3. So n Trinitas 16. Juni 2013 2. Sam 12/Lk7 - Tengen Talheim - 'Gott erfülle euch mit aller Freude und mit allem Frieden im Glauben, damit ihr reich werdet an Hoffnung in der Kraft des Heiligen Geistes.' Amen. Liebe Gemeinde aus Nah und Fern! Zu einem traditionellen Talheimer-Fest gehört auch ein Festgottesdienst. In dem Festzelt, in dem gefeiert wird, in dem kann man ich auch bei Gott bedanken. Für eine gute Anreise, für nette Gastfreundschaft, für gelungene Festtage. Für Gesundheit und Wohlergehen. All das scheint meist selbstverständlich zu sein, ist es aber nicht. Das weiß jeder von uns. Tage des Unmuts, Zeiten der Sorge kennt jede. Beim Festbetrieb werden diese Gedanken verdrängt, aber ganz schnell sind sie wieder da. Bei einer Erzählung, bei einem falschen Wort, sogar bei einem Geruch, der unsere Seele an Sachen erinnert, die sie gerne vergessen hätte. Wir können unserem Lebensgefüge nicht entkommen. Zwei Tage Fest in Talheim: das bedeutet viele Begegnungen, vielleicht das eine oder andere Wiedersehen nach längerer Zeit; das heißt viele Gespräche, fröhliche Musik und die überraschende Erkenntnis: in den anderen Dörfern und Städten mit dem alten Namen Talheim gibt es entsprechende Probleme, ähnliche Herausforderungen, analoge Aufgaben zu bewältigen. Und man stellt 1 fest: auch bei den lieben Gästen in der Ferne wird nur mit Wasser gekocht. Diese Erkenntnisse bei einem großen Zusammentreffen haben eine heilsame Wirkung: sie entlasten von dem Anspruch, immer noch besser, immer noch perfekter sein zu müssen. Weniger Stress bewirkt mehr Sanftmut, führt zu mehr Gelassenheit. Die braucht unsere Seele, um mit den vielen Aufgaben fertig zu werden, die wir Woche für Woche zu erledigen haben. Und es könnte wirklich alles so schön sein, wenn da nicht das ÄrgerTeufelchen in unserem Rücken sitzen würde. Hin und wieder reckt es sich, nimmt eine Klitzekleinigkeit in unserem Umfeld wahr und schon ist es hellwach, es stupft uns, macht uns kribbelig, läßt unseren Unmut hochkochen und auf böse Gedanken kommen. Wie so etwas funktioniert? Wir haben es in den Lesungen gehört. David verguckt sich in eine verheiratete Frau, und in seinem Erektionswahn läßt er deren Mann aus dem Feld räumen. Beim Festmahl im Haus des Pharisäers könnte alles so nett sein, doch als die Frau den Raum betritt und sich Jesus auf besondere Weise zuwendet, beginnt es im Kopf der Männer zu rattern: ist diese Frau schön. Wäre etwas für ein paar Stunden zu zweit. Warum kommt sie zu Jesus und nicht zu mir. Eifersucht, Neid, idiotische Gedanken, erotische Phantasien, Einflüsterungen des ÜberIch (all das darf man eigentlich nicht denken) – das gibt ein böses Gemisch im Blut. Und ganz schnell drehen sich alle Gedanken und münden in eine Verurteilung. Was man selbst nie wird besitzen können, soll auch niemand anders 2 erleben dürfen. Der Pharisäer verurteilt die Frau und verleumdet sie als einen sündigen Menschen. Dieses Spiel ist so alt und so primitiv wie die Menschheit in solchen Dingen war und ist. Wir kennen dieses Muster aus den Filmen von Rosamunde Pilcher. Und regen uns auf und leiden mit und freuen uns am guten Ausgang der Filmgeschichte. Vielleicht gibt es auch bei uns diese Achterbahn der Gedanken und Gefühle, weil wir sie von uns selbst kennen. Eine Situation wo jemand auf einem Fest auftaucht, ungebeten, nicht eingeladen (möglicherweise sogar absichtlich). Jemand, den wir nicht leiden können, von dem wir glauben, er/sie könnte den Festablauf stören. Jemand, der ein fremdes Aussehen hat, andere Gewohnheiten, andere Sprache – die Kette der Assoziationen ließe sich fortsetzen. Letztlich läuft unsere Reaktion wie die Reaktion des Pharisäers nur auf eines hinaus: der andere wird ausgegrenzt. Verleumdet. Abgeschoben. Man bleibt lieber unter sich. Mit all den eigenen verborgenen Phantasien von einem freien und ehrlichen und offenen Leben. Man kann mit Vielem anderen Wehtun: mit einem Brief, mit Neid, mit Gier, mit Vertrauensentzug, mit bösen Worten, mit Funkstille, mit shitstorm im Netz, mit Einträgen auf Facebook. Unsere Kinder lernen diese Waffen in den Medien kennen und durch das negative Vorbild der Erwachsenwelt. Das muß man etwas dagegen tun! So denkt jeder aufrichtige Mensch. Sie haben Recht! Nathan, der Prophet, denkt so und redet dem König ins Gewissen. Jesus, der Erlöser, denkt so und deckt die wirren Gedanken des Gastgebers auf. Beide wollen nur eines: die verwirrten 3 im Geiste zum Umdenken bewegen. Sie sollen sich bewußt werden, welchen Schwachsinn sie mit ihren Gedanken und Taten zu verantworten haben. Sie sollen sich bewußt werden, daß Gott ganz anderes im Sinn hat. Mit den Menschen, die gefehlt haben. Mit allen Menschen, die einmal einen Fehler begangen haben. Sei es ein kleiner oder ein großer; sei es gerade vorgestern geschehen oder schon vor Jahren. Auf das Umdenken kommt es an. Und auf das ‚neu-anfangen‘. Und auf das ‚Im-neuen-Denken‘ bleiben! Papst Franziskus sagte vor einigen Wochen bei einer Andacht: Gott hat eine unermesslich große Fähigkeit zur Vergebung, Oft gehen die Menschen miteinander viel weniger nachsichtig um als Gott gegenüber Sündern. Wir Pfarrer predigen die Liebe Gottes jeden Sonntag, wichtig ist aber auch, daß diese Botschaft Jesu Ihre Herzen in der Gemeinde erreicht. Man muß es sich immer wieder zusprechen lassen, man muß immer wieder daran erinnert werden – und: wir alle müssen diese vergebende Liebe am Montag und Mittwoch immer wieder wagen umzusetzen. Das ist ein langer Prozeß, je schwerer die belastenden Gedanken, um so länger braucht es Zeit, für ein einen neuen Umgang mit unseren Phantasien und eintrainierten Verhaltensweisen. Aber es kann gelingen. Nathan spricht David ein neues Leben zu und dem Pharisäer wird die Chance gegeben, sich in Zukunft anders gegenüber dieser Frau (und anderen Frauen) zu benehmen. Alle Beteiligte in den Geschichten in unseren heutigen Lesungen hatten großes Glück. Sie durften in Nathan und in Jesus Gottes Boten 4 der frohen Botschaft kennenlernen. Gerade noch rechtzeitig, um die Chance zu ergreifen einen neuen Lebens- und Kommunikationsstil einzuüben. Wir kennen dieses Glück schon. Wir sind im Gottesdienst zusammengekommen, um Gott unser Innerstes zu offenbaren und uns von ihm retten zu lassen. Probieren wir es wieder aus: wie das so ist mit den Gedanken und Taten des Guten, der Liebe, der Freundlichkeit, der gegenseitigen Achtung, der Toleranz. Unser Leben und unsere Zukunft liegt in Gottes Händen. Zeigen wir uns dankbar. Für dieses schöne Fest in Talheim, in unserem Alltagsleben in unseren Talheimer Dörfern und Städten. Martin Luther sagte einmal: "Es ist besser, alle Zeit in Gottes Ehrfurcht zu leben, als daß man sich abquält in Furcht mit den zukünftigen Dingen." (WA 42, 34) Dieses Zitat könnte auch von Jesus stammen. Test it! Amen. 5