Mag. Johannes Kresbach, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Abt. III/3, Stubenring 12, 1012 Wien – Information zum Thema Situation der Welternährung Der Kampf gegen Hunger und Mangelernährung auf globaler Ebene zählt zu den wichtigsten Aufgaben der internationalen Staatengemeinschaft. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, FAO, mit Sitz in Rom, ist das weltgrößte internationale Forum, das sich dieses Kampfes annimmt. Obwohl sich auf den FAO-Welternährungsgipfeln 1996 und 2002 die Staats- und Regierungschefs dazu verpflichtet haben, die Zahl der Hungernden bis zum Jahr 2015 im Vergleich zu 1990/92 zu halbieren – ein Ziel, das auch im Millenniumsentwicklungskatalog Aufnahme gefunden hat -, gelten derzeit weltweit immer noch mehr als 852 Millionen Menschen als unterernährt, davon 815 Mio. in Entwicklungsländern, 28 Mio. in Übergangsökonomien und 9 Mio. in Industrieländern. Allein in Afrika leiden 27 Prozent der Bevölkerung an Unterernährung, das sind 210 Mio. Menschen. Knappe 9 Jahre vor dem Zieldatum 2015 können - beim gegenwärtigen Stand der Hungerbekämpfung - von allen Entwicklungsregionen nur Südamerika und die karibischen Länder das Millenniumsziel (MDG) erreichen, den Anteil der Hungernden zu halbieren. Der jüngste Welthungerbericht aus 2005 betonte den engen Zusammenhang zwischen Hungerbekämpfung und den anderen Millenniums-Entwicklungszielen: Maßnahmen zur Ernährungssicherung in den ärmeren Ländern können die hohen Sterblichkeitsrate von Kindern und Müttern verringern, eine bessere Schulbildung ermöglichen, die Gleichberechtigung von Frauen und die Schonung von Umwelt und Ressourcen fördern. Ausreichende und gesunde Ernährung sind ein Beitrag zur Bekämpfung von Seuchen wie HIV/AIDS, Malaria und Tuberkulose. Bisher haben lediglich Südamerika und die Karibik-Staaten sowie einige Länder Südostasiens Fortschritte bei der Bekämpfung der Unterernährung gemacht. In den meisten Ländern des südlichen Afrika besteht das Ernährungsproblem weiterhin unvermindert fort. In der südlichen Sahara-Zone haben von 2000 bis 2002 gar 203,5 Millionen Menschen an Hunger und Unterernährung gelitten. Zehn Jahre vorher waren es 170,4 Millionen. Hunger und Armut sind wesentlich Probleme des ländlichen Raums, 70% der in Armut lebenden Bevölkerung entstammen dem ländlichen Raum. Die Ursachen sind vielfältig, immer aber stehen sie im Zusammenhang mit dem mangelnden Zugang zu produktiven Ressourcen, wie Land, Wasser, Ausbildung und Krediten. 1 Mag. Johannes Kresbach, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Abt. III/3, Stubenring 12, 1012 Wien – Information zum Thema Der Internationale Vertrag für pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (ITPGR-FA, kurz: IT) Der IT, ein internationales Abkommen auf Basis der Konvention für biologische Vielfalt (CBD), wurde bei der 31. FAO-Konferenz im November 2001 verabschiedet, ist international seit 29. Juni 2004 und für Österreich seit Februar 2006 in Kraft, und stellt das erste rechtlich bindende Übereinkommen über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft dar. Kernpunkte sind ein multilaterales System des erleichterten Zugangs (MLS) für die im Annex 1 des IT festgehaltenen Arten (zB Mais, Getreide, Reis; nicht aber: Sojabohne) für Zwecke der Forschung, Züchtung und Ausbildung für Ernährung und Landwirtschaft und ein Mechanismus der gerechten und ausgewogenen Aufteilung der daraus entstehenden Nutzungsvorteile (Benefit Sharing=BS). Dieser Art sollen auch Bauern und Bäuerinnen (vor allem in den Entwicklungsländern) für die Erhaltung alter Sorten entschädigt werden. Die erste Sitzung des Governing Body (in Folge kurz: GB), 12.-16.06.06, Madrid) Die erste Sitzung des GB des IT (zusammengesetzt aus Vertretern aller Vertragsparteien) fand auf Einladung der spanischen Regierung vom 12.-16. Juni 2006 in Madrid statt. Zu den wichtigsten Beschlüssen dieser Sitzungen zählen: ein standardisiertes Material-TransferÜbereinkommen (standard material transfer agreement = sMTA), das als Herzstück der Durchführung des IT und seines Multilateralen Systems (MLS) u.a. vorsieht, dass Empfänger die im Rahmen des MLS erhaltenen pflanzengenetischen Ressourcen (PGR) weiterhin diesem bereitstellen und keine Rechte des geistigen Eigentums oder sonstige Rechte, die den erleichterten Zugang zu PGR einschränken, beanspruchen und dass sie die Vorteile aus nachfolgender Vermarktung durch Benefit-Sharing-Zahlungen abgelten (1,1% des BruttoVerkaufserlöses von Produkten, die PGR des MLS enthalten, abzüglich 30% Verwaltungskosten); weiters wurden beschlossen ein Biennal-Budget 2006-07, die Geschäftsordnung des GB, die Finanzregeln des GB, die Finanzierungsstrategie des IT und erste Elemente für Vertragseinhaltungsmechanismen (Etablierung eines „Compliance-Komitees“). Insbesondere wurde auch die Zusammenarbeit mit der Konferenz der Vertragsparteien der CBD beschlossen. 2 Mag. Johannes Kresbach, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Abt. III/3, Stubenring 12, 1012 Wien – Information zum Thema Kernpunke des IT sind die: Erhaltung, Erforschung, Sammlung, Charakterisierung, Evaluierung und Dokumentation pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft Nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen Internationale Zusammenarbeit Technische Unterstützung (für Entwicklungsländer) Rechte der Bauern (Farmer‘ s rights): "Farmers' rights" gemäß der CBD (Convention on Biological Diversity) bedeutet, dass Landwirte für die Erhaltung alter Sorten und Herkünfte in den Genzentren für Kulturpflanzen, die v.a. in Entwicklungs-ländern liegen, entschädigt werden sollen. ("Farmers' exemptions" bedeutet, dass das Ausschließlichkeitsrecht des Sortenschutzinhabers (Züchters) über seine geschützten Sorten dahingehend eingeschränkt wird, dass der Landwirt prinzipiell dieses Saatgut ohne seine Zustimmung nachbauen darf, wenn er es nicht weiter vermarktet.) Das Multilaterale System: Es erstreckt sich auf eine Artenliste von nach den Kriterien der Ernährungssicherheit und gegenseitiger Abhängigkeit ausgewählten Pflanzenarten. Die genetischen Ressourcen der in der Liste angeführten Nutzpflanzen (61 Nutzpflanzenarten unterteilt in Nahrungsund Futterpflanzen) sind im Rahmen des Systems für alle Vertragsparteien zugänglich. Der Zugang zu diesen genetischen Ressourcen wird für Zwecke der Forschung, Züchtung und Ausbildung für Ernährung und Landwirtschaft gewährt. Chemische, pharmazeutische und sonstige Verwendungen in der Nichtnahrungs/Nichtfuttermittelwirtschaft sind ausgeschlossen. Für Arten, welche nicht in der Artenliste des Multilateralen Systems aufscheinen, ist der Zugang bilateral (nach den Spielregeln der CBD) zu regeln. Aufteilung der Vorteile im Multilateralen System (Benefit Sharing): Vorteile, die sich aus der Nutzung genetischer Ressourcen ergeben, sind gerecht und ausgewogen aufzuteilen. Diese umfassen neben dem Zugang zu den genetischen Ressourcen den Informationsaustausch, die Weitergabe von Technologie, den Kapazitätsaufbau und die Aufteilung der Vorteile aus der Vermarktung. Zielsetzung: Der Zugang zu genetischen Ressourcen innerhalb des Systems ist frei und der Gewinn aus ihrer Nutzung sollte gemeinschaftlich allen zugute kommen, indem wiederum die Erhaltung der genetischen Vielfalt der Welt finanziert wird. 3