euronatur - Info Die Konvention zur Biologischen Vielfalt (CBD) Die Konvention – 10 Jahre nach Rio: Im Jahr 1992 fand im brasilianischen Rio de Janeiro die zweite Umweltkonferenz der Vereinten Nationen statt. Die Versammlung kam damals überein, zukünftig die Schutzbemühungen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt zu verstärken. Als ein Teil der weltweit bekannten Agenda 21 wurde deshalb ein internationales Übereinkommen / Konvention über die biologische Vielfalt erarbeitet und verabschiedet. Der Kern dieser Convention on Biological Diversity (CBD) ist, die Erhaltung der biologischen Vielfalt auch zur Nutzung für zukünftige Generationen zu erreichen. So wurde in der CBD nicht nur die Notwendigkeit des weltweiten Schutzes der bekannten und unbekannten Arten festgestellt. Auch die Verpflichtung der Vertragsparteien zu notwendigen Schutzmaßnahmen ist darin festgeschrieben sowie die Anerkennung, dass die Menschheit essentiell auf eine dauerhafte Nutzungsfähigkeit der natürlichen Ressourcen angewiesen ist. Der Begriff der Nachhaltigkeit wurde damit zum ersten Mal in einem internationalen Vertragswerk niedergeschrieben und zum Prinzip der wirtschaftlichen Nutzung natürlicher Ressourcen gemacht. In diesem Zusammenhang ist auch das Prinzip der gerechten Verteilung des wirtschaftlichen Vorteils aus der Nutzung der Arten und ihrer genetischen Grundlagen in der Konvention geregelt worden: kurz ‚benefit sharing‘ oder auf deutsch ‚gerechte Gewinnverteilung’. Die Vertragspartner sind sich bewusst, dass Arten und ihrer genetischen Ausstattung und Vielfalt eine hohe wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Als Konsequenz wird hier festgelegt, dass diejenige Nation, in deren Staatsgebiet die Hauptverbreitung wirtschaftlich interessanter Arten liegt, auch die Nutzungsrechte hat und einen Gewinnanteil aus der wirtschaftlichen Verwertung dieser Ressourcen außerhalb ihres Landes erhalten soll. Bis heute haben mehr 180 Staaten die Konvention unterschrieben; allerdings fehlt die größte Wirtschaftsmacht der Welt - die USA. Seit 2000 ergänzt das Catagena-Protokoll die CBD. Das Protokoll ist auch als BiosafetyProtokoll bekannt und regelt den Umgang, Transfer und Gebrauch von lebenden, biotechnischveränderten Organismen. Dadurch wird die CBD um ein Instrument erweitert, das großen Einfluss auf den weltweiten Handel mit gentechnisch modifiziertem Saatgut hat. Zwar haben mehr als 100 Staaten dieses Protokoll unterzeichnet, jedoch haben es bis heute nur 11 Staaten ratifiziert – nicht darunter ist Deutschland. 15 sind jedoch notwendig, damit es in Kraft tritt. Vielfalt der Arten Die Zahl bekannter Tier- und Pflanzenarten wird derzeit auf 1,75 Millionen geschätzt. Der weitaus größere Teil der Arten wartet aber noch auf seine Entdeckung. Das World Conservation Monitoring Centre (WCMC), sozusagen die weltweite Artenregistratur, schätzt die Zahl der bisher noch unbekannten Arten auf 5 bis 100 Millionen. Normalbürger kennen gerade 0,01 Prozent der bekannten Arten und häufig sind ihnen die Namen von Automarken geläufiger als von Tieren und Pflanzen. Aber selbst Fachleute kennen bislang nur einen winzigen Ausschnitt der Vielfalt des Lebens. Weltweit sind derzeit 4327 Säugetierarten bekannt, gemessen an der Vielzahl von Insektenarten (> 1.000.000 bekannte Arten) ist diese Tiergruppe relativ artenarm. Die Zoologen kennen mittlerweile 75.000 Spinnentiere, 70.000 Weichtiere (Schnecken und Muscheln) sowie 40.000 Krebstiere, 25.000 Fischarten (davon ca. 8.400 Süßwasserarten) , 9.672 Vogelarten, 6.550 Reptilien und 4.000 Amphibien. Die Botaniker haben bisher rund 250.000 Pflanzenarten beschrieben und registriert. Die Zahl der niederen Lebewesen ist relativ unklar, da diese Gruppe kaum erforscht ist. Ungezählt und schwer zu schätzen ist die Zahl der Bakterien und niederen Pilze, die in Ökosystemen oft wichtige Funktionen und Aufgaben haben. Sie bauen beispielsweise organische Substanzen ab, zerlegen sie in ihre molekularen Bausteine und machen sie so zu Rohstoffen für den Aufbau neuer pflanzlicher oder tierischer Lebewesen. In Europa sind bisher 250 Säugetier-, 520 Vogelarten-, 199 Reptilien-, 71 Amphibien-, 227 Süßwasserfischarten, zirka 200.000 wirbellose Tiere und 12.500 höhere Pflanzenarten katalogisiert worden. Deutschland beherbergt unter anderen 100 Säugetier-, 256 Vogel-, 14 Reptilien-, 21 Amphibien-, 29.500 Insekten, 3242 Blütenpflanzen-, 77 Farn- und 1121 Moosarten. Tabelle 1: Artenbestand weltweit/Europa/Deutschland1 Welt Europa Deutschland Gesamtzahl bedroht % Gesamtzahl Bedroht % Gesamtzahl bedroht % Säugetiere 4.327 16 250 42 100 51 Vögel 9.672 11 520 15 256 44 Reptilien 6.550* 3 199 45 14 79 Amphibien 4.000 2 71 30 21 67 Fische** 8.400 4 227 52 70 74 Insekten > ? 200.000* ? 29.500 ? 7 12.500* 21 3.242 31 1.000.000 Blütenpflan 250.000 zen * geschätzt ** Süßwasserarten 1 1. Stanner D., et al Europe’s Environment EEA, Copenhagen (1995), 2. Daten zur Natur, BfN, Bonn, (1999) 3. Rote Liste der gefährdeten Pflanzen Deutschlands BfN, Bonn, 1996 Vielfalt an Lebensräumen Arten bilden zusammen mit der unbelebten Natur die Ökosysteme. In diesen bestehen vielfältige Beziehungen der Arten untereinander und mit den nicht lebenden Bestandteilen Boden, Wasser und Luft. Entsprechend der Lage auf dem Globus, der klimatischen Zone und den Rahmenbedingungen der unbelebten Bestandteile ergibt sich auch eine Vielfalt an Ökosystemen, die sich in ihrer Artenzusammensetzung unterscheiden und hierdurch charakterisiert werden. Klimatisch günstig für eine große Anzahl an Arten ist etwa der tropische Gürtel entlang des Äquators rund um den Globus. Hier ist es in den letzten 60 Millionen Jahren der Erdgeschichte nahezu gleichbleibend warm und feucht geblieben, was zu einer hohen Zahl verschiedener Lebensformen geführt hat. Etwa die Hälfte aller bekannten Tier- und Pflanzenarten sind in den tropischen Feuchtwaldgebieten entlang des Äquators zu finden. Hier haben sich in vielen Millionen Jahren kleinräumige Nischen für einzelne Arten herausgebildet, die aufgrund der Beständigkeit der äußeren Bedingungen das Überleben dieser Arten garantierten. So leben in der Krone eines einzigen Tropenwaldbaumes bis zu hundert verschiedene Käferarten. Diese Arten, die nur an einem bestimmten Fleck der Erde vorkommen und sonst nirgendwo mehr, nennen die Fachleute Endemiten. Orte an denen diese Endemiten gehäuft vorkommen werden als Hotspots der Artenvielfalt bezeichnet. Sie liegen überwiegend in tropischen Entwicklungs- und Schwellenländern wie etwa Brasilien, Ecuador, Indonesien, Kolumbien, Madagaskar, Malaysia, Mexiko, Papua Neuguinea, Peru, und Venezuela. Aber auch in Europa kennen wir solche Regionen auf der Balkanhalbinsel, dem Kaukasus oder der Alpenregion. Die biologische Vielfalt entzieht sich dem Betrachter häufig und erschließt sich nur durch subtile Untersuchung. So haben es beispielsweise mitteleuropäische Böden in sich: Auf einen Kubikmeter kommen etwa 600 Asseln, 2100 Spinnen, 2700 Käfer, 6000 Regenwürmer, 120.000 Springschwänze, 360.000 Milben und 27 Millionen Fadenwürmer. Vielfalt an genetischen Ressourcen Bisher sind nur von wenigen Arten die vollständigen Sequenzen des genetischen Codes bekannt. Hierzu zählt neuerdings auch der Mensch, dessen Erbgut zu über 80 Prozent entschlüsselt ist. Die Entschlüsselung des genetischen Codes und die Identifizierung der Funktion bestimmter Abschnitte als Gene sind mittlerweile von hoher wirtschaftlicher Bedeutung geworden. Man erhofft sich neue medizinische Präparate auf einfache gentechnische Weise herzustellen. Pharmazeutische Firmen haben daher längst ihre Experten in die biologischen Schatzkammern dieser Erde ausgeschickt, um die genetische Vielfalt in Form von Tieren, Pflanzen, Pilzen und Bakterien zu entdecken, zu registrieren und auf ihre Verwertbarkeit zu prüfen. Häufig aber kommen die Forscher zu spät, da viele Arten lautlos von diesem Planeten verschwinden und mit ihnen all die wertvolle Information in ihren genetischen Codes. Nach Schätzungen von Forschern sterben jede Stunde auf diesem Planeten drei Arten aus. Dies ist eine Aussterberate, wie sie es auf diesem Planeten kaum zuvor gegeben hat. Sicher ist, dass der derzeitige Artenverlust von uns Menschen verursacht ist. Nachhaltige Nutzung Ökosysteme und die darin lebenden Arten sind gewissermaßen die Dienstleister des Lebens. Sie produzieren Sauerstoff, erzeugen Brennstoff, binden Kohlenstoff, versorgen uns mit Nahrung, sind Roh- und Baustoff und lehren uns schließlich eine Menge Tricks, die uns das Leben angenehmer machen. Schließlich sind sie noch ein kostenlose Müllabfuhr für alle organischen Abfälle und sind schließlich intensiv an der Regulation des Klimas beteiligt. Die grünen Pflanzen produzieren beispielsweise den auch für uns Menschen lebensnotwendigen Sauerstoff. So erzeugt ein einziger Laubbaum in einem Jahr rund drei Millionen Liter Sauerstoff. Indes hat die Verbreitung der tropischen Waldökosysteme auf diesem Planeten in den letzten 150 Jahren um 50 % abgenommen. Die Wälder der gemäßigten Zonen, die sogenannten Borealen Wälder, wurden bereits sehr früh während der jüngeren Menschheitsgeschichte gerodet, was zu einem Verlust von etwa Zweidrittel der ursprünglich bewaldeten Flächen in Europa geführt hat. Natürliche Ökosysteme sind laut World Resource Institute wichtige Wirtschaftsfaktoren. Sie bilden nicht nur die Grundlage der Forst-, Land- und Fischereiwirtschaft oder stellen eine wesentliche Geschäftsgrundlage für den weltweiten Tourismus dar, sondern schaffen somit, global betrachtet, 50 Prozent aller Arbeitsplätze. Weltweit werden zirka 1,3 Billionen Euros in der Landwirtschaft erwirtschaftet. Zusätzlich werden etwa 500 bis 800 Milliarden Euros durch die Verwertung genetischer Ressourcen in der pharmazeutischen Produktion verdient. Und schließlich lebt die Tourismusindustrie zu einem großen teil von einer intakten Natur. Immer mehr Urlauber vermeiden zu betonierte und verbaute Landschaften und suchen die Erholung in der unverbrauchten Natur. Ein Beispiel aus Deutschland Der vor über 25 Jahre gegründete Nationalpark Bayerischer Wald ist ein gut untersuchtes Beispiel für die wirtschaftliche Bedeutung des Naturschutzes in einer peripheren Region. Die Gemeinden um den Nationalpark Bayerischer Wald verzeichnen jährlich allein 12 Millionen Übernachtungen, was etwa 11 % aller in Bayern registrierten Übernachtungen entspricht. Eine Umfrage unter deutschen Touristen hat ergeben, dass 54 % ihren Urlaub in natürlicher Umgebung verbringen wollen und eine wachsende Zahl davon bevorzugen sanften Tourismus. Fünf Gemeinden in der direkten Umgebung des Nationalparks verzeichnen pro Jahr 700.000 bis 800.000 Übernachtungen in 6000 Gästebetten, während die größeren Gemeinden, die weiter vom Nationalpark entfernt liegen wesentlich weniger Übernachtungen registrierten. So hat etwa die Stadt Grafenau 403.573 Übernachtungen und die noch weiter entfernte Stadt Freyung nur noch 297.756 Übernachtungen. Das heißt, je näher die Gemeinde am Nationalpark liegt, desto mehr Gäste verbringen ihren Urlaub dort. Damit wird die direkte Attraktivität des Nationalparks deutlich. Der Nationalpark selbst verzeichnet pro Jahr 1.3 Millionen Besucher. Daraus lässt sich hoch rechnen, dass die gesamte Region um den Nationalpark Bayerischer Wald einen erheblichen finanziellen Vorteil hat, da jede Übernachtung einen finanziellen Vorteil von 90 DM erbringt. Daraus ergibt sich, dass der Landkreis Freyung- Grafenau jährlich 300 bis 350 Millionen DM Tourismuseinnahmen direkt dem Nationalpark verdankt, wobei etwa 3500 Arbeitsplätze direkt von diesem NaturschutzTourismus abhängen. Dies führt zu einem volkswirtschaftlichen Effekt von 10 bis 15 % in der Region. Seit der Gründung des Nationalparks im Jahr 1974 hat der Tourismus um 114 % zugenommen. In anderen vergleichbaren Regionen Bayerns hat der Tourismus im gleichen Zeitraum nur um 46 % zugenommen. Auch hieraus ergibt sich ein eindeutig positiver Effekt des Nationalparks. Also der Schutz der Biodiversität zahlt sich aus und zwar in EURO und Cent. Diese Publikation ist ein Beitrag zur Aktion BiologischeVielfalt..de Autoren: Dr. Armin Schopp-Guth - Matthias Meißner EURONATUR – Stiftung Europäisches Naturerbe Grabenstr. 23, D-53359 Rheinbach Tel: 02226-2045, Fax: 02226-17100 e-mail: [email protected] - www.euronatur.org V.i.S.d.P.: Dr. Armin Schopp-Guth