Ergebnisse der Aeroelektromagnetik zur Grundwasser

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B. Siemon: Ergebnisse der Aeroelektromagnetik zur Grundwassererkundung.....
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Ergebnisse der Aeroelektromagnetik zur Grundwassererkundung im Raum Cuxhaven-Bremerhaven
Bernhard Siemon
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Stilleweg 2, D-30655 Hannover
[email protected]; http://www.bgr.de/b314/
Zusammenfassung
Auf Vorschlag des Instituts für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben (GGA) wurde von der
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Mai 2000 eine etwa 530 km² große
Küstenregion südlich von Cuxhaven aerogeophysikalisch untersucht. Das hierfür eingesetzte Hubschrauber-Messsystem der BGR ermöglichte die gleichzeitige Durchführung elektromagnetischer,
magnetischer und radiometrischer Messungen. Die Ergebnisse der Aerogeophysik sollen in eine
Grundwassermodellierung für das gesamte Messgebiet einfließen.
Die Aeroelektromagnetik liefert in diesem Messgebiet Informationen über die Hydrogeologie und
Geologie bis in etwa 150 m Tiefe. Zu den wesentlichen hydrogeologischen Ergebnissen zählen die
Kartierung des Grundwasserspiegels, die Bestimmung der Salz-/Süßwassergrenze bis in etwa 100 m
Tiefe, die Kartierung der Salzwasserintrusion von der Nordsee bis 8 km landeinwärts und die Erfassung von Süßwasseraustritten im Watt. Ferner ließen sich aus der Verteilung der elektrischen Leitfähigkeit Informationen über die Lithologie im gesamten Messgebiet gewinnen. Insbesondere konnten
auch Rinnenstrukturen aufgrund von Tonablagerungen im oberen Rinnenbereich kartiert werden.
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Einleitung
Aerogeophysikalische Methoden wurden ursprünglich fast ausschließlich zur Mineralexploration verwendet. Seit mehr als einem Jahrzehnt nutzt die BGR ihr Hubschrauber-Messsystem zur Erschließung weiterer Einsatzfelder, wie z. B. die Grundwassererkundung in ariden Gebieten (Sengpiel & Fluche, 1992; Sengpiel & Siemon, 1997), die Erkundung von Salzwasseraufstiegszonen (Siemon et al.
2001a); die Altlastenerkundung (Sengpiel, 1997; Siemon et al., 2000), die geologische Kartierung
(Siemon et al., 2001b) und die Untersuchung der Schutzfunktion von Deckschichten (Kirsch et al.,
2000). In diesem Beitrag werden die Ergebnisse einer aeroelektromagnetischen Grundwassererkundung einer Küstenregion in Nordwestdeutschland vorgestellt.
Im Rahmen einer „Pilotstudie zu einer detaillierten aerogeophysikalischen Landesaufnahme“ (Siemon,
2000, Siemon et al., 2001c) erforschte die BGR ein Gebiet südlich von Cuxhaven. Die aerogeophysikalische Untersuchung steht in Zusammenhang mit einem Forschungsvorhaben des Instituts für
Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben (GGA) zur Untersuchungen von Transport- und Reaktionsprozessen im Küstennahbereich zwischen Cuxhaven und Bremerhaven (Kessels et al., 2000).
Von besonderem Interesse ist hierbei die Erkundung der Bremerhaven-Cuxhavener Rinne und die
Salzwasserintrusion.
Aus den elektromagnetischen Messungen können Informationen über den spezifischen Widerstand im
Erduntergrund gewonnen werden, der von den jeweiligen Gesteinen und Fluiden abhängt. Mit der
Magnetik lässt sich die Magnetisierung der Gesteine erfassen und die Radiometrie liefert die Verteilung der Äquivalentgehalte der natürlichen Radioelemente im Boden. Während die Radiometrie im
Wesentlichen Auskunft über die obersten Dezimeter des Erduntergrundes gibt und die Magnetik aufgrund der nur gering magnetisierten Sedimente im Messgebiet wenig Strukturinformation aus den geringen Tiefen liefert, können aus den elektromagnetischen Daten vielfältige Informationen zur Geologie und Hydrogeologie gewonnen werden. Daher beschränkt sich die Darstellung und Interpretation
der aerogeophysikalischen Ergebnisse hier auf die Aeroelektromagnetik (AEM).
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Messgebiet
Das Messgebiet Cuxhaven liegt zwischen der Weser- und der Elbemündung. Es hat eine Ausdehnung
von ca. 22 km in WNW–ESE- bzw. 24 km in NNE–SSW-Richtung und ist 18,5° gegenüber N nach E
gedreht. Abb. 1 zeigt einen Lageplan des Messgebietes (mit Punkten umrandete Fläche) sowie den
Blattschnitt zur Darstellung der Ergebnisse (gestrichelt eingerahmte Fläche). Die Befliegung des ca.
530 km² großen Messgebietes fand an 10 Tagen im Mai 2000 statt. Das Gebiet wurde in zwei Teilgebiete (Land und Watt) unterteilt, damit das
Wattgebiet bei Ebbe beflogen werden
konnte. Die Linienabstände der Messprofile
betrugen 250 m (Land) bzw. 500 oder 1000
m (Watt), die der Kontrollprofile 1000 bzw.
2250 m. Daraus ergab sich eine Gesamtlänge aller Profile von etwa 2300 km.
Die Morphologie des Messgebietes wird beschrieben durch die flachen Marschen, deren topografische Höhen um oder wenige
Meter über dem Meeresspiegel liegen, und
einem bis zu etwa 30 m hohen Endmoränenzug, der Geest, der sich zentral von N
nach S durch das Messgebiet zieht.
Das Messgebiet liegt im Nordwestdeutschen
Tertiärbecken und ist vollständig von quartären Ablagerungen überdeckt. Die mittlere
Mächtigkeit der Quartärbedeckung liegt bei
etwa 30 – 50 m, im Bereich der Geest entsprechend höher. Die Marschen beiderseits
der vorwiegend sandigen Geest sind überwiegend tonig bis schluffig aufgebaut. Weiterhin treten verbreitet Geschiebemergelablagerungen und Hoch- und Niedermoore
auf. Unterhalb der oberflächennahen Ablagerungen herrschen Sande vor, die teilweise
auch kiesig oder schluffig ausgeprägt sind.
Demgegenüber weisen die tertiären Ablagerungen, die mehrere hundert Meter mächtig
sind, einen höheren Tonanteil auf, insbesondere ab etwa –150 m NN. Weit verbreitet
sind auch Schwermineralanreichungen in
etwa –50 bis –70 m NN (Besenecker et al.,
1981).
Im Pleistozän war das Untersuchungsgebiet
eisbedeckt. Während des Rückzuges des
Eisschildes bildeten sich Schmelzwasserrinnen aus, die teilweise bis etwa 300 m in den
tertiären Untergrund eingeschnitten sind
(Kuster & Meyer, 1979, 1995). Die prominentesten Rinnenstrukturen im Messgebiet
sind die SSW–NNE-verlaufenden Bremerhaven-Cuxhavener Rinne (auch als Wanhödener Rinne bekannt), die etwa parallel zu
der BAB 27 liegt, und die sichelförmig ausgeprägte Oxstedter Rinne im Nordwesten
(Abb. 2).
Abb. 1: Lageplan des Messgebietes Cuxhaven.
Abb. 2: Lage der Quartärbasis im Messgebiet Cuxhaven (Ausschnitt aus Kuster & Meyer, 1995).
Die Bremerhaven-Cuxhavener Rinne (rechts)
und die Oxstedter Rinne (links) sind teilweise
über 300 m tief.
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Die quartären Ablagerungen in den Rinnen sind im unteren Teil meist sandig, im oberen Bereich oft
schluffig/tonig. Die Mächtigkeiten dieser Schluff-/Tonschichten (Lauenburger Schichten) variieren
stark; meist liegen sie im Bereich von einigen Zehnermetern, können aber auch auf über hundert Meter ansteigen (Binot et al., 2001).
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Aerogeophysikalisches Messsystem der BGR
Das aerogeophysikalische Messsystem der
BGR, mit dem die gleichzeitige Durchführung elektromagnetischer, magnetischer und
radiometrischer Messungen möglich ist, besteht aus einem Hubschrauber, einer Flugsonde und einer Bodenstation (Abb. 3).
Im Hubschrauber sind neben dem Gammastrahlenspektrometer die Navigationsinstrumente, die Höhenmesser, eine Videokamera
sowie die analogen und digitalen Aufzeichnungsgeräte untergebracht. In der Bodenstation befinden sich die Referenzinstrumente zur Erfassung der variablen Anteile von
Luftdruck, Magnetfeld und GPS. Das EMSystem, das Cäsium-Magnetometer, ein Laserhöhenmesser und das Positionierungssystem (GPS/GLONASS) sind in der Flugsonde integriert, die 40 m unterhalb des
Hubschraubers nachgeschleppt wird.
Der Abstand der 10 m langen Flugsonde
zum Erduntergrund beträgt ca. 30 – 40 m,
und die Fluggeschwindigkeit liegt bei 100 –
150 km/h. Dies führt bei einer Aufzeichnungsrate von 10 Hz auf einen mittleren
Messpunktabstand von 3 – 4 m.
Abb. 3: Prinzipskizze des aerogeophysikalischen
Messsystems der BGR.
Mit dem aeroelektromagnetischen Messverfahren werden mittels mehrerer Sendespulen elektromagnetische Felder abgestrahlt, wobei jeder Sendespule eine diskrete Frequenz zugeordnet ist. Die Magnetfelder dieser Spulen (Primärfelder) dringen in den Erduntergrund ein und erzeugen dort, abhängig
von der elektrischen Leitfähigkeit des Untergrundes, Wirbelströme unterschiedlicher Stärke und Phasenlage. Deren Magnetfelder (Sekundärfelder) induzieren sehr schwache Ströme in den zugeordneten Empfängerspulen des EM-Systems. Dabei können noch Sekundärfelder erkannt werden, die am
Ort der Empfängerspule bis zu eine Millionen mal kleiner sind als das direkt vom Sender kommende
Primärfeld. Die Maßeinheit der Sekundärfelder ist daher ppm (parts per million).
Die Amplitude der empfangenen Sekundärfelder sowie die zeitliche Verzögerung (Phase) gegenüber
dem erzeugenden Primärfeld wird bestimmt und aufgezeichnet. Aus diesen beiden Größen kann für
jede Frequenz die elektrische Leitfähigkeit des Untergrundes berechnet werden, wobei die Felder der
verschiedenen Frequenzen unterschiedlichen Tiefen zugeordnet werden können. Dabei gilt: Je niedriger die Frequenz ist, um so tiefer dringen die EM-Felder in den Untergrund ein.
Um eine möglichst detaillierte Verteilung der elektrischen Leitfähigkeit zu erhalten, ist die Verwendung
unterschiedlicher Frequenzen innerhalb eines möglichst großen Frequenzbereichs erforderlich. Mit der
von der BGR konzipierten Flugsonde mit fünf Frequenzen (0,38, 1,8, 8,6, 41 und 192 kHz) lassen sich
Aussagetiefen von wenigen Metern bis mehr als 120 m erreichen. Das seit 1997 eingesetzte AEMSystem verfügt über große Rechteckspulen (statt Kreisspulen) für jede Messfrequenz sowie die Möglichkeit der absoluten Kalibrierung und Phaseneinstellung im Fluge (Sengpiel, 1996).
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Auswertung der AEM-Daten
Die Berechnung von scheinbaren spezifischen Widerständen (Halbraumwiderständen) ρa ist ein erster
wichtiger Schritt zur Erkundung der elektrischen Leitfähigkeit im Untergrund. Für jede Messfrequenz
kann man aus den AEM-Messdaten auf Basis eines homogenen Halbraums (mit Deckschicht) einen
Halbraumwiderstand ρa und zusätzlich einen Wert z*p für dessen (Schwerpunkts-)Tiefe ableiten (Siemon, 2001a). Da die Schwerpunktstiefe z*p mit abnehmender Messfrequenz zunimmt, lässt sich an jedem Messpunkt aus den Daten aller Messfrequenzen ein Widerstands-Tiefen-Diagramm, d. h. eine
ρa(z*p)-Sondierungskurve berechnen. Halbraumwiderstand und Schwerpunktstiefe werden einzeln oder
kombiniert in Kartenform für jede Messfrequenz oder entlang der Profile als Vertikalschnitt für alle
Messfrequenzen dargestellt und liefern so wichtige Hinweise nicht nur über die laterale und vertikale
Leitfähigkeitsverteilung, sondern auch über die Datenqualität.
Die AEM-Daten aller Messfrequenzen werden auch an jedem Messpunkt in die Parameter eines geschichteten Halbraums, spezifische Widerstände und Mächtigkeiten, invertiert. Da der hier verwendete
Inversionsalgorithmus (Sengpiel & Siemon, 2000) auf dem Marquardt-Verfahren beruht, ist ein Startmodell
notwendig, das iterativ verbessert wird, bis ein vorgegebenes Abbruchkriterium erfüllt ist. Das Startmodell
wird automatisch aus den ρa(z*p)-Sondierungskurven für jeden Messpunkt neu berechnet. Trotz der Annahme eines lateral homogenen Untergrundes bei diesen Modellen, können die Inversionsalgorithmen
auch bei inhomogenem Untergrund erfolgreich eingesetzt werden, sofern die lateralen Leitfähigkeitskontraste in einem etwa 100 m großen Bereich unterhalb des Sensors nicht zu groß sind (Sengpiel &
Siemon, 1998). Die spezifischen Widerstände können als Vertikalschnitt entlang eines Profils oder in
einer Karte für das gesamte Messgebiet, die z. B. die spezifischen Widerstände einer Modellschicht
oder in einer bestimmten Tiefe zeigt, dargestellt werden (Eberle und Siemon, 2001).
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Ergebnisse
Die Zuordnung der AEM-Ergebnisse zur Geologie und Hydrogeologie erfolgte zunächst anhand der
Karten des scheinbaren spezifischen Widerstandes (ρa-Karten) für die fünf Messfrequenzen, die mit
abnehmender Frequenz größere Tiefen erschließen. Die ρa-Karte für die höchste (fünfte) Frequenz
(f = 192,6 kHz) zeigt die Verteilung des Halbraumwiderstandes nahe der Erdoberfläche (bis 1 m Tiefe
im Watt; bis etwa 20 m Tiefe in der Geest); die ρa-Karte für die niedrigste (erste) Frequenz (f = 384 Hz)
zeigt dementsprechend die Verteilung des Halbraumwiderstandes in relativ großer Tiefe (etwa 20 m
im Watt; bis etwa 140 m in der Geest).
Als Beispiel zeigt die Abb. 4 die ρa-Karte für die zweite Frequenz (f = 1,8 kHz). Die niedrigsten Halbraumwiderstände (Färbung: rot) treten im Bereich der Elbe-Mündung (<1 Ωm) und im Watt (<2 Ωm)
auf, die höchsten (>100 Ωm, Färbung: blau) im Bereich der meist sandigen Geest. Mittlere Widerstände weisen Bereiche mit höherem Feinkornanteil aus. Besonders zu erwähnen sind hierbei die meist
S–N-verlaufenden Rinnenstrukturen, wobei sich die Bremerhaven-Cuxhavener Rinne, die etwa parallel und meist östlich der Autobahn verläuft, durch niedrige Halbraumwiderstände (10 – 30 Ωm, Färbung: gelb/orange) klar gegenüber der Umgebung abgrenzen lässt. Die niedrigen Halbraumwiderstände gehen auf Schluffe und Tone (Lauenburger Schichten) zurück, die in der mehrere hundert
Meter tiefen Bremerhaven-Cuxhavener Rinne häufig in etwa 30 – 80 m Tiefe anzutreffen sind. Im Norden ist diese Rinne durch eine sichelförmige, NW-SE-streichende Struktur mit niedrigen Halbraumwiderständen (5 – 10 Ωm, Färbung: orange), die ebenfalls von Tonen hervorgerufen werden, überdeckt.
Mit abnehmender Frequenz, d. h. mit zunehmender Tiefe, weiten sich die Bereiche mit geringem Halbraumwiderstand (<7 Ωm, Färbung: orange/rot) von der Küste her ins Inland aus, was auf eine
Salzwasserintrusion zurückzuführen ist. Demgegenüber treten im Nordwesten erhöhte Halbraumwiderstände im Watt auf, was auf Süßwasseraustritte im Wattenmeer hindeutet. Zu beachten ist, dass
Bereiche mit sehr niedrigen Halbraumwiderständen (<10 Ωm, Färbung: orange/rot) auch anthropogen
verursacht sein können, wie z. B. im Bereich der Ortschaften. Besonders auffällig ist dieses in Regionen, wo der spezifische Widerstand im Erduntergrund recht hoch und somit die gemessenen Sekundärfelder besonders bei den niedrigen Frequenzen klein sind, wie beispielsweise in der Geest.
Basierend auf den AEM-Daten von vier Frequenzen sind die 1D-Inversionen durchgeführt worden. Auf
die Verwendung der Daten der höchsten Frequenz (192,6 kHz) wurde verzichtet, da diese auf dem
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Profil nicht stabil genug waren, d. h. zu starke Driften und Sprünge aufwiesen. Die Betrachtung der auf
den 1D-Inversionsmodellen basierenden Vertikalschnitte ermöglicht eine genauere Zuordnung der
spezifischen Widerstände zur Geologie und Hydrogeologie. Exemplarisch sind Vertikalschnitte für drei
Profile ausgewählt worden (zur Lage siehe Abb. 4), die die markanten Strukturen im Messgebiet aufzeigen. Zum Vergleich sind in Abb. 5 auch die Vertikalschnitte basierend auf den ρa(z*p)-Sondierungskurven dargestellt worden. Die farbcodierten ρa(z*p)-Sondierungskurven und die 1D-Inversionsmodelle
sind auf die aus den Höhenmessungen abgeleitete Topografie (topo) bezogen und als schmale Säulen entlang der Profile aufgetragen. Die Topografie ergibt sich aus der Höhe EM-Sensors (bird) in
m NN, berechnet aus der barometrischen Höhe des Hubschraubers (abzüglich der mittleren Kabellänge von 39,2 m) minus der vom EM-Sensor aus mit einem Laserhöhenmesser erfassten Höhe über
Grund (Laserhöhe). Über Waldgebieten wird der Laserstrahl auch an Baumkronen oder –ästen reflektiert, so dass in diesen Bereichen eine ausgefranste Topografie erscheint.
Die Abb. 5a zeigt das Profil 219.1, das im südlichen Teil des Messgebietes liegt. Beinahe auf dem gesamten Profil liegt ein drastischer Sprung im spezifischen Widerstand der ersten Modellschicht (Deckschicht) zur zweiten Schicht vor, der mit der Lage des Grundwasserspiegels zu korrelieren ist. Die Bereiche mit sehr hohen spezifischen Widerständen (>2000 Ωm) oberhalb dieser Grenze beruhen auf
vergleichsweise trockenem Material und dem Baumbestand. Beides lässt sich aufgrund des zu geringen Widerstandskontrastes nicht trennen, was besonders gut im Bereich der sandigen Geest, z. B. auf
der Zeitachse (1 fid (fiducial) = 10 s) bei fid 419 zu sehen ist. Im Westen ist in 10 – 40 m Tiefe ein Bereich mit niedrigen spezifischen Widerständen (<3 Ωm) zu erkennen, der durch die Salzwasserintrusion von der Nordsee her zu deuten ist. Oberhalb der Salzwasserintrusion nimmt der Widerstand bis auf
20 Ωm zu. Dies ist durch (Süßwasser gesättigtes, schluffiges Material (Klei) zu erklären. Nach Osten
hin taucht diese gut leitende Struktur, deren obere Grenzfläche als Süß-/Salzwassergrenze zu deuten
ist, ab und ist bis in 100 m Tiefe zu verfolgen. Bei fid 432 ist ein kleiner mit Süßwasser erfüllter Bereich
zu erkennen, der durch eine oberflächennahe Tonablagerung bei fid 428 von der Geest abgetrennt ist.
Die sandige, Süßwasser gesättigte Geest ist durch relativ hohe Widerstände (>100 Ωm) charakterisiert. Widerstandsverringerungen in diesem Bereich deuten auf eine Zunahme von feinkörnigem Material hin. Insbesondere erscheinen die Tone, z. B. der Lauenburger Ton im Verlauf der BremerhavenCuxhavener Rinne bei fid 414 als gut leitende Strukturen (7 – 25 Ωm). Dies gilt ebenfalls für die Widerstandsabnahme bei fid 409. Hier scheint es sich aber um eine eher schmale, flache Rinne zu handeln,
da sie in der Karte der Quartärbasis (Kuster & Meyer, 1995) nicht auftaucht, oder sie ist bisher noch
nicht entdeckt.
Die Abb. 5b zeigt das Profil 58.1 aus dem nördlichen Teil des Messgebietes. Vor allem im Bereich der
Geest (fid 621 – 640) ist wieder der starke Widerstandskontrast, der durch die Lage des Grundwasserspiegels verursacht wird, zu beobachten. Die Schwankungen dieser Grenzfläche sind vor allem auf
anthropogene Ursachen an der Erdoberfläche (z. B. Bebauung) zurückzuführen. Im Westen (fid 615 –
621) sind zwei ausgedehnte, gut leitende Bereiche zu erkennen, die durch einen Bereich höheren
spezifischen Widerstandes getrennt sind. Ursache hierfür ist zum einen die Salzwasserintrusion und
zum anderen das Austreten von Süßwasser aus der Geest ins Wattenmeer unterhalb einer Schicht
mit schluffigen Material (siehe auch Abb. 5c). Im Osten (ab fid 648) findet man ebenfalls zwei Zonen
mit niedrigen spezifischen Widerständen. Der oberflächennahe Bereich bis ca. –20 m NN wird, wie bei
einigen Bohrungen nachgewiesen (Binot et al., 2001), durch toniges Material verursacht. In der Abb. 4
erscheint diese Struktur sichelförmig in NW-SE-Richtung und korreliert mit der Hadelner Bucht. Der
untere Bereich in etwa 50 – 70 m Tiefe steht wieder im Zusammenhang mit dem Eindringen von
Meerwasser in den Erduntergrund, diesmal von Nordosten her. Die sehr schmalen dunkelroten Zonen
in der Vertikalsektion sind anthropogen bedingt (bei fid 631 und 637: Ortschaften, bei fid 647: Autobahn und Hochspannungsleitung). Eine muldenförmige Struktur hebt sich durch niedrige spezifische
Widerstände (10 – 25 Ωm) in der sonst hochohmigen Geest (>50 Ωm) ab. Diese Struktur, die etwa
westlich von Nordholz bei Profil 42.1 im Süden beginnt, sich dann V-förmig verbreitert und bis Sahlenburg bei Profil 80.1 im Norden (vgl. Abb. 4) klar zu erkennen ist (und sich vermutlich noch bis zur
Küste bei Duhnen fortsetzt), kann als Tonschicht (Lauenburger Ton) interpretiert werden. Diese Tonschicht bedeckt, ähnlich wie bei den Rinnen weiter östlich, eine glaziale Rinne, die Oxstedter Rinne,
über deren Verlauf und Ausprägung nur wenig bekannt ist. Insbesondere gibt es im Süden für das Abknicken der Rinne nach Westen (Kuster & Meyer, 1995) anhand der AEM-Ergebnisse keine Belege.
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Die Abb. 5c zeigt das Profil 3.5 über 3 km Land und 6,5 km Watt im Nordwesten des Messgebietes.
Im Westen sind die mit Salzwasser gesättigten Wattsedimente, im Osten die mit Süßwasser gefüllte
Sande der Geest zu sehen. In der Mitte zwischen fid 335 und fid 340 erkennt man unterhalb einer
dünnen, gut leitenden Deckschicht den Süßwasseraustritt von der Geest ins Wattenmeer und nach
Osten die leicht abtauchende Süß-/Salzwassergrenze, die bis in 80 m Tiefe zu beobachten ist, aber
kurz hinter der Küstenlinie (fid 335) verschwindet. Landeinwärts ist auf diesem Profil im Bereich der
Geest wieder der durch die Lage des Grundwasserspiegels verursachte Widerstandskontrast bei wenigen Metern über NN zu erkennen. Am östlichen Rand des Profils deutet sich eine abtauchende (–10
bis –50 m NN), relativ gut leitende Schicht (25 – 40 Ωm) an, die zu dem in Abb. 5b beschriebenen,
muldenförmig ausgeprägten guten Leiter gehört.
Abb. 4: Karte der Halbraumwiderstände ρa zur zweiten Messfrequenz (f = 1,8 kHz). Eingezeichnet ist
auch die Lage der Profile der in Abb. 5 dargestellten Vertikalschnitte.
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a)
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b)
c)
Abb. 5: Vertikalschnitte für die WNWESE-Profile 219.1, 58.1 und 3.5.
Von oben nach unten sind längs
der Profile aufgetragen:
(a) die logarithmierten AEM-Daten
(Inphase R und Quadrature Q)
für die vier für die Inversion verwendeten vier Messfrequenzen;
(b) die ρa(z*p)-Vertikalsektionen, abgeleitet aus den Halbraumwiderständen und den zugehörigen
Schwerpunktstiefen in m NN
(z*1 bis z*4);
(c) die Vertikalsektionen basierend
auf den 1D-Inversionsmodellen
und
(d) der Anpassungsfehler (auf die
Messdaten bezogene rms-Gesamtfehler von Modell- und
Messdaten) der Inversion q [%].
Neben der Entfernungsachse ist
oberhalb der Grafiken die Zeitachse (1 fid = 10 s) angegeben.
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Schlussfolgerungen und Ausblick
Aus den Ergebnissen der AEM konnten hydrogeologisch interessante Informationen wie die Lage des
Grundwasserspiegels, die Süß-/Salzwassergrenze bis in etwa 100 m Tiefe, die Salzwasserintrusion
von der Nordsee bis 8 km landeinwärts und die Süßwasseraustritte im Watt abgeleitet werden. Ferner
ließen sich aus der Leitfähigkeitverteilung Informationen über die Lithologie im gesamten Messgebiet
gewinnen. Insbesondere konnten auch Rinnenstrukturen (Oxstedter und Bremerhaven-Cuxhavener
Rinne) kartiert werden, die sich aufgrund der niedrigen spezifischen Widerstände der im Rinnenbereich abgelagerten Lauenburger Schichten von der Umgebung klar zu unterscheiden sind.
Ein Vergleich der AEM-Ergebnisse mit gleichstromgeoelektrischen Ergebnissen und Bohrungen zeigte
eine gute Übereinstimmung für den Tiefenbereich, der mit der AEM zu erschließen ist (Siemon,
2001b). Die Vorteile der AEM gegenüber der Gleichstromgeoelektrik liegen vor allem in der Messpunktdichte und der Messgeschwindigkeit. Es können so – bei vergleichbarer Aussagekraft – große
Gebiete schnell und kostengünstig untersucht werden. Demgegenüber liefert die Gleichstromelektrik
bei geeigneter Auslagenlänge auch Informationen über größere Tiefen. So z. B. auch über die Süß-/
Salzwassergrenze, die im Bereich der Geest bis auf über 300 m unter Gelände fallen kann.
Im Sommer 2001 wurde das südliche Anschlussgebiet Bremerhaven beflogen. Die Ergebnisse beider
Befliegungen, ergänzt durch einige Geoelektriksondierungen bzw. Bohrungen, bilden eine gut Datenbasis für die dreidimensionale Erfassung der Salzwasserintrusion im Elbe-Weser-Dreieck. Diese Daten wie auch weiterführende Strukturinformationen können für eine Grundwassermodellierung des gesamten Untersuchungsgebietes genutzt werden.
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