Mit Jesus leben

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Fritz Peyer-Müller, Michael Girgis (Hrsg.)
Mit Jesus leben
Impulsheft für ein aktives Leben mit Jesus
Heft 1
Vorwort
J
Ulrich Eggers
Jg. 1955 verheiratet,
Cuxhaven (D), AUFATMEN-Magazin / SCM
Bundes-Verlag
eder weiss es: Der eine entscheidende Unterschied für
die Zukunft der Kirche genauso wie für mich selbst – ist dieser Christus. Der auferstandene
Sohn Gottes, an den wir glauben.
Was ja vor allem eins heisst: Eine
Beziehung zu ihm wagen. Kindlich, täglich, persönlich: Das Herz
der Nachfolge. Der immer neue
Versuch der Lebensbeziehung zu
einem Unsichtbaren, Unbeweisbaren, Ungreifbaren – dem ich
vertrauen und folgen will.
Jeder weiss es – aber es ist so
anspruchsvoll! So viel schwerer
als ein religiöses Konzept. Mit
Christus gesandt in die Welt –
mitten hinein in die alltäglichen
Lebensbezüge – ein «Glaube am
Montag» (wie es die neue Initiative zum ChristSein im Alltag sagt).
Wer so offen und sichtbar Christ
sein will, der setzt sich Kräften
aus, die viel dominanter scheinen
als die oft so zarte und zerbrechliche Beziehung zu Christus, um
die wir kämpfen. «Ein Haus mit
weit offenen Türen braucht einen warmen Ofen», kommentiert
Hanspeter Nüesch diese Situation. Missionale Christologie als
Aufruf zu einem jesusgemässen
Leben «mittendrin» verlangt deswegen vor allem eins: Eine starke,
erkämpfte, lebendige Beziehung
zu Christus selbst – sonst wird
sie zu einer Idee, die aus eigener
Kraft leben muss.
Jeder weiss es. Sich täglich
neu zu ihm hinkehren, wirklich
aus ihm leben – darum geht es.
Das Haus mit weit offenen Türen braucht einen warmen Ofen.
Danke
D
ie in diesem Heft verwendeten Thesen wurden im
Rahmen eines IGW ThinkTanks im Januar 2011 entstanden.
Sie basieren auf der Vorarbeit von
Dr. Peter Aschoff, Dr. Rainer Ebeling und Björn Wagner. Unter der
Leitung von Michael Girgis haben
folgende Personen an ihrer Entwicklung mitgearbeitet: Florian
Bärtsch, Boris Eichenberger, Ste-
fan Gerber, Cla, Gleiser (Redaktion), Michael Hodel, Leonardo
Iantorno, Kurt Kammermann,
Reiner Lorenz, Sabrina, Müller,
Marc Nussbaumer, Dr. Fritz Peyer-Müller, Hans-Jörg Strahm, Urs
Thalmann, Andrea Vara, Martin
Voegelin und Barbara Wyss. Ganz
herzlichen Dank für eure engagierte Mitwirkung.
Impressum
Herausgeber: IGW International, Josefstrasse 206, 8005 Zürich
1. Heft der Reihe «Impulsheft ». IGW-Impulshefte erscheinen
regelmässig zu aktuellen theologischen Themen.
Datum: 15. 9. 2011
Erstauflage: 1 000 Exemplare
Bestellung: www.igw.edu, 044 272 48 08, [email protected]
Layout: Benjamin Lanz, tridea.ch/Matthias Ziehli, igw.edu
Redaktion: Dr. Fritz Peyer-Müller, Michael Grigis, Cla Gleiser
2
Editorial
S
ie halten die erste Ausgabe
der IGW-Impulshefte in der
Hand. Diese Publikationen
bieten bieten Arbeitsunterlagen
für die Gemeinde. Verschiedene
Autoren schreiben darüber, wie
wir Jesus ganz neu in der Bibel
und in unserem Leben entdecken können. Die Autoren stiften
zu einem Leben mit Jesus an. Sie
schreiben für das persönliche wie
auch für das gemeinsame Leben.
Aus vielfältiger Perspektive
werden die Thesen zu Christus
geklärt. Die Texte laden ein, intensiv mit der Bibel in der Hand
Jesus Christus neu zu entdecken.
Die Zugänge dazu sind vielfältig.
Wie kam es zur Idee der Impulshefte? Seit gut drei Jahren
beschäftigen wir uns bei IGW
intensiv mit einer missionalen
Theologie. Oder anders formuliert: Wir beschäftigen uns mit
einer Theologie, die zur veränderten Praxis führt. Unser Bemühungen gehen dahin, dass die Kirche
am Ort neu ihren alten Auftrag
in ihrem Kontext entdeckt. Oder
wie wir es in der ersten These formuliert haben: Jede Generation
muss für sich entdecken, wer für
sie Jesus Christus ist. Und das in
ihrem Kontext.
Jährlich treffen sich 20 bis 30
Persönlichkeiten aus Theologie
und Kirche zu einem intensiven
Gedankenaustausch, zum ThinkTank. Daraus entstanden die
Thesen zur missionalen Theologie (2010) und Christologie (2011).
Da theologische Praktiker und
praktische Theologen zusammen
waren, entstanden Thesen für
Theologie und Praxis.
Die Impulshefte gehen über
die Thesen hinaus. Sie führen in
die Praxis und liefern die bibli-
sche Grundlage. Sie zeigen auch
Möglichkeiten und Beispiele auf,
wie diese Praxis im Kontext der
Gemeinde aussehen könnte. Sie
laden zum Studium ein.
Im Herbst 2011 wird das zweite Heft erscheinen. Wir werden
es in Zusammenarbeit mit der
Schule für Sozialmanegement
herausgeben. Thema wird sein:
Gesellschaftsrelevanter Gemeindebau.
Nun wünsche ich Ihnen viel
Segen bei der Lektüre und freue
mich auf Rückmeldungen an:
[email protected]
oder als Gruppe (Hauskreis, Leitungsteam).
Die 13 Einheiten enthalten die
folgenden Elemente:
1. These (in Box, als Überschrift)
mit entsprechender Nummer
2. Erläuterungen dazu (Fliesstext)
3. Biblische Texte zur möglichen
Vertiefung
4. Story (als Illustration und Praxisbeispiel)
5. Fragen (zur Reflexion und weiterführenden Diskussion) sowie
6. Platz für Notizen
Auf Seite 31 werden zudem
einige zentrale Fachausdrücke in
einer Übersicht kurz erklärt.
Wir hoffen, dass die Impulse
dieses Heftes einladend wirken,
sich persönlich und als Gemeinschaft immer wieder von neuem
auf Jesus Christus einzulassen
und dabei den Mut aufzubringen,
die eigene Nachfolge auf ihre
Verbindung zur Person, der Lehre
und dem Leben von Jesus Christus hin zu prüfen. Gibt es etwas,
was uns der wilde, ungezähmte, radikal barmherzige, immer
überraschende Messias der Evangelien sagen möchte? Gibt es
Bereiche unseres Lebens, in welchen uns der wilde, ungezähmte, radikal barmherzige, immer
überraschende Messias der Evangelien herausfordern möchte?
Wir wünschen viel Inspiration und Reden Gottes bei dieser
Lektüre, die sowohl die eigene
Nachfolge als auch die Mitarbeit
im Reich Gottes bereichern und
befruchten wird.
Dr. Fritz Peyer-Müller
Jg. 1952; verheiratet,
Lützelfüh-Goldbach (CH),
Rektor IGW International,
Initiator Think-Tank
[email protected]
Arbeitsanleitung
D
ieses Impulsheft ist von
rund
einem
Dutzend
namhafter Autoren für
eine ganz spezifische Zielgruppe verfasst worden, nämlich für
Nachfolger Christi – interessierte Laien, Hauskreisleiter, Leitungsteams, Pastoren, Männer,
Frauen, Junge und Ältere. Das
Heft ist also genau für dich bzw.
für Sie geschrieben worden!
Es ist eine Einladung, sich den
ganz zentralen Fragen Dietrich
Bonhoeffers zu stellen: Wer ist
dieser Jesus Christus? Wer ist er
für uns heute? Und: Was bedeutet ein Leben mit Jesus Christus
heute?
Die 13 Kapitel befassen sich
jeweils auf 2 Seiten mit einem
Teilaspekt dieser Fragen, indem
sie je eine der «13 Thesen zur
missionalen Christologie» erläutern. Die 13 Einheiten können
aber in beliebiger Reihenfolge gelesen und studiert werden, allein
Michael Girgis
Jg. 1970; verheiratet,
Bülach (CH), Co-Rektor
IGW International, Initiator
Think-Tank
[email protected]
3
Jede Generation muss sich neu fragen: Wer
ist Jesus Christus und was ist seine Mission? Daraus folgt: Was bedeutet ein Leben
mit Jesus Christus für uns heute?
1
Biblische Texte:
Mt 3,23-25; 13,54-58; Mk 2,1517; Lk 5,29-32; 19,1-8; Joh 3,16
W
Andreas «Boppi»
Boppart
Jg 1979, verheiratet, Zizers GR (CH), Evangelist
und Leiter von Campus
Generation Ministry bei
Campus für Christus
[email protected]
4
ürde ich meine wunderschön
geformtes
linkes Ohr, das mit
dem doppelten Ohrläppchen, auf
den Kopierer legen und diese Kopie dann wiederum kopieren, um
diese wieder zu vervielfältigen ...
Irgendwo verzerrt sich das Bild
nach zigfachem Kopieren. Mein
Ohr wäre als solches nicht mehr
wiederzuerkennen. Dasselbe geschieht mit Jesus.
Als Nachfolger sind wir dazu
berufen, sein Leben und sein Reden zu kopieren, natürlich immer
verbunden mit einer Adaption
auf unser persönliches Leben –
aber leider kopieren wir oft nicht
ihn, sondern nur die Kopie von
der Kopie von der Kopie von ihm.
Wir vervielfältigen nicht seinen
Lifestyle, sondern den Lifestyle
einer bestimmten Gemeinde oder
Glaubensrichtung, der wir angehören.
Wenn wir als Gemeinden nicht in
einem stetigen Prozess bleiben,
den ganzen Jesus und das ganze
Evangelium immer wieder neu
für uns und die Kultur, in der wir
leben, zu entdecken und zu entfalten, dann werden wir eines Tages aufwachen und merken, dass
unser Jesus nicht mehr viel von
dem Jesus darstellt, den wir in
der Bibel finden.
Die Evangelien berichten über
Geburt, Leben, Wirken sowie
Sterben und Auferstehen von Jesus Christus. Er ist die zentrale
Person. Daran scheiden sich Menschen, Gesellschaften. Aber an
Jesus kommen wir nicht vorbei –
diese Option hat er uns schlicht
nicht gelassen. Mit Aussagen wie
Joh 3,16 hat er sich selbst ins
Zentrum gerückt. Und wer Jesus
sieht, sieht direkt den Vater (Joh
14,9) – dadurch ist Gott für uns
Menschen handfest und anfassbar geworden.
Jesus stellt sich in den Evangelium in vielfältiger Weise vor. Diese
verschiedenen Aspekte der Person Jesu müssen immer wieder
«erforscht» und gelebt werden.
Wenn die Evangelien von Jesus
berichten, dann berichten sie vor
allem von seiner Sendung.
Ein Evangelium ohne Jesus – oder
mit einem schwächelnden und
schmalbrüstigen Jesus – ist bloss
eine traurige Religion, ohne wirkliche Hoffnung auf Versöhnung
im Jetzt und ohne Perspektive auf
eine wunderbare Zukunft.
«Die wichtigste Korrektur für
die Kirche im angebrochenen
einundzwanzigsten Jahrhundert
liegt in unserer Christologie. Diese wird unsere Missiologie revolutionieren, welche dann wiederum
unsere Ekklesiologie verändern
wird» (Frost/Hirsch 2009:142).
Jesus Chhristus und seine Sendung, unsere Sendung zu entdecken – so die Meinung von Frost
und Hirsch – ist unsere wichtigste
Aufgabe. Daran entscheidet sich
unser Weg als Christen wie auch
als Gemeinde.
Die beiden erwähnen das Beispiel der NASA-Rakete (2009:209),
die beim Start nur 0,5 Grad Abweichung hat, den Mond jedoch
dann um mehrere tausend Kilometer verfehlt. Genauso werden
wir am Evangelium vorbeischiessen, wenn wir in unserer Nachfolge Jesus «verfehlen». Ghandi
hat einmal gesagt: «Ich mag euren Christus, aber ich mag eure
Christen nicht. Eure Christen
sind Christus gar nicht ähnlich.»
Wir haben zwar den Namen von
Christus angenommen, aber unsere Leben werden diesem Namen leider oft in keiner Weise
gerecht.
Auch mein Bild von Jesus hatte sich verzerrt, als ob ich ihm einen Strumpf über den Kopf gezogen und dann ganz nach meinen
persönlichen Glaubensvorlieben
ein wenig in die eine oder anderer Richtung gezogen hätte. Kein
Wunder möchte niemand mehr
etwas mit dieser entstellten Fratze zu tun haben, die wir manchmal von Jesus präsentieren. Ich
musste fast dreissig werden, bis
Foto: bigfloridacountry.com
Gott in einem Slum in der Hauptstadt von Äthiopien mein Herz
richtiggehend über den Haufen
rannte. Dabei war ich gar nicht so
entsetzt über das, was ich in diesen Slums vorfand – sondern vielmehr über den Zustand meines
Herzens. Und über den einseitigen 2/3-Jesus, dem ich jahrelang
voll Überzeugung nachgefolgt
war. Die Erkenntnis brach wie
eine Flutwelle in mein Leben herein und riss so einiges mit – aber
anstatt Zerstörung machte sie
Raum, für ein neues, ganzheitliches Jesus-Bild.
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Notizen
Ich entdeckte einen Jesus, der nicht nur Menschen in den Himmel bringt, sondern den Himmel auch zu den Menschen. Claiborne (2010:23) spricht in diesem Kontext von einem Glauben,
einer Art von Christentum, die über diese Welt genauso viel zu
erzählen hat wie über die nächste. Ich entdeckte einen Jesus,
der sich mitten in den Schlamm der Slums, mitten in die Not
hineinkniet, um dort nicht nur über persönliches Seelenheil zu
predigen, sondern die Menschen ganz praktisch auch eine überwältigende Liebe von Gott spüren lässt. Diese Liebe wummert
und pulsiert in ihm, diese Liebe, die nicht abstrakt bleibt, sondern sich bei Zachäus (Lk 19,1-8) ganz praktisch äussert, indem
sie in dieses Zöllnerleben hineinbricht, in seinen Alltag und dort
einfach durch diese Begegnung das Herz von Zachäus völlig umkrempelt; oder in Mt 8,1-4 den Aussätzigen nicht einfach aus
der Ferne mit einem Zaubersprüchlein heilt, sondern ihn dabei
anrührt – man kann sich gar nicht vorstellen, was allein diese
Berührung alles ausgelöst hat, bei einer Person, die damals, aller Beziehungen beraubt, abgesondert von der Gesellschaft gelebt hatte. Genau solche Menschen gibt es heute in Europa in
unzählbaren Massen – isoliert und beziehungsunfähig. Jesus ist
heute noch derselbe und sein Evangelium hat nicht nur einen
Mund, sondern auch Hand und Fuss.
5
Jesus Christus ruft Menschen in die gemeinschaftliche Nachfolge (Imitatio Christi).
9
Biblische Texte:
Gen 2,18a; Mt 4,18-22; Mt 10,1-4;
Lk 10,1-2;
A
Björn Wagner
Jg. 1975, verheiratet,
Karlsruhe (D), Arbeitet
beim CVJM
[email protected]
20
m Anfang war der Gott
der Gemeinschaft. Christus ist Teil der ewigen Gottesgemeinschaft, dem Geheimnis
des Drei-in-Eins, verbunden im
Liebestanz dessen Schritte ihren Widerhall durch die ganze
Schöpfung hören lassen.
Ein Gott der Gemeinschaft
schafft nach seinem Bild ein Geschöpf der Gemeinschaft, das
«nicht allein» (Gen 2,18a) sein
soll. Ebenbild Gottes zu sein findet also seinen Ausdruck in Gemeinschaft; Ebenbild Christi, also
des offenbarten Gottes, zu sein,
bedingt ebenso Gemeinschaft.
Zu lange haben wir im Wind eines übermächtigen Individualismus die «persönliche» Nachfolge
in den Vordergrund gestellt, die
«eigenen» Gaben gesucht und
die Frage «meiner» Berufung geklärt. Der Ruf Bonhoeffers nach
«gemeinsamen Leben» verhallt
heute in der Leere zwischen den
Individuen.
Hier soll und muss die These
9 mit einem Wort nicht nur korrigierend, sondern im Gegenteil
neu definierend einsetzen. Jesus
Christus ruft Menschen in die
gemeinsame Nachfolge (Imitatio
Christi). Nur in dieser gemeinsamen Nachfolge findet die Imitiatio Christi, die Nachahmung
Christi, ihre Vollendung. Alle
Versuche ohne die Anderen der
Gemeinschaft Jesus Christus für
und in dieser Welt zu sein, sind
zum Scheitern verurteilt. Allein,
individuell und für sich sind keine
gültigen Optionen im Reich Gottes – als Beispiel sollen vier Zahlen dienen: 3 Jünger bilden den
engsten Kreis um Jesus herum
(Johannes, Jakobus und Petrus),
12 sind die Stammjünger, 72 der
erweiterte Kreis und 120 stellen
die nachösterliche Gemeinschaft
dar, die seinen Auftrag umsetzt,
andere in die Nachfolge zu rufen.
Gemeinschaftliche Nachfolge ist dabei unterschiedlich in
ihrer Ausprägung – vom Zeloten
Simon, der einen Eid geschworen
hat jeden Römer umzubringen zu
Levi, einem Zöllner und Kollaborateur mit eben jener verhassten
Besatzungsmacht ist der Bogen
gespannt – oder sollten wir sagen
überspannt? Die Unterschiedlichkeit der Schöpfung spiegelt
sich in der Gemeinschaft der Jünger wider. So bedeutet gemeinschaftliche Nachfolge auch eine
Vielfalt der Geschichten, die in
Jesus zu einer gemeinsamen Geschichte verwoben werden. Wie
in einer Familie sucht man sich
die Akteure nicht zielgruppengerecht aus, sondern lernt in der
Nachfolge miteinander zu leben.
Fragen nach der Wertigkeit (Wer
ist der Grösste?) gehören dabei
genauso dazu wie die Sorge um
die Ressourcen der Gemeinschaft
(Salböl).
Der Ruf Jesu gleicht dabei
einem Weckruf, der eine neue
Dimension in das Leben der
Nachfolger einführt: Die Bürgerschaft unter einem Herrn, einem
Messias-König, dem Christus. Die
13 Thesen zur missionalen Christologie führen eine alternative
Sicht auf Jesus Christus ein, darum soll hier nicht zu viel Platz
verwandt werden – der Leser hat
bereits einige neutestamentliche
und systematische Sichtweisen
kennen gelernt. Es sei aber darauf hingewiesen, dass der Beiname Christus Jesus von Nazareth
qualifiziert und das vor allem als
Herrn der Welt und ersehnten
Retter Israels aus der Not. Diese
Not bestand nicht zuerst in seiner Sündhaftigkeit, sondern in
der Besatzung durch die Römer,
welche aus seinem Unvermögen heraus resultierte, das Volk,
die Vasallen, Gottes zu sein. Von
diesem Hintergrund müssen wir
Jesu Auftrag an das Volk Israel
her deuten und auch seinen Ruf
in die Nachfolge. Sein Ziel besteht
in der Aufrichtung des Reiches
Gottes im Hier und Jetzt. Und
auch dieses Reich trägt die Kennzeichen einer Gemeinschaft.
Aber genau wie dieses Reich
Gottes bereits aufgerichtet ist
und trotzdem auf seine Vollendung wartet, so ist menschliche
Gemeinschaft bestenfalls unvollkommen, aber auf jeden Fall immer wieder von der Ent-Zweiung
bedroht. Die Glieder streben nach
Autonomie, die Ein-Gliederung in
den Leib bringt in die Lebenspraxis was Jesus gemeint hat, als er
von «sich selbst verleugnen» (Lk
9,23) sprach. Es muss daher nicht
verwundern, wenn dieser Prozess der «Vergemeinschaftung»
immer wieder schwer fällt und
bedroht ist. Martin Buber, der
grosse jüdische Philosoph spricht
sehr deutlich von der Notwendigkeit des anderen – die Soziologie
bestätigt dies an allen Enden:
Erst in der Begegnung mit dem
Anderen ist eine Entwicklung des
Selbst möglich.
Nachfolger haben untereinander den gleichen Status, sind
aber nicht mehr autonom in ihren Lebensentscheidungen (Petrusverheissung). Nachfolge in
der Gemeinschaft erschliesst
Foto: tam_oliver | sxc.hu
die praktische Anwendung der
«Selbstverleugnung» (Lk 9,23ff)
– was für eien Auswirkung hat
das auf die Gemeindepraxis? Zunächst kann und muss die Gemeinschaft von Gemeinde mehr
sein als nur die gemeinsame Teilnahme an Veranstaltungen.
Nachfolge bedeutete zur Zeit
Jesu gemeinsam durch den Staub
Israels zu wandern und dabei
eine Mission, ein Ziel vor Augen
zu haben. Jede Gemeinschaft
braucht ein Ziel, dass grösser ist
als ihre blosse Selbsterhaltung
– ist diese das Ziel, rückt der Aspekt der gemeinsamen Nachfolge
schnell in den Hintergrund.
Gemeinsame
Nachfolge
braucht die konstante Herausforderung und die Notwendigkeit des gegenseitigen Vertrauens. Dann entsteht das, was Alan
Hirsch mit dem Begriff «communitas» beschreibt, dem lateinischen Begriff für eine enge Gemeinschaft, z.B. unter Soldaten
oder in einem Kloster. Er setzt
diesen dem Begriff «Gemeinschaft» (engl. community), wie
wir ihn normalerweise füllen,
gegenüber. Schnell wird deutlich,
dass communitas nicht in der
gemeinsamen Teilnahme an Veranstaltungen, sondern vielmehr
im gemeinsamen Leben und
Dienen ihren Platz findet. Mitarbeiter, Nachfolger auf dem Weg
erleben sie und viele kennen sie:
Das Glück sich nach getaner Aufgabe in die Arme zu fallen, den
Kontakt zu alten Freunden und
die Geschichten von Bedrohung
und Gefahr (weisst Du noch,
damals…). Viel zu selten findet
gemeinsame Nachfolge, die das
Potenzial zur Veränderung der
Gesellschaft und der eigenen Persönlichkeit darstellt in unseren
Gemeinschaft statt. Und dennoch ist das genau der Platz, an
dem sie im neutestamentlichen
Bericht immer und immer wieder
entstanden ist.
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Notizen
Story
In der Vorbereitung und Durchführung einer Ferienfreizeit für Kinder. Gemeinsam im Team von bis zu 30 Jugendlichen betreuen wir
bis zu 100 Kinder in den Ferien. Kinder, die in den Ferien nichts zu
tun hätten, teils auf der Strasse herumhängen würden. Wir starten als Team und haben von Anfang die Vision, diesen Kindern
das Evangelium von Jesus mit allen uns nur erdenklichen Möglichkeiten weiterzugeben. Bereits in der Vorbereitung waren wir
von diesem Bewusstsein erfüllt, gesandt zu sein. Das gab uns die
Motivation, die Rahmengestaltung und das inhaltliche Programm
als Gesamterlebnis zu gestalten, zum Miterleben. – So haben wir
z.B. einmal ein halbes Piratenschiff in der Grösse 1:2 aufgebaut,
nur um die Bibelarbeiten interessanter gestalten zu können. Gemeinsam dem Auftrag Jesu folgen setzt in den einzelnen Nachfolgern immenses Potenzial frei, das ebenfalls gemeinsam eingesetzt
werden kann.
21
Buchhinweise
Eine kleine Auswahl vertiefender Literatur. Im Downloadbereich unserer Homepage (www.igw.edu) können
Sie eine umfassende Literaturliste sowie weitere Informationen zur missionalen Theologie herunterladen.
Hardmeier Roland 2009
Kirche ist Mission
Auf dem Weg zu einem ganzheitlichen Missionsverständnis.
Frost Michael & Hirsch Alan 2008
Die Zukunft gestalten
Innovation und Evangelisation in
der Kirche des 21. Jahrhunderts.
Frost Michael & Hirsch Alan 2009
Der wilde Messias
Mission und Kirche von Jesus neu
gestaltet.
Edition IGW Bd. 2.
Glashütten: C&P.
Schwarzenfeld: Neufeld.
Schwarzenfeld: Neufeld.
ISBN: 978-3-86770-077-1 (bei IGW porto-
ISBN: 978-3-937896-75-5
ISBN 978-3-937896-77-9 (bei IGW porto-
frei erhältlich)
frei erhältlich)
Die Autoren zeigen, vor welchen
Herausforderungen die Gemeinden zu Beginn des 21. Jahrhunderts ste¬hen. Eine theologisch
fundierte Zeitanalyse und zugleich ein leidenschaftliches
Plädoyer für einen geistlichen
Aufbruch hin zu einer missionarischen Kirche.
«Unser Christsein ist geprägt von
vielen Jesusbildern unserer Kindheit, unserer Kirche oder unserer Erfahrung. Aber wie ist Jesus
wirklich? Frost und Hirsch versuchen, den ursprünglichen Jesus
der Evangelien neu zu entdecken.
Das Ergebnis ist gleichermassen
unbequem, spannend und wichtig. Pflichtlektüre für engagierte
Christen!» (Tobias Faix)
Der Autor liefert eine umfassende biblische Begründung für
ein transformatorisches Missionsverständnis. Durch die Aufarbeitung der missiologischen
Entwicklungen in der Zwei-Drittel-Welt, die konsequente Einbeziehung des Alten Testaments
vermittelt Roland Hardmeier eine
für die Herausforderungen des
21. Jahrhunderts relevante Sicht
von Kirche und Mission. Diese
radikale Anstiftung bedeutet,
dass die Kirche sich neu auf ihre
missionarische Aufgabe besinnt
und zugleich ihre soziale Verantwortung wahrnimmt – und so zur
Heilung der Welt beiträgt.
Reimer Johannes 2009.
Die Welt umarmen
Theologie des gesellschaftsrelevanten
Eckstein Hans-Joachim 2010
Kyrios Jesus: Perspektiven einer
christologischen Theologie
Gemeindebaus.
Neukirchen-Vluyn: Neukirchener
Transformationsstudien.
1.
Marburg:
Francke.
ISBN: 978-3-86827-085-3
Reimer analysiert Gemeindemodelle und macht konkrete Vorschläge für einen gesellschaftsrelevanten Gemeindebau. Er
beschreibt, wie Gemeinden mitten in der Welt leben und sie verändern können.
30
Es fasziniert, mit welcher Kreativität und Dynamik die ersten
Zeugen ihre Glauben stiftende
und Leben eröffnende Christuserkenntnis beschreiben konnten.
Dabei orientiert sich ihre Rede
von Gott durchgängig an dem
Evangelium von der Identität und
Bedeutung Jesu Christi. Und der
Blick auf ihren Herrn erschliesst
den Glaubenden zugleich die
heilvollen Auswirkungen für sie
und für die Welt als Ganzes.
Begriffserklärungen
Zum besseren Verständnis klären wir einige wichtige theologische Begriffe und Fremdwörter (in alphabetischer Reihenfolge):
Anthropologisch: Die Anthropologie umschreibt die christliche
Lehre vom Wesen und Sein des
Menschen. Sie bildet einen Teilbereich der Dogmatik.
Christologie: Die christliche Lehre über Leben, Dienst und Werk
von Jesus Christus.
Ekklesiologie: Die christliche
Lehre über die Kirche. Sie bildet
einen Teilbereich der Dogmatik.
Eschatologie: Die christliche Lehre von den «letzten Dingen», von
der Endzeit. Sie bildet einen Teilbereich der Dogmatik.
Imitatio Christi: Die «Nachfolge
Christi» ist die auf Jesus zurückgehende Aufforderung, seinem
vorbildhaften und exemplarischen Lebensweg nachzufolgen:
«Denn ich habe euch ein Beispiel
gegeben, damit auch ihr tut, wie
ich euch getan habe» (Joh 13,15;
vgl. Mk 10,42 – 45; Lk 22, 25 – 27).
Für seine Nachfolger wird Jesus
damit zum Beispiel für den eigenen Lebensentwurf.
Inkarnation: Die Inkarnation
umschreibt das Geheimnis der
Menschwerdung Gottes in der
Person Jesu Christi mit der Konsequenz, dass sich Gott dadurch
ganz in die Lebenswirklichkeit
seiner Schöpfung und Geschöpfe
hineinbegeben hat.
Messianisch: auf den Messias
oder auf seine Erlösung bezogen.
Die messianische Erwartung bezeichnet die spezifisch jüdische
Erwartung von Gottes Einwirken
in die Geschichte, durch das er
mit und für Israel seine gerechte
Herrschaft in der Welt aufrichtet.
Diese Herrschaft kann und soll
im Lebensstil des Gottesvolkes
schon jetzt sichtbar werden.
Missio Dei: Die «Sendung Gottes»
besteht in der Zuwendung Gottes
zur Welt. Dieses (Heils-)Handeln
Gottes ist im Verständnis der
missionalen Theologie grundlegend für jegliches christliche Engagement.
Missio Filii / Missio Christu: Die
«Sendung des Sohnes» bezeichnet Gottes erlösendes Handeln
durch Jesus Christus. Gott Vater
sendet seinen Sohn Jesus Christus.
Missiologie: Die christliche Lehre
über die Geschichte und Praxis
der christlichen Mission.
Missionale Christologie: Missionale Christologie interpretiert
Leben, Dienst und Werk von Jesus
Christus aus der Perspektive der
Sendung.
grundsätzlich sendenden Wesen
und Handeln Gottes in Welt und
Geschichte bestimmen zu lassen.
Grundsätzlich umschreibt der
Begriff «missional» eine durch
und durch dem sendenden Sein
und Handeln Gottes in dieser
Welt verpflichtete und davon
durchdrungene Denk- und Handlungsweise.
Praktisch-theologisch: Die Aufgabe der Praktischen Theologie
liegt in der kritischen Vermittlung zwischen der theologischen
Wissenschaft und der christlichen Praxis in Kirche und Gesellschaft.
Systematisch: Die Systematische Theologie ist ein Teilbereich
der Theologie. Ihre Aufgabe ist
es, den christlichen Glauben in
seinen Voraussetzungen (Fundamentaltheologie), in seinem
Glaubensinhalt (Dogmatik) und
in seinen Konsequenzen für das
menschliche Handeln (Ethik) systematisch zu reflektieren.
Transzendent: jenseits dessen,
was der Mensch normalerweise
mit seinen Sinnen wahrnehmen
oder erfahren kann.
Missionale Theologie: Das Bemühen, alles Reden und Lehren
über Gott in erster Linie vom
31
DAS WEBPOR TAL VON
SCHWEIZER CHRISTEN
Bei uns sind sie kompetent und aktuell informiert:
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VIDEO-PORTAL
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JESUS.CH-PRINT
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