Kapitel 1 Was ist Diabetes? 1

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Kapitel 1
Was ist Diabetes?
Warum ist eine Schulung wichtig?
Ziele der Diabetes-Behandlung sind das Vermeiden von :
• akuten Komplikationen (wie z. B. ein Unterzucker-Schock)
• einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes und der
Leistungsfähigkeit durch sehr hohe Blutzuckerwerte
• Folgeschäden (wie z. B. diabetische Augenhindergrundveränderungen).
Da der Blutzuckerstoffwechsel durch alles, was man tut beeinflußt Rolle der
wird, sollte das richtige Verhalten in verschiedenen Situationen Schulung bei
der Behand(Essen, Krankheit, Sport etc.) geschult sein. Die Schulung ist lung
genauso wichtig wie die anderen Behandlungsmaßnahmen !
(s. Bild)
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Wesen der Erkrankung
Der Diabetes mellitus („Zuckerkrankheit“) ist keine einheitliche
Erkrankung. Allen Diabetesformen gemeinsam ist der erhöhte Blutzucker.
Neben dem erhöhten Blutzucker liegen auch zahlreiche andere Störungen, z. B. im Fettstoffwechsel und im Eiweißstoffwechsel vor.
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Kapitel 1
Was ist Diabetes?
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Warum ist der Blutzucker (die Glucose) so wichtig ?
Der Blutzucker, die „Glucose“ ist der wichtigste Energielieferant für
den Körper. Wenn die Körperzellen nicht oder nicht genug Zucker
aus dem Blut aufnehmen können, ist der BZ erhöht.
Rolle des Blutzuckers
Vor allem das Gehirn, aber auch die roten Blutkörperchen und
die Nieren können normalerweise Energie nur aus dem Blutzucker
(der Glucose) gewinnen. Deshalb ist es für den Körper wichtig,
auch zwischen den Mahlzeiten immer einen ausreichenden Blutzuckerspiegel zu haben.
Wie gelangt die Glucose ins Blut ?
Der Blutzucker, die „Glucose“, gehört zur Nährstoffgruppe der „Kohlehydrate“.
Diejenigen Kohlehydrate, die
aus Mehrfachzuckern bestehen,
müssen im Verdauungstrakt erst durch Verdauungssäfte zu Einfachzuckern aufgespalten werden, da aus dem Dünndarm nur Einfachzucker ins Blut aufgenommen werden können.
Diese Zucker treten dann durch die Darmwand ins Blut über, gelangen mit dem Blut in die Leber und dann weiter zu den anderen Organen.
Wie wird der Blutzuckerspiegel reguliert ?
Das wichtigste Instrument um dies zu erreichen ist das Hormon
Insulin.
Das Insulin, ein Eiweißkörper (in der Abbildung als Schlüssel dargestellt), wird in bestimmten Zellen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), die „inselförmig“ in diesem Organ verteilt sind, den sog.
„Betazellen“ (β-Zellen) oder „Inselzellen“ gebildet
.
Bauchspeicheldrüse
Bildung von
Insulin in der
Bauchspeicheldrüse
Kapitel 1
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Was ist Diabetes?
(Die Bauchspeicheldrüse bildet auch ein weiteres Hormon, das Glucagon, ein Gegenspieler des Insulins und produziert auch große
Mengen von Verdauungssäften für die Fett-, Eiweiß- und Kohlehydratverdauung, die in den Zwöffingerdarm abgegeben werden).
Wenn der Blutzucker nach dem Essen ansteigt, erkennen dies die
Inselzellen der Bauchspeicheldrüse (in der Abbildung als Pfeil mit
Fragezeichen dargestellt) und und geben vermehrt Insulin ab.
In der Leber (auch im Muskel) bewirkt Insulin, daß die Glucose in
Form von Glycogen (Stärke - in der Abbildung als Zuckerwürfelberg
dargestellt) gespeichert werden kann. Wenn der Blutzucker zwischen
den Mahlzeiten wieder abfällt, kann in der Leber aus Glycogen
wieder Glucose freigesetzt und ins Blut eingeschleust werden.
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Das Hormon Insulin ist auch für die Einschleusung des Blutzuckers in
viele Zellen (v. a. im Muskel- undFettgewebe) verantwortlich („schließt
die Zellen für den Zucker auf wie ein Schlüssel das Schloß“), senkt
KohlehydratStoffwechsel
Kapitel 1
Was ist Diabetes?
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also dadurch den Blutzuckerspiegel.
Im Hungerzustand kann in der Leber (auch in der Niere) aus nicht
zu Kohehydraten gehörenden Stoffen (wie Aminosäuren) Glucose
gebildet werden (Gluconeogenese).
Wann braucht der Körper Insulin ?
Da das Insulin so wichtig für den Stoffwechsel ist, hat jeder Nichtdiabetiker Tag und Nacht eine kleine Menge Insulin im Blut („nahrungsunabhängiges Insulin“ oder „basales Insulin“), da der Körper ja auch
im Schlaf einen Grund-Energiebedarf hat.
Wenn nach dem Essen der Blutzucker ansteigt, geben die Inselzellen vermehrt Insulin ab (das „Mahlzeiteninsulin“).
Wie entsteht ein Diabetes ?
Ursache ist eine fehlende oder unzureichende Wirkung des Hormons Insulin.
unzureichende
Wirkung des
Insulin
Dies kann bedingt sein durch:
a) eine fehlende Bildung des Insulins (vollständiger Insulinmangel) beim Typ 1 Diabetes oder
b) eine unzureichendes Ansprechen der Körperzellen auf Insulin
(„Insulinresistenz“) beim Typ 2 Diabetes, wobei das Insulin im
Vergleich zu Nicht-Diabetikern verzögert ins Blut abgegeben
wird und teilweise, vor allem nach längerer Diabetesdauer,
auch vermindert gebildet wird.
Welche Diabetes-Formen gibt es ?
Typ 1 Diabetes
Bei dieser Diabetesform sind alle insulinproduzierenden Zelle in
der Bauchspeichendrüse zerstört. Bei Menschen mit entsprechender Erbanlage können bestimmte Virusinfekte eine Bildung von Antikörpern auslösen, die auch gegen die Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die das Insulin produzieren (die Betazellen) gerichtet sind und
zu deren Zerstörung führen.
Zerstörung der
ß-Zellen beim
Typ 1 Diabetes
Kapitel 1
Was ist Diabetes?
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Der Typ 1 Diabetes tritt überwiegend vor dem 35. Lebensjahr auf. In
der Anfangsphase können sich die Betazellen vörübergehend erholen und die Diabetiker brauchen dann über Wochen oder Monate
sehr wenig oder gar kein Insulin. Schließlich werden jedoch alle
Betazellen zerstört und die Patienten müssen lebenslang Insulin
spritzen. Ca. 300.000 Menschen in Deutschland sind Typ 1 Diabetiker.
Typ 2 Diabetes
Die Ursache dieser Diabetesform ist noch nicht vollständig geklärt.
Die Körperzellen sprechen nicht so gut auf Insulin an („Insulinresistenz“) und benötigen mehr Insulin, um die Glukose aus dem Blut
aufzunehmen. Deshalb muß die Bauchspeicheldrüse mehr Insulin
produzieren und kann sich so im höheren Lebensalter erschöpfen
Unzureichende
Insulinwirkung
beim Typ 2 Diabetes
(die Patienten müssen dann Insulin spritzen).
Beim Typ 2 Diabetes ist die Neigung zum schlechteren Ansprechen
der Körperzellen auf Insulin angeboren – bis es zum Diabetes mit
erhöhten Blutzuckerwerten kommt, dauert es in der Regel jedoch
Jahrzehnte und das Auftreten des Diabetes wird durch bestimmte
Umstände gefördert (siehe unten).
Beim Typ 2 Diabetes sind die einzelnen Störungen (Unterempfindlichkeit der Körperzellen gegenüber dem körpereigenen Insulin,
gestörte Ausschüttung von Insulin aus den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse) und mit dem Diabetes zusammen auftretende Stoffwechselstörungen von Patient zu Patient sehr unterschiedlich ausgeprägt, so daß es sich eigentlich um ein uneinheitliches und kompliziertes Krankheitsbild handelt.
Der Typ 2 Diabetes tritt in der Regel nach dem 40. Lebensjahr auf.
Er entwickelt sich langsam und macht zunächst keine typische Symptome, so daß in 50% der Fälle die Diagnose zufällig gestellt wird.
Oft stellt ein Augenarzt diabetische Augenhintergrundveränderungen
fest. Ca. 5 Millionen Menschen in Deutschland sind Typ 2 Diabetiker.
Typ 2b Diabetes
Das Versagen der Bauchspeicheldrüse wird durch Übergewicht und Rolle des ÜberBewegungsmangel begünstigt: deshalb hat nach dem 2. Weltkrieg gewichtes
der Typ 2 Diabetes so zugenommen. Somit sind die wichtigsten the-
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Was ist Diabetes?
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rapeutischen Ziele Gewichtsabnahme und Steigerung der körperlichen Aktivität. Deswegen läßt sich in der Anfangsphase und über
lange Zeit diese Diabetesform alleine durch Diät, Gewichtsreduktion
und Bewegungstherapie alleine behandeln. Unterstützend können
später zunächst vor allem die sog. „Biguanide“ und „Acarbose“ (s.
Kapitel “Gundlagen der Diabetestherapie“) eingesetzt werden.
Abnehmen erhöht die Chance, nie Insulin spritzen zu müssen!
Es kann sogar zu einer vollständigen Normalisierung des Blutzuckers kommen. Für Typ 1 Diabetiker trifft dies nicht zu !
Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sind 80% der Patienten
übergewichtig.
Typ 2a Diabetes
Gelegentlich tritt der Typ 2 Diabetes auch bei schlanken Menschen
auf. Diese Menschen haben infolge einer gestörten Insulinabgabe
aus der Bauchspeicheldrüse zu wenig Insulin im Blut und benötigen
deshalb schon sehr früh Medikamente, die die Insulinabgabe fördern
es gibt auch
schlanke
Typ 2 Diabetiker
(z. B. die sog. „Sulfonylharnstoffe“) oder eine Kombination von Sulfonylharnstoffen und Insulin.
Auslösende Umstände beim Typ 2 Diabetes
•
Übergewicht, Mangel an Bewegung
•
bestimmte Lebensumstände (Streß, Infektionen, Operationen)
•
bestimmte Medikamente
Vererbung
Am höchsten ist das Vererbungsrisiko beim Typ 2 Diabetes (bis zu
50%).
Hat ein Elternteil einen Typ 1 Diabetes liegt das Erbrisiko zwischen 4
– 6%; sind beide Eltern Typ 1 Diabetiker, bei 25%.
Vererbung des
Diabetes
Kapitel 1
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Zusammenfassung:
Unterschiede zwischen Typ 1 und Typ 2 Diabetes
Typ 1 Diabetes
•
absoluter Insulinmangel
•
Insulintherapie immer und lebenslang notwendig
•
Patienten meist normalgewichtig
•
Krankheitsbeginn meist vor dem 35. Lebensjahr
•
eher geringeres Vererbungsrisiko
•
auslösende Ursache: meist Virusinfekte
•
meist rascher Krankheitsbeginn
•
Neigung zur Ketonkörperbildung durch erhöhten Fettabbau,
was zum „ketoazidotischen Koma“ führen kann
•
Merkmale des
Typ 1 Diabetes
oft wechselndes („labiles“) Stoffwechselverhalten, oft rasche
Entgleisungen
•
Behandlung immer mit Insulin und Diät
•
Behandlungsziel: normale oder weitgehend normale Blutzuckerwerte (oft schwer zu erreichen)
Typ 2 Diabetes
•
relativer Insulinmangel (Insulinresistenz)
•
am Anfang durch Gewichtsreduktion, später durch Tabletten
behandelbar; Insulin meist erst nach jahrzehntelanger Krankheit notwendig
•
Patienten fast immer übergewichtig
•
Krankheitsbeginn meist nach dem 40. Lebensjahr
•
Vererbung spielt eine große Rolle – auslösende Ursachen:
meist Übergewicht und Bewegungsmangel (aber auch Medikamente wie Kortison, bestimmte Wassermittel, „die Pille“
oder Streßfaktoren wie Operationen, Infektionen)
•
langsamer Krankheitsbeginn
•
Behandlungsmöglichkeiten:
− nur Diät (Reduktionsdiät bei Übergewicht)
− Diät + Tabletten
− Diät + Tabletten (+ Insulin)
•
Behandlungsziel: weitgehend „normale“ Blutzuckerwerten, bei
Merkmale des
Typ 2 Diabetes
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Was ist Diabetes?
älteren Patienten evtl. nicht so streng
•
Stoffwechselentgleisungen entwickeln sich oft langsam
Weitere Diabetes-Typen
„Pankreopriver Diabetes“
Bei Schädigung der gesamten Bauchspeicheldrüse (also nicht nur Diabetes bei
der Betazellen) kann es durch einen teilweisen oder vollständigen Zerstörung der
BauchspeichelMangel von Insulin zu einem Diabetes kommen. Darüberhinaus drüse
kann durch den Mangel an Verdauungssäften, die ja durch die
Bauchspeicheldrüse in den Darm abgegeben werden, zu einer unzureichenden Verwertung auch von Fetten kommen. Bei der Behandlung müssen dann oft auch Bauchspeicheldrüsenenzympräparate
(z. B. Pankreon® forte) gegeben werden.
Mögliche Ursachen für eine solche
Schädigung der gesamten
Bauchspeicheldrüse:
•
Bauchspeicheldrüsenentzündungen, meist durch vermehrten
Alkoholkonsum oder ein Gallensteinleiden ausgelöst
•
operative Entfernung wegen eines Tumors oder eines Unfalls.
seltenere Formen
Diabetes bei hormonellen Erkrankungen (wie z. B. einer Überfunktion
der Schilddrüse), durch Medikamente (z. B. Kortison), nach Infektionen (z. B. Röteln), bei verschiedenen Erbkrankheiten.
Symptome des Diabetes mellitus
Symptom
Ursache
häufiges Wasserlassen:
bei hohen Blutzuckerwerten wird
die Glucose über die Niere ausgeschieden und bindet dabei vermehrt Wasser – dadurch wird
dem Körper Wasser entzogen
und als vermehrter Urin ausge-
allgemeine
Symptome
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Was ist Diabetes?
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schieden
starker Durst:
durch das vermehrte Wasserlassen trocknet der Körper aus
Müdigkeit:
Glucose fehlt der Zelle als
Energielieferant
Juckreiz:
durch das Austrocknen und durch
vermehrten Keimbefall der Haut
schlechte Wundheilung:
durch den hohen Blutzucker
erhöhtes Infektionsrisiko:
durch Schwächung des Immunsystems
Gewichtsabnahme:
Ausscheidung von Kalorien als
Zucker über den Urin
Diagnose des Diabetes mellitus
Hier werden in der Regel 2 Laborwerte herangezogen:
− der Blutzuckerwert
∗ nüchtern
Diagnose
durch Blutzucker- und Urinzuckerwerte
∗ nach dem Essen („postprandial“)
− und der Urinzuckerwert
Urinzucker
Erst ab Blutzuckerwerten über 160 - 180 mg/dl („Nierenschwelle“ bei
einer gesunden Niere) wird Zucker über den Urin ausgeschieden. Der Nierenschwelle
Nierenschwellenwert kann sich von Person zu Person unterscheiden für Blutzucker
und ist bei einer geschädigten Niere oft höher . Jedoch können sich
diabetische Folgeschäden schon bei niedrigeren Blutzuckerwerten
entwickeln! Die Bestimmung von Zucker im Urin gibt auch nur
einen Hinweis auf den Blutzuckerstoffwechsel seit dem letzten
Wasserlassen und ist kein „Augenblickswert“ wie der Blutzucker.
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Blutzucker
Der normale Blutzucker liegt nüchtern bei 60 – 110 mg /dl (die
Bezeichnung „mg/dl“ gibt an, wieviel Milligramm [mg] Glucose in 1
Deziliter [1 dl = 100 ml] enthalten sind).
Nach dem Essen steigen die Blutzuckerwerte beim Gesunden maximal auf 140 mg/dl an.
Die Diagnose des Typ 1 Diabetes ist wegen der meist rel. plötzlich
eintretenden schwereren Symptome weniger schwierig - beim
Auftreten des Typ 2 Diabetes werden jedoch nur bei ca. einem Drittel
der Patienten die „klassischen“ Diabetessymptome wie vermehrtes
Wasserlassen, Durst, Müdigkeit und Gewichtsabnahme beobachtet.
Bei welchen Blutzuckerwerten liegt ein Diabetes vor ?
Nach Empfehlungen der amerikanischen Diabetesgesellschaft
wenn
• jeweils zweimal der Nüchternblutzucker (d. h. nach
einer 8-stündigen Fastenphase) im Kapillarblut (wird durch einen
Stich in eine Fingerkuppe oder ein Ohrläppchen gewonnen)
über 98 mg/dl liegt
• oder der Blutzucker im Kapillarblut zweimal bei zufälliger
Diagnose des
Diabetes durch
Blutzuckermessung
Kapitel 1
Was ist Diabetes?
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Bestimmung, unabhängig von der Nahrungsaufnahme über 200
mg/dl liegt und Symptome wie Durst, unerklärter Gewichtsverlust
und vermehrtes Wasserlassen vorliegen
mögliches Diabetes-Vorstadium
Liegt der Nüchtern-Blutzucker > 100 mg/dl und < 110 mg/dl, handelt
es sich um ein mögliches Vorstadium des Diabetes: das Stadium der
sog. „gestörten Nüchtern-Glucose“ – jedoch kommt es nicht in allen
Fällen zu einem Diabetes.
Häufigkeit des Diabetes
In Deutschland ist ca. 5% der Bevölkerung zuckerkrank.
Seit dem 2. Weltkrieg hat in den Industrienationen die Zahl der
Diabetiker deutlich zugenommen. Gründe sind:
• durch Veränderung der Lebensweise (zunehmendes
Körpergewicht, Bewegungsmangel)
Zunahme des
Diabetes
• durch den medizinischen Fortschritt werden die Menschen älter
und erleben deshalb häufiger die Ausprägung der Erbanlage zu
einem Typ 1 - Diabetes
• durch den medizinischen Fortschritt hat sich auch diabetische
Frauen eine bessere Chance, Kinder zu bekommen
So hat sich in fast allen Industrienationen 1965 – 1985 die
Diabeteshäufigkeit verdoppelt. Im Jahr 2010 wird fast jeder 10.
Deutsche Diabetiker sein.
Nur 5 - 7% aller Diabetes-Patienten in Deutschland haben einen Typ
1 - Diabetes
Zur Geschichte des Diabetes
Das Wort „Diabetes mellitus“ kommt aus dem Griechischen und
bedeutet „honigsüßer Durchfluß“. Bereits 100 n. Chr. berichtete
Aretaios : „Der Diabetes ist eine rätselhafte Erkrankung“.
Im 17. Jahrhundert war erstmalig von Thomas Willis der honigsüße
Geschmack des Urins beschrieben worden. Die Diagnose des
seit wann ist
der Diabetes
bekannt?
Kapitel 1
Was ist Diabetes?
Diabetes mellitus durch das „Schmecken“ des Urins war damals die
einzige Möglichkeit, die Krankheit zu diagnostizieren.
1889 wurden inselartige Zellformationen in der Bauchspeicheldrüse
des Menschen von Paul Langerhans beschrieben, sie tragen heute
seinen Namen. Langerhans wußte aber nichts über die Bedeutung
dieser Inseln für den menschlichen Stoffwechsel.
Mering und Minkowski erzeugten im gleichen Jahr tierexperimentell
einen Diabetes mellitus indem sie die Bauchspeicheldrüse
(Pankreas) entfernten.
1921 gelang es den Forschern Banting und Best, Insulin aus Bauc
hspeicheldrüsengewebe zu gewinnen und dieses einem Hund, dem
zuvor die Bauchspeicheldrüse entfernt wurde, zu injizieren.
1922 wurde der erste Patient mit Insulin behandelt.1960 wurde die
chemische Struktur des Hormons Insulin aufgeklärt,1976 gelang
erstmalig die Umwandlung von Schweineinsulin in Humaninsulin,
und seit 1979 wird Humaninsulin gentechnologisch hergestellt.
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Kapitel 2
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Selbstkontrolle
Durch die Schulung sollen Sie in die Lage versetzt werden,
Ihre Stoffwechsellage selbst regelmäßig zu kontrollieren und die
Meßergebnisse übersichtlich aufzuschreiben.
Warum ist eine Selbstkontrolle notwendig? – Sie dient dazu
•
Sicherheit, Selbstvertrauen und Unabhängigkeit zu erlangen
•
Selbstverantwortung zu übernehmen
•
die Blutzuckereinstellung zu verbessern
•
akute Komplikationen und zwar Unterzucker (Hypoglycämie)
Warum ist
Selbstkontrolle
wichtig?
und ein diabetisches Koma zu verhindern
•
diabetische Folgeerkankungen zu vermindern
•
eine Therapieanpassung zu ermöglichen
Jeder Wert der gemessen, aber nicht aufgeschrieben wurde, gilt
als nicht bestimmt!
Welche Kontrollen können sie selbst durchführen?
•
Untersuchung des Urins auf Zucker
•
Untersuchung des Urins auf sog. Ketonkörper (diese weisen
auf eine „Stoffwechselentgleisung“ hin)
•
Blutzuckermessungen
•
Blutdruckmessungen
•
Bestimmung des Körpergewichtes
•
Untersuchung der Füße
Was kann man
selbst kontrollieren?
Urinzuckerselbstbestimmung
Der auf dem Teststreifen durch Urin hervorgerufene Farbumschlag,
der mit dem Auge abgeschätzt wird, ist der Konzentration des Urinzuckers direkt proportional.
Um das Testergebnis richtig zu deuten, ist es jedoch wichtig, seine
Nierenschwelle zu kennen. So wird bei einer erhöhten Nierenschwelle erst bei höheren Blutzuckerwerten Zucker im Urin festgestellt. Normalerweise liegt die Nierenschwelle bei 180 mg/dl. Im Alter
und bei chronischen Nierenerkrankungen ist sie erhöht.
Der Urinzucker gibt einen Überblick über den Blutzuckerstoffwechsel
Urinzucker
Kapitel 2
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Selbstkontrolle
seit der letzten Blasenentleerung und ist nicht wie ein einzelner
Blutzuckerwert, eine „Momentaufnahme“.
Für wen ist die Urinzuckerbestimmung geeignet?
•
für durch Diät behandelte Typ 2 Diabetiker
•
für mit Tabletten behandelte Typ 2 Diabetiker
•
für Typ 2 Diabetiker mit fester Insulineinstellung
•
wenn keine Unterzuckerungsneigung vorliegt
Die Häufigkeit der notwendigen Urinzuckerkontrollen richtet sich
der Stoffwechselsituation und kann von einmal täglich bis einmal
wöchentlich reichen.
Die Bestimmungen sollte jeweils nüchtern vor dem Frühstück und ca.
2 Stunden nach dem Frühstück durchgeführt werden.
Bei Nichtdiabetikern ist der Urin zuckerfrei. Diabetiker mit normalen
(normoglycämischen) Blutzuckerwerten sind ebenfalls harnzuckerfrei.
•
Die Zuckerausscheidung im frisch gelassenen Morgenurin
sollte immer negativ sein.
•
Eventuell kann bei älteren Diabetikern im Urin ca. 2 Stunden
nach dem Frühstück eine geringe Zuckerausscheidung toleriert werden.
•
Jüngere Diabetiker sollten jedoch immer harnzuckerfrei sein.
Acetonselbstkontrolle
Aceton (ein „Ketonkörper“) entsteht im Organismus immer dann,
wenn anstelle von Kohlehydraten überwiegend Fett verbrannt wird.
Dies ist der Fall bei
•
Insulinmangel mit beginnender Stoffwechselentgleisung
•
nach längerem Hungern („Hungeraceton“)
•
nach länger andauernden Unterzuckerungen – so sollte z. B.
auch Aceton bestimmt werden bei mogendlichen Kopfschmerzen, falls man eine unbemerkte nächtliche Unterzuckerung
vermutet.
Aceton im
Harn
Kapitel 2
Selbstkontrolle
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Auf Aceton muß der Urin überprüft werden:
•
bei anhaltend erhöhtem Blutzucker (auf über 250 mg/dl´) oder
bei einer deutlichen Harnzuckerausscheidung
•
bei Patienten mit ICT („intensivierter konventioneller Insulintherapie) bei jeder Blutzuckerspitze über 300 mg/dl
•
in der Schwangerschaft bei jedem Blutzucker über 180 mg/dl
•
bei vermehrtem, Durstgefühl oder vermehrter Harnflut
•
bei fieberhaften Infekten
Das Aceton kann durch spezielle Teststreifen (z. B. Ketur®-Test)
nachgewiesen werden.
Blutzuckerselbstkontrolle
Die Blutzuckerbestimmung mittels Teststreifen erfolgt durch
•
Beurteilung des Farbumschlages eines mit Blut benetzten
Teststreifenfeldes. Die Genauigkeit ist ausreichend: der ermittelte Wert kann bis zu 20% vom „wahren“ Wert nach oben
oder unten abweichen. Die Messung kann durch einen Vergleich mit einem Kontrollfeld (befindet sich auf den Testreifenpackungen) durch das Auge oder ein Meßgerät erfolgen und
ist nach ca. 2 Minuten abgeschlossen.
•
Oder durch Geräte die Ströme messen, die in einem chemischen Prozess freigesetzt werden: bei diesen Geräten ist die
Meßzeit wesentlich kürzer (12 – 40 Sekunden) – mit dem
Auge kann hier jedoch nicht überprüft werden, ob der gemessene Wert glaubhaft ist und die Messung ist nicht genauer als
durch das oben geschilderte Verfahren.
Diese elektronischen Geräte liefern jedoch keine genaueren
Werte.
Der Einsatz eines Meßgerätes ist sinnvoll
•
wenn regelmäßig bei Kunstlicht gemessen werden muß
•
bei Farbsehschwäche
•
bei mehr als 3 – 4 täglichen Messungen.
Die Blutzuckerselbstkontrolle ist notwendig bei
Meßgeräte für
die Blutzuckerselbstkontrolle
Kapitel 2
Selbstkontrolle
•
intensivierter konventioneller Insulintherapie
•
Insulinpumpentherapie
•
in der Schwangerschaft
•
wenn Sport betrieben wird
•
wenn Unterzuckerungen bei Störungen der „autonomen“
Nerven unzureichend wahrgenommen werden
•
16
Notwendigkeit
von Blutzuckerselbstkontrollen
bei Typ 2 Diabetes mit hoher Nierenschwelle
Gelegentliche Blutzuckerselbstmessungen bei Typ 2 Diabetikern
•
Bei fieberhaften Infekten
•
bei körperlichem Unwohlsein, wenn als Ursache eine Unterzuckerung nicht auszuschließen ist
•
In nicht alltaäglichen Situationen (z. B. Urlaub, ungewohnte
körperliche Belastung)
Durchführung der Blutzuckermessung nach der Farbvergleichmethode
7. Hände waschen.
8. Zur Gewinnung eines Bluttropfens mit einer Lanzette
in eine Fingerkuppenseite stechen.
9. Bluttropfen auf das Meßfeld geben.
10. Genau 1 Minute warten.
11. Mit Watte das Blut von Teststreifen abwischen.
12. Nach einer weiteren Minute bei gutem Licht ablesen.
Auf was muß bei der Blutzuckerbestimmung noch geachtet
werden?
•
Das Verfallsdatum der Teststreifen darf nicht abgelaufen sein.
•
Die Dose immer geschlossen halten und vor Frost, Feuchtigkeit und Sonnelicht schützen.
•
Keine Desinfektionsmittel (Alkohol) verwenden.
•
Ausreichend große Blutmenge auf das Testfeld geben. Nicht
verschmieren.
•
Teststreifen und Packung müssen zusammengehören.
Durchführung
der Blutzuckerselbstkontrolle
Kapitel 3
Unterzuckerung
Als Unterzucker (Hypoglycämie) wird jeder Blutzuckerwert unter 50
mg/dl bezeichnet. Tritt zusätzlich eine Bewußtlosigkeit auf, spricht
17
Definition der
Hypoglycämie
man vom hypoglycämischen Schock.
Symptome einer Unterzuckerungs-Symptome können auch bei Blut-
Unterzuckerungszuckerwerten über 60 mg/dl auftreten, wenn
symptome bei
• über längere Zeit der mittlere Blutzucker hoch war und dann
höheren
der Blutzucker unter 100 mg/dl abfällt
Blutzuckerwerten
• unmittelbar vorher der Blutzucker sehr hoch war (z. B. 200
mg/dl) und dann sehr rasch, z. B. durch eine Normal-InsulinGabe abfällt.
Definitionsgemäß handelt es sich in diesen Fällen nicht um eine
Hypoglycämie, obwohl Unterzuckerungs-Symptome vorliegen.
Jeder Diabetiker, der mit Insulin oderSulfonylharnstoffen (wie z. B. bei welcher
Euglucon® behandelt wird, kann eineHypoglycämie („Hypo“) bekom- Behandlung
kann es zu
men. Patienten, die nur mit Acarbose (z. B. Glucobay®) und/oder UnterzuckerunMetformin (z. B. Glucophage®) behandelt werden, sind nicht durch gen kommen?
Hypoglycämien gefährdet.
Über
eine
vermehrte
Ausschüttung
gegenregulierender
(kontrainsulinärer) Hormone (Adrenalin, Kortison, Glukagon u. a.)
und durch Glukose-Neubildung aus den Stärke- (Glycogen-) Reser-
Gegenregulation des
Körper
ven der Leber kommt es zu einem Blutzuckeranstieg. Dabei kann der
Blutzucker überschießend auf sehr hohe Werte ansteigen.
Hypoglycämien treten auf, wenn relativ zu viel Insulin vorhanden ist.
Die häufigsten Gründe für Unterzuckerungen:
•
zuviel Insulin gespritzt oder zuviele Sulfonylharnstofftabletten Auslöser für
Unterzuckerungen
eingenommen
•
verstärkte körperliche Belastungen (z. B. Hausputz, Radfahren etc.)
•
zuwenig oder zu spät Kohlehydrate (BE) gegessen
•
Spritz-Eß-Abstand zu lang
•
nach reichlichem Alkoholgenuß (Alkohol verhindert die Gegenregulation in der Leber (s. u.) – durch Alkohol ausgelöste
Kapitel 3
18
Unterzuckerung
Unterzuckerungen sind besonders gefährlich, da sie oft erst in
der zweiten Nachthälfte oder am späten Vormittag auftreten)
Symptome der Unterzuckerungen
leichte Unterzuckerungen
•
Schweißausbruch
•
Heißhunger
•
Herzklopfen
•
Kribbeln an den Lippen
•
leichte Konzentrationsstörungen
mittelschwere bis schwere Unterzuckerungen
Symptome
es kommen weitere Symptome hinzu:
•
Zittern (u. U. am ganzen Körper)
•
Sehstörungen (z. B. Augenflimmern)
•
Aggressivität, Depression
•
Hilflosigkeit, Gleichgültigkeit, Angst, Verwirrtheit
•
keine zielgerichtete Handlungen mehr möglich
•
„lallende“ Sprache, „wie betrunken“
•
krakelige Schrift
•
Ohrensausen, Gleichgewichtsstörungen, „wie durch Watte
hören“
schwere Unterzuckerungen
•
neurologische
Symptome
(z.
B.
Halbseitenlähmung,
Krampfanfälle)
•
Bewußtlosigkeit (dabei können die Augen offen sein, man
zeigt aber keine Reaktion)
gestörte Unterzuckerungswahrnehmung
Die Empfindung für niedrige Blutzuckerwerte kann vor allem nach
gestörte UnterzuckerungsWahrnehmung
Kapitel 3
Unterzuckerung
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langer Diabetes-Dauer vermindert sein, wenn die Ausschüttung
der Gegenregulationshormone (wie Glucagon, Adrenalin, Kortisol)
eingeschränkt ist. Dies führt auch zu einem schnelleren Blutzuckerabfall und einem verlangsamten Blutzuckeranstieg. Da dann evtl.
wegen des Wegfalls der Warnsymptome der Patient nicht oder zu
spät Kohlehydrate aufnimmt, kann es zu gefährlichen Situationen
kommen.
Schädigungen durch Unterzuckerungen
Bei jüngeren Menschen führen leichte bis mittelschwere Unterzuckerungen zu keinen bleibenden Schäden.
Bei älteren Menschen ist jede Unterzuckerung ernst zu nehmen
Schädigungen
durchUnterzuckerungen
(verstärkte Hilflosigkeit, Gefahr einer Minderdurchblutung von Herz
oder Gehirn).
Bei schweren, lange anhaltenden Unterzuckerungen, vor allem wenn
sie gehäuft und in kürzeren Abständen auftreten, kann es zu bleibenden Schädigungen des Gehirnes kommen (z. B. Lähmungen,
Gedächtnisstörungen).
Behandlung der Unterzuckerungen
leichte Unterzuckerung
Bei Blutzuckerwerten von 50 – 60 mg/dl zuerst den Blutzucker
messen („zuerst messen, dann essen“), dann
1 – (2) „langsame“ Broteinheiten essen.
Beispiele für 1 „langsame“ Broteinheit:
250 ml Mich
250 ml Joghurt, Dickmilch, Kefir
25 g Brot mit Belag
1⁄2 Brötchen mit Belag
Behandlung
Kapitel 3
Unterzuckerung
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mittelschwere Unterzuckerung
Bei Blutzuckerwerten von 30 – 40 mg/dl zuerst den Blutzucker
messen („zuerst essen, dann messen“), dann
1 schnelle und 1 langsame Broteinheit, bei ausgeprägtem
Unterzuckerungsgefühl (Blutzucker 30 – 40 mg/dl)
2 schnelle und 1 langsame Broteinheit essen
Beispiele für 1 „schnelle“ Broteinheit:
12 g Traubenzucker (= 2 Täfelchen Dextro-Energen)
12 g Haushaltszucker (= 4 Stück Würfelzucker)
17g mit Zucker gesüßte Marmelade
70 g Weintrauben, 50 g Banane
100 ml Coca Cola, 130 ml Orangensaft, 130 ml Apfelsaft
schwere Unterzuckerung
•
bei Bewußtlosigkeit den Patienten in eine stabile Linksseitenlage bringen
•
nie versuchen, Bewußtlosen Flüssigkeit einzuflößen (kann in
die Lungen gelangen - „Aspirationsgefahr“)
•
falls vorhanden Glukagon in den Muskel spritzen (ist recht
teuer, z. B. GlucaGen-Hypo-Kit-Novo® ca. 63.- DM, mußt erst
aufgelöst werden und ist ungekühlt – gekühlt s. Verfallsdatum! – nur 18 Monate haltbar) – sind die Glycogenreserven in
der Leber erschöpft, ist die blutzuckersteigernde Wirkung von
Glucagon nur sehr gering
•
Traubenzuckertäfelchen in die Backentasche legen, Kopf zur
Seite festhalten
•
sofort den Notarzt rufen
Nicht geeignet bei Unterzucker:
Diabetikersüßigkeiten,
Diabetikerzucker
(Sorbit,
Fruchtzucker), nicht geeigSüßstoffe, Schokolade und Milchreis (wegen ihres hohen Fettgehal- nete Nahrungsmittel bei
tes nur verzögerte Glukoseaufnahme ins Blut).
Unterzuckerungen
Kapitel 3
Unterzuckerung
21
•
sofort anhalten !
•
„schnelle“ BE zu sich nehmen (Cola, Zucker etc. immer griff-
Verhalten im
Strassenverkehr
Besondere Maßnahmen
Unterzuckerungen im Straßenverkehr:
bereit halten !)
•
erst weiterfahren, wenn alle Unterzuckerungssymptome verschwunden sind !
Unterzuckerungen in der Nacht
•
Traubenzucker oder zuckerhaltiges Getränkt immer auf den
Nachttisch stellen
ganz besonders gilt das in fremder Umgebung, z. B. im Hotel !
ü Würfelzucker oder Traubenzucker muß der Diabetiker
immer bei sich tragen !
ü Bei Diabetikern, die Acarbose (Glucobay®) einnehmen,
hilft bei Unterzucker nur Traubenzucker !
ü Autofahrt bei den geringsten Zeichen einer Unterzuckerung sofort abbrechen !
ü Diabetikerausweis ständig mitführen !
Vorsichtsmassnahmen in
der Nacht
allgemeine
Massnahmen
Kapitel 4
22
Grundlagen der Ernährung
Was ist eine gesunde Ernährung?
Eine ausgewogene und gesunde Ernährung – egal ob Diabetiker
oder Nichtdiabetiker sollte alle lebensnotwendigen Nährstoffe im
richtigen Verhältnis zueinander enthalten, um alle lebensnotwendi-
gesunde
Ernährung
gen Körperfunktionen zu erhalten.
Die Energiezufuhr über die Nahrung sollte so bemessen sein, dass
sie bei einem normalgewichtigen Menschen weder zur Gewichtsabnahme als zur Gewichtszunahme führen.
Energiezufuhr
Die Energieaufnahme durch die Nahrung wird im Form von Kalorien
(Kilokalorien/ kcal) oder Joule (Kilojoule -> 1 kcal = 4,2 KJ ) gemessen.
Die Kalorien sind eine Maßeinheit, die Auskunft darüber gibt, wie viel
Energie die einzelnen Nährstoffe dem Körper liefern.
Die Nährstoffe werden zur Energiegewinnung im Körper „verbrannt“
und liefern dadurch die Energie, die der Körper für bestimmte Aufgaben braucht.
Fett ist der Hauptenergieträger. Ein Gramm fett liefert 9 kcal – im Vergleich liefern Kohlenhydrate und Eiweiß nur 4 kcal.
Die überschüssige Energie wird im Körper als Fettdepots für Hungerzeiten angelegt. Nur in der heutigen Zeit werden diese Notdepots nur
noch selten gebraucht und immer mehr Fett lagert sich im Körper
ab.
Dies äußert sich dann in Form von Übergewicht.
Der Kalorienbedarf ist für jeden Menschen unterschiedlich.
Kalorien
Kapitel 4
Grundlagen der Ernährung
23
Berechnung des Kalorienbedarfs
Der Kalorienbedarf setzt sich aus vielen Faktoren zusammen. Alter,
Geschlecht und körperliche Aktivität sind die hauptsächlichen Faktoren.
Der Energiebedarf der Körper in Ruhe braucht bezeichnet man als
Grundumsatz, um alle wichtigen Körperfunktionen aufrecht zuerhalten.
Der Grundumsatz berechnet sich aus:
Normalgewicht x 24
Energiebedarf
= Grundumsatz + Leistungszuschlag
Der Leistungszuschlag berechnet sich aus der Art der körperlichen
Betätigung bzw. dem Beruf. Bei einer leichten Tätigkeit wird ein Leistungszuschlag von 1/3 des Grundumsatzes gegeben, bei einer mittelschweren Arbeit um 2/3 bei einer schweren Arbeit um 3/3.
Dieser Zuschlag wird zum Grundumsatz dazugerechnet. Alles
zusammen ergibt den Gesamtenergiebedarf eines Menschen.
Beispiel:
Frau 30 Jahre, Bürofachfrau, 70 kg
( 70 x 24) + 1680/3
= 2240 kcal / Tag
Normalgewicht
Es gibt 2 verschiedene Methoden das Normalgewicht zu berechnen.
I. BROCCA – GEWICHT: Körpergröße - 100
II. Body-Mass- Index ( BMI) 19 – 25
Der BMI errechnet das Verhältnis von Körpergröße zu der
Körpermasse und gibt daher noch eine genauere Aussage über das
Gewicht.
Ein „ normaler BMI“ sollte zwischen 19 – 25 liegen
Normalgewicht
Kapitel 4
24
Grundlagen der Ernährung
Als Übergewicht bezeichnet man einen BMI > 30.
Heute wird nicht immer ein Normalgewicht angestrebt.
Das Zauberwort heißt „Wohlfühlgewicht“. Das Wohlfühlgewicht
bedeutet auch das bei diesem Körpergewicht auch noch keine
Wohlfühlgewicht
körperlichen Beschwerden oder Krankheiten vorliegen, die noch
eine Reduktion auf ein Normalgewicht nötig machen.
Nährstoffe
Unsere Hauptnährstoffe oder auch Makro- oder Grundnährstoffe
genannt sind Eiweiß, Fett und Kohlehydrate. Sie liefern neben speziellen Aufgaben im Körper Energie.
Nährstoffe =
MakronährVitamine,
Mineralstoffe
und
Spurenelemente
sind
die stoffe + Mirkonährstoffe
sogenanntenMikronährstoffe. Sie sind lebenswichtig Prozessen
in unsrem Körper beteiligt; liefern aber im Gegensatz zu den
Makronährstoffen keine Energie.
Eiweiß
Eiweiß ist nicht nur Energielieferant ( 1g Eiweiß = 4 kcal) sondern,
ist auch Bestandteil von Zellen und Gewebe, Hormone, Enzyme und
Körpersekrete( z.B. Verdauungssaft)
Daher wird Eiweiß nur als letzter Nährstoff zur Energiegewinnung
hinzugezogen.
In der Nahrung unterscheidet man tierisches und pflanzliches
Eiweiß.
Tierisches Eiweiß ist in:
I. Fleisch, Fisch, Geflügel
II. Milch und Milchprodukten
III. Eier
enthalten.
Auch in pflanzlichen Lebensmittel ist Eiweiß enthalten z.B. in:
Eiweiß =
pflanzliches +
tierisches
Eiweiß
Kapitel 4
Grundlagen der Ernährung
25
IV. Kartoffeln
V.
Hülsenfrüchten
VI. Grünen Gemüse ( Spinat, Brokkoli)
VII. Soja
VIII. Getreide
Optimal ist eine Mischung zwischen pflanzlichen und tierischen
Eiweißen. Damit wird die Qualität des Eiweiß noch weiter erhöht.
Die Eiweißzufuhr sollte 10% des Gesamtenergiebedarfs betragen.
Eine zu hohe Eiweißaufnahme kann besonders beim Diabetiker zu
einer Begünstigung von Nierenschäden verursachen..
Deshalb ist es wichtig die Fleischportionen immer etwas kleiner zu
halten, vielleicht 1-2 x in der Woche einen fleischlosen Tag einzulegen.
Fettarme Milch und Milchprodukte bevorzugen, mageres Fleisch,
Vollkornprodukte, Fisch.
Fett
Fett ist der Hauptnährstoff mit dem höchsten Energiegehalt. Ein
Gramm Fett liefert 9 kcal.
Um Kalorien zu sparen, sollte jeder Fett sparen.
Fett kommt in pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln vor.
Die tierischen Lebensmittel wie Butter, Schmalz, Fleisch, Fisch, enthalten neben dem Fett auch Fettbegleitstoffe, z. B Cholesterin.
Menschen die auf das Cholesterin achten sollten daher die Fettzufuhr über tierische Lebensmittel so gering wie möglich halten.
Die pflanzlichen Fette wie Öl, Margarine enthalten kein Cholesterin,
besitzen aber einen ähnlich hohen Fettgehalt wie Butter oder
Schmalz.
Für eine ausgewogene Ernährung sollte der Fettgehalt bei 60g Fett
/ Tag liegen.
Um dies zu erreichen sollte man besonders auf das versteckte Fett
tierische Fette,
pflanzliche
Fette
Kapitel 4
26
Grundlagen der Ernährung
in Wurst, Käse, Schokolade, Nüsse, usw. achten.
Ein hilfreiches Mittel ist die Fettangabe auf der Packung.
versteckte
Fette
wünschenswerter Fettgehalt
arm) liegen.
in NahrungsDer Fettgehalt bei Käse soll in der Regel 40- 45% Fett i. Tr. nicht mitteln
überschreiten.
Bei Milch und Milchprodukten sollte der Fettgehalt bei 1,5% Fett (fett-
Bei Fleisch, Wurst, Fisch oder Geflügel sollten immer die fettarmen
Lebensmittel verwendetet werden, d h. durchwachsene Fleischstücke,
oder Wurst mit Fettrand, Streichwurst, Aal, Gans oder Ente nur in
fettreiche Nahrungsmittel
Ausnahmefällen essen.
Auch der Fettgehalt von Nüssen und Schokolade ist nicht zu
unterschätzen. Abends lieber ein Stück Obst oder Gemüse als Chips,
Nüsse oder Schokolage essen.
Auf ein ausgewogenes Verhältnis von gesättigten,
einfachungesättigten und mehrfachungesättigten Fettsäuren ist zu
achten, d.h. lieber Fisch statt Fleisch, besser Pflanzenöl und Margarine (OPTIMAL Halbfettmargarine) als Butter:
gesättigte-,
einfachungesättigte-,
mehrfachungesättigte
Nahrungsmittel
Tipp: 20g (1EL) als Brotaufstrich
20g
als Brat – und Kochfett
20g
versteckt in Käse, Fleisch, Wurst,
Kohlehydrate
Die Hauptfunktion der Kohlenhydrate ist die Energiegewinnung. Ein
Gramm Kohlehydrate liefert 4 kcal.
Einige Bereiche im Körper können nur Energie aus Kohlenhydraten
verwenden.
Sogar der Körper kann Kohlenhydrate in Form von Glykogen im Kohlehydrate
Muskel und in der Leber speichern, so daß bei besonderer Belastung der Körper direkt und kurzfristig Energie bekommt.
Unsere Nahrung sollte sich aus 50% Kohlenhydrate zusammensetzen. Besonders die komplexen Kohlenhydrate wie Stärke sollen
einen Großteil der Nahrung bestehen.
Kapitel 4
Grundlagen der Ernährung
27
Ballaststoffe
Ballaststoffe sind Stärkeprodukte, Pflanzenfasern, die der Körper
nicht verwenden kann.
Ballaststoffe lassen den Blutzucker nur sehr minimal ansteigen.
Sie sind besonders in Vollkornprodukten, Obst, Hülsenfrüchten und
kaum Blutzuckeranstieg
durch Ballaststoffe
Salt enthalten.
Kohlenhydrate und der Blutzuckerspiegel
EINFACHZUCKER
Die einfachsten Formen der Kohlehydrate ist der Einfachzucker;
Traubenzucker oder Fruchtzucker genannt.
Diese können z.T. schon im Mund vom Körper aufgenommen werden
und schießen sofort im Blut und erhöhen dort direkt den Blutzuckerspiegel.
Daher ist Traubenzucker nur ratsam bei einer Hypoglycämie.
Blutzuckeranstieg:
rasant durch
Einfachzucker
schnell durch
Zweifachzukker
langsam durch
Stärke
ZWEIFACHZUCKER
Unter dem Zweifachzucker versteht man zwei verbundene Einfachzucker. Der bekannteste Zweifachzucker ist der Haushaltszucker,
daneben gibt es noch den Milchzucker und den Malzzucker.
Zur Spaltung der Zweifachzucker braucht der Körper auch einen
geringen Aufwand.
Diese Zuckerarten lassen also den Blutzucker auch schnell ansteigen.
Der Milchzucker bildet dort eine Aufnahme. Durch das Eiweiß und
Fettgehalt in der Milch und Milchprodukten kann der Zucker vom
Körper langsamer aufgenommen werden. Außerdem hat der Milchzucker eine wesentlich geringere blutzuckersteigende Wirkung als
der Haushaltszucker.
Der Malzzucker zeigt seine Wirkung meist nur im Bier.
wegen des
Fettgehaltes
langsamerer
Blutzuckeranstieg durch
Milchprodukte
Kapitel 4
Grundlagen der Ernährung
28
STÄRKE
Der größte Anteil der Kohlenhydrate besteht aus Stärke. Stärke ist
ein Gebilde aus vielen einzelnen Einfachzucker.
Der Körper muss vor ihrer Verwertung die Stärke erst in Einfachzucker spalten. Diese Aufspaltung kostete viel Zeit und als Folge steigt
der Blutzuckerspiegel nur langsam und gleichmäßig.
Stärke ist enthalten in Gemüse, Getreide, Kartoffeln, Reis, ...
DAS HEISST:
IX. EINFACHZUCKER schießt ins Blut (Traubenzucker, Fruchtzucker)
X. ZWEIFACHZUCKER strömt ins Blut (Haushaltszucker, Milchzucker, Malzzucker)
XI. STÄRKE sickert ins Blut
BERECHNUNGSEINHEIT
Die Berechnungseinheit hat viele Namen. Sie wird als Broteinheit
(BE), als Kohlenhydrateinheit (KE) oder Kohlenhydrateinheit (KHE)
bezeichnet. Die Broteinheit diente viele Jahre als Grundgerüst jeder
Diabetesdiät. Heute ist sie nur noch eine Schätzeinheit (1 BE = 10 –
12g KH)
Die BE-Berechnung ist auch nur noch für insulinbehandelten Diabetiker relevant. Für Diabetiker mit medikamentöser Einstellung oder
Berechnungseinheiten
einer Einstellung nur mit Diät ist eine Einschätzung der Kalorien
wesentlich wichtiger, da sie oft übergewichtig sind.
Reduktionskost
Ziel der Reduktionskost ist es, bei übergewichtigem Diabetiker eine
Gewichtsreduktion herbei zu führen. Hierbei muss weniger Energie
zugeführt werden, als der Körper braucht.
Eine Kalorienreduktion um 500 kcal lässt das Gewicht um 500g
Reduktionskost
Kapitel 4
Grundlagen der Ernährung
29
pro Woche sinken. Die Gewichtsreduktion sollte eine langfristige
Ernährungs- und Lebensumstellung zu Folge haben, um eine dauerhafte Gewichtsabnahme oder Gewichtkontinuität zu erhalten.
Daher muss bei diese Patienten nicht auf den BE-Gehalt geachtet
werden, sondern nur eine im Einzelfall festgelegte individuelle Kalorienzahl.
Süßstoffe
Süßstoffe sind kalorienfreie Süßungsmittel, die den Blutzuckerspiegel nicht beeinflussen.
Ihre Süßkraft ist 200- 500 mal höher als der von Haushaltszucker.
Süßstoffe steigern nicht den
Blutzucker
Bei der Verwendung der Süßstoffe ist zu achten das diese z.T. nicht
hitzestabil sind und daher erst nach dem Kochen verwendet werden
können.
Zuckeraustauschstoffe
Zuckeraustauschstoffe sind Ersatzprodukte für Zucker. Sie liefern die
gleiche Energie wie Zucker, einige auch etwas geringere Energie
Zuckeraustauschstoffe
und sind in geringen Mengen nicht insulinpflichtig.
Nachteile sind das größere Mengen Zuckeraustauschstoffe abführend
wirken können.
Zuckeraustauschstoffe sind hitzestabil und können sehr gut zum
Backen und Einkochen verwendet werden.
Getränke
Für Diabetiker geeignete Getränke sind:
Mineralwasser, ungesüßte oder mit Süßstoff gesüßter Kaffee und/
oder Tee, Diätlimonaden (Cola light, Sprite light), stark verdünnte
Obstsäfte,
geeignete und
ungeeignete
Getränke für
Diabetiker
Kapitel 4
Grundlagen der Ernährung
Für Diabetiker ungeeignete Getränke sind:
Gezuckerte Getränke, Fruchtsäfte,
Alkohol:
Für Diabetiker gelten die gleichen Vorsichtsmaßnahmen beim Alkoholkonsum wie für die Allgemeinbevölkerung.
Der Diabetiker muss allerdings achten, dass Alkohol eine wichtiger
Energielieferant und eine wesentliche Quelle für Überernährung.
Ebenso entsteht bei erhöhtem Alkoholkonsum eine große Unterzuckerungsgefahr. Daher nicht nüchtern Alkohol konsumieren.
Geeignete alkoholische Getränke sind:
XII.
trockene Weine und Sekte,
XIII.
Schnaps, Whiskey,
XIV.
Diabetikerbiere
Ungeeignete alkoholische Getränke:
XV.
Liköre
XVI.
süße Weine und Sekt
XVII.
Bier
30
Kapitel 5
31
Insulinhandhabung
Ungenauigkeiten und Fehler im Umgang mit Insulin sind die häufigsten Ursachen unerwarteter Stoffwechselschwankungen. Durch die
Beachtung der folgenden Hinweise können solche Probleme vermieden werden.
Aufbewahrung
Die im Gebrauch befindliche Ampulle Insulin kann bis zu 6 Wochen
lang aufbewahrt werden, jedoch ohne direkte Sonnen- oder Kälteeinwirkung. Nie auf oder in die Nähe der Heizung legen. Der Insulinvorrat wird am besten im Butter- oder Gemüsefach aufbewahrt.
Keinesfalls darf Insulin im Eisfach deponiert werden.
wie kann Insulin aufbewahrt
werden?
Transport bei Reisen
– im Flugzeug Insulin immer im Handgepäck bei sich führen: Koffer
kann verloren gehen; Frachtraum oft zu kalt
was ist bei
Reisen zu
– beim Skifahren Insulin am Körper tragen
beachten?
– beim Badeurlaub Insulin nicht mit an den Strand nehmen
– bei Urlaubsfahrten mit dem überhitzten PKW Insulin an der kühlsten Stelle aufbewahren
– im Hotel kann der Insulinvorrat vorübergehend bei Zimmertemperatur gelagert werden
Verfallsdatum
Insulin hat ein Verfallsdatum, das auf jedem Fläschchen bzw. jeder
Ampulle aufgedruckt ist. Nach Ablauf des Verfallsdatums ist die Wirkung des Insulins nicht mehr garantiert und sollte nicht weiter verwendet werden.
Aufziehen von Insulin in Einmalspritze
– Rollen Sie das Fläschchen mit dem trüben Insulin zuerst zwischen Ihren Händen, um den Verzögerungswirkstoff und das
Insulin gut miteinander zu vermischen. Klares Insulin braucht
nicht gerollt zu werden.
– Ziehen Sie mit der Einmalspritze die gewünschten Einheiten
zunächst als Luft auf. Stechen Sie nun die Nadel senkrecht durch
den Stopfen der auf dem Tisch stehenden Flasche und drücken
wo steht das
Verfallsdatum?
wie wird Insulin in einer
Einmalspritze
aufgezogen?
Kapitel 5
Insulinhandhabung
32
Sie die Luft hinein.
– Jetzt sind Flasche und Spritze umzudrehen; das Insulin kann
langsam aus der nach oben gehaltenen Ampulle bis ca. 5 Einheiten über die gewünschte Menge hinaus in die Injektionsspritze
aufgezogen werden.
– Luftbläschen durch leichtes Klopfen an die Spritze nach oben
bringen und mit dem überschüssigen Insulin in das Insulinfläschchen zurückspritzen. Wenn zu viele Luftbläschen vorhanden sind,
noch einmal neu aufziehen.
– Dosis jetzt exakt einstellen.
Einmalspritzen mit eingeschweißter Kanüle können bis zu 3x benutzt
werden.
Pen / Injektionshilfen
Zur Erleichterung der Insulininjektion wurden die Pen‘s entwickelt.
Sie haben ungefähr die Größe eines Füllfederhalters und sind ähnlich aufgebaut. Das Aufziehen der Spritze entfällt, Probleme mit Luftbläschen in der Spritze gibt es nicht und auch die Nadeln können
durch Gummipartikel nicht verstopfen. Es gibt auch Einmalpens, die
besonders für Sehbehinderte oder ältere Menschen geeignet sind.
Dabei entfällt auch der Patronenwechsel.
Vorbereitung des Pen zur Injektion
Nach jedem Patronenwechsel müssen soviele I.E. (Einheiten) abgespritzt werden, bis die Kolbenstange Kontakt zur eingelegten Patrone
hat. Bei diesem Vorgang den Pen senkrecht halten.
Pens:
- Vorteile
- Injektionstechnik
- Wechsel der
Nadel
Wechsel der Pennadel
Pennadeln sollten ca. zweimal pro Woche gewechselt werden, da
sie schnell stumpf werden und dadurch der Einstich schmerzhafter
wird.
Insulinkonzentrationen
Nahezu alle Insuline werden auch für Pens angeboten. Zu beachten
ist allerdings, daß die Konzentration des Insulins in Penpatronen
stärker ist als die in Insulinfläschchen. U 40 Insulin ist in Insulinfläschchen abgefüllt - U 100 Insulin ist in Penpatronen abgefüllt. U
was ist U 40und U 100Insulin?
Kapitel 5
Insulinhandhabung
33
40 bedeutet, daß in 1ml Lösung 40 I.E. Insulin enthalten sind. U 100
bedeutet gleichermaßen, daß in 1ml Lösung 100 I.E. Insulin enthalten sind. Dementsprechend gibt es Einmalspritzen, die für U 40 und
U 100 Insuline geeicht sind. Diese dürfen nie verwechselt werden.
Diabetiker, die Pens benutzen, sollten U 100 Einmalspritzen besitzen, um im Falle eines defekten Pen ihr Insulin aus der Patrone aufziehen zu können.
Spritztechnik
Das Insulin wird ins Unterhautfettgewebe injiziert.
– Mit Zeigefinger und Daumen wird eine Hautfalte abgehoben
– In diese Hautfalte wird in einem Winkel von 45 bis 90 Grad einge- wie wird Insustochen und das Insulin durch Herunterdrücken des Spritzenkol- lin gespritzt?
bens gespritzt.
– Danach sollte bei festgehaltener Hautfalte noch ca. 10 Sekunden gewartet, danach erst die Hautfalte losgelassen und anschließend die Nadel aus der Spritzstelle entfernt werden, damit kein
Insulin zurückfließt.
eine Hautdesinfektion vor
Eine Desinfektion der Haut vor der Injektion ist bei ausreichender dem Spritzen
Körperhygiene unnötig.
ist nicht notwendig!
Spritzregionen
Insulin kann in die Bauchhaut, in die Gesäßhaut und in die Oberschenkelhaut gespritzt werden. Allerdings wird Insulin aus den verschiedenen Körperregionen unterschiedlich rasch aufgenommen.
Am schnellsten erfolgt die Resorption aus der Bauchhaut, weshalb
hier vor allem das Normalinsulin gespritzt werden sollte. Die langsame Aufnahme des Verzögerungsinsulins wird durch eine Injektion
in den Oberschenkel begünstigt. Zur selben Tageszeit muß das Insulin immer in die selbe Region (Bauch oder Oberschenkel) gespritzt
werden. Die Injektionsstellen innerhalb der Region sollten jedesmal
gewechselt werden, um Verhärtungen vorzubeugen. Dabei nicht
in bestehende Hautveränderungen, -verhärtungen, Muttermale und
Narbengewebe injizieren.
Nach der Insulingabe kein heißes Vollbad oder einen Saunagang
nehmen. Dies würde durch die Wärmeeinwirkung, zu einer sehr
raschen Aufnahme des Insulins und damit zur Unterzuckerungsgefahr führen.
was ist beim
Spritzen in
verschiedene
Körperregionen zu beachten?
was muß nach
dem Spritzen
beachtet
werden?
Kapitel 5
6
Grundlagen der
Diabetestherapie
34
Ziele der Behandlung
Um zu wissen, wie der Diabetes behandelt werden sollte, müssen
wir an die Behandlungsziele denken:
•
kurzfristige (akute) Komplikationen wie Unterzuckerungen Hauptziele der
und Blutzuckerentgleisungen (starke länger anhaltende Diabetestherapie
Überzuckerungen) vermeiden
•
„mittelfristige Komplikationen“ (Symptome eines schlecht eingestellten Diabetes wie Durst, Infektionsneigung und Leistungsabnahme) sollten nicht auftreten
•
langfristige Komplikationen (Folgekrankheiten d. h. Schäden
an Blutgefäßen, Augen, Nieren, Nerven, Füßen) verhindern
Behandlung des Typ 1 Diabetes
Beim Typ 1 Diabetes produziert die Bauchspeicheldrüse kein Insulin
mehr, da die insulinproduzierenden Zellen zugrundegegangen sind.
Deshalb geht es beim Typ 1 Diabetes eigentlich nur darum, die Funktion der menschlichen Bauchspeicheldrüse bei der Insulinpruduktion
nachzuahmen. Dies wird durch die Insulintherapie erreicht. Wenn Besonderheibeim Typ 1 Diabetiker die Blutzuckerwerte zwischen ca. 80 – 160 ten beim Typ 1
Diabetes
mg/dl liegen und das HbA 1c unter 7 liegt ist die Einstellung gut
(sofern es hierunter nicht zu einer Gewichtszunahme kommt!), dann
ist für „ihn die Welt in Ordnung“.
Das Einhalten einer Diabetes-Diät und Empfehlungen zur körperlichen Bewegung sind nur notwendig, da die Insulinproduktion und
-ausschüttung der menschlichen Bauchspeicheldrüse derzeit noch
nicht gut genug nachgeahmt werden können.
Behandlung des Typ 2 Diabetes
Hier ist die Situation ganz anders!
Hier liegt nämlich eine Erbanlage vor, die „Insulinresistenz“, wobei oft „metaboliweitere Störungen auftreten die man dann zusammen als „metaboli- sches Syndrom“ beim
sches Syndom“ bezeichnet. Das metabolische Syndrom umfaßt
Typ 2 Diabetes
• Insulinresistenz und Diabetes mellitus
•
Übergewicht mit Neigung zur „Bauchfettsucht“
•
erhöhter Blutdruck
•
erhöhte Blutfette
Kapitel 6
Grundlagen der
Diabetestherapie
35
Es soll erreicht werden, daß diese Erbanlagen sich möglichst gering
ausprägen (d.h. zum Vorschein kommen).
Dies kann in erster Linie geschehen durch:
•
Gewichtsabnahme und
•
Steigerung der körperlichen Aktivität
weil ja in höherem Alter durch Übergewicht und Bewegungsmangel
diese Erbanlagen erst zum Vorschein gekommen sind.
Wenn eine Diabetes-Diät und eine vermehrte Bewegung nicht ausreichen, um eine ausreichende Blutzuckersenkung zu erzielen, müssen
auch Medikamente eingesetzt werden.
Neben der „Insulinresistenz“ hat der Typ 2 Diabetiker eine zweite
Störung: anders als beim Gesunden gibt die Bauchspeicheldrüse
nach dem Essen das Insulin nur verzögert ab. Da der Typ 2 Diabetiker oft noch einen ausreichenden Insulin-Grundspiegel („basales Insulin“) hat, reicht es oft aus, die Bauchspeicheldrüse nur bei
der Abgabe des Mahlzeiteninsulins zu unterstützen - dies kann z. B.
Störung der
schnellen
Insulinausschüttung
nach dem
Essen beim
Typ 2 Diabetes
durch Spritzen von Normalinsulin zu den Mahlzeiten geschehen.
Ernährung
Um die Insulinresistenz zu durchbrechen spielt beim Typ 2 Diabetes
eine richtige Ernährung eine noch größere Rolle als beim Typ 1 Diabetes ! In diesem Zusammenhang ist es auch günstiger, die Kohlehydratmenge eher auf 6 kleine, als auf 3 große Mahlzeiten zu verteilen: dann kommen nämlich nicht so viele Kohlenhydrate auf einmal
ins Blut und der Transport in die Zellen funktioniert besser. Aus dem
Rolle der
Ernährung
beim Typ 2 Diabetes
gleichen Grunde müssen Kohlenhydrate, die sehr schnell ins Blut
gelangen wie z. B. Haushaltszucker, Cola, normale Limonaden etc.
gemieden werden.
Prinzip der Behandlung des Typ 2 Diabetes
Nach heutigen Erkenntnissen muß durch die Behandlung
•
der Blutzucker möglichst normal sein und es dabei
•
zu keiner Gewichtszunahme kommen
•
und die anderen Stoffwechselprobleme (erhöhte Blutfette,
Bluthochdruck) günstig beeinflußt werden.
Richtlinien bei
der Behandlung des Typ 2
Diabetes
Kapitel 6
Grundlagen der
Diabetestherapie
36
Dies kann - wenn Diät und vermehrte Bewegung nicht ausreichen durch verschiedene Medikamente erreicht werden, die nachfolgend
aufgeführt werden.
Medikamente die den Insulinspiegel im Blut erhöhen
Sulfonylharnstoffe (z. B. Euglucon)
Sie bewirken eine vermehrte Insulinfreisetzung durch die Betazellen.
Nach langjähriger Behandlung mit Sulfonylharnstoffen kann sich die
Betazelle erschöpfen, so daß dann eine Insulintherapie notwendig
wird.
Hauptvertreter ist das Glibenclamid (Euglucon® - Maximaldosis 3 SulfonylharnTabletten, meist 2 morgends und 1 abends). Eine neueres Medika- stoffe
z. B. Euglument ist das Glimepirid (Amaryl®), das nur einmal am Tag gegeben con
werden muß und sich geringer bei gestörter Nierenfunktion ansammelt. Bei Glimepirid (Amaryl®) treten seltener stärkere Unterzuckerungen auf.
Häufigste Nebenwirkung der Sulfonylharnstoffe ist die Unterzuckerung – um dies zu vermeiden, müssen alle Mahlzeiten zum richtigen
Zeitpunkt eingenommen werden und es muß immer eine „Not-BE“,
z. B. Dextro-Energen® zur Hand sein !
Glibenclamid (z. B. Euglucon®) sollte 15 - 30 Minuten vor dem Essen,
Glimepirid (Amaryl®) unmittelbar vor dem Essen (z. B. Frühstück) eingenommen werden.
Glinide (z. B. Novonorm®)
Sie führen auch zu einer vermehrten Insulinfreisetzung, wobei die
Wirkung nur kurzfristig anhält, so daß die Tabletten jeweils direkt
Glinide,
vor einer Hauptmahlzeit eingenommen werden sollen (Prinzip: „1 z. B. Novo
Hauptmahlzeit – 1 Tablette, keine Hauptmahlzeit – keine Tablette“). norm
Im Gegensatz zu den Sulfonylharnstoffen können Mahlzeiten ausgelassen werden. Beim Auslassen einer Mahlzeit ist das Unterzuckerungsrisiko nur sehr gering. Einige dieser Mittel sammeln sich bei
Nierenstörungen nicht an, dürfen bei Leberschäden aber nur mit Vorsicht verwendet werden.
Kapitel 6
Grundlagen der
Diabetestherapie
37
Insuline
Die verschiedenen Insuline unterscheiden sich durch ihre „Wirkprofile“ hinsichtlich
•
Wirkungsbeginn
•
Wirkungsmaximum
•
Wirkungsdauer
Wirkungsverlauf der Insuline
Die Wirkungsweise hängt bei allen Insulinen von der gespritzten
Menge ab: je höher die Dosis ist, desto ausgeprägter ist das Wirkungsmaximum und desto länger die Insulinwirkung.
Normalinsulin („Alt-Insulin“)
Wirkungseintritt nach ca. 15 – 30 Minuten, Wirkungsmaximum nach
ca. 2 Stunden, Wirkungsdauer ca. 4 – 6 Stunden (Achtung: kleine Normalinsulin
Mengen wirken kürzer als große Mengen). Alle Normalinsuline der
einzelnen Firmen habe eine vergleichbare Wirkung und sind deshalb
austauschbar.
Kurz wirksame Analog-Insuline (z. B. Humalog)
Hier wurde das menschliche Insulinmolekül verändert - dadurch ist
die Aufnahme aus dem Unterhautfettgewebe so beschleunigt , sodaß
die Wirkung sofort eintritt. Deshalb muß ein Spritz-Eß-Abstand nicht
mehr eingehalten werden (in Einzelfällen kann dieses Insulin sogar
nach dem Essen gespritzt werden). Die Wirkung ist so kurz, daß
kurz wirksame
Analog-Insuline - z. B.
Humalogâ
auch bei Zwischenmahlzeiten (die wegen der kurzen Wirkdauer auch
wegfallen können) Lispro-Insulin notwendig ist.
Verzögerungsinsuline
Verzögeringsinsuline bestehen aus Normalinsulin, dem Verzöge-
Verzögerungsrungsstoffe beigemischt weren. Verzögerungsinsuline beginnen erst Insuline
ca. 1,5 Stunden nach dem Spritzen zu wirken.
Langwirksame Analog-Insuline (z. B. Lantus)
Lantus liegt in einer klaren Lösung vor, so daß ein Aufmischen nicht
mehr notwendig ist. Wegen der langen Wirkdauer ist eine Einmalgabe am Tag möglich.
lang wirksame
Analog-Insuline - z. B.
Lantus
Kapitel 6
Grundlagen der
Diabetestherapie
38
Mischinsuline
Mischinsuline sind Mischungen aus Normal- und Verzögerungs-Insu- Mischinsuline
lin. Der Normal-Insulin Anteil liegt bei den einzelnen Präparaten zwischen 10 und 50%.
Formen der Insulintherapie
Im Prinzip kann man 3 Formen unterscheiden:
•
konventionelle Insulintherapie: Die Insulinmenge bleibt jeden
Tag gleich, meist werden morgends und abends je eine
Spritze eines Mischinsulins (mit einem kurzwirksamen und
einem langwirksamen Anteil) gegeben. Es muß zu festen
Zeiten gegessen werden, Zwischenmahlzeiten sind notwendig um Unterzuckerungen zu vermeiden
•
Trennung der Zufuhr des nahrungsunabhängigen Insulins
(„Basalinsulin“) vom Mahlzeiteninsulin durch
konventionelle
und intensivierte Insulintherapie
- mehrmalige s. c. Injektionen oder
- eine Insulinpumpe (nur in ganz seltenen Fällen
beim Typ 2 Diabetes)
Dies wird auch als eine „intensivierte konventionelle Therapie“ (= „ICT“) bezeichnet: dabei wird spätabends gegen
22h und morgens gegen 7h ein „mahlzeitenunabhängiges“
langwirksames Basalinsulin und zu den Mahlzeiten ein kurzwirksames Normalinsulin („Bolusinsulin“) gegeben
•
Injektion nur von mahlzeitenbezogenem Insulin, sofern der Insulin nur zu
Körper noch genug nahrungsunabhängiges Insulin beim Typ den Mahlzeiten
2 Diabetes bildet
Medikamente die den Insulinspiegel im Blut nicht erhöhen
Biguanide (Metformin, z. B. Glucophage®)
Sie verbessern die Glukoseaufnahme an der Muskelzelle ohne daß Biguanide,
mehr Insulin freigesetzt wird, blockieren die Glukoseneubildung (Glu- z. B. Glucophage
coneogenese) in der Leber, senken Cholesterin und Triglyceride und
vermindern den Appetit – wirken also günstig beim „metabolischen
Syndrom“. Biguanide verursachen keine Unterzuckerungen.
Grundlagen der
Diabetestherapie
Kapitel 6
39
In der Regel wird die Behandlung mit 850 mg Metformin morgens
begonnen und nach drei bis vier Tagen weitere 850 mg am Abend
verabreicht. Ebenso wie Acarbose soll Metformin zu den Mahlzeiten
und nicht auf nüchternen Magen eingenommen werden, da sonst
Übelkeit und Magendruck auftreten können. Mehr als dreimal 850
mg werden in der Regel nicht vertragen.
Gegenanzeigen: Einschränkung der Nierenfunktion (Kreatinin >
1,2
mg/dl),
Leberschäden,
schwere
Kreislauferkrankungen,
Reduktionsdiäten mit weniger als 1000 kcal/Tag; sollen während
fieberhafter Infekte nicht eingenommen werden (dann Einnahmepause).
α-Glucosidase-Hemmer (z. B. Acarbose - Glucobayoder Miglitol - Diastabol )
Bremsen vorübergehend die Aufspaltung von Stärke im Darm – so
wird die Stärke langsamer in Glukose umgewandelt und der Blutzuckeransteig nach dem Essen verläuft langsamer und gleichmäßiger.
Es kommt jedoch nicht zu einer Gewichtsabnahme, da die Kohlehydrate dann durch Abbau über Fettsäuren verwertet werden.
Um den einzigen Nachteil dieser Mittel – oft sehr störende Blähungen
– zu vermeiden oder zu vermindern, sollte die Anfangsdosis dieser
Mittel niedrig sein und nur langsam (um jeweils 50 mg pro Woche,
evtl. bis zu einer Höchstdosis von 3 x 100 mg täglich) gesteigert
werden. Es gilt hier die sog. „Einer-Regel“:
Erstbehandlung beginnt mit einer
Einmalgabe von 50 mg Acarbose oder Miglitol täglich in der
ersten Woche mit dem
ersten Bissen zum
ersten Frühstück.
Die Einnahme muß also jeweils mit dem ersten Bissen einer Mahlzeit erfolgen – bei späterer Einnahme sind diese Medikamente wirkungslos. Die Acarbose alleine verursacht keine Unterzuckerungen.
Sollten unter einer Kombinationstherapie mit anderen Medikamenten eine Unterzuckerung auftreten, darf nur Glukose, z. B. DextroEnergen eingenommen werden.
Nach neueren Erkenntnissen sind diese Medikamente jedoch bei der
Acarbose Glucobay
oder Miglitol Diastabol
Kapitel 6
Grundlagen der
Diabetestherapie
40
Verhütung von Folgeschäden weitaus weniger wirksam, als man sich
früher erhofft hatte.
Glitazone (z. B. Avandia)
Die Glitazone verbessern die Insulin-Empfindlichkeit der Zellen – sie
führen nicht zu einer vermehrten Bildung von Insulin. Die Glitazone
haben nur wenig Nebenwirkungen – bei Lebererkrankungen oder
Herzschwäche sollen sie nicht eingesetzt werden. Da diese Mittel
erst im Jahr 2000 in Deutschland zugelassen wurden, liegen breite
Erfahrungen noch nicht vor. Die Anfangsdosis von Avandia liegt bei
Glitazone,
z.B. Avandia
oder Actos
4 mg / Tag und kann nach 8 Wochen auf 8 mg / Tag gesteigert
werden. Der Erfolg der Behandlung kann erst nach 4 – 8 Wochen
ausreichend beurteilt werden.
Avandia oder Actos können zusammen mit Mahlzeiten oder auch
nüchtern eingenommen werden.
Kombinationstherapie
Im Prinzip können alle Medikamente und Insulin gemeinsam eingesetzt werden. Eine Kombinationstherapie ist auch günstig, da bei
den einzelnen Medikamenten dann nicht die Oberdosis eingesetzt
werden muß und deshalb die Nebenwirkungsrate geringer ist. Des-
Vorteile einer
Kombination
verschiedener
Medikamente
halb wird heute eine Kombinationsbehandlung früh begonnen.
Beim metabolischen Syndrom ist, wenn eine Diät alleine nicht mehr
ausreichend ist, eine anfängliche Behandlung mit Biguaniden und
Acarbose sehr günstig.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß Grundlage der
Behandlung des Typ 2 Diabetes die Ernährungs- und Bewegungstherapie ist.
Falls diese nicht ausreichen, können in der Anfangsphase des Typ Therapie2 Diabetes, in der ja vermehrt körpereigenes Insulin vorhanden ist, richtlinien
Medikamente eingesetzt werden, die nicht zu einer vermehrten Bildung körpereigenen Insulins führen, eingesetzt werden (v. a. Metformin).
Kapitel 6
Grundlagen der
Diabetestherapie
In späteren Stadien (da der Typ 2 Diabetes oft sehr spät entdeckt
wird, können Spätstadien schon bald nach der Entdeckung des Diabetes vorliegen!), wenn die Spiegel des körpereigenen Insulins im
Blut normal oder (infolge einer Erschöpfung der Bauchspeicheldrüse)
vermindert sind müssen auch Medikamente, die den Insulinspiegel
im Blut erhöhen (Sulfonylharnstoffe, Repaglinide) und/oder Insulin
selbst eingesetzt werden.
Es muß immer darauf geachtet werden, daß nicht nur der erhöhte
Blutzucker behandelt wird, sondern auch die anderen Störungen, die
meist zusammen mit dem Typ 2 Diabetes auftreten und für Folgeerkrankungen mitverantwortlich sind (Fettstoffwechselstörung, Bluthochdruck).
41
Kapitel 7
Insulin-Dosisanpassung
42
Die folgenden Ausführungen gelten vor allem für diejenigen Diabetiker, die selbst ihren Blutzucker messen und mit Normal-Insulin ihre
Insulin-Dosis anpassen, d. h. bei zu hohen Werten mehr Insulin spritzen und bei zu niedrigen Werten weniger Insulin spritzen, aber auch
für die, die nur gelegentliche Blutzucker-Korrekturen durch Insulin
durchführen.
Die Therapieform, die durch Gabe eines langwirksamen „basalen“
Insulins und eines kurz wirksamen „Bolus-Insulins“ zu den Mahlzeiten versucht das Wirken einer gesunden Bauchspeichedrüse nachzuahmen, nennt man
„Intensivierte Conventionelle Insulintherapie“
(ICT)
Durch eine einmalige (meist gegen 22 Uhr) oder zweimalige (um 22
Uhr und um 7 Uhr) Gabe von eines langwirksamen „Basal-“ (Depot-)
Insulins wird versucht, den mahlzeitenunabhängigen Insulin-Grundbedarf abzudecken.
Durch Gabe von Normal-Insulin zu den Mahlzeiten („Bolus-Insulin“)
soll der mahlzeitenabhängige Bedarf abgedeckt werden.
Durch eine solche Therapie haben die Diabetiker mehr Freiheiten
bezüglich des Zeitpunktes der Mahlzeiten und der Menge der einzelnen Mahlzeiten - außerdem ist eine bessere Blutzucker-Einstellung
bei sehr schwankenden Werten möglich.
Jedoch müssen sie 4 – 5x täglich Insulin injizieren und vor jeder
Mahlzeit und vor dem Zubettgehen den Blutzucker kontrollieren.
intensivierte
konventionelle
Insulintherapie
Kapitel 7
Insulin-Dosisanpassung
43
Überprüfung der Basal-Insulin-Dosis
Die Basal-Insulin-Tagesmenge kann dadurch überprüft werden, daß
morgens die übliche Basal-Insulin-Menge gespritzt wird und danach
während des ganzen Tages nichts gegessen wird, also auch kein
Bolus-Insulin gespritzt wird. Unter der Voraussetzung daß der Ausgangs-Blutzucker im Normbereich (80 - 120 mg/dl) lag ist die Menge
des basalen Insulins ausreichend, wenn auch während des restlichen Tages der Blutzucker während des Fastens bei 80 - 120 mg/dl
liegt.
Da der basale Insulinbedarf von vielen Faktoren (Körpergewicht,
körperlliche Aktivität, Infekte, Streßsituationen wie Operationen und
hormonellen Situationen wie der Regelblutung) beeinflußt wird, bleibt
er nicht immer gleich und sollte deshalb gelegentlich überprüft
werden.
Größen für die Dosisanpassung des Bolus-Insulins
Zur Durchführung der Insulindosisanpassung bei der Intensivierten
Insulintherapie sollte man folgende Größen kennen:
•
den Ziel-Blutzuckerwert
•
den Korrekturfaktor
•
den BE-Faktor
•
den Spritz-Eß-Abstand
a) Zielblutzuckerwerte
Dabei sollte erst zusammen mit dem Arzt festgelegt werden, welche
Blutzuckerwerte erreicht werden sollen. Meist werden folgende Werte
angestrebt:
− Nüchtern-Blutzucker:
80 – 120 mg/dl
− Blutzucker nach dem Essen: 140 – 160 mg/dl
Jedoch können, wenn besondere Situationen vorliegen, z. B. eine
schwere diabetische Augenhintergrundveränderung oder wenn z. B.
Ziel-Blutzuckerwerte
Kapitel 7
Insulin-Dosisanpassung
44
ein Schlaganfall oder Herzinfarkt droht, andere Zielwerte angestrebt
werden – dies muß mit dem Arzt besprochen werden !
b) Korrekturfaktor
Wenn der Blutzucker-Ausgangswert höher oder niedriger als der
Wert der vorliegen sollte (meist 80 – 120 mg/dl – es gibt jedoch Ausnahmen !) ist, muß man etwas mehr oder etwas weniger Insulin spritzen.
Oder: hohe Blutzuckerwerte nach dem Essen sollen „heruntergespritzt“ werden.
Diese Insulinmenge wird über einen sog. „Korrekturfaktor“ berechnet. Dabei ist zu bedenken, daß
Korrektur bei
zu hohen oder
zu niedrigen
Blutzuckerwerten
− Patienten die mehr Insulin täglich brauchen (mehr als 40 E / Tag)
weniger empfindlich auf Insulin ansprechen und mehr zum Korrigieren spritzen müssen
− Patienten die weniger Insulin tagsüber brauchen (weniger als 40
E täglich) empfindlicher auf Insulin ansprechen und weniger zum
Korrigieren spritzen müssen.
− tagsüber der Körper weniger empfindlich auf Insulin anspricht und
nachts empfindlicher: d. h. tagsüber braucht man mehr Insulin zum
Korrigieren als nachts.
niedriger Insulinbedarf (weniger als 40 E / Tag)
− tagsüber: 1 E senkt den Blutzucker um 30 mg/dl
− nachts:
1 E senkt den Blutzucker um 60 mg/dl
höherer Insulinbedarf (mehr als 40 E / Tag)
− tagsüber: 1 E senkt den Blutzucker um 20 mg/dl
− nachts:
1 E senkt den BZ um 40 mg/dl
Korrekturregeln für
• Tag und
Nacht
• hohen und
niedrigen
Insulinbedarf
Nach Gabe von Normal-Insulin muß man 2 Stunden warten bis man
erneut korrigiert, nach der Gabe von Lys-Pro-Insulin 1 Stunde –
wenn man nicht so lange wartet sinkt der Blutzucker evtl. noch weiter
und wenn man dann schon wieder Insulin spritzt, kann es zu Unterzuckerungen kommen.
Zeitspanne bis
zu einer erneuten Korrektur
Kapitel 7
45
Insulin-Dosisanpassung
c) BE-Faktor
Bei bestimmten Behandlungsformen des Diabetes (bei der „Intensivierten Konventionellen Insulintherapie“ oder beim alleinigen Einsatz von Normal- oder Lys-Pro-Insulin) erfolgt die Insulingabe vor „BE-Faktor“
den Mahlzeiten in Abhängigkeit von der Kohlehydratmenge, die man
essen will – es muß der sogenannte „BE-Faktor“ bestimmt werden,
d. h. wieviele E Insulin man pro BE spritzen muß.
Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß jeder Mensch etwas unterschiedlich auf Insulin anspricht und daß der Körper morgends,
da noch viele Hormon-Gegenspieler des Insulins (wie Kortisol,
Katecholamine) im Blut sind, etwas schlechter auf Insulin anspricht.
Um die Mittagszeit und vor allem wieder nachts ist der Körper wieder
insulinempfindlicher.
Die folgenden Zahlen können nur als Anhaltspunkte dienen und
müssen bei jedem Menschen individuell bestimmt werden:
morgends: 1,5 - 3
E Normal-Insulin pro BE
mittags:
0,5 - 1,5 E Normal-Insulin pro BE
abends:
1,0 - 2,5 E Normal-Insulin pro BE
BE-Faktoren
bei verschiedenen Tageszeiten
d) Spritz-Eß-Abstand
Wenn Normal-Insulin unter die Haut injiziert wird, dauert es eine
gewisse Weile bis es wirkt; Lispro-Insulin wirkt hingegen sofort. Das
muß bei der Entscheidung, wann man bei Mahlzeiten Insulin spritzten soll („Spritz-Eß-Abstand“ oder „SEA“) berücksichtigt werden. Der
Spritz-Eß-Abstand (SEA) ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich
und hängt auch von der Tageszeit, während der gegessen wird ab:
morgends, wenn der Körper weniger gut auf Insulin anspricht, wird
Spritz-Eßoft ein längerer SEA benötigt als mittags. Wenn der Blutzucker vor Abstand
dem Essen eher niedrig ist, verkürzt man den Spritz-Eß-Abstand um
eine Unterzuckerung zu vermeiden; wenn der Blutzucker vor dem
Essen zu hoch ist, wartet man bis zum Insulinspritzen etwas länger,
damit das Insulin bei Beginn des Essens schon voll wirkt. Wartezeiten über 60 Minuten sollte es jedoch nicht geben !
Die folgenden Empfehlungen für den SEA bei Normal- und LisproInsulin müssen jedoch bei jedem Diabetiker immer wieder überprüft
werden:
Kapitel 7
Insulin-Dosisanpassung
Die Blutzuckerwerte 2 Stunden nach dem Essen können durch Veränderungen des Spritz-Eßabstandes verbessert werden.
Obwohl bei Lispro-Insulin kein Spritz-Eßabstand eingehalten werden
muß, kann bei erhöhten Blutzuckerwerten eine Blutzuckersenkung
durch einen Spritz-Eßabstand erreicht werden.
Auch der Injektionsort spielt eine Rolle: durch Injektion in die Bauchdecke wird eine schnellere Blutzuckersenkende Wirkung erreicht als
bei Injektionen in andere Körperregionen.
46
Kapitel 8
Insulin-Dosisanpassung
bei körperlicher Aktivität, Krankheit, Sport
47
Vorteile regelmäßiger körperlicher Aktivität
•
Verbesserung des Blutzuckers
•
Steigerung der Insulinempfindlichkeit (d. h. Insulin wirkt
besser)
•
Cholesterin und Neutralfette im Blut sinken, das „gute“ (HDL-)
Cholesterin steigt an
•
Gewichtsabnahme
•
ein erhöhter Blutdruck sinkt
•
Verbesserung des Wohlbefindens
Vorteile
vermehrter
körperlicher
Aktivität
Vorsicht bei Sport
•
bei Herzkranzgefäßverkalkung (koronarer Herzkrankheit)
•
Herzmuskelschwäche
•
Bluthochdruck, insbesondere wenn dieser noch nicht gut eingestellt ist
•
wegen einer Blutungsgefahr sollten Diabetiker mit stärkeren
diabetischen Augenhintergrundveränderungen (diabetischer
Retinopathie) stärkere Anstrengungen meiden (den Augenarzt fragen !!)
wann man bei
Sport /
vermehrter
körperlicher
Aktivität vorsichtig sein
muß
Ab dem 40. Lebensjahr ist vor allem, wenn der Diabetes schon
lange besteht, vor sportlichen Aktivitäten eine Herz-Kreislauf-Untersuchung angezeigt.
Auswirkungen auf den Körper
•
Abfall des Blutzuckers, jedoch nur sofern ausreichend Insulin
vorhanden ist
•
wenn nicht ausreichend Insulin vorhanden ist kommt es,
obwohl der Blutzucker ja schon erhöht ist, zu einer vermehrten Glukoseneubildung in der Leber und zu einem weiteren
Anstieg des Blutzuckers !
Deshalb haben schlecht eingestellte Diabetiker (Blutzucker
über 250 mg/dl) keinen Nutzen vom Sport – im Gegenteil, die
Stoffwechsellage verschlechtert sich noch !
•
nach langanhaltender Muskelarbeit können Unterzuckerungen noch Stunden nach Beendigung der körperlichen Aktivität
auftreten !
Auswirkungen
von Sport /
vermehrter
körperlicher
Aktivität auf
den Körper
Kapitel 8
•
Insulin-Dosisanpassung
bei körperlicher Aktivität, Krankheit, Sport
48
bei Untrainierten ist der blutzuckersenkende Effekt meist nur
gering
Geeignete und ungeeignete Sportarten
Ausdauersportarten sind geeignet; Kraftsport kann den Stoffwechsel
eher verschlechtern. Sportarten, die im Falle zu einer Unterzuckerung zur Eigen- oder Fremdgefährdung führen können, sollten nicht
ausgeübt werden.
geeignet
− z. B. Radfahren, Wandern, Gymnastik, Skilanglauf
für Diabetiker
geeignete und
ungeeignete
Sportarten
weniger geeignet
− z. B. Kraftsport, Bodybuilding, Geräteturnen
nicht geeignet
− z. B. Klettern, Motorsport, Klettern, Tauchen
Tips und Vorsichtsmaßnahmen
allgemein
•
Traubenzucker (z. B. Dextro-Energen) als „Not-BE“ immer
bereithalten !
•
Diabetiker-Ausweis bei sich tragen
•
sportliche Aktivität möglichst vorher planen
•
Begleiter/Sportkameraden über den Diabetes und über
allgemeine Vorsichtsmassnahmen
Maßnahmen bei Unterzuckerungen informieren
Vorhersehbare vermehrte körperliche Belastungen oder sportliche
Aktivitäten sollten zusammen mit dem Hausarzt geplant werden.
Nachstehend einige Empfehlungen:
Stoffwechselanpassung bei normalem Ausgangs-Blutzucker
•
bei Kurzzeitbelastungen (bis 1 Std.) wie Radfahren, Schwimmen pro 30 Minuten Aktivität 1 BE langsam resorbierbarer
Kohlehydrate
•
bei
längeren
Belastungen
(mehr
als
1
Stunde)
eine zusätzliche schneller wirkende BE während der Aktivität
sowie 1 – 2 langsam wirkende BE nach Beendigung
Stoffwechselanpassung bei
normalem Ausgangs-Blutzucker
Kapitel 8
•
Insulin-Dosisanpassung
bei körperlicher Aktivität, Krankheit, Sport
49
bei Dauerbelastung wie Tageswanderung, Skilauf, Radtour
− morgendliche Insulindosis um 50% reduzieren
− 2 – 3 langsame BE pro 60 Minuten
− 2 – 3 langsame BE zusätzlich zum Abendessen essen
und eventuell auch die abendliche Insulindosis reduzieren
− Blutzucker engmaschig kontrollieren
Stoffwechselanpassung bei erhöhtem Ausgangs-Blutzucker
Stoffwechselanpassung bei
erhöhtem Ausgangs-Blutzucker
Zusammenfassend kann gesagt werden:
− Ausdauersportarten wirken sich auf den Stoffwechsel günstig
aus, jedoch nur, wenn der Blutzucker ausreichend gut eingestellt
ist
− Vorsicht bei Vorschädigung des Herz- Kreislaufsystems und bei
schweren diabetischen Augenhindergrundveränderungen
− es gibt geeignete, weniger geeignete und nicht geeignete Sportarten für Diabetiker
− bei sportlichen Aktivitäten sind Vorsichtsmaßnahmen zu beachten; es muß daran gedacht werden, daß durch den Sport
der Blutzucker absinkt und es muß bedacht werden, daß
Unterzuckerungen noch Stunden nach Beendigung der sportlichen Aktivitäten auftreten können
⇒ sportliche Aktivtäten sollten – evtl. in Rücksprache mit dem
Arzt – geplant werden !
Maßnahmen beim Autofahren
•
vor jeder Fahrt erst den Blutzucker messen
•
bei niedrigem Blutzucker erst essen
•
bei Unterzuckerungen sofort anhalten und „schnelle“ Kohlen-
Vorsichtsmassnahmen beim
Autofahren
Kapitel 8
Insulin-Dosisanpassung
bei körperlicher Aktivität, Krankheit, Sport
50
hydrate (Traubenzucker) zu sich nehmen
•
längere Fahrten nicht alleine fahren
•
keine längeren Nachtfahrten
•
Diabetikerausweis, ausreichend Insulin und Teststreifen und
Traubenzucker mitnehmen
Fieber / Infektionen
Es droht immer eine Stoffwechselentgleisung.
•
der Insulinbedarf ist erhöht: nie Insulin weglassen, mindestens
die übliche Menge spritzen, auch wenn nichts gegessen wird
•
häufigere Blutzucker-Kontrollen
•
Blutzucker-Korrekturen mit Normal-Insulin
•
evtl. die Basal-Insulin-Menge erhöhen
•
den üblichen Kostplan möglichst einhalten, wenn dies nicht
Blutzuckerstoffwechsel
bei Fieber /
Infektionen
möglich ist, Kohlenhydrate in Form von Fruchtsäften zu sich
nehmen
•
viel trinken, um den Flüssigkeitsverlust durch das Fieber auszugleichen
Erbrechen / Durchfall
•
bei insulinspritzenden Diabetikern können evtl. Unterzuckerungen auftreten, da die Kohlehydrate aus dem Darm nicht ins
Blut aufgenommen werden können
•
bei mit Tabletten behandelten Diabetikern kann es evtl. durch
unzureichende Aufnahme der Tablettenwirkstoffe aus dem
Darm ins Blut zu Überzuckerungen kommen (es sind jedoch
auch Unterzuckerungen möglich !!)
•
die Kohlehydrate als Fruchtsäfte oder leicht verdauliche Nahrungsmittel (z. B. Haferflocken, Griesbrei, Obst) zu sich
nehmen
•
häufigere Selbstkontrollen
•
Blutzuckerkorrekturen mit „schnellen BE“ bzw. Normal-Insulin
(auch bei mit Tabletten behandelten Diabetikern)
•
mehr trinken
Blutzuckerstoffwechsel
bei Erbrechen /
Durchfall
Kapitel 8
Insulin-Dosisanpassung
bei körperlicher Aktivität, Krankheit, Sport
51
Operationen / Krankenhausaufenthalte
Durch folgende Umstände kommt es zu einem vermehrten Insulinbedarf:
•
•
•
in diesen Situationen steigen die Streßhormon-Spiegel (wie Blutzuckervon Kortisol, Katecholaminen), die Gegenspieler des Insulins stoffwechsel
bei Operatiosind, an und es kommt zum Blutzuckeranstieg
nen / Krankenverminderte körperliche Aktivität
hausaufenthalten
evtl. auftretendes Fieber
Deshalb ist oft eine Erhöhung der Insulindosis notwendig und mit
Tabletten behandelte Diabetiker müssen oft vorübergehend auf Insulin eingestellt werden.
Kapitel 9
52
Diabetes und Soziales
Wegen möglicher Leistungseinschränkungen, zu denen der Diabetes
mellitus führen kann, gibt es einerseits Bestimmungen, die Diabetiker in der Berufswahl und im Straßenverkehr einschränken können
und auch mögliche zwischenmenschliche Probleme aber auf der
anderen Seite auch Möglichkeiten und Regelungen zum Ausgleich
dieser sozialen Nachteile !
Ursachen der möglichen Leistungseinschränkung durch den Diabetes
Durch folgende Umstände kann die Leistungsfähigkeit der Diabetiker
eingeschränkt sein:
• durch akute (v. a.Unterzuckerungen), „mittelfristige“ (z.B. Lei-
•
stungsminderung bei schlecht eingestelltem Diabetes) und
langfristige Komplikationen (Diabetes-Folgeerkrankungen)
durch die Stoffwechselführung
z. B. Notwendigkeit von Blutzucker-Kontrollen auch am
Arbeitsplatz, Notwendigkeit von möglichst regelmäßigen
Mahlzeiten und einer regelmäßigen Lebensweise
Allgemeine Ratschläge
öffentlichen Leben
zum
Verhalten
im
Um Probleme von vorneherein zu vermeiden, sollte der Diabetiker
• offen zu seiner Erkrankung stehen
• seine Mitmenschen ggf. über seine Erkrankung informieren
• das
Entgegenkommen
seiner
Mitmenschen
„nicht
überstrapazieren“ und die Erkrankung nicht unberechtigterweise als Arument für Sonderregelungen nutzen
• sich nicht als Außenseiter sehen.
allgemeine
Ratschläge
Berufswahl
für Diabetiker nicht geeignete Berufe
Wegen geltender Sicherheitsvorschriften und Unfallverhütungsvorschriften sind insulinspritzende Diabetiker wegen der Unterzuckerungsgefahr von bestimmten Berufen ausgeschlossen:
• Berufe mit Absturzgefahr (z. B. Dachdecker, Zimmermann)
für Diabetiker
geeignete und
ungeeignete
Berufe
Kapitel 9
•
•
•
Diabetes und Soziales
53
Berufe, die dem gewerblichen Personentransport dienen (wie
Lokomotivführer, Pilot, Busfahrer)
Berufe, die eine verantwortliche Überwachungsfunktion beinhalten (z. B. Schrankenwärter) oder
mit dem Gebrauch von Waffen verbunden sind (Polizist,
Soldat, privater Wachdienst) - so gelten in Deutschland
Diabetiker, unabhängig vom Schweregrad ihrer Erkrankung,
als nicht wehr- oder zivildienstfähig.
für Diabetiker nicht empfehlenswerte Berufe
– Alle Berufe, die eine zuverlässige, regelmäßige Stoffwechselführung nicht gewährleisten, z. B. mit
• nicht vorhersehbaren starken körperlichen Belastungen (z. B.
„Fahradboten“)
• unregelmäßigen Essenszeiten
• Schichtarbeit mit kurzfristig wechselnden Schichten
• unregelmäßigem Tagesablauf
– Berufe, bei denen man starker Hitze oder großem Überdruck
ausgesetzt werden kann (wegen einer möglichen Verschlechterung diabetischer Augenhintergrundveränderungen) oder bei
denen man mit bestimmten chemischen Substanzen (Gefahr
einer Nervenschädigung) oder verstärkt Infektionserregern in
Kontakt kommen kann.
Neuere Behandlungsmethoden, wie die „intensivierte konventionelle Insulintherapie“ können jedoch einen flexibleren Tagesablauf
ermöglichen und es so auch auch Diabetikern erlauben, Berufe unter
diesen für sie nicht so günstigen Bedingungen auszuüben.
Evtl. muß aber doch ein Arbeitsplatzwechsel empfohlen werden, was
in Zeiten großer Arbeitslosigkeit schwer ist – oft kann man durch
Gespräche mit dem Arbeitgeber und dem Betriebsarzt eine günstige
Lösung finden.
Öffentlicher Dienst
Für die Einstellung im öffentlichen Dienst gelten folgende Bedingungen: es muß sichergestellt werden, daß
• keine Folgeschäden an Augen oder Nieren vorliegen
• eine gute Stoffwechselführung vorliegt
• regelmäßige ärztliche und Selbstkontrollen nachweisbar sind
Voraussetzungen für
eine Einstellung in den
Öffentlichen
Dienst
Kapitel 9
Diabetes und Soziales
54
•
die angestrebte Tätigkeit keine Eigen-oder Selbstgefährdung
durch Unterzuckerungen beinhaltet
Bei Schwerbehinderten ist die Übernahme in ein Beamtenverhältnis
auf Lebenszeit möglich, wenn anzunehmen ist, daß sie nicht vor
Ablauf von 10 Jahren dienstunfähig werden.
Bei einer Bewerbung muß ein Diabetes nicht angegeben werden.
Ob der Arbeitgeber bei Einstellung davon in Kenntnis gesetzt werden
muß, ist umstritten.
Führerschein
Neuere Untersuchungen belegen, daß in Deutschland das Unfallsrisiko von insulinbehandelten Diabetikern nicht über dem Durchschnitt liegt. Wegen der Unterzuckerungsgefahr gelten jedoch folgende Regelungen, die 1996 an EU-Richtlinien angepasst wurden:
• Nur durch Diät oder orale Antidiabetika eingestellte Diabetiker können jedes Fahrzeug führen, sofern durch einen Arzt
und den Diabetiker selbst regelmäßige Stoffwechselkontrollen durchgeführt werden
• Diabetiker müssen in Hinblick auf Unterzuckerungen geschult
sein und keine schwere Folgeerkrankungen wie schwere diabetische Augenhintergundsveränderungen aufweisen
• insulinspritzende Diabetiker dürfen Fahrzeuge über 3,5t (jetzt
Führerschein Klasse C - früher hatte die alte Klasse 2 erst
ab 7,5t Geltung) sowie Fahrzeuge zur Fahrgastbeförderung
(Taxi, Bus - jetzt Klasse D für Omnibusse mit mehr als
8 Plätzen) wegen der Unterzuckerungsgefahr nicht fahren.
Neuerdings dürfen in sehr außergewöhnlichen Fällen und bei
einem entsprechenden ärztlichen Gutachten mit Insulin eingestellte Diabetiker auch eine Fahrerlaubnis der Klasse C
oder D haben.
• schwer einstellbare Diabetiker mit Neigung zu Unterzuckerungen dürfen kein KFZ führen, vor allem, wenn die Unterzuckerungen nicht oder nur vermindert wahrgenommen werden
• während einer Insulin-Neueinstellung ist die Fahrtüchtigkeit
nicht gegeben
Ein Arzt ist nicht verpflichtet eine Verkehrsuntüchtigkeit an die
Straßenverkehrsbehörde zu melden, da in Deutschland die Schwei-
Beschränkungen beim
Führerschein
Kapitel 9
Diabetes und Soziales
55
gepflicht als höheres Rechtsgut angesehen wird. Der Arzt muß den
Patienten über eine mögliche Verkehrsuntüchtikgeit aufklären und
diese Aufklärung schriftlich festhalten.
Grad der Behinderung (GdB)
Nach dem Schwerbehindertengesetz („Gesetz zur Sicherung der Anerkennung
Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft“) einer Schwerbehinderung
ist behindert, wer über 6 Monate durch einen krankhaften körperlichen, gesitigen oder seelischen Zustand behindert ist.
Bei Diabetikern wird der Grad der Behinderung (vor 1986 als „MdE“,
Minderung der Erwerbsfähigkeit bezeichnet) folgendermaßen festgelegt:
Ø durch Diät und Tabletten, die nicht zu einer
Unterzuckerung führen, wie Biguanide oder
Acarbose ausreichend einstellbarer Stoffwechsel, ohne Komplikationen ...................
10%
Ø durch Diät und Sulfonylharnstoffe (und evtl.
zusätzliche andere „Zuckertabletten) ausreichend einstellbarer Diabetes ..................
20%
Ø durch Diät und „Zukcertabletten“ und Insulin
ausreichend einstellbarer Diabetes, ohne
Komplikationen ...........................................
30%
Ø durch Diät und Insulin gut einstellbarer
Diabetes, ohne Komplikationen ..................
40%
Ø mit Insulin schwer einstellbar
(häufig bei Kindern) auch
gelegentliche Unterzuckerungen ................
50%
Häufige, ausgeprägte Unterzuckerungen und Folgeschäden sind
zusätzlich zu bewerten. So ist bei schweren häufigen Unterzuckerungen, vor allem, wenn eine Unfähigkeit besteht, solche rechtzeitig
zu bemerken, eine MdE bis 100% durchaus möglich.
Um einen Schwerbehindertenausweis zu erlangen, muß der GdB
mindestens 50% betzragen. Dieser Status bringt bestimmte Vorteile, z. B. können steuerliche Erleichterungen gewährt werden,
der Jahresurlaub wird länger und v. a. besteht ein verstärkter Kündigungsschutz am Arbeitsplatz.
Vorteile bei
einem
Schwerbehindertenstatus
Kapitel 9
Diabetes und Soziales
56
Arbeitgeber sind ab einer bestimmten Betriebsgröße verpflichtet,
5% der Arbeitsplätze an Schwerbehinderte zu vergeben und
müssen für jeden nicht entsprechend besetzten Arbeitsplatz
eine Abgabe entrichten - aus diesen Gründen sind
schwerbehinderte Diabetiker bei entsprechender Eignung für
Arbeitgeber durchaus interessant.
Bei einem GdB von 30 – 50% kann ein Antrag auf Gleichstellung
gestellt werden. Das kann geschehen, wenn aufgrund der Behinderung ein geeigneter Arbeitsplatz nicht erlangt oder behalten
werden kann. Gleichgestellten kann – wie Schwerbehinderten –
nur mit Zustimmung der Hauptfürsorgestelle gekündig werden. Ein
Anspruch auf Zusatzurlaub besteht nicht.
Zur Erlangung der Anerkennung als „Schwerbeschädigter“ muß ein
schwerbehinderte Diabetiker können
für Arbeitgeber interessant
sein !
Antrag beim Sozialamt gestellt werden. Am besten gibt man seinem
Hausarzt eine Kopie des Antrages, da das Sozialamt immer Informationen beim Hausarzt einholt.
Der alleinige Anerkennung als Schwerbehinderter nach dem Schwerbehindertengesetz reicht nicht zur Erlangung einer Erwerbs- oder
Erwerbsunfähigkeitsrente aus. Die vorzeitige Altersrente ab dem
60. Lebensjahr ist nach einer Versichertenzeit von über 35 Jahren
möglich.
Nach dem Schwerbehindertengesetz können zusätzlich bestimmte
Merkmale mit dem Anrecht auf zusätzliche Vergünstigungen in den
Schwerbehindertenausweis eingetragen werden, z B. „G“ (erheblich
gehbehindert).
Nicht jedem Diabetiker ist die Antragsstellung nach dem Schwerbehindertengesetz zu empfehlen – z. B. bei jungen Diabetikern,
die am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn stehen, muß dies wegen
möglicher Diskriminierungen gut überlegt werden.
es ist nicht
immer empfehlenswert,
einen Schwerbehindertenstatus
anzustreben !
Steuerermäßigung
Diabetiker können jährliche Pauschalbeträge gewährt bekommen,
wenn
Ø der GdB mehr als 45% beträgt oder
Ø bei einem GdB von 25 – 44% äußerliche Behinderungen
erkennbar sind.
Die Höhe der Pauschbeträge richtet sich nach dem GdB.
Für Kinder und Jugendliche kann ein jährlicher Pauschbetrag (DM
Steuerermässigungen
Kapitel 9
Diabetes und Soziales
57
7.200,- 1996) steuerlich abgesetzt werden, wenn vom Versorgungsamt „Hilflosigkeit“ im Sinne des EStG bescheinigt wird, was bis
zur Vollendung des 16. Lebensjahres, in Ausnahmefällen bis zum
18. Lebensjahr) erfolgt (gewertet wird dabei nicht der gesundheitliche Zustand, sondern die laufenden Blutzuckerkontrollen, die
Zubereitung der Mahlzeiten und die Überwachung der körperlichen
Aktivitäten, um gesundheitliche Schäden durch Unterzuckerungen
zu vermeiden).
Literatur zum Thema
o Malcherszyk L, Fink H (1999) Diabetes & Soziales (2. überarb.
Aufl.) Kirchheim, Mainz
o Nuber G (1999) Diabetes Journal – Das Buch. Kirchheim, Mainz
Literaturhinweise
o Lewerenz H, Friedel B (1999) „Begutachtungs-Leitlinien zur Kraffahreigung“ des gemeinsamen Beirates für Verkehrsmedizin und
Verkehrspsychologie beim Bundesministerium für Verkehr und
beim Bundesministerium für Gesundheit
o kostenlose umfangreiche Broschüren des Bundesministeriums
für Arbeit und Sozialordnung (1999) – jeweils telefon.
bestellen unter 0180 – 5151510
− Ratgeber für behinderte Menschen (Diabetiker !)
− Die Rente
− Sozialhilfe
− Berufsbildungswerke
o weitere aktuelle Informationen u. a. über den Ausschuß Soziales
der DDG (Deutsche Diabetes Gesellschaft) und dessen Stellungsnahmen und Empfehlungen
Potenzstörungen
Etwa jeder 2. männliche Diabetiker leidet, oft schon nach einer 5 –
10-jährigen Diabetesdauer unter einer verminderten Versteifbarkeit
des Gliedes (Erektionsstörung). Ursache kann u. a. eine Störung der
autonomen Nerven, gel. auch eine Verkalkung kleiner Blutgefäße
sein. Jedoch können auch andere Ursachen als der Diabetes vorliegen (z. B. psychische Ursachen, Nebenwirkung von Medikamenten,
Alkohol) – deshalb sollte eine Abklärung durch einen Urologen erfolgen.
Potenzstörungen bei
Männern
Kapitel 9
Diabetes und Soziales
Therapeutische Möglichkeiten:
• Viagra - darf jedoch u. a. nicht bei schweren Herzerkrankungen (Angina pectoris), bei starkem Bluthochdruck und zusammen mit bestimmten Medikamenten (nitroglycerinhaltige Herzmittel wie z. B. MonoMack Depot) eingenommen werden
dann kommt evtl. eine Behandlung mit
• einer Vakuumpumpe
• oder eine bestimmte Spritzenbehandlung (SKAT-Methode =
Schwellkörperautoinjektionstherapie) infrage.
58
Kapitel 10
Folgeerkrankungen
59
Akute Komplikationen des Diabetes mellitus (Über- und Unterzuckerungen) können sofort oder in kurzer Zeit zu bedrohlichen Situationen führen.
Durch dauerhafte (über Jahre bestehende), evtl. nur mäßige Blutzuckererhöhungen können Schäden vor allem an Augen, Nieren,
Nerven sowie Herz und großen Blutgefäßen, die „diabetischen Folgeerkrankungen“ entstehen.
Die Schädigungen an den Augen, Nieren und teilweise auch der
Nerven entstehen durch diabetische Veränderungen an den
a) kleinen Blutgefäßen (Mikroangiopathie).
Die Veränderungen an Herz und Schlagadern entstehen durch Schädigung an
b) großen Blutgefäßen (Makroangiopathie), die allerdings nicht
nur durch Blutzuckererhöhungen, sondern auch durch andere Risikofaktoren wie hohe Blutfette, Bluthochdruck und Rauchen bedingt
sein können und somit auch bei Nichtdiabetikern auftreten.
Für eine vermehrte Erkrankungshäufigkeit und eine geringere
Lebenserwartung von Diabetikern sind vor allem die Veränderungen
an den großen Blutgefäßen („Makroangiopathie“ oder Arteriosklerose) verantwortlich. Diese Veränderungen können durch die Behandlung der anderen Risikofaktoren (erhöhte Blutfetten, Bluthochdruck,
Rauchen) sogar noch wirksamer als nur durch eine gute Blutzuckereinstellung verhindert werden.
Die Erfahrung zeigt, daß manche Diabetiker mit guter Blutzuckereinstellung frühzeitig Folgekrankheiten bekommen und andere mit
schlechterer Blutzuckereinstellung kaum Komplikationen entwickeln.
Es spielen dabei sicher weitere (v. a. erbliche) Faktoren eine Rolle.
Da man aber nicht feststellen kann, ob man trotz schlechterer Blutzuckereinstellung später einmal kaum Folgeschäden erleiden wird,
muß die Forderung nach einer möglichst guten Blutzuckereinstellung
für alle gelten. Das ist ähnlich wie beim Rauchen: nicht alle Raucher
bekommen einen Lungenkrebs, ihr Lungenkrebsrisiko ist aber deutlich erhöht.
Folgeerkrankungen durch
Schädigung
der Blutgefäße
Kapitel 10
Folgeerkrankungen
60
Diabetische Mikroangiopathie
Die diabetische Mikroangiopathie führt also zu Veränderungen, die
bei manchen Organen (Augen, Nieren) nur bei Diabetikern auftreten
und betrifft die
•
diabetischen Nervenschädigungen („Neuropathie“)
•
diabetischen Augenhintergrundveränderungen („Retinopathie“)
•
und die diabetische Nierenschädigungen („Nephropathie“)
Die wichtigste Ursache ist dabei Dauer und Ausmaß der
Blutzuckererhöhung.
Neuropathie
Es kann das „bewußte Nervensystem“ und zwar die Nerven, die
die Empfindungen von Haut und Bewegungsorganen leiten (sensible
Polyneuropathie), weniger die Nerven, die Bewegungen von Mus-
Schädigung
des Nervensystems
keln des Bewegungsapparates leiten (motorische Polyneuropathie)
vermitteln betroffen sein.
Es kann aber auch das „autonome (ungewußte) Nervensytem“ (die willkürliche
„Eingeweidenerven“) betroffen sein, das die Empfindungen, aber und unwillkürliche Nerven
auch die Bewegungen der Inneren Organe vermittelt, betroffen sein.
Die Nervenstörung entsteht über eine Schädigung kleiner Blutgefäße,
die die Nerven durchbluten, aber auch durch eine Schädigung der
Nerven selbst.
Da die gleichen Nervenstörungen auch durch andere Umstände
bedingt sein können (z. B. Alkohol, Nierenschäden, Medikamente,
Gifte, eigenständige Nervenerkrankungen) ist eine nervenärztliche
Abklärung angezeigt.
Eine gewisse Besserung kann evtl. bei guter Blutzuckereinstellung,
aber nur langsam (nach mehr als 1 Jahr) eintreten. Eine Besserung
durch Medikamente ist umstritten. Es müssen weitere Stoffe, die die
Nerven schädigen können (vor allem Alkohol) gemieden werden.
Durch verschiedene Medikamente können die Beschwerden in den
verschiedenen betroffenen Regionen/Organen gelindert werden,
auch wenn dadurch die Ursachen nicht beseitigt werden.
Behandlung
von Nervenschädigungen
Kapitel 10
Folgeerkrankungen
61
Einteilung nach betroffenen Körperteilen/Organen:
Arme, Beine (meist: „Sensible periphere Neuropathie“)
Meist
strumpf-
oder
sockenförmige
Empfindungsstörungen,
EmpfindungsTaubheitsgefühl, Schmerzen („burning feet“), wobei letztere oft vor störungen,
allem nachts auftreten und sich beim Laufen bessern. Die Beschwer- meist an
Beinen/Füssen
den schreiten von „unten nach oben“ fort.
Diagnose und Verlaufsbeobachtung sind durch Testung des Vibrationsempfindens mit der Stimmgabel, der Sehnenreflexe mit dem
Reflexhammer und mit Temperaturelementen möglich.
Autonome Neuropathie (Nerven der Inneren Organe)
a) Herz- Kreislaufsystem
Symptome: Herzrhythmusstörungen, fehlende Schmerzen bei
Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße und beim Herzinfarkt
(„stummer Herzinfarkt“), vermehrter Blutdruckabfall beim Aufstehen,
Schädigung
von Herz-Kreislauf-Nerven
Veränderung des normalen Blutdruckrhyhthmus.
b) Magen- Darm-Trakt
Symptome: Magenentleerungsstörung (evtl. mit Völlegefühl, frühes
Sättigungsgefühl, Schmerzen – kann aber auch fehlen! – es können
Unterzuckerungen nach dem Essen auftreten; Therapie: Medika-
Magenentleerungsstörung
mente, evtl. sogar durch einen „Magenschrittmacher“), Neigung zu
Durchfall oder Verstopfung.
Durch eine Magenentleerungsstörung kann die Blutzuckereinstellung erheblich erschwert sein
c) Nieren, ableitende Harnwege, Geschlechtsorgane
Symptome: Blasenentleerungsstörungen, Impotenz
Harnwege,
Geschlechtsorgane
Kapitel 10
Folgeerkrankungen
62
d) Unterzuckerungswahrnehmungsstörung
Durch eine unzureichende gegenseitige Infromation der hormonproduzierenden Drüsen kann es z. B. zu einer verzögerten
Streßhormonausschüttung bei Unterzuckerungen kommen. Manch-
gestörte UnterzuckerungsWahrnehmung
mal können dann Unterzuckerungen „schlagartig“, ohne Vorwarnung
auftreten – in diesen Fällen dürfen Diabetiker nicht mehr selbst Autofahren.
e) Haut
Symptome:
vermindertes
Schwitzen
oder
vermehrter
Hautstörungen
Schweißausbruch beim Essen, vermehrte Hautdurchblutung, Wassersammlung in der Haut (Achtung: hat oft andere Ursachen !)
Diabetische Augenhintergrundveränderungen (diabetische Retinopathie)
Diabetiker haben ein 10 – 20faches höheres Erblindungsrisiko als
Nicht-Diabetiker. Diabetesbedingte Veränderungen können in allen
Augenabschnitten auftreten. Bei längerer (mehr als 20jähriger) Diabetesdauer haben 60 - 80% der Typ 2 - Diabetiker (und 80 - 95% der
Typ 1 - Diabetiker) Netzhautschäden durch den Diabetes.
Die Wände der Haargefäße sind verdickt, können so zu einer schlechteren Versorgung der Netzhaut mit Sauerstoff führen. Um dies auszugleichen wird über Botenstoffe die Bildung neuer Blutgefäße angeregt und es entstehen dabei zunächst kleine traubenförmige Aussackungen („Mikroaneurysmen“) - Stadium I der diabetischen Netzhautschädigung.
Es können dann Blutungen auftreten (Stadium II) und in diese Blutungsherde können neugebildete Blutgefäße einwachsen (Stadium
III), wobei es zu Glaskörperblutungen und zur Netzhautablösung
kommen kann.
Vor allem in den Anfangsstadien geht die diabetische Netzhautschädigung noch nicht mit einer Verminderung des Sehvermögens einher
und wird deshalb nicht bemerkt. Dies kann aber auch selbst in fort-
Entstehung
und Behandlung von diabetischen
Augenhintergrundveränderungen
Kapitel 10
Folgeerkrankungen
63
geschrittenen Stadien der Fall sein !
Unterzuckerungen und starke Blutdruckerhöhungen können zu
plötzlichen Einblutungen in den Augapfel führen.
Eine gute Blutzuckereinstellung (möglichst auf Normalwerte) hat
einen günstigen Einfluß auf den Verlauf, der durch Medikamente
nicht sicher aufgehalten werden kann. Wichtig ist auch die gleichzeitige Behandlung eines Bluthochdruckes und einer Fettstoffwechselstörung.
Paradoxerweise kann eine plötzliche Absenkung eines vorher stark
erhöhten HbA1c-Wertes anfänglich den Verlauf einer diabetischen
Retinopathie beschleunigen.
Durch eine Verödung „unwichtiger“ Netzhautabschnitte mittels Laserstrahlen kann die Bildung von Botenstoffen, die zu Gefäßwucherungen führt, zum Stillstand gebracht werden. Netzhautblutungen und
–Ablösungen können so verhindert werden. Deshalb ist eine mindestens einmal jährliche augenärztliche Untersuchung der Diabetiker
dringend notwendig (wenn schon diabetische Augenhintergrundsveränderungen vorhanden sind, in kürzeren Abständen).
augenärztliche
Kontrolluntersuchungen !
Anmerkung: „Sehstörungen bei Insulingabe“
Wenn bei bisher schlecht eingestellten Diabetikern die Stoffwechsel-
vorüberlage verbessert wird, ändert sich die Zuckerkonzentration im gehendeSehstörungen bei
Glaskörper langsamer als im Blut – deshalb kann es zu
besserer Blutvorübergehenden Sehstörungen kommen, die bis zu 14 Tagen zuckereinanhalten können. Also: bei einer Blutzuckerneueinstellung bzw. bes- stellung
seren Einstellung erst 2 Wochen warten, bis eine neue Brille
angepaßt wird !
Diabetische Nierenveränderungen (diabetische Nephropathie)
Wie der Augenhintergrund können die Nieren über Veränderungen
der kleinsten Blutgefäße geschädigt werden. Jährlich werden ca.
4000 Diabetiker neu dialysepflichtig.
Eine beginnende diabetische Nierenschädigung kann man über
Kapitel 10
Folgeerkrankungen
64
die Ausscheidung geringer Mengen von Eiweiß über den Urin
(Mikroalbuminurie) erkennen. Hierzu gibt es spezielle Teststreifen
(z. B. Micral-Test, Bestimmung im Morgenurin). Jedoch kann
ein positiver Mikroalbumin-Test auch andere Ursachen (wie
körperliche Aktivität, Fieber, Harnwegsinfekte, Bluthochdruck) als
eine frühe diabetische Nierenveränderung haben, und ist evtl. nur
vorübergehend positiv. Deshalb sind mindestens 2 Bestätigungsunt
ersuchungen notwendig. Nur etwa ein Drittel der Diabetiker mit pos.
Mikroalbumin-Test entwickelt eine diabetische Nierenschädigung.
Vor allem im einem Anfangstadium der diabetischen Nierenschädigung kann durch
•
eine Blutzuckereinstellung auf Normalwerte
•
Blutdrucksenkung auf Werte unter 140/95 mmHg (Blutdruckselbstmessungen !)
•
Verminderung des Eiweißgehaltes in der Nahrung (auf weni-
Verhinderung
von Nierenschädigungen
ger als 60 g/Tag)
•
bestimmte Medikamente (sog. ACE-Hemmer, wie z. B.
Delix)
das Fortschreiten aufgehalten werden.
Da Insulin und Zuckertabletten über die Niere ausgeschieden
werden, kann es bei einer Nierenschädigung zu Unterzuckerungen
kommen.
Makroangiopathie (Arteriosklerose =
Blutgefäßverkalkung)
Die Makroangiopathie ist die häufigste chronische Komplikation bei
Diabetikern und Haupttodesursache. Im Gegensatz zur Mikroangiopathie unterscheiden sich die Veränderungen nicht von denen bei
Nicht-Diabetikern - jedoch im Vergleich mit Nicht-Diabetikern
•
beginnt die Arteriosklerose früher
•
ist stärker ausgeprägt
•
weniger umschrieben sondern „diffus“ (d. h. weniger
einengend, betrifft eher längere Gefäßabschnitte); bevorzugt
sind dabei die kleineren und mittleren Gefäße
•
ist das Erkrankungsrisiko bei Frauen mit Diabetes stärker
erhöht als bei Männern.
Besonderheiten der Arteriosklerose bei
Diabetikern
Kapitel 10
Folgeerkrankungen
65
Neben dem erhöhten Blutzucker spielen noch andere Faktoren eine
Rolle.
•
Fettstoffwechselstörung
•
Bluthochdruck
•
Hyperinsulinismus (= erhöhter Insulinspiegel im Blut) infolge
eines verminderten Ansprechens der Zellen auf Insulin
(Insulinresistenz)
•
Übergewicht und Bewegungsmangel
•
Nikotin
•
eine erbliche Veranlagung
Ursache der
Blutgefäßverkalkungen
Mehr als 80% der Typ 2 Diabetiker weisen eine Kombination mehrerer dieser Faktoren auf, wobei man von einem „metabolischen Syndrom“ spricht. Die Behandlung der einzelnen Störungen kann die
Entwicklung einer Makroangiopathie bremsen:
ü Bluthochdruck
ist beim Typ 2 Diabetes im Gegensatz zum Typ 1 Diabetes
bei Diagnosestellung häufig schon vorhanden. Neue Studien
haben gezeigt daß eine Senkung des Blutdruckes bei Diabetikern auf niedrige Werte (bei älteren am besten auf
130/85 mmHg, bei jüngeren auf 120/80 mmHg) zu einer
dramatischen Abnahme von Herz-Kreislauferkrankungen
Behandlung
des Bluthochdrucks
und Todesfällen führt. Für den Diabetiker gibt es dabei
keinen unteren Grenzwert: er hat auch noch von einem
Absenken des „unteren Blutdruckwertes“ auf 60 mmHg
einen Nutzen. Diese Maßnahme ist bezüglich der Folgeerkankungen fast wirkungsvoller als die Blutzuckersenkung.
Bei den meisten Patienten ist eine Kombination verschiedener Hochdruckmittel notwendig.
Eine Blutdruckselbstmessung ist zum Erreichen dieser Ziele
sinnvoll.
ü Fettstoffwechselstörung
Die Fette sind bei Diabetikern so verändert, daß sie mehr
zur Gefäßverkalkung als bei Nicht-Diabetikern führen. Der
Typ 2 Diabetiker hat bei Diagnosestellung meist schon eine
zumindest beginnende Herzkranzgefäßverkalkung. Deshalb
muß ein Diabetiker mit einer Fettstoffwechselstörung so wie
Behandlung
der Fettstoffwechselstörung
Kapitel 10
Folgeerkrankungen
66
ein Nicht-Diabetiker behandelt werden, der bereits einen
Herzinfarkt hatte: das LDL-Cholesterin muß auf < 100 mg/dl
gesenkt werden ! Die Neutralfette („Triglyceride“) sollen bei
< 150 mg/dl. liegen. Oft sind dazu Medikamente notwendig.
Die oben angeführten Risikofaktoren bestehen schon bevor der Patient diabetisch wird (d.h. erhöhte Blutzuckerwerte hat) und führen
zur Verkalkung der großen Blutgefäße (Makroangiopathie) mit einer
möglichen Entwicklung einer Herzkranzgefäßverkalkung, einer Verkalkung der Hirngefäße oder der Gefäße von Armen und Beinen.
ü Blutzucker
In dem Augenblick, wo der Patient diabetisch wird kommt
noch das Risiko einer Verkalkung der kleinsten Blutgefäße
(Mikroangiopathie) mit möglicher Schädigung von Nerven,
Augen und Nieren hinzu.
Die Entwicklung der Mikroangiopathie kann durch eine gute
Blutzuckereinstellung vermindert werden.
Es hat sich in letzter Zeit herausgestellt, daß möglicherweise Blutzuckerspitzen nach dem Essen ein besonderer Risikofaktor für
die Makroangiopathie zu sein scheinen – solche Blutzuckerspitzen
können mit einem normalen HbA1c-Wert einhergehen, da nur 1 – 2
Stunden anhaltende Blutzuckererhöhungen nicht das HbA1c beeinflussen.
Koronare Herzkrankheit
Bei Diabetikern kann die Schmerzreaktion des Herzmuskels auf
eine Minderdurchblutung (der „Herzschmerz“ oder Angina pectoris)
vermindert sein oder fehlen („stumme“ Minderdurchblutung). Im
Vergleich zu Nicht-Diabetikern kommt es häufiger auch zu einer
Herzmuskelschwäche und die Sterblichkeit beim Herzinfarkt ist
größer. Durch eine Schädigung der unwillkürlichen Herznerven treten
häufiger auch Herzrhythmusstörungen auf.
Zerebralsklerose
Kann zum Schlaganfall (Apoplex) führen. Das Ausmaß der
Schlaganfälle ist größer und dauerhafte Schädigungen sind
Verkalkung
von Herzkranzund Gehirngefäßen
Kapitel 10
Folgeerkrankungen
67
häufiger als bei Nicht-Diabetikern bei doppelt so hoher Sterblichkeit.
Hauptrisikofaktor ist der Bluthochdruck.
Arterielle Verschlußkrankheit der Beine
Sog. „Schaufensterkrankheit“: durch die Durchblutungsstörungen
kommt es beim Gehen zu Schmerzen, so daß die Patienten immer „Schaufensterwieder stehen bleiben müssen. Bei Diabetikern sind vor allem Blut- Krankheit“
gefäße im Unterschenkelbereich betroffen.
Ein besonderes Problem: Das „Diabetische Fußsyndrom“
Das diabetische Fußsyndrom, auch kurz „diabetischer Fuß“ genannt,
ist eine Folgeerkrankung eines schlecht eingestellten Diabetes und
besteht aus mehreren Symptomen, d. h. aus verschiedenen gleichzeitig auftretenden Krankheitszeichen. Drei Faktoren treffen bei der
Ausbildung des diabetischen Fußsyndroms oft zusammen:
1. Die Polyneuropathie, d. h. die Schädigung der Nerven durch bestehenden Diabetes
2. Die Durchblutungsstörung der Gefäße in den Beinen.
3. Eine zusätzlich eintretende bakterielle Infektion in einer Wunde
Durch die Nervenschädigung (Polyneuropathie) ist das Schmerzempfinden gestört oder ganz ausgefallen, so dass durch Druck, Stoß
und Hitze sehr leicht Wunden entstehen können, die aber aufgrund
der Schmerzunempfindlichkeit lange nicht bemerkt werden. Diese
Wunden können dann infolge der schlechten Durchblutung nicht gut
heilen, und durch zusätzliche Besiedelung von Bakterien, d. h. durch
eine Infektion, kommt es zu einer Wundheilungsstörung.
Die
Infektion
kann
sowohl
die
oberflächlichen
Haut-
und
Gewebeschichten betreffen als auch die darunter liegenden Gelenke
und sogar sogar bis zum Knochen reichen.
wie entsteht
ein „diabetischer Fuß“ ?
Kapitel 10
Folgeerkrankungen
68
Typische Zeichen der Nervenschädigung:
· Warme, trockene, rosige, gut durchblutete Haut
· Verhornung der Fußsohle
· Pilzerkrankung am Nagel
· Ausbildung von Druckstellen Entwicklung von Plattfüßen und anderen Veränderungen des Fußgewölbes
· Schwellung im Bereich des Sprunggelenkes
· Sensibilitätsstörungen mit Ameisenkribbeln und Taubheitsgefühl
· Mißempfindungen in den Füßen, z. B. wird Kälte wahrgenommen,
obwohl bei der Betastung die Füße warm sind
· Unsicherheiten beim Gehen
Zeichen einer
· Besonders in Ruhe auftretende Schmerzen. Meist treten die diabetischen
Nervenstörung
Schmerzen nachts auf und sind brennend. Der Schmerz wird
an den Füßen
gemindert, wenn der Betroffene sich bewegt oder wenn die Füße
gekühlt werden
· Bei fortgeschrittenem Stadium werden Schmerzen fast gar nicht
mehr wahrgenommen, was ein besonderes Problem darstellt,
da weder zu enges Schuhwerk noch zugefügte Verletzungen und
Wunden gespürt werden.
Anders sieht es bei den Anzeichen der Durchblutungsstörung aus:
· Die Füße sind kalt
· Der Puls im Bereich des Mittelfußes ist nur schwach spürbar
· Die Haut ist durch die Durchblutungsstörung blaß, manchmal sogar
Zeichen einer
diabetischen
· Schmerzen stellen sich ein im Bereich der Waden beim Gehen Durchblutungsstörung der
ein
Füßen
· Es kommt zu Krämpfen im Bereich der Wadenmuskulatur
leicht bläulich verfärbt.
· Die genannten Wadenschmerzen und Krämpfe mildern sich oder
hören auf, wenn das Gehen unterbrochen wird. Man spricht auch
von der sogenannten „Schaufensterkrankheit“.
· In Ruhe und im Liegen bessern sich die Schmerzen
· Verletzungen, Druckstellen und Wunden im Bereich der Füße
sind
schmerzhaft.
Kapitel 10
69
Folgeerkrankungen
Tips für gesunde Füße beim Diabetes mellitus:
Gute Fußpflege bedeutet:
- täglich waschen
- gut abtrocknen
- täglich cremen (Zehenzwischenräume aussparen, damit keine
feuchte Kammer entsteht)
- Bimsstein verwenden (damit keine Hornhautplatten entstehen)
- abgerundete Feile (bei regelmäßiger Anwendung reicht eine Feile
zum Kürzen der Zehennägel)
- Baumwollstrümpfe
- tägliche Fußinspektion
Merkmale
einer guten
Fußpflege bei
Diabetikern
- gesunde Schuhe
Vorsicht ist geboten:
- keine Wärmeflaschen oder Heizkissen
- keine Hornhautpflaster (sie enthalten ätzende Stoffe, die zu Verletzungen führen können)
- nicht barfuß gehen (Verletzungsgefahr wegen der Gefühlsstörung)
- nicht zu heiß baden (Wassertemperatur mit dem Thermometer
messen, da oft das Temperaturempfinden gestört ist)
- nicht Rauchen
- keine spitzen oder scharfen Pflegeinstrumente
wovor man
sich hüten
sollte
- keine engen Schuhe
Wann paßt der Schuh ?
- nackten Fuß auf ein Stück Pappe stellen — den Umriß aufzeichnen und als Schablone ausschneiden — diese Schablome in den
Schuh einlegen oder auf die Sohle legen: wenn die Schablone
nicht passt, ist der Schuh zu klein
- sind Ausbeulungen erkennbar ?
- sind Innennähte fühlbar ?
- sind die Sohlen abgelaufen ?
- faltige Innensohle ?
- tägliche Schuhinspektion auf Fremdkörper !
Merkmale
eines guten
Schuhes für
Diabetiker
Kapitel 10
Folgeerkrankungen
Medizinische Fußpflege
- Entfernen übermäßiger Verhornungen
- Entfernen von Hühneraugen
- Entfernen von eingewachsenen Zehennägeln
70
Aufgaben
einer guten
Fußpflege bei
Diabetikern
- Kürzen der Nägel
Was soll man bei der Behandlung nicht machen (lassen) ?
- selbst behandeln - „Finger weg !“
- abwarten: „sofort zum Arzt !“ - also nicht erst beim nächsten
Termin - der diabetische Fuß ist ein Notfall wie der Herzschmerz
- zuerst „operieren lassen“ - „abgeschnitten ist schneller als
nachgewachsen“
- zu frühe Belastung - „Druckentlastung !“
- Salben etc. - systematisches Schaffen der Voraussetzungen für
eine Wundheilung was durch den Arzt sorgfältig geplant werden
muß und evtl. Wochen, ja sogar Monate dauern kann
auf was bei der
ärztlichen
Versorgung
geachtet
werden muß
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