»Wenn ihr einander aber beißt und fresst, so habt acht, dass ihr nicht voneinander aufgezehrt werdet!« (Galater 5,15) In welch große Gefahr waren die Galater doch geraten, indem sie auf die falschen Ratgeber hörten. Sie waren unter den Fluch geraten und nun drohte ihnen das Höllenfeuer, weil sie sich von ihrem schlichten Glauben getrennt hatten. Denn »die Zunge ist ein Feuer, eine Welt der Ungerechtigkeit. So nimmt die Zunge ihren Platz ein unter unseren Gliedern; sie befleckt den ganzen Leib und steckt den Umkreis des Lebens in Brand und wird selbst von der Hölle in Brand gesteckt.« (Jakobus 3,6) Die Zunge hat schon mehr Menschen vernichtet als das Schwert, denn das Schwert wird allein wegen der frechen Zunge gezogen. Niemand kann sie zähmen, nur Gott allein. Er hatte es bei den Galatern getan, als ihre Lippen von Lob und Dank überflossen. Wie hatte sich nun aber alles geändert! Aufgrund zusätzlicher Unterweisung waren sie vom Loben ins Streiten geraten. Ihre Worte dienten nicht mehr der gegenseitigen Erbauung, sondern sie zehrten sich gegenseitig auf. Der Sauerteig der Bosheit Die Antwort in Vers 8 und 9 auf die Frage »Wer hat euch aufgehalten, dass ihr der Wahrheit nicht gehorcht?« (Vers 7) trifft hier ebenso zu wie dort, denn Beißen und Fressen weisen eindeutig darauf hin, dass hier der Wahrheit nicht gehorcht wird. Diese »Überredung kommt nicht von dem, der euch berufen hat!« (Vers 8) Gott ist ein Gott des Friedens. Von Jesus dem Friedensfürsten heißt es: »Er wird nicht streiten« (Matthäus 12,19). »Ein Knecht des Herrn … soll [daher] nicht streiten.« (2. Timotheus 2,24) Das Evangelium Jesu Christi ist »das Evangelium des Friedens« (Epheser 6,15). Wo Zank und Streit in der Gemeinde ist, ist das Evangelium erbärmlich verdreht. Kein Streitsüchtiger oder Streitlustiger braucht auf seine Rechtgläubigkeit oder seinen gesunden Glauben stolz zu sein. An Uneinigkeit und Streit erkennt man vielmehr die vom Glauben Abirrenden oder solche, die eigentlich gar nie im Glauben waren; denn »da wir nun aus Glauben gerechtfertigt sind, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus« (Römer 5,1). Wir sind nicht nur im Frieden mit Gott, sondern haben auch Frieden mit Gott – seinen Frieden. Die neue »Überredung« bzw. »Überzeugung« hatte die Galater zum Streit geführt und dazu, dass sie sich durch die Zunge unheiligen Feuers gegenseitig aufzehrten. Diese Überzeugung kam nicht von Gott, denn er hatte sie zum Evangelium gerufen. Ein Schritt zur Seite führt oft zu einer großen Abweichung. Zwei Bahnlinien, die scheinbar parallel verlaufen, können in Wirklichkeit schon unmerklich auseinander laufen, bis sie schließlich in entgegengesetzte Richtungen gehen. »Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig.« (Galater 5,9) Eine scheinbar »kleine Sünde«, worin sie auch besteht, trägt doch in sich den Keim aller Bosheit. »Denn wer das ganze Gesetz hält, sich aber in einem verfehlt, der ist in allem schuldig geworden.« (Jakobus 2,10) Ein einziges falsches Prinzip, an dem man festhält, wird das ganze Leben und Wesen ruinieren. Kleine Füchse verderben den Weinberg. Die Werke des Fleisches Was sind die Werke des Fleisches? Hier eine Liste mit Beispielen: »Ehebruch, Unzucht, Unreinheit, Zügellosigkeit; Götzendienst, Zauberei, Feindschaft, Streit, Eifersucht, Zorn, Ehrgeiz, Zwietracht, Parteiungen; Neid, Mord, Trunkenheit, Gelage.« (Galater 5,19-21) Das ist keine wohlklingende Aufzählung. Sie ist aber noch nicht vollständig, denn der Apostel fügt hinzu »und dergleichen«. Diese Liste gibt viel Stoff zum Nachdenken, wenn man die darauf folgende Aussage betrachtet, dass »die, welche solche Dinge tun, das Reich Gottes nicht erben werden«. Vergleichen wir diese Liste mit der Aufzählung Jesu aus Markus 7,2123, den bösen Dingen, die »von innen, aus dem Herzen des Menschen kommen«. Aus ihnen besteht der natürliche Mensch. Sie gehören zu seiner Natur. Vergleichen wir nun beide Listen mit der Aufzählung in Römer 1,28-32, den Taten der Heiden, die sich von ihrer Gotteserkenntnis gelöst haben. So sind die Taten aller Menschen, die den Herrn nicht kennen. Vergleichen wir dann diese Sündenlisten mit der des Apostels Paulus aus 2. Timotheus 3,1-5, den Taten der Scheingläubigen in der Endzeit. Dabei fällt uns auf, dass alle diese Aufzählungen im Großen und Ganzen identisch sind. Wer sich von »der Wahrheit des Evangeliums« (Galater 2,14) abkehrt, also von »Gottes Kraft zur Errettung für jeden, der glaubt« (Römer 1,16), der gerät unweigerlich unter die Macht dieser Sünden. »Es ist kein Unterschied« Es gibt nur ein menschliches Fleisch (1. Korinther 15,39), weil alle Erdbewohner von dem einen Menschenpaar Adam und Eva abstammen. »Durch einen Menschen [ist] die Sünde in die Welt gekommen.« (Römer 5,12) Welche Sünde sich auch auf dieser Welt darstellt, sie ist allem Fleisch gemeinsam. Deshalb gibt es im Erlösungsplan »kein[en] Unterschied zwischen Juden und Griechen: alle haben denselben Herrn, der reich ist für alle, die ihn anrufen« (Römer 10,12). Siehe auch Römer 3,21-24. Niemand auf dieser Welt kann damit prahlen, dass er besser wäre als der andere. Niemand hat das Recht den anderen zu verachten wegen seines sündigen, niedrigen Zustands. Wenn wir bei jemandem ein schlimmes Laster entdecken oder davon hören, sollten wir uns nicht selbstgefällig wegen unserer höheren Moral auf die Schulter klopfen, sondern im Gegenteil Kummer und Scham empfinden. Erinnert es uns nicht lediglich daran, wie unsere menschliche Natur beschaffen ist? Die Werke, die sich im Mörder, im Alkoholiker oder im Lüstling offenbaren, sind schlicht und ergreifend die Werke des Fleisches. Das menschliche Fleisch kann aus eigener Kraft nur die in diesem Kapitel beschriebenen Werke vollbringen. Aus: Ellet J. Waggoner, Glad Tidings, Oakland, Cal.: Pacific Press Publishing Co. (1900), S. 108-110. 21