Klassifikationssysteme - Akademie Heilpraktiker Psychotherapie

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Modul 1
Klassifikationssysteme
In diesem Modul stelle ich historische und aktuelle
Klassifikationssysteme in Medizin & Psychotherapie vor.
Das Klassifikationssystem ICD ist das Grundgerüst für deine
Reise durch die Psychotherapie. Für Heilpraktiker
Psychotherapie-Anwärter ist diese ICD ein unverzichtbares
Nachschlagewerk.
Es wird dir in den weiteren Modulen immer wieder begegnen.
Hier kannst du anfangen, dich mit ihm vertraut zu machen.
Klassifikationssysteme dienen der Definition (der
Beschreibung der Störung), Diagnose (Feststellung einer
Störung) und Dokumentation (Berichterstattung zum Ablauf)
von Störungen in der Forschung, bei der Behandlung und zur
Abrechnung der Behandlungen.
Sämtliche psychischen Störungen sind in dem für Deutschland
aktuellen Klassifikationssystem, der ICD-10 gelistet mit den
diagnostischen Kriterien. Das Diagnoseschema enthält
Angaben zu Symptomen und Zeiträumen.
Ein Beispiel: Für die Diagnose einer kurzen depressiven
Reaktion im Rahmen einer Anpassungsstörung muss ein
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vorübergehender leichter depressiver Zustand vorliegen, der
nicht länger als einen Monat andauert.
Die Grundlagen des ersten Klassifikationssystems psychischer
Störungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehen zurück auf
Emil Kraepelin (1956-1926) und Kurt Schneider (1887-1967):
das Triadische System.
Die Einteilung der Erkrankungen erfolgte nach dem Prinzip
der Entstehung der Störungen in drei Bereiche:
• Die organischen/exogenen Störungen mit eindeutig
organischen Ursachen.
• Die endogenen Störungen mit vermuteten organischen
Ursachen und
• die psychogenen Störungen, verursacht durch
Reaktion auf Erlebnisse.
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Die organischen (exogen, aus dem Äußeren) Psychosen
werden unterteilt in akute und chronische Psychosen. Bei
diesen Störungen ist primär das Gehirn betroffen. Zu den
akuten organischen Störungen zählt zum Beispiel das Delir.
Eine chronische organische Störung ist die Demenz.
Zu den endogenen Psychosen (aus dem Inneren) gehören
die affektiven Störungen wie Manie und Depression und der
schizophrene Formenkreis.
Zu den psychogenen Störungen gehören abnorme
Erlebnisreaktionen, Neurosen und Psychopathien, die heute als
Persönlichkeitsstörungen bezeichnet werden.
Die heute aktuellen Klassifikationssysteme richten sich nicht
mehr nach der Ätiologie (Erkrankungsursache) sondern nach
Symptomen und dem Verlauf der Störungen. Nach heutigem
Wissensstand geht man bei psychischen Störungen von
multifaktoriellen Ursachen aus. Es gibt seelische,
genetische und organische Ursachen, die in
unterschiedlicher Ausprägung den Störungen zugrunde liegen.
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Es gibt jedoch immer wieder Fragen in schriftlichen und
mündlichen Prüfungen, die mit dem Verständnis des triadischen
Systems einfacher zu beantworten sind, weshalb ich dazu rate,
sich mit dieser Klassifikation zu beschäftigen.
Die aktuellen Klassifikationssysteme sind die ICD-10
(International Classification of Diseases, Version 10 von
1992) von der WHO (Weltgesundheitsorganisation)
herausgegeben und das DSM-V (Diagnostic and Statistical
Manual of Mental Disorders, Version 5 von 2013), erarbeitet
von der American Psychiatric Association (APA).
Die Störungen des triadischen Systems findest du in der ICD-10
unter folgenden Gruppen oder Kategorien:
Das Erscheinen der ICD-11 ist für 2018 geplant.
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Seit dem Jahr 2000 erfolgt die vertragsärztliche Abrechnung
nach ICD-10-Verschlüsselung.
Entstanden ist die ICD aus einem Diagnoseschlüssel zur
Erfassung von Todesursachen an der Universität Göttingen. Die
Klassifikation wurde später von der WHO weiterentwickelt.
Die ICD-10 ist in 22 Kapitel unterteilt.
Das 5. Kapitel unter dem Buchstaben F listet die
psychischen und Verhaltensstörungen auf.
Die ersten beiden Ziffern nach dem F bezeichnen die
allgemeine Systematik. Danach folgt ein Punkt und schließlich
weitere maximal 2 Ziffern für die ausführliche Systematik.
Zum Beispiel:
F3 affektive Störungen,
F30 manische Episode,
F30.2 Manie mit psychotischen Symptomen,
F30.21 Manie mit Parathymen psychotischen Symptomen.
Unter F30.21 in der ICD-10 kannst du nachlesen, dass die
Diagnose getroffen wird, wenn:
• Die Stimmung vorwiegend gehoben, expansiv oder gereizt
und für die Betroffenen deutlich abnorm ist.
• Mindestens drei Merkmale aus einem neunstelligen
Merkmalkatalog vorliegen wie z.B. gesteigerte Aktivität,
Rededrang, Ideenflucht, vermindertes Schlafbedürfnis etc.
• Die Episode ist nicht auf Missbrauch psychotroper
Substanzen zurückzuführen.
• Die Episode erfüllt nicht gleichzeitig die Kriterien für
Schizophrenie.
• Es treten parathym psychotische Symptome wie
Beziehungs- oder Verfolgungswahn auf.
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Übersicht über die einzelnen Bereiche psychischer und
Verhaltensstörungen nach ICD-10 Kapitel V (F):
• F0 organische Störungen einschließlich symptomatischer
psychischer Störungen
• F1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope
Substanzen
• F2 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen
• F3 Affektive Störungen
• F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
• F5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und
Faktoren
• F6 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
• F7 Intelligenzminderung
• F8 Entwicklungsstörungen
• F9 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der
Kindheit und Jugend
Die oben aufgeführten Gruppen der ICD mit den
dazugehörigen Nummern musst du kennen.
Von den weiteren Störungen innerhalb der Gruppen solltest du
die Zugehörigkeit zur Gruppe kennen, aber nicht die
einzelnen Nummern. Dass Phobien unter F4 zu finden sind,
solltest du also wissen.
Du findest im Modul eine Datei mit Eselsbrücken zur ICD-10
sowie eine Aufstellung der einzelnen psychischen und
Verhaltensstörungen.
Es ist unbedingt ratsam eine Ausführung der ICD-10 von Horst
Dilling als gebundenes Buch oder als Taschenbuch zur
Verfügung zu haben. Gebundene Ausführung und
Taschenbuch werden zur Zeit zum gleichen Preis verkauft. Es
ist das Nachschlagewerk für Heilpraktiker Psychotherapie
Anwärter und es ist ein unverzichtbares Werkzeug für den
Heilpraktiker Psychotherapie im Praxisalltag.
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Am Besten schaust du dir die rote und die blaue Version im
Buchhandel an, um zu entscheiden, welche Version dir mehr
liegt. Die blaue Version führt die Symptome im Fließtext auf.
Die rote Ausführung ist ausführlicher. Schließlich gibt es noch
eine grüne Version für die Forschung.
Mir hat es sehr geholfen ein großes Poster der ICD-10 Kapitel V
in einer Übersicht neben meinem Schreibtisch hängen zu
haben.
Erstelle es selbst und beginne gleich mit der Verinnerlichung
der Gruppen. Das geht sehr gut mit einem Mind MappingProgramm oder mit einem DIN A3 Blatt und Buntstiften.
Alternativ gibt es diverse Poster im Buchhandel.
Das DSM klassifiziert anders als die ICD- nur psychische
Störungen. Die diagnostischen Kategorien des DSM-V lauten:
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Störungen, die in Kindheit und Jugend auftreten
Substanzinduzierte Störungen
Schizophrenie und andere psychotische Störungen
Affektive Störungen
Angststörungen
Somatoforme Störungen
Dissoziative Störungen
Sexuelle Störungen und Störungen der Geschlechtsidentität
Schlafstörungen
Essstörungen
Vorgetäuschte Störungen
Anpassungsstörungen
Störungen der Impulskontrolle
Persönlichkeitsstörungen
Andere klinisch relevante Probleme
Delir, Demenz und andere kognitive Störungen
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Unter folgendem Link
https://www.beltz.de/fileadmin/beltz/downloads/kompakt/127755Diagnosekriterien.pdf findest du Ausschnitte aus einem Buch von
Hautzinger und Thies. Dort gibt es Vergleiche zwischen ICD-10 und
DSM-IV. Daraus kannst du ersehen, dass die beiden
Klassifikationssysteme sehr ähnlich sind.
Die ICD-ist interkulturell ausgerichtet. Es werden auch Krankheiten
aufgeführt, die nur regional auf einem Kontinent auftreten. Das DSM
dagegen ist nur auf die USA zugeschnitten.
In der DSM-V wird - mehr als in der DSM-IV - „normales“ Verhalten
als krankhaft dargestellt. Wer zum Beispiel Trauerreaktionen nach
dem Tod naher Bezugspersonen länger als zwei Wochen zeigt,
kann mit leichter Depression diagnostiziert werden und
Antidepressiva erhalten. Ebenso wurden zum Beispiel die Kriterien
für die Diagnose und die Medikation bei ADHS herabgesetzt.
Zum einen ist es für Personen mit weniger starker Symptomatik
manchmal hilfreich, den Zugang zu einer Therapie zu erhalten, zum
anderen werden Personen mit „normaler“ Symptomatik als krank
eingestuft und stigmatisiert. In Deutschland ist es z.B. zur Zeit so,
dass eine Person, die eine Diagnose aus dem Bereich der
psychischen Störungen nach ICD-10 erhielt (z.B. Trauerreaktion
beim Tod eines nahen Angehörigen von mehr als 6 Monaten),
zukünftig keine Berufsunfähigkeitsversicherung mehr erhalten wird
und keine Möglichkeit zur Verbeamtung, auch wenn die Störung
nicht mehr besteht.
Zur DSM musst du nur Eckdaten kennen und nicht die
diagnostischen Kategorien.
In den Prüfungen der letzten Jahre war ein Fall von Binge Eating
und ein Fall von Messie-Syndrom enthalten. Diese beiden
Störungen sind in der ICD-10 nicht als eigene Krankheit enthalten,
wohl aber im DSM-V. Allerdings waren beide Aufgaben auch ohne
Kenntnis der Störungsdefinitionen aus der DSM zu lösen.
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