herunterladen - Angehörige psychisch Kranker Berlin

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Wege in die Sucht – Wege
aus der Sucht
Abhängigkeit und Behandlung
R. Banas
Dipl.-Psych. Suchtsprechstunde
1. Kriterien der Abhängigkeit
2. Aktuelle Zahlen zur Alkoholabhängigkeit
3. Aktuelle Zahlen zu illegalen Drogen
4. Therapie
4.1. Entgiftung
4.1.2. Das „Berliner Modell“ der ambulanten
Entgiftung
4.1.3. Stationäre Entgiftung
4.2. Entwöhnung
4.3. Nachsorge
4.4. Selbsthilfe
4.5. Kontrolliertes Trinken
Abhängigkeitskriterien
•
•
•
•
•
•
Verlangen
Verminderte Kontrolle
Entzugssymptome
Toleranz
Einengung auf Konsum
Konsum trotz schädlicher Folgen
Abhängigkeitskriterien
• drei oder mehr der Kriterien sollten
zusammen mind. einen Monat lang
bestehen, falls kürzer zusammen
innerhalb von 12 Monaten wiederholt
bestanden
Aktuelle Zahlen zur
Alkoholabhängigkeit
Alkoholabhängigkeit
Alkoholabhängigkeit
•
•
•
•
Mortalität
Aktuelle Analysen zu alkoholbezogenen Gesundheitsstörungen
und Todesfällen gehen jährlich von etwa 74.000 Todesfällen
durch Alkoholkonsum allein (26%) oder durch den Konsum von
Tabak und Alkohol bedingt (74 %) aus. Quelle: John, Hanke, 2002
Volkswirtschaftliche Kosten
Eine gesundheitsökonomische Schätzung für das Jahr 2007
ergab, dass sich die durch den Alkoholkonsum verursachten
direkten und indirekten Kosten auf 26.7 Mrd. Euro belaufen Quelle:
Adams, Effertz, 2011
Alkoholabhängigkeit
•
Morbidität
•
Eine psychische oder verhaltensbezogene Störung durch Alkohol wurde im Jahr 2010 als
dritthäufigste Einzeldiagnose in Krankenhäusern mit 333.357 Behandlungsfällen diagnostiziert.
25.995 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 10 und 20 Jahren wurden 2010
aufgrund einen akuten Alkoholmissbrauchs stationär behandelt.
Die registrierten Behandlungsfälle von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen
(vollstationäre Krankenhauspatienten und -patientinnen 10 bis 20 Jahre wegen einer psychischen
Störung durch Alkohol oder wegen der toxischen Wirkung von Alkohol) stiegen in den letzten
Jahren deutlich:
•
2000: 9.514
2001: 11.466
2002: 12.794
2003: 14.105
2004: 16.423
2005: 19.449
2006: 19.423
2007: 23.165
2008: 25.709 (Veränderung zu 2007: 11,0%)
2009: 26.428 (Veränderung zu 2008: 2,8%)
2010: 25.995 (Veränderung zu 2009: -1,6%)
Quelle: Statistisches Bundesamt, 2012
Aktuelle Zahlen zu
illegalen Drogen
Illegale Drogen
Illegale Drogen
Therapie
Therapie
• Entgiftung (7 bis 10 Tage Alkohol)
• Entwöhnung (bis zu 4 Monaten)
• Nachsorge (bis zu 2 Jahren)
Therapie
Therapie
• vereinfachtes Suchtmodell
Sucht
KP
KP
Entgiftung
Entgiftung
• kalt vs. medikamentengestützt
• stationär vs. ambulant
• ambulant nicht bei schweren vegetativen
Entzugserscheinungen, Entzugskrämpfe,
Delirien sowie bei „Spiegeltrinkern“ mit einer
täglichen Alkoholeinnahme von mehr als 150
g/Tag, polytoxikomanen Patienten, Patienten
mit psychiatrischer oder somatischer
Komorbidität (insbesondere kardiovaskulär)
sowie sozialer Instabilität
Das Berliner Modell
Entgiftung
Das Berliner Modell Einschlusskriterien
• Patienten mit Alkoholabhängigkeit / missbrauch
• Therapiemotivation
• Fähigkeit zum selbständigen Absetzen
• Fähigkeit zur aktiven Mitarbeit und/ oder
Bezugsperson im häuslichen Umfeld
• Bereitschaft zu Abstinenz und Einhaltung
des Therapieplans
Das Berliner Modell
• Behandlungsmodule:
Motivationsgespräch
Basisdiagnostik
Erw. Diagnostik
Qualifizierter Entzug
Stationäre Aufnahme
Katamnese
Das Berliner Modell
• Stationär-ambulante Zusammenarbeit
z.B. Psychologischer
Psychotherapeut
z.B. Arztpraxis
Motivationsgespräch
Basisdiagnostik
Motivationsgespräch
Motivationsgespräch
Basisdiagnostik
Erw. Diagnostik
Qualifizierter Entzug
Stationäre Aufnahme
Katamnese
Katamnese
Katamnese
Das Berliner Modell:
Patientensicht
Team
Oberarzt
2 Ärzte, 2 Psychologen, 1 Pflegekraft
im Rahmen der Charité
Sozialarbeiter, Ärzte und Psychologen der anderen Spezialsprechstunden
Das Berliner Modell:
Patientensicht
Motivationsgespräch
Ort: Arztpraxis / Psychologischer Psychotherapeut /
Beratungsstelle / Charité
Inhalt:
- Beziehungsaufnahme
- Alkohol- und Drogenanamnese
- Abschätzung des Trinkverhaltens (Kontrollverlust,
Toleranzentwicklung, Dosissteigerung, Entzugssymptomatik)
- Abschätzung alkoholbezogener Schäden (somatisch, psychisch,
sozial)
- Förderung der Bereitschaft zur Auseinandersetzung
Phasen der
Veränderungsbereitschaft
nach Prochaska
& DiClemente,
1986
Verhaltensänderung
Aufrechterhaltung
Nachdenken über
Veränderungen
Rückfall
Motivation bei
Abhängigkeit
Das Berliner Modell:
Patientensicht
Basisdiagnostik
Ort: Arztpraxis / Charité
Inhalt:
- Psychiatrische Komorbidität nach AMDP
- EKG
- Na+, K2+, Cl-, Ca2+. Mg2+, Creatinin
- Gamma-GT, ALAT, ASAT, MCV
- Hämoglobin, Hämatokrit, Leukozyten, Erythrozyten,
Mittleres Erythrozytenvolumen (MCV)
Motivationsgespräch
Das Berliner Modell:
Patientensicht
Qualifizierte individualisierte ambulante
Entzugsbehandlung
Ort: Charité
Inhalt:
- ambulante Behandlung mit Problemanalyse,
Beratung, Diagnostik und Therapieeinleitung incl.
aller ambulanten oder teilstationären medizinischen
Maßnahmen und Medikation im Rahmen der
Alkoholentzugsbehandlung exklusive stationäre
Therapie
Basisdiagnostik
Motivationsgespräch
Das Berliner Modell:
Patientensicht
Qualifizierte individualisierte ambulante
Entzugsbehandlung
Ort: Charité
Inhalt:
- Dauer Mo bis Fr
- täglicher Arztbesuch: Erfassung von Vitalwerten, Craving,
„seelisches“ Befinden
- Psychologenbesuch: Psychoedukation Sucht, Planung
weiterer Therapieschritte, Motivation zur
Abstinenzerhaltung
Basisdiagnostik
Motivationsgespräch
Das Berliner Modell:
Patientensicht
Weiterbetreuung und Katamnese
Ort: Arztpraxis / Psychologischer Psychotherapeut /
Beratungsstelle / Charité
Inhalt:
- Erfassung von Craving
- Dokumentation evtl. Rückfälle (Dauer der Abstinenz,
auslösende Situation, Trinkmenge)
- Sozialkatamnese
- Anzahl von Krankschreibungen
-Dokumentation von Nutzung des Suchthilfesystems und
Besuch von Selbsthilfegruppen
Entzugsbehandlung
-ggf. Kontrolle Laborparamenter
Basisdiagnostik
Motivationsgespräch
Praxiserfahrungen
• Sehr hohe Akzeptanz bei Patienten
• Ambulante Netzwerke sind
entscheidend
• Einzelfall ist besser als graue Theorie
Stationäre Entgiftung
Stationäre Entgiftung
•
•
•
•
„qualifizierte Entzugsbehandlung“ in suchtmedizinischen
Abteilungen von Psychiatrischen Kliniken
differenzierten Diagnostik und Behandlung der
Entzugssymptome
therapeutische Maßnahmen zu Motivationsbildung bezüglich
Abstinenz und Veränderung im Verhalten und in der
Lebensführung
ohne Motivationsarbeit hat der rein körperliche Entzug hohe
Rückfallraten
Stationäre Entgiftung
• Medikamente
• Clomethiazol (Distraneurin, alle 2–4 h 2 Kapseln,
maximal 24 Kapseln/Tag)
• Benzodiazepine (z. B. Diazepam 10–20 mg alle 2 h)
• Delirium tremens
• Halluzinationen, Desorientiertheit, Störungen des
Bewusstseins und der kognitiven Fähigkeiten,
psychomotorische Hyperaktivität
• lebensbedrohliche Situation
Entgiftung
Entwöhnung
Rehabilitation/Entwöhnung
• stationär vs. ambulant
• in Deutschland von Rentenkasse
finanziert
• Sozialbericht muss erstellt werden
• 3-6 Monate stationär
• über 12 Monate ambulant
Entwöhnung
• Stationäre Reha
• Suchtfachkliniken
• z.B. Salus Klinik Lindow, Fontane Klinik
Motzen
Entwöhnung
• Ambulante Entwöhnungsbehandlung
• psychosoziale Beratungsstellen
(Suchtberatungsstellen), niedergelassene Psychiater
und Psychotherapeuten mit entsprechender
Erfahrung in der Suchtbehandlung
• Indikationskriterien
• eine gute soziale Integration (Familie, Arbeit) sowie
die Fähigkeit eine alkoholabstinente Phase zu
erreichen und zu halten
• Therapiefrequenz von 1–2 h pro Woche
• Behandlungsdauer von ca. 1 Jahr.
• Gruppentherapie / Einzelbehandlungen
Entwöhnung
Verhaltenstherapeutische Interventionen zur Aufrechterhaltung
der Abstinenz
Rückfallprophylaxe und –management
verschiedene bewährte Strategien miteinander
kombiniert mit dem Ziel, den Betroffenen für
rückfallkritische Situationen zu sensibilisieren und ihm
Bewältigungsstrategien zum Umgang mit diesen
Situationen zu vermitteln
Abstinenzverletzungseffekt
Entwöhnung
• Verfahren zum Aufbau von Selbstkontrolle,
Selbstmanagement
• Patienten ein höheres Ausmaß an Selbstkontrolle
über seinen Alkoholkonsum zu vermitteln
• beispielsweise eine Selbstdokumentation des
Alkoholkonsums in Form eines Tagebuchs
• Abschluss von Verhaltensverträgen
• Einübung von Verhaltensweisen, die inkompatibel mit
dem Alkoholkonsum sind
• Selbstbelohnung beim Erreichen von Zielen.
Entwöhnung
• Soziales Kompetenztraining
• Einübung funktionalen, erfolgreichen Verhaltens in
zwischenmenschlichen Interaktionen
• Reduktion oder Vermeidung unangenehmer Gefühle,
die durch zwischenmenschliche Kontakte ausgelöst
und durch Substanzkonsum gedämpft werden
• Verstärkungsmöglichkeiten, beispielsweise durch den
Aufbau oder die Erweiterung sozialer Kontakte
Entwöhnung
• Paar- und Familientherapie
• dysfunktionale Interaktionsmuster aufgedecken
• Möglichkeiten einer alternativen
Beziehungsgestaltung erarbeiten
• nur möglich, wenn Angehörige bereit sind, aktiv im
Therapieprozess mitzuarbeiten.
Entwöhnung
• Stressbewältigungstraining
• kognitiven Therapieelementen zur Veränderung
eigener Erwartungen und Attributionen
• „Situationskontrolle“ geht es z. B. um die
Veränderung stressauslösender Bedingungen, das
Erlernen von Zeitmanagement- und/oder
Problemlösestrategien
• „Reaktionskontrolle“ beinhalten demgegenüber
zum Beispiel die Vermittlung eines
Entspannungsverfahrens und den Aufbau
angenehmer Aktivitäten
Entwöhnung
• Reizexpositionsverfahren
• bei alkoholabhängigen Patienten in entsprechenden
Auslösesituationen bestehenden Konditionierungsbzw. Sensitivierungsprozesse zu modulieren, damit
sie nicht zu einem Rückfall führen
• Patient soll lernen, kritische Situationen für einen
Rückfall zu identifizieren, die zu erhöhtem Verlangen
nach Alkohol führen (alkoholspezifische Reize), und
Bewältigungsstrategien zum Umgang mit
Alkoholverlangen in diesen rückfallkritischen
Situationen einüben
Entwöhnung
• Pharmakologische Interventionen zur
Aufrechterhaltung der Abstinenz
• Glutamatmodulator Acamprosat (Campral®) und
Opioidantagonist Naltrexon (Nemexin®) am
erfolgversprechendsten
• alkoholaversiv wirksame Disulfiram (Antabus®)
besteht eine Nischenindikation
Entwöhnung
Nachsorge
Nachsorge
•
•
•
•
•
bis zu zwei Jahre
meist ambulant
Psychotherapie
Suchtberatungsstellen
Selbsthilfegruppen
Selbsthilfegruppen
• Besuch von SelbsthilfegruppenÆ
langfristiger Behandlungserfolg
• z.B. Anonyme Alkoholiker
• Erfahrungsaustausch mit Betroffenen
• Entlastung
• Erinnerung
Kontrolliertes Trinken
• Kontrolliertes Trinken liegt vor, wenn
eine Person ihr Trinkverhalten an einem
zuvor festgelegten Trinkplan bzw.
Trinkregeln ausrichtet
• Trinktagebuch
• Einzel-, Gruppenprogramm
• auch für illegale Drogen
Kontrolliertes Trinken
• sehr starke Pro/Contra Diskussion
• bestimmte Patientengruppen
• als Einstieg zum Ausstieg
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
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