1 Professor Dr. Martin Franzen Wintersemester 2015/16 Vorlesung Arbeitsrecht im Unternehmen Zeit und Ort: Ab 20.10.2015: Dienstag, 8 - 11 h, Prof.-Huber-Platz 2, Lehrturm, VU 107. Sprechstunde: Montag, 11 - 12 h, Juristisches Seminargebäude, Professor-Huber-Platz 2, Raum TZ 114 oder nach der Vorlesung. Hilfsmittel zur Vor- und Nachbereitung der Vorlesung 1. Aktuelle Lehr- und Lernbücher zur Wiederholung: Brox/Rüthers/Henssler, Arbeitsrecht, 18. Aufl. 2010; Dütz/Thüsing, Arbeitsrecht, 20. Aufl. 2015; Boemke, Studienbuch Arbeitsrecht, 2004; Hanau/Adomeit, Arbeitsrecht, 14. Aufl. 2006; Hromadka/Maschmann, Arbeitsrecht, Bd. 1, Individualarbeitsrecht, 6. Aufl. 2015, Bd. 2, Kollektives Arbeitsrecht, 6. Aufl. 2014; Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 14. Aufl. 2015; Krause, Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2015; Lieb/Jacobs, Arbeitsrecht, 9. Aufl. 2006, Löwisch/Caspers/Klumpp, Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2014; Otto, Arbeitsrecht, 4. Aufl. 2008; Preis, Arbeitsrecht, Individualarbeitsrecht, 4. Aufl. 2012, Kollektivarbeitsrecht, 3. Aufl. 2012; Reichold, Arbeitsrecht, 4. Aufl. 2012; Söllner/Waltermann, Arbeitsrecht, 17. Aufl. 2014; Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, 7. Aufl. 2015. 2. Ältere Lehrbücher von grundlegender dogmatischer Bedeutung: Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, Bd. I, Allgemeiner Teil, Individualarbeitsrecht, 7. Aufl. 1963; Bd. II 1, Kollektives Arbeitsrecht, 7. Aufl. 1967; Bd. II/2, Kollektives Arbeitsrecht (in Zusammenarbeit mit Säcker); Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. I, Allgemeiner Teil, Arbeitsvertragsrecht, 3. Aufl. 1961; Bd. II, Koalitionsrecht, Arbeitskampfrecht, Tarifvertragsrecht, 2. Aufl. 1959; Bd. III, Betriebsverfassungsrecht, 2. Aufl. 1966. 3. Fallsammlungen: Boemke, Fallsammlung zum Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2007; Heckelmann/Franzen, Fälle zum Arbeitsrecht, 4. Aufl. 2015; Junker, Fälle zum Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2015; Oetker, 30 Klausuren aus dem Individualarbeitsrecht, 9. Aufl. 2011; Oetker, 30 Klausuren aus dem Kollektiven Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2011, Richardi/Annuß, Fälle und Lösungen nach höchstrichterlichen Entscheidungen - Arbeitsrecht, 7. Aufl. 2000; Wank, Übungen im Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2002. 4. Handbücher/Kommentare: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 2 Bde., 3. Aufl. 2009; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, enthält Kommentierungen der wichtigsten arbeitsrechtlichen Gesetze (der Palandt des Arbeitsrechts! Erscheint jährlich in neuer Auflage). Außerdem die zahlreichen Kommentare wichtiger arbeitsrechtlicher Einzelgesetze, vgl. dazu die Hinweise im Verlauf der Vorlesung. 6. Sammelwerke: Arbeitsrechts-Blattei (AR-Blattei), Loseblattsammlung systematischer Darstellungen, Entscheidungen, Gesetzestexte und Kurzberichte, herausgegeben von Dieterich, Neef und Schwab. 7. Arbeitsrechtliche Entscheidungssammlungen (z.T. mit Anmerkungen): Arbeitsrechtliche Praxis (AP); BAGE (amtliche Sammlung); Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht (EzA); Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen (SAE). 8. Arbeitsrechtliche Spezialzeitschrifen: Recht der Arbeit (RdA); Arbeit und Recht (AuR); Zeitschrift für Arbeitsrecht (ZfA); Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA); Arbeit und Arbeitsrecht (AuA); Zeitschrift für Tarifrecht (ZTR); außerdem NJW, DB (Der Betrieb), BB (Betriebsberater), JuS, Jura, ZIP. 2 Gliederungsübersicht 1. Teil: Begründung des Arbeitsverhältnisses § 1 Arbeitnehmerbegriff § 2 Anbahnung des Arbeitsvertrags § 3 Abschluß des Arbeitsvertrages 2. Teil: Arbeitsrechtlicher Bestandsschutz § 4 Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag § 5 Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf: Befristung des Arbeitsverhältnisses § 6 Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 3. Teil: Unternehmensumstrukturierung und Betriebsübergang § 7 Betriebsübergang und Individualarbeitsverhältnis § 8 Auswirkungen des Betriebsübergangs auf Tarifverträge § 9 Betriebsverfassungsrechtliche Folgen des Betriebsübergangs § 10 Betriebsübergang und Umwandlungsgesetz 4. Teil: Änderung von Arbeitsbedingungen § 11 Individualrechtliche Gestaltungsmittel § 12 Kollektivrechtliche Gestaltungsmittel im Überblick 5. Teil: Ausgewählte Probleme des Inhalts des Arbeitsvertrags § 13 Inhaltskontrolle von Allgemeinen Arbeitsbedingungen nach § 310 Abs. 4 BGB § 14 Vergütungsformen § 15 Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis § 16 Haftungsprobleme im Arbeitsverhältnis 6. Teil: Insolvenzarbeitsrecht § 17 Grundbegriffe des Insolvenzrechts § 18 Arbeitsrechtliche Besonderheiten in der Insolvenz 3 Gliederung 1. Teil: Begründung des Arbeitsverhältnisses § 1 Arbeitnehmerbegriff I. Der Arbeitnehmer als Typus Ausführliche Darstellung der Rspr.: Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, § 611 BGB Rn. 34 ff. Fall 1: "Eismann" Die Eismann-Gruppe vertreibt Tiefkühlkost im Franchise-System. Die einzelnen Verkaufsfahrer verkaufen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung unter Nutzung der Marke der Firma Eismann deren Tiefkühlkost an Endverbraucher. Dabei ist ihnen ein bestimmtes Gebiet mit Gebietsschutz zugewiesen. Sie müssen die sehr detaillierten Vorgaben im EismannBetriebshandbuch einhalten, sind aber berechtigt, eigene Arbeitnehmer einzustellen. Die EismannGruppe gibt Hilfestellung bei der Betriebsgründung und -führung. Verkaufsfahrer V klagt vor dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht darauf festzustellen, daß er Arbeitnehmer sei. V macht geltend, er sei wegen der engen Vorgaben des Eismann-Franchise-Handbuchs persönlich oder jedenfalls wegen der geringen Verdienstmöglichkeiten wirtschaftlich von der Eismann-Gruppe abhängig. Vgl. BAG AP Nr. 37 zu § 5 ArbGG 1979 mit Anm. Kreuder; BGH NZA 1999, 53; OLG Düsseldorf vom 30.1.1998 - NJW 1999, 2978, 2981; Franzen, Festschrift 50 Jahre BAG, 2004, S. 31; Horn/Henssler, ZIP 1998, 589. Allgemein zum Franchising Emmerich, JuS 1995, 761. II. Einzelfragen zum Arbeitnehmerbegriff Fall 2: Wie sind die folgenden Sachverhalte rechtlich zu beurteilen: Handelt es sich um ein Arbeitsverhältnis? Arbeiter oder Angestellte? Besondere Berufsgruppe? a) Y muß eine sechsmonatige Freiheitsstrafe antreten. Für die in der Anstalt verrichtete Arbeit (Herstellung von Fußmatten) erhält er eine nach der Vollzugsordnung vorgesehene Vergütung. b) V ist Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft. c) S ist Geschäftsführer einer GmbH. Er unterliegt weitgehend den Weisungen der GmbHGesellschafter (BAG 24. 11. 2005 EzA § 1 KSchG Nr. 59; Lücke, NJW 2009, 3207; zum Einfluss des europäischen Rechts auf die Rechtsstellung von Organvertretern vgl. Fischer, NJW 2011, 2329 ff.). d) Der Kommanditist einer KG ist gleichzeitig in dieser KG als Buchhalter angestellt. e) H ist mit der Immobilienmaklerin I verheiratet und arbeitet im Geschäft seit Jahren mit. Vereinbarungen über diese Mitarbeit bestehen nicht. Als I sich einen Geliebten zulegt, läßt H sich scheiden. Rechtslage? f) A ist Chefarzt der chirurgischen Abteilung eines Kreiskrankenhauses. Er hat neben der Krankenhausbehandlung die Verwaltungsaufgaben eines ärztlichen Direktors zu übernehmen. Neben seinem Entgelt für diese Tätigkeit ist ihm das Recht eingeräumt, in gewissem Umfang Privatpatienten zu behandeln. Urlaub kann A nur nach Abstimmung mit dem Krankenhausträger nehmen. g) B ist beim Sender "Chaos Berlin" engagiert. Eine vertragliche Dauerbindung besteht nicht. Stattdessen wird B aufgrund einer formlosen Bereitschaftserklärung in den monatlichen Dienstplänen "eingeplant" und erhält im Laufe des Monats verschiedene Hörfunkbeiträge zur Erstellung zugewiesen. Daneben wird B unregelmäßig zum Nachrichtendienst herangezogen. Insgesamt ist B dadurch voll in ihrer Dienstzeit ausgelastet. Dazu kommt, daß die Sendeanstalt von den "freien Mitarbeiter(inne)n" erwartet, daß sie - außer bei trifftiger Verhinderung - zu der nahezu täglich stattfindenden Redaktionskonferenzen erscheinen. Wer sich daran nicht hält, wird regelmäßig in der Folgezeit nicht mehr "berücksichtigt". Vgl. BAG AP Nr. 21 zu § 611 BGB 4 Abhängigkeit; BVerfGE 59, 231; BAGE 41, 247, 265; BAG EzA Nr. 55 zu § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff mit Anm. Rüthers/Beninca. III. Folgen fehlerhafter Vertragstypenzuordnung (Verkennung des Arbeitnehmerstatus) Lit.: Lampe, RdA 2002, 18 ff.; Preis, in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, § 611 BGB Rn. 100 ff. § 2 Anbahnung des Arbeitsvertrags I. Personalplanung Fall 3: Unvermittelter Arbeitskräftebedarf Die Firma F, in der rd. 400 Arbeitnehmer beschäftigt sind, stellt Haushaltsgeräte her. Wegen eines Produktionsfehlers ist F gezwungen, mehrere tausend bereits an Einzelhändler gelieferte Staubsauger nachzubessern. Mit dem vorhandenen Personal ist dies nicht zu bewältigen. F will daher etwa 50 weitere Arbeitskräfte einstellen. a) Muß F den Betriebsrat im Stadium der Planung der Personalerweiterung einschalten? b) Kann der Betriebsrat verlangen, daß F Richtlinien über die Auswahl einzustellender Arbeitnehmer erläßt? II. Stellenausschreibung: insbesondere § 11 AGG BAG 18. 8. 2009 - NZA 2010, 222: Der Arbeitgeber hat innerbetriebliche Stellenausschreibungen auf Arbeitnehmer im ersten Berufsjahr begrenzt. Kann der Betriebsrat verlangen, diese Begrenzung aufzuheben? III. Einladung zum Vorstellungsgespräch: Ersatz der Vorstellungskosten nach § 670 BGB analog (h.M). § 3 Abschluß des Arbeitsvertrages I. Diskriminierungsschutz Kommentare zum AGG: Adomeit/Mohr; Bauer/Göpfert/Krieger; Däubler/Bertzbach; Meinel/Heyn/Herms; Schiek; Wendeling-Schröder/Stein; Thüsing, Münchener Kommentar zum BGB. Fall 4: Die abgelehnte Bewerberin Die Klägerin leidet an Neurodermitis sowie einer allergischen Rhinitis und wird ständig mit Antihistaminika und gelegentlich cortisonhaltigen Medikamenten behandelt. Das Versorgungsamt erkannte einen Grad der Behinderung von 40 an. Sie ist ausgebildete Köchin und hat eine Umschulung zur Industriekauffrau absolviert. Sie bewarb sich als Angestellte im Bereich der Parkraumbewirtschaftung. Sie wurde wegen ihrer Neurodermitis im Bereich der Parkraumbewirtschaftung als nicht verwendungsfähig abgelehnt. Sie macht einen Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG auf eine angemessene Entschädigung in Geld geltend. Mit Recht? ArbG Berlin NZA-RR 2005, 608; BAG 27. 1. 2011 – NJW 2011, 2070. Zu § 15 AGG siehe auch die Beiträge von Jacobs und Stoffels in RdA 2009, Heft 4. Zum Informationsrecht abgelehnter Bewerber: Gola in NZA 2013, 360. 5 II. Informationserhebung durch den Arbeitgeber Fall 5: Nach welchen Umständen darf der Arbeitgeber fragen? Schwerbehinderteneigenschaft (BAG AP Nr. 40 und 49 zu § 123 BGB)? Vorstrafen und laufende Ermittlungsverfahren (BAG AP Nr. 50 und 72 zu § 123 BGB)? Schwangerschaft (BAG AP Nr. 21 zu § 611a BGB)? Gewerkschaftszugehörigkeit (BAG AP Nr. 27 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; BAG AP Nr. 49 zu Art. 9 GG; Rieble Gedächtnisschrift Heinze, 2005, S. 687; § 28 Abs. 6 BDSG)? ScientologyMitgliedschaft (ArbG München NZA-RR 2001, 296; s. a. BAG AP Nr. 21 zu § 5 ArbGG 1979)? III. Formerfordernisse Zu Schriftformklauseln: BAG 20. 5. 2008 - NJW 2009, 316 = SAE 2009, 93 mit Anm. Franzen; BAG 24. 6. 2003 – NZA 2003, 1145. Zum Nachweisgesetz: Birk, NZA 1996, 281; Krause, AR-Blattei SD 220.2.2. Nachweis von Arbeitsbedingungen; Preis, NZA 1997, 10. IV. Beteiligung des Betriebsrats 1. Einstellung nach §§ 99 - 101 BetrVG 2. Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG V. Rechtsfolgen bei unwirksamen Arbeitsvertrag (sog. fehlerhaftes Arbeitsverhältnis) Literatur: Dütz/Thüsing, Arbeitsrecht, Rdnr. 118 - 124. 2. Teil: Arbeitsrechtlicher Bestandsschutz § 4 Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag I. Wirksamkeitserfordernisse des Aufhebungsvertrags Schriftform (§ 623 BGB). II. Widerrufsrecht nach § 312b, 312g BGB? Fall 6: "Reurecht" beim Aufhebungsvertrag? Die A-GmbH plant Umstrukturierungen, welche zu einem Arbeitskräfteüberhang führen würden. Man setzt aber zunächst auf "freiwillige" Lösungen. Zu den Betroffenen gehört auch Arbeitnehmer A. Eines Tages wird er ins Personalbüro bestellt. Ihm wird eröffnet, dass er aus betrieblichen Gründen gekündigt werden soll. Zur Vermeidung der Kündigung könne er ein mit "Aufhebungsvertrag" überschriebenes, vorbereitetes Dokument unterzeichnen, mit welchem sein Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung gegen Zahlung einer Abfindung von einem Monatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit aufgelöst wird. A unterschreibt. Nach einigen Tagen kommen ihm Zweifel, ob dies richtig war. Was kann er tun? zur bisherigen Rechtslage; BAG NJW 2004, 2401 m.w.N.; BAG AP Nr. 16, 42 zu § 123 BGB. 6 § 5 Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf: Befristung des Arbeitsverhältnisses I. Die gesetzliche Ausgangslage des BGB und die Entwicklung der BAG-Rechtsprechung II. Kodifikation durch den Gesetzgeber: BeschFG (bis 31.12.2000); TzBfG sowie Regelungen für bestimmte Bereiche (z.B.: WissZeitVG – früher HRG). III. Insbesondere: Zulässigkeit der Befristung nach dem TzBfG Literatur zu Fragen der Befristung nach dem TzBfG: Kommentare zum TzBfG von Annuß/Thüsing (Hrsg.), Boecken/Joussen, Laux/Schlachter, Meinel/Heyn/Herms und Rolfs. 1. Die einzelnen Katalogtatbestände der Sachgrundbefristung des § 14 TzBfG Fall 7: Altergrenze Der Arbeitsvertrag des A enthält folgende Bestimmung: „Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der/die Beschäftigte Anspruch auf eine Rente wegen Alters hat, spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der/die Beschäftigte ihr 65. Lebensjahr vollendet.“ Ist diese Vertragsklausel wirksam? BAG 18. 6. 2008 – AP Nr. 48 zu § 14 TzBfG; siehe auch BAG 17.2.2015 – NZA 2015, 1066 Zur Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG bei ständigem Vertretungsbedarf: Vorlagebeschluss des BAG vom 17.11.2010, NZA 2011, 34, nachfolgend EuGH vom 26.01.2012, NZA 2012, 135 und BAG vom 18.07.2012, NZA 2012, 1351. 2. Die sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 und 3 TzBfG Fall 8: Ein voreiliger Vertragsschluß? A hat endlich einen neuen Job gefunden, wenn auch zunächst auf zwei Jahre befristet, wie ihm sein neuer Arbeitgeber beim Vorstellungsgespräch mitgeteilt hat. A nimmt am 1. 2. die Arbeit auf. Der Arbeitsvertrag mit der Befristungsabrede wird von beiden Parteien am 15. 2. unterzeichnet. Ist die Befristungsabrede wirksam? BAG AP Nr. 15, 16, 24, 39 und 46 zu § 14 TzBfG; kritisch Preis NZA 2005, 714 ff.. Zur zeitlichen Beschränkung des Vorbeschäftigungsverbots in § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG: BAG 6.4.2011 NZA 2011, 905. § 6 Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis Kommentare: Gemeinschaftskommentar zum KSchG, 10. Aufl. 2012 (üblicherweise als KR abgekürzt; 11. Aufl. 2015 ab Oktober 2015); von Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, 15. Aufl. 2013; Ascheid/Preis/Schmidt, Großkommentar zum Kündigungsrecht, 4. Aufl. 2012. Zur Vertiefung: U. Preis, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen, 1987; Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 11. Aufl. 2015. I. Allgemeines: System der Kündigung und des Kündigungsschutzes im Überblick 1. Kündigungsarten und Kündigungsschutz 2. Die Kündigung als Gestaltungsrecht 7 Fall 9: Kündigung vor Dienstantritt A schließt am 15.3. einen Vertrag, demzufolge er am 1.7. im Betrieb des U als Sachbearbeiter für Personalfragen in den Dienst treten soll. Da A im April eine wesentlich besser dotierte Stelle angeboten bekommt, schreibt er dem U sogleich, daß er fristlos, auf jeden Fall aber ordentlich kündige. U weist daraufhin, daß eine Kündigung allenfalls zum 31.7. zulässig sei und daß A die Folgen tragen müsse, falls er die Arbeit nicht vertragsgemäß antrete. a) Rechtslage? BAG 25. 3. 2004 NZA 2004, 1089 = AP Nr. 1 zu § 620 BGB Kündigung vor Dienstantritt. b) Nachdem A erklärt, er werde die Stelle nicht antreten, sucht U über Anzeigen in Tageszeitungen nach einer Ersatzkraft. Kann U von A die Kosten der Inserate verlangen? II. Kündigungserklärung Insbesondere: Schriftformerfordernis nach § 623 BGB; dazu Caspers, RdA 2001, 28; Preis/Gotthardt, NZA 2000, 348. III. Kündigungsschutz nach dem KSchG 1. Anwendungsvoraussetzungen des KSchG: §§ 23 Abs. 1, 1 Abs. 2 KSchG Zur Neuregelung des § 4 KSchG: Raab, RdA 2004, 321. 2. Die einzelnen Kündigungsgründe a) Verhaltensbedingte Gründe Fall 10: Falscher Verdacht? P ist Prokurist im Baugeschäft des U. In letzter Zeit unterbietet ein Mitkonkurrent bei Ausschreibungen den U trotz niedriger Kalkulation einige Male ganz knapp. Bei U festigt sich der Verdacht, daß P die Kalkulationsergebnisse verraten hat, weil nach den angestellten Nachforschungen andere als Täter ausscheiden. Darf U den P entlassen, obwohl dieser seine Unschuld beteuert? b) Personenbedingte Gründe Fall 11: Der kranke Arbeitnehmer A ist seit einigen Jahren bei Z als Industriekaufmann beschäftigt. In letzter Zeit hat A persönliche Probleme, was sich auf seine Arbeitsleistung auswirkt. Häufig erscheint A an einzelnen Tagen nicht zur Arbeit und meldet sich aus unterschiedlichen Gründen jeweils kurzzeitig ein bis zwei, manchmal drei Tage krank. Im letzten Jahr kam er auf insgesamt 54 Krankheitstage. Z will wissen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen er A "loswerden" kann. c) Betriebsbedingte Gründe Fall 12: Die "selbständigen" Fleischer Die A-GmbH, ein Unternehmen der fleischverarbeitenden Industrie mit ca. 100 Beschäftigten, hat aufgrund des Umsatzrückgangs wegen der in Großbritannien offenbar grassierenden Rinderseuche sowie aus strukturellen Gründen große Rentabilitätsprobleme. Aus diesem Grund versucht die Geschäftsleitung, Kosten zu senken. Sie hat sich zu folgender Maßnahme entschlossen, wodurch insbesondere die Personalkosten erheblich reduziert werden können: Die bislang bei ihr beschäftigten Ausbeiner, welche von den Rinderkörpern Fleischteilstücke herstellen, sollen auf der Basis von Werkverträgen weiterbeschäftigt werden. Zu diesem Zweck kündigt die A-GmbH nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats allen Ausbeinern, insgesamt 30, und bietet ihnen an, auf der Basis von Werkverträgen weiter zu arbeiten. Der Werkvertrag enthält u. a. folgende Bestimmungen: 8 "§ 2: Der Ausbeiner ist als selbständiger Gewerbetreibender nicht Arbeitnehmer der AGmbH. Er ist berechtigt, eigene Hilfskräfte anzustellen; eine Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung besteht nicht. Er unterliegt keinerlei Weisungen der A-GmbH; soweit er in den Räumlichkeiten der A-GmbH tätig wird, unterliegt er deren Hausordnung. § 3: Abgerechnet wird auf der Basis des Gewichts des Zerlegeguts." Die Tätigkeit der Ausbeiner soll nach wie vor in den Räumlichkeiten der A-GmbH erbracht werden, die auch notwendige Vorrichtungen und Werkzeuge stellt. Da die Art und Ausführung solcher Arbeiten im wesentlichen feststeht, hat die A-GmbH auch bislang gegenüber gelernten Ausbeinern von Weisungen bezüglich dem Inhalt der Arbeit generell abgesehen. Ausbeiner Z - seit 4 Jahren bei der A-GmbH beschäftigt - lehnt den Abschluß eines solchen Werkvertrags ab und erhebt 2 Wochen nach Zugang der ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigung beim örtlich zuständigen Klage auf Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis zwischen der A-GmbH und ihm durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Wie wird das Arbeitsgericht auf die Klage des Z entscheiden? Literatur: BAG AP Nr. 79 und 80 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung; BAG NZA 2003, 549 mit Kommentar Annuß, NZA 2003, 783; LAG Köln, AuR 1996, 413; Preis, NZA 1995, 241; Stahlhacke, DB 1994, 1361; Franzen, NZA 2001, 805. IV. Die außerordentliche Kündigung (§ 626 BGB) 1. Gründe für eine außerordentliche Kündigung, insbesondere Kündigung nach Bagatelldelikt, vgl. BAG 10.06.2010, NZA 2010,1227; dazu Pötters/Traut, JURA 2011, 401. 2. Die Frist des § 626 II BGB Nochmals: Fall 10 Falscher Verdacht. V. Weiterbeschäftigungsanspruch 1. Weiterbeschäftigungsanspruch nach §§ 102 Abs. 5 BetrVG, 79 Abs. 2 BPersVG. 2. Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch 3. Exkurs: Wiedereinstellungsanspruch Literatur: BAG SAE 2001, 125 mit Anm. Kort; Kaiser, ZfA 2000, 205; Nicolai/Noack, ZfA 2000, 87; Raab, RdA 2001, 347. VI. Vergütungsrisko während des Kündigungsschutzprozesses Literatur: Boecken/Topf, RdA 2004, 19; Schreiber, Jura 2009, 592. Fall 13: Der gekündigte Arbeitnehmer Arbeitnehmer A erhielt eine Kündigung wegen dringender betrieblicher Erfordernisse zum 31. 3. A erhebt rechtzeitig Kündigungsschutzklage und meldet sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos. A nimmt einige kurzfristige Gelegenheitsjobs wahr und lebt ansonsten vom Arbeitslosengeld. Zwischendurch ist er auch für einige Zeit krank. Am 30. 11. gibt das LAG der Kündigungsschutzklage statt. Das Urteil wird rechtskräftig. Kann A für den Zeitraum vom 1. 4. bis zur Rechtskraft des Urteils das übliche Arbeitsentgelt verlangen? BAG AP Nr. 34, 35, 45, 50, 60 zu § 615 BGB. Wie ist die Rechtslage, wenn A während des Kündigungsschutzprozesses bei seinem bisherigen Arbeitgeber weiterbeschäftigt und die Kündigungsschutzklage rechtskräftig abgewiesen wird? BAG 22. 10. 2003 NZA 2004, 1275; BAG AP Nr. 1 und 7 zu § 611 BGB Weiterbeschäftigung. 9 VII. Rechtspolitische Problematik des Bestandsschutzes des Arbeitsverhältnisses Literatur: Bauer, NZA 2002, 529; Buchner, NZA 2002, 533; Dorndorf, BB 2000, 1938; Preis, RdA 2003, 65; Rebhahn, RdA 2002, 272; Willemsen, NJW 2000, 2779. VIII. Mitbestimmung des Betriebsrats bei Kündigungen 1. Anhörung nach § 102 BetrVG Fall 14: Der voreilige Betriebsratsvorsitzende U teilt dem Betriebsratsvorsitzenden mit, daß dem Arbeiter A wegen mangelnder Auftragslage gekündigt werde. a) Der Betriebsratsvorsitzende stimmt der Kündigung zu, ohne vorher den Betriebsrat mit der Angelegenheit zu befassen. Rechtslage? b) A erhebt Kündigungsschutzklage. Als U erkennt, daß die angegebene Begründung der Kündigung nicht ausreicht, trägt er vor, A habe durch sein streitsüchtiges Verhalten wiederholt den Betrieb gestört. Rechtslage? 2. Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG IX. Besonderer Bestandsschutz aufgrund Tarifvertrag oder Gesetz (sog. "Unkündbarkeit") BAG AP Nr. 143 und 181 zu § 626 BGB; Bröhl, Festschrift Schaub, 1998, S. 55 ff. X. Diskriminierungsschutz bei Kündigungen 1. Anwendbarkeit der Diskriminierungsverbote trotz § 2 IV AGG 2. Schadensersatzanspruch gem. § 15 II AGG, vgl. BAG vom 12.12.2013, NZA 2014, 722 XI. Prozessuale Besonderheiten des Kündigungsschutzprozesses - Streitgegenstand und Verfahren - Zur Präklusion nach §§ 4, 7 KSchG: Nord/Linnert-Epple, JURA 2009, 801 ff.. 10 3. Teil: Unternehmensumstrukturierung und Betriebsübergang § 7 Betriebsübergang und Individualarbeitsverhältnis Literatur: Kommentare zu § 613a BGB; Hergenröder, AR-Blattei SD 500, Betriebsinhaberwechsel; Hauck, NZA 2004, Sonderbeilage zu Heft 18, S. 17. I. Rechtspolitischer Zweck des § 613a BGB - Schließung einer Lücke im Kündigungsschutzrecht II. Rechtsnatur und Rechtswirkung des § 613a BGB - Gesetzlich angeordneter Vertragsübergang - Betriebserwerber soll Arbeitsverträge des Betriebsveräußerers übernehmen müssen, wenn und soweit Betriebserwerber sich die bestehenden Arbeitsplätze in ihrer organisatorischen Verbundenheit zu eigener Wertschöpfung zunutze macht. => Abgrenzung eines Betriebs(teil)übergangs vom bloßen Erwerb einzelner Betriebsmittel. III. Bedeutung des Unionsrechts: Die EG-Richtlinie 77/187/EWG und die Änderungsrichtlinie 98/50/EG (neu gefaßt durch die Richtlinie 2001/23/EG) - Eine der wichtigsten Richtlinien der EU auf dem Gebiet des Arbeitsrechts - ca. 40 Urteile des EuGH zu Auslegungsfragen dieser Richtlinie IV. Voraussetzungen von § 613a Abs. 1 S. 1 BGB - Betrieb: abgrenzbare wirtschaftliche Einheit: Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. - Übergang: Identitätswahrender Übergang der wirtschaftlichen Einheit auf einen anderen Inhaber (liegt nicht vor bei erheblicher Änderung des Betriebskonzepts, vgl. BAG 17.12.2009 – 8 AZR 1019/08) - EuGH und BAG: typologische Betrachtung; sämtliche den Einzelfall kennzeichnenden Umstände sind zu berücksichtigen: + Art des Unternehmens oder Betriebs + Übernahme sachlicher und/oder immaterieller Betriebsmittel + Übernahme der Hauptbelegschaft + Dauer der Unterbrechung der Tätigkeit + Grad der Ähnlichkeit der Tätigkeit vor und nach dem Übergang - Rechtsgeschäft: weite Auslegung, Gegenbegriff: Übergang durch Gesamtrechtsnachfolge; nicht erforderlich, daß Betriebsveräußerer und –erwerber direkt miteinander ein Rechtsgeschäft abgeschlossen haben. Fall 15: Der verlorene Reinigungsauftrag 11 In der Universität U werden die anfallenden Reinigungsarbeiten vom Reinigungsunternehmen X durchgeführt. X beschäftigt hierfür ständig 80 Arbeitnehmer. Nach Kündigung des Reinigungsauftrags durch U und einer Neuausschreibung erhält Y von der Universitätsverwaltung den Zuschlag ab 1.1. des Folgejahres. Daraufhin kündigt X allen in der Universität U tätigen Reinigungskräften spätestens zu diesem Termin, weil er den Verlust des Auftrags nicht anders kompensieren kann. Y wiederum hat durch den gewonnen Auftrag Personalbedarf und will einige von X gekündigte Arbeitnehmer - natürlich die jüngsten und leistungsfähigsten - übernehmen. Insgesamt stellt er nach dem 1.1. 60 Arbeitnehmer ein. Haben die anderen nicht übernommenen Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung bei Y? Vgl. BAG vom 13.11.1997 - SAE 1998, 143 mit Anm. Langenbucher; BAG vom 11.12.1997 - NZA 1998, 534; BAG vom 12.11.1998 NZA 1999, 311; vgl. auch EuGH vom 14. 4. 1994 - Slg. 1994, I-1311 (Christel Schmidt/Sparkasse Bordesholm); EuGH vom 11. 3. 1997 - Slg. 1997, I-1259 (Ayse Süzen/Zehnacker GebäudereinigungG); EuGH vom 12. 2. 2009 – NZA 2009, 251 (Klarenberg). EuGH vom 20. 11. 2003 - NJW 2004, 45 (Abler/Sodexho); BAG NZA 2004, 1383; Buchner, JZ 1999, 593; Preis/Steffan, DB 1998, 309. Zum Wiedereinstellungsanspruch nach Betriebsübergang: Langenbucher, ZfA 1999, 299. V. Die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB Rechtsprechung: BAG 24. 5. 2005 NZA 2005, 1302; BAG 13. 7. 2006 NZA 2006, 1268, 1273; BAG 14. 12. 2006 AP Nr. 318 zu § 613a BGB; BAG 31. 1. 2008 NZA 2008, 642; BAG 20. 3. 2008 SAE 2009, 219; BAG 24. 7. 2008 AP Nr. 349 zu § 613a BG: BAG 22. 1. 2009 AP Nr. 4 zu § 613a BGB Unterrichtung; BAG 10.11.2011 AP Nr. 15 zu § 613a BGB Unterrichtung. Literatur: Gaul/Niklas DB 2009, 452; Hohenstatt/Grau, NZA 2007, 13; C. Meyer, SAE 2009, 212; Willemsen, NJW 2007, 2065; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159; Worzalla, NZA 2002, 353; Sagan, ZIP 2011, 1641; Franzen, RdA 2002, 258. VI. Das Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 6 BGB Literatur: Hauck, NZA 2004, Sonderbeilage 1, S. 43; Rieble, NZA 2005, 1; Sagan, ZIP 2011, 1641; Franzen, RdA 2002, 258. Fall 16: Die widersprechenden Arbeitnehmer Die beklagte Arbeitgeberin betreibt ein Unternehmen des Zeitungs- und Verlagswesens. Sie möchte den Betriebsteil Bildbearbeitung auf eine neu gegründete Gesellschaft übertragen. 19 der 21 Arbeitnehmer der Abteilung widersprechen dem in Aussicht gestellten Übergang der Arbeitsverhältnisse, nachdem sie sich mit der zuständigen Gewerkschaft ver.di und dem Betriebsrat beraten hatten. Die beklagte Arbeitgeberin kündigte den betroffenen Arbeitnehmern ordentlich betriebsbedingt. Wie ist die Rechtslage? BAG 30. 9. 2004 NZA 2005, 43 = EzA § 613a BGB Nr. 28 mit Anm. Franzen. VII. Das Kündigungsverbot nach § 613a Abs. 4 BGB § 8 Auswirkungen des Betriebsübergangs auf Tarifverträge Rechtsprechung: BAG NZA 1986, 422, 687; BAG SAE 1995, 200; BAG NZA 1998, 1346; BAG NZA 2001, 510; BAG NZA 2001, 1318; BAG NZA 2002, 41; BAG NZA 2002, 276; BAG NZA 2005, 1362. Literatur: Hergenröder, Festschrift 50 Jahre BAG 2004, S. 709; Kania, DB 1994, 529; Wank, NZA 1987, 505; Zöllner, DB 1995, 1401. I. Konzeptionelle Möglichkeiten II. Anwendung der Tarifverträge des bisherigen Betriebsinhabers 12 1. Individualrechtliche Weitergeltung nach § 613a Abs. 1 S. 2 BGB 2. Kollektivrechtliche Weitergeltung III. Anwendung der Tarifverträge des Betriebserwerbers (§ 613a Abs. 1 S. 3 BGB und § 613a Abs. 1 S. 4 Hs. 2 BGB) Fall 17: Der neue Betriebsinhaber Die K-AG betreibt mehrere Kaufhäuser und gehört dem zuständigen Arbeitgeberverband für den Einzelhandel (E) an. Sie wendet aufgrund betriebseinheitlicher Arbeitsverträge die zwischen dem Arbeitgeberverband für den Einzelhandel (E) und der Gewerkschaft Verdi abgeschlossenen Tarifverträge an, die auch räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich einschlägig sind. Im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen sollen unrentable Gaststättenbetriebe in den Kaufhäusern an andere Unternehmen verpachtet werden. Dies betrifft auch den Betrieb in Z-Stadt. Dort übernimmt die G-GmbH, ein gastronomisches Unternehmen und Mitglied des Arbeitgeberverbandes für Gaststättenbetriebe (AGV), das dortige Kaufhausrestaurant samt Inventar, Vorräten und den dort beschäftigten Arbeitnehmern - darunter A, welcher der Gewerkschaft Verdi angehört, und B, der nicht organisiert ist. Der zwischen dem E und der Gewerkschaft Verdi bestehende Tarifvertrag sieht für die Lohngruppe von A und B einen Stundenlohn von 18.- € vor; außerdem enthält dieser eine Regelung über die Einrichtung einer Urlaubskasse, die von Beiträgen der tarifgebundenen Arbeitgeber finanziert wird und aufgrund derer den bei ihnen beschäftigten tarifgebundenen Arbeitnehmern 500.- € Urlaubsgeld pro Jahr zusteht. Zwischen dem Arbeitgeberverband für Gaststättenbetriebe (AGV) und der Gewerkschaft Nahrung, Genuß, Gaststätten (NGG) gilt ein Lohntarifvertrag, der für die Lohngruppe von A und B lediglich einen Stundenlohn von 16.- € vorsieht. Eine Regelung über die Urlaubskasse enthält er nicht. Die G-GmbH verwendet ebenfalls betriebseinheitliche Arbeitsverträge, in denen die einschlägigen Tarifverträge zwischen der NGG und dem AGV ausdrücklich genannt und für anwendbar erklärt werden. A und B fragen sich, ob und gegebenenfalls wie lange sie einen Stundenlohn von 18,-- € und ein Urlaubsgeld von 500,-- € beanspruchen können. § 9 Betriebsverfassungsrechtliche Folgen des Betriebsübergangs Literatur: BAG AP Nr. 85 zu § 77 BetrVG 1972; BAG AP Nr. 7 zu § 77 BetrVG 1972 Betriebsvereinbarung; BAG 5. 6. 2002 NZA 2003, 336; Hohenstatt/Müller-Bonanni, NZA 2003, 766; Preis/Richter, ZIP 2004, 925; Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 4. Aufl. 2011. I. Betriebsvereinbarung II. Gesamtbetriebsvereinbarung III. Betriebsratsamt § 10 Betriebsübergang und Umwandlungsgesetz Literatur: Boecken, Unternehmensumwandlung und Arbeitsrecht, 1996; Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 4. Aufl. 2011. I. Grundbegriffe des UmwG II. Arbeitsrechtliche Folgen von Unternehmensumwandlungen im Überblick 13 4. Teil: Änderung von Arbeitsbedingungen Literatur: Hromadka, RdA 1992, 255; Beiträge in der Beilage 3 NZA 2006 zum Thema „Möglichkeiten und Grenzen der vertraglichen Gestaltung von Arbeitsbedingungen“; Heise/Schwald, NZA 2009, 753. § 11 Individualrechtliche Gestaltungsmittel I. Änderungskündigung (§ 2 KSchG) Rechtsprechung: BAG 21. 4. 2005 – NZA 2005, 1289, 1294; Nichtanwendbarkeit von § 9 KSchG bei der Änderungsschutzklage: BAG 24.10.2013 – NZA 2014, 486. Literatur: Stoffels, ZfA 2002, 401. 1. Allgemeine Grundsätze der Änderungskündigung 2. Änderung des Arbeitsentgelts: BAG AP Nr. 69 zu § 2 KSchG m.w. N. 3. Änderung sonstiger Arbeitsbedingungen II. Einvernehmliche Vertragsänderung Bedeutung der stillschweigenden Weiterarbeit der Arbeitnehmer: BAG NZA 1987, 94; BAG RdA 2003, 233 mit krit. Anm. Franzen. III. Betriebliche Übung Literatur: Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S. 387 ff.; Seiter, Die Betriebsübung, 1967; Waltermann, RdA 2006, 257. Rechtsprechung: BAG 18. 3. 2009 – NJW 2009, 2475: Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung zur geänderten betrieblichen Übung (BAG SAE 1997, 341 mit krit. Anm. Franzen; BAG AP Nr. 55 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). IV. Änderungs-, Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte im Arbeitsvertrag AGB-Kontrolle nach §§ 308 Nr. 4, 307, 310 IV 2 BGB: BAG 21.3.2012 NZA 2012, 616; BAG 12. 1. 2005 NJW 2005, 1820 = NZA 2005, 465 = SAE 2005, 307 mit Anm. Kort; Hanau, ZIP 2005, 1661; Schrader/Müller, RdA 2007, 145; Willemsen/Grau, NZA 2005, 1137. Zu Freiwilligkeitsvorbehalten: BAG 19.03.2014 NZA NZA 2014, 595; BAG 25. 4. 2007 NZA 2007, 853; BAG 30. 7. 2008 – NZA 2008, 1173; BAG 18. 3. 2009 – NJW 2009, 2619; Bayreuther, ZIP 2007, 2009; Schramm, NZA 2007, 1325. Zu sog. Stichtagsregelungen: BAG 13.11.2013 NZA 2014, 368. Zur Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufvorbehalt: BAG 20.2.2013 NZA 2013, 1015; BAG 14.9.2011 NZA 2012, 81; BAG 8.12.2010 NZA 2011, 628. Guter Überblick über die Rechtsprechung bei Preis, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, §§ 305 – 310 BGB Rn. 51 – 76. V. Anspruch des Arbeitnehmers auf Änderung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG Literatur: BAG AP Nr. 2, 3, 4, 10, 11, 12, 14, 16, 17, 21, 25, 26 zu § 8 TzBfG; Hans Hanau, RdA 2005, 301; Kommentare zu § 8 TzBfG. 14 § 12 Kollektivrechtliche Gestaltungsmittel im Überblick I. Tarifvertrag II. Betriebsvereinbarung Fall 18: Die kostspielige Jubiläumszuwendung Die Geschäftsleitung des Unternehmens U hat 1955 intern beschlossen, allen Arbeitnehmern nach 25jähriger Betriebszugehörigkeit ein Jubiläumsgeschenk in Höhe eines Monatslohns zu gewähren. Die Jubilare bekamen in der Folgezeit jeweils im Rahmen einer kleinen Feier ein Dankschreiben der Geschäftsleitung ausgehändigt, in welchem auf die mit der nächsten Lohnzahlung erfolgende Gewährung des Jubiläumsgeschenks hingewiesen wurde. Eine ausdrückliche Verpflichtung zur Zahlung der Jubiläumszuwendung hat U jedoch weder in den Arbeitsverträgen noch sonst erklärt. Da durch die Jubiläumszuwendung in den nächsten 20 Jahren Kosten in Höhe von rd. 1/2 Million € zu erwarten sind, möchte U gutachtlich geprüft haben, ob er verpflichtet ist, die Jubiläumszuwendung weiter zu gewähren und, falls dies zu bejahen ist, welche Möglichkeiten bestehen, die Zahlungsverpflichtung zu beseitigen. Vgl. BAG GS AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972; BAG NZA 2001, 49; dazu Annuß, NZA 2001, 756. 5. Teil: Ausgewählte Probleme des Inhalts des Arbeitsvertrags § 13 Inhaltskontrolle von Allgemeinen Arbeitsbedingungen nach § 310 Abs. 4 BGB Literatur: Däubler, NZA 2006, Beilage 3 zu Heft 24, S. 133; Däubler, NZA 2001, 1329; Gotthardt, ZIP 2002, 277; Henssler, RdA 2002, 128; Hromadka, NJW 2002, 2523; Hromadka/Schmitt-Rolfes, NJW 2007, 1777; Hümmerich, NZA 2003, 753; Junker, BB 2007, 1274; Lingemann, NZA 2002, 181; Preis, NZA 2003, Beilage zu Heft 16, S. 19; Preis, NZA 2006, Beilage 3 zu Heft 24, S. 115; Richardi, NZA 2002, 1057; Thüsing, NZA 2002, 591; Thüsing/Lambrich, NZA 2002, 1361; Worzalla, NZA 2006, Beilage 3 zu Heft 24, S. 122. I. Allgemeine Grundsätze II. Vertragsstrafen Fall 19: Der treulose Arbeitnehmer A betreibt ein Softwareunternehmen und sucht zur Verstärkung des Teams einen Computerspezialisten. Endlich wird er fündig und stellt B für ein Bruttomonatsgehalt von 5000 € ein. Der Arbeitsvertrag enthält folgende Klausel: "Tritt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nicht an, löst er das Arbeitsverhältnis unter Vertragsbruch oder wird der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers zur fristlosen Kündigung veranlaßt, hat der Arbeitnehmer eine Vertragsstrafe in Höhe von einem Bruttomonatsgehalt zu zahlen." Außerdem war eine sechsmonatige Probezeit mit einer Kündigungsfrist von 2 Wochen vereinbart (§ 622 Abs. 3 BGB). Kurz vor der vorgesehenen Arbeitsaufnahme sagt B dem A ab; er hat ein besser dotiertes Angebot erhalten. Kann A von B die Zahlung eines Bruttomonatslohns verlangen? Vgl. BAG NZA 2004, 727; Joost, ZIP 2004, 1981. III. Ausschlußfristen BAG 25. 5. 2005 NJW 2005, 3305 = NZA 2005, 1111; BAG 28. 9. 2005 NJW 2006, 795; BAG 27. 10. 2005 NZA 2005, 259; BAG 12. 3. 2008 – 10 AZR 152/07; BAG 19. 3. 2008 – 5 AZR 429/07; Krause, RdA 2004, 36. IV. Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge 15 BAG 14. 12. 2005 NZA 2006, 607; BAG 9. 11. 2005 AP Nr. 1 zu § 305c BGB; BAG 18. 4. 2007 AP Nr. 53 und 54 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; BAG 29. 8. 2007 AP Nr. 61 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; Annuß, ZfA 2005, 405; Giesen, NZA 2006, 625; Hanau, NZA 2005, 489; Klebeck, NZA 2006, 15. V. Versetzungsklauseln Auch zur Vorfrage der Festlegung des Arbeitsplatzes: Salamon/Fuhlrott, NZA 2011, 839 ff.; Preis, in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, §§ 305 - 310 BGB Rdnr. 86. VI. Rückzahlungsklauseln Preis, in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, §§ 305 - 310 BGB Rdnr. 94; BAG 23. 1. 2007 NZA 2007, 748; BAG 18. 3. 2008 – SAE 2008, 280 mit Anm. Natzel. VII. Pauschale Abgeltung von Überstunden BAG 1.9.2010 – 5 AZR 517/09, NZA 2011, 575. § 14 Vergütungsformen I. Arten des Arbeitsentgelts - Geldleistung - Sachleistung (grundsätzlich zulässig nach § 107 Abs. 2 GewO) - Arten: laufendes Entgelt und Sonderzahlungen Zur privaten Dienstwagennutzung im Krankheitsfall: BAG 14.12.2010 – NZA 2011, 569. II. Lohnuntergrenzen - Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit von Entgeltabreden: BAG 22. 4. 2009 - NZA 2009, 837. - Anspruch auf Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns nach § 1 Abs. 1 MiLoG III. Mitbestimmung des Betriebsrats (insbesondere § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) § 15 Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis I. Entgeltfortzahlung nach der Betriebsrisikolehre (§ 615 S. 3 BGB) Lit.: RGZ 106, 272; BAG AP Nr. 30 zu § 615 BGB Betriebsrisiko; BAG NZA 1999, 1166; Picker, JZ 1979, 285; ders., JZ 1985, 693. II. Ausgewählte Fragen der Entgeltfortzahlung nach dem EFZG Lit.: Schmitt, Kommentar zum EFZG, 7. Aufl. 2012. § 16 Haftungsprobleme im Arbeitsverhältnis Literatur: BAG AP Nr. 101 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; BAG GS NJW 1995, 210; BAG 18. 4. 2002 NJW 2003, 377; Otto/Schwarze/Krause, Die Haftung des Arbeitnehmers, 4. Aufl. 2014; Krause, NZA 2003, 577; Walker, JuS 2002, 736; Waltermann, JuS 2009, 193. I. Rechtsgrundlage der Haftung im Arbeitsverhältnis 16 II. Einschränkung der Haftung bei betrieblich veranlaßter Arbeit Fall 20: Das geleaste Kfz Die klagende Autohandlung hatte dem damaligen Arbeitgeber des Beklagten, der R-AG, ein Kfz aufgrund Leasingvertrags zur Nutzung überlassen. Die R-AG stellte dies dem Beklagten zur Verfügung, der als Verkaufsrepräsentant für sie tätig war. Der Beklagte verursachte leicht fahrlässig einen Unfall, welcher zum Totalschaden führte. Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz. Die R-AG ist zahlungsunfähig. Vgl. BGHZ 108, 305; BGH NJW 1994, 852. III. Die Mankohaftung des Arbeitnehmers BAG NZA 1997, 1279; BAG NZA 1999, 141; Stoffels, Mankohaftung, AR-Blattei SD 870.2. IV. Modifizierung der zivilrechtlichen Haftung bei Arbeitsunfällen durch die gesetzliche Unfallversicherung Fall 21: Die ätzende Säure Der Hafenarbeiter A hatte Korbflaschen mit Ameisensäure zu verladen. Plötzlich platzte der Flaschenboden einer von ihm getragenen Korbflasche ab. Durch die ausfließende Säure erlitt A recht schmerzhafte Verätzungen, die ärztlich behandelt werden mußten. Seine Arbeitskleidung wurde so stark beschädigt, daß er zu ihrer Neuanschaffung gezwungen war. Kurz vor diesem Unfall war schon einmal eine Korbflasche geplatzt, ohne daß dies allerdings einen weiteren Schaden zur Folge gehabt hätte. Daraufhin wurde vom Arbeitgeber U für diejenigen Arbeiter, die mit dem Verladen dieser Flaschen beschäftigt waren, ab sofort das Tragen von Schutzkleidung angeordnet. Jedoch sorgte U nicht für eine ausreichende Überwachung dieser Anordnung. Dem A, der neu eingestellt war und vom früheren Flascheninhalt nichts wußte, wurde von der Notwendigkeit, eine besondere Schutzkleidung zu tragen, nichts mitgeteilt. Er macht gegen U Ersatzansprüche wegen folgender Schäden geltend: 1. € 3.000,-- Behandlungskosten für die Körperverletzung; 2. € 1.000,-- Schmerzensgeld; 3. € 350,-- Neuanschaffung der Kleidung. V. Verschuldensunabhängige Haftung des Arbeitgebers für Schäden des Arbeitnehmers Literatur: BAG GS NJW 1962, 411; Gick, JuS 1979, 638; Mayer-Maly, NZA Beil. 3/1991, 5; Franzen, ZTR 1996, 305. Fall 22:Wie Fall 21, jedoch: Es handelte sich um die erste Korbflasche, die zerplatzte, nachdem bereits mehrere hundert gleicher Flaschen verladen worden waren. U konnte einen solchen Unfall auch bei größter Sorgfalt nicht vorhersehen. Vgl. BAG GS NJW 1962, 411. 17 6. Teil: Insolvenzarbeitsrecht Literatur: Zwanziger, Kommentar zum Arbeitsrecht der Insolvenzordnung, 5. Aufl. 2015. § 17 Grundbegriffe des Insolvenzrechts Allgemeine Verfahrensgrundsätze; Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Eröffnungsgründe: Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung; Insolvenzverwalter; Verfahrenswirkungen; Insolvenzanfechtung; Arten der Verbindlichkeiten. § 18 Arbeitsrechtliche Besonderheiten in der Insolvenz I. Insolvenzrechtliche Behandlung arbeitsvertraglicher Ansprüche II. Insolvenzgeld nach §§ 183 ff. SGB III III. Besondere Regelungen zur Kündigung von Arbeitsverträgen (§§ 113, 125 ff. InsO) IV. Betriebsverfassungsrechtliche Besonderheiten (§§ 120 ff. InsO)