24. Ausgabe 25. Januar 2012 Tübinger Sternchen Lieber Sternfreund, eine aufregende Meldung aus der Astronomie! Nach den bisherigen Entdeckungen glauben die Wissenschaftler, dass es in unserer Milchstraße mindestens so viele Planeten wie Sterne gibt - also ca. 100 Milliarden Planeten. Wenn wir überlegen, dass es in dem für uns überschaubaren Kosmos mindestens 100 Milliarden Galaxien wie unsere Milchstraße gibt, ist es sehr vermessen anzunehmen, nur auf der Erde hat sich Leben entwickelt. Gerade in den letzten Monaten wurden, vor allem mit dem Weltraumteleskop „Keppler“, viele neue Planeten um ferne Sterne entdeckt. Der aktuelle Stand: 725 nachgewiesenen Exoplaneten (Planeten außerhalb unseres Sonnensystems), 1.235 noch zu bestätigende Kandidaten, davon 2 bestätigte und 23 noch zu bestätigende Planeten welche in einer bewohnbaren Umlaufbahn um ihren Stern kreisen (Stand 12.1.2012). Es wird noch etwas warten müssen, bis wir Näheres über die Zusammensetzung dieser Planeten erfahren. Diese Welten sind viele Lichtjahre entfernt von uns. Daher ist es natürlich nicht möglich Raumschiffe dorthin zu schicken, um herauszufinden ob sie Gas- oder Gesteinsplaneten sind und eine Atmosphäre oder gar flüssiges Wasser auf der Oberfläche vorhanden ist. Unmöglich ist es jedoch nicht Informationen über diese Gestirne zu bekommen. Von vielen kennen wir bereits die Größe, Masse und die Umlaufszeit um ihren Heimatstern. Zieht der Planet aus unserer Sicht vor dem Stern vorüber, wird es in naher Zukunft auch möglich sein, eine eventuell vorhandene Atmosphäre festzustellen und zu untersuchen. Erste Erfolge gibt es bereits und die Entwicklung geht rasant weiter. Bei den ganzen Erfolgsmeldungen dürfen wir natürlich nicht die Planeten in unserem eigenen Sonnensystem vergessen. Diese sind für Sonden erreichbar, wenn auch oft nach mehreren Jahren Reisezeit und immer gibt es am Zielort Überraschungen. Ja, da wäre es schon eine Überraschung, wenn es keine Überraschungen gibt. Das „Tübinger Sternchen“ Nummer 24, beschäftigt sich mit dem Planeten Merkur. Gerade wird dieser von der amerikanischen Sonde „MESSENGER“ unter die Lupe genommen. Die Bilder sind, wie meisten bei der NASA, fast tagaktuell im Internet zu bewundern. Viel Spaß beim lesen wünscht Dir Dein Ludwig Inhalt Seite 3 Der Mond im Februar 2012. 3 Planeten im Februar 2012. 4 Kleiner Schlingel Merkur. 6 Hinweise. Der Mond im Februar 2012. 07.02.2012 11.02.2012 14.02.2012 21.02.2012 27.02.2012 Vollmond Mond in Erdnähe abnehmender Halbmond Neumond Mond in Erdferne Planeten im Februar 2012. Merkur steht zu Monatsbeginn zu nahe der Sonne um ihn beobachten zu können. Zum Monatsende könnte er mit viel Glück bei klarem Horizont, kurz nach Sonnenuntergang am Westhimmel zu finden sein. Venus stand schon zu Jahresbeginn nach Sonnenuntergang auffällig hell am Westhorizont. Sie wird noch heller und verspätet ihren Untergang zum Monatsende bis kurz vor 21Uhr. Am 25. Februar gesellt sich der Mond zu dem strahlenden Abendstern. Mit Venus, Mond, Jupiter und Mars sind nach unserer Sonne die hellsten Gestirne am Abendhimmel vereint. Mars hat Ende Februar fast seine Opposition erreicht. Das bedeutet für uns, dass er genau gegenüber der Sonne steht und somit optimal zu beobachten ist. Auch er strahlt nun kräftig. Auch wenn seine Helligkeit nicht an Venus und Jupiter heranreicht, ist er doch nicht zu übersehen. Jupiter ist abends hoch über dem Südhorizont. Der Riesenplanet ist wegen seiner Helligkeit nicht zu übersehen. Zum Monatsbeginn geht er um 0:45Uhr unter, zum Monatsende schon deutlich vor Mitternacht. Saturn - der Herr der Ringe, erscheint dafür immer früher, doch reicht es noch nicht zum Beobachten vor dem Schlafengehen. Uranus befindet sich im Sternbild Fische und kann noch in der ersten Februarhälfte im Westen beobachtet werden. Mitte des Monats verabschiedet er sich jedoch langsam vom Abendhimmel. Kleiner Schlingel Merkur Merkur ist nach Pluto der kleinste Planet in unserem Sonnensystem… Ich hoffe du hast den Fehler bemerkt. Pluto wurde im Jahr 2006 zum Zwergplaneten degradiert, er zählt nicht mehr zur Planetenfamilie. Somit ist Merkur der kleinste Planet unserer Sonne. Seinen Namen hat er von der römischen Gottheit „Mercurius“, welcher mit dem griechischen Gott „Hermes“ identisch ist. Merkur war schon als Baby ein richtiger Schlingel. Am Tag seiner Geburt stahl er seinem Bruder, dem Gott „Apollo“, eine Rinderherde und legte sich danach wieder in die Wiege in der Hoffnung, dass ihn niemand wegen dieses üblen Streiches verdächtigte. Die Rechnung ging nicht auf und so stand er in seinen Windeln bei Vater „Jupiter“ vor Gericht. Bei dieser günstigen Gelegenheit stahl er gleich noch den Bogen und Köcher von „Apollo“ – die Entwicklung des kleinen Merkur schien total aus dem Ruder zu laufen. Der Gerechtigkeit zuliebe, sollte er die Herde wieder zurückbringen. Dabei zeigte er seine List und Überredungskunst, welche ihn zum Gott der Händler und Diebe machte. Er sang für seinen Bruder auf der von ihm erfundenen und selbst gebauten Leier ein Lied und bot sie ihm zum Tausch für seine Rinder. Apollo war damit einverstanden und die beiden wurden die besten Freunde. Trotz aller bösen Streiche, wurde Merkur für die Römer doch noch ein anständiger und sehr geachteter Gott. Seit dem Mittelalter wird ihm sogar ein guter Einfluss auf die Kinder nachgesagt. Auf einem Bild aus dem 17. Jahrhundert, von dem Künstler „Harmen Müller“, steht auf Latein: „Merkur macht seine Kinder klug, weise, eifrig, wohltätig und begabt für die Mathematik. Fähig Gelübde zu halten, großzügig in der Ehe mit anmutigen Körpern, blass, ehrlich und bemerkenswert mäßig beim Trinken“. Man könnte glauben ich werde dort beschrieben! Noch heute sprechen wir unbewusst jede Woche von Merkur. Der Name Mittwoch ist von dem Namen „Mercurius“ abgeleitet. Doch zurück zu dem Planeten Merkur. Mit einem Durchmesser von nur 4.880km ist er sogar kleiner als der Jupitermond „Ganymed“ (5.262km) und der Saturnmond „Titan“ (5.150km). Allerdings sind die beiden Monde gegenüber dem Planetenzwerg Leichtgewichte. Dieser hat nach der Erde die höchste Dichte. Was heißt das nun wieder? Könnten wir auf der Erde einen Würfel mit einer Kantenlänge von 10mm, bestehend aus einem Gemisch des Oberflächen- und Kernmaterials von Merkur auf die Waage legen, wäre dieser Würfel mit 5,42 Gramm schwerer als gleich große Würfel der anderen Planeten und Monde. Mit einer Ausnahme! Unsere Erde hat noch eine etwas höhere Dichte (5,517g/cm³). Vermutlich besitzt Merkur einen Eisenkern mit einem Durchmesser von 3.600km, was die hohe Dichte erklären würde. Wegen des geringen Abstandes zur Sonne, ist es auf der Tagseite unangenehm heiß, die Temperatur steigt dort auf 430°C. Dies ist in unserem Sonnensystem noch kein Rekord, auf der Venus herrschen Temperaturen von über 460°C. Auf der Nachtseite sinkt die Temperatur jedoch auf -180°C. Solchen extremen Schwankungen ist kein anderer Planet ausgesetzt. Auch der Unterschied zwischen der sonnennächsten (45Mio. km) und der sonnenfernsten Position (69,8Mio. km) während eines Umlaufes, ist bei dem kleinen Schwergewicht von allen Planeten am größten. Bist du hart genug auf solch einem ungastlichen Fleck zu wohnen, wirst du alle 87,9 Erdentage mit einem Geburtstag belohnt, denn solange dauert ein Merkurjahr (ich bringe dir aber keine Geschenke vorbei). Da die Merkurachse fast senkrecht zu seiner Umlaufbahn steht, gibt es auch keine Jahreszeiten – doch wer braucht die schon bei solchen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht? Ach ja, hätte ich fast vergessen. Eine Rotation um seine Achse beträgt nicht wie auf der Erde 24 Stunden (ein Tag), sondern 1406,4 Stunden (=58,6 Erdentage). Vor starken Stürmen musst du dich nicht fürchten, es ist so gut wie keine Atmosphäre vorhanden. Die Oberfläche sieht dem Erdenmond zum Verwechseln ähnlich. Übersät mit kleinen Kratern, bis hin zu großen mit Durchmessern bis zu 1.350km (ein Viertel des Planetendurchmessers!). Auch Vulkanismus gab es, doch fehlen die großen „Mare“, wie auf unserem Mond. Wälle bis zu 2km hoch und 500km lang durchziehen die trostlose Landschaft. Gebildet wurden diese vermutlich, als Merkur nach seiner Entstehung bei der Abkühlung schrumpfte. Die Gravitation beträgt etwa ein Drittel der Erdanziehungskraft. Der sonnennächste Planet ist schwer zu beobachten. Nur selten zeigt er sich nach Sonnenuntergang oder vor Sonnenaufgang so hoch über dem Horizont, dass er mit bloßem Auge sichtbar wird. Ist er doch einmal im Teleskop zu betrachten, sind eigentlich nur die Phasen wie beim Mond interessant. Details seiner Oberfläche sind nicht zu erkennen. Selbst Kopernikus (1473 bis 1543), welcher die Sonne nach Jahrhundert langem Irrglauben, wieder in das Zentrum des Sonnensystems setzte, beklagte angeblich kurz vor seinem Tod, dass er nie Merkur gesehen hätte. Der bekannte Astronom „Johann Hieronymus Schröter“ (1745 bis 1816) beobachtete mit dem zu seiner Zeit größten Teleskop Europas (Spiegeldurchmesser 50,8cm), dass sich einzelne Gegenden des Merkurs plötzlich aufhellen und nach einiger Zeit wieder abdunkeln. Feste Flecken konnte er nicht entdecken. Daraus schloss er auf eine Wolkenschicht. Wie wir heute wissen, ein Irrtum*. In einem Nachschlagwerk aus dem Jahre 1881 steht: „Merkur, ein Planet, ist bis jetzt als derjenige erkannt worden, dessen Bahn der Sonne am nächsten liegt. Man vermutet, daß noch ein Planet näher an der Sonne als der Merkur ist, und hat auch diesen Planet schon mit dem Namen „Vulkan“ versehen. Die Nachforschungen in dieser Beziehung sind gegenwärtig noch in Gange“.** Zurück in die Gegenwart. „Vulkan“ wurde bis heute nicht gefunden. In den Jahren 1882 bis 1889 beobachtete der Mailländer Astronom Schiaparelli den geheimnisvollen Planeten. Er stellte ebenfalls Änderungen auf der Oberfläche fest, aber keine kurzzeitige wie Schröter, sondern langfristige. Daraus schloss er, dass ein Merkurtag gleich lang wie ein Merkurjahr sei, also immer die gleiche Seite zur Sonne zeigt. Seine Zeichnungen des Merkurs erinnern verblüffend an seine berühmt gewordenen Zeichnungen der Kanäle auf dem Mars*. Die Marskanäle konnten von seinen Zeitgenossen nicht bestätigt werden. Hatte Herr Schiaparelli etwa einen Sehfehler oder war sein Teleskop fehlerhaft? Er selbst beschrieb die Muster auf der Merkuroberfläche als sehr schwer erkennbar. Und bei diesen Planeten erhielt er Unterstützung des Amerikaners „Lowell“ und einigen anderen Astronomen, welche ebenfalls die Strukturen auf Merkur zu sehen glaubten*. Mit Hilfe der Spektroskopie, wurde schließlich bewiesen, Merkur hat keine nennenswerte Atmosphäre. Das von der Planetenoberfläche reflektierte Sonnenlicht zeigte keine zusätzlichen Linien im Spektrum, welche bei einer Durchquerung einer Atmosphäre sonst vorhanden sein müsste. Lange verbarg sich der kleinste Planet vor den immer neugierigen Astronomen, bis er endlich 1974 Besuch von der amerikanischen Sonde „Mariner 10“ bekam. Diese flog dreimal an ihm vorbei. Doch Merkur wollte nicht alles verraten und machte seinem Namensgeber alle Ehren. Er zeigte schelmisch immer dieselbe Seite in die Kamera. So konnten nur 45 Prozent seiner Oberfläche abgelichtet werden. Erst 30 Jahre später am 3. August 2004, startete die amerikanische Planetensonde „MESSENGER“. Am 18. März 2011 schwenkte sie in eine Umlaufbahn um Merkur ein und untersucht ihn seitdem mit bisher unerreichter Genauigkeit. Endlich ist nun fast die gesamte Oberfläche kartographiert. *Aus „Die Wunder des Himmels“ von Littrow, Erscheinungsjahr 1911 ** Aus „Illustriertes Lexikon der Astronomie“ von Adolph Drechsler, 1881 Homepage der Astronomischen Vereinigung Tübingen: www.sternwarte-tuebingen.de Hilfe für Einsteiger und Fortgeschrittene www.astronomie.de VDS (Vereinigung der Sternfreunde e.V.) www.vds-astro.de NASA „MESSENGER“ www.nasa.gov/mission_pages/messenger/main/index.html Die nächste Treffen der AVT Jugendgruppe jeweils von 17:30Uhr bis 19Uhr sind am: 08.02.2012 Mittwoch 22.02.2012 Mittwoch 07.03.2012 Mittwoch 21.03.2012 Mittwoch 18.04.2012 Mittwoch 02.05.2012 Mittwoch 16.05.2012 Mittwoch Bleibe neugierig, Dein Jugendgruppenteam Ludwig und Katharina