weil es – im Gegensatz zu Jun – keine Homodimere bilden kann. Das Jun-Fos-Heterodimer indes bindet mit der gleichen Sequenzspezifität an DNA wie das JunJun-Homodimer. Die Affinität des Heterodimers für die AP-1-Zielsequenz ist allerdings etwa 10mal so hoch wie die des Jun-Homodimers. Der Nachweis der c-Fos-Expression wird demnach auch als Nachweis der Aktivität von AP-1 angesehen und allgemein akzeptiert. Ähnlich CRE stimuliert die aktivierte AP-1-Bindungsstelle die Transkription des downstream-gelegenen Gens. Der Mechanismus der Aktivierung und Wirkungsweise von Fos und Jun sind in Abbildung 3.1.6 b und Tabelle 3.1.4 zusammengefasst. Ein anderes Beispiel ist die Dimerisierung von Fos oder Jun mit ATF-Proteinen, die zur Bindung an die CRE-DNA-Sequenz führt. Induzierbarkeit. Die Induzierbarkeit von c-Jun und c-Fos ist verschieden. Allgemein kann man sagen, dass c-Fos ein Mediator der synaptisch-regulierten Genexpression ist, währen cJun überwiegend degenerativ-regenerative und immunologische Signale vermittelt (die Involvierung von c-Jun, das über JNK aktiviert wurde, in neurodegenerativen Prozessen wird z. B. bei der Alzheimer-Demenz diskutiert; vgl. Tab. 3.1.4 und Abb. 3.1.10). Im Hinblick auf psychiatrische Erkrankungen bedeutet dies, dass ihre neurobiochemischen Grundlagen nicht notwendigerweise auf Neurotransmitter und ihre Rezeptoren beschränkt sein müssen, sondern auch im Bereich transsy- 3.1 Neurotransmission und Signaltransduktion naptischer Prozesse (z. B. Signaltransduktionskaskaden) liegen können (Duman et al. 1999). Umgekehrt bedeutet dies, dass die Wirkung von Psychopharmaka nicht auf den synaptischen Spalt beschränkt ist. Vielmehr beeinflussen Medikamente, die mit der Neurotransmission interagieren, auch nachfolgende intrazelluläre Signalprozesse, einschließlich der Genexpression (Thome et al. 2000). Interessanterweise scheinen beispielsweise Antidepressiva insbesondere solche Gene zu beeinflussen, die in die Aufrechterhaltung neuronaler Plastizität involviert sind (Thome et al. 2002). Neben der erwähnten cAMP-PKA-CREB Signaltransduktionskaskade, die insbesondere bei serotoninergen und noradrenergen Neuronen eine wichtige Rolle spielt, gibt es eine Vielzahl weiterer solcher Kaskaden: Beispielhaft wären die MAPK-, p38K-, und JNK-Kaskaden zu nennen (Thome 2005). 3.1.7 Neuroanatomische Aspekte Regelkreise und Gleichgewichtshypothesen Unter physiologischen Bedingungen wird ein ungestörtes Funktionieren des Gehirns durch ein komplexes Ineinandergreifen der verschiedenen Neurotransmittersysteme und eine komplizierte Interaktion der einzelnen zentralnervösen Funktionssysteme gewährleistet („Symphonie der Synapsen“). Vermutlich haben neuroanatomische oder neurobiochemische Störungen in einem Neurotransmittersystem bzw. in einer zerebralen Funktionseinheit immer auch Alterationen in anderen Systemen zur Folge. Daher kann die Physiologie ebenso wie die Pathophysiologie des ZNS nur dann zufriedenstellend erfasst werden, wenn Modelle zur Anwendung kommen, die die Verschaltungen und Interaktionen zentralnervöser Strukturen und Transmittersysteme berücksichtigen. Die verschiedenen Transmittersysteme befinden sich in einer fein abgestimmten Balance, die mit einer Waage mit multiplen Gleichgewichten zwischen multiplen Transmittern und Modulatoren verglichen werden kann. Unter- 59 schiedliche Einzeleffekte können zu ähnlichen Nettoeffekten führen. Darüber hinaus müssen zeitliche Veränderungen und die Fähigkeit zur neuronalen Plastizität berücksichtigt werden. Solche komplexen, sich aus multiplen Faktoren zusammensetzende Modelle werden den realen Verhältnissen dennoch sicher eher gerecht als einfache Monotransmittermodelle (Birkmayer und Riederer 1986). Gleichzeitig muss die neuroanatomische Strukturierung des Gehirns mit seinen verschiedenen, miteinander interagierenden und unterschiedlich vulnerablen Funktionssystemen beachtet werden. 3.1.8 Neurochemische Regelkreise Die frühen Versuche die Interaktion von Neurotransmitter zu beschreiben haben 1972 zur Arbeitshypothese einer Balance der biogenen Amine als Voraussetzung normalen menschlichen Verhaltens geführt (Birkmayer et al. 1972). Die –zig bis millionenfachen Möglichkeiten der Interaktion von Nervenzellen mit Axon, Dendritenbaum und deren „Dornen“ spiegeln dieses Konzept auch heute noch wider. Es bestehen Fließgleichgewichte innerhalb der Nervenzellen und Homöostasen. Die Interaktion der Transmitter kann zwei, drei oder mehr Nervenzellverbindungen umfassen und in Regelkreisen münden. Dadurch wird die Funktion verschiedener Gehirnregionen gekoppelt und der Output des Systems als dessen Funktionsintegral in Form von Verhalten dargestellt (Birkmayer und Riederer 1986; Alexander et al. 1986; Carlsson 1988). Dabei wird die Funktion erregender und hemmender Neurotransmitter integriert. Der wichtigste erregende Neurotransmitter ist Glutamat, der hemmende Gammaaminobuttersäure (GABA). Regelkreise, welche diese beiden Neurotransmitter interaktiv verbinden und zusätzlich mit biogenen Transmittern verknüpft sind, z. B. Dopamin, Serotonin, Noradrenalin, sind der sogenannte „Motorloop“ sowie Regelkreise, welche limbische Regionen einschließen. Alle aber benutzen die Verknüpfung kortikaler Areale mit striatalen und thalamischen Subarealen. 60 Als entscheidendes Eingangsfilter sensorischer Informationen gilt der Thalamus. Über seine Subareale bedient er verschiedene Regelkreise, welche Motorik und Psyche und deren Interaktion steuern (Carlsson 2006; MehlerWex et al. 2006). Abbildung 3.1.11 beschreibt den Grundgedanken eines „BasalganglienThalamus-Kortex“ Regelkreises. Die unterschiedlichen Anteile des Striatums, Putamens und Nucleus Caudatus sind an verschiedene Regelkreise gekoppelt. Das Putamen wird mit motorischen Leistungen verknüpft, während der Nucleus Caudatus und der Nucleus Accumbens Eingangsstationen des „limbischen Regelkreises“ sind. Das Striatum bedient je nach Art des kortiko-striatalen Eingangssignals drei verschiedene anatomisch-funktionale Areale: (1) das sensorisch-motorische Areal, welches sensorische und motorische Informationen verarbeitet und weiter leitet, (2) das assoziative Areal, welches kognitive Informationen prozessiert und (3) das limbische Areal, welches emotionale und motiv-assoziierte Informationen verarbeitet (Alexander et al. 1986). 3 Neurobiologische Grundlagen Alexander und Crutcher (1990) beschreiben fünf solcher Regelkreise, die unterschiedliche Verhaltensmuster steuern. Mittels pharmakologischer Studien und Überlegungen war es daher auch möglich, Veränderungen dieser Regelkreise bei Schizophrenie, Parkinson-Krankheit, Attention Deficit hyperactivity disorder (ADHD) und anderen zu beschreiben (Carlsson 2006; Mehler-Wex 2006; Foley und Riederer 2000). Ein wesentlicher Aspekt der Regelkreise ist die in sich gesteuerte Aktion erregender und hemmender Transmitter. Daher existieren jeweils zwei gegeneinander gerichtete parallele Bahnen, die vom Striatum ausgehen und ihre jeweilige Aktivität an die Output-Kerne der Basalganglien weiterleiten, wo sie integral verarbeitet und als Summenintegralfunktion an den Thalamus weitergeleitet werden. Die „direkte“ vom Striatum ausgehende Bahn enthält die inhibitorischen Efferenzen von GABA, ko-lokalisiert mit Substanz P. Diese Bahn übt daher einen inhibitorischen GABA-induzierten Effekt auf den Thalamus aus. Die „indirekte“ Bahn nutzt striatale Projektionen, die GABA ko-lokalisiert mit Enkephalin nutzen und den Globus pallidus internus und den Nucleus sub- Abbildung 3.1.11: Vereinfachte Darstellung der Neuroanatomie, Neurochemie und Funktion eines neuronalen Regelkreises: die so genannte motorische Schleife (Motor Loop, nach Alexander und Crutcher, 1990), DA, Dopamin; GABA, m-Aminobuttersäure; Glu, Glutamat; GPI, Globus pallidus pars lateralis; GPm, Globus pallidus pars medialis; SNc, Substantia nigra pars compacta; SNr. Substantia nigra pars reticulata; STN, Nucleus subthalamicus