Die Chefin in Chucks Finanzen machen musste, sonst wäre sein hart erarbeiteter Erfolg innerhalb von einer Stunde im Minus. Ich glaube, es gibt Menschen, die mag man einfach sofort – und manche die mag man eben nicht. Und diese Menschen, die bei der Bag Company arbeiten, die mag ich sehr, sehr gerne. Ich wurde so offen und freundlich begrüßt, dass meine Nervosität schneller verflogen war als sie da war. Wir waren auch alle per Du. Das Gefühl der Geborgenheit, das ich innerhalb weniger Minuten bekam, gibt die Bag Company auch an ihre Kunden weiter. Sie wissen, dass für die Bag Company die Kunden und Produkte im Mittelpunkt stehen. Der Kunde ist König, die Taschen sein Zepter. Taschen. Was sind eigentlich Taschen? Meine Definition von Taschen: Eine praktische Tüte, in der ich Dinge verstauen könnte. In verschiedenen Größen, Farben, Marken. Wenn wir ehrlich sind, brauchen wir Taschen ständig. Jeder kennt diese Taschen, die eine freundlich lächelende Verkäuferin nach deinem Einkauf in die Hand drück und dir „ ein wunderschönes Wochenende und besuchen Sie uns bald wieder!“ ins Ohr säußelt. Aber haben wir uns je gefragt, woher diese Taschen überhaupt kommen? Was würden wir ohne diese Taschen machen? Wer macht diese Taschen? Ich nicht. Aber so viel weiß ich jetzt: Eine Tasche ist auf gar keinen Fall nur eine Tasche. Mein Unternehmen, welches ich einen Tag leiten durfte, war die Bag Company in Prien am Chiemsee. Gegründet vor 13 Jahren von Chef Roland Gartner, hat sich das Unternehmen schnell einen Namen gemacht. Zu ihren bekanntesten Kunden gehören unter anderem JOOP!, Swarovski, Jack Wolfskin, Nike und Hugo Boss. Mit nur 20 Mitarbeiter hat jeder seine eigene Aufgabe. Für Herrn Gartner war es sehr wichtig, dass sich die Mitarbeitendenin ihren Aufgaben auch wohl fühlen. So verriet er mir, dass er ihnen gerne den Freiraum lasse, wie sie arbeiten möchten. Stur alles runter, mal hier – mal da, konkrete Anweisungen oder kreativ. Denn er hat so viel Vertrauen in die Arbeit seiner Kollegen, dass er weiß: Am Ende ist deren Arbeit ein Volltreffer. Und so ist es – jedes Mal. Herzlichkeit. Mein „Co“ Chef Herr Roland Gartner begrüßte mich mit einem Grinsen und meinte nur: „Ah, meine Vertretung ist da. Dann kann ich mich ja zurücklehnen.“ Ich betete inständig, dass ich keine Begeisterung. „Taschen bieten viele an, aber nur wir bieten ein solches Arbeitsklima.“ Die Bag Company hat nur um die 20 Mitarbeiter, aber vermutlich ist das auch der Grund warum dieses Arbeitsklima so ausgesprochen gut ist. Ich habe mit allen gesprochen, wie ihnen die Arbeit gefällt und, und ich habe das noch nie erlebt, alle, wirklich alle, mochten ihre Arbeit. Kamen gerne zur Arbeit. Hatten Spaß an ihrer Arbeit. Kein Gegrummel, kein Genörgel. Roland, der Chef, arbeitet sehr eng mit seinen Mitarbeitern. Dazu gibt es immer frisches Obst und Kaffee, ein mal die Woche Sport für alle, Fitnessstudiomitgliedschaften, Feiern, Weihnachtsgeld ... Kein Wunder also, dass die Bag Company bereist zwei Mal den Award für eine „Traumfirma“ bekommen hat, denn das ist sie wirklich. Denn wenn die Mitarbeiter begeistert von ihrer Arbeit sind, sind die Kunden begeistert vom fertigen Produkt. Ehrlichkeit. Beim wöchentlichen Marketing-Meeting, dass genau auf meinen Chef-Tag fiel, wurde die Welcome Bag, eine Mottotasche, vorgestellt. Diese Tasche bekommt jeder neue Kunde. Überhaupt bleibt die Marketingstrategie im Gedächtnis mit Wortwitzen und Taschen. Ich will nach meinem Fachabitur an der Wirtschaftsfachhochschule Marketing und International Business studieren, also war das genau mein Bereich. Und das Tollste überhaupt war: Ich war kein Schatten oder eine Schülerin, die einen Aufsatz schreiben muss. Nein, ich wurde oft nach meiner Meinung gefragt, und in die Diskussion einbezogen, und wenn ich keine Ahnung hatte, war das nicht schlimm, denn mein Vertreter war noch da und der erklärte mir dann alles. Natürlich gibt es immer etwas zu entscheiden, was aber bei der Bag Company anders abläuft als, meiner Meinung nach, in vielen anderen Unternehmen: Hier entscheidet man zusammen. Jeder sagt ehrlich und offen seine Meinung. Keiner ist höher gestellt oder hat mehr Rechte. Auch mit den Kunden wird sehr offen geredet, ohne versteckte Kosten oder Heimlichkeiten. Lieber sagt jemand offen und ehrlich Nein zu diesem Produkt als Ja, wenn er nicht vollkommen davon überzeugt ist. Qualität. Als ich erfuhr, dass die Produktion der Taschen hauptsächlich in China stattfindet – verzog ich das Gesicht. Wir haben alle unsere Vorstellungen von Massenproduktion in China. Als hätte er meine Gedanken gelesen, lachte Roland und erklärte mir, dass dies auf keinen Fall die Realität der Bag-Produktion wäre. Er selbst fliegt mindestens ein Mal im Jahr rüber um sich alles vor Ort genau anzusehen. Falls sie einen neuen Produzenten finden, wird dieses Unternehmen zuerst überprüft anhand folgender Kriterien: • • • • • Keine Kinder –und Zwangsarbeit, sicheres und gesundes Arbeitsumfeld, keine Diskriminierung, angemessene Arbeitszeiten, faires und leistungsgerechtes Arbeitsentgeld, • keine Disziplinarmaßnahmen, • Vereinigungsfreiheit, • Recht zur Kollektivverhandlungen. Außerdem besteht die Bag Company auf tägliche Kontakte, so dass Informationen über neuste Ereignisse sofort weitregeleitet werden, und natürlich auf Termintreue. Achtsamkeit. Am Ende des Meetings wurde ein riesiger Stapel an Taschen in allen Größen, Farben und verschiedenster Marken gebracht. Jeder griff irgendwie mal rein, lachte, zeigte das Muster und sagte: Das ist meine! Zuerst dachte ich, man wählt nach Gefallen aus oder welche Tasche man vielleicht für den nächsten Supermarkteinkauf braucht. Doch das waren die fertigen Mustertaschen, frisch aus der Produktion. Alle Mitarbeitenden im Vertrieb haben bestimmte Kunden, nach Postleitzahl sortiert. Oft ist es so, dass die Kunden bereits Vorstellungen von Design und Druck haben. Es ist wichtig, dass die endgültige Tasche auch genauso aussieht, wie besprochen. Außerdem unterstützt die Bag Company u.a. Unicef, das SOS Kinderdorf Haus Rosenheim, die Björn Schulz Stiftung und ist zudem auch Trikot-Sponsor der Mädchenmannschaft des TuS-Prien. Nachhaltigkeit. Zur Achtsamkeit im Umgang mit dem Kunden kommt die Nachhaltigkeit in der Produktion hinzu. Produktionsverfahren geraten immer in die Gefahr, umweltschädlich zu sein. Solche Auswirkungen gilt es soweit als möglich zu vermeiden. Ökologie und Ökonomie beißen sich oft, das haben wir auch im VWL-Unterricht in der Schule besprochen. Die Bag Company hat verstanden, dass man schon allein wegen der globalen Entwicklung schnellstens Verpackungen aus verträglichen Stoffen braucht: FSC- und PEFC-Papiere aus nachhaltiger Forstwirtschaft und Recyclingpapiere, Folien mit Recyclinganteil (Blauer Engel), BIO und Fairtrade Baumwolle, Offsetdruckfarben auf Sojabasis, CO²-optimierte Warenströme durch Lagersplitting oder Südhafentransport und, und, und.. Hier wird viel investiert, damit wir das, was wir von unserer Umwelt nehmen, möglichst schadstofffrei zurück geben können. Wenn sich ein Kunde für die nachhaltige Version seiner Tasche entscheidet, bekommt er als Geschenk/ Belohnung eine Waldaktie geschenkt. Was ich persönlich ziemlich toll finde! Mein Tag im Chefsessel ging viel zu schnell vorbei und ich war tatsächlich traurig, als die Uhr gegen 17 Uhr wanderte. Natürlich, meine Klassenkameraden hatten bereits seit vier Stunden aus. Aber ich habe so viel gelernt, so tolle Menschen kennengelernt, dass mir das überhaupt nichts ausmacht. Und ich habe entdeckt, dass Yvonne aus der Buchhaltung tatsächlich so bucht, wie ich es in BWR lerne. Überhaupt, ich bin immer wieder überrascht, dass ich das Erlente aus BWR und VWL so gut anwenden kann. Wenn man dann sieht, es wird im realen Leben wirklich so gemacht, ist das eine tolle Motivation. Die vielen Ereignisse dieses einen Tages schwirrten noch lange in meinem Kopf und ich wurde, was meine Zukunftswünsche an geht wieder mal bestätigt. Marketing, Wirtschaft und Kreaitvität sind genau meine Leidenschaft. Was hatte ich für ein Glück mich beworben zu haben, genommen zu worden und vor allem so ein tolles Unternehmen erwischt zu haben! Ich kann da nur Danke sagen. Vielleicht komme ich eines Tages zurück zur Bag Company. Vielleicht arbeite ich sogar eines Tages dort. Und falls ich sogar in ferner Zukunft nicht mehr als Schülerin sondern als Jung-Unternehmerin in einem Chefsessel sitzen sollte, bleibt mir noch eine elementare Frage: Tragen Chefs eigentlich Chucks? Soweit ich mich erinnern konnte, habe ich in meinen Praktika nie einen Chef mit Chucks gesehen, sondern immer mit diesen polierten, schwarzen Männerschuhen oder extrem hohen Lackhighheels. Ich werde meinen Weg zum Chefsessel schon gehen. In Chucks. Felicitas Schwab, München