Universität des Saarlandes Prof. Dr. Ludger Santen ¥ ¨ Übungen zur Theoretischen Physik IV (Statistische Mechanik) SS 2008, Blatt 8 § 1. Aufgabe: Dichtematrizen von Photonen ¦ 7 Punkte (2+3+2) a) Geben Sie die Dichte-Matrizen eines vertikal polarisierten Photons |V i und eines¡horizontal ¢ polarisierten Photons |Hi an. Verwenden Sie dabei bitte diese Zustände, d.h. |V i = 10 , |Hi = ¡0¢ 1 , als Basis. √ b) Geben Sie die Dichte-Matrizen eines diagonal polarisierten Photons |Di = 1/ 2 (|V i + |Hi) sowie eines Ensembles von unpolarisierten Photonen an. c) Berechnen Sie von den Systemen in (b) jeweils die Normierung Tr(ρ) und überprüfen Sie, ob es sich jeweils um einen gemischten oder reinen Zustand handelt, indem Sie Tr(ρ2 ) berechnen. Hinweis: Beachten Sie die Bemerkung 2 am Rand von S. 136 im Buch von Sethna. 2. Aufgabe: Quantisierung von Gitterschwingungen 15 Punkte (5+4+4+2) Wir betrachten eine eindimensionale Kette der Länge L von aneinander gebundenen Atomen. In dieser Aufgabe werden wir zeigen, dass dieses System stark wechselwirkender Teilchen (mathematisch) äquivalent zu einem Gas freier Teilchen ist. Bei großen Systemen und tiefen Temperaturen1 kann man das System durch gekoppelte harmonische Oszillatoren im Kontinuumslimes beschreiben. Die Energie des Systems ist dann gegeben durch die Hamiltonfunktion Z L τµ µ (∂x u(x, t))2 , (1) H(u(x)) = dx (∂t u(x, t))2 + 2 2 0 wobei u(x, t) das Feld der Auslenkungen der Atome am Ort x zur Zeit t, µ die Massendichte und τ eine effektive Kopplungskonstante, die sich aus dem Bindungspotential der Atome ergibt, bezeichnen. ¡ mπ ¢ P a) Schreiben Sie das Feld als Fourierreihe u(x, t) = ∞ m=0 qm (t) sin L x mit den Normalkoordinaten qm (t). Zeigen Sie, dass sich damit die Hamiltonfunktion als Summe ungekoppelter harp monischer Oszillatoren in den Normalkoordinaten qm mit Eigenfrequenzen ωm = τ π 2 /2L2 m und Masse M = Lµ/2 schreiben lässt. RL RL Hinweis: Nutzen Sie 0 dx sin(πmx/L) sin(πm0 x/L) = 0 dx cos(πmx/L) cos(πm0 x/L) = L/2 δm,m0 . Nun gehen wir zu einer quantenmechanischen Betrachtung über. Die Energieniveaus ungekoppelterPharmonischer Oszillatoren mit jeweils Eigenfrequenz ωm lassen sich dann schreiben als E = m }ωm (1/2 + nm ), wobei nm die angeregten Zustände numeriert. 1 Eine genaueres Kriterium ist, dass T << ΘD mit der Debye-Temperatur ΘD , welche je nach Material in der Größenordnung 102 bis 103 K liegt. Bei höheren Temperaturen wird die diskrete Gitterstruktur relevant. 1 b) Zeigen Sie, dass das betrachtete System statistisch äquivalent zu einem idealen Bosonen-Gas mit Energie }ωm je Teilchen ist, indem Sie die kanonische Zustandsumme der Kette als eine großkanonische Zustandssumme von freien Bosonen schreiben2 . P Achtung: Bei der Rechnung tritt ein scheinbar divergierender Faktor exp(− ∞ m=0 }ωm /2kB T ) auf, da die diskrete Gitterstruktur vernachlässigt wurde. Tatsächlich ist die Summe aber effektiv durch die Debyefrequenz ωD begrenzt und der Faktor liefert nur einen konstanten irrelevanten Beitrag (Nullpunktsenergie). c) Zeigen Sie, dass die Wärmekapazität CV = ∂E ∂T (bei tiefen Temperaturen) des Systems proportional zur Temperatur ist. Schreiben Sie dazu die Summe über alle Zustände n als Integral. Hinweis: Sie werden auf ein Integral stoßen, dass Sie nicht elementar lösen können. Das ist auch nicht notwendig, bringen Sie es stattdessen durch die Substitution x = }ωm /kB T in eine dimensionslose Form, die dann nur einen konstanten Vorfaktor liefert. d) In drei Dimensionen verläuft die Rechnung ganz analog, einzig mit dem Unterschied, dass das Integral aus c) dreidimensional ist. Begründen Sie, dass daher die Wärmekapazität eines dreidimensionalen Festkörpers bei tiefen Temperaturen proportional zu T 3 ist. 3. Aufgabe: Fermionen bei tiefen Temperaturen 11 Punkte (4+7) Wir betrachten ein nicht-wechselwirkendes und nicht-relativistisches Elektronen-Gas mit Volumen V , Teilchenzahl N bei tiefen Temperaturen T , genauer kB T ¿ µ. 3 a) Wegen der Unschärferelation nimmt jeder Zustand ein Phasenraumvolumen h3 ein. Die Zustandsdichte eines Systems ist die Anzahl der Zustände pro Energieintervall, g(²) := dΩ(²) d² , wobei 0 Ω(²) die Anzahl der Zustände mit Energie ² < ² bezeichnet. Zeigen Sie, dass (2m)3/2 √ ². (2) h3 Die Fermienergie ²F ist definiert als die Energie, bis zu der alle Zuständen eines FermionenSystems bei Temperatur T = 0 gefüllt sind. Berechnen Sie diese für ein Elektronen-Gas (Spin 1/2) mit N Teilchen. g(²) = 2πV b) Berechnen Sie das chemische Potential µ in Abhängigkeit von ²F und zeigen Sie, dass die Wärmekapazität CV = ∂E/∂T bei tiefen Temperaturen (bis 2. Ordnung in T /²F ) und fester Teilchenzahl N proportional zu T ist. Nutzen Sie dafür die Relationen Z ∞ Z ∞ g(²) d² ² g(²) d² N= , E= . (3) exp[(² − µ)/kB T ] + 1 exp[(² − µ)/kB /T ] + 1 0 0 R² und die Tatsache, dass N = 0 F g(²) d². Hinweise: Sie können die Näherungen 1 e(²−µ)/kB T + 1 ≈ θ(µ − ²) + π2 0 δ (µ − ²)T 2 und 6 Z Z µ f (²) d² ≈ 0 ²F f (²) d² + (µ − ²)f (²) (4) 0 verwenden (f beliebige analytische Funktion). Die der Delta-Funktion ist definiert R R “Ableitung” 0 0 durch partielle Integration: f (x)δ (x) dx = − f (x)δ(x). Nähern Sie außerdem g 0 (µ)T 2 ≈ g 0 (²F )T 2 . 2 Diese Quasiteilchen werden Phononen genannt. 3 Für Festkörper bei Zimmertemperatur liegt µ/kB ≈ ²F /kB in der Größenordnung 104 K, daher ist diese Näherung in der Regel sehr genau. 2