«Biolandbau ist Klimaschutz!» Lukas Flott* ist Biobauer und Präsident des europaweit tätigen Forschungsinstitutes für biologischen Landbau (FiBL) in Frick. ...sagt Lukas Flott, er ist einer der Bewirtschafter des biologisch dynamisch geführten Gutsbetriebes der Fintan-Stiftung in Rheinau. Auf 140 Hektaren des ehemaligen Klosterbetriebes wird Ackerbau und Milchwirtschaft betrieben. Die Produktion von Bio-Saatgut gehört zu den Spezialitäten des Betriebes. «Biolandbau ist Klimaschutz! Das ist kein billiger Werbespot für den biologischen Landbau, sondern wissenschaftlich belegt.» Das FiBL nennt sechs gewichtige Vorteile des Biolandbaus für den Klimaschutz: Langjährige Parallelversuche bewiesen, dass auf biologischen Parzellen mehr Kohlendioxid (CO2) in den Humus eingebaut wird, das sonst in die Atmosphäre entweicht. Auf Biobetrieben wird die Anzahl der Tiere der Fläche angepasst. Dies begrenzt den Gesamtausstoss von Gärgasen. Die Tierhaltung ist als Düngerlieferant harmonisch in den Ackerbau integriert und bildet so einen lokalen stabilen Kreislauf. Durch den Verzicht auf chemische Dünger fallen geringere Stickstoffmengen an, die ausschwemmen und verdunsten. In jedem Kilo künstlicher Stickstoff-Dünger ist ein Liter Erdöl «versteckt». Biobetriebe sind auf Klimawandel besser vorbereitet, da die gesünderen Böden bei starkem Regen weniger erodieren und bei Trockenheit das Wasser besser speichern. Lukas Flott tritt als neuer Stiftungsratspräsident des Forschungsinstituts für biologischen Lanbau die Nachfolge von alt Bundesrat Otto Stich an. «Erforsche sinnvolles und sprich darüber! Unsere Forschungsergebnisse müssen bekannter werden.» Bio reduziert Klimakiller Kohlendioxid Die biologische Landwirtschaft erzeugt hohe Pflanzenerträge durch effiziente Nutzung von organischen Reststoffen: Zur Düngung setzt sie kompostierte Ernterückstände und tierische Dünger ein. Dadurch werden pro Hektare je nach Kultur 50 bis 150 kg synthetische Stickstoffdünger eingespart, welche mit Hilfe nicht erneuerbarer Brennstoffe produziert werden. Untersuchungen zeigen, dass konventionelle Ackerbaubetriebe in England pro 100 Hektar Fläche jedes Jahr rund 17’000 Liter fossile Brennstoffe in Form von Düngemitteln verbrauchen. Weltweit werden zurzeit pro Jahr 90 Millionen Tonnen Erdöl oder Erdgas zu Stickstoffdünger verarbeitet. Das führt zu 250 Millionen Tonnen CO2-Emissionen. Biolandwirte erhöhen mit ihren sanften Methoden die Bodenfruchtbarkeit und den Humusgehalt der Böden. Dabei wird das schädliche Klimagas CO2 in die Biomasse des Bodens zurückgebunden. Langjährige Studien aus der Schweiz zeigen, dass im Vergleich zu anderen Landwirtschaftsmethoden (konventionell, integriert) im Biolandbau 12 bis 15 Prozent mehr Kohlenstoff im Boden angereichert wird, wie der Bodenforscher Andreas Fliessbach vom FiBL erläutert. Pro Hektar und Jahr werde so eine CO2-Menge von 575 bis 700 kg auf Biobetrieben zusätzlich in die Böden zurückgeführt, eine Zahl, welche sich gut mit wissenschaftlichen Schätzungen aus Österreich und Deutschland deckt. Die Biolandwirtschaft spart also einerseits durch den Verzicht auf synthetische Düngemittel CO2 ein und verringert dieses klimaschädliche Gas zusätzlich durch Einlagerung – eine echte Win-Win-Strategie. Interessant ist die biologische Wirtschaftsweise auch deshalb, weil die humusreicheren Böden sich besser an negative Auswirkungen des Klimawandels anpassen können. Humusreiche Böden speichern mehr und länger Wasser, was vor allem bei längeren Trockenheiten im Sommer zu höheren Erträgen führt. Das bessere Wasserspeicherpotenzial der Böden schützt auch vor heftigen und grossen Niederschlägen, da die Flüsse weniger schnell ansteigen und die Schlammerosion gebremst wird. Bio fördert Biodiversität Die Biobauern pflegen weltweit eine große Anzahl von Tieren und Pflanzen, sowohl in Kultur- als auch in Wildformen. Biobauern bauen noch alte Landsorten an, die in ihrem Erbgut Fähigkeiten haben, welche die Lebensmittelproduktion unter den Vorzeichen des Klimawandels und den damit verbunden Veränderungen in der Zukunft sehr gut brauchen kann. Wie sich das Klima in den kommenden Jahrzehnten verändern wird, können wir nicht voraussagen. Sicher aber ist es, dass sich die biologische Landwirtschaft mit ihrer genetischen und betrieblichen Vielfalt viel besser anpassen können wird als großflächige konventionelle Betriebe mit Monokulturen. Klimabonus für Biolandbau gefordert Jan Verhagen von der Universität Wageningen in den Niederlanden erforscht Möglichkeiten, wie die Landwirtschaft auf internationaler Ebene in ein Nach-Kyoto-Abkommen einbezogen werden könnte. Ein Bonus-Malus-System müsste im Rahmen einer wirksamen Klimapolitik die biologische Landwirtschaft fördern. Die Förderung kleinbäuerlicher Initiativen, die den Boden biologisch bebauen und Natur und Gewässer schonen, ist ein wichtiges Ziel, welches in der Klimadebatte nicht vergessen werden darf. Mit CO2-Zertifikaten müssten die Leistungen dieser kleinstrukturierten Produktion abgegolten werden. Im internationalen CO2-Zertifikate-Handel gibt es jedoch bisher keine Programme, die nachhaltig wirtschaftende Bauernbetriebe fördern. Dabei hätte ganz besonders die Landwirtschaft des Südens ein sehr hohes klimarelevantes Potenzial – zusammen mit anderen Bewirtschaftungsmaßnahmen wie etwa Agroforstwirtschaft. Mit CO2-Zertifikaten müssten die Leistungen dieser kleinstrukturierten Produktion abgegolten werden. Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) Seit seiner Gründung 1973 erarbeitet das FiBL die wissenschaftlichen Grundlagen für den biologischen Landbau und die artgerechte Tierhaltung. Obst, Beeren, Wein, Gemüse und Kartoffeln stehen im Zentrum der pflanzenbaulichen Forschung am FiBL. Erprobt werden die Abwehr von Schädlingen und Krankheiten durch Förderung von Nützlingen, durch direkte Kontrollmassnahmen und durch die Verbesserung der Anbautechnik. Ein weiterer Schwerpunkt sind der Erhalt und die Förderung der Bodenfruchtbarkeit. Eine eigene Fachgruppe widmet sich der Qualität von Bioprodukten, die auch die Verarbeitung mit einbezieht. Tierärztinnen und Tierärzte beschäftigen sich mit der Eutergesundheit und mit Parasiten. Sie optimieren Haltung, Fütterung und Weideregime und erproben homöopathische und pflanzliche Präparate. Die Gruppe Sozioökonomie analysiert wirtschaftliche Engpässe der Biobetriebe, kostendeckende Biopreise, agrarpolitische Fördermassnahmen sowie Fragen der Vermarktung. Auf dem Versuchsbetrieb in Frick liegen die Schwerpunkte beim Kern - und Beerenobst, beim Weinund Ackerbau, beim Milchvieh und bei den Bienen. Seit 2005 baut das FiBL mit dem eigenen Weingut die Forschung zum biologischen Rebbau und Kellereiwirtschaft aus. Ausserdem finden zahlreiche Projekte und Erhebungen auf mehr als 200 Praxisbetrieben in der ganzen Schweiz statt. In Therwil bei Basel läuft der bereits 1978 begonnene DOK-Langzeitversuch, der den biologischdynamischen und den biologisch-organischen Landbau mit dem konventionellen vergleicht. Mit diesem Versuch wurden zahlreiche, weltweit anerkannte Belege für die ökologische Vorzüglichkeit des Biolandbaus im Vergleich zum konventionellen erbracht. * Name von der Redaktion geändert http://www.fibl.org/ http://www.kleinbauern.ch/