sala 1-aleman 2011 - Museo das Peregrinacións

Werbung
RAUM I
DIE WALLFAHRT. EIN RITUELLER WEG DER
LÄUTERUNG UND DER ERKENNTNIS
A PEREGRINACIÓN. UN CAMIÑO RITUAL DE PURIFICACIÓN E COÑECEMENTO
Pilgern hat sich für uns in eine gefühlsselige Erinnerung an die
Orte, die unser Leben und unsere Erinnerung beeinflusst haben,
gewandelt. Aber diese Wallfahrt stimmt mit einem religiösen
Phänomen im wahrsten Sinne des Wortes überein.
Eigentlich erweisen sich alle Formen des Kultes als eine Art
Verbindung mit dem Geheiligten. Es gibt sogar Hinweise auf
prähistorische Wallfahrten: Von ihnen zeugen Aufzeichnungen in
der mesopotamischen sowie ägyptischen und griechischen Kultur.
Im christlichen und muslimischen Mittelalter erreicht die Wallfahrt
einen Höhepunkt, der bis in die heutigen Tage fortdauert, ebenso
wie die Reisen zu den heiligen Orten Indiens oder Chinas.
Die Wallfahrt ist ein ritueller Weg, den man allein oder
gemeinschaftlich zurücklegt zum Zwecke der Läuterung, der
Vervollkommnung oder der Erlösung.
Aus dieser religiösen Erfahrung ergeben sich eine Reihe von
Verbindungen: Ein unheiliger Ort wird mit einer überirdischen Kraft
verknüpft, ein einzelner Reisender verbindet sich mit einer
Gemeinschaft und der reale Pilger wird dank der Erfüllung seines
Strebens geläutert. Diese Relationen sind es, die die Wallfahrt von
anderen Wegstrecken oder Reisen unterscheiden. Damit eine
Pilgerfahrt also überhaupt möglich wird, müssen zumindest ein Ort,
eine Strecke, die für ein heiliges und physisches Opfer stehen kann
und ein geheiligter Zweck vorhanden sein.
Der heilige Ort kann verschiedene Formen annehmen: Es kann
sowohl ein Baum, eine Quelle, ein Berg als auch irgendeine Stadt
oder ein Gotteshaus, in dem Reliquien verehrt werden, sein; ein
sichtbarer Punkt für den Kontakt zwischen Menschlichem und
Göttlichem. Aber schon auf dem Weg, der eine Metapher des
irdischen Lebens darstellt, beginnt ein wahrnehmbarer
persönlicher Wandel aufgrund einer Reihe von Riten, die im
Moment der Ankunft ihren Höhepunkt erreichen. Dort, wo der
Pilger sein Ziel erreicht hat, verwandelt er sich in einen neuen
Menschen.
Diese Karte ist das Ergebnis einer noch andauernden Forschungsarbeit, die
2003 im Pilgermuseum begonnen wurde.
Es handelt sich darum, die verschiedenen Wallfahrtsorte und –wege, die es
in der Welt gibt, zu lokalisieren: Ihre Kultorte und –objekte, ihre Feste, ihre
Rituale, ihre Geschichte und alles mit dem Sinn jeder Wallfahrt
Zusammenhängende sowie die Kultur, aus der sie entspringen.
Somit werden auf der Karte zunehmend die Namen der Wallfahrtsorte
dokumentiert.
Wir wollen auch Sie ermuntern, an diesem Projekt teilzunehmen und
Informationen über Wallfahrten an uns heranzutragen, die sich noch nicht
auf der Karte befinden. Zu diesem Zweck liegen entsprechende Formulare
am Ausgang des Museums aus.
Wir danken für Ihre Mitarbeit.
1
Ich kann nicht laufen: 500 Paar
Glasschuhe in Richtung Nidaros
(Auswahl)
Borgny Svalastog
Norwegen, 2006
Formgeblasenes Glas
Schenkung des Künstlers
Die Galsschuhe symbolisieren das Ziel des Weges, durch die
sieben symbolisch verwendeten Farben, die für die Universalität
der Wallfahrt stehen. Diese Auswahl bildet einen Teil der
Installation
Ich kann nicht laufen: 500 Paar Glasschuhe in Richtung
Nidaros, zu finden in der Ausstellung: 14+1 Stationen.
Kontakterfahrungen.
Pilgerfahrt
nach
Grabarka.
“Der Berg
der 6.000
Kreuze”
Cristina
García
Rodero
1997-1998
s/w
Fotografien
auf Papier,
Schenkunge
n des
Künstlers
Grabarka, “der Berg der 6.000 Kreuze”, ist aktuell das
wichtigste Pilgerzentrum der Polnischen Orthodoxen Kirche,
obwohl ihn seit einigen Jahren auch katholische Gläubige
aufsuchen.
Im Ursprung der Heiligung dieses Berges und in der
Gründung der geweihten Stätte fließen zwei Traditionen
zusammen. Die ältere führt zurück auf das XIII. Jahrhundert,
als die Menschen, die dort lebten, durch die Invasion der
Tartaren in Angst und Schrecken versetzt wurden und ein
Ikonenbild der Verwandlung Christi in ihm versteckten, das
nie wieder gefunden werden sollte. Die andere Tradition nahm
ihren Ursprung im Jahr 1710, während der Choleraepidemie,
die in der Region wütete. Damals hatte ein Dorfbewohner im
Traum die göttliche Eingebung, ein Kreuz auf den Gipfel des
Berges zu tragen, um erlöst zu werden. Seitdem pilgern
sowohl Orthodoxe als auch Katholiken nach Grabarka, um ihr
Kreuz einzuschlagen und Wasser aus der wunderbaren Quelle
zu trinken. Die Größe des Kreuzes hängt von der Intensität
der Opfergabe und der Sühne ab.
Wie viele andere Kult- und Wallfahrtsorte auch, ist Grabarka
eine Anhöhe, also ein Ort der Offenbarung, verbunden mit
dem natürlichen Element Wasser, das wiederum Symbol für
die Reinwaschung von der Sünde ist, und mit dem Kreuz,
dem christlichen Symbol für die Passion Christi.
2
Pilger in
Ajmer
(Indien)
Nacho
Castellanos
1995-1997
s/w
Fotografien
Schenkunge
n des
Künstlers
Ajmer, eine Stadt im Norden Indiens, in der Region Rajasthan,
wurde im XII. Jahrhundert gegründet. Sie ist für 90 Mio.
sufistische Muslime des asiatischen Subkontinents ein heiliger
Ort.
Über 150.000 treue Anhänger aus Indien, Bangladesch, Pakistan
und Afghanistan kommen jährlich nach Ajmer und bilden so die
größte muslimische Wallfahrt dieser geografischen Zone.
Sie gedenken Urs, dem Jahrestag des Todes Khawaja Mo’inudin
Chisti (1139-1236), einem heiligen Sufi und Vorbote des Islam
in Indien. Bei ihrer Ankunft berühren die Pilger ihre Hände, ihre
Stirn und ihre Lippen über einem der Eingangsbögen. Danach,
im Verlauf des ganzen Tages hören sie die mystische Musik der
Qawwali, während sie sich mit anderen Pilgern Reis und Tee
teilen, egal welcher Religion sie angehören. Der Sufismus ist die
offenste und toleranteste Strömung des Islamismus.
Wallfahrt in Lalibela. Äthiopien
Fernando Moleres
2001
s/w Fotografien
Schenkungen des Künstlers
Lalibela, ein kleiner verlorener Ort im Herzen Äthiopiens,
wurde nach dem Bilde Jerusalems gebaut: Mit einem kleinen
Fluss, der sich Jordan nennt und einem Hügel, der Tabor
genannt wird. Es gibt auch ein herrliches Ensemble von elf
Kirchen und einem Kloster, das im XII. Jahrhundert aus dem
Stein herausgearbeitet wurde.
Der Ursprung dieses Komplexes nimmt in dem Vergiftungstod
des Monarchen Lalibela seinen Anfang, wonach ein Engel
seine Seele zum Himmel getragen hat, wo er einige
wunderbare Bauten betrachten konnte und Gott ihm auftrug,
diese auf der Erde zu rekonstruieren. Als seine Seele wieder
zur Erde zurückkehrte, erbauten Menschen und Engel
gemeinsam Lalibela.
Etwa 50.000 Christen der monophysistischen und der
koptischen Kultur finden sich dort ein, um zusammen das
Weihnachtsfest, das Dreikönigsfest und Ostern zu begehen.
Seit acht Jahrhunderten beginnen die Feste jedes Jahr mit
verschiedenen Prozessionen der treuen Anhängerschaft jeder
der Kirchen. Man versammelt sich auf der Esplanade, um
seine Taufe im Wasser des Jordan zu erneuern. Die Tradition
besagt auch, dass sich in Lalibela die Bundeslade befinde.
3
Vor der
Wallfahrtskirche in
Qoyllur Rit’i. Perú
Christoph Lingg
Mai 2002
s/w Fotografie
Die Wallfahrt zum Heiligen Ort des Señor del Qoyllur Rit’i in Peru
ist das größte indigene Fest Amerikas und eine der
tiefgründigsten Ausdrücke der andinen Religiösität. Das Ritual
besteht aus einer Wallfahrt über mehrere Tage während der die
Pilger bis zu den Schneegrenzen hinaufsteigen, um das Herz des
heiligen Ortes zu erreichen.
Eine Vielzahl von Anhängern kommt drei Tage vor dem
Fronleichnamsfest in das Tal Sinakara. Die liturgischen
Handlungen ereignen sich begleitet von Glockengeläut,
Feuerwerken, populären Tänzen und Gesängen. In der Nacht
betet man das Rosenkranzgebet und tagsüber werden heilige
Messen gefeiert. Am “Día Principal” versammeln sich bis zu
70.000 Pilger, um den festlich-religiösen Weihen beizuwohnen:
Prozessionen, folkloristische Umzüge und schließlich die
Segnung und der Abschied.
Der Weg
Kumano. Japan
1999
Farbaufnahmen
auf Papier
Schenkung der
Regierungsbehörde
von Wakayama.
Japan
Ursprünglich war Kumano ein geheiligter Ort, an dem
schintoistische Götter der Religion Shinto wohnten. Mit der
Verbreitung des Buddhismus wurden diese Götter gleichzeitig
zur Fleischwerdung Buddhas anerkannt. Der Weg Kumano
wandelte sich somit zu einem Bespiel des religiösen
Synkretismus und der Vereinbarkeit beider Religionen.
Die Strecke des Weges Kumano beginnt in der Stadt Kyoto und
hat eine Länge von 370 km, begleitet von kleinen Kapellen und
großen Tempeln. Vom X. bis zum XII. Jahrhundert war seine
Blütezeit; damals pilgerten Gläubige aller sozialer Klassen,
selbst die kaiserliche Familie. Seit dem XVII. Jahrhundert
wurden es immer weniger, was aber in der heutigen Zeit durch
eine Wiederbelebung kompensiert wird. Mit diesem Weg
vereinigen sich vier Feste in den verschiedenen Jahreszeiten,
wobei zwei von ihnen mit dem Feuer als reinigendem Element
verknüpft sind.
Die Ähnlichkeiten und Parallelen in vielen historischen
Gesichtspunkten zwischen dem Weg Kumano und dem
Camino de Santiago führten dazu, dass 1998 die offizielle
4
Freundschaftserklärung zwischen der unabhängigen Region
Galizien und der Präfektur Wakayama unterzeichnet wurde.
Pilger in
einem
Ghat in
Benares
(Indien)
Luís
Baylón
2001
s/w
Fotografien
Schenkung
des
Künstlers
Benares oder Varanasi ist eine der emblematischsten Pilgerstädte
der Welt. Der Hinduismus als meistverbreitetste Religion Indiens
und sein starker Einfluss auf das indische Leben patentieren der
Stadt den hochheiligen Fluss Ganges. Die Heiligkeit dieses Flusses
entspringt schon mit seiner Quelle im Himalaya, aber erst in
Benares wird ihm die meiste Ehrfurcht entgegengebracht und seine
tiefe Bedeutung erreicht ihren Höhepunkt. Obwohl in Indien alle
Flüsse heilig sind, weil sie sich mit der Gottheit und der physischen
und spirituellen Fruchtbarkeit identifizieren, indem sie die Felder
besprengen und die Seele reinigen, kommt dem Ganges eine
besondere Rolle zu, da er als der Ursprung angenommen wird. Es
ist Ganga, die Gottheit des Wassers, die ihm das Leben schenkt
und die die Asche der Toten aufnimmt, damit sie die Seele des
Verstorbenen zu Shiva (Gottheit des Todes) führt und gleichzeitig
ihre Wiedergeburt möglich macht. Die Geschichten über die
Wallfahrten nach Benares scheinen sich auf das VII. Jahrhundert zu
belaufen. Seitdem pilgern tausende Hindu in diese Stadt, um sich
in den Wassern des Flusses in einigen terassenförmigen
Bereichen, die Ghats genannt werden, zu reinigen, um ihre
Opfergabe zu bringen, den geistliche Führern, Sadhus und Gurus
zuzuhören und sogar um dort zu sterben.
Öllampen
I. Jh. n. Chr.
Modellierter Ton, wahrscheinlich
aus den Katakomben von San
Sebastian (Rom)
Die Öllampen hatten unter anderem den Nutzen, die
Friedhofsgelände zu beleuchten. In den Katakomben, zusammen
mit den Grabnischen gab es weitere kleine Lücken oder
Konsolen, auf denen sie Platz fanden. Zu ihnen gehörte ein
Anzünder (bico-rostrum) für den Docht (ellychnium), der
gewöhnlich aus einer Art Wolle, Hanf oder Rizinusfaser aber
auch aus Papier oder anderen Materialien bestand und ein
Behälter für den Brennstoff, meistens Öl.
Reliquienkreuze. Encolpia
XII.-XIII. Jh
Bronze und Silber
Der griechische Eigenname encolpion (“in der Brust”) deutet
schon den Zweck dieser Kreuze an. Sie dienten dazu,
Reliquien hineinzustecken, die die Pilger häufig aus den
5
wichtigsten Wallfahrtszentren des orientalischen Mittelmeeres
(Syrien, Palästina, Ägypten…) mitbrachten, was im Mittelalter
vom IV. bis zum XIII. Jahrhundert sehr geläufig war. Sie sind
aus zwei Teilen geformt, die durch ein Scharnier verbunden
werden, sodass in Innern Platz für die entsprechende Reliquie
bleibt. Ein Metallring ermöglicht es, sie an eine Kette oder eine
Kordel um die Brust zu hängen. Geschmückt werden sie stets
von einem Corpus Christi, der Jungfrau oder den Evangelisten.
Der encolpion war gleichzeitig ein christliches Kennzeichen und
Devotionalie. Heutzutage gilt der Name dem Kreuz, das die
Bischöfe der katholischen Kirche tragen.
einen sanften und rhythmischen Ton, der mit dem Gehen des
Pilgers harmoniert.
Im Buddhismus gibt es vier hauptsächliche Pilgerorte, die sich
alle auf das Leben Buddhas in Nepal und Indien beziehen:
Lumbini, sein Geburtsort, Sarnath, wo er seine erste Predigt
hielt, Bodhgaya, wo er zur Erleuchtung kam und Kushinagar,
der Ort, in dem er starb.
Das Buch der Fahrt nach Mekka
Ca. 1830
Handschrift auf Papier, gebunden,
Lederumschlag mit goldener
Reliefarbeit
Gebetsmühle. Khorten
Tibet, XIX. Jh.
Holz, Marmor, Türkis und Koralle.
Der Khorten oder die Gebetsmühle, ist eines der meistbenutzten
Objekte der gläubigen Buddhisten. Es gibt sie in großen Größen
an Eingängen von Tempeln; jene für den Handgebrauch werden
von den Pilgern genutzt, die sie auf ihre Reise mitnehmen. In
den zylindrischen Körper sind mystische Embleme oder Sätze in
Sanskrit eingraviert und im Innern befinden sich gewöhnlich
einige Zettel mit Texten oder heiligen Invokationen (mantras).
Der Zylinder dreht sich um den Stiel, indem die Person ihn
immer in Richtung der Sonne antreibt, während sie läuft oder
meditiert. Jede Umdrehung steht für die Wiedergabe einer der
Sprüche, die er beinhaltet. Diese ständige Bewegung bewirkt
Die Wallfahrt nach Mekka, Haddsch, ist für jeden
erwachsenen und gesunden, muslimischen Gläubigen nach
der Sure 3,93 des Koran eine der so genannten “Fünf Säulen
des Islam”. Wenn es die ökonomischen Konditionen und alle
restlichen Umstände zulassen, ist eine Pilgerfahrt zumindest
einmal im Leben obligatorisch. Es wird um Vergebung aller
früherer Sünden gebeten. Eine Person, die den Pilgerweg
geht, kann auch im Namen eines anderen kommen, der krank
ist oder ihn aus anderen Gründen nicht umsetzen kann.
Mekka (Saudi Arabien) war die erste heilige Pilgerstadt des
Islam. Die anderen beiden wichtigen Städte sind Jerusalem
und Medina, wo sich das Grab des Propheten Mohammed
befindet.
6
ALLEGORIEN DER WALLFAHRT
Sandalen. Warayi
Japan, 1999
Pflanzliche Faser,
Schenkung von José Isorna, OFM
Sandalen werden häufig von Mönchen und buddhistischen
Pilgern verwendet. In diesem Fall sind es Sandalen, die die ZenMönche Kakuju Matsubara aus Tokio und Hakuho Hanahoka, aus
dem Kloster Saitama-Ken trugen, um den Camino de Santiago
im Heiligen Jahr 1999 zu laufen.
Die Wallfahrt wurde in Begleitung zweier japanischer Christen
unternommen und zusammen entwickelte man die Initiative,
den Ökumenismus zwischen den verschiedenen Religionen und
den Frieden zwischen den Menschen zu stärken, wie es eine
Schrift konstatiert, die dem Erzbischof von Santiago und dem
Prior des Convento de San Francisco ausgehändigt wurde.
In Japan gibt es viele Pilgerorte sowohl der buddhistischen als
auch der schintoistischen Religion. Drei der wichtigsten sind Ise,
Nara und Kumano.
Auf dem
Landweg von
Portomarin.
Camiño de
Santiago
Luisa Rubines
2002-2004
Farbiges
Glanzpapier
Schenkung des
Künstlers
AS ALEGORÍAS DA PEREGRINACIÓN
Den Begriff Wallfahrt verwendet man in allen Kulturen als
Allegorie, um einen Zusammenhang zwischen der physischen
Reise eines Individuums, das einen heiligen Ort erreichen
möchte und der spirituellen Reise zu beschreiben. Allegorie ist
eine Art der symbolischen Verständigung, in der eine reale
Tatsache, ein visuelles oder beschriebenes Bild erscheint und
eine neue Bedeutung mit verschleiertem oder anderem
Charakter erlangt. Manchmal ist sie nur für bestimmte kleine
Personengruppen verständlich.
Die tatsächliche Reise des Pilgers setzt gleichzeitig eine
innere, spirituelle Reise des Charakters voraus. Die physische
Tatsache der Anstrengung und des stetigen Wandels, um das
Ziel zu erreichen, das die Pilgerfahrt bietet, steht als eine
Metapher oder als ein Beispiel, was eine spirituelle Reise sein
sollte. Der Zweck dieser Reise ist es, den höchsten Grad der
Erkenntnis, der Weisheit, die spirituelle Erneuerung, Ehre, das
Paradies oder eine Annäherung an Gott zu erreichen.
Demnach finden sich auch in der Kunst, der Literatur, sogar
im Spiel viele Beispiele der allegorischen Idee der Wallfahrt.
In der christlichen Tradition wird sogar die apostolische Reise
mit dem Zweck, die christliche Lehre zu verbreiten, mit der
Pilgerfahrt, der Reise in unbekannte Lande, verglichen. Auch
der Name Jehova bedeutet der wandernde Gott. Der
chinesische Philosoph Lao Tse (ca. 570-490 v. Chr.) gab der
taoistischen Religion und Denkweise durch sein Buch Tao Te
King, in dem er sich auf Tao als den Weg zur Perfektion
bezieht, ihren Ursprung. Buddha (ca. 536-486 v. Chr.) reiste
nicht nur durch das ganze Gangestal, um seine Lehre zu
verbreiten, sondern vollbrachte gleichzeitig eine innere Reise
7
ins Nirwana oder die Erleuchtung. In seiner Doktrin bezeichnet
er den Weg, um die spirituelle Befreiung des Individuums zu
erreichen, achtfachen Pfad oder Weg der Acht Stationen.
einen Parallelismus mit der Aufgabe der Apostel in ihrer
Verbreitung der Lehre Christi, wobei sie alle bis dahin
bekannten Wege durchlaufen.
Auch die mystische Erfahrung wurde metaphorisch als Reise zu
Gott beschrieben. Auf diese Weise beschreiben sie die Muslime
der mystischen Strömung Sufi oder arabische Denker des XII.
Jahrhunderts wie Avempace (Die Leitung des Einsamen) oder
Ibn Tofail (Hay ben Yaqdan). Und genauso drückte es der
christliche deutsche Mystiker des XIII. Jahrhunderts Meister
Eckhart aus: “Der Weg ohne Wege, wo sich die Söhne Gottes
verlieren und sich gleichzeitig finden”.
Während Erasmus weiterhin diesen evangelischen Vergleich
verfolgte, unterstützte er, wie die meisten viele Humanisten
jener Epoche, nicht die religiösen Praktiken des Reliquienkults
und des Pilgerns, die als abergläubische Rituale abgetan
wurden.
Paraphrasis in Novum Testamentum.
Peregrinatio...Petri et Pauli
Erasmus von Rotterdam
Lugduni [Lyon], Sébastien Gryphius, Druckmeister
(1542-1544)
Buchdruck, bewegliche Lettern, Holzschnitt
Ab 1522 übernahm Erasmus die schwierige Aufgabe, die Texte
der Evangelien, also die Apostelgeschichte, zu kommentieren
und kritische Anmerkungen zu machen, die die Ungenauigkeit
der lateinischen Version der Biblia Vulgata aufzeigen sollten. Die
Publikation widmete er bestimmten Staatsmännern und
Monarchen seiner Epoche, unter anderen Karl V., Heinrich VIII.
und Franz I.. Mit der Absicht, ihnen die gute Führung der Welt
nahezulegen und die Kämpfe zu beenden, die sich zwischen
deren Köngreichen abspielten.
1542 fügte er die Peregrinatio…Petri et Pauli hinzu, die er im
ähnlichen Stil wie die Heiligen Schriften schrieb und also wie
eine Allegorie der Vergänglichkeit des Menschen. Er etabliert
Mandala
Nepal, Ende des XX. Jhs.
Malerei auf Leinwand
Im tantrischen Buddhismus, einer Strömung, die vor allem in
Tibet angesiedelt ist, finden wir als meistbenutzte
Devotionalie das Mandala, das verschiedene Aspekte Buddhas
und seiner Lehre repräsentiert. Ein Mandala ist ein Schema
oder strukturiertes Diagramm, das es erlaubt, in ihm
meditativ mit Geist und Seele zum Zentrum “zu wandern”,
das heißt, bis zum Buddha oder der Repräsentation der
Erleuchtung. Mittels der Techniken der Meditation, der
rituellen Gesten des Meditierens und Betens und der Mandala,
meditiert der Gläubige über die diversen Aspekte Buddhas,
bis er eines Tages die Verbindung mit ihm eingeht, das heißt,
das Nirwana oder die die höchste Weisheit, die Erleuchtung
erreicht und sich von allen seinen Wünschen befreien kann
und also auch von allen seinen Leiden.
8
Gänsespiel
Interpration, basierend auf einem Original des
XVII. Jhs.
Zeichnung von Fernández Vitoria, Pos. Heraclio
Fournier, Druckerei
1960-70
Lithografie
Das traditionelle Gänsespiel hat, wie viele andere Spiele auch,
zunächst einen Unterhaltungswert, basiert jedoch auf einem
sehr alten Ursprung mit stark symbolischem Charakter. In ihm
wird einem spiralförmigem Weg von außen nach innen durch
einen dreiteiligen Weg, der durch eine Art Wand oder Zaun
getrennt ist, gefolgt. Auf diesem Weg kommt es sowohl zu
Situationen der Gegnerschaft (Brunnen, Labyrinth, Gefängnis
und sogar der Tod) als auch zu vorteilhaften Situationen
(Brücken, Würfel und die Gänse). Es gibt einen Anfang und ein
Ende, das nicht der Tod ist, sondern das letzte Kästchen, in dem
ein Mädchen und ein Schwan abgebildet sind.
Andere Indizien finden wir in seiner Relation mit dem
Tempelorden und der Bewahrung der christlichen Pilgerwege,
wie auch mit anderen Orden religiös-militärischen Charakters.
In diesem Sinne wäre das Gänsespiel eine allegorische und
auf den Jakobsweg reduzierte Version. Die dreizehn Gänse
wären die Häuser des Tempels, die sicheren Orte, die
übereinstimmen würden mit den dreizehn Stationen, die der
Codex Calixtinus beschreibt. Der Tod wäre die Grabstätte des
Apostel Santiago im Feld 58 und die Stadt eine Gans (Feld
59), aber nicht das Ende des Caminos, was das Schwanenfeld
wäre. Das wahre Ende ist Finisterra, symbolisch gesehen die
Erneuerung des Gesites, die Ehre, die Höchste Erkenntnis, die
Auferstehung.
Die physische Identifizierung mit dem Rest der Felder basiert
hauptsächlich auf numerischer Symbolik und setzt zum
Beispiel die erste Brücke mit der Puente de la Reina gleich
sowie den Brunnen mit Castrojeriz oder Carrión de los
Condes, das Labyrinth mit der Gegend von León und die
Gänse mit Jaca, Pamplona, Estela, Rabanal del Camino oder
Triacastela und Santiago, unter anderen.
Man spricht bei diesem Spiel von seinem griechischen Ursprung
und bezieht sich dabei auf den König Palamedes während des
Trojanischen Kriegs. Sowohl die Gans als auch der Schwan
werden in der klassichen Welt mit Weisheit konnotiert sowie mit
der Schulung der Anfänger in jeglicher Disziplin und auch mit
der Sicherheit des Grundstücks, weil sie mit ihrem aufgeregten
Geschnatter Alarm schlugen, wenn Fremde auf das Grundstück
kamen.
9
Moralisches Theater des Menschlichen
Lebens in Hundert Emblemen; mit dem
Handbüchlein des Epiktet
Kebes, Epicteto Gentil, Enchiridion
Otto Van Veen (Vaenius), Paulus Pontius,
Graveur
Antwerpen (Amberes), Witwe von Henrico
Verdussen
1733
Druck auf Papier; Einfassung in Leder, XIX: Jh.
Eine weitere Besonderheit der Grafik der Tabula Cebetis ist
seine mögliche Verbindung zum Gänsespiel, das einen antiken
oder mittelalterlichen Ursprung hat und auch einen hohen
symbolischen Gehalt trägt, indem es die Allegorie des
menschlichen Lebens als Wallfahrt darstellen könnte, mit
seinem Anfang, seinem Verlauf in drei Sektoren, angenehmen
und unangenehmen Situationen, dem Tod und einer Ankunft
im Paradies oder zur Erkenntnis.
Der Text, der den philosophisch-moralischen Dialog beinhaltet,
welcher als Tabula Cebetis bekannt ist, ist zurückzuführen auf
den Philosophen Kebes, der ihn im I. Jh. v. Chr. schrieb. Die
Moralphilosophie, die er behandelt, lässt sich herleiten aus dem
greco-lateinischen Stoizismus, der Werte konstituiert, die auch
im Christentum zu Geltung kamen.
Der Dialog präsentiert das Leben des Menschen in einer
allegorischen Form, indem es wie eine Wallfahrt auf der Erde
dargestellt wird. In der Zeit des Humanismus der Renaissance
wurde der Text um eine grafische Repräsentation ergänzt. Der
Allegorie wird die Form eines aufstrebenden Weges gegeben,
der durch Mauerwände in drei Abschnitte geteilt ist. Sie stellen
den Lebenslauf des Menschen dar von seiner Kindheit an und
mitsamt seiner Vielzahl von Entscheidungen, seinem Wohl und
Leid, dem Wandel seines Lebens und stets in Konfrontation mit
dem Schmerz, mit der Läuterung oder dem Leiden. Jene, die
bereit waren, den ganzen Weg zu gehen (dargestellt als
Wanderer in der damaligen Pilgerkleidung), erreichen ein
Bauwerk in Form eines Tempels, der gleichzeitig die Ehre, die
Weisheit und die Erkenntnis symbolisieren kann.
10
Herunterladen