Gemeinsam gegen sexuelle Belästigung Schwerpunkt: Arbeitsplatz Foto: Rainer Kriesch Expertin: Mag.a Sandra Konstatzky, Gleichbehandlungsanwaltschaft Ein Kollege redet am Mittagstisch „über die geilen Hasen“ vom Samstagabend, ein Mitschüler hängt in der Klasse ein Poster mit nackten Frauen auf, der Fahrlehrer sagt ständig „Pupperl“ zu mir und berührt mich unabsichtlich, als er mir die Gangschaltung erklärt, ein Kollege fragt mich „wie die Nacht mit meinem Freund gestern war“. Das alles und viel mehr passiert Tag für Tag. Doch meist werden solche Vorfälle tabuisiert, heruntergespielt oder es wird so getan, als ob es ganz normal wäre, dass Frauen derartige Belästigungen aushalten müssten. Was ist sexuelle Belästigung? Welche Formen sexueller Belästigung gibt es und wann wird von sexueller Belästigung gesprochen? Bevor diese Fragen später im Workshop im Detail und auf Grundlage von Gesetzen erklärt und besprochen wurden, begann die Expertin Mag.a Sandra Konstatzky, stellevertretende Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft, mit einem Meinungsbarometer zum Thema. Es wurden verschiedene Situationen zum Thema sexuelle Belästigung dargelegt. Die Workshop-TeilnehmerInnen sollten auf Basis ihres bisherigen Wissens und persönlicher Einschätzung beurteilen, ob bestimmte Vorfälle und Situationen vom Gleichbehandlungsgesetz erfasst werden und/oder, ob es sich um sexuelle Belästigung handelt. Auszug der besprochenen Beispiele: Eine Frau wird in der U-Bahn im Gedränge von einem Mann am Po begrapscht – Wird dieser Vorfall vom GlBG erfasst? (nein) Der Mann ist Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe. Wird dieser Vorfall vom GlBG erfasst? (ja) In einer Tageszeitung erscheint ein Artikel mit frauenverachtenden Aussagen und sexistischen Fotos. – Wird dieser Vorfall vom GlBG erfasst? (nein) Eine Frau wird als Servicetechnikerin in einem rein männlichen Betrieb angestellt. Der Chef versendet ein Pornovideo, indem eine Frau mit entblößtem Unterkörper einen Computer repariert, an die männlichen Kollegen und teilt dazu mit, dass Umsätze nun „steil bergauf gehen werden“. – Ist das sexuelle Belästigung? (ja) Das Gleichbehandlungsgesetz regelt Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt, Gleichbehandlung in der Arbeitswelt ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, Alters oder sexuellen Orientierung und die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit oder des Geschlechtes beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen. Es ist sowohl unmittelbare Diskriminierung, also die Ungleichbehandlung aufgrund eines Merkmals (z.B. Bewerbung einer Frau wird nicht berücksichtigt, weil ein Mann für eine Stelle gewünscht ist) verboten, als auch mittelbare Diskriminierung. Das bedeutet, dass dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen eines bestimmten Merkmales in besondere Weise benachteiligen (z.B. Teilzeitbeschäftigte erhalten Leistung nicht). Sexuelle Belästigung hat viele unterschiedliche Formen und richtet sich nach subjektivem Empfinden der Betroffenen. Es ist ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten, das die Würde einer Person beeinträchtigt, für diese unerwünscht ist und die (Arbeits-)umwelt für diese Person beeinträchtigt oder dies bezweckt. Das können Witze, Bemerkungen über Figur und sexuelles Verhalten, Einladungen mit eindeutiger Absicht, pornografische Bilder/Texte, Berührungen uvm. sein. Sobald für dich dieses Verhalten unerwünscht ist, dich in deiner Würde beeinträchtigt oder eine demütigende, beleidigende (Arbeits-)umwelt schafft sprechen wir von sexuelle Belästigung. Mithilfe der Gleichbehandlungsanwaltschaft kann sexuelle Belästigung geklagt werden. Wichtig ist zu wissen, dass für die Betroffenen eine Beweismaßerleichterung gilt. Das heißt, dass die betroffene Person die sexuelle Belästigung glaubhaft machen, sie aber nicht beweisen muss. Im Strafrecht ist sexuelle Belästigung nur dann strafbar, wenn eine Belästigung durch geschlechtliche Handlung vorliegt, das heißt nur direktes Berühren der Geschlechtsorgane. Das berühmte Po-Grapschen würde demnach nicht darunter fallen. Durch die Novelle des Strafgesetzbuches soll der §218 so geändert werden, dass das zukünftig möglich ist. Abgeschlossen wurde der Workshop mit einem Rollenspiel, basierend auf einem wahren Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission (GBK). In diesem Verfahren stellte eine Frau einen Antrag an die GBK, in dem sie mitteilte, dass sie sich wegen sexueller Belästigung diskriminiert fühlte. Der Antrag wurde gegen den Belästiger und gegen die Flugschule, an der die Frau als Fluglehrerin tätig war, weil sie, nachdem sie sich über die Belästigung aufregte, gekündigt wurde.