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Die Erfassung von Biotop-Kleinstrukturen im Stadtgebiet von
Mainz
Jochen Frey & Maria-Christina Dieter
Kurzfassung
Ausgehend von einer begrifflichen Definition und inhaltlichen Abgrenzung des Begriffes
“Biotop-Klein-struktur” wird im vorliegenden Beitrag der Versuch unternommen, die Bedeutung
der Erfassung von Kleinstbiotopen innerhalb der Stadt herauszustellen und eine
entsprechende Kartiermethodik zu entwerfen. Der erste Schritt hierzu erfolgt mit der
Erstellung eines “Kartierschlüssels für botanisch, zoologisch und ästhetisch bedeutsame
Biotop-Kleinstrukturen im Siedlungsbereich”, der im Rahmen des Forschungsprojektes
Stadtbiotopkartierung Mainz entwickelt wurde. Wie kartographische und photographische
Beispiele verdeutlichen, konnten anhand des Schlüssels auf ausgewählten Beispielflächen
Biotop-Kleinstrukturen im Maßstab von bis zu 1:1.000 erfaßt werden. Des weiteren wird
gezeigt, daß es bei einer solchen Erhebung auch möglich ist, verschiedene, von BiotopKleinstrukturen ausgehende “Naturphänomene” zu erfassen, die einen aus der Perspektive
des ästhetischen Naturschutzes wichtigen Stellenwert im Rahmen des täglichen
“Naturerlebens” der Stadtbewohner einnehmen. Die vorgestellten Möglichkeiten der
Auswertung der Kleinstruktur-Kartierergebnisse zeigen schließlich, daß Biotop-Kleinstrukturen
sowohl in den Beschreibungen der Biotoptypen und der ökologischen Raumeinheiten einer
Stadt als auch bei der Vorstufe der Bewertung von Flächen eine wichtige Rolle spielen
können.
Abstract
Following the definition of the term “biotope microsite” (a small biotope or habitat not able to
be depicted at a scale of 1:5.000), the paper intends to point out some reasons why
mapping of biotope microsites in urban areas is particularly desirable. A methodological hint
is given with a detailed key of biotope microsites, which was elaborated during the research
project “Biotope mapping of Mainz” to allow a repesentative mapping of small sample areas.
Illustrated by several examples, it is shown that the results of biotope microsite mapping
provide a variety of data suitable for integrated nature conservation in cities.
Inhalt
1. Einleitung und Begriffserläuterung
2. Eigenschaften von Biotop-Kleinstrukturen
3. Methodik der Erfassung von Biotop-Kleinstrukturen im Stadtgebiet von Mainz
3.1 Zur Notwendigkeit der Erfassung von Biotop-Kleinstrukturen
3.2 Grundlagen der Erfassung von Biotop-Kleinstrukturen
3.3 Zusätzliche Erfassung der von Biotop-Kleinstrukturen ausgehenden Naturphänomene
4. Auswertung der Kartierergebnisse von Biotop-Kleinstrukturen
4.1 Auflistung der Biotop-Kleinstrukturtypen in den Beschreibungen von Biotoptypen und
stadtökologischen Raumeinheiten
4.2 Darstellung des Spektrums kleinstrukturbezogener Naturphänomene
4.3 Die Erarbeitung von Qualitätsmerkmalen für Umweltqualitätsziele mit Hilfe von BiotopKleinstrukturen
5. Ausblick
1. Einleitung und Begriffserläuterung
Als “botanisch, zoologisch und ästhetisch relevante Biotop-Kleinstrukturen” werden alle
innerhalb von Biotoptypen auftretenden “Strukturen und Flächen verstanden, die aufgrund
geringer räumlicher Ausmaße im Kartenmaßstab 1:5.000 nicht mehr oder kaum noch flächig
darstellbar und deren Schutz, Erhalt und Förderung unter Naturschutzgesichtspunkten von
Bedeutung sind” (SCHULTE 1988: 379). Neben ihrem Naturschutzaspekt spiegeln BiotopKleinstrukturen aber auch charakteristische Elemente des entsprechenden Natur- und
Kulturraumes, einschließlich der Landschafts- bzw. Stadtgeschichte, sowie bestimmte
(traditionelle) Nutzungsweisen wider (vgl. WÖBSE 1994).
Die Verwendung des Begriffes “Kleinstruktur” im Kontext einer Biotopkartierung findet sich
zuerst bei AUWECK (1977, 1978, 1979), der die Erfassung von Biotop-Kleinstrukturen als
verfeinerte Methode der selektiven Kartierung und Bewertung von Biotopen im Rahmen der
Flurbereinigung, d.h. in der freien Landschaft, für Planungsmaßstäbe von 1:25.000 bis
1:5.000 darstellt. Die für den besiedelten Bereich begrenzte Anwendbarkeit dieses Verfahrens
ergibt sich, wie die Auflistung von AUWECK (1979: 384) zeigt, bereits aus der Variablilität der
Größe der Strukturelemente, die zwischen wenigen m² (“Einzelbaum”, “Feldkreuz”) und weit
über 2.500 m² (“Waldartig bestockte Flächen”) liegt.
Unter Bezugnahme auf das “Grundprogramm Biotopkartierung im besiedelten Bereich” von
1986 (vgl. AG METHODIK DER BIOTOPKARTIERUNG IM BESIEDELTEN BEREICH 1986) griff SCHULTE
(1988) das Thema “Bestandsaufnahme naturschutzrelevanter Kleinstrukturen” erstmals im
Rahmen der Biotopkartierung im besiedelten Bereich auf und arbeitete es als Fachbeitrag
zur Gutachtlichen Stellungnahme des Deutschen Rates für Landespflege “Natur in der Stadt”
weiter aus (SCHULTE 1992). SCHULTE (1988: 379) sieht in der Erfassung
naturschutzrelevanter Kleinstrukturen vor allem eine notwendige Ergänzung und Präzisierung
der flächendeckenden Biotop(typen)kartierung im besiedelten Bereich, d.h. eine Fortführung
derselben im “Kleinen”. In diesem Zusammenhang plädiert er dafür, Kleinstrukturen, “vor
allem deren kartographische Erfassung, Charakterisierung sowie die Formulierung von
Planungszielen, Management-Hinweisen usw.” in der kommunalen Planung verstärkt zu
berücksichtigen und die Erhaltung und Förderung von Kleinstrukturen “stärker als bisher in
das Bewußtsein der Bevölkerung zu rücken”.
Von diesen Grundsätzen ausgehend, entschloß sich die Arbeitsgruppe Stadtbiotopkartierung
Mainz im Jahre 1993, im Rahmen ihrer Präzisierungskartierungen von Biotopflächen auch
Biotop-Kleinstrukturen mitzuerfassen (AG STADTBIOTOPKARTIERUNG MAINZ 1996a).
2. Eigenschaften von Biotop-Kleinstrukturen
Nach Angaben von SCHULTE (1988, 1992), SCHULTE & VOGGENREITER (1988), MAAS (1990)
[Flora und Vegetation]; BLAB (1993) [Fauna] und WÖBSE (1992, 1994) [Ästhetik] lassen sich
folgende landschaftsökologische Eigenschaften von Biotop-Kleinstrukturen zusammenfassen:
–
ihre Eigenschaften als (Teil-)Lebensräume, Refugien, Regenerations- oder
Ausbreitungszentren für spezielle, z.T. auch (lokal) selten gewordene Pflanzen- und
Tierarten sowie als Vernetzungelemente für Biozönosen,
–
ihre Eigenschaft als ästhetisch erlebbares Objekt (im Rahmen natur- und kulturräumlicher
Eigenart bzw. Identität, in kulturhistorischem und soziokulturellem Kontext, in ihrer
Singularität),
–
die positive Wirkung photoautotropher Pflanzen bei der Filterung von Schadstoffen, der
Sauerstoffproduktion, der Milderung von Klimaextremen einschließlich der
Windabschwächung,
–
die hydraulische Funktion unversiegelter oder wenig versiegelter Flächen.
In Biotop-Kleinstrukturen spiegeln sich aber auch abiotische, ästhetische und soziokulturelle
Naturschutzaspekte wider, worauf insbesondere WÖBSE (1992, 1994) in seinen Arbeiten zur
Erhaltung historischer Kulturlandschaftselemente hinweist. Wie die alphabetische Auflistung
bei WÖBSE (1994: 39) zeigt, sind für einen umfassenden Schutz der Kulturlandschaft - und
damit auch innerstädtischer und innerdörflicher Bereiche - auch Kulturlandschaftselemente
von Bedeutung, die vornehmlich ästhetische und kulturelle Schutzgüter repräsentieren, für
Pflanzen und Tiere aber postive “side effects” (HARD 1992) haben können (z.B. Kirchhöfe,
Wallanlagen, Brunnen oder Hofbäume). Zahlreiche der von WÖBSE (1994) aufgeführten
Elemente - z.B. Trockenmauer, Kopfsteinpflaster, Bahntrasse, div. Raine und Böschungen decken sich inhaltlich mehr oder weniger mit den naturschutzrelevanten Kleinstrukturen bei
SCHULTE (1988), einige - z.B. Kopfweide, Wässerwiese, Bauerngarten, Mühlgraben - stellen
hierzu wichtige Ergänzungen bzw. Präzisierungen dar. Andere wiederum lassen sich im
Rahmen einer Stadtbiotopkartierung ohne umfasssende kulturhistorische Recherchen kaum
bestimmen bzw. sind hierfür inhaltlich nur sehr bedingt relevant - z.B. Tanzbaum,
Heerstraße, Leitpfosten, Meilerstelle - oder kommen auf lokaler Ebene zum Teil nicht vor z.B. Torfstich, Wallhecke, Warft. Die nachfolgende Bearbeitung von Biotop-Kleinstrukturen
stellt daher eine Synopse und Weiterbearbeitung der Ansätze von SCHULTE (1988, 1992) und
WÖBSE (1992, 1994) dar.
3. Methodik
der Erfassung von Biotop-Kleinstrukturen im Stadtgebiet von Mainz
3.1 Zur Notwendigkeit der Erfassung von Biotop-Kleinstrukturen
Wie die im Rahmen der Stadtbiotopkartierung Mainz im Maßstab 1:5.000 kartierten
Biotopflächen unterliegen auch Biotop-Kleinstrukturen verschiedenen Veränderungen und
Zerstörungen, allerdings mit dem Unterschied, daß diese häufig auch aus einer NichtWahrnehmung derselben als Biotope erfolgen. FREY et al. (1996) fassen die Ursachen
solcher Veränderungen und Zerstörungen wie folgt zusammen:
–
Ästhetische und individuelle Ursachen: Kenntnisdefizite zur Funktion und Bedeutung der
Biotop-Kleinstrukturen, “Ordnungsliebe”, Voreingenommenheit gegenüber Wildwuchs (z.B.
Assoziationen der Strukturen mit “Ungeziefer”, “Unkraut”, “Unrat”), Verfolgung
architektonischer Moden (z.B. Waschbetonplatten, Eternitfassaden, Verbundsteine), Angst
vor Ertragseinbußen (z.B. bei Landwirten und Gartenbesitzern), steigender
Wohnraumbedarf; höhere Wohnraumansprüche;
–
Planerisch-ökonomische Ursachen: raumplanerische Zielvorgaben wie
Wohnraumverdichtung im Innenbereich und Ausweisung von Neubaugebieten,
infrastrukturelle Veränderungen (z.B. Ausbau von Verkehrswegen), Flächensanierung u.a.,
Objektsanierung / Renovierung / Maßnahmen des Denkmalschutzes, Veränderungen von
Baustoffen (z.B. Verwendung von Zementmörtel anstatt Kalkmörtel aufgrund längerer
Haltbarkeit, Verwendung von Kunststein-Verbundpflaster anstelle von Kopfsteinpflaster
aus Kostengründen);
–
Agrarökonomische Ursachen: (Teil-)Aufgabe der Landwirtschaft (auf Flächen mit
geringerer Bodengüte) oder Intensivierung der Landwirtschaft (auf Flächen mit höherer
Bodengüte);
–
Immissionsbedingte Ursachen: Nährstoff-, insbesondere Stickstoff-Einträge, SchadstoffEinträge (u.a. Biozide, Abgase, Aerosole, Ausgasungen chemisch behandelter
Oberflächen).
3.2 Grundlagen der Erfassung von Biotop-Kleinstrukturen
Die angesichts der genannten Einwirkungen als dringend notwendig erachtete Erfassung von
Biotop-Kleinstrukturen (SCHULTE 1988, 1992, SCHULTE & VOGGENREITER 1988, MAAS 1990,
FREY et al. 1996, SCHULTE et al. 1997) erfolgte im Rahmen der Stadtbiotopkartierung Mainz
parallel zur Biotoptypenkartierung im Maßstab 1:5.000. In der Anfangsphase der Kartierung
(1993-1994) wurden die von SCHULTE & VOGGENREITER (1990) und WÖBSE (1992)
aufgeführten Kleinstrukturtypen zunächst in Form von Stern-Symbolen in die
Biotoptypenkarten eingetragen und auf einem Begleitblatt notiert, numeriert und charakterisiert
(vgl. CANISIUS 1996 im Projekt-Untersuchungsraum Finthen). Anhand dieser Vorlagen
entwickelte der Verfasser, unter Mitarbeit von A. CANISIUS (Integration praktischer
Erfahrungen aus dem Projekt-Untersuchungsraum) und M.-C. DIETER (Integration zoologischer
Sachverhalte), in den Jahren 1994/1995 einen “Kartierschlüssel für botanisch, zoologisch und
ästhetisch relevante Biotop-Kleinstrukturen” (Tab. 1; vgl. FREY et al. 1996, CANISIUS & DIETER
1997). Dieser zeichnet sich durch eine weitgehende Analogisierung mit dem
Biotoptypenschlüssel der Stadt Mainz aus. So erfogte z.B. eine hierarchische Gliederung des
Schlüssels in maximal vier Typenziffern sowie eine inhaltliche Abstimmung der Ziffern der
Biotop-Kleinstrukturgruppen mit den Ziffern der Biotoptypengruppen (z.B. BiotopKleinstrukturgruppe 5/: Kleinstrukturen an Oberflächengewässern  Biotoptypengruppe 5:
Biotope der Gewässer).
Mit der Ausarbeitung des in Tab. 1 gezeigten Schlüssels war es möglich, den vor 1995 mit
Stern-Symbolen erfaßten Biotop-Kleinstrukturen Typennummern zuzuordnen sowie bei der
Geländekartierung der Biotoptypen und bei den Präzisierungskartierungen von Flora und
Vegetation Fauna und biotopbezogenen Naturphänomenen und Freizeitaktivitäten alle BiotopKleinstrukturen systematisch mitzuerfassen. Ein Beispiel hierfür zeigt Abb. 1.
Tab. 1: Schlüssel für botanisch, zoologisch und ästhetisch bedeutsame Biotop-Kleinstrukturen im Siedlungsbereich
(in Anlehnung an SCHULTE & VOGGENREITER 1990, WÖBSE 1992, FREY et al. 1996, verändert u. ergänzt)
1/ Gebäude-Kleinstrukturen
2/4 Säume
Kleinstrukturreiche Gebäudetypen:
2/41 Krautsäume

Wohngebäude
2/42 (Hoch-)Staudensäume

Scheunen
2/43 Grassäume

Schuppen
2/44 Kletterpflanzen-Schleier

Ställe

Hütten
2/411, 2/421, 2/431:

Lauben
...mit Arten der dörflichen Ruderalvegetation

Feldkapellen

Gebäuderuinen (Wüstungen)
2/5 Ruderalstellen
2/51 Krautige Ruderalstellen
1/1 Gebäudefassaden / Gebäudewände
2/52 Staudenreiche Ruderalstellen
1/11 Naturstein-/ Bruchstein-/ Backstein-Fassaden,
2/53 Grasreiche Ruderalstellen
fugenreich
1/12 Lehm-(Stroh)-Fassaden (Fachwerk)
2/511, 2/521, 2/531:
1/13 Holz-(Reisig)-Wände
...mit Arten der dörflichen Ruderalvegetation
1/111, 1/121, 1/131:
...mit Mauervegetation (Moos- und Flechten-Bestände,
Mauerfarn-Bestände (Asp), Plattrispengras-Bestände (Pc),
Mauerpfeffer- und Sedo-Scleranthetea-Bestände (Sed),
Hauswurz-Bestände (Semp), Mauer-Zimbelkraut-Bestände
(Cymb), Lerchensporn-Bestände (Colu), Perlgras-
3/ Industriell geprägte Kleinstrukturen
3/1 Schutthalden (Erdhalden, Ziegelhalden, etc.)
3/2 Kleinere Aufschüttungen
3/3 Nicht mehr genutzte Schornsteine (auf
Industriebrachen)
Bestände (Mel), Goldlack-Bestände (Cheir), EdelSchafgarbe-Bestände (Ach), Löwenmaul-Bestände (Ant),
Mauerglaskraut-Bestände (Par).
½ Dächer / Dachbereiche
1/21 Dachböden (mit Zugangsmöglichkeiten)
1/22 Dachvorsprünge
1/23 Dachabdeckung mit alten Dachziegeln
1/24 Dachrinnen (selten bzw. nicht gesäubert)
1/3 (Holz-)Pergolen
¼ Keller (mit Zugangsmöglichkeiten)
1/41 Kellergewölbe
1/42 Kellerboden aus Pflasterstein
1/43 Kellerboden aus Lehm
1/5 Misthaufen / Jauchegruben
4/ Kleinstrukturen in Gärten und Friedhöfen
Kleinstrukturreiche Gartentypen:

Hausgärten, Bauerngärten

Villengärten, Parkgärten

Klostergärten

Friedhofsgärten (alte Kirchhöfe, ehemalige
Grabflächen alter Friedhöfe)
4/1 Gemüse-, Kräuter-, Stauden-, Blumenbeete,
Grabbepflanzungen
4/2 Beet- und Grabeinfassungen
4/3 Frühblüher auf Rasenflächen
4/4 Komposthaufen
4/5 Laub- und Reisighaufen
4/6 Wassertonnen / Wasserwannen (Bütten)
4/7 Gartenzwerge / Gartenfiguren
4/8 Kreuze
4/9 Nisthilfen
2/ Kleinstrukturen an Grenzflächen
2/1 Fugenreiche Mauern
4/91 Nistkästen
4/92 Insekten-Nisthölzer
2/11 Mauerfußbereich, unversiegelt
2/12 Mauersteine (Naturstein / Backstein) bzw. -fugen
2/13 Mauerkopfbereich, unversiegelt
2/111, 2/121, 2/131:
...mit Mauervegetation (Moos- und Flechten-Bestände,
Mauerfarn-Bestände (Asp), Plattrispengras-Bestände (Pc),
Mauerpfeffer-Bestände (Sed), Hauswurz-Bestände (Semp),
Mauer-Zimbelkraut-Bestände (Cymb), Lerchensporn-
5/ Kleinstrukturen an Oberflächengewässern
5/1 Quellbereiche
5/11 Quellsümpfe
5/12 Quelltümpel, + verbaut
5/13 Quellen, gefaßt
5/2 Flächen mit ausgeprägter Wasserdynamik
Bestände (Colu), Mauerglaskraut-Bestände (Par)).
5/21 Staunasse Flächen
2/2 Zäune
5/23 Wechselfeuchte Bereiche in Flutgräben
2/21 Zäune aus (unbehandeltem) Holz und / oder Reisig
2/22 Flechtzäune (Reisig, etc.)
2/23 Metallzäune
2/211, 2/221, 2/231:
...mit Schlingpflanzenvegetation
2/212, 2/222, 2/232:
5/22 Wechselfeuchte Mulden und Senken
5/24 Wechseltrockene Bereiche an Dämmen der
Rheinaue
5/3 Kleintümpel
5/31 ... ständig wasserführend
5/32 ... zeitweilig ausgetrocknet
...mit Ruderalvegetation
5/4 Morphologische Gewässer-Kleinstrukturen
2/3 Begrünungsflächen
5/42 Anlandungen / Sand-, Schlick-, Kiesbänke

Fassaden-, Mauer-, Zaun-, Balkon-, Hof-,
Dachbegrünung
2/31 Kletterpflanzenbegrünung
2/32 Spalierobstbegrünung
2/33 Heckenpflanzenbegrünung
2/34 Topfpflanzenbegrünung
2/35 Dachpflanzenbegrünung
5/41 Abbruchkanten
5/43 Flachwasser- / Stillwasserbereiche
5/44 Kolke
5/45 Kleinmäander
5/46 Buhnen / Steinschüttungen
5/47 Ufer- und Brückenmauern
5/48 Uferbefestigungen und Brücken aus Holz
8/ Kleinere Gehölzstrukturen
8/1 Ältere Einzelbäume
5/5 Vegetationsbedingte Gewässer-Kleinstrukturen
5/51 Wasservegetation
Wasserlinsen-Bestände (Lem), Wasserpest-Bestände
(Elo), Hornblatt-Bestände (Cer)
5/52 Röhricht-Bestände
(Schilfröhricht (Phrag), Rohrglanzgrasröhricht (Phal),
Wasserschwadenröhricht (Gly), Rohrkolbenröhricht (Typh),
Brunnenkresse-Bestände (Nas), Bachbungen-SellerieBestände (Bebu), Schwanenblumenröhricht (But),
Igelkolbenröhricht (Sparg), Schneidenried (Clad))
5/53 Großseggen-Bestände
5/54 Uferbegleitende Hochstaudenfluren
6/ Kleinstrukturen an Wegen, Straßen und
Plätzen
6/1 Unverfugte (Naturstein-)Pflaster, + mit Vegetation

Grobpflaster (Kalkstein, Quarzporphyr, etc.)
8/11 Laubbäume mitteleuropäischer Wälder (Eiche;
Buche, ...)
8/12 Bäume der Sandgebiete (Kiefer / Eiche)
8/13 Bäume der Auen, z.T. überhängend
8/14 Obstbäume
8/15 Park- und Zierbäume
8/16 Bäume der Dorfplätze
8/17 Straßenbäume
8/111, 8/121, 8/131, 8/141, 8/151, 8/161, 8/171:
...mit Baumscheiben und Trittvegetation
8/112, 8/122, 8/132, 8/142, 8/152, 8/162, 8/172:
...mit Mistelbewuchs
8/2 Ältere Baumreihen
8/21 Laubbäume mitteleuropäischer Wälder
8/22 Bäume der Sandgebiete

Kopfsteinpflaster (‘Katzenkopfpflaster’) (Basalt, Granit
8/23 Bäume der Auen, z.T. überhängend
etc.)
8/24 Obstbäume

Rinnsteinpflaster
8/25 Park- und Zierbäume

Kleinpflaster
8/26 Bäume der Dorfplätze
6/11 Weitfugige Pflaster
6/12 Engfugige Pflaster
8/27 Straßenbäume
8/211, 8/221, 8/231, 8/241, 8/251, 8/261, 8/271:
6/2 Unversiegelte Wegdecken
...mit Baumscheiben und Trittvegetation
6/21 Sandbodendecken
8/212, 8/222, 8/232, 8/242, 8/252, 8/262, 8/272:
6/22 Lehmbodendecken
...mit Mistelbewuchs
6/23 Kies-/ Schotter-/ Splittdecken
6/24 Trittrasendecken
8/3 Ältere Einzelsträucher
6/25 Kraut-Gras-Decken
8/31 Xerotherme Sträucher
8/32 Mesophile Sträucher
6/211, 6/221, 6/231, 6/241, 6/251:
8/33 Einzelsträucher in Auen oder an Gewässern
...mit Xerothermvegetation
8/34 Ziersträucher
6/3 Unversiegelte Straßen- und Wegrandbereiche
8/4 Klein-Gebüsche und -Hecken
6/31 Vegetationsarme Randbereiche
8/41 Xerotherme Klein-Gebüsche / -Hecken
6/32 Trittrasen-Randbereiche
8/42 Mesophile Klein-Gebüsche / -Hecken
6/33 Kraut-Gras-Randbereiche
8/43 Kleinere Gebüsche in Auen oder an Gewässern
8/44 Ziergebüschgruppen / Zierhecken
6/311, 6/321, 6/331:
...mit Arten der Xerothermvegetation
9/ Kleinstrukturen an Kleinstrukturen
6/4 Trampelpfade
(Mikrostrukturen)
6/5 Pfützen / zeitweise wasserführende Fahrrinnen
9/1 Wurzeln / Wurzelsysteme (Baumwurzeln usw.)
9/2 (abgestorbene) Grashalme und Stengel von
7/ Kleinstrukturen
der acker-, wein- und obstbaulich genutzten
Landschaft
7/1 Trockenmauern
Kräutern und Stauden
9/3 Strukturen an Stämmen, Ästen, Zweigen, Blättern
9/31 Rinde, Borke
9/32 Stammhöhlen, Astlöcher
9/33 Baumflechtenbewuchs

Trockenmauern an Terrassen
9/34 Moosbewuchs

Alte Stützmauern
9/35 Gallen

Neu errichtete Trockenmauern
7/11 Mauerfußbereich
7/12 Mauersteine
7/13 Mauerkopfbereich
9/4 Pollen- und nektarreiche Blüten
9/5 Früchte (faules Obst, Fallobst)
9/6 Leere Schneckenhäuser
9/7 Vogelnester
9/8 Pilzbewuchs
7/111, 7/121, 7/131:
...mit Mauervegetation
7/2 Lesesteinhaufen
7/3 Totholz- und Reisighaufen
7/4 Baumstümpfe
7/5 Kleinere Böschungen

Lößkanten und Teile von Hohlwegen
0/ Geologisch geprägte Kleinstrukturen
0/1 Natürliche und künstliche Felswände
z.B. in (ehemaligen) Steinbrüchen, an Bruchwänden, in
Parks sowie an
Verkehrswegen Kalk: Kalkstein, Sandst: Sandstein, Bas:
Basalt, etc.
0/11 Felswände

Kalk-/Kalkmergelstufen
0/12 Gruften / Zier-Grotten, v.a. in alten Friedhöfen /

Ackerraine
ehemaligen Klöstern

Weinbergsböschungen
0/13 Grabsteine

Terrassenböschungen

Böschungen in Obstparzellen
0/111, 0/121, 0/131:

Böschungsteile von Hochwasserdämmen
...mit Xerothermvegetation
7/51 Krautige Böschungen
7/52 Staudenreiche Böschungen
0/112, 0/122, 0/132:
...mit Moos- und / oder Flechtenbewuchs
7/53 Grasreiche Böschungen
7/54 Gehölzreiche Böschungen
0/2 Einzelne Steine (in der Feldflur, an Hängen, in
0/5 Kleinräumige offene Flugsandflächen
Gärten etc.)
0/51 Relikte von Flugsandfeldern und -dünen
7/511, 7/521, 7/531, 7/541:
0/52 (rezente geringmächtige) Flugsandanwehungen an
...mit Arten der Xerothermvegetation
Hängen
0/53 durch Erosion entstandene Flugsandflächen
0/3 Erdwände, Erdabbauwände
0/31 (Flug-)Sandabbrüche / -abgrabungen
0/32 Löß- und Lößlehmabbrüche / -abgrabungen
0/33 Kieswände / -abgrabungen
0/311, 0/321, 0/331:
0/54 Mulden am Dünenfuß
0/511, 0/521, 0/531:...mit Xerothermvegetation
0/6 Salzstellen (hier: durch Aufstieg von salzhaltigem
Grundwasser)
...mit Xerothermvegetation
0/312, 0/322, 0/332:
...mit Hohlräumen und Erdröhren
0/4 Erdlöcher, unterirdische Kleintierbauten
3.3 Zusätzliche Erfassung der von Biotop-Kleinstrukturen ausgehenden Naturphänomene
Im “Grundprogramm Biotopkartierung im besiedelten Bereich” wird festgelegt, bei
Biotopkartierungen im besiedelten Bereich auch das “Ausstattungspotential für das
Naturerleben” zu erfassen (AG METHODIK DER BIOTOPKARTIERUNG IM BESIEDELTEN BEREICH
1993: 515). Von diesem Anspruch leitet sich die Forderung ab, Verfahrensansätze (weiter-)
zu entwickeln, die eine planungsbezogene Erhebung und Bewertung dieser Inhalte
ermöglichen (KIRSCH-STRACKE & MÖNNECKE 1997).
Wenn z.B. SUKOPP et al. (1980) die “Erhaltung von Pflanzen, Tieren und deren
Lebensräumen” in der Stadt in Zusammenhang mit der Ermöglichung “eines unmittelbaren
Kontaktes der Stadtbewohner mit natürlichen Elementen ihrer Umwelt” bringen, so ist diese
Art von Kontakt vornehmlich in ästhetischem bzw. kontemplativem Sinne zu interpretieren.
Als Hauptgesichtspunkte gelten dabei
–
die sinnliche Wahrnehmung, einschließlich Wiedererkennung von Natur und Landschaft in
ihren unterschiedlichen Ausprägungen und Phänomenen, ihrer Vielfalt, Ähnlichkeit und
Verschiedenheit, durch Sehen, Hören, Riechen sowie durch Schmecken und Fühlen bzw.
Empfinden von Temperatur, Schwerkraft, Formen und (Klein-)Strukturen,
–
das sich Aufhalten in bzw. an räumlichen Erscheinungsformen (insbesondere Strukturen
und Strukturelementen) von Natur und Landschaft zu Freizeit- und Erholungszwecken.
Sämtliche der genannten Aspekte haben ihren Bezug in der Alltagswelt der Stadtbewohner,
d.h. sie kommen täglich vor und sind in Abhängigkeit von der “Ausstattung” der räumlichen
Einheiten, in denen sie stattfinden, in verschiedenen Formen standardisiert beobachtbar.
Hiervon ausgehend ist im Hinblick auf Erfassungsmethoden insbesondere zu hinterfragen,
von welchen biotischen Raumstrukturen (hier: Biotop-Kleinstrukturen) bzw. von welchen
Pflanzen und Tieren, die sich dort befinden, welche alltäglichen, d.h. auch einem NichtFachpublikum zugänglichen Naturphänomene ausgehen können bzw. welche Raumstrukturen
oder Organismen selbst als Naturphänomene angesehen werden können (Frage nach
“biotopbezogenen Naturphänomenen”).
Wie Geländestudien zum “National Forest Landscape Management” des U.S. FOREST SERVICE
(1973) zeigen, ergeben sich “charakteristische Erscheinungsbilder” (oder “Phänomene” [Anm.
d. Verf.]) von Landschaftselementen “aus der einzigartigen Kombination visueller
Erscheinungsweisen”. Geprägt werden solche Erscheinungsbilder durch Formen,
(Begrenzungs-)Linien, Farben und Texturen, die ihrerseits von Wesenseigenschaften wie
Kontrastierung, Aneinanderreihung, Axialität, Konvergenz, Zusammenwirken, Umrahmung
beeinflußt werden. Durch Effekte wie Bewegung, Licht, atmosphärische Bedingungen,
Jahreszeiten, Entfernung zwischen Beobachter und Beobachtungspunkt sowie Verweildauer
werden sie darüberhinaus weiter modifiziert (vgl. TAYLOR et al. 1986: 370). Transferiert man
die vom U.S. FOREST SERVICE (1973: 7) genannten Faktoren auf Strukturen, Strukturelemente
und Prozesse an bzw. in Biotopen, so lassen sich als “Gruppen biotopbezogener
Naturphänomene” neben “Landschafts”-Phänomenen, Geräusch- und Geruchsphänomenen,
Licht-Schatten-Effekten, phänologischen oder zoologischen Phänomenen auch
(klein)strukturelle Phänomene von / an Oberflächen, Gestein und Boden, Gewässern und
Vegetationsbeständen bzw. -elementen aufzeigen.
Tab. 2 gibt einen Überblick über die im Zuge der Erfassung von Biotop-Kleinstrukturen
verwendeten Typen biotopbezogener Naturphänomene, Abb. 2 zeigt ein photographisch
festgehaltenes Beispiel.
Tab. 2: Referenzliste der von Biotop-Kleinstrukturen ausgehenden Naturphänomene im
Stadtgebiet von Mainz (Auswahl)

Aspekte wildwachsender Pflanzen an Obstbäumen, Sträuchern, Gebäudefassaden, Mauern, in Asphaltund Pflasterfugen

Baumaspekte: Altbäume, großkronig, schattenspendend (z.B. Alte Sandkiefern, “knorrige” Eichen, “knorrige”
Weiden und Pappeln, Walnußbäume), Obstbäume (Süßkirschen, Apfelbäume, Birnbäume und andere),
“Feldbäume”, “Weidebäume”, Kastanien

Gebüsch- und Heckenaspekte

(Alte) “knorrige” Rebstöcke

Mit Pflanzen bewachsene Säume (als gliedernde Elemente, mit Blütenreichtum)

Strohgelbe (vertrocknete) Grasbestände

Sandige (Dünen-)Hügel;

Offene Sandböden (im Flugsandgebiet)

Freistehende Erdwände

Höhere, steile Böschungen

Trampelpfade

(Lese-)Steinhaufen

Erdlöcher (Eingänge zu unterirdischen Kleintierbauten (v.a. Mäuse, Kaninchen)

Kleine Erdhaufen (Maulwurfshaufen, Wühlgänge)

Spinnennetze (zeitweise mit Tau überzogen)

Vogelnester

Quellen mit ausfließendem Wasser

Wasserbewegungen (Fließen, Plätschern, Strudeln, Wellenschlagen etc.)

Wasserstandsmarken

Staunasse Flächen, Feuchtstellen

Unbefestigte, üppig bewachsene Bach- und Uferbereiche

Sandstrände; Sandbänke

Biotopspezifische Licht- und Schatteneffekte / farbintensive Lichtverhältnisse an / unter Bäumen und
Sträuchern (jahreszeitlich wechselnd), an Waldrändern, an sich im Wind wiegenden Gräsern, auf offenen
Sandflächen, an Flußufern, auf Wasseroberflächen (“Schillern” etc.), an Böschungen, an Mauern etc.

Phänologische Effekte, z.B. junge Blätter, Blühaspekte (Obstbaumblüte, Strauchblüte, “Blumenblüte”
u.v.m.), eßbare Früchte (Kirschen, Zwetschgen, Brombeeren, Walnüsse, Aprikosen, Hagebutten etc.),
“Teppiche” verdrifteter Pappel-Samen, Herbst- und Winteraspekte von trockenen Gräsern (Glatthafer,
Schilfröhricht, Landreitgras etc.)
Abb. 1: Beispiel für von Biotop-Kleinstrukturen ausgehende Naturphänomene am Hohlweg
“Am Draisberg”, Mainz-Finthen: Frühjahrsaspekt mit Blütenteppich an Säumen (AckerHornkraut), blühenden und duftenden Sträuchern (Holunder), Vogelstimmen, Summen von
Insekten, Schatteneffekten an den Böschungen
Die Erfassung der in Tab. 2 aufgelisteten Naturphänomene erfolgte durch Geländenotizen
während der Kartierung der Biotop-Kleinstrukturen, aber auch begleitend zur Erfassung der
Flora und Vegetation der Beispielflächen.
4. Auswertung der Kartierergebnisse von Biotop-Kleinstrukturen
Auf den ausgewählten Beispielflächen im Mainzer Stadtgebiet führte die Erfassung von
Biotop-Kleinstrukturen zu Angaben mit hoher räumlicher und inhaltlicher Spezifität (vgl. z.B.
Abb. 1), die allerdings unter autökologischen und biozönologischen Gesichtspunkten meist
noch zu verifizieren sind (vgl. RIECKEN & BLAB 1989, BLAB 1993, AG STADTBIOTOPKARTIERUNG
MAINZ 1997a). Verbunden mit dem flächendeckend-repräsentativen Kartieransatz konnten die
Ergebnisse der Kleinstruktur-Erfassung dennoch in den Beschreibungen der Biotoptypen
sowie bei der Bewertung der einzelnen Biotopflächen eine angemessene Berücksichtigung
finden.
4.1 Auflistung der Biotop-Kleinstrukturtypen in den Beschreibungen von Biotoptypen und
stadtökologischen Raumeinheiten
Analog zur Darstellung der biotopspezifischen Flora und Vegetation (vgl. DECHENT & BAUM
1999) erfolgte in den Beschreibungen der Biotoptypen und der stadtökologischen
Raumeinheiten des Mainzer Stadtgebietes eine Auflistung des jeweiligen Spektrums an
botanisch, zoologisch und ästhetisch relevanten Biotop-Kleinstrukturtypen. Als
nomenklatorische Grundlage wurde ausschließlich der “Schlüssel für botanisch, zoologisch
und ästhetisch relevante Biotop-Kleinstrukturtypen” (Tab. 1) verwendet. Besonderer Wert
wurde auf die Angabe räumlicher Präferenzen der Biotop-Kleinstrukturtypen gelegt (z.B. “Im
Übergangsbereich zu Wegen, Straßen und Geländeunebenheiten”).
Durch vergleichende Betrachtung aller erfaßten Beispielflächen konnten auch relative
Häufigkeitsangaben der Biotop-Kleinstrukturen gemacht werden (Einteilung in “häufig”,
“gelegentlich” und “vereinzelt”, als Beispiel vgl. die Angaben in Tab. xx in BAUM et al. 1999).
4.2 Darstellung des Spektrums kleinstrukturbezogener Naturphänomene
Auch die Ergebnisse der Erfassung der kleinstrukturbezogenen Naturphänomene finden sich
in den Biotoptypenbeschreibungen in Form von Auflistungen wieder. Unterschiede bei
verschiedenen Varianten eines Biotoptyps wurden entsprechend gekennzeichnet, ebenso das
zeitliche Auftreten saisonaler Naturphänomene (z.B. Kirschblüte im März und April,
Fruchtreife im Juni und Juli) sowie Häufigkeitsangaben (“häufig”, “gelegentlich”, “vereinzelt”;
vgl. 4.1). Sofern der Erläuterung des Phänomens dienlich, finden sich in Klammern auch
kurze Erklärungen seines Zustandekommens (z.B. “Streuobstwieseneffekt durch Glatthafer
und blühenden Einjährigen Feinstrahl [Juli bis September]”). Die Nomenklatur richtet sich
indes weitgehend nach der in Tab. 2 dargestellten Referenzliste. Tab. 3 zeigt das Spektrum
kleinstrukturbezogener Naturphänomene der Beispielfläche “Gonsbach, Gemarkungsgrenze
Finthen / Gonsenheim” des Biotopsubtyps 5230 (Bäche mit verhältnismäßig naturnahen
Randbereichen; vgl. Abb. 3).
Tab. 3: Biotopbezogene Naturphänomene am Gonsbach im Bereich der Gemarkungsgrenze
Finthen / Gonsenheim
Biotoptypennummer: 5230 - Bäche mit verhältnismäßig naturnahen Randbereichen
Flächennummer: 13036000 - Gonsbach, im Bereich der Gemarkungsgrenze Finthen / Gonsenheim
Kleinstrukturbezogene Naturphänomene

Leicht schlängelnder, wenig verbauter Bachverlauf, unbefestigte Uferböschungen

Krautiger Bewuchs (“verwilderter Eindruck”) des Bachbettes (v.a. Brunnenkresse)

Wasserbewegungen, Wassergeräusche (Bachplätschern) [häufig durch Straßenlärm überprägt]

Lichteffekte an der Wasseroberfläche (Reflexionen, "Schillern") sowie Licht-Schatten-Effekte, kontrast- und
farbintensive Lichtverhältnisse, Schatten unter Bäumen und Sträuchern

Im Bach erkennbare schwimmende und kriechende Tiere (z.B. Stichlinge, Flohkrebse, Schnecken)

Am Bach sitzende und umherfliegende Vögel; Vogelstimmen, Vogelgezwitscher; Vogelnester auf Bäumen

Insekten, schwebend/fliegend: v.a. Fliegen, Libellen

Spinnennetze (zeitweise mit Tau überzogen), z.T. über den Bach reichend

Üppig mit Pflanzen (Sträuchern, Gräsern, Kräutern, z.T. alten Obstbäumen) bewachsene Uferbereiche, mit
Blatt-, Blüten- und Fruchtfarben zu allen Jahreszeiten, verzehrbaren Pflanzenteilen (Brombeeren,
Holunderbeeren, Brunnenkresseblätter) und Blütendüften

Zirpen von Grillen und Heuschrecken in den Uferbereichen

Erdgeruch
Abb. 2: Der Gonsbach an der Gemarkungsgrenze Finthen / Gonsenheim
4.3 Die Erarbeitung von Qualitätsmerkmalen für Umweltqualitätsziele mit Hilfe von BiotopKleinstrukturen
Im Kontext der Bewertung von Flächen kann Biotop-Kleinstrukturen auch der Status
sogenannter “Umweltqualitätsmerkmale” zugesprochen werden. Mit Hilfe von
Umweltqualitätsmerkmalen wird es möglich, die Inhalte zuvor aufgestellter
Umweltqualitätsziele und -kriterien fachlich zu konkretisieren, weil sie konkrete, wiederholbare
Abfragen der Ist-Situation von Biotopflächen im Hinblick auf eine in den
Umweltqualitätszielen dargestellte Soll-Situation ermöglichen (vgl. zu dieser Thematik z.B.
FREY 1999).
In diesem Kontext sind als Umweltqualitätsmerkmale z.B. alle qualitätszielkonformen
Vegetationsbestände, Biotop-Kleinstrukturen oder sonstige Biotopstrukturelemente einer
Raumeinheit anzusehen. Sie spiegeln im wesentlichen lokale Ausprägungen folgender
Eigenschaften wider:
–
spezifische naturräumliche Gegebenheiten, sofern sie noch wirksam sind (z.B. sich
“durchpausende” Elemente von Naturlandschaften bzw. naturräumlichen
Wirkungsmechanismen, in Mainz v.a. Feuchtstellen in den Rhein- und Gonsbachauen,
Dünenkörper im Flugsandbereich),
–
gebietsspezifische Nutzungs- bzw. Struktur-Diversität (z.B. verschiedenartige
kleinbäuerliche Nutzungsformen innerhalb des Siedlungsbereiches, in Mainz u.a. auf der
Gonsenheimer “Ölwies’”; vgl. Abb. 1),
–
naturschutzrelevante lokalspezifisch-kulturgeschichtliche Sachverhalte (in Mainz u.a.
traditionelle landwirtschaftliche Nutzungsformen, z.B. Aprikosen-Hochstämme oder alte,
kleinstrukturreiche Bauern- und Winzerhöfe mit hofanschließenden Parzellen),
–
historische Kontinuität, v.a. von Nutzungen bzw. Strukturen (in Mainz z.B. die Existenz
ehemaliger Festungsanlagen bzw. alter Park- oder Friedhofsanlagen, u.a. mit Beständen
verschiedener Parkbäume und Frühblüher).
Die Selektion von Umweltqualitätsmerkmalen aus der Gesamtheit der Umweltmerkmale einer
stadtökologischen Raumeinheit erfolgte anhand dieser Gesichtspunkte, unter Bezugnahme auf
die jeweiligen Umweltqualitätsziele.
Beispiel 1:
In der Stadtökologischen Raumeinheit 19 (Stadtzentrum / Altstadt) entsprechen dem
Umweltqualitätsziel für den Bereich “Mensch und Natur in der Stadt”,
“Existenz alt- und innerstädtischer Grünelemente [...] sowie damit verbundener historischer
Gebäudestrukturen in vielfältiger Ausprägung, als Dokumente naturbeeinflußter
Kulturgeschichte und kulturell beeinflußter Naturgeschichte, als Bereiche für unmittelbare
Kontakte der Menschen mit lokalspezifischer Natur sowie zur Naturbeobachtung und
naturkundlichen Bildung [...]”
das Umweltqualitätskriterium
“Präsenz innerstädtischer und stadtgeschichtlich relevanter Biotope, Biotopstrukturelemente
und Biotop-Phänomene”
mit den Umweltqualitätsmerkmalen, d.h. Biotop-Kleinstrukturen
–
alte Kirch- und Klostergärten,
–
begrünte Hinterhöfe bzw. Hausgärten,
–
begrünte Hausfassaden, Bruchstein-, Backsteinmauern und Dächer,
–
Parkbaum- und Straßenbaum-Bestände,
–
Pflanzflächen mit standörtlich angepaßten und / oder kulturgeschichtlich relevanten
Sträuchern, Stauden, Kräutern, Gräsern,
–
kleinere Brachstellen,
–
begrünte Saumbereiche,
–
begrünte Pflasterwege,
–
alte Uferbefestigungsanlagen (fugenreiche Ufermauern, Steinschüttungen u.dgl.),
–
begrünte (insbesondere mit Bäumen bestandene) Uferpromenaden,
–
ufernahe Grünstreifen (zum Ausruhen, Ausblicken etc.).
Beispiel 2: In der Stadtökologischen Raumeinheit 53 (Wohngebiete auf Kalkflugsand in
Mombach / Gonsenheim) entsprechen dem Umweltqualitätsziel für den Bereich “Mensch und
Natur in der Stadt”,
“Existenz von Landschaftselementen einschließlich Biotop-Kleinstrukturen des Mainzer
Kalkflugsandgebietes als Dokumente natur- und kulturräumlicher Eigenart, als Bereiche für
unmittelbare Kontakte der Menschen mit lokalspezifischer Natur am Rande von Mainz sowie
zur Naturbeobachtung und naturkundlichen Bildung”,
das Umweltqualitätskriterium
“Präsenz kalkflugsandspezifischer Biotope, Biotopstrukturelemente und Biotopphänomene”
mit den Umweltqualitätsmerkmalen, d.h. Biotop-Kleinstrukturen
–
Dünenanrisse, Sandbodenaufschlüsse, offene Flugsandflächen, Sandböschungen,
Sandhügel und Sandkuhlen (z.B. auf Grünflächen oder im Abstandsgrün der Bebauung),
–
(natürliche) Quellbereiche am Dünenfuß,
–
Sandrasenflächen und trockene Scherrasenflächen, auf denen kalkflugsandspezifische
Pflanzen wachsen,
–
trockene Saumbereiche und trockene Brachstellen, auf denen kalkflugsandspezifische
Pflanzen wachsen,
–
(selbst) begrünte unversiegelte Sandwege,
–
(lichte) alte Nadel- und Laubbaumbestände (v.a. Kiefern, Eichen),
–
Trockenheit ertragende Obstbaumbestände, v.a. Aprikosen-(“Maleten”-)Hochstammkulturen,
–
Gebüschbestände wärmebegünstigter Standorte,
–
Biotop-Kleinstrukturen des besidelten Bereiches, in denen sich Elemente des
Kalkflugsandgebietes wiederfinden, z.B. (selbst) begrünte Pflasterwege, begrünte
Hausfassaden, (Bruchstein- / Backstein-)Mauern und Dächer.
5. Ausblick
Wie die vorgenannten Beispiele aus Mainz zeigen, können Biotop-Kleinstrukturen anhand
ihrer qualitativen Merkmale sowohl bei der Detailbeschreibung als auch bei der Vorstufe
einer qualitätszielbezogenen Bewertung von Biotopflächen eine bedeutende Rolle spielen.
Gleichzeitig wird aber auch ersichtlich, daß eine systematische Bearbeitung genau dieses
Potentials in weiten Teilen noch aussteht. Mit der Erfassung der Biotop-Kleinstrukturen im
Rahmen der Stadtbiotopkartierung Mainz sollte dazu ein Anfang gemacht werden - es bleibt
zu hoffen, daß diese Arbeiten mit Erfolg fortgeführt werden können.
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Band 4: Bewertung. 138 S. + 110 Kt. - (1996e): Band 5: Flora und Vegetation. 425 S. (1996f): Band 7: Erfassung von Naturphänomenen und naturbezogenen Freizeitaktivitäten. 87
S. - (1997a): Band 6: Fauna. 258 S. - (1997b): Band 8: Vorschläge zur Umsetzung der
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Dr. Jochen Frey
FÖJ-Konsortium der Umweltverbände Rheinland-Pfalz
Postfach 1951
55009 Mainz
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