Kantonale Unternehmensbesteuerung: für Genf eine entscheidende

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REPUBLIQUE ET CANTON DE GENEVE
Chancellerie d'Etat
Service communication et information
Genf, 11. Oktober 2012
An die Medienschaffenden
Pressemitteilung des Staatsrates
Kantonale Unternehmensbesteuerung: für Genf eine entscheidende
Frage
Über 20 000 Beschäftigte in Vollzeitäquivalenten, über eine Milliarde Franken Steuereinnahmen
für den Kanton und die Gemeinden und nahezu 10 Prozent der gesamten Wertschöpfung des
Kantons: das sind gemäss einer vom Staatsrat in Auftrag gegebenen exklusiven Studie des
Instituts CREA die direkten Auswirkungen der 945 Gesellschaften mit besonderem Steuerstatus
und der 136 mit diesen zusammenhängenden Unternehmen.
Addiert man die direkten, die indirekten und die induzierten Effekte auf die Wirtschaft des
Kantons, generieren diese Unternehmen rund 50 000 Stellen in Vollzeitäquivalenten und
erwirtschaften nahezu ein Viertel des kantonalen BIP.
Der Staatsrat bereitet sich seit zwei Jahren auf die absehbare Abschaffung der kantonalen
Steuerstatus vor, die nach schweizerischem Gesetz zulässig sind, von der EU aber als Verstoss
gegen ihren Verhaltenskodex gewertet werden. Um verheerende wirtschaftliche und soziale
Folgen von massiven Betriebsverlagerungen zu vermeiden, empfiehlt der Staatsrat eine starke
Senkung des effektiven Steuersatzes für alle Unternehmen. Um die sich daraus ergebenden
erheblichen Einkommensausfälle auf einem erträglichen Niveau zu halten, wird Genf auf
Bundesebene entsprechende Ausgleichszahlungen fordern.
Das Mandat des Bundesrats zum Dialog mit der Europäischen Union über Unternehmenssteuerregimes wurde am 4. Juli 2012 beschlossen und legt drei Ziele fest: die steuerliche Attraktivität
des Unternehmensstandorts Schweiz soll gewahrt bleiben, die internationale Akzeptanz der
schweizerischen Unternehmenssteuerordnung soll gefördert werden und die Steuereinnahmen von
Bund, Kantonen und Gemeinden zur Finanzierung ihrer Tätigkeiten sollen sichergestellt sein. Die
Verhandlungen betreffen vor allem: die kantonalen Steuerstatus für Unternehmen, die Beteiligungen an
anderen Unternehmen halten (Holdings), reine Verwaltungsgesellschaften mit Sitz in der Schweiz
(Domizilgesellschaften) sowie Unternehmen, die weltweit Güter kaufen und verkaufen, ohne sie durch
die Schweiz zu befördern (Gemischte Gesellschaften). Diese Status sind in Brüssel seit einigen Jahren
umstritten, da sie ausländische und inländische Erträge steuerlich unterschiedlich behandeln.
Erhebliche Folgen für die kantonale Wirtschaft
Für mehrere Schweizer Kantone, darunter alle wichtigen Wirtschaftszentren des Landes, ist dieser
Status von erheblicher Bedeutung. Eine Studie des CREA-Instituts, die auf der Basis der Zahlen des
Jahres 2008 vom Staatsrat in Auftrag gegeben wurde, liefert erstmals konkrete Angaben zu den
Auswirkungen der 945 Gesellschaften mit besonderem Status sowie der 136 mit diesen direkt
verbundenen Unternehmen für den Kanton Genf und die .
Die direkte Auswirkung dieser Gesellschaften sind 19 288 Stellen in Vollzeitäquivalenten, das sind
8,1% der Gesamtbeschäftigung des Kantons. Sie zahlen 576 Millionen Franken an
Unternehmenssteuer an den Kanton und die Gemeinden, was 35% der Gesamterträge aus dieser
Steuer entspricht. Dazu kommen 435 Millionen Franken an Steuern auf natürliche Personen, die an den
Kanton und die Gemeinden gehen, was 13% der Gesamterträge aus dieser Steuer entspricht.
Insgesamt zahlen dieses Gesellschaften somit 1011 Millionen Franken an Steuern an den Kanton Genf
und seine Gemeinden. Zudem fliessen 640 Millionen Franken an Gewinnsteuern an den Bund. Auf
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makroökonomischer Ebene erwirtschaften die entsprechenden Gesellschaften im Kanton einen
direkten Mehrwert von 3,72 Milliarden Franken, was 9,4% der gesamten Wertschöpfung entspricht.
Zu diesen direkten Auswirkungen kommen die indirekten Auswirkungen auf die Zulieferer von Gütern
und Dienstleistungen dieser Unternehmen hinzu. Gemäss CREA-Studie lassen sich diese indirekten
Auswirkungen mit 15 064 Stellen in Vollzeitäquivalenten und 2,6 Milliarden an zusätzlicher
Wertschöpfung für die kantonale Wirtschaft beziffern.
Weiter zu berücksichtigen sind die induzierten Auswirkungen durch den Mitnahmeeffekt bei Ausgaben
von direkten und indirekten Auswirkungen. Gemäss Studie ergibt sich bei Addierung der direkten, der
indirekten und der induzierten Auswirkungen eine Gesamtwertschöpfung für den Kanton in der
Grössenordnung von 9,6 Milliarden Franken. Auf die Beschäftigung bezogen entspricht dies gesamthaft
etwas mehr als 50 000 Vollzeitäquivalenten. Wie CREA betont, geht die Studie von einer
"konservativen" Annahme aus und die Ergebnisse sind vermutlich zu tief geschätzt.
Verheerende wirtschaftliche und soziale Erschütterungen verhindern
Angesichts der unnachgiebigen Haltung der Europäischen Union kann eine umfassende, zuverlässige
Antwort der Schweiz zur Verhinderung von schweren Retorsionsmassnahmen nur in der Abschaffung
der umstrittenen Status bestehen. Würde folglich der normale Steuersatz auf diese Gesellschaften
angewandt, würde sich deren Steuerbelastung verdoppeln, was die meisten als untragbar einschätzen
dürften. Das Ergebnis wäre unvermeidlich eine massive Verlagerung in andere Kantone, die bereits
Ansätze von unter 15% anwenden, oder in eines der zahlreichen Länder mit einem attraktiven
Steuersystem, die sich aktiv um Investitionen und Unternehmensansiedlungen bemühen. Es müssten
nur einige wichtige Akteure abwandern, und unser Kanton würde wirtschaftlich und sozial gravierend
darunter leiden.
Die Aufhebung der Steuerstatus sollte daher von einer allgemeinen Senkung der Besteuerung der
Erträge von juristischen Personen begleitet sein, um den Erhalt der betroffenen Gesellschaften und der
von diesen generierten Stellen sicherzustellen. Eine solche Massnahme würde der Schweiz erlauben,
sich ein aus EU-Sicht untadeliges Steuerregime zu geben und alle Gesellschaften in Zukunft gleich zu
behandeln. Da es sich um die kantonale Umsetzung neuer gesetzlicher Bestimmungen handelt, sobald
diese auf Bundesebene beschlossen werden, ist der Staatsrat der Ansicht, dass ein effektiver
Steuersatz von 13% am besten dazu beitragen könnte, die Wettbewerbsfähigkeit des Kantons zu
wahren. Der definitive Steuersatz müsste die Auswirkungen möglicher eurokompatibler Massnahmen
mitberücksichtigen, die infolge der Abschaffung des umstrittenen Status eingeführt werden könnten.
Unverzichtbarer Ausgleich für Kantone und Gemeinden
Die Kosten einer Senkung der Gewinnsteuern auf 13% mit völliger Anrechnung der Gewinnsteuer auf
die Kapitalsteuer würden sich gemäss Schätzungen der Steuerverwaltung auf 457 Millionen Franken
(Wert 2008) belaufen, wovon 387 Millionen auf den Kanton und 70 Millionen auf die Gemeinden
entfallen würden.
Angesichts dieser Kosten betont der Staatsrat, dass eine solche Reform für den Kanton Genf – wie für
die anderen Stadtkantone – ohne erhebliche Ausgleichszahlungen des Bundes nicht tragbar ist.
Diese Ausgleichszahlungen müssen die Steuerausfälle für den Kanton und die Gemeinden erträglich
machen. Sie sind umso gerechtfertigter, als die Gesellschaften mit besonderem kantonalem
Steuerstatus wie alle anderen juristischen Personen die vom Bund erhobene Gewinnsteuer vollständig
entrichten. Der Bund ist daher ebenso wie die Kantone daran interessiert, eine eurokompatible Lösung
zu finden, um massive Betriebsverlagerungen zu verhindern und entsprechend den Zielen des Mandats
vom 4. Juli 2012 "die Einnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden zur Finanzierung staatlicher
Tätigkeiten" sicherzustellen.
Mehrere denkbare Lösungen
Die nationale Diskussion über die Ausgleichszahlungen ist daher untrennbar mit dem Ausgang der auf
internationaler Ebene zwischen Bern und Brüssel geführten Verhandlungen verbunden. Mehrere
Lösungen sind zu prüfen. Sie müssen in jedem Fall eine langfristige Rechtssicherheit für die Schweiz
gewährleisten. Folglich gilt es zu verhindern, dass in den Kantonen Steuersätze angewandt werden, die
tiefer liegen als die niedrigsten Steuersätze in der Europäischen Union, und dass die Kantone
steuerliche Massnahmen ergreifen, die nicht eurokompatibel sind.
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Eine mögliche Lösung könnte in der Senkung der Gewinnsteuer auf Bundesebene liegen, die den
Kantonen erlauben würde, ihre Steuersätze zu erheben, ohne sich auf den effektiven
Gesamtsteuersatz auszuwirken. Mit dieser Lösung müsste unbedingt die Festlegung eines effektiven
Mindeststeuersatzes einhergehen, der demjenigen Irlands (12,5%) vergleichbar ist. Eine andere
Lösung könnte darin bestehen, den Anteil der direkten Bundessteuer, der an die Kantone
rücküberwiesen wird (gegenwärtig 17%), zu erhöhen. Diese Lösungen sind politisch heikel, da sie mit
einer bedeutenden Ausfall an Steuereinnahmen für den Bund einhergehen.
Ausgleichszahlungen könnten auch über eine höheren Beitrag des Bundes zu einigen wichtigen
Leistungen erfolgen, die durch die Stadtkantone finanziert werden, wie den Hochschulen. Von diesen
Leistungen profitiert die ganze Schweiz und sie tragen entscheidend zum Erhalt der
Wettbewerbsfähigkeit des Landes bei.
Schliesslich sollten auch die Grundsätze des interkantonalen Finanzausgleichs im Sinne einer
bedeutenden Erhöhung des Ausgleichs der Lasten überprüft werden, die von den Stadtkantonen
aufgrund soziodemografischer Faktoren zu tragen sind, auf Kosten des Ausgleichs der Lasten, die mit
geotopografischen Faktoren zusammenhängen. Ebenso gilt es einen möglichen Einbezug der durch die
Hochschulen induzierten Lasten in die Berechnung des Finanzausgleichs zu prüfen.
Der Staatsrat betont, dass das für den Kanton Genf tragbare Mass an Reduktion der effektiven
Steuerveranlagung von juristischen Personen sowie die Fähigkeit des Kantons, die Verluste der
Gemeinden teilweise auszugleichen, weitgehend von der Art und dem Ausmass der
Ausgleichszahlungen abhängen werden, die der Bund einführen wird. Wie die anderen stark
betroffenen Kantone wird Genf keine Reform dulden, die ungerecht wäre, die wichtigsten
Wirtschaftszentren des Landes massiv benachteiligen würde und letztlich negative Folgen für die
gesamte Schweiz hätte.
Information: Roland Godel, stellvertretender Generalsekretär, FD, 022 327 98 07.
Zugehörige Unterlagen
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