Predigttext Mt, 16, 25: Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden. Predigt Liebe Gemeinde, liebe Taufeltern Wir alle sind froh, wenn wir ab und zu eine schützende Hand über uns spüren. Wieviel Mal kann etwas dumm laufen, und wir hatten Glück oder wurden bewahrt! Noch mehr wünschen sich das Eltern für ihre Kinder. Es gibt vieles vom Strassenverkehr bis zum Skifahren, von Haushaltgeräten bis zum Umgang mit Feuer, das nicht ungefährlich ist. Da möchten wir hoffen, dass auch eine höhere Macht – Gott – seine Hand über unseren Kindern hält. Meistens ist das ein wichtiger Grund, warum Eltern ihre Kinder zur Taufe bringen. Da steht der heutige Predigtvers „Wer sein Leben verliert um meinetwillen [Jesu willen], der wird es gewinnen.“ scheinbar quer in der Landschaft. Doch gerade Eltern mit Kindern sollte dieser Gedanke nicht ganz unbekannt sein. Gewollt kinderlose Paare haben vom beruflichen Aufstieg bis zu Parties und durchgestylter Wohnung viele Beispiele dafür, worauf sie wegen Kindern nicht verzichten möchten. Und auch Eltern wissen: zumindest während die Kinder klein sind, muss man eine Zeit lang auf vieles verzichten. Man verliert als Paar durch Kinder also das Leben von vorher. Und doch: die meisten Eltern würden glücklicherweise sagen, die Einschränkungen seien nichts im Vergleich dazu, was wir von den Kindern z. B. an Spontaneitat und „Entdeckung der Langsamkeit“ erhalten. Franz Hohler z. B. sagte einmal, durch Kinderaugen entdecke man die Welt ein zweites Mal. „Wer sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es finden.“ Es gibt unzählige Menschen, die diesen Satz auf sehr eindrückliche Art leben. Einen solchen Menschen, den ich selbst erleben durfte, ist für mich Beat Richner. Ich erlebte ihn als Kind als Beatocello, als Clown, der mit seinem Cello und tiefsinnigen Liedern Kinder wie mich zum Lachen und Nachdenken brachte. Er hätte als Arzt am Kinderspital in Zürich ein schönes Leben gehabt. Aber er beschloss, dieses aufzugeben, um in Kambodscha für die ärmsten ein Spital zu eröffnen. Der Abschied vom alten Leben war nicht einfach. Ich las einmal, dass Beat Richner, wenn er vom Heimweh geplagt werde, in den Generatorenraum des Spitals gehe. Warum? Weil er sich dann in einer schweizer Bergbahnstation wähne. bequemsten, wenn möglich ohne Stau und Baustellen von einem Ort zum nächsten lotst. Aber danach sehe er die vielen leuchtenden Kinderaugen, die ohne sein Spital erloschen wären. Diese Erfahrung wäre ohne Abschied vom alten Leben nicht möglich. Dieses technische Gerät leitet nicht nur unser Auto, sondern auch unsere Gedanken, vielleicht sogar unsere Weltanschauung. Sehnen wir uns nicht nach einem Navi für unser Leben, das uns möglichst bequem von einer Lebensetappe zur nächsten führt, ohne Krämpfe, Irrwege, „Lehrplätz“ und andere unangenehme Dinge? Zwar sagt er nicht, dass er das alles um Jesu willen getan habe, er meint, er habe bloss eine himmelschreiende Ungerechtigkeit beseitigen wollen, dass nämlich ein kambodschanisches Kind viel weniger wert sei als ein in Europa geborenes. Aber das ist ja gewiss im Geiste Jesu. „Wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden.“ Grosse Gestalten sind eindrücklich, aber der Nachteil ist, dass wir wie Zwerge neben ihnen scheinen, wenn wir in unserem Leben nach ähnlichem suchen. Was bedeutet der Gedanke Jesu für unser Leben, für das Leben unserer Kinder? Letzthin machte sich ein Freund über mich lustig, wie es bei mir denn mit der Technik stehe, als ich im Auto die Landkarte zückte. Heute hätte man doch ein Navi! Also ein Gerät, das mich am schnellsten und Jesus ist da anderer Meinung. Der gerade und bequemste Weg ist nicht der beste, manchmal müssen wir verlieren, um neu zu finden. Manchmal müssen wir ein angenehmes aber oberflächliches Leben verlieren, um zu einem tieferen Leben vorzudringen. Etwas Ähnliches sagte der Reformator Martin Luther zur Taufe: Bei der Taufe werde der alte Adam ersäuft, damit ein neuer Mensch in Christus entstehen könne. Das tönt etwas martialisch, ist aber im Grunde dasselbe, was Bruder Klaus in seinem berühmten Gebet sagt: „Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir, mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich führet zu dir.“ Das, was mich hindert zu Gott, für Luther der alte Adam, soll weggenommen werden, was mich führet zu Gott, also der Geist Jesu, das soll Gott immer wieder neu geben! Was kann das jetzt für Kinder oder Eltern heissen? Eine typische Situation für Eltern und Kinder: man geht in den MacDonalds und neben dem Menu gibt es ein Spielzeug, das sie begeistert, aber nach 3 Tagen Spiel in die Einzelteile zerfällt. Angesichts dessen, dass diese Spielzeuge wahrscheinlich unter fragwürdigen Bedingungen, vielleicht sogar von anderen Kindern zusammengebastelt werden, versuche ich manchmal, meine Kinder zu einem bewussten Verzicht zu überreden. Auch wenn mir so etwas von Zeit zu Zeit gelingt – ist es richtig, so etwas Kleines im Zusammenhang dem gehörten Jesuswort, das uns sehr gross und erhaben erscheint, zu sehen? Ich denke trotzdem: auf den Geist kommt es an, und Grosses beginnt im Kleinen: etwas verlieren, auf etwas verzichten, um etwas Grösseres zu finden. Auf den ersten Blick scheint das Jesuswort „Wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden.“ unverständlich oder gar eine Zumutung. Aber wir leben heute in einer Zeit, in der wir äusserlich in grösserem Wohlstand leben als frühere Generationen. Wir leben in einer Zeit, in der ich von den meisten anderen Eltern höre, es sei nicht so, dass ihre Kinder zu wenig Spielzeuge oder andere Dinge hätten, im Gegenteil, man müsse immer wieder radikal entrümpeln, um nicht zugemüllt zu werden. Wir leben in einer Zeit, in der sich manche Eltern bange fragen, ob nicht jetzige Generationen auf Kosten der nachfolgenden leben. Und in einer solchen Zeit ist das Wort Jesu „Wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es gewinnen.“ nicht nur Zumutung, sondern auch ein Weg für ein neues tiefes Leben in Fülle. Amen. Richterswil, den 26. Jan. 14 Peter Spörri, Pfr.