Technische Regeln für Straßenbahnen Signal- und Zugsicherungsanlagen (TRStrab SIG) 1 Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 17. Februar 2015 1 Notifiziert gemäß der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21.07.1998, S. 37), zuletzt geändert durch Artikel 26 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 (ABl. L 316 vom 14.11.2012, S. 12). 2 Vorwort Die Technischen Regeln Straßenbahn (TRStrab) gelten als allgemein anerkannte Regel der Technik für den Bau und Betrieb von Straßenbahnen und konkretisieren die Grundanforderungen der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung (BOStrab). Sie werden vom Bund-Länderfachausschuss BOStrab (BLFA BOStrab) ermittelt und vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Verkehrsblatt bekannt gemacht. Von den Technischen Regeln kann abgewichen werden, wenn mindestens die gleiche Sicherheit gewährleistet ist. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 3 Inhaltsverzeichnis VORWORT 2 INHALTSVERZEICHNIS 3 PRÄAMBEL 5 1. EINFÜHRUNG 9 1.1 Begriffsbestimmungen 9 1.2 Kennzeichnung und Verbindlichkeit von Anforderungen 9 1.3 Verbindlichkeiten von tabellarischen Anforderungen 9 2. GELTUNGSBEREICH UND RAHMENBEDINGUNGEN 11 2.1 Geltungsbereich 11 2.2 Einhaltung gesetzlicher Grundlagen und Regeln der Technik 11 2.4 Definition von Anlagen und Einrichtungen nach BOStrab 12 3. GRUNDSÄTZE ZUR DURCHFÜHRUNG DES FAHRBETRIEBS 14 3.1 Betriebsweisen des Fahrbetriebs 14 3.2 Basisfunktionen der Sicherung von Zugbewegungen 15 3.3 Automatisierungsgrade des Fahrbetriebs 17 3.4 Basisdefinitionen für das Sichern von Zugbewegungen 21 3.4.1 Bremsungen 21 3.4.2 Zugsicherungstechnische Definitionen 23 4. VORZUGSARCHITEKTUREN 30 4.1 Zielsetzung 30 4.2 Abgrenzung 31 5. SICHERN DER FAHRWEGE 32 5.1 Grundlagen der Fahrwegsicherung 32 5.2 Allgemeine Fahrstraßenfunktionen 34 5.3 Fahrweg zwischen Startpunkt und Zielpunkt 37 5.4 Durchrutschweg 38 5.5 Flankenschutz 41 5.6 Bahnübergangssicherungsanlagen 43 5.7 Umstellschutz 47 5.8 Ortung für Fahrwegsicherung und Umstellschutz 47 6 SICHERN DER ABSTANDSHALTUNG 49 6.1 Grundlagen 49 Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 4 6.2 Gegenfahrtausschluss 50 6.3 Ortung für Abstandhaltung 51 7 SICHERN DER GESCHWINDIGKEIT 53 7.1 Grundbegriffe 53 7.2 Erteilen der Fahrerlaubnis 53 7.3 Integration von Zuständen in die Fahrerlaubnis 56 7.4 Ortsfeste Signale 57 7.5 Überwachung von Bahnübergängen 58 7.6 Überwachung der Fahrweise des Zuges 59 8 DETAILARCHITEKTUREN 61 8.1 Überblick 61 8.2 Generik und Anwendungsspezifik 61 8.2.1 Spezifische Anwendung 61 8.2.2 Generische Anwendung 62 8.2.3 Generisches Produkt 63 8.3 Trennung nach Sicherheitsrelevanz 63 8.4 Rückwirkungsfreiheit an Netzen 64 8.5 Wiederanlaufverhalten 64 9 BEDIENUNG UND ANZEIGE 66 9.1 Überblick 66 9.2 Gesamtsystem, Leitstelleneinrichtungen 66 9.3 Anzeige 67 9.4 Bedienung 69 9.5 Regel- und Hilfsbedienungen 70 9.6 Protokollierung und Aufzeichnung 75 10 ANHÄNGE 77 10.1 Abkürzungen 77 10.2 Begriffsbestimmungen 79 Literaturverzeichnis 83 Gesetze und Rechtsverordnungen 83 Richtlinien bzw. Technische Regeln 83 Normen 83 Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 5 Präambel Die Technischen Regeln Straßenbahnen (TRStrab) gelten als allgemein anerkannte Regeln der Technik für den Bau und Betrieb der Straßenbahnen und konkretisieren die Grundanforderungen der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab). Sie werden vom zuständigen Bund-Länder-Fachausschuss BOStrab ermittelt, im Verkehrsblatt des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) bekannt gemacht und auf der Homepage des BMVBS veröffentlicht. Die vorliegenden Technischen Regeln für Signal- und Zugsicherungsanlagen (TRStrab SIG) konkretisieren insbesondere die grundlegenden Anforderungen der §§ 20, 21 und 22 BOStrab. Von diesen Technischen Regeln kann gemäß § 2 Abs. 2 BOStrab abgewichen werden, wenn mindestens die gleiche Sicherheit gewährleistet ist. Die Technischen Regeln Signal- und Zugsicherungsanlagen gemäß BOStrab (TRStrab SIG) beschreiben, wie die Anforderungen der europäischen Normen DIN EN 62290 und DIN EN 62267 auf der Grundlage der BOStrab umgesetzt werden können. Durch Anwendung vorliegender TRStrab soll die Planungs- und Rechtssicherheit bei Bahnunternehmen, Herstellern und Technischen Aufsichtsbehörden verbessert und die gegenseitige Anerkennung von Zulassungsergebnissen zwischen den Technischen Aufsichtsbehörden erleichtert werden. Der Gegenstand der vorliegenden Technischen Regeln ist auf der Grundlage von • Art. 2 Abs. 2 Buchstabe a) der Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft sowie • Art. 1 Abs. 3 Buchstabe a. der Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft (Neufassung - ABl. L 191 vom 18. Juli 2008, S. 1) Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 6 in der Bundesrepublik Deutschland nach § 1 Abs. 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I S. 2439) zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 122 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044)§ 65 des Personenbeförderungsgesetzes vom 21. März 1961 (BGBl. I S. 241), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 147 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) von der Anwendung der auf diesen Richtlinien beruhenden Spezifikationen ausgenommen. Ungeachtet des Umstandes, dass die TRStrab SIG vom zuständigen BundLänder-Fachausschuss BOStrab als allgemein anerkannte Regel der Technik gemäß § 2 Abs. 1 BOStrab angesehen wird, sind folgende Hinweise auf bestehende Rechtsvorschriften des Bundes zur Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union zu beachten: • Technische Spezifikationen für Erzeugnisse in diesen Technischen Regeln dürfen nur angewendet werden, soweit sie nicht von anwendbaren Rechtsvorschriften des Bundes zur Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union abweichen. Dies gilt insbesondere für - das Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt (Produktsicherheitsgesetz - ProdSG) vom 8. November 2011 (BGBl. I S. 2179), - das Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (EMVG) vom 26. Februar 2008 (BGBl. I S. 220), zuletzt geändert durch Artikel 4 Absatz 119 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154), - das Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), zuletzt geändert durch Artikel 22 des Gesetzes vom 25. Juli 2014 (BGBl. I S. 1266) und die auf der Grundlage dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen. • Dasselbe gilt für technische Spezifikationen für Erzeugnisse in diesen Technischen Regeln im Hinblick auf Rechtsvorschriften der Europäischen Union, die unmittelbar anwendbar sind, es sei denn, dass eine Abweichung im Einklang mit Art. 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Abl. C-115 vom 9. Mai 2008, Seite 49) durch die Bundesrepublik Deutschland beibehalten oder erlassen wird. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 7 • Die Erfordernisse dieser technischen Regeln dürfen von staatlichen Stellen nicht dem Inverkehrbringen von Erzeugnissen in der Bundesrepublik Deutschland entgegengehalten werden, sofern diese in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Türkei oder einem EFTA-Staat, der Vertragspartei des EWR-Abkommens ist, rechtmäßig hergestellt und/oder in Verkehr gebracht werden. Wenn der Behörde nach § 54 Abs. 1 Satz 3 des Personenbeförderungs-gesetzes (PBefG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl. I S. 1690), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 147 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154)durch Art. 4 Abs. 21 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2258) ein Nachweis darüber vorliegt, dass ein bestimmtes Erzeugnis, das in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Türkei oder in einem EFTA-Staat, der Vertragspartei des EWR-Abkommens ist, rechtmäßig hergestellt und/oder in Verkehr gebracht wird, kein Schutzniveau bietet, das dem in dieser Vorschrift Vorgeschriebenen entspricht, können sie das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses verbieten oder es vom Markt nehmen lassen, nachdem sie: - dem Hersteller oder Vertreiber schriftlich mitgeteilt haben, aufgrund welcher Teile der nationalen technischen Vorschriften das betreffende Erzeugnis nicht in Verkehr gebracht werden darf und - anhand aller relevanten wissenschaftlichen Fakten dargelegt haben, aus welchen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses diese Teile der technischen Vorschrift auf das Erzeugnis angewandt werden müssen und warum weniger einschränkende Maßnahmen nicht akzeptabel sind und - den Wirtschaftsteilnehmer aufgefordert haben, etwaige Anmerkungen binnen einer Frist (von mindestens vier Wochen oder 20 Arbeitstagen) mitzuteilen, bevor eine individuelle Maßnahme zur Beschränkung der Vermarktung des Erzeugnisses gegen ihn getroffen wird und - diese Anmerkungen bei der Begründung ihrer endgültigen Entscheidung gebührend berücksichtigt haben.- Anschließend muss die Behörde nach § 54 Abs. 1 Satz 3 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl. I S. 1690), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 21 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2258) die Einzelmaßnahme zur Einschränkung der Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 8 Vermarktung des Erzeugnisses dem betroffenen Wirtschaftsteilnehmer unter Angabe der verfügbaren Rechtsbehelfe mitteilen. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 9 1. Einführung 1.1 Begriffsbestimmungen Die einschlägigen Normen und die Vorschriften (BOStrab) benutzen unterschiedliche Begriffe für denselben Gegenstand. Um eine eindeutige Zuordnung zu gewährleisten, sind die in den Technischen Regeln verwendeten Begriffe im Anhang 2 definiert. In den nachfolgenden Kapiteln dieses Dokuments sind Begriffsdefinitionen durch Standard-Schrift und das vorgestellte Kürzel „DEF“ gekennzeichnet. 1.2 Kennzeichnung und Verbindlichkeit von Anforderungen In den nachfolgenden Kapiteln und in den Anhängen dieses Dokuments sind Anforderungen durch Standard-Schrift und das vorgestellte Kürzel „ANF“, Anforderungen, die durch andere Teilsysteme oder Organisationen erfüllt werden (müssen), durch Standard-Schrift und das vorgestellte Kürzel "EXT ANF", Erläuterungen, Beispiele und Richtwerte durch Kursiv-Schrift gekennzeichnet. Der Verbindlichkeitsgrad der Anforderungen wurde in Anlehnung an DIN 820, Teil 2, E festgelegt und in der Formulierung der Anforderungen jeweils berücksichtigt. 1.3 Verbindlichkeiten von tabellarischen Anforderungen Wenn Anforderungen tabellarisch angegeben sind, werden in den Tabellenfeldern folgende Verbindlichkeitssymbole verwendet: „M“: Dieses Symbol („mandatory“) bedeutet, dass die Architektur, Technik oder Maßnahme für diesen Anwendungsfall zwingend anzuwenden ist. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 10 „HR“: Dieses Symbol („highly recommended“) bedeutet, dass die Architektur, Technik oder Maßnahme für diesen Anwendungsfall dringend empfohlen ist. Falls diese Architektur, Technik oder Maßnahme nicht verwendet wird, muss eine Begründung für die Nichtanwendung dokumentiert und mit dem Gutachter (ggf. TAB) abgestimmt werden. „R“: Dieses Symbol („recommended“) bedeutet, dass die Architektur, Technik oder Maßnahme für diesen Anwendungsfall empfohlen ist. "NRQ": Dieses Symbol („not required“) bedeutet, dass die Architektur, Technik oder Maßnahme für diesen Anwendungsfall nicht zwingend erforderlich ist, aber auch nichts gegen ihre Verwendung spricht. „NR“: Dieses Symbol („not recommended“) bedeutet, dass die Architektur, Technik oder Maßnahme für diesen Anwendungsfall ausdrücklich nicht empfohlen ist. Falls diese Architektur, Technik oder Maßnahme verwendet wird, muss eine Begründung für die Anwendung dokumentiert und mit dem Gutachter (ggf. TAB) abgestimmt werden. „NA“: Dieses Symbol („not applicable / not allowed“) bedeutet, dass die Architektur, Technik oder Maßnahme für diesen Anwendungsfall aufgrund übergeordneter Anforderungen oder Randbedingungen nicht anwendbar ist bzw. sogar verboten ist. Die Abstufung und die Bedeutung der Verbindlichkeitssymbole entsprechen den Normen EN 50129 (Anhang E), EN 50128 (Anhang A) und IEC 61508-2, -3, -6 (engl. Ausgabe). Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 11 2. Geltungsbereich und Rahmenbedingungen 2.1 Geltungsbereich Die Technischen Regeln gelten für die nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) gemäß BOStrab betriebenen Straßenbahnen. Sie sind anzuwenden auf Signalanlagen (§ 21 BOStrab), Zugsicherungsanlagen (§ 22 BOStrab) und Bahnübergänge (§ 20 BOStrab). 2.2 Einhaltung gesetzlicher Grundlagen und Regeln der Technik Die Rechtsvorschriften für Straßenbahnen stellen Anforderungen an die Sicherheit; zunächst in allgemeiner Form, wie in § 2 BOStrab sowie speziell in § 22 BOStrab (signaltechnische Sicherheit für Zugsicherungsanlagen) formuliert. Nach § 4 Abs. 2 PBefG gelten auch Hoch- und Untergrundbahnen, Schwebebahnen und ähnliche Bahnen besonderer Bauart als Straßenbahnen. Die Rechtsvorschriften für Straßenbahnen bestimmen definierte Sicherheitsstandards (z. B. § 20 BOStrab, Sicherung von Bahnübergängen in Abhängigkeit von Nutzergruppen und Nutzungshäufigkeit), grundlegende Funktionsanforderungen an Betriebsanlagen und Fahrzeuge (z. B. § 22 Abs. 2 BOStrab, Fahrwegsicherung), Qualitätsanforderungen an die Ausführung von Betriebsanlagen und Fahrzeugen (z. B. § 22 Abs. 4 BOStrab, Zuverlässigkeit und signaltechnische Sicherheit), Verfahren für den Bau und die Abnahme von Betriebsanlagen (§ 60, § 62 BOStrab) durch die zuständige Technische Aufsichtsbehörde, Verantwortlichkeiten für die Einhaltung der Anforderungen an Sicherheit und Ordnung in Gestalt des Unternehmers und des von ihm zu bestellenden Betriebsleiters (§ 7, § 8 BOStrab). Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 12 Die BOStrab verlangt, dass Betriebsanlagen und Fahrzeuge den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen müssen. Dies gilt als erfüllt, wenn sie nach den Vorschriften der BOStrab, nach den von der Technischen Aufsichtsbehörde und der Genehmigungsbehörde getroffenen Anordnungen, sowie nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik gebaut sind und betrieben werden (§ 2 BOStrab). Ein Abweichen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik ist zulässig, wenn mindestens die gleiche Sicherheit gewährleistet ist. Sowohl zur Konkretisierung der nationalen Rechtsnormen als auch zur Harmonisierung zwischen den Rechtsnormen und den Europäischen Normen für Bahnanwendungen und zur Festlegung der Anwendung weiterer Regeln der Technik werden in der TR SIG unter Zugrundelegung des derzeit in der Bundesrepublik Deutschland allgemein anerkannten hohen Schutzniveaus Festlegungen getroffen. 2.4 Definition von Anlagen und Einrichtungen nach BOStrab Die BOStrab stellt Anforderungen an Betriebsanlagen, Einrichtungen und Fahrzeuge. Diese bilden die Grundlage für die nach DIN EN 50126 erforderliche dokumentierte Festlegung des zu betrachtenden „Systems“ am Beginn des Lebenszyklus. Die folgenden generischen Klassifikationen sollen dem Bahnunternehmen für den Geltungsbereich dieser TR Hilfestellung bei der vorzunehmenden Systemdefinition nach DIN EN 50126 geben. Dies erfolgt insbesondere im Hinblick auf die Durchführung der Risikoanalyse. Beispiele für mögliche Systemebenen zeigt die folgende Tabelle: Gesamtsystem Teilsystem Einrichtung Signalanlage Fahrsignalanlage für Fahrsignal für Fahrsignalanlage Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 13 eingleisige Strecke Rechner für die Fahrsignalanlage etc. Fahrsignalanlage zur Fahrwegsteuerung Fahrsignale und Weichen für Fahrsignalanlage Rechner für die Fahrsignalanlage Einzelweichensteuerung Weichenlagesignal für Einzelweichensteuerung etc... Zugsicherungsanlag Fahrwegsicherung e (Stellwerk) Bahnübergang Weiche der Fahrwegsicherung etc. Zugbeeinflussung Fahrsperre der Zugbeeinflussung etc. Bedienplatz Bedienplatzrechner etc. BahnübergangsRechner für die Sicherungsanlage (BÜSA) BahnübergangsSicherungsanlage, Lichtzeichen, Halbschranke, Ausschaltschleifen, etc. Tabelle 1: Beispiele für Systemebenen Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 14 3. Grundsätze zur Durchführung des Fahrbetriebs 3.1 Betriebsweisen des Fahrbetriebs BOStrab § 49 enthält Grundsatzforderungen an die Durchführung des Fahrbetriebes und führt die beiden Betriebsweisen „Fahren auf Sicht“ und „Fahren auf Zugsicherung“ samt ihren Anwendungsvoraussetzungen ein. Die folgenden Tabellen geben einen Überblick über die Voraussetzungen und die technischen Konsequenzen für die beiden Betriebsweisen. Vorgaben nach BOStrab Fahren auf Sicht erlaubt bei Fahren auf Zugsicherung geboten bei baulicher Art (§ 49 Abs. 2 und 3) ---- unabhängigen Bahnen straßenabhängigen Bahnen straßenabhängigen Bahnen mit Streckenhöchstgeschwin- mit Streckenhöchstgedigkeit ≤ 70 km/h schwindigkeit > 70 km/h straßenabhängigen Bahnen in kurzen Tunneln (Betriebsbremsweg einsehbar) betrieblicher Art (§ 49 Abs. 3) straßenabhängigen Bahnen in Tunneln Rangierbewegungen Betriebsstörungen unter Beachtung von Dienstanweisungen Tabelle 2: Vorgaben der BOStrab für Betriebsweisen des Fahrbetriebes Anforderungen der BOStrab bei Fahren auf Sicht bei Fahren auf Zugsicherung Abstandhaltung (§ 49 Abs. 1) vom Fahrzeugführer bewirkt durch Zugsicherungsanlagen nach § 22 gewährleistet weitere signaltechnische Abhängigkeiten (z. B. Gegenfahrausschluss bei eingleisigen Strecken, § 49 Abs. 5) durch durch ZugsicherungsanlaFahrsignalanlagen nach gen nach § 22 § 21 Abs. 3 gewährleistet Signale (§ 21 Abs. 2-3) Fahrsignale nach Anlage 4 Nr. 3 Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 Hauptsignale und Vorankündigungssignale nach Anlage 4 Nr. 1 und 2 15 Anforderungen der BOStrab bei Fahren auf Sicht bei Fahren auf Zugsicherung Weichensignale (§ 51 Abs. 11) Weichensignale nach Anlage 4 Nr.10 ---- Zugbeeinflussung (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3) ---- durch Zugsicherungsanlagen nach § 22 gewährleistet fahrzeugseitige ---Zugbeeinflussungseinrichtungen (§ 22 Abs. 5 und § 38 Abs. 3) sind erforderlich bei Personenfahrzeugen, die auf Zugsicherungsstrecken betrieben werden Tabelle 3: Anforderungen der BOStrab aufgrund von Betriebsweisen des Fahrbetriebes 3.2 Basisfunktionen der Sicherung von Zugbewegungen Die Grundsatzforderungen an die Zugsicherungsanlagen nach § 22 BOStrab gelten unabhängig davon, ob sie durch Fahrbedienstete oder durch selbsttätig wirkende Einrichtungen oder durch eine Kombination beider Möglichkeiten erfüllt werden (amtliche Begründung zu § 22 BOStrab). Aus § 22 lassen sich daher die Basisfunktionen zum Sichern der Zugbewegungen ableiten: Sichern der Fahrwege Sichern der Abstandhaltung von Zügen Sichern der Geschwindigkeit Darüber hinaus gelten die aus § 22 BOStrab abgeleiteten Basisfunktionen teilweise auch in Bereichen, in denen die Grundsätze für das Fahren auf Sicht angewandt werden, und damit für Fahrsignalanlagen und Weichensteuerungen. Nachstehend werden die Anforderungen an Zugsicherungsanlagen aus § 22 Abs. 1-2 BOStrab auf die drei Basisfunktionen abgebildet, auch um die Abgrenzungen zwischen den Basisfunktionen deutlich zu machen. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 16 Anforderungen der BOStrab bei Fahren auf Sicht bei Fahren auf Zugsicherung Zum „Sichern der Fahrwege“ gehört: - nach § 21 Absatz 3 - nach § 22 Abs. 1 Satz 2 im betriebsbedingt Nr. 1, die Fahrwege einzunotwendigen Umfang stellen und zu sichern, Fahrwege einzustellen und zu sichern - nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, dass mindestens den Bremswegabstand von sicherungstechnisch erfassbaren Hindernissen (hier: Gleisenden sowie Fahrwege, die nicht gegen Flanken- oder Gegenfahrten gesichert sind) frei ist und freigehalten wird - bei v > 15 km/h die - nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Weichen formschlüssig Nr. 2, die zugehörigen Weifestzulegen chen formschlüssig festzulegen Tabelle 4: Anforderungen der BOStrab zum Sichern der Fahrwege Anforderungen der BOStrab bei Fahren auf Sicht bei Fahren auf Zugsicherung Zum „Sichern der Abstandhaltung von Zügen“ gehört: - nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BOStrab, dass mindestens der Bremswegabstand von sicherungstechnisch erfassbaren Hindernissen (hier: fahrenden und stehenden Zügen) frei ist und freigehalten wird Tabelle 5: Anforderungen der BOStrab zum Sichern der Abstandshaltung Die sicherungstechnisch erfassbaren fahrenden oder stehenden Züge können auf folgende prinzipielle Arten in den zu sichernden Fahrweg gelangen bzw. gelangt sein: durch Vorausfahrt, durch Gegenfahrt, durch Flankenfahrt (über gemeinsame Weichen oder Kreuzungen). Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 17 Anforderungen der BOStrab bei Fahren auf Sicht bei Fahren auf Zugsicherung Zum „Sichern der Geschwindigkeit“ gehört: - nach § 21 Abs. 3, § 50 und § 51, den Zügen Aufträge über die Fahrweise zu übermitteln - nach § 22 Abs. 1 Nr. 2, den Zügen Aufträge über die Fahrweise zu übermitteln ---- - nach § 22 Abs. 2 Nr. 3, die zulässigen Geschwindigkeiten bei den Aufträgen über die Fahrweise zu berücksichtigen ---- - nach § 22 Abs. 1 Nr. 3, die Fahrweise der Züge technisch zu überwachen und bei gefährdenden Abweichungen zu beeinflussen Tabelle 6: Anforderungen der BOStrab zum Sichern der Geschwindigkeit Die Basisfunktion „Sichern der Geschwindigkeit“ umfasst also die Signalwahl, die ortsfeste Signalisierung bzw. die Übermittlung der Fahrerlaubnis mit einem sicheren Fahrprofil, die Überwachung der Geschwindigkeit und die Zugbeeinflussung. 3.3 Automatisierungsgrade des Fahrbetriebs Die Betriebsweise „Fahren auf Zugsicherung“ kann weiter nach dem Grad der Automatisierung differenziert werden. Die Automatisierungsgrade werden hier in Anlehnung an DIN EN 62290-1 definiert. Jeder dieser Automatisierungsgrade erfordert die technische Realisierung zusätzlicher Steuerungs- und Sicherungsfunktionen in dem Maß, wie Betriebsbedienstete durch technische Einrichtungen ersetzt werden bzw. bestimmte Schutzfunktionen nicht mehr wahrnehmen können. DEF Sichtfahrbetrieb (GOA0, train operation on-sight): In diesem Automatisierungsgrad hat der Fahrer die volle Verantwortung, und kein System ist Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 18 erforderlich, um seine Tätigkeiten zu überwachen. Jedoch können Weichen und eingleisige Strecken teilweise durch das System überwacht werden. Soweit die Definitionen aus DIN EN 62290-1 implizite Anforderungen enthalten, ist zu beachten, dass BOStrab und TR SIG weitergehende Anforderungen stellen können. Beispielsweise sind Fahrsignalanlagen für eingleisige Strecken durch § 21 Abs. 3 Nr. 2 BOStrab zwingend vorgeschrieben. DEF Nichtautomatischer Fahrbetrieb (GOA1, non-automated train operation): In diesem Automatisierungsgrad befindet sich der Fahrer, der den Fahrweg beobachtet und den Zug im Fall von gefährdenden Situationen anhält, im vorderen Fahrerstand des Zuges. Beschleunigen und Bremsen werden vom Fahrer in Übereinstimmung mit streckenseitigen Signalen oder Führerstandssignalen durchgeführt. Das System überwacht die Tätigkeiten des Fahrers. Diese Überwachung kann punktförmig, halbkontinuierlich oder kontinuierlich unter Beachtung von Signalen und der Geschwindigkeit erfolgen. Die sichere Abfahrt des Zuges aus der Haltestelle einschließlich des Schließens der Türen liegt in der Verantwortung der Betriebsbediensteten. DEF Halbautomatischer Fahrbetrieb (GOA2, semi-automated train operation): In diesem Automatisierungsgrad befindet sich der Fahrer, der den Fahrweg beobachtet und den Zug im Fall von gefährdenden Situationen anhält, im vorderen Fahrerstand des Zuges. Beschleunigen und Bremsen werden automatisiert, und die Geschwindigkeit wird kontinuierlich durch das System überwacht. Die sichere Abfahrt des Zuges aus der Haltestelle liegt in der Verantwortung der Betriebsbediensteten (Öffnen und Schließen der Türen kann automatisch erfolgen). DEF Fahrerloser Fahrbetrieb (GOA3, driverless train operation): In diesem Automatisierungsgrad sind im Vergleich zu Grad 2 zusätzliche Maßnahmen erforderlich, da sich kein Fahrer, der den Fahrweg beobachtet und den Zug im Fall von gefährdenden Situationen anhält, im vorderen Fahrerstand des Zuges befindet. In diesem Automatisierungsgrad ist ein Betriebsbediensteter im Zug erforderlich. Die sichere Abfahrt des Zuges aus der Haltestelle einschließlich des Schließens der Türen kann in der Verantwortung der Betriebsbediensteten liegen oder automatisch erfolgen. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 19 DEF Unbegleiteter Fahrbetrieb (GOA4, unattended train operation): In diesem Automatisierungsgrad sind im Vergleich zu Grad 3 zusätzliche Maßnahmen erforderlich, da sich kein Betriebsbediensteter im Zug befindet. Die sichere Abfahrt des Zuges aus der Haltestelle einschließlich des Schließens der Türen muss automatisch erfolgen. Insbesondere unterstützt das System das Erkennen und Beherrschen von gefährlichen Zuständen und Notfallsituationen, wie die Evakuierung von Fahrgästen. Einige gefährliche Bedingungen oder Notsituationen wie Entgleisung, die Erkennung von Rauch und Feuer können Personaleinsatz erfordern. ANF Die Verantwortung für die Ausführung der Basisfunktionen des Fahrbetriebs muss in Abhängigkeit vom Automatisierungsgrad gemäß der folgenden Tabelle zwischen Betriebspersonal und technischem System aufgeteilt werden. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 20 Basisfunktionen des Fahrbetriebs Sichern der Fahrwege Sichern der Zugbewegungen Fahren Überwachen des Fahrweges (i. S. von Gleisbereich) Überwachen des Fahrgastwechsels Betreiben eines Zuges Sicherstellen des Erkennens und der Behandlung von Notfallsituationen Sichern der Abstandhaltung von Zügen Sichern der Geschwindigkeit Steuern und Überwachen von Beschleunigen und Bremsen Verhindern eines Zusammenstoßes mit sicherungstechnisch erfassbaren Hindernissen (§ 22 Abs.2 Satz 2 BOStrab) Verhindern eines Zusammenstoßes mit sonstigen Hindernissen Verhindern eines Zusammenstoßes mit Personen im Gleis Automatisierungsgrad GOA0 x8 (System) GOA1 System GOA2 Syste m GOA3 Syste m GOA4 System x8 (System) System Syste m Syste m System x (System) x (System) Syste m Syste m System x x Syste m Syste m System x System Syste m Syste m System x x x Syste m System x x x Syste m System Steuern und Überwachen der Fahrgastraumtüren x x x x System Verhindern der Verletzung von Personen zwischen Wagen oder zwischen Bahnsteig und Zug x x x x System Sichern der Anfahrbedingungen x x x x System Einsetzen / Aussetzen x x x x System x x x x System x System und / oder Personal in OCC Überwachung des Zugstatus Zugdiagnose; Erkennen von Feuer / Rauch, Entgleisung, Verlust der Zugintegrität; Behandeln von Notfallsituationen (Ruf, Evakuierung, Überwachung) x x x Anmerkungen, Abkürzungen GOA0 = Sichtfahrbetrieb (Fahren auf Sicht) GOA1 = Nichtautomatischer Fahrbetrieb GOA2 = Halbautomatischer Fahrbetrieb GOA3 = Fahrerloser Fahrbetrieb GOA4 = Unbegleiteter Fahrbetrieb x = Verantwortlichkeit von Betriebsbediensteten (kann durch das technische System realisiert werden) System = muss durch das technische System realisiert werden (System) = Unterstützung durch das technische System bei Funktionen nach Kapitel 3.2 möglich x8 Der Gegenfahrausschluss auf eingleisiger Strecke muss nach § 21 Abs. 3 Satz 2 durch das technische System realisiert werden OCC = Betriebsleitstelle = Operation Control Center Tabelle 7: Basisfunktionen des Fahrbetriebes (in Anlehnung an DIN EN 62290-1) Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 21 Die Automatisierung des Fahrens (Bremsen und Beschleunigen) stellt nach dem Stand der Technik eine Steuerungsfunktion der Zugsicherungsanlage dar, die in Übereinstimmung mit § 22 BOStrab in Abhängigkeit vom Sichern des Fahrbetriebes wirksam wird. Die weiterhin in der Tabelle dargestellten und für die Automatisierungsgrade GOA3 und GOA4 durch technische Systeme zu realisierenden Basisfunktionen sind nicht Bestandteil von Zugsicherungsanlagen nach § 22 BOStrab, können jedoch funktional auf diese einwirken. Grundsätzliche Anforderungen an diese Einrichtungen werden in den „Technischen Regeln für den Fahrbetrieb ohne Fahrzeugführer (RL FoF)“ aufgestellt und ggf. in nachfolgenden VDV-Schriften konkretisiert. 3.4 Basisdefinitionen für das Sichern von Zugbewegungen 3.4.1 Bremsungen Die im Folgenden genannten Bremsungsarten konkretisieren die nach BOStrab und TR Bremsen definierten Bremsungen für Anwendungen im Geltungsbereich dieser Technischen Regeln und stellen grundlegende Anforderungen an die fahrzeugseitige Bremsausrüstung zur Gewährleistung der Gesamtsicherheit der Betriebsabwicklung. Die Definition der Betriebsbremsung erfolgt in der TR Bremsen. EXT ANF Die Betriebsbremsverzögerung ist abhängig von der gewünschten Fahrdynamik festzulegen. Die Betriebsbremsverzögerung geht z. B. in das Sicherungsprofil (s. u.), Zugfolgeberechnungen und Sichtstreckenberechnungen ein. Die Definition der Feststellbremsung erfolgt in der TR Bremsen. Eine Charakteristik der Feststellbremsung ist die zeitlich unbegrenzte Festhaltung. EXT ANF Nach Betriebsbremsung bis zum Stillstand soll das Bremssystem Züge während des Fahrgastwechsels in Haltestellen bzw. bei Halt außerhalb von Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 22 Haltestellen selbsttätig (ohne Mitwirkung des Fahrers oder der fahrzeugseitigen Zugsicherungsanlage) an der Bewegung hindern (Feststellbremsung). Die Definition der Gefahrbremsung erfolgt in der TR Bremsen. EXT Auch bei Einsatz von Fahrzeugen straßenabhängiger Bahnen in Zugsicherungsbereichen soll die Gefahrbremsung nur durch den Fahrzeugführer ausgelöst werden können. (siehe Gefahrbremsung in der TR Bremsen) Die Definition der Zugsicherungsbremsung erfolgt in der TR Bremsen. Aufgrund des in der Sicherungstechnik hierfür eingeführten Begriffes Zwangsbremsung wird dieser Begriff im Folgenden synonym verwendet. ANF An die Ausführung der Zwangsbremsung werden sicherheitsgerichtete Anforderungen gestellt. Insbesondere muss die Auslösung der Zwangsbremsung durch die Zugsicherungsanlage signaltechnisch sicher sein (§ 22 Abs 3 BOStrab). EXT ANF Gefährdungen von Fahrgästen durch hohe Verzögerungswerte und Rucke sind auf ein nicht mehr als unvermeidbares Maß zu begrenzen. EXT ANF Die Zwangsbremsung darf bei Wegfall der gefährdenden Abweichung gelöst werden und muss nicht zwangsläufig bis zum Stillstand ausgeführt werden. ANF Eine Zwangsbremsung bis zum Stillstand ist durch Aufrechterhalten der Bremsanforderung durch die auslösende Zugsicherungsanlage zu realisieren. DEF Der Zwangsbremsweg Zwangsbremsung unter ist der Weg, der Berücksichtigung bei der Auslösung der maßgeblichen Zwangsbremsverzögerung einschließlich Ansprech-, Tot- und Schwellzeit des Bremssystems durch den Zug bis zum Stillstand zurückgelegt wird. Die im Rahmen einer spezifischen Anwendung vereinbarten Zwangsbremswege bilden die Grundlage für die nach § 22 Abs.2 Nr.1 BOStrab geforderte sicherheitsrelevante Freihaltung von Bremswegabständen. Bei der Definition des Zwangsbremswegs wurde gegenüber VDV-Schrift 340 der während der Ansprech-, Tot- und Schwellzeit zurückgelegte Weg berücksichtigt, um konform mit Anlage 2 BOStrab zu sein. EXT ANF Bei der Definition der erforderlichen Verzögerungswerte einschließlich der Ansprech-, Tot- und Schwellzeiten müssen die Anforderungen der Zugsicherungstechnik berücksichtigt werden. Die Planung der Gleisanlagen Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 23 (§ 15 - § 17 BOStrab), der Signal- und Zugsicherungsanlagen (§ 21 - § 22 BOStrab) und der Fahrzeuge (§ 33 - § 48 BOStrab) ist hinsichtlich der erforderlichen Zwangsbremswege frühzeitig aufeinander abzustimmen. EXT ANF Die Einhaltung der maßgeblichen Zwangsbremswege gilt als sichergestellt, wenn sie nach TR Bremsen nachgewiesen und geprüft werden. Dabei ist sicherzustellen, dass sich die Prüfung unabhängig von ggf. zusätzlich wirkenden Bremssystemen ausschließlich auf das nach § 36 Abs.1 BOStrab als unabhängig deklarierte Bremssystem bezieht, das die Grundlage für die Grenzwerte bei Ausfall einer Bremse nach Anlage 2, Tabelle 1 BOStrab repräsentiert. 3.4.2 Zugsicherungstechnische Definitionen DEF Der Gefahrenpunkt ist der Ort, vor dem die Zugspitze zum Stillstand kommen muss, um eine Betriebsgefährdung zu vermeiden. Der Gefahrenpunkt liegt in Fahrtrichtung vor „sicherungstechnisch erfassbaren Hindernissen“ nach § 22 Abs. 2 BOStrab; als solche gelten fahrende oder stehende Züge, Gleisenden sowie Fahrwege, die nicht gegen Flanken- oder Gegenfahrten gesichert sind. G Bild 1: Gefahrenpunkt Gleisenden (mögl. Zugschluss / Zugspitze) G Bild 2: Gefahrenpunkt Grenzzeichen einer ungesicherten Weiche Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 24 G Bild 3: Gefahrenpunkt Spitze einer ungesicherten Weiche G WÜ WÜ = Wagenkastenüberhang (zu berücksichtigen) Bild 4: Gefahrenpunkt vor Gleisabschnittsgrenze DEF Die Schutzstrecke ist die Strecke hinter dem Zielpunkt der Zugbewegung, die aufgrund der Eigenschaften des Zugbeeinflussungssystems einschließlich Ortungs-toleranzen Gefahrenpunkt und sicherungstechnischen vorgehalten werden Reaktionszeiten muss. Je nach bis zum Art des wenn die Zugbeeinflussungssystems besteht die Schutzstrecke entweder aus dem gesamten Zwangsbremsweg, Zwangsbremsung erst am Zielpunkt ausgelöst wird, oder aus einem Fehlbremsweg, wenn die Zwangsbremsung aufgrund der Überwachung der Zugbewegung bereits vor dem Zielpunkt ausgelöst werden kann. Jede Schutzstrecke Berechnungsvorschriften hat aus Zugbeeinflussungssystems, eine der des Länge, die Betriebsweise, maßgeblichen sich den nach geprüften Eigenschaften Zwangsbrems- des bzw. Fehlbremsweges, der maßgeblichen Streckenneigung und sicher-heitsbezogenen Annahmen errechnet. Im internationalen Regelwerk wird die Schutzstrecke mit „safety margin“ bezeichnet. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 25 V 2 3 1 4 G 5 1 2 3 4 5 s Betriebsbremskurve Fahrt gegen Haltsignal (angenommener Fahrfehler) Haltüberfahrt (Auslösung Zwangsbremsung) Zwangsbremskurve Schutzstrecke Bild 5: Schutzstrecke bei punktförmiger Beeinflussung am Hauptsignal (Fahrsperrenfunktion) v 3 4 1 2 G 5 s 6 7 1 2 3 4 5 6 7 Betriebsbremskurve Überwachungskurve des Sicherungsprofils Auslösung Zwangsbremsung (angenommener Fahrfehler) Zwangsbremskurve Zwangsbremsweg Fehlbremsweg Schutzstrecke Bild 6: Schutzstrecke bei (quasi-)kontinuierlicher Beeinflussung ANF Bei der Berechnung von Schutzstrecken müssen die Neigungsverhältnisse der Strecke und die geometrischen und fahrdynamischen Fahrzeugdaten der regelmäßig eingesetzten Fahrzeugflotte berücksichtigt werden. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 26 ANF Bei der Berechnung von Schutzstrecken müssen systembedingte Ortungsfehler und Toleranzen berücksichtigt werden, wenn sie nicht begründet ausgeschlossen werden können. Bei der Addition gleichgerichteter Größtwerte voneinander unabhängiger Einflussfaktoren darf die Häufigkeitsverteilung bzw. ein Gleichzeitigkeitsfaktor berücksichtigt werden. Analog zur amtlichen Begründung zu § 18 Abs. 3 und 4 BOStrab. DEF Die Fahrerlaubnis stellt den Auftrag über die Fahrweise eines Zuges dar (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BOStrab). Sie gilt innerhalb festgelegter Grenzen und enthält die grundsätzliche Zustimmung zur Fahrbewegung eines Zuges, soweit erforderlich, Angaben zu den erlaubten Geschwindigkeiten, und ggf. einschränkende Bedingungen, die aufgrund besonderer Betriebsweisen oder Betriebssituationen erforderlich sind, wie z. B. bei Fahrt in Abstellanlagen, Fahrt in teilweise besetzte Gleise, Kuppelfahrt, Ersatzsignalfahrt, Nothalt, Fahrt über gestörten BÜ. In internationalen Regelwerken wird die Fahrerlaubnis mit „movement authority“ bezeichnet. Die eingeschränkte Fahrerlaubnis (z. B. Fahrt auf Ersatzsignal bzw. Vorsichtssignal) wird mit "degraded movement authority" bezeichnet. Im internationalen Regelwerk wird der Begriff „movement authority limit“ teils für die Fahrerlaubnisgrenze nach obenstehender Definition, teils für den Gefahrenpunkt benutzt. DEF Das Sicherungsprofil (train protection profile) ist das nach zugsicherungstechnischen Grundsätzen zu bildende und zu überwachende GeschwindigkeitsGrenzprofil im Rahmen einer Fahrerlaubnis. Das Sicherungsprofil berücksichtigt: das statische Geschwindigkeitsprofil, welches die zulässige Höchstgeschwindigkeit hinsichtlich Spurführung, Bauwerkslasten, Lateral- und Vertikalbeschleunigung sowie Druckbelastungen bestimmt, das dynamische Geschwindigkeitsprofil, welches die zulässige Höchstgeschwindigkeit hinsichtlich temporärer Geschwindigkeitsbeschränkungen durch zeitweise Langsamfahrstellen und des Zustandes von Fahrwegelementen (z. B. Weichenlagen) sowie der Fahrerlaubnisgrenze bestimmt, Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 27 die zulässige Fahrzeuggrenzgeschwindigkeit aus der Bemessung der Fahrzeuge, das sichere Bremsprofil, sowohl vor dem Zielpunkt der Fahrerlaubnis als auch vor jeder erforderlichen Geschwindigkeitsreduzierung unter Berücksichtigung der Länge der vorgehaltenen Schutzstrecke. Dem Inhalt nach kann das Sicherungsprofil als Weg-Geschwindigkeits-Diagramm dargestellt werden. Mit Sicherungsprofil ist in der Regel ein zugsicherungstechnisches Konstrukt gemeint. Das Sicherungsprofil kann jedoch auch bei niedrigeren Automatisierungsgraden (GOA 0 und 1) implizit aus Dienstanweisungen, der Streckenkenntnis des Fahrzeugführers oder ortsfesten Signalen ableitbar sein. Im Sicherungsprofil nicht berücksichtigt sind die Ortungstoleranzen und sicherungs-technischen Reaktionszeiten des Zugbeeinflussungssystems. Diese werden bei der Festlegung der erforderlichen Schutzstrecken und des erforderlichen Sicherheits-abstandes beim Zufahren auf den Beginn einer Geschwindigkeitsreduzierung berücksichtigt. Im Sicherungsprofil werden nicht berücksichtigt (siehe Fahrprofil): Richtgeschwindigkeiten zur Erhöhung des Fahrkomforts, betriebliche (nicht sicherungstechnische) Haltepunkte, energiesparende Fahrweise, Lärmschutz. DEF Das Fahrprofil (operating (speed) profile) ist das zum Steuern der Fahrbewegung zu bildende Geschwindigkeitsprofil in den Grenzen des Sicherungsprofils. Das Fahrprofil berücksichtigt: Richtgeschwindigkeiten zur Erhöhung des Fahrkomforts, betriebliche (nicht sicherungstechnische) Haltepunkte, energiesparende Fahrweise, Lärmschutz. Dem Inhalt nach kann das Fahrprofil als Weg-Geschwindigkeits-Diagramm dargestellt werden. Je nach Automatisierungsgrad kann das Sicherungsprofil implizit aus der Dienstanweisung Fahrdienst, der Fahrplanlage und der Streckenkenntnis des Fahrzeugführers ableitbar sein, oder explizit z. B. in Form Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 28 von technischen Vorgaben der Steuerungskomponente der Zugsicherungsanlage an die Fahrzeugsteuerung dargestellt sein. Sicherungsprofil, Zielpunkt, Fahrprofil v 1 2 3 ZP 1 Geschwindigkeitsprofil (stat./dynam.) 2 Sicherungsprofil 3 Fahrprofil Bild 7: Beispiel, Sicherungs- und Fahrprofil bei Signalhalt v 1 2 3 ZP 1 Geschwindigkeitsprofil (stat./dynam.) 2 Sicherungsprofil 3 Fahrprofil s s s Bild 8: Beispiel, Sicherungs- und Fahrprofil bei Signal in Fahrtstellung DEF Zugortung (train detection) ist die sichere Bestimmung des Standortes von Schienenfahrzeugen durch streckenseitige Zugortungssysteme (Fremdortung) oder die fahrzeugseitigen Einrichtungen des Zugsicherungssystems (Eigenortung) mit Unterstützung durch streckenseitige Einrichtungen Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 29 in einem definierten Abschnitt der Gleisanlage oder als absolute Position im Gleisnetz in Bezug zur Streckentopographie. Je nach Systemerfordernis kann die Zugortung weitere Informationen wie z. B. Fahrtrichtung, Fahrgeschwindigkeit, Beschleunigung und Länge des georteten Zuges bereitstellen. Beispiele für Fremdortung sind Gleisfreimeldesysteme wie Gleisstromkreise und Achszählkreise oder Schienenkontakte, Lichtschranken und ähnliche Einrichtungen die zur Erfassung der An- und Abwesenheit von Zügen dienen. Systeme zur Eigenortung Wegerfassung, z. benutzen B. fahrzeugseitige Kombinationen von Komponenten zur Wegimpulsgebern, Beschleunigungsmessern oder Radarsensoren, und werden zur Synchronisation oder Initialisierung durch streckenseitige Elemente wie gekreuzte Linienleiterschleifen, Übertragungsschleifen, Ortungspunkte in Form von Balisen ergänzt. EXT ANF Bei Einsatz von streckenseitigen Zugortungssystemen ist sicherzustellen, dass die eingesetzten Fahrzeuge die an sie gerichteten Anforderungen für die Detektierbarkeit erfüllen (z. B. ausreichender Achsnebenschluss, Detektierbarkeit von Radreifen unter Vermeidung von Störeinflüssen durch anderweitige Fahrzeugkomponenten (Magnetschienenbremse, EMV-Beeinflussung). EXT ANF die Bei Einsatz von fahrzeugseitiger Zugortung ist sicherzustellen, dass eingesetzten Fahrzeuge die an sie gerichteten Anforderungen für ordnungsgemäße Wegerfassung erfüllen (z. B. Abstimmung des Radreifendurchmessers, Abstimmung des Gleit- und Schleuderverhaltens). Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 30 4. Vorzugsarchitekturen 4.1 Zielsetzung Die Realisierung der Basisfunktionen in den einzelnen Automatisierungsgraden lässt sich im Extrem auf zwei Weisen angehen. Einerseits kann für jedes Anwendungsprojekt eine maßgeschneiderte Lösung konzipiert werden, wobei ohne Rücksicht auf bewährte Vorbilder die technische Architektur, die Schnittstellen und das betriebliche Regelwerk neu definiert werden. Andererseits kann ein allumfassendes System konzipiert werden, welches alle erforderlichen Varianten bereits enthält. Es liegt auf der Hand, dass diese Ansätze auch zu extremer Uneinheitlichkeit bzw. Unwirtschaftlichkeit führen. Ein weiteres Risiko ist, dass die über-individualisierte bzw. die über-generalisierte Lösung Konzepte und Funktionen enthalten, die in dieser Form und Umgebung noch nicht ausreichend betriebsbewährt sind, also eventuell gefährliche Mängel aufweisen. In den folgenden Kapiteln zum „Sichern der Zugbewegungen“ werden für die Basisfunktionen Sichern der Fahrwege, Sichern der Abstandhaltung von Zügen und Sichern der Geschwindigkeit Vorzugsarchitekturen definiert, deren Eignung im BOStrab-Bereich nachgewiesen ist. Bei den Vorzugsarchitekturen ist gewährleistet, dass die sicherheitsbezogenen Annahmen, die Schnittstellen zu den anderen Betriebsanlagen und Fahrzeugkomponenten, die Mensch-Maschine-Schnittstellen, das betriebliche Regelwerk, die Qualitätssicherung im Betrieb und die Schulung und das Training des Personals praxisgerecht gestaltet werden können. Mit den Vorzugsarchitekturen werden die Einheitlichkeit der Signal- und Zugsicherungsanlagen verwendbarkeit ihrer Komponenten gefördert. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 und die Wieder- 31 4.2 Abgrenzung Die Teilsysteme für die Basisfunktionen beim fahrerlosen und unbegleiteten Fahrbetrieb (GOA3 und GOA4): Verhindern eines Zusammenstoßes mit nicht sicherungstechnisch erfassbaren Hindernissen, Verhindern eines Zusammenstoßes mit Personen im Gleis, Steuern und Überwachen der Fahrgastraumtüren, Verhindern der Verletzung von Personen zwischen Wagen oder Bahnsteig und Zug, Sichern der Anfahrbedingungen, Einsetzen / Aussetzen eines Zuges, Überwachung des Zugstatus, Sicherstellen des Erkennens und der Bewältigung von Notfallsituationen, werden in den „Technische Regeln für Straßenbahnen - Fahrbetrieb ohne Fahrzeugführer (TRStrab FoF)“ konkretisiert. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 32 5. Sichern der Fahrwege 5.1 Grundlagen der Fahrwegsicherung Zum „Sichern der Fahrwege“ gehört: nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 BOStrab, die Fahrwege einzustellen und zu sichern, nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BOStrab, dass mindestens der Bremswegabstand von sicherungstechnisch erfassbaren Hindernissen (hier: Gleisenden sowie Fahrwege, die nicht gegen Flanken- oder Gegenfahrten gesichert sind) frei ist und freigehalten wird, nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BOStrab, die zugehörigen Weichen formschlüssig festzulegen. DEF Mit Fahrweg ist in § 22 BOStrab und in zugsicherungstechnischen Regelwerken die Abfolge der Gleisabschnitte, Weichen, Kreuzungen, Signale und anderer stellbarer oder nicht stellbarer Elemente gemeint, die bei der Fahrt von einem gegebenen Startpunkt zu einem gegebenen Zielpunkt direkt befahren werden bzw. beteiligt sind. Zu den stellbaren Elementen gehören beispielsweise Weichen, Kreuzungen mit stellbaren Herzstücken, Gleissperren, Schlüsselsperren, Gleistore, Wehrkammertore, Bahnübergänge. Nicht stellbare Elemente sind z. B. Gleisabschnitte und Kreuzungen ohne stellbare Herzstücke. DEF Ein gesicherter Fahrweg liegt vor, wenn der zwischen Start und Ziel einer Fahrt gelegene Fahrweg durch eine Fahrsignalanlage oder durch eine Zugsicherungsanlage gesichert ist. Ein „gesicherter Fahrweg“ besteht aus: dem Startpunkt (in der Regel ein Fahrsignal oder ein Hauptsignal), den Elementen des Fahrwegs zwischen Startpunkt und Zielpunkt und dem Zielpunkt (z. B. ein Signal oder ein Stumpfgleis). Das Vorliegen eines gesicherten Fahrweges erlaubt das Erteilen einer Fahrerlaubnis nach den Grundsätzen für das Fahren auf Sicht durch ein Fahrsignal oder Ersatzsignal. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 33 Bei Einzelweichen gilt ein Fahrweg als gesichert, wenn die Weiche durch Verschluss und Besetzmeldung gegen Umstellen gesichert ist. DEF Eine Fahrstraße ist ein durch Zugsicherungsanlagen nach § 22 BOStrab gesicherter Fahrweg. Eine Fahrstraße besteht aus: dem Startpunkt (in der Regel ein Hauptsignal), den Elementen des Fahrwegs zwischen Startpunkt und Zielpunkt, den Elementen des Flankenschutzes seitlich des Fahrweges, dem Zielpunkt (z. B. ein Signal, ein Stumpfgleis oder das Ende der Strecke mit Zugsicherung), und optional einem D-Weg (Durchrutschweg) hinter dem Zielpunkt. Das Vorliegen einer Fahrstraße erlaubt das Erteilen einer Fahrerlaubnis nach den Grundsätzen für das Fahren auf Zugsicherung durch ein Hauptsignal. Zur vorstehenden Definition der Bestandteile einer Fahrstraße gehören mit Absicht keine Merkmale, die sich auf die Art der Abstandhaltung oder der Geschwindigkeitssignalisierung beziehen (z. B. Kuppelfahrstraßen in besetzte Zielgleise). Solche Merkmale sind den Kapiteln „Sichern der Abstandhaltung“ bzw. „Sichern der Geschwindigkeit“ zugeordnet. DEF Ein D-Weg (abgeleitet von "Durchrutschweg") ist ein stellwerkstechnischer Bestandteil einer Fahrstraße. Der D-Weg besteht aus: den Elementen des D-Wegs zwischen Fahrstraßenzielpunkt und D-WegZielpunkt und optional den Elementen des Flankenschutzes seitlich des D-Wegs. ANF Die Länge des D-Wegs ab dem Fahrstraßenzielpunkt muss mindestens so groß sein wie die Schutzstrecke hinter dem Fahrstraßenzielpunkt, die rechnerisch für den Zug erforderlich ist, welcher die Fahrstraße mit einem bestimmten Geschwindigkeitsprofil benutzen soll. In einfachen Fällen kann die Schutzstrecke dadurch vorgehalten werden, dass die Freimeldung des Zielgleises bis zum Gefahrpunkt erfolgt und im Fahrweg überwacht wird. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 34 2 G 1 1 Freimeldeabschnitt des Zielgleises 2 Schutzstrecke ohne eigenen Freimeldeabschnitt Bild 9: Schutzstrecke ohne eigenen Freimeldeabschnitt Zwei Fahrstraßen sind verschieden, wenn sie sich in mindestens einem Bestandteil unterscheiden. Fahrstraßen mit demselben Fahrweg zwischen Start und Ziel, aber unterschiedlichen D-Wegen, sind verschieden. Fahrstraßen mit demselben D-Weg, aber unterschiedlicher Fahrwegwahl zwischen Start und Ziel, sind verschieden. DEF Fahrstraßenauflösung ist die Aufhebung der internen Verschlüsse und Beanspruchungen, die zur Bildung und Sicherung einer Fahrstraße oder eines gesicherten Fahrweges gesetzt wurden. 5.2 Allgemeine Fahrstraßenfunktionen DEF Es werden drei Maßnahmen zur Sicherung von Fahrwegen unterschieden: Grad Schlagwort 3 Fahrstraße 2 gesicherter Fahrweg zusammenhängend gesicherte Fahrwegelemente zwischen Start und Ziel 1 gesicherte Einzelweiche einzeln durch Verschluss und Besetztmeldung gegen Umstellen gesichertes Fahrwegelement 0 keine Fahrwegsicherung nur ungesicherte Fahrwegelemente Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 Erläuterung - gesicherter Fahrweg (Start / Ziel) - vorliegender Flankenschutz - gesicherter D-Weg mit optionalem Flankenschutz 35 ANF In Abhängigkeit vom Automatisierungsgrad gelten für Maßnahmen zur Fahrwegsicherung: Anforderungsgrad GOA0 GOA1 GOA2 GOA3 GOA4 3 Fahrstraße NA M M M M 2 gesicherter Fahrweg HR/M(1) HR (2) HR (2) HR (2) HR (2) 1 gesicherte Einzelweiche HR NA NA NA NA NA NA NA NA 0 keine Fahrwegsicherung (3) NR „HR“, wo nach § 21 Abs. 3 BOStrab als betrieblich erforderlich angesehen (1) (z. B. Betriebshof, Kehr-/Wendeanlagen); „M“ zur Sicherung eingleisiger Strecken. (2) als Rückfallebene bei gestörter Fahrstraße zur Erteilung Ersatzsignal (3) nur bei Einsatz von nicht fernstellbaren Weichen erlaubt (§ 17 Abs. 6 BOStrab). Die Bildung und Überwachung von Fahrstraßen oder gesicherten Fahrwegen verläuft wegen der logischen Komplexität, der Nebenläufigkeiten (parallele Prozesse) und der Echtzeitanforderungen zwangsläufig in mehreren Phasen. Nachstehend werden die wichtigsten Phasen in typischer Ausprägung definiert, ohne damit andere Phaseneinteilungen ausschließen zu wollen. DEF Die Zulassungsprüfung prüft, ob der aktuelle Zustand der Stellwerkselemente die Einstellung der Fahrstraße oder des gesicherten Fahrweges als Ganzes zulässt. Die Zulassungsprüfung weist den Einstellauftrag ab, wenn z. B. ein benötigtes Element in anderer Lage beansprucht oder gesperrt ist. Wenn die Zulassungsprüfung der Fahrstraße gescheitert ist, kann es als Rückfallebene sinnvoll sein, nur den Fahrweg (ohne D-Weg, ohne Flankenschutz) auf Zulässigkeit zu prüfen. DEF Die Beanspruchung eines stellbaren oder nicht stellbaren Elements durch einen Fahrweg, D-Weg oder eine Flankenschutzanforderung dient dazu, andere, damit nicht verträgliche Beanspruchungen des Elements auszuschließen. ANF Als nicht verträgliche Beanspruchungen müssen gelten: Beanspruchungen, die eine unterschiedliche Lage des Elements fordern, Fahrwegbeanspruchungen für verschiedene Fahrstraßen, eine Fahrwegbeanspruchung und eine D-Weg-Beanspruchung in Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 36 unterschiedlichen Richtungen. Verträglich können beispielsweise sein: Eine Fahrwegbeanspruchung und ein oder zwei D-Weg-Beanspruchungen derselben Richtung wie der Fahrweg (die DWege stammen von verschiedenen Fahrstraßenzielpunkten). In bestimmten Fällen ist die gleichzeitige Beanspruchung durch zwei gegenläufige D-Wege zugelassen, dann ist aber die Überlagerung mit einem Fahrweg ausgeschlossen. DEF Der Verschluss eines stellbaren Elementes dient dazu, dessen Umstellen zu verhindern, wenn das Element durch einen Fahrweg, einen D-Weg oder als Flankenschutz beansprucht ist. Der Verschluss stellbarer Elemente ist logischer Natur. Der kraft- oder formschlüssige Verschluss beweglicher Bestandteile der Außenanlage ist davon unabhängig zu gewährleisten. ANF Der Verschluss eines stellbaren Elements darf nur eintreten, wenn seine Istlage in der Außenanlage mit der Solllage entsprechend der Beanspruchung übereinstimmt, und das Element in der Außenanlage (soweit technisch möglich) gegen Verlassen der Solllage kraft- oder formschlüssig verschlossen ist. DEF In Zugsicherungsanlagen dient die Fahrstraßenüberwachung dazu, für eine eingestellte Fahrstraße kontinuierlich die Zustände aller Fahrstraßenelemente zu prüfen. Als Ergebnis liefert sie die Zustände „nicht überwacht“, wenn mindestens ein Element des Fahrwegs nicht überwacht ist, „eingeschränkt überwacht“, wenn alle Elemente des Fahrwegs, aber nicht alle Elemente der Fahrstraße überwacht sind, oder „vollständig überwacht“, wenn alle Elemente der Fahrstraße überwacht sind. Die eingeschränkte Überwachung kann für die Erteilung des Ersatzsignals herangezogen werden. DEF In Fahrsignalanlagen für Fahrwegsteuerung (vgl. Abschnitt 2.4) dient die Fahrwegüberwachung dazu, für einen eingestellten Fahrweg kontinuierlich die Zustände aller Fahrwegelemente zu prüfen. Als Ergebnis liefert sie die Zustände „nicht überwacht“, wenn mindestens ein Element des Fahrwegs nicht überwacht ist, Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 37 „überwacht“, wenn alle Elemente des Fahrwegs überwacht sind. ANF Die Überwachungszustände der Fahrstraße bzw. des gesicherten Fahrwegs müssen in die Erteilung der Fahrerlaubnis eingehen. Fällt die Überwachung auf ein niedrigeres Niveau zurück, muss eine erteilte Fahrerlaubnis sofort widerrufen werden. DEF Der Annäherungsverschluss der Fahrstraße dient dazu, die Fahrstraßenrücknahme zu verhindern, wenn sich ein Zug innerhalb des Bremswegabstands vor dem Startpunkt befindet und eine Fahrerlaubnis erhalten hat. DEF Die Fahrstraßenauflösung dient zur Rücknahme der Beanspruchungen und Verschlüsse einer Fahrstraße oder eines gesicherten Fahrwegs. ANF Die folgenden Arten der Fahrstraßenauflösung sollen zur Verfügung stehen: Zugbewirkte Auflösung durch ordnungsgemäßes Befahren und Freifahren des gesamten Fahrwegs. Gesamtrücknahme (Regelbedienung), solange der Annäherungsverschluss noch nicht eingetreten ist und noch kein Element der Fahrstraße befahren wurde. Hilfsauflösung (Hilfsbedienung), je nach Erfordernis Gesamthilfsauflösung und / oder Einzelelementauflösung. ANF Bei jeglicher Art der Fahrstraßenauflösung darf die Rücknahme von Beanspruchungen und Verschlüssen erst begonnen werden, wenn sichergestellt ist, dass keine Fahrerlaubnis erteilt wurde bzw. eine erteilte widerrufen wurde. 5.3 DEF Die Fahrweg zwischen Startpunkt und Zielpunkt Fahrwegwahl bestimmt einen eindeutigen Fahrweg zwischen Startpunkt und Zielpunkt. Falls es topografische Alternativen gibt, wird der Fahrweg nach festgelegten Regeln ausgewählt. Dabei können anlagenspezifische Projektierungen oder aktuelle Lagen berücksichtigt werden. ANF Die Einstellung des Fahrwegs zwischen Startpunkt und Zielpunkt soll automatisch als Teil der Einstellung einer Fahrstraße oder eines gesicherten Fahrweges erfolgen. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 38 ANF Die zugbewirkte Fahrstraßenauflösung der Fahrwegelemente zwischen Startpunkt und Zielpunkt soll in Abschnitten erfolgen, die den Abschnitten der Zugortung entsprechen. Mit der abschnittsweisen Fahrstraßenauflösung lassen sich Sperrzeiten und Zugfolgezeiten minimieren. Im Idealfall besitzt jedes Fahrwegelement seinen eigenen Zugortungsabschnitt und löst unmittelbar nach Befahren und Freifahren auf. ANF Die zugbewirkte Fahrstraßenauflösung kann zur Offenbarung von Fehlern und Störungen der Zugortung benutzt werden. Dazu wird die Fahrstraßenauflösung des Fahrwegelementes von der Besetzungs- und FreifahrReihenfolge des eigenen und der beiden angrenzenden Zugortungsabschnitte abhängig gemacht. DEF Mit „Nachstellen einer Fahrstraße“ wird die Funktion bezeichnet, welche die Verwendung eines (vom Vorzug noch zu befahrenden) Fahrwegrestes durch einen oder mehrere Folgezüge ermöglicht. Das Nachstellen bewirkt, dass wieder eine vollständige Fahrstraße über den Standort des Vorzugs zum ursprünglichen Fahrstraßenziel gebildet wird, und dass der Vorzug keine zugbewirkte Fahrstraßenauflösung mehr anstößt. Das Nachstellen von Fahrstraßen ist in GOA2 bis GOA4 möglich, wenn die Abstandhaltung der Folgezüge durch die automatische Zugbeeinflussung übernommen wird. 5.4 Durchrutschweg DEF Die D-Weg-Wahl bestimmt einen D-Weg hinter dem Zielpunkt. Dabei können anlagenspezifische Projektierungen oder aktuelle Lagen berücksichtigt werden (voreingestellte Anschlussfahrstraße, kurze und lange D-Wege abhängig vom Besetztzustand). DEF Es werden vier D-Weg-Anforderungsgrade unterschieden: Grad Schlagwort Erläuterung 3 exklusiver D-Weg D-Weg frei, alle Elemente gestellt, verschlossen und überwacht, BÜ gesichert, keine Beanspruchung in Gegenrichtung zulässig (auch kein Gegen-D-Weg), Kopfschutz (Abwehr von Gegenfahrten) nur durch Ausschluss einer feindlichen Fahrerlaubnis. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 39 2 Überlappung zugelassen D-Weg frei, alle Elemente gestellt, verschlossen und überwacht, BÜ gesichert, Beanspruchung der Elemente durch D-Weg in Gegenrichtung zulässig. Grad Schlagwort Erläuterung 1 stumpf berutscht D-Weg frei, spitz berutschte Elemente gestellt, verschlossen und überwacht, stumpf berutschte Elemente nicht verschlossen und nicht überwacht, BÜ nicht gesichert, Beanspruchung der Elemente durch weitere DWege in gleicher Richtung zulässig. 0 D-Weg-Verzicht keine technische Maßnahme hinter Ziel der Zugbewegung. ANF In Abhängigkeit vom Automatisierungsgrad gelten für die Ausstattung mit Durchrutschwegen die folgenden Anforderungen: DurchrutschwegAnforderungsgrad 3 exklusiver D-Weg 2 Überlappung zugelassen 1 stumpf berutscht 0 D-Weg-Verzicht (1) GOA0 GOA1 GOA2 GOA3 GOA4 NA NA NA HR HR R R NR (1) HR R R NR (1) HR NR NR NR (1,2) HR NR NR NR (1,2) D-Weg-Verzicht ist zulässig: in Kehr- und Abstellanlagen (ohne Fahrgastbetrieb), bei Signalbegriffen, die spätestens im Zielgleis Fahrt auf Sicht anordnen. (2) D-Weg-Verzicht ist zulässig: bei Schleichfahrt (v ≤ Kuppelgeschwindigkeit) vor dem Zielpunkt mit besonderer Fahrprofilüberwachung. ANF Die Einstellung eines D-Weges soll automatisch als Teil der Einstellung einer Fahrstraße erfolgen. ANF Voreinstellungen von D-Wegen sollen möglich sein: durch manuelles Einstellen eines bestimmten D-Wegs am Zielpunkt, oder durch Voreinstellen einer anschließenden Fahrstraße. ANF Die Überwachungsbedingungen des D-Wegs (siehe Tabelle der D-WegAnforderungsgrade) gehen in die Erteilung der Fahrerlaubnis ein. Werden die Überwachungsbedingungen verletzt (z. B. durch Besetzen eines D-WegAbschnittes), muss die Fahrerlaubnis automatisch widerrufen werden. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 40 DEF Die Funktion D-Weg-Nachlauf verlängert einen eingestellten D-Weg mit dem Freiwerden der Gleisabschnitte aufgrund des Abrückens des vorausfahrenden Zuges. ANF Der (optionale) D-Weg-Nachlauf hat die Aufgabe, eine bestehende Schutzstrecke bei Vorliegen der Bedingungen automatisch zu verlängern, um so ein höhere Geschwindigkeit bei der Zufahrt auf den Zielpunkt zu erlauben. Sicherungstechnisch muss beim D-Weg-Nachlauf in Verlängerung des bestehenden D-Weg-Zielpunktes ein neuer D-Weg-Zielpunkt bestimmt werden, bis zu dem neue D-Weg-Elemente gestellt, verschlossen und überwacht werden. Der D-Weg-Nachlauf ist nur sinnvoll, wenn die Erhöhung der Geschwindigkeit dem Zug noch rechtzeitig übermittelt werden kann. Als Sonderfall des D-Weg-Nachlaufs ist es zu betrachten, wenn eine überwachte Fahrstraße ohne D-Weg automatisch durch einen D-Weg ergänzt wird. ANF In Abhängigkeit vom Automatisierungsgrad gelten für die Auflösearten von Durchrutschwegen die folgenden Anforderungen: Durchrutschweg-Auflösearten GOA1 GOA2 GOA3 GOA4 zugbewirkte automatische Auflösung bei NA Weiterfahrt auf einer Anschlussfahrstraße M M M M zugbewirkte automatische Auflösung nach NA Stillstandserkennung im Zielabschnitt durch Eigenortung NR NR HR (1) HR (1) zugbewirkte automatische Auflösung nach NA Stillstandserkennung im Zielabschnitt durch Fremdortung (2) R R HR HR D-Weg-Zeitauflösung (zugbewirkt NA automatisch nach projektierbarer Besetzungszeit des Zielabschnitts) HR HR R R manuelle Regelauflösung durch Bediener NA (nach Stillstandserkennung im Zielabschnitt durch Personal) NR NR NR NR (1) GOA0 „HR“ gilt nur bei artreinen Systemen (alle Züge mit Eigenortung); sonst „NR“. (2) Fremdortung z. B. durch das Bahnsteigsicherungssystem bei offenen Bahnsteigen. ANF Die automatische oder manuelle D-Weg-Auflösung nach Stillstandserkennung im Zielabschnitt darf nur wirksam werden, wenn der Fahrweg Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 41 zwischen Startpunkt und Zielabschnitt bereits aufgelöst ist und der D-Weg noch nicht angefahren (= teilweise oder ganz befahren) wurde. ANF Für die zugbewirkte automatische Auflösung des D-Wegs bei Weiterfahrt auf einer Anschlussfahrstraße gelten dieselben Auflösekriterien wie für die Anschlussfahrstraße. 5.5 Flankenschutz DEF Flankenschutz ist die Sicherung einer Zugfahrt gegen gefährdende Flankenfahrten durch andere Schienenfahrzeuge. Flankenschutz wird durch Stellen, Verschließen und Überwachen von schutzbietenden Elementen und durch Überwachen des Schutzraums (zwischen der schutzsuchenden Zugfahrt und den schutzbietenden Elementen) geleistet. Bahnübergangssicherungsanlagen sind nach dieser Definition keine Flankenschutz-Elemente. Sie werden in die Fahrstraße vielmehr als Element des Fahrwegs zwischen Start und Ziel bzw. als Element des D-Wegs eingebunden. DEF Die Flankenschutzwahl bestimmt die Elemente, die Flankenschutz bieten sollen. Dabei können anlagenspezifische Projektierungen oder aktuelle Zustände berücksichtigt werden (z. B. Ersatzschutz im Zwieschutzfall). DEF Es werden vier Flankenschutzgrade unterschieden: Grad Schlagwort Erläuterung 4 Zungenschutz Durch Stellen und Verschließen von Weichen werden Flankenfahrten (auch bei Fahrzeugbewegungen ohne Fahrterlaubnis und ohne wirksame Zugbeeinflussung) physikalisch ausgeschlossen. Der Schutzraum wird auf Freisein überwacht. 3 Gleissperrenschutz Durch Stellen und Verschließen von Gleissperren oder ähnlichen Entgleisungsvorrichtungen werden Flankenfahrten (auch bei Fahrzeugbewegungen ohne Fahrterlaubnis und ohne wirksame Zugbeeinflussung) physikalisch abgewehrt. Der Schutzraum wird auf Freisein überwacht. 2 Lichtschutz Signale, die bei gegebener Topografie und aktueller Weichenlage Startpunkt für Flankenfahrten sein könnten, werden in Haltstellung verschlossen und überwacht. Die Erteilung von feindlichen Fahrerlaubnissen ist ausgeschlossen. Der Schutzraum wird auf Freisein überwacht. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 42 1 Schutzraumüberwachung Keine schutzbietenden Elemente. Der Schutzraum wird auf Freisein überwacht. 0 Flankenschutzverzicht Keine technische Maßnahme zum Schutz vor Flankenfahrten. In den Flankenschutzgraden 3 und 4 sind die Schutzmaßnahmen auch gegen Fahrten ohne Fahrerlaubnis (z. B. gegen Haltsignal), Fahrzeugbewegungen ohne aktive Zugbeeinflussung bzw. mit aktiver Zugbeeinflussung, aber ohne ausreichende Schutzstrecke(z. B. bei Anfahrt gegen das Halt zeigende Ausfahrsignal bei punktförmiger Zugbeeinflussung) wirksam. Flankenschutzverzicht bedeutet, dass die Sicherung einer Zugfahrt gegen gefährdende Flankenfahrten lediglich durch den Ausschluss feindlicher Fahrerlaubnisse geleistet wird. ANF In Abhängigkeit vom Automatisierungsgrad gelten für die Ausstattung mit Flankenschutz im Fahrweg zwischen Startpunkt und Zielpunkt die folgenden Anforderungen: Flankenschutz-Anforderungsgrad im Fahrweg Start - Ziel GOA0 GOA1 GOA2 GOA3 GOA4 4 Zungenschutz NR HR HR HR HR 3 Gleissperrenschutz NR HR (2) HR (2) HR (2) HR (2) 2 Lichtschutz NR R R R R 1 Schutzraumüberwachung NR NR NR NR NR 0 Flankenschutzverzicht R (1) NR NR NR NR (1) Ausnahme: Bei direkter Kollisionsgefahr an Abzweigungen (kein Begegnungsverbot, keine Möglichkeit zur Gefahrenabwehr durch die beteiligten Fahrer) soll Zungenschutz angewandt werden. (2) Gleissperren sollen nicht in Gleisen eingebaut werden, die von Fahrgastzügen befahren werden. ANF In Abhängigkeit vom Automatisierungsgrad gelten für die Ausstattung mit Flankenschutz im D-Weg die folgenden Anforderungen: Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 43 Flankenschutz-Anforderungsgrad im D-Weg GOA0 GOA1 4 Zungenschutz NA NRQ (1) NRQ (1) NRQ (1) NRQ (1) 3 Gleissperrenschutz NA NRQ (1,2) 2 Lichtschutz NA NRQ (1) NRQ (1) NRQ (1) NRQ (1) 1 Schutzraumüberwachung NA NR NR NR NR 0 Flankenschutzverzicht NA R (3) R (3) R (3) R (3) (1) GOA2 NRQ (1,2) GOA3 NRQ (1,2) GOA4 NRQ (1,2) Auf Flankenschutz im D-Weg kann in der Regel verzichtet werden, da gleichzeitig ein Zug durchrutschen und eine zweite unsignalisierte Fahrt in den D-Weg des ersten Zuges stattfinden muss, um eine Flankengefährdung herbeizuführen. (2) Gleissperren sollen nicht in Gleisen verwendet werden, die von Fahrgastzügen befahren werden. (3) Ist ein Flankenschutz bietendes Element vorhanden, soll dieses möglichst in die bietende Lage gestellt werden. Eine Überwachung ist nicht erforderlich. ANF Wird im D-Weg auf Flankenschutz verzichtet, müssen Profilverletzungen des D-Wegs beim Besetzen seines Schutzraums zur Besetztmeldung des D-Wegs führen, so dass die Fahrerlaubnis nicht erteilt bzw. zurückgenommen wird. ANF Die Auflösung der schutzbietenden Elemente muss automatisch mit der zugbewirkten oder manuellen Auflösung der schutzsuchenden Fahrwegelemente erfolgen. Schutzbietenden Elemente dürfen nicht manuell aufgelöst werden können. 5.6 Bahnübergangssicherungsanlagen Die Entscheidung, ob ein Bahnübergang technisch gesichert werden muss, ist nach § 20 Abs. 4 BOStrab zu treffen. DEF Als Wirkglieder des technisch gesicherten Bahnübergangs zur Sicherung der Straßenverkehrsteilnehmer werden bezeichnet: Lichtzeichen vorgeschaltete Lichtzeichen Halbschranken Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 44 Gehwegschranken akustische Signalgeber „BüStra“-Schnittstellen zu Straßenverkehrssignalanlagen ANF Bei der Ausstattung des technisch gesicherten BÜ mit Wirkgliedern müssen neben § 20 und Anlage 1 BOStrab die einschlägigen Regelwerke berücksichtigt werden. ANF Für Bahnübergänge auf Strecken, die in GOA3 und GOA4 betrieben werden, gelten zusätzlich die Anforderungen der RL FoF. Die TRStrab FoF kann BÜ bei GOA3 / GOA4 ganz ausschließen. ANF Wenn aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Lichtzeichen nicht beachtet werden, müssen technisch gesicherte BÜ mit Halbschranken und ggf. Gehwegschranken ausgestattet werden. Das kann z. B. der Fall sein in der Nähe von Einrichtungen für Kinder, ältere und gebrechliche Personen oder Sehbehinderte. Für die Entscheidung, ob zusätzlich zu den Halbschranken auch Gehwegschranken erforderlich sind, ist eine gesonderte Betrachtung des Fußgängerverkehrs sinnvoll. ANF Zwei- und mehrgleisige technisch gesicherte BÜ, die von mehr als einem Zug gleichzeitig befahren werden können, müssen mit Halbschranken ausgestattet werden. Ausnahmen sind zulässig bei BÜ von Fußwegen, Radwegen und Bahnsteigzugängen, die zusätzlich durch Übersicht auf die Bahnstrecke so gestaltet sind, dass weitere Zugbewegungen nach Vorbeifahrt des ersten Zuges eindeutig wahrgenommen werden können. DEF Als Bahnübergangssicherungsanlage (BÜSA) werden die Wirkglieder eines technisch gesicherten BÜ sowie die lokalen Einrichtungen zu ihrer Steuerung und Überwachung bezeichnet. Die BÜSA kann autark sein oder in Zugsicherungs- bzw. Fahrsignalanlagen eingebunden sein. ANF Bei autarken BÜSA erfolgt die Anzeige des gesicherten Zustands bzw. der Funktionsüberwachung durch Überwachungssignale Bü 0 / Bü 1, angekündigt durch Bü 2. Beim Fahren auf Sicht dürfen statt der Überwachungssignale auch Fahrsignale (i. d. R. F0 / F1) gezeigt werden. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 45 ANF Ist die BÜSA in Zugsicherungs- bzw. Fahrsignalanlagen eingebunden, so muss die Überwachung des gesicherten Zustands bzw. die Funktionsüberwachung in die Fahrstraßen- / Fahrwegüberwachung einbezogen werden. ANF Die Sicherung einer Zugbewegung an einem technisch gesicherten Bahnübergang muss in den folgenden Phasen verlaufen: gleis- und richtungsbezogene Einschaltung der BÜSA, zeitlich gestaffeltes Stellen und Überwachen der Wirkglieder am BÜ, Ablauf anlagenspezifischer Verzögerungszeiten vor Erteilen der zum Erteilen der Fahrerlaubnis, kontinuierliche Überwachung der Wirkglieder Fahrerlaubnis, Rücknahme der Fahrerlaubnis bei Verletzung der Überwachungsbedingungen oder Ausschaltung der BÜSA. ANF Die Einschaltung der BÜSA soll zugbewirkt erfolgen. ANF Bei eingebundenen BÜSA soll die Einstellung der Fahrstraße die BÜSA noch nicht einschalten, sondern nur die zugbewirkte Einschaltung im sogenannten „Anrückbereich“ vorbereiten. Die Einschaltung des BÜ erfolgt mit projektspezifisch festzulegenden Kriterien. ANF Für die Überwachung der Wirkglieder ist eine der beiden folgenden Architekturen anzuwenden: Architektur Überwachung Einschaltung (mindestens Sicherung Einschaltung Überwachungsbedingungen nach nicht sicherheitsrelevant BÜSA ist gleisund und richtungsbezogen eingeschaltet, teilweiser) projektierte Wirkglieder sind überwacht, anlagenspezifische Verzögerungszeiten sind abgelaufen. Überwachung nach sicherheitsrelevant Verfügbarkeitskontrolle vor („safe-life“) sicherer Einschaltung BÜSA hat keine internen und externen Ausfälle / Störungen erkannt, die das Sichern des Bü verhindern könnten; BÜSA ist einschaltbereit. ANF In Abhängigkeit vom Automatisierungsgrad gelten für die Überwachung der Wirkglieder in der Fahrerlaubnis folgende Anforderungen: Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 46 Überwachung der Wirkglieder GOA0 GOA1 GOA2 Alle vorhandenen Gelblampen haben M vor Rot geleuchtet und sind wieder dunkel M M Alle Rotlampen leuchten M M Vorhandene Halbschranken haben R die obere Endlage verlassen HR NA Vorhandene Halbschranken haben NRQ die untere Endlage erreicht HR M M GOA3 GOA4 Für Bahnübergänge auf Strecken, die in GOA3 und GOA4 betrieben werden, gelten die Anforderungen der RL FoF. ANF Die gleisbezogene Ausschaltung der BÜSA muss zugbewirkt unmittelbar nach Freifahren des Bü erfolgen. DEF Ist eine BÜSA insgesamt länger als eine anlagenspezifisch festzulegende Zeit eingeschaltet, muss mit erhöhtem Fehlverhalten der Straßenverkehrsteilnehmer gerechnet werden („Zeitüberschreitung“). ANF Bei Zeitüberschreitung muss die autarke BÜSA an allen Überwachungssignalen den Signalbegriff Bü 1 (bzw. F1) zurücknehmen bzw. unterdrücken. Die Sicherung des BÜ muss erhalten bleiben, bis der BÜ ordnungsgemäß befahren wurde oder eine evtl. vorhandene anlagenspezifische Grundstellerzeit abgelaufen ist oder eine evtl. vorhandene Hilfsausschaltung erfolgte. ANF Ist die BÜSA Zeitüberschreitung die in Zugsicherungsanlagen Fahrerlaubnis mittels eingebunden, soll Hauptsignalen bei bzw. Sicherungsprofilen nicht zurückgenommen werden. Es muss nach § 52 Abs. 3 eine Zeitüberschreitungsmeldung in der Betriebsleitstelle angezeigt und protokolliert werden. Die Sicherung des BÜ muss erhalten bleiben, bis der BÜ ordnungsgemäß befahren wurde, oder die Hilfsausschaltung erfolgte. ANF Eine automatische Grundstellung der BÜSA darf nur bei autarken Anlagen eingesetzt werden. Bei eingebundenen Anlagen soll eine Hilfsausschaltung vorgesehen werden. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 47 5.7 Umstellschutz Der Umstellschutz von stellbaren Elementen ist eine Funktion, die die Anforderung des § 17 Abs. 6 BOStrab an fernstellbare Weichen verallgemeinert. ANF Stellbare Elemente sollen unabhängig von der Fahrwegsicherung von der Zugortung abhängig gemacht werden. Bei besetztem Ortungsabschnitt eines stellbaren Elements müssen Stellaufträge (Einleiten des Umstellens) automatisch abgewiesen werden. Wo keine Fahrwegsicherung vorhanden ist, müssen Vorlauflängen (z. B. vor der Weichenspitze, vor dem Hallentor) vorgehalten werden, die eine gefährliche Einfahrt in das umlaufende Element verhindern. ANF Begonnene Umstellbewegungen von stellbaren Elementen, die der Spurführung dienen, müssen auch dann vollständig zu Ende geführt werden, wenn der Ortungs-abschnitt nach Beginn der Bewegung besetzt wird. ANF Ist in einer Anlage sowohl Umstellschutz als auch Fahrwegsicherung vorhanden, sollen die beiden Funktionen technisch möglichst unabhängig realisiert werden. Im Regelfall darf jedoch dieselbe Ortungseinrichtung für den Umstellschutz und für die Fahrstraßen- bzw. Fahrwegauflösung benutzt werden. 5.8 Ortung für Fahrwegsicherung und Umstellschutz In der Ebene „Sichern des Fahrwegs“ wird Ortung u. a. für folgende Funktionen benötigt: Anstoß für automatische Fahrstraßenstellung, Anstoß der verzögerten Signalfahrtstellung, Anstoß für zeitgerechte Einschaltung von BÜSA, Annäherungsverschluss der Fahrstraße, zugbewirkte Fahrstraßenauflösung, D-Weg-Zeitauflösung, zugbewirktes Ausschalten von BÜSA, Umstellschutz für stellbare Fahrwegelemente. ANF Beim Umstellschutz für stellbare Fahrwegelemente ist die unzeitige Freimeldung als gefährliches Versagen der Schutzeinrichtung zu betrachten. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 48 ANF Bei der zugbewirkten Fahrstraßenauflösung und beim zugbewirkten Ausschalten von BÜSA ist eine unzeitige Folge frei - besetzt - frei als gefährliches Versagen zu betrachten. Zum Beispiel darf ein kurzzeitiger Ausfall der Spannungsversorgung der Gleisfreimeldeeinrichtungen oder eine kurzzeitige Unterbrechung einer AchszählDatenübertragung nicht dazu führen, dass ohne Zugfahrt die Folge frei - besetzt frei erzeugt wird und dadurch unzeitige Auflösungen und Ausschaltungen erfolgen. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 49 6 Sichern der Abstandshaltung 6.1 Grundlagen Zum „Sichern der Abstandhaltung von Zügen“ gehört nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BOStrab, dass im Zugsicherungsbereich mindestens den Bremswegabstand von sicherungs-technisch erfassbaren Hindernissen (hier: fahrenden und stehenden Zügen) frei ist und freigehalten wird. Die sicherungstechnisch erfassbaren fahrenden oder stehenden Züge können prinzipiell auf folgende Arten in den zu sichernden Fahrweg gelangen bzw. gelangt sein: durch Vorausfahrt, durch Gegenfahrt, durch Flankenfahrt (über gemeinsame Weichen oder Kreuzungen). DEF Als Grade der Abstandhaltung werden unterschieden: Grad Schlagwort Erläuterung 4 Fahrt im Zugabstand (moving block) Auf der Basis der Eigenortung des Vorzuges und des Folgezuges können die Züge einander in einem Abstand folgen, der den lokalen Bremsweg für die momentane Geschwindigkeit des Folgezuges und die Schutzstrecke abdeckt. 3 Fahrt im Freimeldeabstand (Nachrücken) Zwischen Startund Zielpunkt einer Fahrstraße sind an Freimeldeabschnittsgrenzen der Fremdortung weitere Zielpunkte für die Abstandhaltung eingerichtet. Zwischen Start- und Zielpunkt der Fahrstraße darf sich mehr als ein Zug befinden, aber nicht zwischen zwei aufeinanderfolgenden Zielpunkten der Abstandhaltung. 2 Fahrt im Blockabstand Zwischen Startund Zielpunkt einer Fahrstraße befindet sich höchstens ein Zug. Die Zielpunkte von Fahrwegsicherung und Abstandhaltung sind identisch. 1 Fahrt in teilweise besetztes Fahrt in ein teilweise besetztes Zielgleis. Im Gleis, Kuppelfahrt Zielgleis gelten Sichtfahrbedingungen. Die Position der Fahrzeuge im Zielgleis ist variabel. 0 Fahrt auf Sicht Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 Abstandhaltung allein durch den Fahrer. 50 ANF Es muss jederzeit damit gerechnet werden, dass der Vorzug plötzlich zum Stehen kommt. Als Gefahrenpunkt ist stets der letzte bekannte Ort des Zugendes des Vorzugs anzunehmen. Das gilt insbesondere bei Ausfall der (Eigen-) Ortung des Vorzugs. 6.2 Gegenfahrtausschluss ANF Der in § 49 Abs. 5 BOStrab geforderte Gegenfahrtausschluss in eingleisigen Streckenabschnitten muss auf der Ebene „Sichern des Fahrwegs“ durch Ausschlüsse der feindlichen Fahrstraßen erfüllt werden. ANF Der Gegenfahrtausschluss muss zusätzlich auf der Ebene „Sichern der Abstandhaltung“ durch Nichterteilen bzw. Rücknahme der Fahrerlaubnis erfüllt werden, wenn ein entgegenkommendes Fahrzeug oder der zurückrollende Vorzug sicherungstechnisch erkannt wird. In GOA0 muss das Startsignal von F1 in F0 gestellt werden, wenn die abhängig geschaltete Fahrsignalanlage am anderen Ende der eingleisigen Strecke eine feindliche Fahrbewegung über den „Löschkontakt“ am Gegensignal oder über den „Ausschalt-kontakt“ am Ziel der eingestellten Fahrstraße erkennt. In GOA1 bis 4 ist die erteilte Fahrerlaubnis sofort zurückzunehmen, wenn eine unzeitige Belegung innerhalb der Fahrstraße bzw. des gesicherten Fahrweges erkannt wurde. ANF Bei Fahrsignalanlagen für GOA0, z. B. bei Fahrsignalanlagen für eingleisige Strecken, darf die Fahrerlaubnis durch die Signale F1, F2 bzw. F3 nur erteilt werden, wenn der Gegenfahrtausschluss gewährleistet ist. Folgefahrten mehrerer Züge in gleicher Richtung dürfen sicherungstechnisch nur zugelassen werden, wenn die Gegenrichtung erst freigegeben wird, sobald alle Folgezüge die Strecke verlassen haben. Folgezugbetrieb bei Fahrsignalanlagen erfordert eine lückenlose Zugortung oder bei punktförmiger Zugortung - eine Zugzählung. ANF Bei Fahrt in teilweise besetzte Gleise und bei Kuppelfahrt muss durch das Zugsicherungssystem und die Betriebsordnung einschließlich der Signalordnung sichergestellt werden, dass die im Zielgleis befindlichen Fahrzeuge sich nicht gegen den einfahrenden Zug bewegen. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 51 Bei Einfahrt in ein teilweise besetztes Gleis braucht deshalb nicht mit entgegenkommenden Fahrzeugen gerechnet zu werden. Im Zugsicherungssystem kann die Anforderung z. B. durch Anschalten von Schutzhaltsignalen bzw. Löschen von Vorziehsignalen und ggf. durch Zugbeeinflussungsmittel (vorgezogene Fahrsperren) erfüllt werden. 6.3 Ortung für Abstandhaltung ANF Bei allen Ortungssystemen muss per Dienstanweisung oder technische Maßnahmen sichergestellt werden, dass ein Gleisabschnitt für den Regelbetrieb gesperrt wird, bevor ihn ein Fahrzeug benutzt, das aufgrund der Eigenschaften des Ortungssystems nicht sicher erkannt wird. Solche Umgehungen des Ortungsprinzips sind z. B.: Einsetzen eines Zweiwegefahrzeugs in einen Achszählabschnitt, Einsetzen eines Fahrzeugs ohne ausreichenden Achsnebenschluss (mit Kunststoffrädern oder isolierten Achsen) in einen Gleisstromkreis, Einfahrt einer Diesel- oder Akkulok in eine eingleisige Strecke mit Oberleitungskontakten, Einsatz von Fahrzeugen ohne Eigenortung bzw. mit defekter Eigenortung in einem System mit ausschließlicher Eigenortung. ANF Bei Gleisstromkreisen müssen die Faktoren berücksichtigt und beherrscht werden, die zu einem unzureichenden Achsnebenschluss führen können: Versanden (isoliertes Aufstellen eines Fahrzeugs auf Bremssand), Rost (bei selten befahrenen Abschnitten oder neu eingebauten Schienen), Teer (bei Stadtbahnsystemen in den Zugsicherungsbereich eingeschleppt), Laubfall (an der Oberfläche), Unterbrechung der Rückleiterverbindungen zu den Rädern und in den Rädern. ANF Die Hilfsbedienung „Achszählgrundstellung“ ist durch Dienstanweisungen und nach Möglichkeit technische Maßnahmen gegen die irrtümliche Freimeldung eines besetzten Freimeldeabschnittes zu sichern. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 52 Die möglichen technischen Maßnahmen gehen über die ohnehin geforderte Sicherung von Hilfsbedienungen (siehe Kapitel 9) hinaus. Die hilfsweise Freimeldung kann z. B. davon abhängig gemacht werden, dass die letzte erfasste Bewegung eine Auszählung war, oder dass eine plausible „Bügelfahrt“ über zwei oder mehr Achszählpunkte erfasst wurde. ANF Bei der Eigenortung der Fahrzeuge sind die Faktoren zu berücksichtigen und zu beherrschen, die Ortungsergebnisse (Besetzung, Ort, Geschwindigkeit) verfälschen können, wie z. B. Gleiten und Schleudern von Achsen mit Wegimpulsgebern. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 53 7 Sichern der Geschwindigkeit 7.1 Grundbegriffe DEF Das Sichern der Geschwindigkeit besteht aus den zwei Funktionen Erteilung der Fahrerlaubnis und Überwachung der Fahrweise des Zuges (§ 22 (1) 3 BOStrab). Der besseren Verständlichkeit wegen wird hier die Definition der Fahrerlaubnis aus Abschnitt 3.4.2 wiederholt: DEF Die Fahrerlaubnis stellt den Auftrag über die Fahrweise eines Zuges dar (§ 22 Abs. 1 Satz 2). Sie gilt innerhalb festgelegter Grenzen und enthält die grundsätzliche Zustimmung zur Fahrbewegung eines Zuges, soweit erforderlich, Angaben zu den erlaubten Geschwindigkeiten, und ggf. einschränkende Bedingungen, die aufgrund besonderer Betriebsweisen oder Betriebssituationen erforderlich sind, wie z. B. bei Fahrt in Abstellanlagen, Fahrt in teilweise besetzte Gleise, Kuppelfahrt, Ersatzsignalfahrt, Nothalt, Fahrt über ungesicherte BÜ. In internationalen Regelwerken wird die Fahrerlaubnis mit „movement authority“ bezeichnet. Die eingeschränkte Fahrerlaubnis (z. B. Fahrt auf Ersatzsignal bzw. Vorsichtssignal) wird mit "degraded movement authority" bezeichnet. Je nach Automatisierungsgrad werden die wesentlichen Parameter der Fahrerlaubnis durch technische Mittel (z. B. ortsfeste Lichtsignale oder Datentelegramme) codiert zum Zug übertragen; die vollständige Bedeutung der Fahrerlaubnis mit allen abzuleitenden Verhaltensanforderungen ergibt sich aus der Kombination der übertragenen Parameter mit der Betriebsordnung einschließlich der Signalordnung. 7.2 Erteilen der Fahrerlaubnis ANF Die Fahrerlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Fahrweg und die Abstandhaltung gesichert ist. Die Ebenen „Sichern des Fahrwegs“ und „Sichern der Abstandhaltung“ liefern an die Ebene „Erteilen der Fahrerlaubnis“ neben der grundsätzlichen Zustimmung zur Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 54 Fahrbewegung auch deren Grenzen, die erlaubten Geschwindigkeiten und einschränkende Bedingungen, die aufgrund besonderer Betriebsweisen oder Betriebssituationen erforderlich sind, wie z. B. bei Fahrt in Abstellanlagen, Fahrt in teilweise besetzte Gleise, Kuppelfahrt, Ersatzsignalfahrt, Nothalt, Fahrt über ungesicherte BÜ. DEF Die Fahrerlaubnis kann entweder durch ortsfeste Signale oder durch ein Sicherungsprofil erteilt bzw. widerrufen werden. ANF Die durch ortsfeste Signale erteilte Fahrerlaubnis muss am Startpunkt der Fahrbewegung durch ein Hauptsignal bzw. Fahrsignal erteilt werden und gilt nach der Vorbeifahrt an diesem Punkt bis zum nächsten Zielpunkt. Die erteilte Fahrerlaubnis kann zur Beherrschung von Notfällen an besonderen Orten zwischen Startpunkt und Zielpunkt durch ortsfeste Signale aktiv widerrufen werden (z. B. durch ortsfeste Notsignale im Haltestellenbereich). Die erteilte Fahrerlaubnis kann an bestimmten Orten aktiv durch ortsfeste Signale modifiziert werden (z. B. Aufwertung der Geschwindigkeit nach Verlassen des Weichenbereichs oder Abwertung aufgrund einer Langsamfahrstrecke). Bei ortsfesten Signalsystemen führt der Widerruf der Fahrerlaubnis nicht zwingend zur rechtzeitigen Betriebs- oder Zwangsbremsung. DEF Das Sicherungsprofil kann punktförmig oder kontinuierlich übertragen werden. DEF Als kontinuierliche Übertragung gilt auch eine zyklisch aufgebaute und unterbrochene Übertragung, wenn Rücknahme und Widerruf der Fahrerlaubnis innerhalb festgelegter kurzer Fahrwege oder Fahrzeiten wirksam werden und so die in der Risikoanalyse gesetzten Sicherheitsziele erfüllt werden. ANF Bei punktförmig übertragenem Sicherungsprofil muss die Fahrerlaubnis am Startpunkt der Fahrbewegung erteilt werden und gilt nach der Vorbeifahrt an diesem Punkt bis zum spezifizierten Zielpunkt. Die erteilte Fahrerlaubnis kann zur Beherrschung von Notfällen an besonderen Orten zwischen Startpunkt und Zielpunkt durch ortsfeste Beeinflussungspunkte oder Signale aktiv widerrufen werden (z. B. bei Nothalt im Haltestellenbereich). Die erteilte Fahrerlaubnis kann an bestimmten Orten aktiv durch ortsfeste Beeinflussungspunkte oder Signale modifiziert werden (z. B. Aufwertung der Geschwindigkeit nach Verlassen des Weichenbereichs oder Abwertung aufgrund einer Langsamfahrstrecke). Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 55 Bei punktförmig übertragenem Sicherungsprofil führt der Widerruf der Fahrerlaubnis nicht zwingend zur rechtzeitigen Betriebs- oder Zwangsbremsung. ANF Bei kontinuierlich übertragenem Sicherungsprofil muss die Fahrerlaubnis am Startpunkt der Fahrbewegung erteilt und bei der Fahrt zum spezifizierten Zielpunkt kontinuierlich bestätigt bzw. erneuert werden. Die Fahrerlaubnis kann zur Beherrschung von Notfällen an beliebigen Orten zwischen Startpunkt und Zielpunkt widerrufen werden (z. B. bei Nothalt im Haltestellenbereich). Die Fahrerlaubnis kann an beliebigen Orten fest oder situationsbedingt modifiziert werden (z. B. Aufwertung oder Abwertung der Geschwindigkeit). ANF In Abhängigkeit vom Automatisierungsgrad gelten für die Übertragung der Fahrerlaubnis die folgenden Anforderungen: Erteilung und Fahrerlaubnis Widerruf der GOA0 durch ortsfeste Signale HR GOA1 GOA2 GOA3 GOA4 HR NA NA NA durch punktförmig Sicherungsprofil übertragenes NR R NA NA NA durch kontinuierlich Sicherungsprofil übertragenes NR NRQ HR M M ANF Das Zugsicherungssystem und die Betriebsordnung einschließlich der Signalordnung müssen so gestaltet sein, dass bei Befolgen der Fahrerlaubnis stets § 54 (3) BOStrab erfüllt werden kann: „Personenzüge dürfen nur so beschleunigt und nur so gebremst werden, dass Fahrgäste nicht mehr als unvermeidbar gefährdet werden.“ Ausnahmen sind zum Beispiel Notfälle, die eine sofortige Rücknahme der Fahrerlaubnis und Bremsungen mit höchstmöglicher Verzögerung rechtfertigen, oder unvermeidbare Einflüsse aufgrund von Störungen des Zugsicherungssystems. Diese Anforderung ist bei der (generischen) Gestaltung des Systemkonzepts zu beachten, aber auch anlagenspezifisch umzusetzen, z. B. bei der Berechnung von Sichtpunkten und der Aufstellung von Vorankündigungssignalen. Beispiel für einen vermeidbaren Einfluss aufgrund von Störungen des Zugsicherungssystems ist eine Zwangsbremsung mit höchstmöglicher Verzögerung (mit Schienenbremse) nach Ausfall der Datenübertragung des Sicherungsprofils zum Zug. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 56 Das Sicherungsprofil muss vielmehr so gestaltet werden, dass stets der Betriebsbremsweg zur Verfügung steht, wenn die Übertragung ausfällt (vgl. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BOStrab und die amtliche Begründung zu § 22). 7.3 Integration von Zuständen in die Fahrerlaubnis ANF Das Zugsicherungssystem und die Betriebsordnung einschließlich der Signalordnung müssen so gestaltet sein, dass stets eindeutig feststeht, welche Zustände von Betriebsanlagen in die Fahrerlaubnis und das Sicherungsprofil eingehen und welche nicht. Das Grundkonzept von gesicherten Fahrwegen legt nahe, dass sämtliche stellbaren und nicht stellbaren Bahnübergänge bzw. bewegliche Fahrwegelemente Straßenverkehrssignalanlagen) (wie in die Rückfallweichen, Erteilung der Fahrerlaubnis einbezogen werden, sofern sie für die Fahrt sicherheitsrelevant sind. Im Sichtfahrbereich (GOA0) dürfen historisch gewachsene Architekturen mit geringerem Integrationsgrad weiter bestehen, z. B. eine nicht mit benachbarten Straßenverkehrssignalanlagen in Abhängigkeit stehende Fahrsignalanlage für eine eingleisige Strecke, oder eine nicht mit der Straßenverkehrssignalanlage desselben Knotens in Abhängigkeit stehende Einzelweichensteuerung. ANF Wenn in einem Verkehrsunternehmen unterschiedliche Qualitäten der Fahrerlaubnis durch die gleichen Signalbilder (z. B. Fahrsignale) gezeigt werden, müssen sich die Signale in ihrer Gestaltung unterscheiden (z. B. unterschiedlich gestaltete Mastschilder oder Bezeichnungsschilder). Im Zugsicherungsbereich (GOA1) kann es vorkommen, dass Hallen- bzw. Gleistore (in Nebengleisen) oder Wehrkammertore nicht in die Fahrerlaubnis integriert sind. ANF In die Fahrerlaubnis und das Sicherungsprofil müssen die Sicherungszustände beweglicher Fahrwegelemente nach den folgenden Regeln integriert werden. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 57 Integration des GOA0 Sicherungszustandes von Elementen in die Fahrerlaubnis GOA1 GOA2 GOA3 GOA4 spitz befahrene Weiche HR (2,3) M M M M stumpf befahrene Weiche R (1) M M M M Nothaltschalter NR HR M M M Hallentor, Gleistor (in Nebengleisen) NR HR M M M Wehrkammertor (in Hauptgleisen) NA HR M M M BÜSA (siehe Abschnitt 7.5) R M M NA NA Straßenverkehrssignalanlage R NA NA NA NA (1) Auf die Integration kann nur verzichtet werden, wenn die Weichenbauart die stumpfe Befahrung in falscher Lage zulässt (Rückfallweiche, auffahrbare Weiche). (2) statt Integration auch Abstimmung erlaubt (Vermeidung widersprüchlicher Signalbegriffe) (3) Anforderungsgrad in Abhängigkeit der betrieblichen Bestimmungen (Begegnungsverbot) Aus dem gewählten Integrationsgrad können Anforderungen an die ortsfeste Signalisierung entstehen, siehe Abschnitt 7.4 „Ortsfeste Signale“. 7.4 Ortsfeste Signale ANF Wird die Fahrerlaubnis durch ortsfeste Signalisierung erteilt, müssen Fahrstraßenstartpunkt und Fahrstraßenzielpunkt durch Hauptsignale (H), Schutzsignale (Sh 2) oder Sondersignale (So 1 bis So 4) nach Anlage 4 BOStrab gekennzeichnet sein. ANF Wird die Fahrerlaubnis bei GOA1 durch ortsfeste Signalisierung erteilt, müssen Fahrten in teilweise besetzte Zielgleise durch besondere Signalbegriffe (Kuppelsignale) angezeigt werden, um den Fahrzeugführer auf die Sichtfahrbedingungen im Zielgleis hinzuweisen. ANF Bei GOA1 bis GOA4 müssen Fahrten unter Sichtfahrbedingungen wegen Störungen der Fahrwegsicherung oder Abstandhaltung durch ortsfeste Signale (Ersatzsignale, Zusatzsignale für Einzelauftrag, Störungssignal) beauftragt werden. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 58 ANF Wenn bewegliche sicherheitsrelevante Fahrwegelemente keine eigenen ortsfesten Signale zur Anzeige ihres Zustands und zur Erlaubnis der Zugbewegungen besitzen, müssen sie zwangsläufig in die Fahrerlaubnis integriert werden. Bei Integration in die Fahrerlaubnis können dennoch ortsfeste Signale als Rückfallebene benutzt werden (Weichensignale, Schutzsignale inkl. Notsignale, Überwachungssignale für Bahnübergänge). ANF Bei GOA1 bis GOA4 dürfen in Fahrstraßen keine Weichensignale aufgestellt werden; die Endlagenüberwachung aller Weichen muss in die Fahrerlaubnis integriert sein. ANF Wird die Fahrerlaubnis auf den Zug übertragen, sollen die ortsfesten Signale der Fahrerlaubnis nicht widersprechen. Diese Anforderung hilft zu vermeiden, dass sich das Fahrpersonal an widersprüchliche Fahrerlaubnissignalisierungen und an das Ignorieren derselben gewöhnt. Die Anforderung erleichtert auch Tests, Probebetrieb, Sicherheitserprobung und Abnahme. Die Anforderung kann (in Abstimmung mit der Dienstanweisung Fahrdienst und dem Signalbuch) erfüllt werden durch: Dunkelschalten der ortsfesten Signale (für Züge ohne übertragene Fahrerlaubnis gilt das dunkle Signal als Haltsignal). Begrenzung der Gültigkeit der ortsfesten Signale z. B. auf die folgende Weichenzone, in der Nachrücken ausgeschlossen ist, so dass ein Widerspruch von vorneherein vermieden wird. ANF Werden alleinstehende Geschwindigkeitsanzeiger (d.h. Geschwindigkeitssignale wie G1b bzw. G2b BOStrab, die nicht mit einem Hauptsignal verbunden sind) verwendet, so darf das Signalbild des Geschwindigkeitsanzeigers keinen Einfluss auf die Fahrerlaubnis haben, d.h. die Fahrerlaubnis kann durch den Geschwindigkeitsanzeiger weder bestätigt noch zurückgenommen werden. 7.5 Überwachung von Bahnübergängen ANF Zum Befahren eines Bahnübergangs im Regelbetrieb muss der Zug eine Fahrerlaubnis erhalten, in die Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 der Sicherungszustand des Bahnübergangs 59 eingebunden ist. Nach § 20 Abs. 5 BOStrab muss die Fahrerlaubnis BÜ-bezogen durch Überwachungssignale Bü 0 / Bü 1 nach Anlage 4 BOStrab (angekündigt durch Bü 2) oder fahrstraßenbezogen durch die Fahrerlaubnis der Zugsicherungsanlage erteilt werden. Die beiden von § 20 BOStrab zugelassenen Varianten werden „Überwachungsart ÜS“ (für Überwachungssignal) und „Überwachungsart Hp“ (für Hauptsignal) bezeichnet. Die bei Eisenbahnen möglichen Überwachungsarten „Fü“ (für Fernüberwachung) und „Bed“ (für Wärterbedienung) sind im BOStrab-Bereich nicht zugelassen. ANF Die Überwachungsarten dürfen fahrtrichtungsabhängig kombiniert werden. Ein BÜ darf für die Fahrten der einen Richtung mit Hauptsignalen, für die Fahrten der anderen Richtung mit Überwachungssignalen überwacht werden. ANF Bei Systemen mit Übertragung der Fahrerlaubnis auf den Zug (Fahrerraumsignalisierung bzw. Sicherungsprofil) dürfen Überwachungssignale Bü 0 / Bü 1 (angekündigt durch Bü 2) als Rückfallebene aufgestellt werden. ANF Die Fahrerlaubnis mittels Überwachungssignal, Hauptsignal oder Sicherungsprofil darf nur gleis- und fahrtrichtungsbezogen erteilt werden. Beispielsweise dürfen an einem eingeschalteten Bü-Gleis die Überwachungssignale beider Fahrtrichtungen nicht gleichzeitig Bü 1 zeigen. 7.6 DEF Die Überwachung der Fahrweise des Zuges technische Überwachung der Fahrweise des Zuges gemäß § 22 (1) BOStrab kann entweder punktförmig oder kontinuierlich sein. ANF Bei punktförmiger Überwachung der Fahrweise kann die nach § 22 (1) Nr. 3 BOStrab geforderte Beeinflussung bei gefährdenden Abweichungen nur punktförmig wirken. Bei kontinuierlicher Überwachung muss auch die Beeinflussung bei gefährdenden Abweichungen kontinuierlich wirken. DEF Die Überwachung der Fahrweise des Zuges bezieht sich entweder nur auf die reine Bewegung und ihre Richtung oder auch auf ihre Geschwindigkeit. ANF In Abhängigkeit vom Automatisierungsgrad gelten für die Wahl von Zugbeeinflussungskonzepten die folgenden Anforderungen: Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 60 Überwachung der Fahrweise des GOA0 Zuges GOA1 GOA2 GOA3 GOA4 punktförmige Überwachung Bewegung und ihrer Richtung R NA NA NA punktförmige Überwachung der NR Geschwindigkeit (inkl. Richtung) HR NA NA NA kontinuierliche Zugbeeinflussung NR ohne Rückkanal Fahrzeug -> Strecke NR HR NA NA kontinuierliche Zugbeeinflussung NR mit Rückkanal Fahrzeug -> Strecke NR NRQ (1) M M (1) Rückkanal Bei Eigenortung der NRQ ist der zwingend erforderlich (Verbindlichkeit "M"). ANF Je nach Zugbeeinflussungssystem und Grund ihres Ansprechens darf die Zwangsbremsung erst nach Wegfall des Ansprechgrundes, oder zusätzlich erst nach sicherem Erkennen des Stillstands, oder zusätzlich erst nach Hilfsbedienungen bzw. manuellen Betriebsartwechseln aufgelöst werden. ANF Bei GOA3 und GOA4 muss die Ausführung der Bremsbefehle automatisch vom Zugbeeinflussungssystem überwacht werden (§ 38 (1) Nr. 3 BOStrab). ANF Bei der sicherungstechnischen Planung von punktförmigen Überwachungen der Fahrweise muss angenommen werden, dass der Fahrzeugführer den Überwachungsort (z. B. das Halt zeigende Signal) mit der zuletzt signalisierten bzw. durch Dienstanweisung geregelten Geschwindigkeit überfährt. Liegen im Fahrweg vor dem Überwachungsort Geschwindigkeitsüberwachungseinrichtungen, darf punktförmige die zuletzt punktförmig überwachte Geschwindigkeit angenommen werden. Eine Beschleunigung über die zuletzt signalisierte bzw. zuletzt überwachte Geschwindigkeit hinaus braucht nicht angenommen zu werden. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 61 8 Detailarchitekturen 8.1 Überblick Das Kapitel „Detailarchitekturen“ befasst sich im Gegensatz zu den vorigen Kapiteln über Vorzugsarchitekturen nicht mit der Zuweisung von konkreten Sicherheitsfunktionen und Sicherheitsanforderungen an die Teilsysteme der Signalund Zugsicherungsanlagen, sondern mit der inneren Konfiguration der einzelnen Teilsysteme. Unabhängig von den konkreten Aufgaben des jeweiligen Teilsystems geht es um die folgenden Fragen: Wie kann das Zusammenspiel von universellen (anlagenunabhängigen, ggf. betreiberunabhängigen) und anlagenspezifischen Funktionen in einem Teilsystem gestaltet werden, um den Gesamtaufwand an technischen Komponenten und an Sicherheitsarbeit zu minimieren? Wie kann das Zusammenspiel sicherheitsrelevanten und bzw. Nebeneinander von nicht-sicherheitsrelevanten Funktionen in einem Teilsystem gestaltet werden, um den Gesamtaufwand an technischen Komponenten und an Sicherheitsarbeit zu minimieren? 8.2 Generik und Anwendungsspezifik Zur Wiederverwendbarkeit von Hardware- und Softwarekomponenten mitsamt ihren Sicherheitsnachweisen und Zulassungen empfiehlt DIN EN 50129 im Sinne einer Modularisierung die Einführung von drei unterschiedlichen Kategorien. 8.2.1 Spezifische Anwendung DEF Eine spezifische Anwendung wird nur für eine einzelne Anlage verwendet. Sie kann: streckenseitig in einem bestimmten Streckenbereich oder fahrzeugseitig in einem bestimmten Fahrzeug installiert sein. Die spezifische Anwendung beinhaltet die anlagenspezifische Topographie, Konfiguration und Projektierung. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 62 Beispiele für spezifische Anwendungen sind: das elektronische Stellwerk Berlin Uhlandstraße (mit lokalem Bedienplatz), die Zugsicherungs-Leitstelle Düsseldorf Heinrich-Heine-Allee, die Linienzugbeeinflussung des Nürnberger Doppeltriebwagens 763/764, die Fahrsignalanlage Berlin Bösebrücke, die Bahnübergangssicherungsanlage Karlsbad Bahnhofstraße. Einer spezifischen Anwendung können eine oder mehrere generische Anwendungen für Teilsysteme sowie generische Produkte zugrunde liegen. Die spezifische Anwendung bedarf einer Anlagenzulassung. Diese ist für die einzelne Anlage in einer bestimmten Konfiguration und Projektierung gültig. 8.2.2 Generische Anwendung DEF Eine generische Anwendung ist eine Klasse von Anwendungen für eine definierte Aufgabenstellung, die für unterschiedliche spezifische Anwendungen konfiguriert und projektiert werden kann. Die generische Anwendung enthält alle für die definierte Aufgabenstellung erforderlichen gemeinsamen Funktionen und ggf. optionale Funktionen. Beispiele für generische Anwendungen sind Bauformen (Typen) von: Elektronischen Stellwerken für Stadt- und U-Bahnen, Fernsteuerungen für Relaisstellwerke, Fahrsignalanlagen für eingleisige Strecken, Bahnübergangssicherungsanlagen für Straßenbahn-BÜ nach VDV-Schrift 341. Einer generischen Anwendung können ein oder mehrere generische Produkte zugrunde liegen. Für die generische Anwendung kann eine Typzulassung erteilt werden. Das Typgutachten und die darauf aufbauende Typzulassung kann im Rahmen des definierten Anwendungsbereiches im Zulassungsprozess einer oder weiterer spezifischen Anwendungen herangezogen werden. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 63 8.2.3 Generisches Produkt DEF Ein generisches Produkt ist eine Einrichtung mit definierten Rahmenbedingungen, Schnittstellen und Funktionalität, die unabhängig von der generischen oder spezifischen Anwendung ist und in unterschiedlichen generischen oder spezifischen Anwendungen verwendet werden kann. Beispiele für generische Produkte sind nach DIN EN 62290-1: Weichenantriebe, Achszähler, Echtzeit-Betriebssystem, sichere Rechnerplattform ohne Anwendersoftware. Für ein generisches Produkt kann eine Produktzulassung erteilt werden. Das Produktgutachten und die darauf aufbauende Produktzulassung kann im Rahmen des definierten Anwendungsbereiches im Zulassungsprozess einer oder weiterer spezifischer oder generischer Anwendungen herangezogen werden. Die aus mehreren generischen Produkten zusammengesetzte spezifische Anwendung bedarf in jedem Fall noch einer spezifischen Nachweisführung und Zulassung. 8.3 Trennung nach Sicherheitsrelevanz ANF Nicht-sicherheitsrelevante Funktionen sollten höchstens dann in ein sicherheitsrelevantes System integriert werden, wenn die nicht-sicherheitsrelevante Funktion von Anfang an spezifikationsgemäß und betriebsgerecht läuft, Änderungen ihrer Projektierung nicht zu erwarten sind, auch dann nicht, wenn das Umfeld sich ändert (z. B. Fahrplan, Fahrzeugparameter, Fahrdynamik), und funktionale Erweiterungen oder Kopplungen mit anderen nichtsicheren Funktionen nicht zu erwarten sind. Als Beispiel für nicht-sicherheitsrelevante Funktionen sei der Selbststellbetrieb genannt, der bei Belegung eines Anrückwegs und Erfüllung spezieller Zulassungskriterien an einem bestimmten Startsignal eine fest projektierte Fahrstraße einzustellen versucht, den gescheiterten Versuch projektierbar oft Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 64 wiederholt und beim definierbar endgültigen Scheitern einen Alarm (optisch, akustisch) und eine Fehlermeldung generiert. 8.4 Rückwirkungsfreiheit an Netzen Wenn an Netzwerken neben sicherheitsrelevanten Teilsystemen auch nichtsicherheitsrelevante Teilsysteme angeschlossen sind, so muss sicher ausgeschlossen werden, dass die nicht-sicherheitsrelevanten Netzwerkteilnehmer gefährliche Rückwirkungen auf die sicherheitsrelevanten Funktionen ausüben können. Typisches Beispiel ist der nicht-sicherheitsrelevante Zuglenkrechner am LeitsystemNetzwerk. Er muss mit den Zuständen vieler Stellwerkselemente versorgt werden, und er muss (wie die menschlichen Bediener) zur Einstellung von Fahrstraßen fähig und aktuell berechtigt sein. Mithin stehen ihm prinzipiell die Übertragungswege und Formate offen, über die auch andere Regelbedienungen und sogar sicherheitsrelevante Hilfsbedienungen (siehe Kapitel „Bedienung und Anzeige“) abgewickelt werden. Letzteres muss dem Zuglenkrechner jedoch sicher verwehrt werden. Ein anderes Beispiel ist der Abgriff von Stellwerksmeldungen für Service und Diagnose, ggf. auch Ferndiagnose, und für betriebliche Datenerfassungssysteme (z. B. zu Statistik- und Abrechnungszwecken). Hier muss sicher ausgeschlossen werden, dass über diese nichtsicheren Teilsysteme Manipulationen an den sicheren Funktionen (einschließlich Bedienung und Anzeige) vorgenommen werden. 8.5 Wiederanlaufverhalten ANF Beim Wiederanlauf eines Teilsystems sollen kommandierte Sperren und Restriktionen (z. Langsamfahrstellen) B. Befahrbarkeits- möglichst und automatisch Umstellsperren, aus redundanter eingetragene Datenhaltung wiederhergestellt werden. ANF Ist die automatische Wiederherstellung von kommandierten Sperren und Restriktionen nicht realisiert, so muss eine autorisierungspflichtige Freigabebedienung („Bedienungen nach Anlauf freigeben“) vorgesehen werden. Vor Ausführung dieser Bedienung darf das Teilsystem nur restriktive Bedienungen Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 65 zulassen (Eintragen von Sperren und Restriktionen, Haltstellen usw.); Umstellungen und Fahrstraßeneinstellungen sind abzuweisen. ANF Nach dem Anlauf eines Teilsystems dürfen bewegliche Fahrwegelemente nicht automatisch verstellt werden, selbst wenn sie sich nicht in ihrer definierten Grundstellung bzw. nicht in kompatibler Stellung befinden. Beispielsweise dürfen sich nicht automatisch verstellen: Weichen und Gleissperren mit projektierter Grundstellung, mit projektierter Folgeabhängigkeit zu anderen Elementen, mit mehreren Antrieben (selbst wenn die Antriebe, z. B. von Zunge und Herzstück, inkompatible Stellungen haben). Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 66 9 Bedienung und Anzeige 9.1 Überblick Bedienung und Anzeige sind Querschnittsfunktionen, die bei den meisten Teilsystemen von Signal- und Zugsicherungsanlagen erforderlich sind. Außerdem führt die Konzentration der Betriebssteuerung und -überwachung in Leitstellen dazu, dass die Mensch-Maschine-Schnittstellen der verschiedenen Teilsysteme möglichst in dasselbe multifunktionale Bedienplatzsystem integriert werden sollen, zumindest aber untereinander harmonisiert werden müssen. Folglich ist es sinnvoll, die wesentlichen Anforderungen an Bedienung und Anzeige nicht auf der Ebene einzelner Teilsysteme zu spezifizieren, sondern auf Gesamtsystemebene. DEF Zur Bedienung von Signal- und Zugsicherungsanlagen gehören alle technischen Einrichtungen und Funktionen, mit denen das Betriebspersonal Aufträge zum Sichern und Steuern des Fahrbetriebs erteilen kann. DEF Zur Anzeige von Signal- und Zugsicherungsanlagen gehören alle technischen Einrichtungen und Funktionen, die dem Betriebspersonal den Gesamtzustand der Anlage zur Abwicklung des Fahrbetriebs darstellen. 9.2 Gesamtsystem, Leitstelleneinrichtungen ANF Die zentralen Bedien- und Anzeigeeinrichtungen der signal- und zugsicherungstechnischen Teilsysteme sollen soweit wie möglich integriert sein. Damit sollen Zuordnungsfehler des Personals beim Interpretieren der Anzeigen und beim Bedienen der verschiedenen Teilsystemfunktionen (z. B. Gleisfreimeldung, Fahrwegsicherung, Linienzugbeeinflussung, Bahnsteigsicherungssystem) vermieden werden. ANF Bei der Integration der Bedien- und Anzeigeeinrichtungen verschiedener Teilsysteme muss die einfache Bedienbarkeit, die Übersichtlichkeit des Anzeigebildes und die Verfügbarkeit des Gesamtsystems bei Ausfällen von Teilsystemen gewahrt bleiben. Beispielsweise müssen beim Ausfall der Linienzugbeeinflussung die Zustände der Stellwerkselemente und der Bahnsteigsicherungssysteme weiterhin erkennbar bleiben. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 67 9.3 Anzeige ANF Die signal- und zugsicherungstechnischen Elemente müssen in schematisierter topografischer Form im Anzeigebild dargestellt werden. ANF Wenn es die Größe der Anlage erfordert, muss das Anzeigebild in mindestens zwei Detaillierungsgraden darstellbar sein. Üblich sind zwei Detaillierungsgrade, einerseits die sogenannte Bereichsübersicht und andererseits die sogenannten Lupen (Stellwerks- oder Streckenlupen, Fahrzeuglupe). ANF Es soll am Bedienplatz möglich sein, gleichzeitig einen größeren Bereich in geringem Detaillierungsgrad und einen ausgewählten Ausschnitt daraus in hohem Detaillierungsgrad darzustellen. Ist das nicht möglich, muss eine Darstellung des Gesamtbereichs (in geringem Detaillierungsgrad) vom Bedienplatz aus fest sichtbar sein. Zur festen Darstellung des Gesamtbereichs dienen die sogenannten Panoramatafeln. ANF Zur Darstellung der Zustände der signal- und zugsicherungstechnischen Elemente müssen Symbolform, Farbe (Vorder- und Hintergrundsfarbe), Schrift und Dynamik (Ruhelicht / Blinken) in ergonomischer Weise verwendet werden. Dazu gehört eine klare Unterscheidbarkeit der Symbolformen mit verschiedener Bedeutung, ein guter Farbkontrast zwischen Farben mit verschiedener Bedeutung, ein ausreichender Farbkontrast zwischen Vorder- und Hintergrundfarbe, ein im Grundzustand ruhiges Anzeigebild (ohne Blinken), möglichst keine Verwendung unterschiedlicher Blinkrhythmen. ANF Die Wahl von Farben für Elementzustände muss einem einheitlichen, leicht merkbaren Konzept folgen. Die Bedeutung der Farben muss treffsicher und ohne Hilfsmittel (Legenden, Anzeigekataloge) bestimmbar sein. Beispielsweise ist es nicht sinnvoll, den Zustand (offen, geschlossen) eines Gleistors über farbige Kreise (z. B. weiß, rot) darzustellen. Sinnvoll ist entweder ein Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 68 Formsymbol, welches längs und quer zur Gleisdarstellung steht, oder eine Wechselschrift „offen“ / „geschlossen“. Beispielsweise ist es nicht benutzerfreundlich, Geschwindigkeitseinschränkungen (zeitweise eingerichtete Langsamfahrstellen) im Gleisbild mit unterschiedlichen Farben (orange = 25 km/h, blau = 40 km/h, gelb = 60 km/h) anzuzeigen. ANF Das Farbkonzept muss mit bereits normierten bzw. allgemein anerkannten Farbcodierungen kompatibel sein, insbesondere mit den Signalbildern des Verkehrsunternehmens. Bei der geforderten Kompatibilität mit den Signalbildern sind Vereinfachungen zulässig. Beispielsweise dürfen die Signalbilder H1 (grün) und H2 (grün über gelb) im Anzeigebild mit einem grünen Signalkopf dargestellt werden. ANF Für die Ausleuchtung der Gleisstreifen muss eines der folgenden Grundsysteme verwendet werden: Grundsystem Hintergrund frei und nicht frei und besetzt beansprucht beansprucht Typ 1 (analog Stelltisch) hell schwarz dunkelgrau Typ 2 dunkel Typ 3 (3) dunkel (1) oder gelb rot (2) blau gelb rot (2) gelb grün bzw. blau (1) rot (2) Fahrweg- und D-Weg-Beanspruchungen dürfen im Gleisstreifen farblich unterschieden werden (Fahrweg grün, D-Weg blau). Die farbliche Unterscheidung von Fahrweg und D-Weg ist insbesondere bei U-Bahnen mit kurzen Zugfolgezeiten zu empfehlen, wenn D-Wege die Länge von Fahrwegen erreichen oder sogar darüber hinausgehen. (2) Wenn sich aufgrund der Systemarchitektur der Abstandhaltung regulär mehrere Züge im selben Gleisfreimeldeabschnitt aufhalten können, sollte der Gleisstreifen besonders gekennzeichnet sein. (3) Die Ausleuchtung „Typ 3“ stellt den derzeitigen Standard dar. Die Unterscheidung von Zugfahrstraßen und Rangierfahrstraßen ist im BOStrabBereich in der Regel nicht erforderlich. ANF Die Anzeige des Besetzt-Zustands darf durch andere Zustandsanzeigen (z. B. Beanspruchungen, Sperren, Speicherungen, Bedienmarkierungen) nicht verdrängt werden. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 69 ANF Besondere Zustände der Gleisfreimeldung (z. B. vorbereitenden Achszählgrundstellung, Störung der logischen Freimeldung) müssen am oder im Gleisstreifen angezeigt werden. Dazu sollen Zusatzsymbole, der Bezeichner oder die Farbe des Gleisstreifens verwendet werden. ANF Ist das Anzeigebild in mehreren Detaillierungsgraden darstellbar, muss die Darstellung der Zustände der signal- und zugsicherungstechnischen Elemente zwischen den Detaillierungsgraden kompatibel und widerspruchsfrei sein. Gleiche Formen und Farben dürfen nicht verschiedene Bedeutungen tragen. Beispielsweise besteht ein Hauptsignalsymbol in der Stellwerkslupe meist aus mehreren informationstragenden Teilsymbolen wie Kopf, Mast, Fuß und Bezeichner. Muss das Hauptsignal in der Bereichsübersicht stark vereinfacht dargestellt werden, so dass Mast und Fuß keine wechselnden Informationen mehr transportieren, dann sollten Mast und Fuß auch nicht mehr so wie in der Lupe gezeichnet werden. Eine dafür bewährte Darstellung ist ein farbiges Dreieck mit der Spitze in Fahrtrichtung. ANF Ist das Anzeigebild in mehreren Detaillierungsgraden darstellbar, muss die Darstellung des Gleisbildes in den verschiedenen Detaillierungsgraden topografisch ähnlich, insbesondere gleich orientiert sein. Die Fahrtrichtung eines Zuges muss in allen Detaillierungsgraden gleich dargestellt werden, also z. B. überall von links nach rechts (nicht von rechts nach links, von oben nach unten, von unten nach oben). Ausnahmen sind nur bei Verbindungsstücken geringer Länge erlaubt. ANF Zustandsänderungen von Elementen müssen im Regelfall innerhalb von 1 s angezeigt werden. „Im Regelfall“ kann quantitativ mit „in 95 % der Betriebszeit“ unterlegt werden, qualitativ mit „außer bei besonderen Betriebszuständen wie Aufrüstzeiten, Redundanzumschaltungen“. ANF Bildaufschaltzeiten dürfen 2 s im Regelfall nicht überschreiten (gemessen von der Bildauswahl bis zum vollständigen Bildaufbau). 9.4 Bedienung ANF Bedienung und Anzeige eines signaltechnischen Elements sollen im Bedienplatz integriert sein. Dazu gehört, dass die Eingabe von Bedienkommandos Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 70 unter Verwendung der Anzeigesymbole vorgenommen wird und die bedienten Elemente - soweit möglich - im Anzeigebild markiert werden. Damit sollen Zuordnungsfehler des Personals beim Interpretieren der Anzeigen und beim Bedienen vermieden werden. ANF Die Reaktionszeiten des Bedien- und Anzeigesystems auf Bedienungen dürfen 1 s im Regelfall nicht überschreiten. ANF Reaktions- und Verarbeitungszeiten auf Notbedienungen sollen insgesamt 1 s im Regelfall nicht überschreiten. Abweichungen müssen einer Risikoanalyse unterzogen werden. 9.5 Regel- und Hilfsbedienungen DEF Regelbedienungen sind Bedienungen, bei deren Zulassungsprüfung und Ausführung keine technischen Sicherheitsabhängigkeiten aufgehoben oder umgangen werden. Zu den Regelbedienungen gehören z. B. Weichenumstellung, Weichenumstellsperrung, Fahrstraßeneinstellung und Fahrstraßenrücknahme. Bei einigen Verkehrsbetrieben ist auch die Stellung des Ersatzsignals (Vorsichtssignal, Zusatzsignal für Einzelauftrag) Fahrstraßenüberwachung auf eine Regelbedienung, Ersatzsignalebene Voraussetzung weil ist eine und die Verantwortung für die Abstandhaltung via Signalbegriff lückenlos auf den Fahrer übergeht. DEF Hilfsbedienungen sind Bedienungen, bei deren Zulassungsprüfung oder Ausführung technische Sicherheitsabhängigkeiten aufgehoben oder umgangen werden. Zu den Hilfsbedienungen gehören z. B. die Weichenhilfsumstellung, die (anders als die Weichenumstellung) auch bei besetzt gemeldeter Weiche (also ggf. unter dem Zug) ausgeführt wird, die Weichenhilfsaufösung, mit der der Fahrstraßenverschluss einer Weiche unabhängig vom aktuellen Zustand der Fahrstraße, des Startsignals und der Zugannäherung aufgelöst werden kann, die Achszählgrundstellung, mit der das Achszählwerk unabhängig von der Zahl der tatsächlich vorhandenen Fahrzeugachsen auf „Null“ gestellt wird Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 71 (was unter Umständen zur sofortigen oder vorzeitigen Freimeldung führen kann), die Hilfsausschaltung einer BÜSA, mit der der Bahnübergang unmittelbar und unabhängig von der Zugannäherung für den Straßenverkehr freigegeben wird. DEF Autorisierungspflichtige Regelbedienungen sind Regelbedienungen, bei deren Zulassungsprüfung oder Ausführung zwar keine technische Sicherheitsabhängigkeiten aufgehoben oder umgangen werden, die jedoch zur Vermeidung von Gefährdungen nur in bewusster Verantwortung des zuständigen menschlichen Bedieners eingeleitet werden dürfen. Zu den autorisierungspflichtigen Regelbedienungen gehören Bedienungen, welche Sperren aufheben (Gleis zum Befahren entsperren, Weiche zum Umstellen entsperren, Signal entsperren, Richtung zum automatischen Wechsel entsperren, etc.), dem technischen System bestätigen, dass der verantwortliche Bediener bestimmte sicherheitsrelevante Prüfungen erfolgreich durchgeführt hat (Zustimmungen zu bestimmten Fahrten; Bahnübergangsfreimeldung bei Vollschranken und BÜ-Beobachtung), Geschwindigkeitsbeschränkungen im Wert anheben oder ganz aufheben, Betriebsarten wechseln (insbesondere von manuellen bzw. Instandhaltungs-Modi in den Regelmodus bzw. automatischen Betrieb), Dauereinschaltungen (z. B. von BÜSA) aufheben, Stör- oder Notfallzustände zurücksetzen (z. B. Auslösungen von Nothaltschaltern, Brandmeldern Bahnsteigsicherungssystem, zurücksetzen; Entgleisungsdetektor, Auslösungen von Geschwindigkeitsüberwachungseinrichtungen zurücksetzen), wenn den damit verbundenen Gefährdungen nicht durch andere betriebliche oder technische Maßnahmen entgegengewirkt wird. ANF Bei der Klassifizierung der Regelbedienungen in autorisierungspflichtige und nicht autorisierungspflichtige muss eine Gefährdungsanalyse auf der Basis der Dienstanweisungen und eventuell vorhandener weiterer Schutzeinrichtungen durchgeführt werden. Eine Autorisierungspflicht besteht, wenn die unzeitige oder fehlerhafte Ausführung der Bedienung ein nicht akzeptables Risiko birgt. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 72 Das unautorisierte Entsperren eines Gleises zum Befahren ist eine Gefährdung des Personals im Gleis und des Zugverkehrs, der das unzeitig freigegebene, noch nicht befahrbare Gleis benutzt (Schienenbruch, Bauarbeiten, Instandhaltung). Der Gefährdung durch unautorisiertes Entsperren kann nun auf zwei Arten entgegengewirkt werden: entweder durch eine autorisierungspflichtige Entsperrbedienung oder durch eine Dienstanweisung, die zwingend zusätzliche Schutzmaßnahmen vorschreibt, z. B. das Herbeiführen einer Besetztmeldung durch eine Kurzschlussbrücke bei Gleisstromkreisen. DEF Hilfsbedienungen und autorisierungspflichtigen Regelbedienungen werden zusammengefasst als autorisierungspflichtige Bedienungen bezeichnet. Die Einteilung wird am Beispiel der üblichen Bedienungen zur Weichenumstellung verdeutlicht: nicht autorisierungspflichtig autorisierungspflichtig Regelbedienungen Weiche umstellen. Weiche Weichen fürs Umstellen entsperren. gegen Umstellen sperren. Hilfsbedienungen -- Diese Kombination ist nicht Besetzte Weiche hilfsumstellen. zulässig -Aufgefahrene Weiche umstellen. ANF Eingabe, Übertragung und Ausführung von autorisierungspflichtigen Bedienungen müssen als sicherheitsrelevante Funktionen behandelt und gegen die folgenden Gefährdungen gesichert werden: dass eine eingegebene Bedienung ausgeführt wird, bevor der Bediener sie im Detail kontrollieren und bestätigen konnte, dass die Bedienung von einer nicht autorisierten Quelle stammt (z. B. von einem Zuglenkrechner oder Service-Rechner), dass eine eingegebene nicht autorisierungspflichtige Bedienung verfälscht als autorisierungspflichtige Bedienung wirksam wird (z. B. eingegebene Weichenumstellung wird als Hilfsumstellung wirksam), dass die Auftragsart der eingegebenen Bedienung verfälscht wird (z. B. eingegebene Entsperrung Achszählgrundstellung), Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 gegen Befahren wirkt als 73 dass eine Bedienung an einem falschen Element wirksam wird (z. B. Achszählgrundstellung wird in einem anderen Gleis als im tatsächlich durch Augenschein auf Freisein geprüften Gleises wirksam), dass eine Bedienung zur Unzeit (verzögert, wiederholt, spontan) wirksam wird, dass eine vom Bediener stornierte Bedienung doch noch wirksam wird. Ausgehend von bestimmten Realisierungskonzepten werden autorisierungspflichtige Bedienungen auch kommandofreigabepflichtige (KF-pflichtige), eingabegesicherte oder verfahrensgesicherte Bedienungen genannt. Ob autorisierungspflichtige Bedienungen darüber hinaus zähl- oder protokollpflichtig sind, ist von der vorstehenden Sicherheitsanforderung unabhängig und wird im Abschnitt „Protokollierung und Aufzeichnung“ behandelt. ANF Für global wirkende (d.h. viele Elemente gleichzeitig betreffende) Hilfsbedienungen muss eine Gefährdungsanalyse durchgeführt werden. Eine globale Achszählgrundstellung für einen ganzen Stellwerksbereich ist in der Regel nicht vertretbar und nicht praxisgerecht, weil für eine sichere und problemlose Anwendung der gesamte Bereich tatsächlich vollständig geräumt sein müsste. Eine globale Grundstellung von Anstoßstörungen der logischen Freimeldung ist in der Regel vertretbar, um die gesetzten Störungen nach Hochlauf eines Stellwerksrechners schnell zurücksetzen zu können. ANF Wenn eine Hilfsbedienung eine bestimmte sicherungstechnische Abhängigkeit der entsprechenden Regelbedienung umgeht, dann sollte die Zulassungsprüfung der Hilfsbedienung diese bestimmte Abhängigkeit ignorieren. Die Zulassungsprüfung sollte nicht das logische Gegenteil der bestimmten Abhängigkeit zur Bedingung der Hilfsbedienung machen. Z.B. sollte die Weichenhilfsumstellung nicht davon abhängig gemacht werden, dass die Weiche tatsächlich besetzt gemeldet wird. Dazu folgende Begründungen: (1) Der Bediener hat bei Hilfsbedienungen ohnehin eine gesteigerte Verantwortung und Sorgfaltspflicht. Man darf voraussetzen, dass der Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 74 Bediener nicht grundlos Hilfsbedienungen benutzt, wenn Regelbedienungen zulässig und wirksam wären. (2) Die Verfügbarkeit wird gesteigert, wenn die Hilfsbedienung, die eine Abhängigkeit umgehen soll, dies auch in allen Störfällen und undefinierten Zuständen vermag. Die Weichenhilfsumstellung ohne Abhängigkeit von der tatsächlichen Besetztmeldung ist beispielsweise auch dann verfügbar, wenn die Freimeldung als gestört bewertet wurde (z. B. Antivalenzfehler beim Einlesen), die Freimeldung niederfrequent zwischen dem Besetzt- und dem Freizustand flattert (z. B. bei Tonfrequenz-Gleisstromkreisen), die Weiche selbst stellbar und überwacht ist, aber die Verbindung zum zugehörigen Freimeldeelement ausgefallen ist (Freimeldezustand undefiniert). EXT ANF Vom Bedienpersonal wird erwartet, dass es situationsgerecht die Bedienvariante bzw. Bedienfolge mit dem höchstmöglichen Sicherheitsniveau wählt. Beispielsweise wird für die Sicherung einer Zugfahrt erwartet, dass der Bediener die prinzipiellen Möglichkeiten in der folgenden Reihenfolge (mit abnehmendem Sicherheitsniveau) wählt: Fahrstraßeneinstellung mit Fahrtsignalbegriff. Fahrstraßeneinstellung mit Ersatzsignalbegriff (Vorsichtssignal, Zusatzsignal für Einzelauftrag, Störsignal etc.). Fahrstraßeneinstellung und mündlicher Einzelauftrag gegen Haltsignal. Einzelstellung und Umstellsperrung der Fahrweg- und Flankenschutzweichen und mündlicher Einzelauftrag gegen Haltsignal. Einzelstellung der Fahrweg- und Flankenschutzweichen, Laufkettensperrung des automatischen Weichenumlaufs und mündlicher Einzelauftrag gegen Haltsignal. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 75 9.6 Protokollierung und Aufzeichnung Aktivitäten zur Aufrechterhaltung der Betriebs- und Verkehrssicherheit sind nach EN 50126 und TRStrab SIG ZA auch in den Lebenszyklusphasen „Betrieb und Instandhaltung“ „Erfassung der Leistungsfähigkeit“ als kontinuierliche Aufgaben vorgeschrieben. Bei Unregelmäßigkeiten und Unfällen sind Aufzeichnungs- und Rekonstruktionsmittel äußerst hilfreich. ANF Hilfsbedienungen müssen mit eindeutigen Parametern (Bedienplatz, Uhrzeit, bedientes Element, bedientes Kommando) protokolliert werden. Bei Störungen der technischen Protokollierung müssen die Bediener manuell protokollieren. Um die Lückenlosigkeit der technischen und ggf. manuellen Protokollierung nachzuweisen, sollen die Hilfsbedienungen durchlaufend gezählt werden. ANF Autorisierungspflichtige Regelbedienungen müssen nicht wie Hilfsbedienungen protokolliert bzw. gezählt werden. DEF In Aufzeichnungsstufe 1 werden die Hilfsbedienungen und ggf. die autorisierungspflichtigen Regelbedienungen automatisch aufgezeichnet. DEF In Aufzeichnungsstufe 2 werden alle Regel- und Hilfsbedienungen sowie alle von den Teilsystemen erzeugten textlichen Fehler- und Störungsmeldungen automatisch aufgezeichnet. Aufzeichnungsstufe 2 entspricht den sogenannten „Betriebstagebüchern“. DEF In Aufzeichnungsstufe 3 werden alle Regel- und Hilfsbedienungen, alle von den Teilsystemen erzeugten textlichen Fehler- und Störungsmeldungen sowie alle von den Teilsystemen erzeugten betrieblichen Zustandsmeldungen automatisch aufgezeichnet. Aufzeichnungsstufe 3 enthält die Funktion „Record & Playback“, d.h. die kontinuierliche Aufzeichnung und bedarfsweise Wiedergabe der Stellwerkslupenbilder. ANF Neue Signal- und Zugsicherungsanlagen müssen mindestens die Aufzeichnungsstufe 2 realisieren. Nach Möglichkeit soll Aufzeichnungsstufe 3 realisiert werden. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 76 ANF Die nach Aufzeichnungsstufe 2 und 3 gesammelten Aufzeichnungen müssen sich bedarfsweise manuell oder teilautomatisiert für die folgenden Ziele auswerten lassen: Aufklärung von Unfällen und anderen Unregelmäßigkeiten. Statistik der technischen Sicherheitsreaktionen. Statistik der technisch bedingten Fehlern und Störungen. Statistik der Hilfsbedienungen. Qualitative Bewertung der Häufigkeit und Zumutbarkeit von Hilfsbedienungen. Allgemeine betriebliche Statistik als Grundlage für Risikoanalysen. ANF Um eine verlässliche bedarfsweise Auswertung der Aufzeichnungen zu ermöglichen, müssen die Zeitstempel der Meldungen beteiligter Teilsysteme hinreichend genau synchronisiert sein. Das gilt auch für die Zeitstempel von Meldungen der Fahrzeuge. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 77 10 Anhänge 10.1 Abkürzungen Die Abkürzungen von Gesetzen, Verordnungen, Normen und anderen Regelwerken sind nicht hier, sondern im Anhang 3 (Gesetze und Rechtsverordnungen, Richtlinien und Normen) aufgeführt. Interne Textmarken der TRStrab SIG (wie "ANF" für Anforderung) sind grau hinterlegt. aaRdT allgemein anerkannte Regeln der Technik ANF Anforderung der TRStrab SIG BÜ Bahnübergang BÜSA Bahnübergangs-Sicherungsanlage DEF Definition der TRStrab SIG D-Weg Durchrutschweg (Teil einer Fahrstraße) EBA Eisenbahn-Bundesamt ESTW Elektronisches Stellwerk EXT ANF Externe Anforderung der TRStrab SIG (an andere Teilsysteme gerichtet) FRS Functional Requirement Anforderungsspezifikation GOA Grade of Automation = Automatisierungsgrad des Zugbetriebs GOA0 Sichtfahrbetrieb (Fahren auf Sicht) GOA1 Nichtautomatischer Fahrbetrieb GOA2 Halbautomatischer Fahrbetrieb GOA3 Fahrerloser Fahrbetrieb GOA4 Unbegleiteter Fahrbetrieb GOL Grade of Line = Streckentyp HR highly recommended = dringend empfohlen M mandatory = zwingend anzuwenden MGS mindestens gleiche Sicherheit (§ 2Abs. 2 BOStrab) NA not applicable = nicht anwendbar NMAU nicht mehr als unvermeidbar gefährden (§ 3 Abs. 1 BOStrab) NRQ not required = nicht erforderlich NR not recommended = nicht empfohlen OCC Operation Control Center = Betriebsleitstelle PT1 Planteil 1 (Lastenheft, Risikoanalyse, Entwurfsplanungsunterlagen) Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 Specification = Funktionale 78 PT2 Planteil 2 (Pflichtenheft, Realisierungsunterlagen) R recommended = empfohlen RSTW Relaisstellwerk (Drucktasten-, Gleisbild-, Spurplanstellwerk) SBA sicherheitsbezogene Annahme der TRStrab SIG SPNV schienengebundener Personennahverkehr TAB Technische Aufsichtsbehörde = Safety Authority THR tolerable hazard rate = zulässige Gefährdungsrate TR Technische Regeln UGT Urban guided transport Personennahverkehr UGTMS Urban guided transport management and command/control system = Betriebsleit- und Zugsicherungssystem für den städtischen schienengebundenen Personennahverkehr Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 = städtischer Sicherheitsnachweise, schienengebundenen 79 10.2 Begriffsbestimmungen Eigene Definitionen der TRStrab SIG werden mit einem Verweis auf den Abschnitt der TRStrab SIG aufgeführt. Definitionen aus anderen Dokumenten werden mit ihrem Definitionstext und der Quelle aufgelistet. Begriff Definition Abnahme Verwaltungsakt der Aufsichtsbehörde, der die Inbetriebnahme eines Systems im bestimmungsgemäßen Umfang erlaubt. Diese Abnahme wird in schriftlicher Form erklärt. Bahnunternehmen Unternehmer im Sinne des § 3 PBefG. Begutachtung Analyseprozess zur Feststellung, ob Entwurf und Validation ein Produkt zustande gebracht haben, das die spezifizierten Anforderungen erfüllt, und um zu beurteilen, ob das Produkt für seinen gedachten Anwendungszweck geeignet ist. Durchrutschweg, (D-Weg) Der D-Weg ist der Teil einer Fahrstraße, der als Schutzstrecke aus Sicherheitsgründen freigehalten werden muss. Einzelprüfung Entspricht inhaltlich dem Verfahren einer Produktbzw. Typzulassung, deckt aber nur den Anwendungsbereich einer Anlage ab. Erlaubnis zur Nutzung (Betriebserlaubnis) Formale Erlaubnis, ein Produkt innerhalb der spezifizierten Anwendungsgrenzen zu verwenden. Fahrbetrieb Fahrbetrieb umfasst das Einstellen und Sichern der Fahrwege, das Abfertigen und Führen der Züge sowie das Rangieren (§ 1 Abs. 5 BOStrab). Gefährdungslogbuch Verfahren zum kontinuierlichen Nachweis des Aufdeckens sicherheitsrelevanter Fehler und deren Beseitigung durch Hersteller und Bahnunternehmen. Grade of Automation, GOA Siehe Definitionen „Betriebsweisen“ Lastenheft - Auch Systemanforderungsspezifikation Beschreibung der unmittelbaren Anforderungen, Erwartungen und Wünsche an ein geplantes System, formuliert in natürlicher Sprache. Gemäß DIN 69905 beschreibt das Lastenheft die „vom Auftraggeber festgelegte Gesamtheit der Forderungen an die Lieferungen und Leistungen eines Auftragnehmers innerhalb eines Auftrages“. Lebenszyklus Die Aktivitäten während einer Zeitspanne, die mit der Konzipierung eines Systems beginnt und mit seiner Stilllegung, wenn das System nicht länger für den Gebrauch verfügbar ist, endet. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 GOA0 - GOA4 in Kapitel 80 Begriff Definition Pflichtenheft - Auch Systemarchitektur- und Systementwurfsspezifikation Beschreibung der Realisierung von Lastenheftanforderungen durch den Hersteller. Laut DIN 69905 umfasst das Pflichtenheft die „vom Auftragnehmer erarbeiteten Realisierungsvorhaben aufgrund der Umsetzung des vom Auftraggeber vorgegebenen Lastenheftes“. Projektierung Das Strukturieren und Verbinden der Hard- und Software einer generischen Anwendung für seine beabsichtigte spezifische Anwendung. PT1 - Planteil 1 Einzureichende Bauunterlagen, die eine geplante Anwendung hinreichend beschreiben, ohne der im späteren Lebenszyklus erfolgenden technischen Umsetzung vorzugreifen. Zum PT1 gehören Lastenheft, Risikoanalyse und Entwurfsplanungsunterlagen. PT2 - Planteil 2 Einzureichende Bauunterlagen, die eine realisierte Anwendung für die Plan- und Abnahmeprüfung hinreichend technisch beschreiben. Zum PT2 gehören Pflichtenheft, Nachweis der Beherrschung der Gefährdungen und Realisierungsunterlagen. RAMS Reliability = Zuverlässigkeit, Availability = Verfügbarkeit, Maintainability = Instandhaltbarkeit, Safety = Sicherheit. Risikoanalyse Ermittlung von Sicherheitsanforderungen für eine Schutzfunktion oder ein Teilsystem zur Reduzierung des aus dem Prozess resultierenden Risikos. Risikoanalyse (qualitativ) Ermittlung von notwendigen minimalen Risikominderungen unter Zugrundelegung klassifizierter Risikoparameter. Risikoanalyse (quantitativ) Mathematische Ermittlung von tolerierbaren Gefährdungsraten (Tolerable Hazard Rates) unter Zugrundelegung statistischer Eingangsdaten. Safety Integrity siehe Sicherheitsintegrität Safety Integrity Level (SIL) siehe Sicherheitsanforderungsstufe Sicherheit Das Nichtvorhandensein Schadensrisikos. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 eines unzulässigen 81 Begriff Definition Sicherheitsanforderungsstufe Eine von einer festgelegten Anzahl diskreter Stufen für die Spezifizierung der ausreichenden Sicherheit von Sicherheitsfunktionen, die sicherheitsrelevanten Systemen zugeordnet sind. Die Sicherheitsanforderungsstufe mit der höchsten Ordnungsziffer hat den höchsten Level der ausreichenden Sicherheit. Sicherheitsgutachten Dokument, in dem der Gutachter abschließend die Ergebnisse der Begutachtung eines Produktes oder einer Anwendung darlegt. Sicherheitsintegrität Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein System die festgelegten Sicherheitsanforderungen unter allen festgelegten Bedingungen innerhalb einer bestimmten Zeitspanne erfüllt. Sicherheitsmanagement Die Managementstruktur, die sicherstellt, dass der Sicherheitsprozess richtig umgesetzt wird. Sicherheitsnachweis Der dokumentierte Nachweis, dass das Produkt die spezifizierten Sicherheitsanforderungen erfüllt. Sicherheitsplan Eine dokumentierte Zusammenstellung zeitlich festgelegter Maßnahmen, Hilfsmittel und Ereignisse, die der Einführung einer Organisationsstruktur, von Verantwortlichkeiten, Verfahren, Maßnahmen, Fähigkeiten und Hilfsmitteln dient. Insgesamt ist damit gewährleistet, dass ein Objekt die für einen gegebenen Vertrag oder ein Projekt vorgegebenen Sicherheitsanforderungen erfüllt. Straßenbahn Nach § 4 Abs. 2 PBefG gelten auch Hoch- und Untergrundbahnen, Schwebebahnen und ähnliche Bahnen besonderer Bauart als Straßenbahnen. SystemAnforderungsspezifikation siehe Lastenheft SystemArchitekturspezifikation siehe Pflichtenheft (Teil des Pflichtenheftes) System-Entwurfsspezifikation siehe Pflichtenheft (Teil des Pflichtenheftes) Technische Aufsichtsbehörde „Technische Aufsichtsbehörde“ im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 3 PBefG. Quelle: TR SIG ZA. Validation Der auf Tests und Analysen beruhende Nachweis, dass - das generische Produkt, - die generische Anwendung, - die spezifische Anwendung in allen Belangen die für den bestimmungsgemäßen Gebrauch spezifizierten Anforderungen erfüllt. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 82 Begriff Definition Verifikation Die auf Analysen und Tests beruhende Feststellung, dass das Ergebnis jeder Phase eines Lebenszyklus die Anforderungen der vorausgehenden Phase erfüllt. Verfügbarkeit Die Fähigkeit eines Produktes, in einem Zustand zu sein, in dem es zu einem vorgegebenen Zeitpunkt oder während eines vorgegebenen Zeitintervalls eine geforderte Funktion unter vorgegebenen Bedingungen erfüllen kann, vorausgesetzt, dass die erforderlichen äußeren Mittel bereitgestellt sind. Zulassung Formale Erlaubnis, ein Produkt bzw. eine generische oder spezifische Anwendung innerhalb der spezifizierten Anwendungsgrenzen zu verwenden. Zustimmung Bescheid der zuständigen Aufsichtsbehörde nach § 60 Abs.3 BOStrab, dass mit dem Bau von Betriebanlagen begonnen werden darf. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 83 Literaturverzeichnis Gesetze und Rechtsverordnungen BOStrab Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab), 11.12.1987. PBefG Personenbeförderungsgesetz Richtlinien bzw. Technische Regeln TRStrab Br Technische Regeln Bremsen - Bemessung und Prüfung der Bremsen von Fahrzeugen (TRStrab Br) TRStrab SIG ZA Technische Regeln für Straßenbahnen - Zulassung und Abnahme von Signal- und Zugsicherungsanlagen (TRStrab SIG ZA) TRStrab FoF Technische Regeln für Straßenbahnen Fahrzeugführer (TRStrab FoF) Fahrbetrieb ohne SIG RMI Richtlinie für die Montage und Instandhaltung Bahnsignalanlagen - SIG RMI - (EBO / BOStrab). von - Normen DIN EN 50126 Bahnanwendungen Spezifikation und Nachweis der Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Instandhaltbarkeit und Sicherheit (RAMS), März 2000. Auch als IEC 62278. DIN EN 50128 Bahnanwendungen - Telekommunikationstechnik, Signaltechnik und Datenverarbeitungssysteme - Software für Eisenbahnsteuerungsund Überwachungssysteme, November 2001. Auch als IEC 62279. DIN EN 50129 EN 50129, Bahnanwendungen - Telekommunikationstechnik, Signaltechnik und Datenverarbeitungssysteme – Sicherheitsrelevante elektronische Systeme für Signaltechnik, Dezember 2003. Mü 8004 Technische Grundsätze für die Zulassung von Sicherungsanlagen (Mü 8004). Eisenbahn-Bundesamt (EBA), Zentrale - Büro München, 01.08.2003. DIN VDE 0831 Elektrische Bahn-Signalanlagen. DKE im DIN VDE, April 2006. DIN EN 61508 Funktionale Sicherheit sicherheitsbezogener elektrischer/elektronischer/programmierbarer elektronischer Systeme, November 2002. DIN EN 62267 DIN EN 62267 (VDE 0831-267):2008, Bahnanwendungen Automatischer städtischer schienengebundener Personennahverkehr (AUGT) - Sicherheitsanforderungen. DKE im DIN VDE, Entwurf, 2008. DIN EN 62290-1 DIN EN 62290-1 (VDE 0831-290-1):2007, Bahnanwendungen Betriebsleit- und Zugsicherungssysteme für den städtischen schienengebundenen Personennahverkehr Teil 1: Systemgrundsätze und grundlegende Konzepte. DKE im DIN und VDE, August 2007. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015 84 DIN EN 62290-2 DIN EN 62290-2 (VDE 0831-290-2):2009, Bahnanwendungen Betriebsleit- und Zugsicherungssysteme für den städtischen schienengebundenen Personennahverkehr Teil 2: Funktionale Anforderungsspezifikation. DKE im DIN und VDE, Norm-Entwurf April 2009. Ausgabe: 01. August 2012 in der Fassung vom 25. Februar 2015