Die theologische Bedeutung der Abendmahlsfeier

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Ro l f J. Pö h l er
D IE THEOLOGISCHE BEDEUTUNG
DES ABENDMAHLS
UND
PRAKTISCHE FRAGEN ZUR
ABEND MAHLSFEIER
Erschienen in:
Abendmahl und Fußwaschung
Studien zur adventistischen Ekklesiologie, Bd. I
Herausgegeben vom Biblischen Forschungskomitee
der Euro-Afrika-Division, Bern/Schweiz
Hamburg: Saatkorn-Verlag, 1991
S. 67-89, 245-269
Inhalt
EINLEITUNG ......................................................................................................................................................... 3
1. GEDÄCHTNISMAHL.................................................................................................................................... 4
2. BUNDESMAHL ............................................................................................................................................. 5
3. GEMEINSCHAFTSMAHL ............................................................................................................................ 6
4. LIEBESMAHL................................................................................................................................................ 7
5. DANKSAGUNGSMAHL ............................................................................................................................... 8
6. HOFFNUNGSMAHL ..................................................................................................................................... 9
7. FESTMAHL.................................................................................................................................................. 11
SCHLUSS ............................................................................................................................................................. 14
LITERATURVERZEICHNIS............................................................................................................................... 15
PRAKTISCHE FRAGEN ZUR ABENDMAHLSFEIER..................................................................................... 17
1. Wer ist würdig am Abendmahl teilzunehmen?.......................................................................................... 17
2. Wer leitet die Abendmahlsfeier? ............................................................................................................... 20
3. Brot und Wein beim Abendmahl............................................................................................................... 22
4. Die Beschaffenheit der Abendmahlsgeräte................................................................................................ 25
5. Agenda für eine besondere Abendmahlsfeier............................................................................................ 26
Abstract
The essay investigates the theological meaning of the Lord's Supper in its sevenfold dimension as a
basis for the needed reconsideration of its proper celebration in the church. It is a MEMORIAL MEAL
celebrating the blessings of the sacrifice of Christ on Calvary in a communal act characterized by joy
and gratitude; a COVENANT MEAL which reaffirms the new covenant made at the cross, renews the
church's dedication to her covenant Lord, and celebrates the covenant gifts of the new life and communion with God; a FELLOWSHIP MEAL which unites the church to her risen Savior in close communion
with her invisibly present Lord; an AGAPE MEAL which constitutes the fellowship of believers as the
body of Christ which is inseparable from the vertical union with Christ; a EUCHARISTIC MEAL which celebrates the gifts of God (symbolized by bread and wine) which the believers enjoy in the here and now:
reconciliation, freedom, peace, fellowship, etc. with worship, praise, and gratitude; a MEAL OF HOPE
which expresses the church's expectation of the imminent coming of her Lord but, at the same time,
enjoys the foretaste of the future world in a kind of proleptic experience of the fellowship in God's
kingdom. This eschatological outlook of the Lord's Supper is surprisingly underdeveloped among Adventists due to the influence of the Reformed understanding of the Communion Service in the SDA
Church; a reorientation of the Adventist understanding of the Eucharist presupposes the rediscovery of
its nature as a feast of celebration and joy. In summary, then, the Lord's Supper encompasses the
total history of salvation from the first to the second coming of Christ in the contemporary experience
of the church. Finally, it is to be seen as a CELEBRATION MEAL; this requires a form which allows the represent-ation and appropriate expression of the joy and hope of salvation, the experience of communion with Jesus and his body, the church, and the gratitude of believers in view of God's gracious gifts
in Jesus. For the early church, this occurred always in the setting of a full meal; from the 2nd century
onward this wholistic understanding was gradually lost and the Eucharist separated from the agape
feast under the influence of Hellenism's dualistic world view. Its impact can still be felt even among
Protestants today. The normative function of Scripture may therefore require a reconsideration of the
proper meaning and form of the communion service even in the Adventist Church. What makes such a
reflection so important is the fact that the Lord's Supper is--in the final analysis--concerned with (A) the
full gospel of Jesus Christ, (B) his real presence in the Eucharist, and (C) the true nature of holiness
which rests, not in the emblems or acts of the Supper, but in the relationship of believers to their invisibly present Lord.
2
EINLEITUNG
Darüber, dass die urchristliche Gemeinde das Abendmahl regelmäßig gefeiert hat,
besteht kein Zweifel. Auch die ursächliche Beziehung zwischen den nachösterlichen
Herrenmahlen und dem letzten Mahl Jesu mit seinen Jüngern vor seinem Tod am
Kreuz wird allgemein anerkannt. Darüberhinaus weisen zahlreiche Exegeten jedoch
auch auf die Existenz anderer möglicher Vorläufer des Abendmahls hin.1
Recht vielfältig sind deshalb die Antworten auf die Frage nach dem eigentlichen Sinn
und der wahren Bedeutung des Herrenmahls für die Gemeinde Jesu. Dabei ist dies
von ausschlaggebender Wichtigkeit für die rechte Feier des Abendmahls. Die auch in
adventistischen Kreisen verschiedentlich geführten Diskussionen über die Form und
Gestaltung des Abendmahlsgottesdienstes werden solange nicht über eine letztendlich nutzlose Konfrontation verschiedener Meinungen und Bedürfnisse hinauskommen, wie sie nicht von dem Wunsch geleitet sind, die biblische Sicht vom Herrenmahl
zu entdecken und in der Abendmahlsfeier zum Ausdruck zubringen.2
Die folgende Studie versucht, den im Neuen Testament vorfindlichten Bedeutungsreichtum des Abendmahls übersichtlich darzustellen. Damit soll eine Grundlage gegeben werden, auf der eine Neubesinnung über Wesen und Gestaltung des Herrenmahls möglich, sinnvoll und u.U. sogar notwendig erscheint. Letztere muss von der
Fragestellung geleitet sein, inwieweit die adventistischen Anschauungen und Praktiken das biblische Abendmahlsverständnis reflektieren und realisieren. Schließlich
muss auch auf diesem Gebiet die Bibel ihre normierende Funktion gegenüber allen
überlieferten Ansichten erweisen können. Josef Butscher verlangt deshalb zu Recht
"... Neuorientierung im Denken und Handeln auch in bezug auf das Abendmahl. Wahrheitserkenntnis kann eine schmerzliche Angelegenheit sein. Bekehrung aber kommt nie
anders zustande. Wer sich für die Wahrheit entscheidet, steht auf der Seite Jesu. Unter
diesem Aspekt ist es unumgänglich, einige Fragen zu klären."3
Im Licht des Neuen Testaments funkelt das Herrenmahl wie ein kostbarer Diamant.
Ein umfassendes Verständnis des Abendmahls wird deshalb auf keinen der folgenden sechs (bzw. sieben) Aspekte ohne Schaden verzichten können.
1
Besonders genannt werden hier von den Auslegern die atl. Opfer- und Bundesmahlzeiten, die Tischgemeinschaften Jesu mit seinen Jüngern, sowie die nachösterlichen Mahlzeiten des Herrn mit den
Aposteln.
2
Die bestehende Meinungsvielfalt unter Christen bezüglich der Bedeutung des Herrenmahls kommt
schon in den verschiedenen Begriffen zum Ausdruck, die dafür verwendet werden: Abendmahl (Bezug
zum letzten Mahl Jesu = Passamahl), Eucharistie (Danksagung für Gottes Gaben), Kommunion (Gemeinschaft mit Christus), Messe (Opferakt) und Herrenmahl (Mahl mit Christus).
3
Was bedeutet uns das Abendmahl, Hamburg, 1982, S. 19.
3
1. GEDÄCHTNISMAHL
Die Feier des Abendmahls zur Erinnerung an Jesu Leiden und Sterben erfolgt unter
Berufung auf den klaren Auftrag des Herrn "...solches tut zu meinem Gedächtnis"
(Luk. 22,19; 1. Kor. 11,23-26). Der stellvertretende Sühnetod Jesu als das zentrale
Heilsereignis der Geschichte soll dem Bewusstsein des Gläubigen immer wieder neu
eingeprägt und vor Augen gehalten werden. In der Tat, die gesamte ntl. Theologie
fußt auf dem Glauben an die auf Golgatha vollbrachte Erlösungstat. Deshalb überrascht es nicht im geringsten, wenn die Erinnerung an Jesu Opfertod ein Wesensmerkmal des Herrenmahls darstellt. Darüberhinaus wird die Bedeutung des Abendmahls als Gedächtnismahl besser verständlich, wenn seine Herleitung aus dem jüdischen Passafest berücksichtigt wird. Da das erste Abendmahl während der letzten
Passafeier Jesu mit seinen Jüngern eingesetzt wurde, letzteres aber seinerseits ein
Gedächtnismahl der wunderbaren Errettung Israels aus der Knechtschaft Ägyptens
war (Ex. 12), wird der Sinn des Kreuzestodes Jesu als des wahren Passalamms (1.
Kor. 5,7), das uns aus der Sklaverei der Sünde befreit, in jedem Abendmahl neu verkündigt.
Gleichzeitig jedoch macht die Anknüpfung des Herrenmahls an das Passafest deutlich, dass es sich bei diesem "Gedächtnis" nicht um eine bloße Erinnerung an ein
vergangenes Ereignis handelt, wie dies z.B. bei den Totengedächtnismahlen der Antike oder den Gedenktagen unserer Zeit üblich war und ist. An ein Ereignis zu gedenken bedeutete für das Volk Israel vielmehr, die damals erfolgte Heilstat Gottes in
der gottesdienstlichen Feier zu wieder-holen, d.h. sie gewissermaßen nachzuerleben
und sich an ihren Auswirkungen für die Gegenwart zu erfreuen. Diese Re-präsentation eines Heilsereignisses (wie z.B. des Exodus im Passafest) bedeutete die Vergegenwärtigung der Vergangenheit, durch welche die zeitliche Distanz zwischen dem
feiernden Volk und dem Gegenstand ihres "Gedenkens" überbrückt wurde. Es ist
deshalb ein folgenreiches Missverständnis der Aufforderung Jesu, wenn die gedankliche Blickrichtung der Abendmahlsgemeinde auf das Kreuzgeschehen zurückgelenkt
wird, statt dass sie ihr Augenmerk auf die dadurch erfahrene Erlösung von Sünde
und Tod richtet, die es dankbar und freudig zu feiern gilt.4
4
In eindrucksvoller Klarheit hat Markus Barth (Das Abendmahl,1945) auf die wahre Bedeutung des
Herrenmahls als Gedächtnismahl hingewiesen. Ausgehend von dem Satz "Das Passamahl bestimmt
den Charakter und das Wesen des Abendmahles Jesu Christi" (6) zieht er drei bedeutungsvolle
Schlussfolgerungen, die nachhaltige Auswirkungen auf das Verständnis vom Abendmahl haben:
1. Das Passamahl war ein Freudenmahl, in dem die Kraft des vergossenen Opferblutes erfahren und fröhlich gefeiert wurde. Nicht Betrübnis über den Tod des Opfertieres, sondern jubelnde
Freude über die Errettung vom Würgeengel und die Befreiung aus der Sklaverei kennzeichnete
das Passafest. Jesus "ließ dem Mahl den freudigen...Charakter, den es angenommen hatte."
2. Das Passamahl war ein Gedächtnismahl im Sinne einer Dankesfeier, in der die Wirkung der
Heilstat als etwas Gegenwärtiges gefeiert wurde. Demzufolge ist auch das Abendmahl keine
"Feier zu Ehren der schrecklichen Art des Todes Jesu" (28) oder eine Erinnerung an sein Leiden und Sterben (16), sondern Dank für die dadurch erfahrene Erlösung. Nicht des wie und
dass des Todes Jesu wird gedacht, sondern seiner Bedeutung und Auswirkung für die versammelte Gemeinde. Deshalb ist nicht "Karfreitagsernst" (31) sondern der Siegesjubel des Ostermorgens angebracht.
3. Das Passamahl war eine Gemeinschaftsfeier; ebenso dient auch das Herrenmahl "der Herstellung und Darstellung zuerst der Gemeinde, und nicht der individuellen Frömmigkeit" (9).
4
In deutlichem Unterschied zum heute üblichen Verständnis des Abendmahls als einem Gedächtnismahl zur Erinnerung an das Leiden und Sterben Jesu, das den
Gläubigen in eine feierlich-ernste Rückbesinnung auf den Kreuzestod Jesu für seine
Schuld hineinführt, ist das biblische Verständnis eines Gedächtnismahles gekennzeichnet von einer Ausrichtung auf die in der Gegenwart erfahrenen Auswirkungen
der Heilstat Gottes, der in freudigem Jubel und ungezwungener Innerlichkeit, sondern nur im Miteinander der feiernden Gemeinde geschehen.
"Man könnte leicht den Eindruck bekommen, daß hier eine düstere, den hellenistischen
Totengedächtnisfeiern ähnliche Erinnerungsmahlzeit an Jesu Tod eingesetzt wurde. Dies
ist aber keineswegs der Fall. Die Anamnese, von welcher hier die Rede ist, vergegenwärtigt den Tod Jesu nicht in erster Linie als betrübliches, historisches Ereignis, sondern als
segenbringendes Heilsereignis, mit welchem die Endzeit anbricht. Das Gedächtnismotiv
besitzt also keineswegs ausschließlich traurige Assoziationen, sondern es steht zugleich
unter dem Zeichen hoffnungsvoller Enderwartung ... Durch die Jahrhunderte hindurch hat
die Kirche das letzte Mahl Jesu als die Stiftungsurkunde des Abendmahls gesehen und
ihre Mahlfeiern nach dem Vorbild jenes Mahles gestalten wollen. Als historisches Mahl
am Vorabend von Karfreitag, d.h. aber als Mahl des Abschieds und der Trauer, ist das
letzte Mahl Jesu unwiederholbar. Jeder noch so subtile Versuch, die Abschiedsstimmung
des letzten Abends im Abendmahl zu rekonstruieren, ist als Anachronismus zu verurteilen. ... Das Abendmahl der Gemeinde kann und soll ein Freudenmahl sein."5 "Gesehen
im Lichte von Ostern ist der Tod Jesu nicht mehr etwas Betrübendes, sondern Heilsereignis, Freudenereignis. So verstanden besteht kein Widerspruch zwischen dem Gedanken an Jesu Sterben und dem Frohlocken beim Brotbrechen."6
Ähnlich kommt auch W. Michaelis zu dem Schluss, "dass das Abendmahl sowohl
Karfreitagscharakter, obschon keine 'Karfreitagsstimmung', als auch Ostercharakter
besitzen wird, wobei dem Ostercharakter eher ein Übergewicht zukommt."7
2. BUNDESMAHL
Durch die Worte "Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut" (Lukas 22,20 par;
1. Kor 11,25; cf. 10, 18-22) bringt Jesus das Abendmahl in direkte Beziehung zu den
alttestamentlichen Bundesmahlzeiten, mit denen üblicherweise Verträge besiegelt
wurden (siehe z.B. Gen. 26,26ff; 31,44ff; Jos 9,1ff). Auch der Sinai-Bund wurde nach
erfolgter Opferung mit einer im Angesicht Gottes besiegelt (Ex. 24,1ff). Die alttestamentlichen Verheißungen eines "neuen Bundes" (Jer. 31,31ff) waren ebenfalls mit
der Erwartung eines Festmahls verknüpft (Jes 25,6-8; 34,6; 55,1ff; 65,13f; Zeph. 1,7).
Auf diesem Hintergrund wird das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern als ein vorweggenommenes Bundesmahl erkennbar, das auf das Golgatha vergossene Bundesblut des Opferlammes Jesus hinwies und in dem der neue Bund vollzogen wurde.
Sinn und Zweck des Abendmahls ist also nicht die individuelle Erbauung und Seligkeit des Einzelnen, sondern die der Gemeinde als Gottes Volk (6-16).
5
A.B. Du Toit, Der Aspekt der Freude im urchristlichen Abendmahl, 1965, S. 99-102.
6
Ibid. S. 134.
7
"Karfreitags- oder Ostercharakter des Abendmahls?" Das Wort sie sollen lassen stahn. Festschrift
für D. Albert Schädelin, Bern, Herbert Lang & Cie, 1950, S. 66.
5
Das Abendmahl der urchristlichen Gemeinde wie auch aller späteren Epochen
muss von daher im Sinne einer immer wiederkehrenden Bekräftigung und Erneuerung des "neuen Bundes" verstanden werden, die den durch Golgatha wirksamen
Bund feiert und besiegelt. In dieser Bundesfeier ist Jesus der Gastgeber und Tischherr, der seiner Gemeinde im Bild von Brot und Wein die Bundesgaben der Vergebung und Annahme bei Gott zusichert, während die Gemeinde als Bundesvolk ihre
Hingabe an ihren Bundesherrn erneuert und die Teilnahme an diesem Gnadenbund
feiert. Die von ihr empfangenen Bundesgaben sind aber zugleich eine Vorwegnahme
der eschatologischen Heilsgüter, darf sie sich doch schon jetzt der Gegenwart und
Gemeinschaft ihres Herrn erfreuen und in seiner Gnade leben.8
3. GEMEINSCHAFTSMAHL
Der Charakter des Herrenmahls als Gedächtnismahl und Bundesmahl hat bereits - in
einer dem üblichen Abendmahlsverständnis ungewohnten Weise - den Gemeinschaftsaspekt des Abendmahls unterstrichen. Noch deutlicher tritt dieser Gedanke
hervor, wenn man die Verbindungslinien betrachtet, die von den Mahlgemeinschaften
des auferstandenen Christus mit seinen Jüngern (Mk. 16,14; Lk. 24,13ff. 30f. 35.41f;
Joh. 21,9ff; Apg. 1,4; 10,40f) zu den urchristlichen Herrenmahlen führen. Wie bei den
ersteren, begegnet auch im Abendmahl der Herr - wenn auch unsichtbar - seinen
Jüngern und isst mit ihnen (Off. 3,20). Dadurch entsteht eine Einheit (lat. communio)
zwischen ihnen, die sowohl in horizontaler Richtung (Gemeinschaft der Gläubigen)
als auch in vertikaler Richtung (Gemeinschaft mit Jesus) wirksam ist. In diesem Sinn
redet Paulus in 1. Kor. 10,16 von der "Gemeinschaft" mit Christus beim Abendmahl.9
Der vertikale Aspekt einer innigen Verbindung zwischen den Gläubigen und ihrem
Herrn wird sowohl in den Worten "Dies ist mein Leib..." (Luk. 22,19 par; 1. Kor.
11,24) als auch in der Brotrede (Joh. 6, 30ff) mit ihrer Aufforderung zum Essen und
Trinken von Jesu Fleisch und Blut deutlich sichtbar. Jesus selbst ist die Gabe Gottes,
die uns im Abendmahl gegeben ist. Er ist das lebendige Brot, von dem wir leben;
sein Blut vermittelt uns die Vergebung der Sünden und bewahrt uns damit vor dem
ewigen Tod. Im Abendmahl erlebt die Gemeinde also die Gegenwart des Auferstandenen und Erhöhten in der Gestalt von Brot und Wein. Tischgemeinschaft mit Christus ist also "der Sinn des Abendmahls"; denn "ohne die persönliche Gegenwart Jesu
Christi könnte das Abendmahl nicht gefeiert und nicht verstanden werden".10
8
Markus Barth weist darauf hin, dass auch die Bundesmahle des Volkes Israel - wie schon das Passafest - als "fröhliche Mahlzeit" und mit Jubel gefeiert wurden (siehe Deut. 12,17). Infolgedessen wurde auch das Herrenmahl als "Feier der jetzt wirksamen Versöhnung" "fröhlich und vergnügt" in der
Gemeinschaft der versammelten Gemeinde gehalten. (Das Abendmahl, S. 25-39)
9
Du Toit sieht in der persönlichen Gegenwart Jahwes und der Gemeinschaft zwischen Gott und seinem Volk den eigentlichen Sinn der alttestamentlichen Opfermahlzeiten. Ebenso ist auch die spätjüdische Erwartung des eschatologischen Messiasmahls nicht auf die Mahlzeit als solche ausgerichtet,
sondern auf das innige Verhältnis zwischen dem Messias und seinem Volk, das in eine enge Lebengemeinschaft einmündet. "In all diesen Fällen ist die Gottes- bzw. Messiasgemeinschaft bei der Verwendung des Mahlgedankens die Hauptsache" (Der Aspekt der Freude im urchristlichen Abendmahl,
1965, S. 50-62).
10
Markus Marth, Das Abendmahl, S. 38.
6
"Überhaupt hat die Auferstehung Christi größere Bedeutung für die urchristliche Abendmahlsfeier, als oft gesehen wird. ... Die Eucharistiefeier bedeutet nach dem neutestamentlichen Zeugnis für die urchristliche Gemeinde eine Begegnung mit dem auferstandenen Herrn. Von bloß einer 'Bezeugung des auf Golgatha Geschehenen' zu reden ...
bedeutet eine verhängnisvolle Reduktion des theologischen Gehaltes der paulinischen
Abendmahlsausführungen. ... Die ganze Mahlfeier ist mehr auf die Gegenwart als auf die
Vergangenheit bezogen."11
4. LIEBESMAHL
Nicht zu trennen vom vertikalen Aspekt der Gemeinschaft mit Christus ist der horizontale Gedanke der communlo sanctorum, der Gemeinschaft der Heiligen, die sich
in jedem Abendmahl sichtbar vollzieht. Sie knüpft an die Tischgemeinschaften an, die
der irdische Jesus mit seinen Zeitgenossen pflegte und die eine besondere Bedeutung in seinem öffentlichen Wirken hatten. Durch sie wurde aus seinen Zuhörern eine
(Mahl-)Gemeinschaft, die "Gerechte" wie "Sünder" miteinander vereinte (Mk. 6,34ff;
8,1ff; Luk. 15,1ff) und "Sinnbild, Vorausdarstellung, ja Vorwegnahme des Vollendungsmahles" war.12
"Auf diese Weise wird jede Mahlzeit mit Jesus zum Vorzeichen, ja zur Vorwegnahme der
Freude des eschatologischen Mahles. Denn die Tischgemeinschaft mit Gottes Messias
ist der Vorgeschmack der vollendeten Gottesgemeinschaft der Vollendung. Was einst
beim Vollendungsmahl geschehen wird, vollzieht sich schon jetzt bei Jesu irdischen
Mahlzeiten. Diese sind seine sichtbar gewordenen Reden vom Vollendungsmahl. Einst
werden alle, Böse und Gute, Arme und Krüppel von Ost und West kommen und sich im
Reiche Gottes zu Tische setzen; aber schon jetzt schenkt er den Verachteten, Zöllnern
und Sündern seine Tischgemeinschaft."13
Paulus hat diesen doppelten Gemeinschaftsgedanken im Bild vom "Leib Christi" zum
Ausdruck gebracht, der im Abendmahlsbrot gleichnishaft Gestalt findet (1. Kor.
10,16-21). Das Herrenmahl verbindet demnach den Gläubigen nicht nur mit dem erhöhten, unsichtbaren Christus, sondern ebenso mit seinem irdischen, sichtbaren
Leib, der Gemeinde. Als Haupt und Tischherr verbindet er die Gäste an seinem Tisch
zu einem "Leib", d.h. zu einer Gemeinschaft, in der alle menschlichen Barrieren überwunden und aufgehoben sind. Wenn man bedenkt, dass im Orient die Tischgemeinschaft ein Zeichen des Vertrauens, der Annahme und der Bruderschaft ist, dann
wird der gemeinschaftsbildende Charakter des Abendmahls unübersehbar. Mehr
noch, das Herrenmahl bildet und konstituiert die Gemeinde als den Leib Christi; "die
Abendmahlsfeier enthält grundsätzlich ein kirchenkonstituierendes Element".14
Die Gemeinschaft mit Christus beim Abendmahl kann also im Grunde gar nicht anders erfolgen als durch die Gemeinschaft seines Leibes, der Gemeinde. Wie schon
das Passamahl ist auch das Herrenmahl eigentlich ein Familienfest , das die Liebes-,
Glaubens- und Lebensgemeinschaft des Volkes Gottes in überschaubaren Gemein11
Bjorn Sandvik, Das Kommen des Herrn beim Abendmahl, 1970, S. 152.
12
J. Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu, 1935/19674, S. 197.
13
Du Toit, S. 74.
14
Sandvik, S. 152.
7
schaften sichtbar werden lässt. Es ist von daher keineswegs verwunderlich, sondern
geradezu selbstverständlich, dass die urchristliche Gemeinde ihre Abendmahlsfeiern
ausnahmslos mit den sog. "Liebesmahlen" verband. Ihre spätere (im 2. Jh. nachweisbare) Abkoppelung von den Eucharistiefeiern und selbständige Durchführung als
sog. Agapen zeugt von dem raschen Verlust der biblischen Einheit zwischen der horizontalen und vertikalen Dimension des christlichen Glaubens. Für die urchristliche
Gemeinde jedenfalls war das Herrenmahl keine private Angelegenheit zwischen dem
einzelnen Gläubigen und seinem Herrn; dies hätte eine Zersplitterung des Leibes
Christi zur Folge. Verallgemeinert heißt das: "Das Abendmahl ist nicht ein individueller Frömmigkeitsakt, in dem jeder für sich empfängt, was Jesus gibt, sondern es ist
wesentlich Gemeindemahl".15 "Die christliche Freude ist Gemeinschaftsfreude".16
5. DANKSAGUNGSMAHL
Zu den bisher behandelten Bedeutungsaspekten des Herrenmahls gehörte in unübersehbarer Weise das Element des Dankes für die von Gott empfangenen Gaben
und Segnungen. Gehörte zum Passafest der Lobpreis für die erfahrene Errettung
und erlebte Freiheit (der im abschließenden "Hallel" aus Psalm 114/115-118 seine
deutlichste Gestalt annahm), und waren die alttestamentlichen Bundesmahle vom
Dank für die Segnungen des Bundesverhältnisses gekennzeichnet, so stand auch für
die urchristliche Gemeinde die Danksagung im Mittelpunkt ihres Herrenmahls. Waren
doch die israelitischen Erntefeste (Passa, Pfingsten, Laubhütten) fröhliche Dankfeiern, während sich mit den freiwilligen Dankopfern jeweils eine Opfermahlzeit verband
(Lev. 7,llff). Nicht zuletzt wurde ja auch der bei jeder jüdischen Mahlzeit gesprochene
Tischsegen mit dem Dank für die Speise verbunden.
Da beim Passafest Brot und Wein gereicht wurden (wodurch es sich von einer alltäglichen Mahlzeit unterschied, zu der nur Wasser getrunken wurde), wurden die entsprechenden Dankgebete vor bzw. nach der Mahlzeit über den Elementen gesprochen, diese dabei gesegnet und anschließend unter die Gäste verteilt. Es entsprach
also der üblichen Sitte, als Jesus beim ersten Abendmahl den Becher segnete
(griech.: euchristesas, Mk. 14,23 par), der als "Segensbecher" bezeichnet ( und nach
einer Lesart in 1. Kor. 10,16 "Becher der Eucharistie" genannt) wurde. Seine anschließenden Deuteworte ("Dies ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen
wird") zeigen, daß der Dank für die durch Jesu Opfer erwirkte Erlösung und Bundesgemeinschaft mit Gott im Mittelpunkt des Abendmahls stehen. Deshalb ist die seit
Ignatius (ca. 110 n.Chr.) gebräuchliche Bezeichnung Eucharistie - d.h. "Danksagung(sfeier)" - für das Herrenmahl durchaus zutreffend und richtig.
Wie dankt die Gemeinde Gott beim Abendmahl? Indem sie mit "Jauchzen" (Apg.
2,46 Die Gute Nachricht: "in jubelnder Freude") ein Dankfest feiert, das von Anbetung und Lobgesang durchdrungen ist. Dabei ist die das Herrenmahl bestimmende
Freude in den Segnungen begründet, die der auferstandene Christus als Erlöser und
Herr seiner Gemeinde zukommen lässt: Versöhnung, Freiheit, Frieden, Gemeinschaft, usw. Doch ist das liturgische Freudenmahl der Gemeinde nur der Höhepunkt
15
E. Gaugler, Das Abendmahl im Neuen Testament, 1943, S. 52.
16
Du Toit, 1965, S. 49.
8
der das Leben der Gläubigen durchziehenden Freude. Denn "der auferstandene
Christus macht das Leben der Gläubigen zu einem beständigen Fest" (Athanasius).
6. HOFFNUNGSMAHL
Aber die Gemeinde dankt nicht nur für die von Golgatha herrührenden Gaben und
Segnungen der in Christus angebrochenen Heilszeit. Ihr Blick richtet sich auch - und
besonders - nach vorn zu der von Gott verheißenen Wiederkunft seines Sohnes
(griech. parousia). Zur Zeit Jesu hatte auch das Passafest eine solche zukunftsorientierte Bedeutung angenommen: Besonders im abschließenden Hallel (Psalm 114/
115-118) wurde die Erwartung des kommenden Messias zum Ausdruck gebracht.
Das Passa war damit zu einem Vorgeschmack des Mahles im Reich Gottes geworden, bei dem der Messias als Tischherr seinem Volk dienen wird. So wurde schon
von den atl. Propheten die kommende Heilszeit mit der Ankündigung eines großen
Fest- und Freudenmahles verknüpft (Jes. 25,6-8; 65,13f).
Dass auch der Blick Jesu beim ersten Abendmahl in die Zukunft und auf den Tag
seiner Parusie gerichtet war, zeigen die sog. Einsetzungsberichte mit großem Nachdruck. Jesus wird nicht mehr mit seinen Jüngern das Passa feiern, bis das Reich
Gottes kommt (Luk. 22,16-18 par). Und die Gemeinde verkündigt bei jedem Abendmahl den Tod des Herrn "bis daß er kommt" (1. Kor. 11,26). Mehr noch, sie erlebt im
Herrenmahl einen Vorgeschmack des Festmahls im Reich Gottes (Mt. 8,11; 22,1ff;
25,10.21.23; Mk. 10,37; Lk. 12,35ff; 13,29; 14,15f; 22,30; Offb. 19,6-9) und erlebt
schon jetzt die Tischgemeinschaft des eschatologischen Messiasmahls. Als eine Art
Angeld (Bürgschaft, Unterpfand) besitzt sie die Gewissheit der noch ausstehenden
Vollerfüllung, die sie schon hier und heute proleptisch erfährt. Kein Wunder, dass
auch dieses Gnadengeschenk dankbar und freudig gefeiert, die Vorweggabe des
großen Banketts des Gottesreichs von Jubel und freudiger Zuversicht geprägt ist.17
17
Der eschatologische Ausblick des Herrenmahls wird von den meisten Auslegern besonders hervorgehoben. E. Gaugler (Das Abendmahl, 1943) weist auf "die durch und durch eschatologische Bedeutung" des Abendmahls hin (39); ja "die Parusie des Herrn ist grundlegend für das Verständnis der urchristlichen Eucharistie" (53; cf. 60ff). Für M.H. Shepherd ("Last Supper" IDB 3:74) "there can be no
question but that the Supper was in Jesus' mind an anticipation of the messianic banquet that he
would spare with his disciples in the coming kingdom." O. Cullmann (Christologle des Neuen Testaments, Tübingen, 5. Aufl., 1975, S. 214-221) weist nach, dass die urchristliche Gebetsformel Maranatha (1.Kor. 16,22) beim Abendmahl als Bitte um das Kommen Jesu sowohl im Abendmahlsgottesdienst (als Vorwegnahme seiner Wiederkunft) als auch am Ende der Zeit liturgische Verwendung fand.
Ihm folgt in dieser Deutung B. Sandvik (Kommen des Herrn, S. 13-36), der auch die Ausdrücke Hosanna (messianischer Huldigungsruf, siehe Mt. 21,9; 23,39; Joh. 12,13; vgl. Ps. 118,26) und Anathema (Gal. 1,8f; 1. Kor. 16,22) mit dem eschatologischen Ausblick des urchristlichen Abendmahls in
Verbindung bringt. "Im Herrenmahl übt der zukünftige Weltenrichter schon sein Richteramt aus" (35),
"denn die Eucharistie ist eine Vorwegnahme des eschatologischen Kommens des Weltenrichters" (36)
(vgl. dazu 1. Kor. 11, 27 und Offb. 2-3). Und "die Gemeinde bittet bei der Eucharistie um die Parusie,
huldigt aber zugleich mit dem Hosannaruf dem Herrn als dem Gegenwärtigen" (50). J. Jeremias (Abendmahlsworte, S. 229-246) deutet auch die Wendung "tut dies zu meinem Gedächtnis" als Aufforderung, Gott um die Vollendung seines Heilswerks in der Parusie Christi zu bitten. Unabhängig von
dieser durchaus möglichen, aber umstrittenen Auslegung des sog. Wiederholungsbefehls ist auch er
der Überzeugung: "Bei jeder Feier der Eucharistie fleht also die Gemeinde um das Kommen des
Herrn, ja sie grüßt, die ersehnte Stunde vorwegnehmend, den Wiederkehrenden mit dem jubelnden
Hosianna, dem Heilruf bei der Parusie" (245). Dies erklärt den "eschatologischen Jubel, der die Mahlzeiten der ältesten Gemeinde beherrschte" (245). Schließlich wurde ja auch das Passafest vom Spätjudentum nicht nur als Erinnerungsmahl gefeiert, sondern zugleich, ja primär als "Vergegenwärtigung
9
Diese eschatologische Blickrichtung des Herrenmahls, die sowohl in der Vergegenwärtigung des Kommenden als auch in der lebendigen (Nah-)Erwartung seiner letzten Parusie besteht, macht deshalb aus dem Abendmahl ein adventistisches Festmahl. Ja, genau genommen kann nur eine auf ihren Herrn wartende und sein Kommen herbeisehnende Gemeinde in rechter Weise dieses Hoffnungsmahl feiern. Von
daher ist es eigentlich verwunderlich, dass die Abendmahlsfeier in der Adventgemeinde nur wenig von diesem eschatologischen Jubel erkennen lässt. Dies hängt
wohl in erster Linie mit dem reformierten Abendmahlsverständnis zusammen, das
von den frühen Adventisten im 19. Jahrhundert mehr oder weniger unreflektiert übernommen wurde, und das im ernsten-meditativen Nachdenken über das Leiden und
Sterben Jesu den eigentlichen Sinn des Herrenmahls sieht. Dass dies aber dem neutestamentlichen Verständnis nur sehr ungenügend entspricht, haben wir bereits bei
den oben behandelten Bedeutungsaspekten des Abendmahls deutlich gesehen.
Jetzt aber zeigt sich, dass diese verengte Sicht des Herrenmahls dazu führt, dass bei
der adv. Abendmahlsfeier gerade das eigentliche Anliegen der Adventgemeinde nämlich die freudige Erwartung des kommenden Herrn - kaum zur Entfaltung gelangt. Dabei könnte doch gerade in der Wiederentdeckung des Abendmahls als einem endzeitlichen Hoffnungsmahl ein Weg liegen, auf dem die verblassende Parusiehoffnung in der Adventgemeinde neu belebt werden kann.
Eine solche Neuorientierung des adventistischen Verständnisses vom Herrenmahl
als einer "Kostprobe" der Tischgemeinschaft des kommenden Gottesreiches setzt
jedoch die Einsicht in den Fest- und Feiercharakter des Abendmahls voraus. So wie
schon die Vergegenwärtigung der in der Vergangenheit geschehenen Heilstaten Gottes (im Exodus wie auf Golgatha) in Form eines freudig-fröhlichen Festmahls erfolgte, so verlangte auch die Vergegenwärtigung der in der (nahen) Zukunft hereinbrechenden Parusie Christi die Sichtbarwerdung der damit verbundenen Zuversicht und
freudigen Erwartung. Ellen White betonte - sicherlich nicht ohne guten Grund: "Die
Feier des Abendmahls soll keine Zeit der Trauer sein. Dazu wurde sie nicht eingesetzt. ... Das Abendmahl weist auf Christi Wiederkunft hin und wurde eingesetzt, um
diese Hoffnung in den Herzen der Jünger lebendig zu erhalten."18 Oder - in den Worten W. von Loewenichs: "Man feiert es in der Erwartung der baldigen Wiederkunft
Christi. Das urchristliche Abendmahl ist ein Freudenmahl".19
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nach ntl. Verständnis das Herrenmahl eine
Reihe verschiedener Bedeutungsaspekte enthält, die in einem großen Bogen die
Heilsgeschichte vom ersten bis zum zweiten Kommen Jesu umspannen, und dass
das Heilshandeln Gottes in Vergangenheit und Zukunft für den Blick und die Erfahrung der feiernden Gemeinde zu einem gegenwärtigen Geschehen werden. In den
Worten Hermann Sasses: "Das Abendmahl überbrückt den Zeitraum zwischen den
Erdentagen Jesu und seiner Wiederkunft. ... Jede Abendmahlsfeier der Kirche ist eine Wiederholung des ersten und eine Vorwegnahme des letzten Abendmahls. 20
der Stunde der Enderlösung". Somit liegt der tiefste Sinn des Herrenmahls in der "Vorweggabe der
Vollerfüllung" (246-252). Auch M. Barth schließt sich dieser Überzeugung an: "Das von Jesus eingesetzte Abendmahl ist das Messiasmahl" (Abendmahl, S. 39).
18
Das Leben Jesu, Hamburg, 1963, S. 410.
19
Vom Abendmahl Christi, Berlin, 1938, S. 32.
20
Kirche und Herrenmahl, München, 1938, S. 31,33. [Fortsetzung siehe nächste Seite ...]
10
7. FESTMAHL
Der vielfältige Sinn des Herrenmahls im Neuen Testament lässt sich nun aber nicht
in den Symbolen von Brot und Wein lokalisieren und damit gewissermaßen dingfest
machen. Genausowenig ist er im Moment des Essens und Trinkens der "Elemente"
enthalten, der ja nur wenige Sekunden dauert. Vielmehr ist es die gesamte Abendmahlsfeier - einschließlich der Gebete, Wortverkündigung, Lieder, Handlungen, Deuteworte, usw. - die den Sinn und das Anliegen des Herrenmahls widerspiegelt und
zum Ausdruck bringt. Zwar kommt dabei den Elementen von Brot und Wein besondere Bedeutung zu, werden doch mit ihnen die Deuteworte verknüpft, die den Zweck
dieser liturgischen Feier der Gemeinde erklären. Aber umgekehrt wäre eine Reduzierung des Abendmahls auf das Essen eines Stückchens Brot und das Trinken von einem Schluck Wein verbunden mit einem Deutewort und Dankgebet nicht länger eine
Abendmahlsfeier im vollen biblischen Sinn. Dies liegt daran, dass die hier skizzierte
Bedeutung des Herrenmahls sich in einer solchen torsoartigen Form nicht in der notwendigen Klarheit und Anschaulichkeit ausdrücken und dem Bewusstsein der Gemeinde erhalten ließe.21
Das Herrenmahl verlangt deshalb von seinem Wesen als Gedächtnismahl, Bundesmahl, Gemeinschaftsmahl, Liebesmahl, Danksagungsmahl und Hoffnungsmahl her
einen gottesdienstlichen Ablauf, der die notwendige "Vergegenwärtigung", d.h., das
Nacherleben der Erlösungsfreude, die Erfahrung der Gemeinschaft mit dem unsichtbar präsenten Christus und Seiner sichtbar anwesenden Gemeinde, aber auch den
"It is a thankful and joyous memorial of redemption, not in the way of mere mental recollection
of a past event, but, more than that, a here-and-now experience of the mighty deliverance of
God, with his promise - made sure for the Christian by Christ's victory - of salvation in the world
to come" (M.H. Shepherd, Jr. "Lord's Supper" IDB 3:162).
"Der Freudencharakter des Abendmahls besteht darin, daß am Abendmahlstisch die Mahlfeiernden, als die neue Bundesgemeinde, die eschatologische Freude in der durch Jesu Heilstod
ermöglichten und am Mahle zugeeigneten Gottes- und Messiasgemeinschaft vorwegerfahren
dürfen, in erwartungsvollem Ausschauen nach der Vollendung derselben beim Vollendungsmahl. Sündenvergebung, Bundeserneuerung, Gottesgemeinschaft, Freude - dieses ist die große Vierzahl der Gaben der Endzeit. Dies sind auch die Gaben des eschatologischen Mahles,
des Abendmahls. In der Freude des Abendmahls gehören dankbare Vergegenwärtigung der Erlösungstat Christi und die Zueignung ihrer Frucht einerseits mit dem Ausblick auf das göttliche
Freudenmahl andererseits unlöslich zusammen." (Du Toit, S. 102)
"Das Abendmahl ist ein Freudenmahl, in dem die lebendige Gegenwart des Herrn als Frucht
seines Opfertodes und als Vorweggabe der endgültigen Erfüllung im Reiche Gottes erfahren
wird. ... Es wird die Aufgabe der Gemeinde sein, die Folgerungen aus diesem neutestamentlichen Tatbestand zu ziehen und mehr als bisher auch diese lukanische Freude in ihrer Abendmahlsfeier zum Ausdruck zu bringen, ohne die Verkündigung des Kreuzestodes Jesu und die
Erwartung seiner Zukunft zu vergessen über dem jubelnden Empfangen dessen, was ihr jetzt
schon geschenkt ist im Abendmahl." (E. Schweizer, "Das Abendmahl", S. 94, 100f)
21
M. Barth hat darauf mit Nachdruck hingewiesen: Die Deuteworte Jesu zum Abendmahl beziehen
sich auf die gesamte Mahlzeit; sie enthalten "keine Aussage über die Substanz von Brot und Wein; sie
erklären auch nicht einen bestimmten Akt oder Zustand innerhalb der Mahlzeit. ... Jesus befiehlt, ein
Mahl zu wiederholen. ... Die im Anamnesisbefehl gebotene Handlung ist der ganze mahlzeitliche Akt,
von der Versammlung zu einem Mahl im Namen Jesu, über die Gebete bei diesem Mahl, deren Inhalt
Jesu Werk ist, über das Essen und Trinken in der Gemeinschaft Jesu, bis zum Danken für Gottes
große Tat in seinem Sohn. Auf dies alles bezieht sich das Wort 'dies' im Wiederholungsbefehl" (Abendmahl, S. 18).
11
Vorgeschmack des ewigen Lebens im Reich Gottes, und nicht zuletzt den dadurch
ausgelösten Lobpreis, Jubel und Dank auch wirklich möglich macht. Dies erklärt
zugleich die von den Auslegern allgemein anerkannte Tatsache, dass das Herrenmahl für die Urchristenheit "unter allen Umständen" mit einer (Sättigungs-)Mahlzeit
verbunden und nicht nur ein "feierlich-kultischer Akt" gewesen war.22
Diese enge Verbindung, ja natürliche Einheit zwischen gottesdienstlicher Versammlung und gemeinsamer Mahlzeit kennzeichnet aber nicht nur die urchristliche Gemeinde, sie durchzieht ebenso das Alte Testament. Die bereits erwähnten Opfer- und
Bundesmahlzeiten des Volkes Israel bezeugen dies. Auch nach dem Exil setzte sich
diese Haltung weiter fort wie der Bericht in Nehemia 8,1-12 beweist. Die von der Gesetzesverlesung und Belehrung durch die Leviten und Schriftgelehrten tief betroffene
Gemeinde wird von Esra und Nehemia aufgefordert, ein großes Freudenfest zu feiern, um ihrer "Freude am Herrn" Ausdruck zu verleihen statt sich weiter ihrer Bekümmerung hinzugeben. Ausdrücklich wird dies mit der "Heiligkeit" der Stunde gerechtfertigt. Wenn man dann noch bedenkt, welche Bedeutung die fröhlich feiernde
Tischgemeinschaft im Leben und Wirken Jesu - und nicht zuletzt auch in seinen
Gleichnissen vom Gottesreich - spielt, dann verwundert es nicht mehr, dass die neutestamentliche Gemeinde ihre Gottesdienste mit dem Herrenmahls (kyriakon deipnon
1.Kor. 11,20) verband.
Dass dieses ganzheitliche (Abend-)Mahlsverständnis bald verlorenging, hängt mit
der bereits im 2. Jahrhundert deutlich spürbaren Hellenisierung des Christentums zusammen, in deren Gefolge eine dualistische (d.h. das Leiblich-Materielle vom Geistlich-Spirituellen trennende) Weltanschauung die Theologie der Kirche mehr und mehr
prägte und veränderte. Das Heilige (in der Form des Rituals) wurde nunmehr deutlich
vom Profanen (in der Gestalt des Mahls) getrennt, die Eucharistie vom Agapemahl
geschieden. Was (aus hellenistisch-philosophischer Sicht) als gutgemeinte "Sakralisierung" begann, endete in einem mystischen Sakramentalismus, der den "Elementen" magische Kräfte zuschrieb, wie dies im ex opere operato der späteren Messe
zum Ausdruck kam. Es ist zu fragen, ob das protestantische Abendmahlsverständnis
die fatalen Auswirkungen dieser Entwicklung bereits ausreichend überwunden hat.23
22
R. Hupfeld, Die Abendmahlsfeier, 1935, S. 82f; vgl. Shepherd, 3:159.
Oscar Cullmann (Urchristentum und Gottesdienst, Zürich, 19624) weist nach, "daß der spezifisch
christliche Gottesdienst schon in der ersten Zeit nicht außerhalb eines Mahles gefeiert wurde" (9). Zur
gottesdienstlichen Mahlfeier der neutestamentlichen Gemeinde gehörten vor allem die Unterweisung
und das Gebet (vgl. Apg. 2,42; 20,7ff). Daneben gab es aber auch noch Missionspredigten nach synagogalem Muster (vgl. Apg. 5,21). Die enge Verbindung zwischen Wortverkündigung und Mahlfeier
zeigt sich daran, "daß es in der Regel keine Versammlung gab ohne das gemeinsame Brotbrechen
und dass ein ausschließlicher 'Wortgottesdienst' als Gemeindefeier, wenn es einen solchen überhaupt
gegeben hat, auf jeden Fall eine Ausnahme darstellt" (31). Nach seiner Überzeugung war "die Mahlfeier Grund und Ziel aller Versammlungen" der urchristlichen Gemeinde (32).
23
Zahlreiche Bibelausleger weisen auf diese einschneidende und für das spätere Abendmahlsverständnis folgenschwere Entwicklung hin und verbinden damit vielfach praktische Vorschläge, die
der Wiedergewinnung des ganzen Bedeutungsreichtums des biblischen Herrenmahls dienen sollen.
Willi Marxsen (Das Abendmahl als christologisches Problem, Gütersloh, 1963) sieht die ersten Spuren dieses Bedeutungswandels von der heiligen Mahlzeit zur heiligen Speise bereits im Neuen Testament; das Ergebnis war ein Torso, für den der Mahlcharakter des Herrenmahls bedeutungslos geworden war. Ähnlich ist auch für J. Jeremias (Das Abendmahl, S. 109-115) die Trennung von Sättigungsmahl (Agape) und Kultmahl (Eucharistie) "ein einschneidender Vorgang" gewesen; er wurde
dadurch möglich, dass bereits im 1. Jahrhundert das "Brotbrechen" dem Agapemahl angefügt wurde
12
Die Entstehung der Adventgemeinde im calvinistisch-puritanischen Amerika des 19.
Jahrhunderts und das Fehlen einer eigenen Abendmahlstheologie - die frühen STA
waren mit ganz anderen Fragen beschäftigt - führten zur Übernahme des weitverbreiteten reformierten Abendmahlsverständnisses durch unsere Gemeinschaft. Deshalb
können auch uns die obigen Feststellungen nicht gleichgültig sein, sondern sollten
von uns sorgfältig durchdacht und ggf. berücksichtigt werden. Welche Auswirkungen
dies u.U. für die Art und Durchführung der adventistischen Abendmahlsfeier haben
könnte, ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. Sicherlich kann es dabei nicht darum gehen, urchristliche Verhältnisse blind zu kopieren, was aus verschiedenen Gründen
weder möglich noch sinnvoll wäre. Auf der anderen Seite jedoch verlangt unser Bekenntnis zur Bibel als der alleinigen und richtungsweisenden Norm unseres Glaubens und Lebens (einschließlich der gottesdienstlichen Praxis), dass die Frage nach
der sinngemäßen Gestaltung des Herrenmahls nicht mit dem Hinweis auf tief verwurzelte Gewohnheiten oder persönliche Bedürfnisse zurückgewiesen wird. Denn
"es handelt sich bei der Frage nach der Gestaltung der Abendmahlsfeier nicht um
eine Ermessensfrage, sondern um eine Glaubensfrage"; m.a.W., "es geht grundsätzlich ... um Falsch oder Richtig".24
(Apg. 2,42; 1. Kor. 11,17ff). O.Cullmann ("Die Bedeutung des Abendmahls im Urchristentum", 1936)
glaubt, in der kirchengeschichtlichen Entwicklung des Abendmahlsverständnisses einen "Verlust wichtigster geistlicher Werte" zu entdecken. "Der Gedanke der fröhlichen Gemeinschaft der Gläubigen mit
dem auferstandenen Christus und durch ihn mit den übrigen Mahlgenossen wurde ... in den Hintergrund gedrängt" (522). W.von Loewenich (Vom Abendmahl Christi, S. 46-48) sieht in der zur Sakramentsmagie führenden Verdinglichung des Abendmahls einen "Krebsschaden" der Kirchengeschichte. R. Hupfeld (Die Abendmahlsfeier, 1935) spricht von "Überakzentuierungen, Entstellungen und
Verengungen ..., die die ursprünglich viel reichere Wirklichkeit empfindlich verkürzt haben" (104). Dieser im 2. Jahrhundert beginnende "Verkümmerungsprozeß" wurde auch von den Reformatoren des
16. Jahrhunderts nicht völlig aufgehalten oder überwunden. Aus diesem Grund leidet auch die protestantische "Abendmahlspraxis darunter, daß man doch eben der Tradition zu viel Recht gegeben hat
und nicht in einem entschlossenen Rückgang auf die Bibel aus der urchristlichen Sinndeutung heraus
einen Neuaufbau gewagt hat" (137f). Auch M. Barth ( "Das Abendmahl", 1945) ist der Meinung, dass
die Reformatoren "von den übernommenen irreführenden Fragestellungen nicht losgekommen sind"
(52), die durch "die eigentliche Wandlung des Abendmahlsverständnisses" im 2. Jahrhundert ausgelöst wurden, "welche den biblischen Boden verlassen" hatte (51). "Begräbnisstimmung und Karfreitagsgedanken", die Betonung des Individuums statt der Gemeinschaft sowie "jene seltsame Furcht
und Feierlichkeit vor einem mysterium tremendum, welche die heutigen Abendmahlsgäste und die
Abendmahlsflüchtigen kennzeichnet", sind in seinen Augen "abendmahlsfremde und abendmahlsfeindliche Bestandteile der reformierten Feier" des Herrenmahls (48, 55f). "Statt des ganzen Christus
sind der schreckliche Tod, die Sünde, die Vergebung, das eigene Heil, die liebe Hoffnung ... die
Hauptelemente des Abendmahls geworden" (57). Damit aber wird paradoxerweise das rechte, biblische Verständnis vom Herrenmahl gerade "aus Frömmigkeit" erschwert (61); deshalb ist das Abendmahl zwar "tief-religiös, aber so gar wenig urchristlich, ursprünglich, neutestamentlich" (57). Schließlich versteht auch Du Toit seine "Untersuchung nach dem Freudencharakter des urchristlichen Abendmahls" als Korrektur heutiger Abendmahlsfeiern, die "zu wehmütigen Trauerzeremonien im Begräbnisstil herabgesunken sind" (3). Im Gegensatz zur landläufigen Auffassung war Jesu letztes Mahl
mit seinen Jüngern kein Trauermahl, sondern - als Passafeier! - von der Hoffnung auf die kommende
Vollendung erfüllt. Trotz Abschiedsstimmung und dunkler Karfreitagsschatten war das Mahl "umglänzt
von froher eschatologischer Hoffnung" - ein Vorgeschmack des künftigen Freudenmahls. (S. 95-102)
24
M. Barth, Das Abendmahl, S. 54.
Nach Meinung von Vernard Eller "originally the eucharist was celebrated as part of a real supper, a full
meal, the love feast or agape. ... The meal and the eucharist ... were Part and parcel of each other.
And the eucharist Gould not go an unchanged without the meal; it had lost its context.
The separating of the eucharist from the love feast was not the sloughing off of a minor element but a ripping of
the ordinance right down the middle.
One of the essential moves in recovering the ordinances is to
restore their community context." (In Place of Sacraments, S. 39)
13
SCHLUSS
Was die Frage nach dem rechten Verständnis und der richtigen Form des Herrenmahls so bedeutsam macht, lässt sich in drei Gedankengängen umschreiben, die
zum Ausdruck bringen, worum es beim christlichen "Abendmahl" eigentlich und letztendlich geht. Zum ersten wird in ihm das ganze Evangelium von Jesus Christus
bildlich sichtbar zum Ausdruck gebracht. Das Herrenmahl verkündigt ihn als Heiland
und Erlöser der Welt, als den erhöhten Herrn seiner Gemeinde, der er sich in Bundestreue zuwendet, um sie zu einem Leib zu verbinden und sie mit den Heilsgaben
zu beschenken, die sein Erlösungswerk - in Tod, Auferstehung, Mittlerdienst und
Wiederkunft - ihnen heute schon beschert. Wo auch nur einer dieser wesentlichen
Inhalte des Evangeliums aus der Lehre und Praxis des Abendmahls verdrängt wird,
geschieht eine unzulässige Verkürzung des biblischen Kerygmas, das das Abendmahl bildhaft verkündigen soll.
Zum zweiten geht es beim Herrenmahl um die wirkliche Gegenwart des auferstandenen Christus, der - durch den heiligen Geist - persönlich seine Anwesenheit bezeugt. "Die Gabe des Abendmahls ist Christus, nichts anderes. ... Etwas Größeres
als sich selbst kann ja Christus nicht schenken."25 Wo diese "Realpräsenz" Christi
nicht im physisch-leiblichen, sondern im geistlich-spirituellen Sinne verstanden - im
Wort der Verkündigung wie auch im verbum visibile des Abendmahls (sinnfällig vor
Augen geführt in Brot und Wein) geleugnet wird, erfolgt eine Verkennung der kirchenkonstituierenden Funktion des Abendmahls.
Zum dritten veranschaulicht das Herrenmahl das Wesen rechter Heiligkeit. Das,
was das Abendmahl "heilig" macht, sind weder die (alltäglichen!) Elemente von Brot
und Wein noch die damit verbundenen (zur Zeit Jesu ebenfalls alltäglichen!) Handlungen. Die Heiligkeit des Abendmahls wird vielmehr durch das Verhältnis begründet,
das die feiernde Gemeinde dabei zu ihrem Herrn unterhält. Nicht die außerordentlichen Elemente und auch nicht die ungewöhnlichen Zeremonien machen das Abendmahl zum "Mahl des Herrn" (1. Kor. 11,20), sondern die Tatsache, dass Christus bei diesem Mahl in besonderer Weise gegenwärtig ist als Tischherr, Gast und
Gabe. Wo die Heiligkeit des Abendmahls stattdessen in der Distanz zum Alltäglichen
und Profanen (durch besonderes Brot, bestimmte Formulierungen, zeremonielle
Handlungen oder geheimnisvolle Atmosphäre) gesucht wird, dort offenbart sich ein
falsches (heidnisch-dualistisches) Denken vom Heiligen und Weltlichen.
"Das Abendmahl ist nicht zu trennen von Christi Person. Was uns Christus ist, das ist uns
auch das Abendmahl, nicht mehr und nicht weniger. Christus aber ist der, der da ist und
der da war und der da kommt. Auch im heutigen Abendmahle, wenn es recht gefeiert
wird, begegnen sich Geschichte, Gegenwart und Zukunft. ... Die Besinnung auf das neutestamentliche Abendmahl stellt uns auf Schritt und Tritt vor die Wirklichkeit Christi
selbst."26
25
W.v. Loewenich, Vom Abendmahl Christi, S. 45f.
26
Ibid., S. 47-48.
14
LITERATURVERZEICHNIS
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16
Praktische Fragen zur Abendmahlsfeier
1.
Wer ist würdig am Abendmahl teilzunehmen?
1. Kor. 11,27-28: "Welcher nun unwürdig von diesem Brot ißt oder von dem Kelch
trinkt, der Ist schuldig an dem Leib und Blut des Herrn. Der Mensch prüfe aber sich
selbst, und so esse er von diesem Brot und trinke von diesem Kelch."
1. Die traditionelle Auslegung dieses Pauluswortes betrachtet einen Menschen als
unwürdig, der schwere Schuld auf sich geladen hat, mit Gott nicht im Reinen ist oder
mit seinem Bruder im Streit liegt. Würdig ist dagegen derjenige, der sich nichts hat
zuschulden kommen lassen, der ein Gott wohlgefälliges Leben führt und mit seinem
Bruder/Nächsten im Frieden lebt. Deshalb nehmen manche Gemeindeglieder für eine kurze oder längere Zeit nicht am Abendmahl teil, wenn sie sich entweder unwürdig fühlen oder aber mit irgendjemand im Unfrieden sind.
2. Aus biblischer Sicht ist hierzu zu bemerken, dass die Frage nach der (Un-)Würdigkeit eines Menschen aus einem dreifachen Blickwinkel betrachtet wird. Zum ersten ruft das Neue Testament die Menschen dazu auf, würdig zu sein und zu leben.
- Lukas 21,36: So seid nun wach allezeit und betet, dass ihr würdig werden möget,
zu entfliehen diesem allem, was geschehen soll, und zu stehen vor des Menschen
Sohn.
- Offenbarung 3,4: Aber du hast etliche zu Sardes, die Ihre Kleider nicht besudelt
haben; die werden mit mir wandeln in weißen Kleidern, denn sie sind's wert (würdig).
- Matthäus 10,37f: Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der Ist meiner nicht
wert (d.h. würdig); und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der Ist meiner
nicht wert (d.h. würdig). Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach,
der Ist meiner nicht wert (= würdig).
Zum zweiten bekennen die Menschen der Bibel immer wieder ihre Unwürdigkeit. Dabei handelt es sich z.T. gerade um solche, die als besonders würdig erscheinen.
- Lukas 15,21: Der Sohn sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht; mehr wert (= würdig), dass ich dein Sohn heiße.
- Lukas 7,4f.6f: 'Er Ist es wert (= würdig), dass du ihm hilfst, denn er hat unser Volk
lieb, und die Synagoge hat er uns erbaut.' 'Ach Herr, bemühe dich nicht; ich bin es
nicht wert (d.h. würdig), dass du unter mein Dach gehst; darum habe ich auch mich
selbst nicht würdig geachtet, dass ich zu dir käme.'
- Johannes 1,27: Der ist's. der nach mir kommen soll, des ich nicht wert (= würdig)
bin, dass ich seine Schuhriemen auflöse.
17
Und drittens lehrt die Heilige Schrift, dass Gott allein als würdig zu betrachten ist.
- Offenbarung 4,11: Herr, unser Gott. du bist würdig, zu nehmen Preis und Ehre und
Kraft; denn du hast alle Dinge geschaffen. Kap. 5,2.4.9-12: Du bist würdig, ...denn du
hast mit deinem Blut für Gott erkauft Menschen aus allen Völkern. ... Das Lamm, das
erwürgt wurde, ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke
und Ehre und Preis und Lob.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass aus der Sicht der Bibel Würdigkeit
zwar eine beständige Herausforderung ist, von gläubigen Menschen aber niemals
beansprucht wird, da nur Gott allein die Bezeichnung "würdig" verdient.
3. Ein theologisches Verständnis des Begriffs "(un-)würdig" muss die Grundbedeutung des griechischen Wortes axios berücksichtigen, das das ins-GleichgewichtBringen zweier Waagschalen bedeutet. Als ein vergleichendes Wort fordert es einen
Maßstab, anhand dessen die "Würdigkeit", d.h. Gleichwertigkeit bzw. Angemessenheit einer Sache oder Person gemessen werden kann.
- Römer 8,18: Denn ich halte dafür, dass dieser Zelt Leiden der Herrlichkeit nicht
wert (d.h. würdig, angemessen, gleich-wertig) ist, die an uns soll offenbart werden.
Würdigkeit stellt sich daher - theologisch betrachtet - in dreifacher Weise dar:
Erstens als eine richtige Haltung oder Einstellung, nicht aber als moralische Qualität.
Mattäus 22,8: Die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Gäste waren's nicht wert (d.h.
würdig). (ihr Desinteresse und die Ablehnung der Einladung machten sie unwürdig.
Stattdessen wurden Leute von der Straße eingeladen - "Böse und Gute"! - die sich
durch ihr Kommen als würdig erwiesen am Festmahl teilzunehmen.)
Zweitens als ein göttliches Geschenk, nicht jedoch als eigene moralische Leistung.
- 2. Thess. 1,5: Dies zeigt an, dass Gott recht richten wird und ihr würdig erachtet
werdet des Reiches Gottes.
Drittens als eine ständige Aufgabe, nicht dagegen als ein fester Besitz.
- Epheser 4,1-3: Wandelt würdig eurer Berufung.
- Philipper 1,27: Wandelt würdig des Evangeliums.
- Kolosser 1,10: Wandelt würdig des Herrn.
- 1.Thess. 2,12: Wandelt würdig des Gottes, der euch berufen hat.
4. Die praktische Bedeutung des Pauluswortes von der (Un-)Würdigkeit beim Abendmahl ergibt sich aus dem unmittelbaren Textzusammenhang und der in ihm
sichtbar werdenden Situation in der Gemeinde zu Korinth. Nach 1. Kor. 11,17ff wurde
der in jener Gemeinde vorhandene Mangel an Liebe und Zusammenhalt beim Abendmahl u.a. daran sichtbar, dass jeder sein. Mitgebrachtes für sich selber verzehrte, statt auf den Bruder zu warten. Dadurch aber wurden die in der Gemeinde vor-
18
handenen Klassen- und Standesunterschiede in einer dem Evangelium widersprechenden Weise hervorgehoben. Dazu kam, dass das Herrenmahl von manchen als
Festgelage missverstanden wurde, bei dem der eigene Genuss im Mittelpunkt stand.
Dagegen stellt nun Paulus sein eigenes Verständnis vom Abendmahl als einem Gedächtnismahl (v. 24), Bundesmahl (v. 25) sowie Gemeinschaftsmahl mit Christus und
seinem Leib, nämlich der Gemeinde (v. 10.16f) . Unwürdig - das heißt, seiner wahren
Bedeutung unangemessen - ist deshalb das Abendmahl, wenn es zu Lieblosigkeit
und Spaltungen führt statt die Gemeinde im Gedenken an das Liebesopfer Christi zu
vereinen, wenn man in ihm ein ausgelassenes Gelage sieht statt ein feierliches Mahl
der Bundeserneuerung mit Jesus, wenn es der egoistischen Triebbefriedigung dient
statt der Pflege brüderlicher Gemeinschaft.
Für Paulus ist die Unwürdigkeit also nicht in der moralischen Qualität, d.h. also dem
Charakter des Abendmahlteilnehmers begründet, sondern in seiner falschen Einstellung zum Herrenmahl, die sich in einer dem eigentlichen Sinn des Abendmahls widersprechenden Feier manifestiert. Dies wird auch durch die Tatsache unterunterstrichen, dass das griechische Wort axios hier in der adverbialen Form vorliegt und deshalb nur die "unwürdige Art und Weise" der Abendmahlsfeier bezeichnen kann. Wer
Leib und Blut Christi - also das Herrenmahl - nicht von einem Festgelage "unterscheidet" (v. 29), versündigt sich gegen Gott und seinen Bruder.
Für uns heute könnte das beispielsweise bedeuten, dass auch wir uns schuldig
machten, wenn unsere Abendmahlsfeier eine Zeremonie ohne klare Sinngebung ist,
ein Gedächtnismahl, ohne dass Christus den eigentlichen Mittelpunkt bildet, ein Bundesmahl ohne die Bereitschaft zum Gehorsam gegenüber dem Bundesherrn, ein
Gemeinschaftsmahl ohne sichtbare Gemeinschaft und Einheit.
Ergebnis: Zur Teilnahme am Abendmahl würdig ist jeder, der sich seiner Unwürdigkeit vor Gott bewusst ist, der erwartungsvoll sowie mit leeren Händen
vor Gott steht und der bereit ist, sich von ihm beschenken zu lassen.
19
2.
Wer leitet die Abendmahlsfeier?
"Wer darf den Abendmahlsgottesdienst leiten? - Die Abendmahlsfeier muss von
einem eingesegneten Prediger oder Gemeindeältesten geleitet werden. Diakone haben, auch wenn sie eingesegnet sind, nicht das Recht dazu. Sie können aber helfen,
indem sie den Geschwistern [Gemeindegliedern] Brot und Wein reichen.
Das Abendmahl für die Kranken. - Ist ein Gemeindeglied krank oder kann es aus
irgendeinem anderen Grund das Haus nicht verlassen und am Abendmahl teilnehmen, so kann in seinem Heim eine besondere Abendmahlsfeier durchgeführt werden. Sie darf nur von einem eingesegneten Prediger oder Gemeindeältesten geleitet
werden. Diakone oder Diakoninnen [die bei der öffentlichen Feier helfen] können ihn
begleiten {und ihm helfen}." (Gemeindehandbuch, 1988 [1991], S. 79)
Nach neutestamentlichem Verständnis bildet die Gemeinde Jesu eine "königliche
Priesterschaft" (1. Pe 2,9), in der jeder unmittelbaren Zugang zum Thron Gottes im
himmlischen Heiligtum besitzt (Heb 4,16). Deshalb benötigt auch die irdische Gemeinde keine besonders geweihten Priester, um den Gottesdienst durchzuführen
oder die Eucharistie (1. Kor 10,16) zu feiern. Jedes getaufte Glied am Leib Christi ist
prinzipiell dazu berechtigt.
Gleichzeitig legen die Apostel Wert auf die Feststellung, dass die Gaben - und Aufgaben - in der Gemeinde unterschiedlich verteilt sind (1. Kor. 12). Dabei kommt den
Aposteln, Propheten, Evangelisten sowie den Hirten-Lehrern eine besondere Verantwortung beim Aufbau der Gemeinde zu (Eph 4,11-12). Mit den "Hirten-Lehrern"
sind in erster Linie die "Ältesten" (presbyteroi) bzw. "Bischöfe" (episkopoi) gemeint,
die die Leitung der örtlichen Gemeinden innehaben und sie durch Seelsorge, Lehre
und Verkündigung führen sollen (Apg 20,28; 1. Tim 3,2-5; 5,17; Tit 1,9; 1. Pe 5,1-4).
Da sich die urchristliche Gemeinde generell in Hausgemeinden zusammenfand, die
von "Ältesten" geleitet wurden (Apg 2,46; Röm 16,5.10f; 1. Kor 16,19; Kol 4,15-17; 2.
Tim 4,19; Phil 1-2), ist davon auszugehen, dass letztere auch die liturgische Leitung
der Abendmahlsfeiern innehatten. Dies entsprach ganz der jüdischen Passatradition,
in der das Mahl des Herrn verwurzelt ist.
Von daher befindet sich die Adventgemeinde in Übereinstimmung mit dem biblischen
Befund, wenn sie die Leitung des Abendmahlsgottesdienstes in die Hand der von der
Gemeinde gewählten und beauftragten Ältesten sowie der Prediger (Bezirksältesten) legt. Damit bezeugt sie einerseits ihre Ehrfurcht vor dem Mahl des Herrn,
das vor Missbrauch (1. Kor 11,17-34) und Unordnung (1. Kor 14,32) geschützt werden soll. Zugleich bringt sie damit auch zum Ausdruck, dass das Abendmahl immer
als das Mahl der (ganzen) Gemeinde gedacht ist. Ein Privatabendmahl entspricht
ganz und gar nicht dem Charakter der Eucharistie als dem neutestamentlichen Bundes- und Gemeinschaftsmahl.
Die Verantwortung für die Leitung des wöchentlichen Gottesdienstes tragen - damals
wie heute - die Gemeindeältesten, d.h. die (ein)gesegneten Gemeindeleiter und
-leiterinnen. Sie können diese Aufgabe zwar ganz oder teilweise an andere delegie-
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ren, bleiben aber letztlich dennoch dafür verantwortlich. Ähnlich lassen sich auch
beim Abendmahl manche Aufgaben anderen zuweisen, so z.B. das Bereitstellen der
Schüsseln und Tücher, das Herrichten des Abendmahlstisches oder das Austeilen
von Brot und Wein. Dafür sollte es in jeder Gemeinde eine ausreichende Zahl von
Diakonen und Diakoninnen geben, denen ebenfalls wie den Ältesten die Hände dafür
aufgelegt worden sind (vgl. Apg 6,1-6; 1. Tim 3,8-13). Damit bringt die Gemeinde u.a.
zum Ausdruck, dass sie diesen Schwestern und Brüdern die Durchführung des Abendmahlsgottesdienstes anvertraut.
Stellt eine Gemeinde fest, dass die regelmäßige und würdige Feier des Abendmahls
durch einen Mangel an örtlichen Ältesten oder Diakonen beeinträchtigt wird, dann
sollte sie solche unter Gebet auswählen und für diesen wichtigen Dienst beauftragen
bzw. (ein)segnen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass manchen Gemeindegliedern
(z.B. Kranken und Behinderten) Brot und Wein - möglichst im Anschluss an den Gottesdienst - in einem Hausabendmahl gereicht wird. Auch dafür sollten genügend Helfer zur Verfügung stehen, die (am besten zu zweit) diese Besuche durchführen.
Auch heute noch gilt der Rat des Apostels Paulus: "Lasset aber alles ehrbar und ordentlich zugehen." (1. Kor 14,40) Eine Gemeindeordnung ist deshalb unverzichtbar.
Sie darf aber nicht zu einer Fessel werden, die die Ausdrucksformen eines lebendigen Gemeindelebens verhindert, statt sie zu fördern. Entscheidender als alle Regeln
des Gottesdienstablaufs ist die Begegnung mit dem auferstandenen Herrn beim
Abendmahl. Er, der durch seinen Geist selbst mitten unter uns ist, beschenkt seine
Gemeinde nicht nur mit Brot und Wein, sondern mit den viel wichtigeren Lebensmitteln: "Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und
Friede und Freude in dem heiligen Geist." (Röm 14,17)
21
3.
Brot und Wein beim Abendmahl
"Weil der Herr selbst die besonders bedeutungsvollen Symbole des ungesäuerten
Brotes und der unvergorenen Frucht des Weinstocks gewählt ... hat, sollten wir es
möglichst (es sei denn, es handelt sich wirklich um einen Notfall) vermeiden, andere
Symbole zu benutzen, damit die ursprüngliche Bedeutung dieses Dienstes nicht verlorengeht." (Gemeindehandbuch, 1991, S. 75)
"'Für Christus sind diese Dinge Sinnbilder für sein eigenes makelloses Opfer. Nicht
verdorben durch Gärung, dem Sinnbild der Sünde und des Todes, weisen sie auf Jesus als "eines unschuldigen und unbefleckten Lammes" hin (1. Petr. 1,19).' (LJ, 652)
Weder der 'Kelch' noch das Brot enthielten Vergorenes ... Deshalb sind nur unvergorener Traubensaft und ungesäuertes Brot zum Gebrauch beim Abendmahl geeignet."
(Gemeindehandbuch, 1991, S. 78)
Angesichts dieser klaren Stellungnahme der Gemeinschaft der Siebenten-TagsAdventisten lohnt es sich, über einige Fragen etwas näher nachzudenken, die mit der
Verwendung von Brot und Wein in der urchristlichen Gemeinde, in der frühen Adventgemeinde und in der heutigen Gemeindesituation zu tun haben.
Brot und Wein in der urchristlichen Gemeinde
A. Da das Passa mit dem Beginn des jährlichen Festes der ungesäuerten Brote zusammenfiel (Ex 12,14-20), durfte sich zu dieser Zeit kein Sauerteig mehr in einem
jüdischen Haushalt befinden. Allerdings haben die ersten Christen das Abendmahl
nicht nur jährlich, sondern recht häufig - wenn nicht sogar täglich - im Rahmen von
Tischmahlzeiten gefeiert (Apg 2,46). Kann man nun davon ausgehen, dass in diesen
Hausgemeinden stets ungesäuertes Brot vorhanden war bzw. gesondert gebacken
wurde - zumal die jüdischen Jahresfeste ja bald an Bedeutung verloren?
Eine eindeutige Antwort auf diese Frage fällt nicht leicht, da das Neue Testament
nicht direkt dazu Stellung nimmt. In 1. Kor 5,1-13 vergleicht Paulus zwar das Entfernen des Sauerteigs zu Beginn des Passa mit dem Ausschluss solcher Gemeindeglieder von der (Tisch!)Gemeinschaft der Gemeinde, die in grober Sünde (Unzucht)
leben. Ähnlich benutzt Jesus den Sauerteig als Bild für falsche Lehre (Mat 16,5-12).
Andererseits kann er damit aber auch die Wirksamkeit göttlichen Handelns veranschaulichen, wie dies im Gleichnis vom Sauerteig beispielhaft geschieht (Mat 13,33).
Recht differenziert hat Ellen White diesen Sachverhalt beschrieben: "Unter den Juden wurde Sauerteig manchmal als Symbol der Sünde verstanden." (Christ's Object
Lessons, Washington, D.C., 1941, S. 95) Dass Sauerteig nicht zwangsläufig mit dem
Gedanken an Sünde und Korruption verknüpft war, machten bereits die levitischen
Opfergesetze deutlich. So wurde beim Lob- und Dankopfer nach göttlichem Gebot
ausdrücklich auch gesäuertes Brot verwendet (Lev 7,11-14).
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B. Normalerweise trank man in Palästina zu den Mahlzeiten einfaches Wasser; nur
bei besonderen Anlässen und Festen gab es (mit Wasser verdünnten) Wein - vergoren oder unvergoren. Dass er beim Passa vergoren war, wird von manchen Auslegern - unter Hinweis auf die jüdische Überlieferung - ausdrücklich behauptet, von anderen dagegen ebenso nachhaltig bestritten. So weist Bacchiocchi u.a. darauf hin,
dass Ex 13,7 "Gesäuertes" - und damit wohl auch den vergorenen Wein - verbietet.
(Samuele Bacchiocchi, Wine in the Bible, Biblical Perspectives 8, Berrien Springs,
Mich.: Biblical Perspectives, 1989, S. 161; vgl. S. 155-175).
Nach Meinung einiger Ausleger ist auch nicht auszuschließen, dass die Jerusalemer
Christen bei ihren täglichen (Abend-)Mahlzeiten sogar einfaches Wasser verwendeten, da Wein gerade für die ärmeren Leute zu kostspielig war. In Korinth jedenfalls
dürfte der Abendmahlswein vergoren gewesen sein; denn hier prangert Paulus u.a.
die Trunkenheit mancher Gemeindeglieder beim Mahl des Herrn an (1. Kor 11,21).
Allerdings sollte man die Verhältnisse in der dortigen Gemeinde nicht unbedingt als
typisch für die junge Christenheit ansehen.
Brot und Wein in der frühen Adventgemeinde
A. Auf die Frage, welches Brot beim Abendmahl verwendet werden sollte, verwies
James White auf die "verwurzelte Gewohnheit", weißes, mit Hefe oder Backpulver
locker gebackenes Brot zu verwenden ("The Lord's Supper", Review & Herald, 16.
April 1867, S. 222). Einige Jahre später antwortete der Review auf eine entsprechende Anfrage: "Da das Herrenmahl nicht der Antitypus des Passamahls ist, sehen
wir keinen Grund dafür, uns auf ungesäuertes Brot zu beschränken. Dies ist, soweit
uns bekannt ist, auch nicht die Gewohnheit unserer Gemeinden." (Review & Herald,
2. Mai 1878, S. 144)
Zwei Jahrzehnte später allerdings schrieb Ellen White an gleicher Stelle: "Gesäuertes Brot sollte nicht auf den Abendmahlstisch kommen; ungesäuertes Brot ist das
einzig korrekte Symbol", das den gebrochenen Leib Christi repräsentiert (Review &
Herald, 7. Juni 1898, in ABC 6:1090; vgl. das einleitende Zitat von Ellen White aus
dem Gemeindehandbuch). Diese Sicht setzte sich im 20. Jahrhundert durch und ist
bis heute die Lehrauffassung der Gemeinschaft geblieben.
B. In der frühen Adventgemeinde wurde beim Abendmahl vergorener Hauswein verwendet. Denen, die aus Gründen der Abstinenz den Wein nur mit den Lippen berühren wollten, empfahl James White, dann doch lieber Wasser zu trinken ("The Lord's
Supper", Review & Herald, 16. April 1867, S. 222). Einige Jahre später jedoch forderte der Arzt T. B. Welch die Gemeinde auf, wegen "schwerwiegender Bedenken gegen die Verwendung alkoholhaltigen Weins bei der Abendmahlsfeier" ganz auf dessen Gebrauch zu verzichten ("Intoxicating Wine at the Lord's Supper", Review & Herald, 6. Mai 1875, S. 147). Ellen White schloss sich bald darauf dieser Auffassung
rückhaltlos an (Signs of the Times, 29. August 1878; vgl. ABC 6:1090). Sie vertrat
auch die Überzeugung, Jesus habe bei der Einsetzung des Abendmahls unvergorenen Traubensaft verwendet.
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Brot und Wein in der heutigen Gemeindesituation
A. Wie alle anderen Fragen bezüglich der praktischen Durchführung des Abendmahls sollte auch diejenige nach den Emblemen von der biblisch-theologischen Bedeutung des Herrenmahls her durchdacht werden. Dabei darf der Substanz bzw.
dem Zustand von Brot und Wein (ungesäuert/unvergoren) nicht mehr Gewicht eingeräumt werden als der Handlung, die damit verbunden ist (gebrochen/vergossen empfangen). Geht es doch in erster Linie nicht um die Elemente selbst, sondern um
deren Weitergabe bzw. Empfang als einer bildhaften Darstellung und Vergegenwärtigung der Lebenshingabe Jesu an uns Menschen (Gedächtnismahl).
Wird das Augenmerk dagegen primär auf die Embleme selbst gerichtet, besteht die
Gefahr, sie als sakramental oder geheimnisvoll wirksame Gnadenmittel mitzuverstehen. So ist ungesäuertes Brot an sich nicht 'heiliger' als gewöhnliches Brot. Es kann
jedoch für den Gläubigen die Reinheit und Sündlosigkeit seines Herrn u.U. noch besser veranschaulichen.
B. Was die Verwendung von Traubensaft beim Abendmahl betrifft, so tut die Adventgemeinde sicher gut daran, an dieser Praxis festzuhalten. Schließlich gibt es unter
den Teilnehmern häufig auch solche, für die bereits ein Schluck Alkohol zu einem
Rückfall in die Abhängigkeit führen kann. Und es wäre doch paradox, diese Praxis
gerade zu einer Zeit ändern zu wollen, in der andere Kirchen demselben Beispiel folgen und ebenfalls unvergorenen Wein verwenden.
Als Nachsatz sei Folgendes hinzugefügt: Brot und Wein bleiben sicher auch heute
noch die geeignetsten Symbole für das Mahl des Herrn - nicht zuletzt, weil sie in der
Bibel mit christologischem Inhalt gefüllt und im Bewusstsein der Gemeinde von Anfang an mit dem Herrenmahl eng verbunden sind.
24
4.
Die Beschaffenheit der Abendmahlsgeräte
Die Frage nach der Beschaffenheit der Abendmahlsgeräte ist sicherlich von zweitrangiger Bedeutung, da es hierbei um Äußerlichkeiten, nicht aber um die Sache
selbst geht. Entscheidend beim Abendmahl ist die Weitergabe von Brot und Wein an
die versammelte Gemeinde und nicht die Gefäße in bzw. auf denen sie gereicht werden. Auf der anderen Seite sollte jedoch nicht übersehen werden, dass Form und Inhalt in enger Beziehung zueinander stehen. So ist nicht jede beliebige Form geeignet
einen bestimmten Inhalt weiterzugeben. Umgekehrt sagt eine Form auch manches
über ihren Inhalt aus. Deshalb sollte die Frage nach den geeigneten Abendmahlsgeräten doch ernsthaft und gründlich durchdacht werden.
In Anlehnung an den in vielen Kirchen üblichen Brauch werden auch in der Adventgemeinde vielfach versilberte Abendmahlsgeräte verwendet. Sie sollen den Wert unterstreichen, den die in Brot und Wein symbolisierte Gottesgabe Jesus Christus in
unseren Augen besitzt. Um die unschätzbare Bedeutung seines Opfertodes zu veranschaulichen, ist selbst das kostbarste Gerät gerade gut genug. Deshalb sollte bei
der Anschaffung von neuen Abendmahlsgeräten der Preis nicht die entscheidende
Rolle spielen.
Demgegenüber ist jedoch zu bedenken, dass in der Inkarnation (d.h. Menschwerdung) Jesu ein Prinzip zum Tragen kommt, das Paulus in z. Kor. 4,7 mit den Worten
"Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen" umschreibt. Jesu Selbsterniedrigung bestand ja gerade darin, dass er auf alle Zeichen seiner göttlichen Herrlichkeit
verzichtete, um als hilfloses Kind bzw. schwacher Mensch in unsere irdische Welt
einzutauchen (vgl. Phil. 2,5ff). Von daher betrachtet waren die in der urchristlichen
Zeit beim Abendmahl verwendeten Tongefäße besonders gut geeignet, um die
selbstaufopfernde Liebestat Jesu der Gemeinde vor Augen zu führen.
Muss man also aus theologischer wie finanzieller Sicht dem zerbrechlichen Ton den
Vorzug gegenüber den Edelmetallen geben, so sollte die praktische Seite dabei nicht
übersehen werden. Während Gold und Silber regelmäßige und gründliche Pflege erfordern, sind Tongefäße zerbrechlich und auch aus hygienischer Sicht (Keime) nicht
uneingeschränkt empfehlenswert. Wegwerfgeschirr dagegen ist zwar einfach und billig(?!), aber stillos und umweltbelastend. Bei Glas fällt die "Durchsichtigkeit" vorteilhaft ins Auge (roter Traubensaft!); jedoch sind dabei die Assoziationen zu bestimmten anderen Trinkgefäßen (wie Wein- oder Schnapsgläsern) für manche recht stark.
Eine Alternative stellen deshalb Abendmahlsgeräte aus Edelstahl dar. Sie sind wesentlich preiswerter als Silber oder Gold, absolut pflegeleicht, unverwüstlich und nicht
pompös in ihrer äußeren Erscheinung.
Die Suche nach den für eine Gemeinde am besten geeigneten Abendmahlsgeräten
wird die theologischen, finanziellen, hygienischen, optischen, praktischen und psychologischen Faktoren zu berücksichtigen haben. Wie immer diese Entscheidung
aber auch ausfallen mag, der Blick der Abendmahlsgemeinde sollte nicht auf die Gefäße - und letztlich nicht einmal auf Brot und Wein - gerichtet sein. Vielmehr wird sie
ihren HERRN vor Augen haben, der durch die Hingabe seines Lebens der Welt das
Heil gebracht hat.
25
5.
Agenda für eine besondere Abendmahlsfeier
Der hier vorgeschlagene Ablauf einer Abend-Mahls-Feier soll nicht die übliche Form
des Abendmahls ersetzen, sondern ist für besondere Anlässe gedacht. Er eignet sich
besonders für einen Gottesdienst am Abend. Art und Ablauf eines solchen Abendmahls sollten im Gemeindeausschuss erläutert und befürwortet werden, um aufkommende Fragen oder Missverständnisse vorweg klären zu können.
Diese Gottesdienstagenda ist für ein Tischabendmahl gedacht. Dazu wird der Gemeindesaal oder ein anderer geeigneter Raum mit Tischen ausgestattet, die entweder in Reihen, in Form eines Kreuzes oder frei im Raum verteilt aufgestellt werden.
Die eingesegneten Ältesten und Diakone werden den einzelnen Tischen bzw. Tischreihen zugeteilt. Jeder Teilnehmer erhält sein eigenes Trinkgefäß (Glas oder Becher). Essen und Trinken einschließlich der begleitenden Lieder und Gebete finden
am besten im Sitzen statt. Die Gemeinde erhebt sich jedoch am Beginn und Ende
des Gottesdienstes zu Lied und Gebet.
Zum Agapemahl können Brötchen/Brotkränze, Weintrauben/Obst, Käse, Salate,
(warme und kalte) Getränke u.ä. gereicht werden. Dabei ist das Essen ebenso Teil
der gottesdienstlichen Feier wie Gesang und Gebet und sollte auch in diesem Bewusstsein von allen eingenommen werden. Es empfiehlt sich, in der "Einführung" besonders darauf hinzuweisen. Diese Agenda geht davon aus, dass auch die Kinder
und Jugendlichen der Gemeinde sowie Gäste anwesend sind und das Austeilen von
Brot und Wein (zumindest als Beobachter) miterleben.
Für die Fußwaschung sollten - soweit möglich - zwei gesonderte Räume zur Verfügung stehen. Ein weiterer Raum kann auf Wunsch für Ehepaare reserviert werden.
Die Abendmahlsfeier dauert insgesamt etwa zwei Stunden. Das Programm kann jedoch an verschiedenen Stellen gekürzt werden.
Dieser besondere Abendmahlsgottesdienst wurde bei der Jahresschlussfeier 1984
des Gemeindebezirks Göttingen bzw. zum Abschluss der Gebetswoche 1988 in der
Gemeinde Hannover-Mitte erstmals durchgeführt. (Die Abweichungen sind im folgenden durch den Hinweis auf "Version A" / "Version B" gekennzeichnet.)
Die Gemeinde sitzt in kleineren Gruppen an Tischen, auf denen ein Agapemahl vorbereitet ist (mit Tischdekoration und Kerzen). In der Mitte des Saales oder an einer
anderen herausragenden Stelle steht der Abendmahlstisch, auf dem Brot & Wein
stehen, und zwar so, dass jeder Tisch einen (Brot-)Teller sowie (Einzel-)Kelche
erhalten kann. Jedem Tisch ist ein Ältester oder Diakon zugeteilt.
Die gottesdienstliche Leitung hat der ordinierte Prediger.
Begrüßung
Musikstück
26
Einführung
An dieser Stelle erfolgt ein Hinweis auf den besonderen Charakter und Ablauf
der Abend-Mahls-Feier. Ihr Anliegen Ist es, durch eine bewusste Anlehnung
an die jüdische Passatradition sowie an die urchristlichen Mahlfeiern das
Gemeinschaftsgefühl beim Abendmahl zu vertiefen, ohne etwas von
seiner Feierlichkeit oder Würde zu verlieren.
Gemeinsames Lied
"Brich mir das Lebensbrot" (WLG 102) oder
"Herr, du wollst uns vorbereiten" (WLG 488)
(Gemeinde steht zu Lied und Gebet)
Gebet
Musikstück
Version A:
Textlesung
Mattäus 22,1-14
"Die königliche Hochzeit"
Segnen des Weins
Dankgebet nach Psalm 100,3-5:
"Herr, du allein bist Gott!
Du hast uns geschaffen und dir gehören wir.
Dein Volk sind wir, für das du sorgst wie ein Hirt für seine Herde.
Wir preisen dich. Wir danken dir für deine Taten.
Herr, du bist gut zu uns, deine Liebe hört niemals auf,
für alle Zeiten bleibst du treu."
Einschenken des Weins
Die Ältesten bzw. Diakone schenken den 1. Becher ein. Jeder erhält dazu eine
mit Traubensaft gefüllte Karaffe. Der leitende Älteste (Prediger) versorgt
die austeilenden Ältesten/Diakone, indem er Ihnen die Karaffen
überreicht und diese bei Bedarf nachfüllt. Er befindet sich
dazu am Abendmahlstisch, auf dem sich genügend Wein
(und Brot) befinden. Während des Austeilens kann
passende Hintergrundmusik gespielt werden.
Gemeinsames Leeren des 1. Bechers
Musikstück
Lesung
"Der alte Bäcker"
27
Der alte Bäcker
An der Jacobstrasse in Paris liegt ein Bäckerladen. Viele hundert Menschen kaufen da ihr Brot. Der
gute, alte Bäcker zieht die Leute an. Er ist ein spaßiger Kerl. Manche sagen: Er hat einen Tick. Aber
nur manche. Die meisten sagen: Er ist weise, gütig und menschenfreundlich. Einige sagen sogar: Er
ist ein Prophet. Aber als ihm das erzählt wurde, knurrte er vor sich hin: "Dummes Zeug ...
Der alte Becker weiß, daß man Brot nicht nur zum Sattessen braucht, und gerade das gefällt den Leuten. Manche erfahren das zum ersten Mal beim Bäcker an der Jacobstrasse - zum Beispiel der Autobusfahrer Gerard, der einmal zufällig in den Brotladen kam.
"Sie sehen bedrückt aus", sagte der alte Bäcker zum Busfahrer. "Ich habe Angst um meine kleine
Tochter", antwortete der Busfahrer. "Sie ist gestern aus dem Fenster gefallen, vom z. Stock!" - "Wie
alt?" fragte der Bäcker. "Vier Jahre", antwortete Gerard. Da nahm der Bäcker ein Stück Brot, das auf
dem Ladentisch lag, brach zwei Bissen ab und gab den einen dem Busfahrer. "Essen Sie mit mir",
sagte der Bäcker zu Gerard, "ich will an Sie und Ihre kleine Tochter denken".
Der Busfahrer hatte so etwas noch nie erlebt, aber er verstand sofort, was der alte Bäcker meinte, als
er ihm das Brot in die Hand gab. Und sie aßen beide ihr Stück und schwiegen und dachten an das
Kind im Krankenhaus.
Eine Frau kam herein. Sie hatte auf dem nahen Markt zwei Tüten Milch gekauft und wollte nun eben
noch Brot holen. Bevor sie ihren Wunsch sagen konnte, gab ihr der Bäcker ein kleines Stück Weißbrot
in die Hand und sagte: "Kommen Sie, essen Sie mit uns: Die Tochter dieses Herrn liegt schwer verletzt im Krankenhaus. Sie ist aus dem Fenster gefallen. Vier Jahre ist das Kind. Der Vater soll wissen,
daß wir ihn nicht allein lassen". Die Frau nahm das Stückchen Brot und aß mit den beiden.
So war das oft in dem Brotladen, in dem der alte Bäcker die Kunden bediente.
(Nach H. A. Mertens, Brot in deiner Hand)
Segnen des Brotes
Dankgebet nach Johannes 6,35.51:
"Du, Herr, bist das Brot, das Leben schenkt.
Wer zu dir kommt, wird nie mehr hungrig sein.
Du bist das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist.
Jeder, der von diesem Brot isst, wird ewig leben.
Herr, wir danken dir für das Lebensbrot! AMEN."
Austeilen des Brotes
Die Ältesten/Diakone bringen das Brot zu den Tischen. Dabei lassen sie den
Teller am Tisch herumgehen oder reichen ihn selbst den Teilnehmern.
Währenddessen singt die Gemeinde.
Gemeinsames Lied
"Brich mir das Lebensbrot" (WLG 102)
Gemeinsames Essen des Brotes
Werden größere Brotstücke verwendet (z.B. Mazzen in Knäckebrotgröße),
dann können die Teilnehmer einen Teil des Brotes auch übriglassen,
um es bei der folgenden Mahlzeit zu verzehren.
Kanon
"Segne, Herr, was deine Hand" (WLG 561)
28
Version B:
Verkündigung
"Gast oder Tischherr?"
Die Emmausgeschichte wirft Licht auf die Bedeutung des Wortes Jesu in
Offenbarung 3,20. Jesus, der Gast, wird zum Tischherrn, der uns reich
beschenkt. Dabei öffnen sich unsere Augen und Ohren und unser Mund.
Gemeinsames Lied
(nach der Melodie "Im Märzen der Bauer..."")
(Gemeinde bleibt sitzen - Liedtext austeilen)
"Der Tisch ist gedecket und alles bereit,
o seht, was die Güte des Schöpfers uns beut.
O schmecket und sehet, wie freundlich er ist,
der niemals und nirgends die Seinen vergißt.
Er hat auch den Vögeln das Tischlein gedeckt
und hat uns zur Freude die Blümlein erweckt.
O schmecket und sehet wie freundlich er ist.
der niemals und nirgends die Seinen vergißt.
Wir danken dir herzlich, Herr Jesus Christ,
daß du unser Gast heut geworden bist.
Wo du bist, Herr Jesus, da hat's keine Not;
du bist und bleibst ewig das Lebensbrot. "
(Evtl. Text auf Folie kopieren für Tageslichtprojektor)
Version A + B:
Agapemahl
Das Essen wird bereits vor Beginn der Mahlfeier aufgetragen.
persönliche Gespräche bei Tisch sind erwünscht.
Dezente Hintergrundmusik.
Fußwaschung
Während des Essens findet die Fußwaschung statt. Jeder Teilnehmer begibt
sich dazu mit seinem Partner in die dafür vorgesehenen Räume. Da kein
Zeitdruck vorhanden ist, sind der genaue Zeitpunkt sowie die Dauer
der Fußwaschung den einzelnen überlassen. Für die Mahlzeit
(mit Fußwaschung) sollte ausreichend Zeit zur Verfügung
stehen (mindestens 1/2 Stunde).
Musikstück
29
Lobpreis und Dank
"Wenn du gegessen hast und satt bist, sollst du den Herrn,
deinen Gott loben!" (S. Mose 8,10). Gemäß diesem Wort ist
jetzt Gelegenheit zum Bekenntnis, Zeugnis und Gotteslob.
Musikstück
Version A:
Verkündigung
"Gast oder Tischherr?"
Die Emmausgeschichte wirft Licht auf die Bedeutung des Wortes Jesu in
Offenbarung 3,20. Jesus, der Gast, wird zum Tischherrn, der uns reich
beschenkt. Dabei öffnen sich unsere Augen und Ohren und unser Mund.
Segnen des Weins
Dankgebet
Einschenken des Weins
Die Ältesten/Diakone füllen den Becher zum 2. Mal,
während die Gemeinde singt.
"Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen" (WLG 489) oder
"Dank sei dir, Vater, für deine Gaben" (WLG 562/Kanon)
Gemeinsames Leeren des 2. Bechers
Version B:
Einsetzungsworte
für Brot & Wein
Gemeinsames Lied
"Wir wollen deinen Tod verkünden" (WLG 486)
(nach Melodie WLG 63 - Gemeinde bleibt sitzen)
Dankgebet
(Segnen des Brotes)
Die Ältesten/Diakone treten zum Abendmahlstisch und nehmen die Brot
teller in Empfang. Sie kehren zu ihren Tischen zurück und stellen
die Brotteller dort ab. Nach Aufforderung durch den Prediger
30
kniet die Gemeinde nieder zum Dankgebet über dem Brot.
(Alternative: Gebet im Sitzen oder Stehen)
Austeilen und Essen des Brotes
Die Ältesten/Diakone lassen den Brotteller an ihrem Tisch herumgehen.
(Der Gelegenheit entsprechend kann dies gut im Sitzen geschehen.)
Wenn alle Brot genommen haben, wird gemeinsam gegessen.
Der Brotteller bleibt anschließend auf dem Tisch stehen.
Geschichte
Der alte Bäcker
Dankgebet
(Segnen des Weins)
Die Ältesten/Diakone treten zum zweitenmal an den Abendmahlstisch
und nehmen die Kelche in Empfang. Sie kehren zu ihren Tischen
zurück und stellen die Kelche dort ab. Nach Aufforderung
durch den Prediger kniet die Gemeinde zum Dankgebet
über dem Wein. (Oder: Gebet im Sitzen bzw. Stehen)
Austeilen und Trinken des Weines
Die Ältesten/Diakone teilen die Kelche aus. Jeder behält seinen Kelch
in der Hand (bzw. vor sich auf dem Tisch), bis alle bedient wurden.
(Auch dazu kann die Tischgemeinschaft sitzen bleiben.) Daraufhin
werden die Kelche gemeinsam und in Ruhe geleert. Bei großen
Kelchen wird reihum (nacheinander) getrunken. Die Kelche
bleiben ebenfalls auf den Tischen stehen.
Musikstück
"Halleluja" aus dem Messias
von G. F. Händel
Schlußwort
Das Abendmahl vermittelt uns einen Vorgeschmack auf das große
Festmahl im Reich Gottes (Offb. 19). Es richtet unseren Blick
auf den "Tag des Herrn", um dessen Erscheinen wir
bitten: "Maranata - Unser Herr, komm!'
Schlusslied
"Wir sind voll Hoffnung..." (WLG 181)
oder "Friede sei nun mit euch allen" (WLG 388)
Die Tischgruppen reichen sich dabei stehend die Hände.
Gemeinsames Gebet
"Vater unser..."
Segen
31
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