DE RAT DER EUROPÄISCHEN UNION P/06/78 Brüssel, den 31. Mai 2006 9962/06 (Presse 163) Erklärung des Vorsitzes im Namen der Europäischen Union zur Einstufung der LTTE als terroristische Organisation 1. 2. Der Rat der Europäischen Union (EU) hat am 29. Mai 2006 beschlossen, die LTTE (Befreiungstiger von Tamil Eelam) auf die Liste der Organisationen zu setzen, auf die die EU besondere Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus anwendet. Diese Liste enthält die Namen von Personen, Vereinigungen und Körperschaften, gegen die aufgrund ihrer Beteiligung an terroristischen Handlungen spezielle restriktive Maßnahmen zu ergreifen sind, unter anderem: das Einfrieren von Geldern und anderen Vermögenswerten oder wirtschaftlichen Ressourcen der verzeichneten Personen und Körperschaften; ein Verbot, diesen Personen, Vereinigungen und Körperschaften Gelder, Vermögenswerte und wirtschaftliche Ressourcen oder Finanz- bzw. andere damit zusammenhängende Dienstleistungen unmittelbar oder mittelbar zur Verfügung zu stellen; Maßnahmen im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Die Entscheidung der EU, die LTTE in diese Liste aufzunehmen, sollte niemanden überraschen. Die LTTE ist mehrfach gewarnt worden und hat diese Warnungen systematisch ignoriert. In ihrer Erklärung vom 27.September 2005 hat die EU mitgeteilt, dass sie "aktiv die Möglichkeit prüft, die LTTE formal auf die Liste der terroristischen Organisationen zu setzen" (Dok. 12669/1/05). Die EU hat dann an alle Parteien appelliert, ihr Engagement und ihre Verantwortung für den Friedensprozess zu zeigen und auf Aktionen zu verzichten, die eine friedliche und politische Lösung des Konflikts gefährden könnten. Dieser Appell ist leider unbeachtet geblieben. Die Entscheidung der EU, die LTTE als terroristische Organisation einzustufen, ist durch die Handlungen dieser Organisation begründet. PRESSE Rue de la Loi 175 B – 1048 BRÜSSEL Tel. +32 (0)2 281 6319 Fax: +32 (0)2 281 8026 [email protected] http://www.consilium.europa.eu/Newsroom 9962/06 (Presse 163) 1 DE Die EU sieht nach wie vor einen Bedarf, dass die LTTE den Weg der Gewalt verlassen und die Friedensgespräche wieder aufnehmen muss und wird ihren Dialog mit der LTTE aufrechterhalten, wo immer solche Kontakte im Rahmen des Friedensprozesses zu einer Wiederaufnahme der Verhandlungen und zur Beendigung der Gewalt beitragen können. Die Aufnahme der LTTE in die Liste ändert nichts an der Entschlossenheit der EU, ihre Rolle als Ko-Vorsitzender der Tokio Konferenz wahrzunehmen [1]. Die EU betont, dass ihre Entscheidung auf die LTTE abzielt und nicht gegen die tamilische Bevölkerung gerichtet ist. 3. Gleichzeitig ruft die EU die sri-lankischen Behörden auf, die Gewalt in den Gebieten einzudämmern, die unter der Kontrolle der Regierung stehen. In diesem Zusammenhang steht die EU zu allen Ergebnissen der Berichte der Sri Lanka Monitoring Mission (SLMM). Die EU fordert die Regierung von Sri Lanka nachdrücklich auf, wirksam der Zusage von Präsident Rajapakse nachzukommen, dass der Kultur der Straflosigkeit ein Ende gesetzt und konsequent gegen alle Gewaltakte in den von der Regierung kontrollierten Gebieten vorgegangen wird. Die EU ruft die Regierung außerdem eindringlich auf, Recht und Ordnung für alle Bürger von Sri Lanka sicherzustellen und alle Fälle der Gewaltausübung, die bisher nicht zu Festnahmen oder Verurteilungen geführt haben, zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen. 4. Die Zunahme der Gewalt ist nicht allein durch die LTTE verursacht. Die EU fordert die sri-lankischen Behörden auf, die Gewalt in den von der Regierung kontrollierten Gebieten einzudämmen. Die EU stellt mit Sorge fest, dass die Zahl der Berichte über außergerichtliche Hinrichtungen zunimmt. Sie sieht die Aktivitäten der KarunaGruppe im denkbar schlechtesten Licht. Diese Aktivitäten tragen eindeutig dazu bei, die Instabilität in Sri Lanka zu erhöhen, und gefährden den Friedensprozess noch weiter. Die EU beabsichtigt, die Aktivitäten der Karuna-Gruppe aufmerksam zu verfolgen, um mögliche weitere Schritte zu prüfen. 5. Die EU wird die Lage in Sri Lanka aktiv beobachten und dabei die Aktivitäten aller Konfliktparteien berücksichtigen. Sie ist auch künftig bereit, weitere Maßnahmen zu ergreifen, wenn geänderte Umstände dies rechtfertigen. 6. Die Europäische Union ist der festen Überzeugung, dass nur eine friedlich ausgehandelte Regelung zu einer langfristigen Lösung führen kann, die für alle annehmbar ist. In diesem Zusammenhang erinnert die EU an die von allen beteiligten Parteien in Oslo getroffene Vereinbarung, eine besondere institutionelle Lösung für Sri Lanka zu suchen. Alle Beteiligten haben die Verantwortung, im Interesse der gesamten sri-lankischen Bevölkerung zu handeln. Die EU fühlt sich dem Friedensprozess in Sri Lanka weiterhin in vollem Umfang verpflichtet. Sie fordert alle Parteien eindringlich auf, der Gewalt ein Ende zu setzen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren und so die Bevölkerung von Sri Lanka von den Qualen eines seit zwanzig Jahren andauernden Konflikts zu erlösen. 1 Die Tokio Ko-Vorsitzenden sind Japan, Norwegen, die USA und die Europäische Union. Sie werden so bezeichnet wegen ihrer Rolle als Ko-Vorsitzende der Konferenz über „Wiederaufbau und Entwicklung in Sri Lanka“, die von 9.-10. Juni 2003 in Tokio abgehalten wurde. 9962/06 (Presse 163) 2 DE 7. Die EU ist weiterhin fest entschlossen, Norwegen bei seiner Arbeit als „Facilitator“ zu unterstützen und den beiden Parteien der Waffenstillstandsvereinbarung in Sri Lanka zu helfen, ihre Konflikte zu lösen und eine langfristige friedliche Regelung für Sri Lanka zu finden. Dazu bedarf es allerdings eines echten Einsatzes für den Friedensprozess sowohl von Seiten der Regierung Sri Lankas als auch von Seiten der LTTE. Die EU erwartet von allen Parteien, dass sie die Rolle und die physische Sicherheit der SLMM-Beobachter respektieren. 9962/06 (Presse 163) 3 DE