Hinweise der AkdÄ und KBV zu Quetiapin und anderen modernen

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Hinweise der AkdÄ und KBV zu Quetiapin und anderen modernen
Antipsychotika:
Richtigstellung der DGPPN
J Fritze, J Aldenhoff, F Bergmann, W Maier, H-J Möller, W. Gaebel
für Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde
(DGPPN)
„Wirkstoff aktuell“ ist eine Information der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in
Kooperation mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Die
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft ist eine gemeinschaftliche
Organisation der Bundesärztekammer und Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
"Wirkstoff Aktuell 05/2006" vom 15.11.2006 und insbesondere der dazu gehörige
Newsletter der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) vom
18.12.2006 gehen "kritisch" auf Quetiapin und andere moderne Antipsychotika ein.
Dabei
werden
die
empirischen
Sachverhalte
völlig
vergröbernde
Suggestivbotschaften gegeben, die den Arzt zum Schaden der Patienten
verunsichern können: "Die kostengünstigen typischen (= konventionellen,
klassischen) Neuroleptika wie Haloperidol zeigen bei der medikamentösen
Behandlung der schizophrenen Psychosen keine geringere Wirksamkeit als die
Gruppe der atypischen Neuroleptika. Das teurere Quetiapin ist in der Behandlung der
Schizophrenie nicht überlegen." "Wirkstoff Aktuell" beruft sich dabei auch auf die S3Behandlungsleitlinie Schizophrenie der DGPPN (Steinkopff-Verlag, Darmstadt,
2006). Die AkdÄ generalisiert dazu: "Die günstigen Ergebnisse von Studien mit so
genannten "atypischen" Neuroleptika bei Patienten mit schizophrenen Psychosen
beruhen im Wesentlichen auf nicht vergleichbaren Dosierungen neuer, atypischer
Wirkstoffe und herkömmlicher Neuroleptika ("typische Neuroleptika"). Es ist deshalb
nicht berechtigt, atypische Neuroleptika uneingeschränkt als ausschließliche Mittel
der ersten Wahl zu empfehlen."
Die S3-Leitlinie wird irreführend zitiert. Die S3-Leitlinie empfiehlt (Empfehlungsgrad
B), zur Behandlung der schizophrenen Erstmanifestation "sollten aufgrund der
zumindest vergleichbaren Wirkung auf die Positivsymptomatik, Hinweise auf eine
überlegene Wirksamkeit bezüglich der Negativsymptomatik und geringere
dosisabhängige extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen in erster Linie Atypika
eingesetzt werden. Allerdings müssen hierbei die substanzspezifischen
Nebenwirkungen berücksichtigt werden." ... Für die Wiedererkrankung empfiehlt
(Empfehlungsgrad A) die S3-Leitlinie: "Bei der Behandlung der akuten schizophrenen
Episode stellen atypische Antipsychotika aufgrund ihrer geringeren Rate an
extrapyramidal-motorischen Störungen bei vergleichbarer Wirksamkeit gegenüber
konventionellen Antipsychotika Medikamente der ersten Wahl dar, falls nicht der
Patient selbst konventionelle Antipsychotika präferiert oder er darauf bereits ohne
relevante Nebenwirkungen remittierte." ... "Bei der Auswahl des Antipsychotikums in
der Langzeittherapie ist die überlegene rezidivprophylaktische Wirksamkeit als
Gruppe der atypischen Antipsychotika gegenüber typischen Antipsychotika zu
berücksichtigen". Die zugrunde liegenden Evidenz ist in der Langversion der Leitlinie
ordentlich referenziert, weshalb auf die Leitlinie verwiesen werden kann.
Entsprechend stimmen alle publizierten Leitlinien internationaler wie auch nationaler
Fachgesellschaften (in anderen europäischen Ländern, USA und Kanada mit diesen
Empfehlungen im wesentlichen überein. Insbesondere fordern alle diese Leitlinien
die Verordnung moderner (atypischer) Antipsychotika bei der Erstbehandlung.
Es ist befremdlich, dass AkdÄ und KBV entgegen aller klinischen Erfahrungen der
extrapyramidalmotorischen Verträglichkeit keine besondere Relevanz einräumen.
Auch entspricht es nicht der Datenlage, die geringeren Risiken einer tardiven
Dyskinesie in der Langzeittherapie mit atypischen Neuroleptika in Frage zu stellen.
Wie anderenorts im Detail dargelegt (1), ist die von der AkdÄ suggestiv ins Feld
geführte CATIE-Studie (Clinical Antipsychotic Trials of Intervention Effectiveness)
nicht geeignet, die bessere extrapyramidal-motorische Verträglichkeit der modernen
Antipsychotika zu falsifizieren.
Wie bereits vor Jahren dargelegt (2), liegt es grundsätzlich beim Patienten, sich nach
vollständiger Information über Wirkungen und Nebenwirkungen für die eine oder
andere Therapie zu entscheiden. Man wird einem Patienten kaum vermitteln können,
daß er aus Kostengründen die häufigen extrapyramidalen Nebenwirkungen unter
typischen hochpotenten Neuroleptika hinnehmen soll. Er wird sich sehr
wahrscheinlich dagegen entscheiden. Bei aus Kostenerwägungen unzureichender
Aufklärung drohen haftungsrechtliche Konsequenzen.
Die DGPPN sucht das Gespräch mit AkdÄ und KBV, um künftigen Fehlinformationen
vorzubeugen.
1. Fritze J, J. Aldenhoff, F. Bergmann, W. Maier, H.-J. Möller für die Deutsche
Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) und
die
Arbeitsgemeinschaft
für
Neuropsychopharmakologie
und
Pharmakopsychiatrie (AGNP): CATIE: Die Auswahl von Antipsychotika bei
Schizophrenie. Psychoneuro 31 (2005) 523-525
2. Fritze J, Schmauß M: Änderung der Arzneimittel-Richtlinien des
Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen bezüglich atypischer
Neuroletika. Psychoneuro 29 (2003) 20-22
Korrespondenz:
Prof. Dr. med. Jürgen Fritze
Gesundheitspolitischer Sprecher
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie,
Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN)
Asternweg 65
50259 Pulheim
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