Institut für Stochastik Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Dr. B. Klar WS 2009/10 Klausur Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik für Studierende des Maschinenbaus vom 08.02.2010 Musterlösungen Aufgabe 1 Gegeben sei eine Urliste mit den Paaren (x1 , y1), . . . , (x8 , y8) j xj yj a) 1 0.8 3.6 2 1.8 4.6 3 3 5 4 3.9 5.3 5 5 6.1 7 7 6.6 8 8 6.2 Berechnen Sie die Stichprobenmittel x̄, ȳ, die Stichproben-Standardabweichungen sx , sy und den empirischen Korrelationskoeffizienten rxy . Lösung: Direkt aus den Daten ergibt sich gemäß Definition 1.8 und Paragraph 1.5 unter Ausnützung der Beziehung n X j=1 (xj − x̄) · (yj − ȳ) = n X j=1 xj · yj − n · x̄ · ȳ x̄ = 4.41 ȳ = 5.44 rxy = 0.9377 b) 6 5.8 6.1 sx = 2.506 sy = 1.007 Bestimmen Sie die zugehörige Regressionsgerade y = a∗ + b∗ · x von y auf x. sy Lösung: Nach Paragraph 1.5 ist b∗ = rxy · und a∗ = ȳ − b∗ · x̄, also sx b∗ = 0.377 a∗ = 3.77 und die Regressionsgerade y = 3.77 + 0.377 · x. 6.5 5.5 3.5 4.5 y 1 2 3 4 5 6 7 8 x Punkte und Regressionsgerade y = a∗ + b∗ · x Für die Lösung der nächsten drei Aufgabenteile benötigen wir die aufsteigend sortierten y-Werte. Es ist y() = (3.6, 4.6, 5, 5.3, 6.1, 6.1, 6.2, 6.6) c) Berechnen Sie das 0.15-getrimmte Stichprobenmittel ȳ0.15 von (y1 , . . . , y8). Lösung: Mit k = [8 · 0.15] = 1 ergibt sich ȳ0.15 = d) 1 · (y(2) + . . . + y(7) ) = 5.55 8−2·1 Bestimmen Sie das Stichproben-0.3-Quantil ỹ0.3 von (y1 , . . . , y8 ). Lösung: Da 8 · 0.3 = 2.4 nicht ganzzahlig ist, ist mit k = [2.4] = 2 ỹ0.3 = y(k+1) = y(3) = 5 e) Berechnen Sie den Quartilsabstand von (y1 , . . . , y8 ). Lösung: Da 0.25 · 8 = 2 und 0.75 · 8 = 6 beide ganzzahlig sind, ergibt sich mit k1 = 2 und k2 = 6 y(k1 ) + y(k1 +1) y(2) + y(3) = = 4.8 2 2 y(k2 ) + y(k2 +1) y(6) + y(7) = = = 6.15 2 2 ỹ0.25 = ỹ0.75 und damit der Quartilsabstand zu ỹ0.75 − ỹ0.25 = 1.35. Aufgabe 2 Die Dichte f einer stetigen Zufallsvariablen X ist gegeben durch (4 − x)/8, falls 0 ≤ x ≤ 4, f (x) = 0, sonst. Das nachstehende Schaubild zeigt f : 1.2 1.1 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 −0.1 −1 1 2 3 4 5 −0.2 a) Bestimmen Sie den Erwartungswert von X. Lösung: Es gilt Z∞ EX = x · f (x) dx = Z4 x2 x3 − x/2 − x /8 dx = 4 24 2 0 −∞ 4 0 4 = . 3 b) Bestimmen Sie das zweite Moment E(X 2 ) und die Varianz V (X) von X. Lösung: Es ist 2 E(X ) = Z∞ 2 x · f (x) dx = −∞ Z4 0 x3 x4 x /2 − x /8 dx = − 6 32 8 V (X) =E(X 2 ) − (EX)2 = . 9 2 3 4 0 8 = , 3 c) Bestimmen Sie die Verteilungsfunktion F zur Dichte f , und zeichnen Sie den Graphen von F in das obigen Schaubild ein. Lösung: Es gilt 0, falls x < 0 2 x x F (x) = f (t) dt = − , falls 0 ≤ x ≤ 4, −∞ 2 16 1, falls x > 4. Rx 1.2 1.1 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 −1 −0.1 1 2 3 4 5 −0.2 d) Bestimmen Sie das 0.75-Quantil von F . Lösung: Es gilt √ x x2 ! 3 − = ⇔ x2 − 8 · x + 12 = 0 ⇔ x1/2 = 4 ± 16 − 12 = 4 ± 2. 2 16 4 Folglich muss das 0.75-Quantil von F gleich 2 sein. Aufgabe 3 In einer Urne befinden sich 3 rote und 2 schwarze Kugeln. Es werden zunächst 2 Kugeln rein zufällig und ohne Zurücklegen gezogen. Hinweis: Evtl. ist die Einführung einer Zufallsvariablen X, die die zufällige Anzahl der gezogenen roten Kugeln angibt, hilfreich. a) Mit welcher Wahrscheinlichkeit sind die beiden gezogenen Kugeln rot? Lösung: P(beide Kugeln rot) = 3 5 · 2 4 = 3 . 10 Alternativ: Die oben definierte Zufallsvariable X ist Hyp(2, 3, 2)-verteilt. Gesucht ist dann P(X = 2) = (32)·(20) = (52) 3 . 10 b) Mit welcher Wahrscheinlichkeit haben die beiden gezogenen Kugeln dieselbe Farbe? Lösung: P(beide Kugeln gleichfarbig) = 3 10 + 52 · 1 4 = 3 10 + 1 10 = 4 . 10 c) Sind die beiden gezogenen Kugeln gleichfarbig, werden zwei rote Kugeln in die Urne gelegt. Haben die beiden gezogenen Kugeln unterschiedliche Farben, werden zwei schwarze Kugeln in die Urne gelegt. Die Zufallsvariable Z bezeichne die Anzahl der roten Kugeln, die danach in der Urne liegen. Bestimmen Sie die folgenden Wahrscheinlichkeiten, und tragen Sie diese in die Tabelle ein. P(Z = 2) P(Z = 3) P(Z = 4) P(Z = 5) Lösung: Die Zufallsvariable Z nimmt die Werte 2, 3, 5 an: Es gilt Z = 2, falls die beiden gezogenen Kugeln unterschiedliche Farben haben, und Z = 3 bzw. Z = 5, falls die beiden gezogenen Kugeln rot bzw. schwarz sind. Somit gilt P(Z = 2) = 1 − 4 6 3 1 = , P(Z = 3) = , P(Z = 4) = 0, P(Z = 5) = . 10 10 10 10 Alternativ: Es gilt 1 , 10 3 P(Z = 3) = P(X = 2) = , 10 P(Z = 5) = P(X = 0) = P(Z = 2) = P(X = 1) = 1 − 4 6 = . 10 10 d) Anschließend wird nach gutem Mischen rein zufällig eine Kugel gezogen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Kugel rot ist? Lösung: Mit dem Satz über die totale Wahrscheinlichkeit erhält man P(es wird eine rote Kugel gezogen) =P(Kugel rot | Z = 2) · P(Z = 2) + P(Kugel rot | Z = 3) · P(Z = 3) + P(Kugel rot | Z = 5) · P(Z = 5) 3 3 5 1 2 6 = · + · + · 5 10 5 10 5 10 12 + 9 + 5 13 = = . 50 25 e) Wie groß ist die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass die beiden zuerst gezogenen Kugeln rot sind, unter der Bedingung, dass die zuletzt gezogene Kugel rot ist? Lösung: P(die beiden zuerst gezogenen Kugeln rot|die zuletzt gezogene Kugel ist rot) = P(alle drei gezogenen Kugeln rot)/P(die zuletzt gezogene Kugel ist rot) = 3 5 · 24 · 13 25 3 5 = 9 . 26 Aufgabe 4 Auf einer Metallhobelmaschine werden ringförmige Platten mit zufälligem Außendurchmesser X und Innendurchmesser Y hergestellt. X mit Normalverteilung N (100, 10) und Y mit Normalverteilung N (60, 6) seien stochastisch unabhängig. Falls die Ringbreite U = X−Y 2 in das Intervall [14, 26] fällt, so wird die Platte hergestellt, ansonsten wird der Vorgang abgebrochen. a) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass X zwischen 98 und 103 liegt? Lösung: 103 − 100 98 − 100 √ ) − Φ( √ ) 10 10 = Φ(0.95) − Φ(−0.63) = Φ(0.95) + Φ(0.63) − 1 = 0.8289 + 0.7357 − 1 = 0.5646. P(98 ≤ X ≤ 103) = Φ( b) Geben Sie den Erwartungswert und die Varianz von U an. Welche Verteilung hat U? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Platte hergestellt wird? Lösung: Es gilt E(U) = (100 − 60)/2 = 20; wegen der Unabhängigkeit von X und Y gilt weiterp V (U) = (10 √ + 6)/4 = 4. Nach der Faltungsformel ist U N (20, 4)-verteilt, es ist also σ := V (U) = 4 = 2. Somit folgt P(14 ≤ U ≤ 26) = P(|U − 20| ≤ 6) = P(|U − 20| ≤ 3σ) = 2 · Φ(3) − 1 = 2 · 0.9987 − 1 = 0.9974. c) Bestimmen Sie das 0.90-Quantil von U. Lösung: t − 20 ! P(U ≤ t) = Φ = 0.90 2 ⇐⇒ t − 20 ! = 1.28 2 Also ist t0.90 = 1.28 · 2 + 20 = 22.56 das 0.90-Quantil von U. d) Sei W = X+Y . Welche Verteilung besitzt W ? 2 Lösung: Es gilt W ∼ N (80, 4). e) Berechnen Sie Kovarianz und Korrelationskoeffizient von U und W . Lösung: X −Y X +Y C(U, W ) = C , 2 2 1 = · [C(X, X) + C(X, Y ) − C(Y, X) − C(Y, Y )] 4 1 1 = · (V (X) − V (Y )) = · (10 − 6) = 1. 4 4 Weiter gilt C(U, W ) 1 ρ(U, W ) = p = . 4 V (U) · V (W ) f) Die zufällige Fläche der ringförmigen Platte ist F = π · U · W = π4 (X 2 − Y 2 ). Bestimmen Sie den Erwartungswert von F . Lösung: EF = E(π · U · W ) = π · [C(U, W ) + E(U) · E(W )] = π · (1 + 20 · 80) = 1601π. Alternativ: π · E X2 − Y 2 4 π = · E V (X) + E(X 2 ) − V (Y ) − E(Y 2 ) 4 π = · (10 + 10000 − 6 − 3600) = 1601π. 4 EF = Aufgabe 5 Gegeben sei ein System von 3 parallel geschalteten unabhängigen Komponenten, welches 1 Jahr betrieben wird. Das System fällt genau dann aus, wenn alle 3 Komponenten defekt sind. Eine Komponente kostet 100 Euro. 1. Die Wahrscheinlichkeit, dass zu Beginn Komponente i (i ∈ {1, 2, 3}) defekt ist, sei gleich 12 . Ist das System zu Beginn funktionsuntüchtig, entsteht ein Schaden von 800 Euro. (a) Die (zufälligen) Gesamtkosten K1 , die zu Beginn anfallen, betragen also entweder 300 oder 1100 Euro. Bestimmen Sie P(K1 = 300) und P(K1 = 1100). Lösung: Es gilt 3 P(K1 = 1100) = 12 = 18 und somit P(K1 = 300) = 78 . (b) Berechnen Sie den Erwartungswert von K1 . Lösung: Es ist EK1 = 1100 · 18 + 300 · 7 8 = 400 Euro. 2. Nach dem Aufbau und dem Einschalten des Systems seien alle Komponenten intakt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die i-te Komponente (i ∈ {1, 2, 3}) während der Betriebszeit ausfällt, sei gleich 14 . Fällt das System während der Betriebszeit aus, entsteht ein Schaden von 8000 Euro. Nach einem Jahr wird das System abgebaut und intakte Komponenten werden für 20 Euro pro Stück an den Hersteller zurückgegeben. (a) Die Zufallsvariable Y sei definiert durch 1, falls das System während der Betriebszeit ausfällt, Y := 0, sonst. Bestimmen Sie P(Y = 1) und P(Y = 0). Lösung: Es gilt 3 1 P(Y = 1) = 41 = 64 und P(Y = 0) = 63 . 64 (b) Die Zufallsvariable Z sei die Anzahl der Komponenten, die nach einem Jahr Betriebszeit intakt sind. Geben Sie die Verteilung und den Erwartungswert von Z an. Lösung: Es gilt Z ∼ Bin(3, 3/4) und somit E(Z) = 3 · 3/4 = 9/4. (c) Berechnen Sie den Erwartungswert der durch die Zufallsvariable 300 − 20 · Z, falls Y = 0, K2 := 8300 − 20 · Z, falls Y = 1 gegebenen Gesamtkosten (einschließlich Aufbaukosten) für ein Jahr Betriebszeit. Lösung: Für die Kosten K2 gilt EK2 = 300 · P(Y = 0) + 8300 · P(Y = 1) − 20 · EZ 1 9 63 = 300 · + 8300 · − 20 · = 425 − 45 = 380. 64 64 4 Aufgabe 6 Die zufällige Lebensdauer X eines Produktes besitze die Dichte 2 · ϑ · t · exp(−ϑ · t2 ), t > 0, fϑ (t) = 0, sonst, mit einem unbekannten Parameter ϑ > 0. Hinweis: Es gilt EX = 1 2 pπ ϑ und V (X) = 4−π . 4ϑ a) Bestimmen Sie die Likelihood-Funktion Lx (ϑ) und die Log-Likelihood-Funktion Mx (ϑ) zur Stichprobe x = (x1 , . . . , xn ), wobei xi > 0 für i = 1, . . . , n. Lösung: Die Likelihood-Funktion ist ! n n n Y X Y n 2 Lx (ϑ) = fϑ (xi ) = (2ϑ) exp −ϑ xi · xi . i=1 i=1 i=1 Weiter gilt log(fϑ (t)) = log ϑ + log(2t) − ϑt2 , t>0 somit ergibt sich die Loglikelihood-Funktion zu Mx (ϑ) = n X log(fϑ ((xi )) = n X i=1 i=1 = n log ϑ + n X i=1 log ϑ + log(2xi ) − ϑx2i log(2xi ) − ϑ n X x2i . i=1 b) Bestimmen Sie den Maximum-Likelihood-Schätzer ϑ̂(x) für ϑ zur Stichprobe x. Lösung: Die Ableitung der Loglikelihood-Funktion nach ϑ ist n Mx′ (ϑ) Damit gilt Mx′ (ϑ) = 0 für ϑ = n/ Pn i=1 n X 2 = − x. ϑ i=1 i x2i . Da für die zweite Ableitung Mx′′ (ϑ) = − n <0 ϑ2 gilt, erhält man den Maximum-Likelihood-Schätzer n ϑ̂(x) = Pn i=1 x2i . c) Bestimmen Sie den Momentenschätzer ϑ̃(x) für ϑ zur Stichprobe x = (x1 , . . . , xn ). Lösung: Aus der Gleichung r 1 π = EX = x̄ 2 ϑ ergibt sich ϑ̃(x) = π . 4x̄2 d) XP 1 , . . . , Xn seien unabhängige Zufallsvariablen mit Dichte fϑ . Für welche Konstante a ist n 1 a 2 i=1 Xi ein erwartungstreuer Schätzer für γ(ϑ) = ϑ ? n Lösung: ! n n X 1 1X 2 E Xi = EXi2 = EX12 n i=1 n i=1 = V (X1 ) + (EX1 )2 = π 1 4−π + = . 4ϑ 4ϑ ϑ Der Schätzer ist also erwartungstreu für γ(ϑ) = 1/ϑ, also a = 1. Aufgabe 7 Ein Stab der Länge 1 wird an einer rein zufällig gewählten Stelle X in zwei Teile zerbrochen; es gilt also X ∼ U(0, 1). Y sei die (zufällige) Länge des kürzeren Teilstücks. a) Begründen Sie, dass P(Y > t) = 1 − 2t für t ∈ (0, 1/2) und P(Y > t) = 0 für t ≥ 1/2 gilt. Lösung: Es gilt Y = min(X, 1 − X) ∈ (0, 1/2) und somit P(Y > t) = P(X > t, 1 − X > t) = P(t < X < 1 − t) = 1 − 2t, t ∈ (0, 1/2). Für t ≥ 1/2 ist P(Y > t) = 0. b) Bestimmen Sie die Verteilungsfunktion und die Dichte von Y . Welche Verteilung hat Y ? Lösung: Die Verteilungsfunktion von Y ist FY (t) = P(Y ≤ t) = 1 − P(Y > t) = 2t für t ∈ (0, 1/2), FY (t) = 0 für t ≤ 0, FY (t) = 1 für t ≥ 1/2. Die Dichte ist fY (t) = FY′ (t) = 2 für t ∈ (0, 1/2), fY (t) = 0 (sonst). Y ist also U(0, 1/2)-verteilt. c) Bestimmen Sie Erwartungswert und Varianz von Y . Lösung: EY = 1/4, V (Y ) = (1/2 − 0)2 /12 = 1/48. d) Betrachten Sie ein Rechteck, dessen Seitenlängen die Längen der beiden Teilstücke des Stabes sind. Berechnen Sie den Erwartungswert der (zufälligen) Fläche A dieses Rechtecks. Lösung: Es ist A = X(1 − X) und somit EA = EX − E(X 2 ) = EX − (V (X) + (EX)2 )) = 1/2 − 1/12 − 1/4 = 1/6. e) Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass A größer als 5/36 ist. Lösung: Es gilt 5 5 5 A> ⇐⇒ X(1 − X) > ⇐⇒ X 2 − X + <0 36 36 36 2 2 1 4 1 1 ⇐= X − − < 0 ⇐⇒ X− < ⇐⇒ X − 2 36 2 9 Somit folgt P(A > 5/36) = P(1/6 < X < 5/6) = 4/6 = 2/3. 1 1 < . 2 3