Analysis - Hochschule Bochum

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Analysis
Faktensammlung Analysis
Im Modul
Wirtschaftsmathematik
Sommersemester 2013
Prof. Dr. Nikolaus Wolik
Wirtschaftsmathematik und Statistik
Vorwort
Die modernen Wirtschaftswissenschaften nutzen in selbstverständlicher
Weise die Instrumente der Mathematik und der Statistik. Dieses Kurzskript soll Ihnen aus dem grundlegenden Gebiet der Analysis diejenigen
mathematischen Methoden nahebringen, die für die Wirtschaftswissenschaften besonders wichtig sind. Im Zentrum steht der Begriff der Funktion. Dies ist das mathematische Konstrukt mit dessen Hilfe viele ökonomische Sachverhalte in ihren funktionalen Abhängigkeiten abgebildet
werden können, wie zum Beispiel Kosten- oder Produktionsfunktionen.
Darüber hinaus gibt uns die Analysis diejenigen Methoden an die Hand,
mit deren Hilfe solche funktionalen Zusammenhänge untersucht werden
können. Wir beschränken uns darauf, die wichtigsten Kapitel der Analysis darzustellen, die zur adäquaten Lösung von ökonomischen Fragestellungen Verwendung finden können.
Diese Unterlage wird im Verlauf des Semesters ständig fortgeführt und
ergänzt.
2
Inhalt
(vorläufig)
1 Grundlagen in Kürze
2 Reelle Funktionen einer Veränderlichen
2.1 Der Begriff der Funktion
2.2 Eigenschaften von Funktionen
2.3 Grenzwert und Stetigkeit
3 Elementare Funktionen einer Veränderlichen
3.1 Typologie der Funktionen
3.2 Ganzrationale Funktionen
3.2.1 Lineare Funktionen
3.2.2 Quadratische Funktionen
3.2.3 Polynome höherer Ordnung
3.2.4 Nullstellen von Polynomen
2.3 Gebrochen rationale Funktionen
2.4 Wurzelfunktionen
2.5 Exponential- und Logarithmusfunktionen
3 Differentiation reeller Funktionen einer Veränderlichen
3.1 Ableitungen
3.2 Ökonomische Bedeutung der Ableitung
3.3 Anwendung der Differentialrechnung
4 Stammfunktion und Integral
4.1 Einfache Integrationen
4.2 Ökonomische Anwendungen
5 Funktionen mehrerer Veränderlicher
5.1 Begriff multivariater Funktionen
5.2 Partielle Ableitungen
5.3 Extremierung von Funktionen mehrerer Veränderlichen
5.3.1 Extremierung ohne Nebenbedingungen
5.3.2 Extremierung mit Nebenbedingungen
2. Elementare Funktionen einer Veränderlichen
0 Grundlagen in Kürze
Vgl. Vorlesungsnotizen zu
 Mengen
 Binomische Formeln
 Beachten Sie Übungsblatt 1
1 Reelle Funktionen einer Veränderlichen
Analysis ist das mathematische Hilfsmittel zur Untersuchung „funktionaler Zusammenhänge“ in der Ökonomie.
In diesem Kapitel lernen wir, wie solche Sachzusammenhänge mit Hilfe der Funktion
beschrieben werden können.
Dazu lernen wir zunächst die Funktion und ihre Darstellungsmöglichkeiten kennen.
Im Anschluß daran werden wir die wichtigsten Eigenschaften von Funktionen diskutieren, sofern sie in der ökonomischen Anwendung von Interesse sind.
1.1 Der Begriff der Funktion
Viele ökonomische Größen stehen in einer funktionalen Beziehung zueinander, d.h.
die Werte einer ökonomischen Größe hängen in eindeutiger Weise von den Werten
anderer ökonomischer Größen ab.
Bild 1
Ist für ein Produkt im Markt ein Preis p je
Mengeneinheit gegeben, so ist jeder verkauf-
Menge
x
1
1,2
…
…
…
Mal
Preis
p=3





Umsatz
U=px
3 1=3
3 1,2=3,6
…
…
…
ten Mengeneinheit x der Umsatz (=Preis mal
Menge) px in eindeutiger Weise zugeordnet.
Der Umsatz U ist, bei gegebenen Preis p, eine
Funktion der Menge x.
U  U ( x)  p  x
4
2. Elementare Funktionen einer Veränderlichen
Die Umsatzfunktion U ordnet jeder unabhängigen Variablen x die abhängige Variable
U(x) in eindeutiger Weise zu.
Nach mathematischer Konvention wird die unabhängige Variable x und die abhängige Variable y genannt. Die Zahlen aus denen die x-Werte stammen dürfen, bilden
die Definitionsmenge.
Wird jedem x aus der Definitionsmenge eindeutig eine Zahl y zugeordnet dann ist y
eine Funktion von x und man schreibt y  f ( x ) .
Bild 2
Weitere Schreibweisen:
y  y( x)
D(f)
W(f)
oder
f : x  y  f ( x)
1
1,2
x
1
3,6
f(x)
Mittels der Zuordnungsvorschrift f werden die
9
27
Der Umsatz U ist, bei gegebenen Preis p=3,
Funktionswerte y berechnet.
Bsp.:
eine Funktion der Menge x.
U  U ( x)  3  x
In diesem Beispiel ist die Zuordnungsvorschrift f(x) = 3x .
Die Definitionsmenge wird aus der Zuordnungsvorschrift i.a. durch diejenigen Werte
bestimmt, die mathematisch für x eingesetzt werden könnten.
In diesem Beispiel können alle reellen Zahlen für x eingesetzt werden.
Jedoch sind negative Verkaufsmengen ökonomisch nicht sinnvoll. Daher wird die Definitionsmenge hier sinnvoller Weise auf die nichtnegativen reellen Zahlen eingeschränkt.
D( f )   
Die Definitionsmenge ist beschreibender Bestandteil der Funktion.
Die Menge alle so zu berechnender y-Werte heißt Wertebereich W(f) der Funktion.
Ist der y-Wert einer Funktion von mehreren Parametern abhängig, wie z. B. die zu
zahlende Einkommensteuer vom Einkommen, Steuerklasse, Kinderzahl ... abhängt,
5
2. Elementare Funktionen einer Veränderlichen
so ist y  f ( x1 ,..., xn ) eine Funktion in n Variablen. Ihr Definitionsbereich ist eine
Teilmenge des n. Solche Funktionen werden erst im Kapitel 5 behandelt.
Definition (Reelle Funktionen): Eine reelle Funktion f: D ist eine Abbildung, die
jedem x aus einer Teilmenge D des  eindeutig eine reelle Zahl y = f(x) zuordnet.
D heißt Definitionsbereich von f,
x
unabhängige Variable,
y
abhängige Variable.
Der Bereich aller so zustande kommenden y-Werte ist der Wertebereich von f.
Grafische Darstellung von Funktionen
Ist eine Funktion y=f(x) gegeben, so kann man eine Wertetabelle anlegen, um sich
einen Überblick zu verschaffen, oder die gefundenen Werte in ein Koordinatenkreuz
einzeichnen:
f(x) = 3x
10
D(f) = +
x
y
5
-3
-9
0
-2
-6
-1
-3
0
0
1
3
2
6
3
9
-4
-2
0
2
4
-5
-10
Auf diese Weise erhält man eine noch lückenhafte Information über einzelne Werte.
Verfeinert man die Wertetabelle und berechnet immer mehr Zwischenschritte so gelangt man schließlich zum Grafen der Funktion, er ist das Bild der durch die Funktionsvorschrift gegebenen Funktion.
Graf von f(x)=3x
10
8
6
4
2
0
-4
-3
-2
-1
-2 0
-4
1
2
3
4
6
2. Elementare Funktionen einer Veränderlichen
Beispiele ökonomischer Funktionen
Lineare Kostenfunktion
Degressive Kostenfunktion
Quadratische Umsatzfunktion
Progressive Kostenfunktion
Preis-Absatzfunktion
Ertragsgesetzliche Produktionsfunktion.
7
2. Elementare Funktionen einer Veränderlichen
1.2 Eigenschaften von Funktionen
Fährt man den
Bild 6
Grafen dieser
Funktion entlang, so entdeckt man
wichtige Eigenschaften
und markante
Stellen einer
Funktion.
Die Funktion
weist in verschiedenen
Abschnitten
unterschiedliches Wachstumsverhalten auf. Diese Abschnitte stellen Intervalle dar.
Definition (Intervalle): Intervalle sind Teile der reellen Zahlenachse:
I=[a,b] := {x  | a  x  b }
abgeschlossenes Intervall
I=(a,b) := {x  | a<x<b }
offenes Intervall
I=[a,b) := {x  | a  x<b }
rechtsoffenes Intervall
I=(a,b] := {x  | a<x  b }
linksoffenes Intervall
Steigt oder fällt die Funktion in jedem Punkt eines Intervalls, spricht man von Strenger Monotonie; sind konstante Abschnitte möglich, spricht man lediglich von Monotonie.
8
2. Elementare Funktionen einer Veränderlichen
Definition (Monotonie): Eine Funktion f: D   heißt auf dem Intervall I

monoton wachsend,
wenn für x1, x2  I gilt: aus x1 <x2 folgt: f(x1)  f(x2)

monoton fallend,
wenn für x1,x2  I gilt:
aus x1<x2 folgt: f(x1)  f(x2).
Definition (Strenge Monotonie): Eine Funktion f: D   heißt auf dem Intervall I

streng monoton wachsend, wenn für x1, x2  I gilt: aus x1 < x2 folgt, f(x1)<f(x2)

streng monoton fallend, wenn für x1, x2  I gilt: aus x1 <x2 folgt f(x1)>f(x2).
Nullstellen einer Funktion sind die Stellen, an denen die Funktion die x-Achse
schneidet.
Definition (Nullstellen): Gilt für eine Funktion f: D   und für ein x0  D: f(x0) = 0,
dann heißt x0 Nullstelle von f.
9
2. Elementare Funktionen einer Veränderlichen
Bild 7
Fährt man den
Grafen dieser
Funktion entlang, so entdeckt man
wichtige Eigenschaften
und markante
Stellen einer
Funktion.
Beschreibt die Funktion von links nach rechts gesehen eine Linkskurve, so nennt
man die Funktion in diesem Bereich konvex. Beschreibt sie eine Rechtskurve, nennt
man sie im entsprechenden Intervall konkav.
Definition (konvex, konkav): Eine reelle Funktion f: D   heißt im Intervall I
(streng) konvex, wenn für beliebige Werte x1 und x2 aus I die Sekante zwischen
(x1,f(x1)) und (x2,f(x2)) im Intervall (x1, x2) stets oberhalb des Grafen von f liegt:
x1 , x2  D, x1  x2 , t  (0,1) gilt : f (tx1  (1  t ) x2 )  tf ( x1 )  (1  t ) f ( x2 )
Sie heißt im Intervall I (streng) konkav, wenn für beliebige Werte x1 und x2
aus I die Sekante zwischen (x1,f(x1)) und (x2,f(x2)) im Intervall (x1, x2) stets unterhalb
des Grafen von f liegt:
x1, x2  D, x1  x2 , t  (0,1) gilt :
f (tx1  (1  t ) x2 )  tf ( x1 )  (1  t ) f ( x2 )
Diejenigen Stellen, an denen die Funktion ihren Drehsinn ändert, nennt man Wendestelle der Funktion.
Die Eigenschaft der Konvexität respektive der Konkavität sind von großer ökonomischer Bedeutung
10
2. Elementare Funktionen einer Veränderlichen
Lokale Extremstellen sind diejenigen Stellen einer Funktion, die zumindest in einem
Intervall um diese Stelle herum einen Gipfel, d.h. ein Maximum, oder eine Talsohle,
d.h. ein Minimum, darstellen.
Die Eindeutigkeit der Zuordnung ist ein wesentlicher Bestandteil der Definition des
Funktionsbegriffes. Zu einem x-Wert gehört höchstens ein y-Wert.
Das folgende Bild stellt somit keine Funktion dar:
Bild 8a
Man kann vertikale Linien finden, die
den Grafen in (mindestens) zwei Punkten schneiden.
Einem x wären zwei y-Werte zugeordnet.
Das folgende Bild stellt jedoch eine Funktion dar:
Bild 8b
Es ist möglich, dass ein y-Wert von
zwei verschiedenen x-Werten aus erreicht wird.
Ist auch dieser Fall ausgeschlossen, dann hat die Funktion eine besondere Eigenschaft, die man Injektivität nennt:
Bild 8c
Jedes Element y aus dem Wertebereich von f wird nur von einem x aus erreicht.
In diesem Fall haben horizontale Linien höchstens einen Schnittpunkt mit dem Grafen der Funktion.
11
2. Elementare Funktionen einer Veränderlichen
Umkehrfunktionen
Wir betrachten die Nachfragefunktion x N  f ( p )  100 
1
p . Sie ordnet jedem Preis
2
p diejenige Menge x zu, die zu diesem Preis auf dem Markt nachgefragt wird.
Bild 9a
Es ist eine normale Nachfrage damit abgebildet worden: Mit steigendem Preis
fällt die Nachfrage.
Oftmals stellt man die umgekehrte Frage: Welcher Preis gehört zu einer gegebenen
Nachfragemenge x ?
Bild 9b
Am Grafen liest man die Antwort ab, indem man die „Leserichtung“ umkehrt.
Die Rolle von abhängiger und unabhängiger Variablen werden vertauscht.
Um diese Frage rechnerisch zu beantworten, löst man die Gleichung
x N  f ( p )  100 
1
p einfach nach p auf: p  f
2
1
( x n )  200  2 x n .
Die nach p aufgelöste Funktionsvorschrift x N  f ( p ) heißt Umkehrfunktion von f und
wird mit p  f 1 ( x n ) bezeichnet. Sie stellt denselben funktionalen Zusammenhang
dar, jedoch sind die Rollen von abhängiger und unabhängiger Variablen vertauscht.
12
2. Elementare Funktionen einer Veränderlichen
Die Auflösung ist nur dann eindeutig möglich, wenn jedes p nur von einem x erreicht
wird, d.h. wenn f injektiv ist. Daher sind injektive Funktionen stets auf ihrem Wertebereich umkehrbar.
Umkehrbar Bild 10
Nicht umkehrbar Bild 11
Zeichnet man Funktion und Umkehrfunktion in das gleiche Achsenkreuz und vertauscht nur die „Abhängigkeiten“ so entsteht nichts neues.
Bild 12
Allerdings ist es üblich, die unabhängige
Variable auf der horizontalen und die
abhängige Variable auf der vertikalen
Achse abzutragen.
In der Mathematik ist es eine Konvention, die unabhängige Variable mit x und die
abhängige Variable mit y zu bezeichnen.
Da in ökonomischen Funktionen die Bezeichnungen eine Interpretation haben, ist
hier allerdings eine Umbenennung (ein Variablentausch) nicht angebracht.
13
2. Elementare Funktionen einer Veränderlichen
1.3 Grenzwert
Mit dem Grenzwert einer Funktion versucht man zu beschreiben, welchem Wert sich
die Funktionswerte nähern, wenn man sich mit den Argumenten einer bestimmten
Stelle nähert oder ob die Funktion über alle Grenzen wächst.
Betrachten wir die Funktion f ( x ) 
2x 2  4x  2
. Sie ist für x=1 nicht definiert.
x 1
Rechnet man allerdings die Funktionswerte aus für Argumente die immer näher bei Eins liegen, so erkennt man,
dass sich die Funktion dem Wert 2 nähert.
Der Grenzwert der Funktion für x gegen
1 ist 2: lim f ( x )  2
x 1
Bild 13
Wächst die Funktion allerdings über
(unter) alle Grenzen, wenn x gegen x0
strebt, dann nennt man die Funktion
bestimmt divergent.
lim f ( x )  
x  x0
lim f ( x )  
x  x0
14
2. Elementare Funktionen einer Veränderlichen
Bild 15
Verhalten der Funktion im Unendlichen:
Läßt man x gegen Unendlich streben,
so kann es sein, daß sich die Werte
f(x) immer mehr einer reellen Zahl a
annähern.
lim f ( x )  a
x
15
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