SQMed gGmbH Geschäftsstelle Qualitätssicherung nach § 137 SGB V in Rheinland-Pfalz Neugeborenen – Hörscreening (NHS) SQMed gGmbH Projekt NHS in Rheinland-Pfalz Wilhelm-Theodor-Römheld-Str. 34 55130 Mainz Telefon: Informationen für Mitarbeiter Telefax: eMail: 06131 – 62708-15 -16 06131 – 62708-22 [email protected] Bereits seit einigen Jahren empfehlen Fachleute, im Rahmen der Vorsorge-Untersuchungen bei Kindern unmittelbar nach der Geburt auch ein Neugeborenen-Hörscreening durchzuführen. Wie Sie sind mittlerweile viele geburtshilfliche Einrichtungen und neonatologische Stationen, nicht nur in Rheinland-Pfalz, dieser Empfehlung gefolgt und bieten unentgeltlich eine orientierende Hör-Untersuchung (Neugeborenen-Hörscreening, NHS) für ihre kleinen Patienten an. Damit ist schon ein wichtiger Grundbaustein in der Früherfassung und Versorgung von Hörverlusten bei Kindern gelegt. Allerdings muss dann auch eine entsprechende, kompetente Aufklärung und Sensibilisierung der Eltern erfolgen, damit der erste Verdacht auf eine Hörstörung ernst genommen und weiterverfolgt wird. Darum ist der Erfolg des NHS abhängig von Ihrer Erfahrung und Motivation, um ein qualitativ hochwertiges und möglichst umfassendes Screening aller Neugeborenen zu gewährleisten. Zusätzlich ist es sinnvoll, die Ergebnisse aller untersuchten Neugeborenen in einer zentralen Datenbank zu erfassen. So kann die Kontrolle auffälliger Messungen gewährleistet und so eine möglichst frühe Versorgung sichergestellt werden, sollte sich ein Hörverlust bestätigen. Das Projekt „Erfassung des NeugeborenenHörscreenings (NHS) in Rheinland-Pfalz“ befasst sich mit dem Aufbau einer solchen Datenerfassung und der Betreuung des Hörscreenings allgemein. Diese Information soll Ihnen als Mitarbeiter im Neugeborenen-Hörscreening (NHS) helfen, einige Fragen und Probleme zu klären, die unter Umständen während der Untersuchungen auftreten können. Hier zunächst ein paar kurze Antworten auf wichtige Fragen, die Ihnen sicher auch viele Eltern stellen werden: 1. Was versteht man eigentlich unter Neugeborenen-Hörscreening? Unter Neugeborenen-Hörscreening versteht man einen Schnelltest, mit dem das Hörvermögen eines Kindes schon unmittelbar nach der Geburt objektiv überprüft werden kann. Die dabei eingesetzten Testverfahren funktionieren automatisch und können daher auch von geschulten Nicht-Fachleuten durchgeführt werden. 75883453 2. Warum ist ein Hörtest bereits im Neugeborenenalter so wichtig? Eine versorgungsbedürftige Hörstörung tritt bei etwa 2 von 1000 Neugeborenen auf, häufig ohne erkennbare Ursache. Der Hörverlust wird jedoch oft erst dann erkannt, wenn die Sprachentwicklung auffällig ist oder sogar ganz ausbleibt. In diesem Fall ist die Entwicklung des Kindes meist schon erheblich beeinträchtigt, da für eine normale Reifung des Gehirns ausreichend visuelle, taktile und auch akustische Reize benötigt werden. Nicht nur die Sprache und das Sprechen, sondern auch die normale Ausbildung emotionaler, sozialer und geistiger Eigenschaften und Fähigkeiten sind von einem guten Hörvermögen abhängig. Leider werden viele angeborene Hörstörungen erst im Alter von 2 bis 6 Jahren erkannt und behandelt. Durch das Neugeborenen-Hörscreening kann der Zeitpunkt der Diagnose erheblich gesenkt werden. Je früher ein Hörschaden erkannt und behandelt bzw. versorgt wird, desto besser sind die Chancen des Kindes auf eine weitgehend normale Entwicklung. 3.a Das Screening war bei einem Kind auffällig. Hat es dann eine Hörstörung? Nein, nicht unbedingt. Ein auffälliges Ergebnis kann auf eine Schwerhörigkeit hinweisen. Es können jedoch auch verschiedene andere Ursachen fälschlicherweise zu einem auffälligen Ergebnis führen: Wird die Messung vor dem dritten Lebenstag durchgeführt, befindet sich gelegentlich noch Fruchtwasser im Gehörgang des Kindes. In einigen Fällen ist ein negatives Ergebnis auch auf ungünstige Messbedingen (Unruhe des Kindes, Umgebungslärm) zurückzuführen. Trotzdem sollte eine auffällige Messung unbedingt ernst genommen und so oft kontrolliert werden, bis ein eindeutiges Ergebnis vorliegt. Die Ergebnisse des Hörscreenings werden in jedem Fall im gelben Untersuchungsheft vermerkt. Zusätzlich ist die Meldung aller Ergebnisse an eine zentrale Datenerfassungsstelle sehr wichtig, um auffällige Befunde nachverfolgen zu können und so im Falle einer Hörstörung auch eine möglichst frühe Versorgung zu gewährleisten. 3.b Die Kontrolluntersuchungen waren unauffällig. Hört das Kind dann normal? Wurde beim Screening oder während der Kontrolluntersuchungen auf beiden Ohren ein normales Ergebnis erzielt, so können Sie davon ausgehen, dass das Innenohr Ihres Kindes normal funktioniert. Meist erfolgt beim Hörscreening keine Überprüfung der Hörbahn, d.h. der zentralen Hörverarbeitung. Eine Störung in diesem Bereich ist jedoch äußerst selten und tritt meist im Zusammenhang mit weiteren Erkrankungen auf. Trotz einem normalen Ergebnis im Hörscreening kann ein Kind in den kommenden Monaten oder Jahren auch noch nachträglich eine Hörstörung entwickeln. Eine grobe Überprüfung des Hörvermögens erfolgt daher auch im Zuge der Vorsorgeuntersuchungen (U1-U9). Wenn Eltern dennoch den Verdacht haben, dass bei Ihrem Kind ein Hörverlust vorliegt, sollten Sie nicht zögern, einen Facharzt für kindliche Hörstörungen (Pädaudiologe), einen spezialisierten HalsNasen-Ohren-Arzt oder eine Spezialklinik aufzusuchen. Dort kann das Hörvermögen des Kindes mit Hilfe spezieller Untersuchungsmethoden genau bestimmt werden. 75883453 2 4. Die Kontrolluntersuchungen haben eine Hörstörung bestätigt. Wie geht es jetzt weiter? Eine genaue Hör-Diagnostik bei Kindern sollte durch einen Facharzt für kindliche Hörstörungen (Pädaudiologie) oder durch einen spezialisierten Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder in einer Fachklinik erfolgen. Dort wird man den Eltern auch die Ergebnisse der Untersuchungen mitteilen und die Therapiemöglichkeiten ausführlich mit ihnen besprechen. Meist wird eine Hörstörung mit Hörgeräten versorgt. Eltern und Kind werden während dieser Zeit durch Hörgeräteakustiker oder Audiologen mit einer speziellen Ausbildung für Kinder betreut. Es ist auch wichtig, das Hörvermögen regelmäßig zu kontrollieren, um auf eventuelle Veränderungen sofort reagieren zu können. Außerdem besteht die Möglichkeit, über die zuständige Schwerhörigenschule eine Frühfördermaßnahme zu veranlassen. Speziell ausgebildete Hörgeschädigtenpädagogen betreuen und fördern das hörgeschädigte Kind zu Hause und später im Kindergarten sowie in der Schule und geben Ratschläge und Unterstützung im Umgang mit Hörstörungen. Allgemeine Informationen zum Hörscreening Anforderungen an ein qualitativ hochwertiges Hörscreening: Erfassung von mindestens 95% aller Neugeborenen Auffälligenrate unter 4% bei Entlassung (möglichst wenig falsch auffällige Ergebnisse) Erfassung von min. 95% aller untersuchten Kinder im Follow-Up (Folgeuntersuchungen) Voraussetzungen für ein effektives Hörscreening: gut geschulte, motivierte Untersucher! o gute Qualität der Messungen gezielte, kompetente Aufklärung der Eltern o Zustimmung der Eltern zu den Messungen o Sensibilisierung für Follow-Up, aber: o unnötige Verunsicherung vermeiden! Wichtige Rahmenbedingungen für jede Hörscreening-Messung: Durchführung bitte immer mit schriftlicher Zustimmung der Eltern in einem ruhigen Raum am schlafenden Kind Tipps für die Elternberatung Vor der Einwilligung: Angebot frühzeitig erwähnen Wichtigkeit der Messung kurz erläutern Unbedenklichkeit der Messverfahren betonen 75883453 3 Bei auffälligem Ergebnis Notwendigkeit des Follow-Up betonen, aber Verunsicherung der Eltern vermeiden! Anatomische und physiologische Grundlagen Beim normal funktionierenden Ohr werden alle eintreffenden Schallwellen, also Sprache, Stimmen, Geräusche etc. von der Ohrmuschel aufgenommen und dort zunächst einmal gebündelt. Bei Schallwellen handelt es sich um mechanische Schwingungen, die z.B. über Luftteilchen übertragen werden. Das äußere Ohr mit dem Gehörgang wirkt wie ein Trichter und leitet die Schallwellen bis ans Trommelfell. Über das Trommelfell werden diese Schwingungen zunächst auf die Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss, Steigbügel) im Mittelohr und dann an das Innenohr, die so genannte „Hörschnecke“ oder „Cochlea“, weitergeleitet. Diese ist mit Flüssigkeit gefüllt und enthält etwa 12.000 äußere und 3.500 innere Haarzellen auf der „Basilarmembran“. Die Flüssigkeit überträgt jeden mechanischen Schallreiz an eine bestimmte Stelle in der Cochlea. Diese arbeitet „tonotopisch“. Das bedeutet, die Tonhöhe des wahrgenommenen Tons ist abhängig von der Stelle in der Cochlea, an welcher die jeweilige Schwingung verarbeitet wurde. Die äußeren Haarzellen bewirken zunächst eine Verstärkung des Schalls, in den inneren Haarzellen findet dann die Umwandlung der mechanischen Schwingungen in elektrische Nervenimpulse statt. Der Hörnerv leitet dieses Signal über die so genannte "Hörbahn" an das Gehirn weiter, wo die weitere Verarbeitung und Zuordnung der Schallreize stattfindet. Quelle: www.hoeren-heute.de/gehoer.htm Verwendete Messverfahren beim Hörscreening: OAE = Otoakustische Emissionen 75883453 o TEOAE : transitorisch evozierte OAE o DPOAE: Distorsionsprodukt – OAE 4 OAE: entstehen durch die Bewegung der Äußeren Haarzellen im Innenohr können hauptsächlich bei der Verarbeitung eines Tones registriert werden Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Innenohres bzw. der Äußeren Haarzellen aber: keine Aussage über die Qualität des Hörvermögens möglich! BERA = Hirnstamm-Audiometrie BERA (Brainstem Evoked Response Audiometry) = ABR (Auditory Brainstem Responses) Registrierung der Schallverarbeitung über die Messung von Hirnströmen (EEG) spezielles Mittelungsverfahren erzeugt „Antwortwelle“ auf einen bestimmten Höreindruck qualitative und quantitative Aussage über Hörfähigkeit möglich! Messung genauer, aber aufwendiger als OAE Follow-Up - Diagnostik Durch Pädaudiologische Facheinrichtung: diagnostische Otoakustische Emissionen (OAE) diagnostische Hirnstammaudiometrie (BERA) Tympanometrie (Trommelfell-Messung) subjektive Audiometrie (Bestimmung der Wahrnehmungsschwelle für Töne) ggf. Therapie / Versorgung bei Bestätigung eines Hörverlustes Therapiemöglichkeiten Medikamentös bei bestimmten Formen von Schallleitungs-Störungen Operativ bei angeborener Mittelohr-Fehlbildung Apparativ (Hörgeräte, Cochlea-Implantat, FM-Anlage, ...) bei (gegenwärtig) nicht behebbarer Schallleitungs- und / oder Schallempfindungsstörung Zusätzlich: gezielte Hör-Frühförderung des Kindes, Unterstützung des Umfelds (Eltern, Verwandtschaft, Freunde, Kindergarten, Schule), Tipps zum Umgang mit der Hörstörung 75883453 5 Tipps zur Durchführung des Hörscreenings Hier einige Ratschläge, die Ihnen helfen können, die Messzeit zu reduzieren und die Qualität der Messungen zu erhöhen. Alle Hörscreening-Messungen sollten am ruhigen, schlafenden Kind durchgeführt werden. Kontrollieren Sie bitte regelmäßig, dass die Ausgänge der Messsonde sauber sind und nicht z.B. durch Creme oder Cerumen (Ohrenschmalz) verschlossen sind. Reinigen Sie die Geräteteile wie vom Hersteller empfohlen mit dem üblicherweise mitgelieferten Zubehör. Entsprechende Filter in der Sonde sollten ebenfalls regelmäßig gewechselt werden, um Messprobleme durch Verschmutzung zu vermeiden. Bei Messungen mit einer Gehörgangssonde können Sie die Ohrmuschel leicht nach hinten ziehen, um den Gehörgang des Kindes zu begradigen. Auf diese Weise lässt sich die Sonde leichter positionieren und hat einen besseren Halt. Achten Sie bitte darauf, dass Umgebungsgeräusche während der Messungen auf ein Minimum reduziert werden. Werden im Rahmen von ABR oder BERA Hirnströme abgeleitet, so achten Sie bitte darauf, dass die entsprechenden Hautpartien vor der Messung nicht eingecremt werden. Dies kann den elektrischen Widerstand der Haut erhöhen und erschwert dadurch möglicherweise die Messung von Spannungsänderungen. Reinigen Sie nach Gebrauch sämtliche Teile des Screeninggerätes, die in direktem Kontakt zum Säugling treten (Gehörgangssonden, Permanentelektroden) und entfernen Sie alle zum einmaligen Gebrauch empfohlenen Materialien (z.B. Einmalelektroden). Akkubetriebene Geräte sollten regelmäßig wieder aufgeladen werden. Meist wird auch ein Ersatzakku mitgeliefert. 75883453 6 Probleme und Lösungsvorschläge Während der Messung rutscht die Sonde aus dem Ohr, bzw. sie hat einen schlechten Halt. Wahrscheinlich ist der Gummistöpsel zu klein. Wählen Sie gegebenenfalls einen etwas größeren und positionieren Sie dann die Sonde neu. Der Stimulus lässt sich nicht ordnungsgemäß kalibrieren.. Möglicherweise ist die Sonde durch Ohrenschmalz oder Creme verschlossen. Bitte kontrollieren Sie die Ausgänge und entfernen Sie ggf. vorhandene Verschmutzungen. Die Messdauer ist ungewöhnlich hoch, bzw. es werden viele Mittelungen verworfen und der Artefaktanteil steigt an. Vergewissern Sie sich zunächst, dass das Neugeborene ruhig schläft und wiederholen Sie die Messung gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt. Stellen Sie außerdem sicher, dass keine störenden Nebengeräusche vorhanden sind. Bei der ABR- bzw. BERA- Messung zeigt sich ein sehr unruhiges EEG und es werden viele Mittelungen verworfen. Gehen Sie zunächst sicher, dass das Kind ruhig schläft. Überprüfen Sie dann die Position und den Sitz der Elektroden. Falls zur Senkung des Hautwiderstandes leitfähiges Gel verwendet wird, achten Sie darauf, Verbindungsspuren zwischen den einzelnen Messpunkten, so genannte „Gel-Brücken“, zu vermeiden. Unter Umständen kann die Ableitung der Hirnströme auch durch elektrische Störfelder im Raum beeinträchtigt werden. Vor allem netzbetriebene elektrische Geräte sollten sich daher während der Messungen möglichst nicht in unmittelbarer Umgebung des Kindes befinden. Bitte wenden Sie sich vor allem bei anhaltenden technischen Problemen auch an den Hersteller Ihres Screening-Gerätes. Für weitere Fragen bezüglich der Messverfahren oder zur Durchführung des Hörscreenings stehen Ihnen die Mitarbeiter des Landesprojektes „Erfassung des Neugeborenen-Hörscreenings (NHS) in Rheinland-Pfalz“ auch gerne persönlich zur Verfügung. Sie können uns telefonisch sowie per eMail, Fax oder auf dem Postweg 75883453 7 erreichen. Unsere Kontaktadresse finden Sie auf Seite 1 dieser Information oder unter www.nhs-rp.de. 75883453 8