PharmaForum Therapie des metastasierten Mammakarzinoms: Neue Daten vom SABCS 2016 unterstreichen die Bedeutung von Eribulin (Halaven®) Überlebensverteilungsfunktion Eribulin (Halaven®) ist zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs (mBC) zugelassen, bei denen nach mindestens einer Chemotherapie zur Behandlung ihrer fortgeschrittenen Brustkrebserkrankung eine weitere Progression eingetreten ist. Die Vortherapien sollen ein Anthrazyklin und ein Taxan entweder als adjuvante Therapie oder im Rahmen der metastasierten Situation enthalten haben, es sei denn, diese Behandlungen waren ungeeignet für den Patienten [1]. Die Zulassung erfolgte auf Basis der beiden Phase-III-Studien EMBRACE [2] 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 und 301 [4, 5] und den hier gezeigten Überlebensvorteilen mit Eribulin gegenüber der Vergleichstherapie. OS-Verlängerung bei guter Lebensqualität Wirksam auch beim triplenegativen Mammakarzinom In der EMBRACE-Studie verlängerte Eribulin das Gesamtüberleben (OS, primärer Studienendpunkt) im Vergleich zu anderen Monotherapien nach Wahl des Arztes bei Patientinnen mit mBC nach mindestens 2 Vortherapien signifikant um 2,7 Monate (13,2 vs. 10,5 Monate; Hazard Ratio (HR) 0,81; 95%-Konfidenzintervall (KI) 0,67–0,96; p-Wert = 0,014) [2]. In der Studie 301 zeigte sich bei der Gesamtpopulation der Patientinnen nach höchstens 2 erfolgten Vortherapien der fortgeschrittenen Erkrankung eine Tendenz zur Überlegenheit hinsichtlich des OS von Eribulin versus Capecitabin. Dabei erhielt die Mehrheit der Patienten (52,0%) die Studienbehandlung als Zweitlinientherapie [4, 5]. Subgruppenanalysen der Studie ergaben zudem nominal signifikante OS-Vorteile bei Patientinnen mit HER2-negativen (medianes OS: 15,9 vs. 13,5 Monate; HR 0,84; 95%-KI 0,71–0,98; p = 0,03) sowie triple-negativen Tumoren (medianes OS: 14,4 vs. 9,4 Monate; HR 0,70; 95%-KI 0,54–0,91; p = 0,01) (Abb. 1) [5] (HER2 = hu- Eribulin (n = 150, Ereignisse = 124) Medianes Überleben (95%-Kl): 14,4 (11,6–15,9) Monate Capecitabin (n = 134, Ereignisse = 121) Medianes Überleben (95%-Kl): 9,4 (7,9–12,0) Monate HR (95%-Kl): 0,70 (0,55–0,91) Stratifizierter Log-Rank-Test: P = 0,01 0 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30 33 36 39 42 45 48 51 54 57 60 Zeit, Monate Anzahl der Risikopatienten Eribulin 150 129 107 93 Capecitabin 134 113 88 63 78 47 60 32 45 26 40 29 19 15 24 14 18 8 13 6 9 3 8 3 5 3 4 2 3 1 1 1 Im Prüfplan vordefinierte exploratorische Subgruppenanalyse Abb. 1. Studie 301: Gesamtüberleben bei triple-negativen Patienten; modifiziert nach [5]. © 2017 S. Karger GmbH, Freiburg Fax + 49 761 4 52 07 14 [email protected] www.karger.com maner epithelialer Wachstumsfaktorrezeptor 2). Die mit Eribulin in der Studie 301 gezeigte Lebensverlängerung ging nicht zulasten der Lebensqualität [6]. «Gerade bei triple-negativen Brustkrebspatientinnen besteht ein hoher medizinischer Bedarf an wirksamen Therapien. Hier stehen deutlich weniger Therapieoptionen zur Verfügung als bei den anderen Brustkrebsentitäten. Triple-negative Tumoren sprechen nicht auf eine endokrine oder zielgerichtete Therapie mit einem HER2-Antikörper an. Die Metastasierungsrate ist besonders hoch, Patienten haben generell eine schlechte Prognose», betonte Prof. Hans Tesch, Direktor des Onkologischen Zentrums Frankfurt Nord-Ost am Bethanien-Krankenhaus und Sprecher des Mamma-Netzes Rhein-Main, in einem Interview am Rande des SABCS. «Besonders bei Patientinnen, bei denen nach neoadjuvanter Behandlung keine vollständige Remission erreicht wird, fehlen wirksame Behandlungsoptionen», so der Experte. Früher Einsatz ab der Zweitlinie hat sich bewährt Unter der Eribulin-Therapie wurden keine unerwarteten neuen Sicherheitsaspekte festgestellt. Die häufigsten in der EMBRACEStudie beobachteten Nebenwirkungen aller Grade (≥ 30%) waren Fatigue/Asthenie (54%), Neutropenie (52%), Alopezie (45%), periphere Neuropathie (35%) und Übelkeit (35%) [2]. «Die Daten zur Verträglichkeit und die Möglichkeit der Lebensverlängerung in der fortgeschrittenen Situation sprechen für einen frühen Einsatz von Eribulin ab der zweiten Therapielinie des fortgeschrittenen Mammakarzinoms. Wir haben sehr gute Erfahrungen, wenn wir die Substanz früh einsetzen», sagte Tesch. Wie der Experte weiter erklärte, werden die guten klinischen Erfahrungen zum frühen Einsatz von Eribulin durch Daten zum Wirkmechanismus gestützt. Diese legen nahe, dass Eribulin über die zytostatische Wirkung hinaus auch Effekte auf die Tumorbiologie hat, die der Metastasierung entgegenwirken Downloaded by: 88.99.70.242 - 11/3/2017 3:24:21 PM Eribulin ist der bislang einzige als Monotherapie zugelassene Microenvironment-Modulator, der einen klinisch relevanten Überlebensvorteil bei Anthrazyklin- und Taxan-vorbehandelten Patientinnen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom gezeigt hat [1, 2]. Eine mögliche Erklärung ist der besondere Wirkmechanismus von Eribulin. Neue Daten vom San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) 2016 aus der ONSITE-Studie unterstützen die bisherigen Daten zur Wirksamkeit und zum Wirkmechanismus von Eribulin und unterstreichen das große Potenzial der Substanz bei der Behandlung des metastasierten Mammakarzinoms [3]. PharmaForum MX-1* menschliche Brustkrebs-Xenotransplantate (Tag 6) Sauerstoffgehalt hoch IAUC** 30,0 Zusätzliche nichtmitotische Effekte durch Eribulin Eribulin ist ein nicht Taxan-basierter Hemmer der Mikrotubuli-Dynamik, der mit hoher Affinität für β-Tubulin am Plus-Ende der Mikrotubuli bindet (Endpoisoning) und selektiv nur die Wachstumsphase der Mikrotubuli inhibiert, ohne die Verkürzungsphase zu beeinträchtigen [1]. In präklinischen und translationalen Studien induzierte Eribulin neben seiner Wirkweise als Tubulin-Inhibitor eine Remodellierung der Tumorvaskulatur, eine Reduktion von Hypoxie (Abb. 2) und eine Förderung des weniger aggressiven Epithelphänotyps [7–10]. «Eribulin führte zu einer gleichmäßigen Durchblutung der Tumorkerne. Daraus kann ein verbessertes Ansprechen auf die Therapie, auch in nachfolgenden Behandlungslinien, abgeleitet werden», sagte Prof. Tesch. «Die Hypoxie treibt die Umwandlung des epithelialen Charakters der Tumorzellen in den aggressiven mesenchymalen Phänotyp an und umgekehrt. Im Mausmodell haben wir gesehen, dass Eribulin die epithelial-mesenchymale Transition umkehren und der Metastasierung entgegenwirken kann», so der Experte. ONSITE-Daten zeigen Hemmung der Metastasierung Die gegen die Metastasierung gerichtete Wirkung von Eribulin wird nun auch durch aktuelle klinische Daten der auf dem SABCS 2016 präsentierten multizentrischen, nationalen ONSITE-Studie gestützt. Ziel dieser Studie war unter anderem die Auswertung der Patientinnen hinsichtlich zirkulierender Tumorzellen (CTCs) vor und nach der Behandlung mit Eribulin in Korrelation mit dem klinischen Outcome [3]. In der Studie, die Patientinnen mit HER2negativem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs, die Eribulin als Drittlinientherapie erhielten, einschloss (n = 59), wurden die Teilnehmerinnen im Durchschnitt in 6,9 ± 5,3 Therapiezyklen mit Eribulin behandelt. Ein Follow-up wurde bei 54 Patientinnen durchgeführt. 55,9% (n = 33) zeigten einen klinischen Benefit, davon 17,0% (n = 10) eine partielle Remission und 39,0% (n = 23) eine Krankheitsstabilisierung. Bei 35,6% (n = 21) war die Krankheit weiter vorangeschritten. Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) betrug 5,1 Monate (95%-KI: 3,23–8,90), das mediane OS 13,6 Monate (95%-KI: 11,8– nicht erreicht) [3]. Gut durchblutet Schlecht durchblutete, hypoxische Bereiche Kontrolle Tag 6 Einheitliche Durchblutung 0,0 Sauerstoffgehalt niedrig Eribulin Tag 6 Kontrolle (NaCl Lösung) Eribulin, 0,3 mg/kg Tumor: Unorganisierte Blutgefäße und schlechte Durchblutung im Tumorkern ȝ Hypoxie Tumor: Normalisierung der Blutgefäßstruktur und gleichmäßige Durchblutung ȝ Aufhebung der Hypoxie ȝ O2-Versorgung einheitlich * MX-1 = Humane Brustkrebs-Zelllinie (triple-negativer Brustkrebs) ** IAUC = Initial Area Under the Curve Abb. 2. Magnetresonanztomografische Analyse des Effekts von Eribulin auf die Perfusion eines Tumors (Xenotransplantat) im Mausmodell; modifiziert nach [7]. Die CTC-Level (in 7,5 ml Blut) wurden jeweils zu Behandlungsbeginn und vor dem zweiten Zyklus der Drittlinientherapie gemessen. Die durchschnittliche Anzahl der CTCs vor der ersten Eribulin-Applikation betrug 16,8 (InterQuartile-Range; IQR: 0–21) und zum zweiten Zyklus 5,4 (IQR: 0–8,5) (p < 0,001). Bei 52,4% der Patienten, die vor der ersten Eribulin-Applikation 5 CTCs aufwiesen, reduzierte sich die Anzahl der CTCs bis Zyklus 2 auf < 5 (p = 0,043) [3]. «Bei Patienten im metastasierten Tumorstadium lassen sich zirkulierende Tumorzellen im Blut nachweisen, die Anzahl korreliert mit der Metastasierungsrate. Die Auswertung der ONSITE-Daten zeigte eine signifikante Reduktion der zirkulierenden Tumorzellen. Deren Analyse und Verfolgung im peripheren Blut bei Patienten mit HER2-negativem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs sollte als prognostischer Faktor für die Therapiewirksamkeit weiterverfolgt werden», resümierte Tesch. Erweiterter Einsatz von Eribulin wird derzeit geprüft Mammakarzinoms eine Rolle spielen könnte [11, 12]. «Der Aspekt, dass Eribulin anti-hypoxische Effekte hat und die Wirkstoffversorgung zu fördern scheint, macht die Substanz auch als Kombinationspartner interessant», so Prof. Tesch. Claudia Urban, Berlin Literatur Fachinformation HALAVEN® 0,44 mg/ml Injektionslösung, Stand August 2016. 2 Cortes J et al.: Lancet 2011;377:914–923. 3 Manso Sánchez L et al.: SABCS 2016;Poster P6-07-21. 4 Kaufman PA et al.: J Clin Oncol 2015;33:594–601. 5 Twelves C et al.: Breast Cancer 2016;10:77–84. 6 Cortes J et al.: Breast Cancer Res Treat 2015;154: 509–520. 7 Funahashi Y et al.: Cancer Sci 2014;105:1334–1342. 8 Dybdal-Hargreaves NF et al.: SABCS 2015;Poster P5-03-09. 9 Rohena CC et al.: SABCS 2015;Poster P5-03-08. 10 Yoshida T et al.: Br J Cancer 2014;110:1497–1505. 11 Tolaney S et al.: SABCS 2016;Poster P5-15-02. 12 Alvarez RH et al.: SABCS 2016;Poster OT2-02-02. 1 Impressum Therapie des metastasierten Mammakarzinoms: Weitere auf dem SABCS 2016 präsentierte Studiendaten liefern darüber hinaus wichtige Ansätze zum Einsatz von Eribulin in weiteren Settings. Unter anderem wird derzeit geprüft, ob Eribulin in Kombination mit zielgerichteten Substanzen wie PEGPH20 (pegylierte rekombinante humane Hyaluronidase) oder Pembrolizumab (PD-1-Inhibitor) möglicherweise auch im Erstlinien-Setting des fortgeschrittenen triple-negativen bzw. HER2-negativen © 2017 S. Karger GmbH, Freiburg Fax + 49 761 4 52 07 14 [email protected] www.karger.com Neue Daten vom SABCS 2016 unterstreichen die Bedeutung von Eribulin (Halaven®) PharmaForum in BREAST CARE 12 l 1 l 17 © 2017 by S. Karger Verlag für Medizin und Naturwissenschaften GmbH Wilhelmstraße 20A 79098 Freiburg, Deutschland Mit freundlicher Unterstützung durch Eisai GmbH Verlag, Herausgeber, Redaktion und Verlagsgeschäftsführung übernehmen keine Verantwortung für den Inhalt dieser Rubrik. Downloaded by: 88.99.70.242 - 11/3/2017 3:24:21 PM und die Wirksamkeit der Therapie verbessern [7–10].