Internationale Wirtschaftsbeziehungen © RAINER MAURER, Pforzheim 3. Währungstheorie und Währungspolitik Prof. Dr. Rainer Maure -1- © RAINER MAURER, Pforzheim Internationale Wirtschaftsbeziehungen 3.1. Währungstheorie 3.1.1. Die Zahlungsbilanz 3.1.2. Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität 3.2. Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs 3.2.2. Währungspolitik bei fixen Wechselkursen 3.2.3. Währungspolitik bei flexiblen Wechselkursen 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume 3.3.2. Der empirische Befund zur Europäischen Währungsunion 3.4. Kontrollfragen Vertiefungsliteratur: ◆ Kapitel 12, Mankiw, Gregory; Macroeconomics, Worth Publishers. ◆ Kapitel 20, Baßler, Heinrich; et al. Grundlagen u. Probleme der Volkswirtschaft, Schäfer und Poeschel. Prof. Dr. Rainer Maure -2- Internationale Wirtschaftsbeziehungen © RAINER MAURER, Pforzheim 3.1. Währungstheorie 3.1.1. Die Zahlungsbilanz Prof. Dr. Rainer Maure -3- 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.1. Die Zahlungsbilanz ➤ Man kann die Zahlungsbilanz eines Landes ganz einfach aus der Verwendungsrechnung des BIP (vgl. AU 1.3.2.) und dem Staatsbudget ableiten. ➤ BIP nach der Verwendungsrechnung: BIP (=Y) = Konsum der Haushalte (= C) + Nettoinvestitionen (= I) + Abschreibungen (= λ *K) + Staatsverbrauch (= G) + Exporte (= X) ./. Importe (= M) ➤ Staatsbudget: Staatsverbrauch (=G) = Steuereinnahmen (=T) + Neuverschuldung (=DG) Prof. Dr. Rainer Maurer -4- 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.1. Die Zahlungsbilanz ➤ BIP-Verwendungsrechnung: BIP = C + I + λ * K + G + X – M <=> BIP – C – I - λ * K – G = X – M | G = T + DG <=> BIP – C – I - λ * K – (T + DG ) = X – M <=> BIP - λ * K – T – C – (I + DG ) = X – M S – (I + DG ) = X – M © RAINER MAURER, Pforzheim <=> Prof. Dr. Rainer Maure -5- 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.1. Die Zahlungsbilanz S © RAINER MAURER, Pforzheim Inländische Ersparnis – (I + DG ) = Inländische Ausländische Nachfrage nach inländischen Gütern Kapitalnachfrage Kapitalbilanzsaldo X – M = Heimische Nachfrage nach ausländischen Gütern Leistungsbilanzsaldo1) Genau genommen handelt es sich bei EX-IM nur um den „Außenbeitrag“ (Inlandskonzept). Um zum vollständigen Saldo von Kapital- und Leistungsbilanz (Inländerkonzept) zu kommen muss zu diesem noch der Saldo der Erwerbs- und Vermögenseinkommen mit dem Ausland sowie der Saldo der Übertragungsbilanz (=Schenkungsbilanz; in Deutschland relativ groß wg. dt. Beiträge zum EU-Haushalt und Zahlungen inländischer Gastarbeitern an ihre im Ausland lebenden Familien) zwischen Inländern und Ausländern hinzuaddiert werden. Man erhält die exakte Leistungsbilanz wenn man die obigen Rechenschritte nicht mit dem BIP sondern mit dem Bruttonationalprodukt (BNP) durchführt. Aus Gründen der Vereinfachung unterbleibt dies hier. Prof. Dr. Rainer Maure 1) 6- 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.1. Die Zahlungsbilanz Kapitalbilanzsaldo = Leistungsbilanzsaldo Kapitalbilanzsaldo - Leistungsbilanzsaldo © RAINER MAURER, Pforzheim Zahlungsbilanzsaldo Prof. Dr. Rainer Maure = 0 = 0 Der Ausgleich der Zahlungsbilanz (dh. Zahlungsbilanzsaldo = 0) ist eine mathematische Notwendigkeit (Tautologie), die sich (wie oben gesehen) aus der Verwendungsrechnung des BIP eindeutig ableiten lässt. -7- Dt. Kapitalbilanz in Mrd. € Dt. Anlagen i. Ausl. Ausl. Anlagen i.Dtl. Dt. Leistungsbilanz in Mrd. € Export Direktinvestitionen 28,7 35,6 Saldo Handelsbilanz Warenausfuhr 650,5 -6,9 (fob) Wertpapieranlagen 69,5 105,9 Saldo Summe der übrigen Posten 158,1 30,7 Saldo Import Warenimporte (fob) 516,6 Saldo 133,9 Dienstleistungsbilanz1) -36,4 Einnahmen 241,1 2) 127,4 Ausgaben 315,1 Saldo Saldo der Leistungsbilanz -74,0 59,9 Saldo der statistisch nicht aufgliederbaren Transaktionen3) -24,5 1) © RAINER MAURER, Pforzheim Saldo der Kapitalbilanz 59,9 Dienstleistungsbilanz inklusive Bilanz der Erwerbs- u. Vermögenseinkommen und Bilanz der laufenden Übertragungen. 2) Übrige Posten inklusive Bilanz des Kreditverkehrs und Bilanz der übrigen Anlagen und Veränderung der Währungsreserven der Bundesbank. 3)Saldo der nicht erfassten Posten und der statistischen Ermittlungsfehler im Leistungs- und Kapitalverkehr Quelle: Deutsche Bundesbank - 11 Prof. Dr. Rainer Maure Außenhandelsverpflechtung Deutschlands zu laufenden Preisen Mrd. € in % des BIP 170 50% 45% 150 40% 130 35% 110 30% 90 25% 20% 70 15% 50 10% 5% 10 -10 0% 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993 1992 1991 1990 1989 1988 1987 1986 1985 1984 1983 1982 1981 1980 1979 1978 1977 1976 1975 1974 1973 1972 1971 1970 © RAINER MAURER, Pforzheim 30 Leistungsbilanzsaldo (linke Skala) Exportquote (rechte Skala) Quelle: EU-Kommission, AMECO Prof. Dr. Rainer Maure -5% Quote des Leistungsbilanzsaldos (rechte Skala) Importquote (rechte Skala) - 14 - Außenhandelsverpflechtung der USA zu laufenden Preisen Mrd. $ in % des BIP 0,0 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993 1992 1991 1990 1989 1988 1987 1986 1985 1984 1983 1982 1981 1980 1979 1978 1977 1976 1975 1974 1973 1972 1971 1970 -100,0 20% 15% -200,0 10% -300,0 5% -400,0 -500,0 0% -600,0 © RAINER MAURER, Pforzheim -5% -700,0 -800,0 -10% Leistungsbilanzsaldo (linke Skala) Exportquote (rechte Skala) Prof. Dr. Rainer Maure Quote des Leistungsbilanzsaldos (rechte Skala) Importquote (rechte Skala) - 15 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.1. Die Zahlungsbilanz ➤ Die historische Entwicklung des Leistungsbilanzdefizits der USA zeigt, dass auch sehr langfristig anhaltende (über 70 Jahre!) Leistungsbilanzdefizite tragbar sind, wenn die beim Ausland aufgenommen Schulden nicht dem Konsum dienen sondern zu Investitionen verwendet werden. © RAINER MAURER, Pforzheim ➤ Die USA haben von 1820 bis 1890 mit Hilfe von ausländischem Kapital, dass aus Europa über den Finanzplatz London in die USA floss, die Infrastruktur ihres Landes (Eisenbahnen, Brücken, Kanäle, Hafenanlagen) und industrielle Produktionsanlagen aufgebaut. ➤ Als diese Investitionen dann Ertrag abwarfen, konnten sie damit ihre Schulden wieder zurückzahlen: Bereits 1910 war die Nettovermögensposition der Amerikaner gegenüber dem Ausland bereits wieder positiv! ➤ Hätten die USA die ausländischen Kredite zum Konsum verwendet, wäre eine Rückzahlung nicht möglich gewesen. Prof. Dr. Rainer Maure - 16 - Phase 1: Infrastrukturinvestitionen (Kanäle, Eisenbahn), Aufbau eines Sachkapitalstocks © RAINER MAURER, Pforzheim Phase 2: Handelsüberschüsse < Zinszahlungen Phase 3: Handelsüberschüsse > Zinszahlungen Prof. Dr. Rainer Maure Zyklen der US-Leistungsbilanz 1800 – 1980 (Mill. US-$, Zehnjahres-Durchschnitte) Handelsbilanz Dienstleistungsbilanz Leistungsbilanz Nettovermögen 1800 -19,3 27,8 8,5 -82 1810 -22,8 25,3 2,5 -82,7 1820 -3,7 3,1 -0,6 -84,6 1830 -25,0 -0,1 -25,1 -165,1 1840 0,7 -0,4 0,3 -217,2 1850 -9,2 -22,1 -31,3 -315,0 1860 -18,6 -59,9 -78,5 -688,6 1870 92,7 -117,4 -24,7 -1681,4 1880 103,3 -152,3 -49,0 -1952,5 1890 262,5 -199,4 63,1 -3110,7 1900 557,7 -249,0 308,7 -3200,5 1910 1951,7 -285,9 1665,8 2100,0 1920 1117,1 317,5 1434,6 11250,0 Quelle: Sachs/Larrain (1993) - 17 - Zyklen der US-Leistungsbilanz 1800 – 1980 (Mill. US-$, Zehnjahres-Durchschnitte) Phase 4: Nettogläubiger © RAINER MAURER, Pforzheim Phase 5: Beginn 70er: Finanzierung d. Handelsdefizite mit Zinsüberschüssen Phase 6: Ende der 70er: Leistungsbilanzdefizit Prof. Dr. Rainer Maure Handelsbilanz Dienstleistungsbilanz Leistungsbilanz Nettovermögen 1900 557,7 -249,0 308,7 -3200,5 1910 1951,7 -285,9 1665,8 2100,0 1920 1117,1 317,5 1434,6 11250,0 1930 448,8 634,7 1083,5 15533,3 1940 6657,9 -933,9 5724 29433,3 1950 2934,4 -2332,9 601,5 39970,0 1960 4081,9 -749,4 3332,5 57540,0 1970 -10383,1 9943,0 -440,1 69916,7 1980 -91491,7 46063,3 -45428,4 -90455,6 Quelle: Sachs/Larrain (1993) Phase 7: Nettoschuldner wg. Staatsverschuldung und/oder High-Tech-Boom ? - 18 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.1. Die Zahlungsbilanz ➤ Gründe für langfristig anhaltende (=strukturelle) Leistungsbilanzdefizite: ■ Hoher Ertrag von Kapitalinvestitionen im Inland, aufgrund einer hohen Kapitalproduktivität durch reichliche Verfügbarkeit komplementärer Produktionsfaktoren: (X–M)↓ = (S – I↑– DG)↓ = „Gutes Leistungsbilanzdefizit“ ■ Niedrige Sparneigung der inländischen Bevölkerung = hohe © RAINER MAURER, Pforzheim Kosumneigung führt zur Kreditaufnahme im Ausland zur Finanzierung des Konsums: (X–M)↓ = (S↓ – I– DG)↓ = „Schlechtes Leistungsbilanzdefizit“ Prof. Dr. Rainer Maure ■ Hohe Staatsverschuldung: (X–M)↓ = (S – I – DG↑)↓ = „??? Leistungsbilanzdefizit“ - 19 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.1. Die Zahlungsbilanz © RAINER MAURER, Pforzheim ➤ Empirie des „Zwillingsdefizits“: Da der Leistungsbilanzsaldo gleich der Summe aus Staatsdefizit, DG=G – T, und Ersparnissen minus inländischer Kreditnachfrage, S – I, ist, kann ein großes Staatsdefizit Ursache eines Leistungsbilanzdefizits sein. Das zeigen hier die Beispiele Frankreich, Italien, Großbritannien und USA für das Jahr 2004. Staatsdefizite sind „gut“, wenn sie für Investitionen verwendet werden und „schlecht“ wenn sie dem Konsum dienen… Prof. Dr. Rainer Maure X – M = (S – I) – DG Land X–M S – I* -DG D 4,2 7,5 -3,3 J 3,6 8,8 -5,2 F -1,9 1,0 -2,9 It -1,6 2,7 -4,3 Nz -8,8 -14,6 5,8 Esp -7,4 -8,5 1,1 GB -2,6 0,6 -3,2 USA -6,4 -2,6 -3,8 Nor 16,8 1,0 15,8 *in Prozent des nominalen Inlandsproduktes - 20 - Internationale Wirtschaftsbeziehungen © RAINER MAURER, Pforzheim 3.1. Währungstheorie 3.1.1. Die Zahlungsbilanz 3.1.2. Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten Prof. Dr. Rainer Maure - 23 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.2. Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten ➤ Wichtige Definitionen: ■ Devisen: Zur direkten Bezahlung von Exporten und Importen werden im Regelfall Devisen eingesetzt. Devisen sind ausländische Buchgeldforderungen, die international als Zahlungsmittel akzeptiert sind (= ausländisches „Girokontogeld“). ■ Sorten: Ausländische Banknoten sind im strengen Sinn keine Devisen sondern „Sorten“. Auf dem Markt für Sorten sind i.d.R. höhere Transaktionsgebühren fällig, als auf dem Markt für Devisen, weil der physikalische Tausch von Banknoten höhere Kosten verursacht als das Umbuchen von Giralgeldbeständen. © RAINER MAURER, Pforzheim ■ Deshalb ist der „Sorten-Wechselkurs“ immer etwas ungünstiger als Prof. Dr. Rainer Maure der „Devisen-Wechselkurs“. Abgesehen von diesem Unterschied folgt der Wechselkurs von Sorten jedoch dem Wechselkurs von Devisen sehr eng, so dass die Analyse im Folgenden auf die Bestimmungsfaktoren des Wechselkurses auf dem Devisenmarkt beschränkt wird. - 24 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.2. Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten ➤ Definition Wechselkurs: „Preis der inländischen Währung in Einheiten der ausländischen Währung“ © RAINER MAURER, Pforzheim = „Auslandswährung pro Inlandswährung“ ➤ Beispiel: ■ Wechselkurs des Euro zum Dollar: 1,2464 ■ => 1€ = 1,3705 $ ■ Abkürzung: „e“ = 1, 2464 $ pro 1€ ■ Dimension von „e“ = $ / € = e$€ Prof. Dr. Rainer Maure = ausl. Währung / inl. Währung - 25 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.2. Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten ➤ Definition „Aufwertung der inländischen Währung“: ■ Für „eine Einheit“ der inländischen Währung erhält man „mehr Einheiten“ der ausländischen Währung. © RAINER MAURER, Pforzheim ■ e$€ ↑ = Anzahl Dollar ↑ / Anzahl Euro Prof. Dr. Rainer Maure - 26 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.2. Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten ➤ Warum wird ausländische Währung nachgefragt? Kapitalbilanzsaldo © RAINER MAURER, Pforzheim S – (I + DG) Leistungsbilanzsaldo = X–M Inländische Sparer, die auf ausländische Währung lautende Wertpapiere kaufen wollen. Inländische Konsumenten (bzw. Ausländische Investoren, die Kredite in inländischer Währung erhalten haben. Ausländische Produzenten, die ihre im Inland erzielten Umsätze in ausl. Währung umtauschen wollen. Prof. Dr. Rainer Maure deren Händler), die ausländische Güter und Dienstleistungen kaufen wollen. - 27 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Ein Blick auf die Leistungsbilanz zeigt also, dass die Nachfrage nach Währungen von den Kapital- und Gütermärkten bestimmt wird. ➤ Nachfrage und Angebot auf Devisenmärkten werden von zwei Faktoren entscheidend beeinflusst werden: ■ Der Relation zwischen den Preisen inländischer und © RAINER MAURER, Pforzheim ausländischer Güter: P€ versus P$ Prof. Dr. Rainer Maure ■ Der Relation zwischen den Zinssätzen von Wertpapieren, die auf inländische und ausländische Währung lauten: i€ versus i$ - 32 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Man kann die genaue Beziehung zwischen dem Wechselkurs und den Preisen inländischer und ausländischer Güter über eine kleines Zahlenexperiment herleiten: 1. Wo würden Sie Kekse kaufen, wenn folgender Wechselkurs und Preise gelten: © RAINER MAURER, Pforzheim ◆ ◆ ◆ Preis pro kg inländische Kekse = P€ = 1 € Preis pro kg ausländische Kekse = P$ = 2 $ Wechselkurs = e$€ = 4$€ ➤ Welche Folgen hätte das für den Wechselkurs? e↓ Prof. Dr. Rainer Maure - 33 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Man kann die genaue Beziehung zwischen dem Wechselkurs und den Preisen inländischer und ausländischer Güter über eine kleines Experiment herleiten: 2. Wo würden Sie Ihre Kekse kaufen, wenn folgender Wechselkurs und Preise gelten: © RAINER MAURER, Pforzheim ◆ ◆ ◆ Preis pro kg inländische Kekse = P€ = 1 € Preis pro kg ausländische Kekse = P$ = 2 $ Wechselkurs = e$€ = 1$€ ➤ Welche Folgen hätte das für den Wechselkurs? e↑ Prof. Dr. Rainer Maure - 34 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Man kann die genaue Beziehung zwischen dem Wechselkurs und den Preisen inländischer und ausländischer Güter über eine kleines Experiment herleiten: 3. Bei welchem Wechselkurs wäre es Ihnen egal, wo Sie Ihre Kekse kaufen? © RAINER MAURER, Pforzheim ◆ ◆ ◆ Preis pro kg inländische Kekse = P€ = 1 € Preis pro kg ausländische Kekse = P$ = 2 $ Wechselkurs = e$€ = ➤ Welche Folgen hätte das für den Wechselkurs? Prof. Dr. Rainer Maure - 35 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Das Beispiel zeigt also, dass ein Gleichgewicht auf dem Devisenmarkt nur dann herrschen kann, wenn die Preise aller Güter, die zwischen zwei Währungsräumen gehandelt werden können, gleich sind – egal in welcher Währung sie gemessen werden in € oder in $. © RAINER MAURER, Pforzheim ➤ Diese Beziehung wird „Kaufkraftparität“ (KKP) genannt. ➤ Die von uns hergeleitete Gleichung wird „Kaufkraftparitätengleichung“ genannt. Prof. Dr. Rainer Maure - 36 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Die “Kaufkraftparität”. © RAINER MAURER, Pforzheim <=> <=> P€ = P $ / e $€ P€ * e$€ = P$ e$€ = P$ / P€ | Preise gemessen in € | Preise gemessen in $ | “KKP-Wechselkurs” ➤ Welche Güter sind zwischen zwei räumlich auseinander liegenden Währungsräumen “handelbar” ? ■ Immobilien ■ Haarschnitte ■ Kühlschränke ■ Digital gespeicherte Musik ➤ Was haben handelbare Güter gemeinsam? Prof. Dr. Rainer Maure - 37 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Wenn es Transportkosten gibt, muss die Formel für den KKP-Wechselkurs (e$€) modifziert werden:1) C$ P$ P P € € e$€ C$ P$ P P € € => Je höher die Transportkosten (C$) pro Stückpreis sind, desto niedriger ist der Einfluss des internationalen Handels auf den Wechselkurs: ■ Wenn die Transportkosten unendlich groß wären © RAINER MAURER, Pforzheim (C$ → ∞), gäbe es keinen Handel und der Wechselkurs würde natürlich nicht vom Handel beeinflusst . 1) ■ Wenn die Transportkosten Null wären (C$ = 0), würde der Wechselkurs vollständig von Preisen für handelbare Güter beeinflusst. Zur Herleitung der Formel vgl. Begleitmaterial „KKP-Schranken bei Transportkosten“ Prof. Dr. Rainer Maure - 38 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ■ In der Realität liegen die Transportkosten für meisten Güter zwischen null und unendlich. ■ Außer Transportkosten gibt es aber noch andere Gründe, die gegen eine strenge Geltung des Kaufkraftparitätentheorems sprechen: ◆ © RAINER MAURER, Pforzheim ◆ Prof. Dr. Rainer Maure Zölle und quantitative Handelsbeschränkungen wirken wie Transportkosten. Monopole und Oligopole können die Wirkung von Transportkosten noch verstärken. => Also gibt es nach obiger Formel ein “Transportkostenband” um den KKP-Wechselkurs, in dem der tatsächliche Wechselkurs frei schwankt, weil er nicht vom Handel beeinflusst werden kann - 39 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität © RAINER MAURER, Pforzheim 39,99 $ / 1,27 $/€ = 31,48 € Prof. Dr. Rainer Maure - 40 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik © RAINER MAURER, Pforzheim 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität Prof. Dr. Rainer Maure - 41 - Entwicklung des tatsächlichen und des Kaufkraftparitäten- Wechselkurses 1) $/€ 1,60 1,40 Tatsächlicher Wechselkurs 1,20 1,00 0,80 0,60 Kaufkraftparitätenkurs: e$€ = P$ / P€ 0,40 „Transportkostenband“ P$ = $-Preis für standardisierten Konsumgüterkorb 0,00 P€ = €-Preis für standardisierten Konsumgüterkorb © RAINER MAURER, Pforzheim 0,20 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 1) Berechnung des Euro-Wechselkurses vor 1999: e$€ = e$DM * 1,95583DM€ Quelle: Eurostat, AMECO Prof. Dr. Rainer Maure 2005 2010 - 42 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik Je mehr $ für einen € gezahlt werden, 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität desto billiger werden US-Güter aus Sicht der Europäer und um so höher ist die Nachfrage nach $ und folglich das Angebot an €. e $€ 30 28 26 €-Angebot 24 22 20 18 16 14 12 10 © RAINER MAURER, Pforzheim 8 6 4 2 0 0 Prof. Dr. Rainer Maure 2 4 6 Je weniger $ für einen € gezahlt werden muss, desto billiger werden Euroland-Güter aus Sicht der Amerikaner und desto mehr € wird folglich nachgefragt. 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 €-Nachfrage € 28 30 32 34 36 38 40 - 44 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität e $€ Gleichgewicht auf dem Devisenmarkt €-Angebot(P$,1) eo © RAINER MAURER, Pforzheim €-Nachfrage(P$,1) Prof. Dr. Rainer Maure € €o - 45 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik e$€ Wie ändert sich der gleichgewichtige Wechselkurs, wenn 3.1.3. Kaufkraftund Zinsparität die Inflationsrate in den USA Inflation herrscht und im Euroraum nicht (P$,1 < P$,2 und P€,1 = P€,2 )? €-Angebot(P$,1) eo © RAINER MAURER, Pforzheim €-Nachfrage(P$,1) Prof. Dr. Rainer Maure € €o - 46 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Internationaler Handel führt also zu einer Anpassung des Wechselkurses an die unterschiedlichen Inflationsraten zweier Währungsräume. ■ Wenn die Inflationsrate in den USA höher ist als die Inflationsrate im €-Währungsgebiet, wird der € tendenziell aufwerten. © RAINER MAURER, Pforzheim ■ Wenn die Inflationsrate in den USA niedriger ist als die Prof. Dr. Rainer Maure Inflationsrate im €-Währungsgebiet, wird der € tendenziell abwerten. - 47 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Damit kommen wir zu der zweiten Gruppe von Einflussfaktoren auf den Wechselkurs: ■ Der Relation zwischen den Preisen inländischer und ausländischer Güter: P€ versus P$ ■ Der Relation zwischen den Zinssätzen von Wertpapieren, © RAINER MAURER, Pforzheim die auf inländische und ausländische Währung lauten: i€ versus i$ Prof. Dr. Rainer Maure - 48 - Erläuterung Kassa- und Terminkurs Auf dem Kassamarkt wird „Euro heute“ gegen „Dollar heute“ gehandelt. Kaufvereinbarung und Austausch der beiden Währungen finden zum gleichen Zeitpunkt statt: t=0 t=1 t=2 t=3 t Vereinbarung zwischen Käufer und Verkäufer heute Austausch der Währung zwischen Käufer und Verkäufer heute Auf dem Terminmarkt wird (z.B.) „Euro zum Zeitpunkt t+3“ gegen „Dollar zum Zeitpunkt t+3“ gehandelt. Die Kaufvereinbarung und die Fixierung des Wechselkurses findet heute zum Zeitpunkt t statt, während der Austausch der Währungen zum Zeitpunkt t+3 stattfindet: t=0 t=1 t=2 t=3 t Vereinbarung zwischen Käufer und Verkäufer heute Austausch der Währung zwischen Käufer und Verkäufer in t=3 Prof. Dr. Rainer Maurer - 49 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Wir können die genaue Beziehung zwischen dem Wechselkurs und den Zinsen im In- und Ausland wieder über eine kleines Zahlenexperiment herleiten: 1. Wo würden Sie einen Euro anlegen, wenn folgende Wechselkurse und Zinssätze gelten : ◆ ◆ ◆ © RAINER MAURER, Pforzheim ◆ 1) Effektiver Zinssatz für ein auf € lautendes festverzinsliches Wertpapier mit einer Laufzeit von einem Jahr ist: i€ = 10% Effektiver Zinssatz für ein auf $ lautendes festverzinsliches Wertpapier mit einer Laufzeit von einem Jahr ist: i$ = 6% €-Wechselkurs für den sofortigen Umtausch von € in $ (=Kassakurs1)): e$€ = 1 €-Wechselkurs für den Umtausch von $ in € in einem Jahr (=Terminkurs): f$€ = 0,92 ■ Welche Auswirkungen hätte das auf den Wechselkurs? Der Wechselkurs, über den wir bisher gesprochen haben, war immer der Kassakurs. Prof. Dr. Rainer Maure - 50 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Wir können die genaue Beziehung zwischen dem Wechselkurs und den Zinsen im In- und Ausland wieder über eine kleines Zahlenexperiment herleiten: 2. Wo würden Sie einen Euro anlegen, wenn folgende Wechselkurse und Zinssätze gelten : ◆ ◆ ◆ © RAINER MAURER, Pforzheim ◆ 1) Effektiver Zinssatz für ein auf € lautendes festverzinsliches Wertpapier mit einer Laufzeit von einem Jahr ist: i€ = 10% Effektiver Zinssatz für ein auf $ lautendes festverzinsliches Wertpapier mit einer Laufzeit von einem Jahr ist: i$ = 6% €-Wechselkurs für den sofortigen Umtausch von € in $ (=Kassakurs1)): e$€ = 0,90 €-Wechselkurs für den Umtausch von $ in € in einem Jahr (=Terminkurs): f$€ = 0,92 ■ Welche Auswirkungen hätte das auf den Wechselkurs? Der Wechselkurs, über den wir bisher gesprochen haben, war immer der Kassakurs. Prof. Dr. Rainer Maure - 51 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Wir können die genaue Beziehung zwischen dem Wechselkurs und den Zinsen im In- und Ausland wieder über eine kleines Zahlenexperiment herleiten: 3. Bei welchem Kassakurs wäre es Ihnen egal, wo Sie Ihr Geld anlegen: ◆ ◆ ◆ © RAINER MAURER, Pforzheim ◆ 1) Effektiver Zinssatz für ein auf € lautendes festverzinsliches Wertpapier mit einer Laufzeit von einem Jahr ist: i€ = 10% Effektiver Zinssatz für ein auf $ lautendes festverzinsliches Wertpapier mit einer Laufzeit von einem Jahr ist: i$ = 6% €-Wechselkurs für den sofortigen Umtausch von € in $ (=Kassakurs1)): e$€ = ??? €-Wechselkurs für den Umtausch von $ in € in einem Jahr (=Terminkurs): f$€ = 0,92 ■ Welche Auswirkungen hätte das auf den Wechselkurs? Der Wechselkurs, über den wir bisher gesprochen haben, war immer der Kassakurs. Prof. Dr. Rainer Maure - 52 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Das Beispiel zeigt also, dass ein Gleichgewicht auf dem Devisenmarkt nur dann herrschen kann, wenn es für einen Anleger bei den gegebenen in- und ausländischen Zinsätzen und Terminkursen egal ist, ob er sein Geld im Inland oder im Ausland anlegt. © RAINER MAURER, Pforzheim ➤ Diese Beziehung wird „Zinsparität“ genannt. ➤ Die in diesem Fall herrschende Gleichung wird „Zinsparitätengleichung“ genannt. Prof. Dr. Rainer Maure - 53 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität Ertrag bei €-Anlage 1€ * (1+i€,t,t+1) Ertrag einer Investition v. 1€ in ein €-Papier = Ertrag bei $-Anlage = 1€ * e$€,t * (1+i$,t,t+1) / f$€,t+1 Kassakurs beim Umtausch von 1€ in $ © RAINER MAURER, Pforzheim Ertrag eines $-Papieres Prof. Dr. Rainer Maure Terminkurs beim Umtausch des $-Ertrages in € - 54 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität Ertrag bei €-Anlage 1€ * (1+i€,t,t+1) = = Ertrag bei $-Anlage 1€ * e$€,t * (1+i$,t,t+1) / f$€,t+1 © RAINER MAURER, Pforzheim „Zinsparität“ Prof. Dr. Rainer Maure Wenn man diese Gleichung nach dem Wechselkurs e$€,t auflöst, erhält man eine Formel, die den Einfluss von unterschiedlichen Zinssätzen im In- und Ausland auf den Wechselkurs zeigt: - 55 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität 1€ * (1+i€,t,t+1) <=> © RAINER MAURER, Pforzheim e$€,t ↑ = 1€ * e$€,t = * (1+i$,t,t+1) (1+i€,t,t+1 ↑ ) (1+i$,t,t+1) / f$€,t+1 * f$€,t+1 Ein Anstieg des inländischen Zinssatzes führt für sich genommen zu einer €-Aufwertung Ökonomische Erklärung: Ausgehend von einer Situation mit Geltung der Zinsparität steigt der Zinssatz in Euroland. => Anlage von Geld in EuroWertpapieren erbringt einen höheren Ertrag als Anlage von Geld in DollarWertpapieren. => Um Geld in Euro-Wertpapieren anzulegen, muss der Dollar in Euro umgetauscht werden. => Nachfrage nach Euro steigt (= Angebot an Dollar steigt) => Der Euro wertet gegenüber dem Dollar auf. Prof. Dr. Rainer Maure - 56 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität 1€ * (1+i€,t,t+1) <=> © RAINER MAURER, Pforzheim e$ €,t ↓ = = 1€ * e$€,t * (1+i$,t,t+1) (1+i€,t,t+1 ) (1+i$,t,t+1 ↑ ) / f$€,t+1 * f$€,t+1 Ein Anstieg des ausländischen Zinssatzes führt für sich genommen zu einer €-Abwertung Ökonomische Erklärung: Ausgehend von einer Situation mit Geltung der Zinsparität steigt des Zinssatz in den USA. => Anlage von Geld in DollarWertpapieren erbringt einen höheren Ertrag als Anlage von Geld in EuroWertpapieren. => Um Geld in Dollar-Wertpapieren anzulegen, muss Euro in Dollar umgetauscht werden. => Nachfrage nach Dollar steigt (=Angebot an Euro steigt) => Der Dollar wertet gegenüber dem Euro auf. Prof. Dr. Rainer Maure - 57 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Wir haben die Zinsparität aus theoretischen Überlegungen hergeleitet. Damit stellt sich die Frage, ob sie auch empirisch gilt. Bei Wertpapieren fallen zwar keine Transportkosten an, aber es gibt Transaktionsgebühren, wie Maklercourtage und Bankgebühren. Das spricht dafür, dass auch die Zinsparität nicht ganz genau gilt. Um das zu untersuchen können wir die Zinsparitätengleichung wie folgt umformen: © RAINER MAURER, Pforzheim 1€ * (1+i€,t,t+1) Prof. Dr. Rainer Maure <=> <=> f$€,t f$€,t+1 e$€,t = 1€ * e$€,t = e$ = €,t+1 * * (1+i$,t,t+1) / f$€,t+1 (1+i$,t,t+1 ) (1+i€,t,t+1) (1+i$,t,t+1 ) (1+i€,t,t+1 ) - 58 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität $ € $ € © RAINER MAURER, Pforzheim f e (1 i$ ) (1 i € ) - 59 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik e $€ 30 28 26 Je mehr $ für einen € gezahlt werden, 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität desto höher ist der Ertrag einer Anlage in US-Papieren aus Sicht der Europäer und um so höher ist die Nachfrage nach $ und folglich das Angebot an € (c.p.!). €-Angebot 24 22 20 18 eo 16 14 12 10 © RAINER MAURER, Pforzheim 8 6 4 2 0 0 Prof. Dr. Rainer Maure 2 4 Je weniger $ für einen € gezahlt werden muss, desto höher ist der Ertrag einer Anlage in €-Papieren aus Sicht der Amerikaner und desto mehr € wird folglich nachgefragt. 6 8 10 12 14 16 18 €o 20 22 24 26 28 €-Nachfrage € 30 32 34 36 38 40 - 61 - 3. Wie Währungstheorie und Währungspolitik ändert sich der gleichgewichtige Wechselkurs, 3.1.3. und Zinsparität wenn dasKaufkraft$-Zinsniveau steigt (i$,1 < i$,2)? e $€ 30 28 €-Angebot(i$,1) 26 24 22 20 18 eo 16 14 12 © RAINER MAURER, Pforzheim 10 €-Nachfrage(i$,1) 8 6 4 € 2 0 0 Prof. Dr. Rainer Maure 2 4 6 8 10 12 14 16 €o 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 - 62 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik Wie ändert sich der gleichgewichtige Wechselkurs, 3.1.3. Kaufkraft- und wenn das €-Zinsniveau steigtZinsparität (i€,1 < i€,2)? e $€ 30 28 26 €-Angebot(i$€1) 24 22 20 18 eo 16 14 12 10 €-Nachfrage(i€,1) © RAINER MAURER, Pforzheim 8 6 4 € 2 0 0 Prof. Dr. Rainer Maure 2 4 6 8 10 12 14 16 18 €o 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 - 63 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Zusammenfassung: ■ Es zeigt sich also, dass der Güterhandel und der Kapitalhandel gleichzeitig auf den Devisenmarkt einwirken. ■ Beide Arten von Handel führen aber dazu, dass Angebotsund Nachfragekurve die „normale“ (aus der Mikroökonomik bekannte Steigung haben): ■ Weshalb die €-Angebotskurve eine Aufwärtssteigung hat: © RAINER MAURER, Pforzheim Je mehr $ für einen € gezahlt werden, desto billiger werden US-Güter aus Sicht der Europäer, um so mehr $ wird zum Kauf von US-Gütern nachgefragt bzw. um so mehr € wird angeboten. Je mehr $ für einen € gezahlt werden, um so höher ist der Ertrag einer Investition in US-Wertpapiere aus Sicht der Europäer => Um so mehr $ wird für den Kauf von US-Wertpapieren nachgefragt, bzw. um so mehr € wird angeboten. Prof. Dr. Rainer Maure - 64 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität ➤ Zusammenfassung: ■ Weshalb die €-Nachfragekurve eine Abwärtssteigung hat: Je weniger $ für einen € gezahlt werden müssen, desto billiger werden Euroland-Güter für Amerikaner, um so mehr € wird zum Kauf von Euroland-Gütern nachgefragt bzw. um so mehr $ wird angeboten. © RAINER MAURER, Pforzheim Je weniger $ für einen € gezahlt werden müssen, um so höher ist aus Sicht der Amerikaner der Ertrag einer Investition in €-Wertpapiere => Um so mehr € wird für den Kauf von €-Wertpapieren nachgefragt, bzw. um so mehr $ wird angeboten. Prof. Dr. Rainer Maure - 65 - Internationale Wirtschaftsbeziehungen © RAINER MAURER, Pforzheim 3.1. Währungstheorie 3.1.1. Die Zahlungsbilanz 3.1.2. Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität 3.2. Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs 3.2.1.1. Der direkte Einfluss über den Devisenmarkt Prof. Dr. Rainer Maure - 66 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.1. Der direkte Einfluss über den Devisenmarkt ➤ Wenn die Notenbank direkt auf dem Devisenmarkt tätig wird, kann sie den Wechselkurs beeinflussen: ■ Beim Verkauf ihrer eigenen Währung, wertet der © RAINER MAURER, Pforzheim Wechselkurs ab. Prof. Dr. Rainer Maure - 67 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.1. Der direkte Einfluss über den Devisenmarkt 30 e=$/€ 28 €-Angebot 26 24 22 20 18 e1 16 14 12 10 © RAINER MAURER, Pforzheim 8 6 €-Nachfrage 4 2 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 €1 Prof. Dr. Rainer Maure 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 Devisen in € - 68 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.1. Der direkte Einfluss über den Devisenmarkt 30 e=$/€ 28 €-Angebot €-Angebot der Notenbank 26 €-Angebot mit Notenbank 24 22 20 18 e1 16 14 12 e2 10 © RAINER MAURER, Pforzheim 8 6 €-Nachfrage 4 => Abwertung des Euro 2 0 0 Prof. Dr. Rainer Maure 2 4 6 8 10 12 14 16 18 €1 20 22 24 €2 26 28 30 32 34 36 38 40 Devisen in € - 69 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.1. Der direkte Einfluss über den Devisenmarkt ➤ Wenn die Notenbank direkt auf dem Devisenmarkt tätig wird, kann sie den Wechselkurs beeinflussen: ■ Beim Kauf ihrer eigenen Währung, wertet der © RAINER MAURER, Pforzheim Wechselkurs auf. Prof. Dr. Rainer Maure - 70 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.1. Der direkte Einfluss über den Devisenmarkt 30 e=$/€ 28 €-Angebot 26 24 e2 22 20 18 e1 16 14 12 €-Nachfrage mit Notenbank 10 © RAINER MAURER, Pforzheim 8 €-Nachfrage der Notenbank 6 4 => Aufwertung des Euro €-Nachfrage 2 0 0 Prof. Dr. Rainer Maure 2 4 6 8 10 12 14 16 18 €1 20 22 24 €2 26 28 30 32 34 36 38 40 Devisen in € - 71 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.1. Der direkte Einfluss über den Devisenmarkt ➤ Das zeigt: ■ Wenn die Notenbank den Wechselkurs ihrer Währung abwerten möchte, muss sie ihre eigene Währung verkaufen. ◆ Das ist in der Regel kein Problem, weil die Notenbank ihre Währung im Zweifelsfall drucken kann. ■ Wenn die Notenbank den Wechselkurs ihrer Währung aufwerten möchte, muss sie ihre eigene Währung kaufen. © RAINER MAURER, Pforzheim ◆ Prof. Dr. Rainer Maure Dazu benötigt die Notenbank ausländische Währung. Sie muss also entweder ausländische Währung auf Reserve halten (=Devisenreserven oder „Sonderziehungsrechte“ beim Internationalen Währungsfond) oder sie muss Edelmetalle auf Reserve halten, die sie gegen ausländische Währung verkaufen kann. - 72 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.1. Der direkte Einfluss über den Devisenmarkt © RAINER MAURER, Pforzheim ➤ Wie wirkt eine solche Devisenmarktintervention der Notenbank auf den Rest der Volkswirtschaft? ➤ Zur Vereinfachung beschränken wir uns auf den Fall einer Abwertung des Euro: ■ Durch die Abwertung des Euro werden ausländische Prof. Dr. Rainer Maure Güter aus Sicht der Inländer teurer: Sie müssen mehr Euro für eine ausländische Währungseinheit hergeben. Also wird die Nachfrage nach ausländischen Gütern (= Importnachfrage) sinken: IM↓ ■ Durch die Abwertung des Euro werden inländische Güter aus Sicht der Ausländer billiger: Sie müssen weniger ausländische Währungseinheiten für einen Euro hergeben. Also wird die Nachfrage nach inländischen Gütern (= Exportnachfrage) steigen: EX↑ - 73 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.1. Der direkte Einfluss über den Devisenmarkt ➤ Fassen wir beide Effekte zusammen, so ergibt sich für den Leistungsbilanzsaldo1) ein Anstieg: © RAINER MAURER, Pforzheim EX↑ - IM↓ => (EX - IM) ↑ ➤ Das bedeutet, dass eine Abwertung einen Anstieg der Nachfrage nach inländischen Gütern verursacht. ➤ Wenn die Notenbank also auf dem Devisenmarkt Euro verkauft stimuliert sie damit die inländische Güternachfrage. ➤ Es geschieht also im Prinzip das Gleiche, das auch passiert, wenn sie Euro auf dem inländischen Kapitalmarkt als Kredit anbietet: Die Nachfrage nach inländischen Gütern steigt. ➤ In beiden Fällen spricht man deshalb von „expansiver Geldpolitik“. Wie bereits in Abschnitt 3.1.1. gesagt, handelt es sich bei EX-IM genau genommen nur um den „Außenbeitrag“. Um zum vollständigen Saldo der Leistungsbilanz (Inländerkonzept) zu kommen muss zu diesem noch der Saldo der Erwerbs- und Vermögenseinkommen mit dem Ausland sowie der Saldo der Übertragungsbilanz hinzuaddiert werden. Zur Vereinfachung sehen wir davon wieder - 74 Prof. Rainer Ergebnisse Maure ab.Dr.Die ändern sich dadurch nicht wesentlich. 1) - © RAINER MAURER, Pforzheim Exkurs: Der J-Kurven-Effekt einer Euro-Abwertung In der ganz kurzen Frist (≈ ½ Jahr) kann es bei einer Euro-Abwertung zunächst zu einem Rückgang des Leistungsbilanzsaldos (EX - IM) ↓ kommen. Das ist darauf zurückzuführen, dass viele Exporte und Importe auf Lieferverträgen bestehen, die die Export- und Importmengen für einen gewissen Zeitraum festschreiben. In diesem Fall kommt es aufgrund der Abwertung des Euro zuerst zu einer Verteuerung der Importe in Euro gerechnet, weil die Preise der Importe in ausländischer Währung konstant bleiben, so dass der Wert des Importvolumens in heimischer Währung zunächst steigt: IM↑. Wenn die Exporte von den Ausländern in Euro bezahlt werden, bleiben die Exporteinnahmen zunächst unverändert. Zusammengenommen resultiert also zunächst ein Rückgang des Leistungsbilanzsaldos: (EX - IM↑)↓. Erst wenn dann aufgrund der Veränderung der Preise (Anstieg der Importpreise in Euro gerechnet => IM↓, Rückgang der Exportpreise in ausländischer Währung gerechnet => EX↑), die Nachfragemengen zu reagieren beginnen, kommt es dann zu einem Anstieg des Leistungsbilanzsaldos: (EX↑ - IM↓) ↑. Da der Leistungsbilanzsaldo zunächst sinkt (EX - IM↑) ↓ bevor er dann ansteigt (EX↑ - IM↓) ↑, spricht man von einem J-Kurven-Effekt. Prof. Dr. Rainer Maure - 75 - Internationale Wirtschaftsbeziehungen © RAINER MAURER, Pforzheim 3.1. Währungstheorie 3.1.1. Die Zahlungsbilanz 3.1.2. Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität 3.2. Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs 3.2.1.1. Der direkte Einfluss über den Devisenmarkt 3.2.1.2. Der Einfluss über den Zinsparitätenkanal Prof. Dr. Rainer Maure - 76 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.2. Der Einfluss über den Zinsparitätenkanal ➤ Neben der direkten Beeinflussung des Wechselkurses über den Devisenmarkt, beeinflusst die Notenbank den Wechselkurs aber auch indirekt über die „normale“ Geldpolitik auf dem inländischen Kapitalmarkt: ➤ Dies geschieht über zwei Kanäle: © RAINER MAURER, Pforzheim ■ den Zinsarbitragekanal und ■ den Kaufkraftparitätenkanal Prof. Dr. Rainer Maure - 77 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.2. Der Einfluss über den Zinsparitätenkanal ➤ Der Zinsparitätenkanal: ■ Wie im neoklassischen und keynesianischen Modell bereits gesehen, sinkt der inländische Zinssatz, wenn die Notenbank auf dem inländischen Kapitalmarkt Geld als Kredit anbietet: ΔM>0 => i ↓ ■ Über den Zinsarbitragekanal führt das dann zu einer Abwertung der inländischen Währung: e$€,t ↓ = (1+i€,t,t+1↓) (1+i$,t,t+1) * f$€,t+1 © RAINER MAURER, Pforzheim ■ Die ökonomische Begründung lautet: Aufgrund des Prof. Dr. Rainer Maure niedrigeren Ertrages inländischer Wertpapiere, geht die Nachfrage der Ausländer nach inländischen Wertpapieren zurück. Wenn die Ausländer weniger inländische Wertpapiere kaufen wollen, brauchen sie auch weniger inländische Währung, so dass auch die Nachfrage nach inländischer Währung sinkt und sie abwertet. - 78 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.2. Der Einfluss über den Zinsparitätenkanal ➤ Der Zinsparitätenkanal: ■ Über den Zinsparitätenkanal kann die Notenbank ihre Währung auch dann aufwerten, wenn Sie keine ausländische Devisen- oder Goldreserven besitzt: ◆ Sie muss dann nur das inländische Geldangebot verknappen, so dass die inländischen Zinssätze steigen: ΔM<0 => i ↑ e$€,t ↑ = © RAINER MAURER, Pforzheim ◆ Prof. Dr. Rainer Maure (1+i€,t,t+1↑ ) (1+i$,t,t+1) * f$€,t+1 Allerdings muss sie dabei dann in Kauf nehmen, dass die höheren inländischen Zinssätze die inländische Konsumnachfrage C(i ↑) ↓ und Investitionsnachfrage I(i ↑) ↓, die normalerweise negativ vom Zinssatz abhängen, absenken, so dass es im Inland in der kurzen Frist zu einer Rezession kommen kann. - 79 - Internationale Wirtschaftsbeziehungen © RAINER MAURER, Pforzheim 3.1. Währungstheorie 3.1.1. Die Zahlungsbilanz 3.1.2. Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität 3.2. Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs 3.2.1.1. Der direkte Einfluss über den Devisenmarkt 3.2.1.2. Der Einfluss über den Zinsparitätenkanal 3.2.1.3. Der Einfluss über den Kaufkraftparitätenkanal Prof. Dr. Rainer Maure - 81 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.3. Der Einfluss über den Kaufkraftparitätenkanal ➤ Der Kaufkraftparitätenkanal: ■ Der Kaufkraftparitätenkanal beeinflusst den Wechselkurs über die Veränderung des inländischen Preisniveaus. ■ Da das inländische Preisniveau über einen Zeitraum von ungefähr 1 Jahr relativ starr ist (s. Makroökonomik, Kapitel 3.1.), wirkt dieser Kanal also nicht kurzfristig sondern nur langfristig. © RAINER MAURER, Pforzheim ■ Er erklärt, warum Länder mit starker Inflation normaler- Prof. Dr. Rainer Maure weise langfristig gesehen eine „schwache“, d.h. ständig abwertende, Währung haben. - 82 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.3. Der Einfluss über den Kaufkraftparitätenkanal ➤ Der Kaufkraftparitätenkanal: ■ Anstieg des inl. Kreditangebotes durch die Notenbank ΔM>0 => Rückgang des Kapitalmarktzinses: i€ ↓ => Anstieg der Investitionsgüternachfrage: I ↑ => Anstieg der Konsumgüternachfrage: C ↑ © RAINER MAURER, Pforzheim => Zinsarbitragebedingte starke Abwertung der inländischen Währung: e$€ ↓↓ = [ (1+i€↓)/(1+i$) ] * f$€↓ [f$€ = Erw. zuk. Wk !] => Inl. Güter billiger als ausländische: P€ * e$€ ↓↓ < P$ => Anstieg der inländischen Exporte: EX ↑ => Rückgang der inländischen Importe: IM↓ // => Anstieg der inländischen Güternachfrage: YD↑ = C↑+I↑+EX↑-IM↓ => Inländische Überschussnachfrage: YD > YS => Anstieg des inländischen Preisniveaus (=Inflation): P€ ↑ Prof. Dr. Rainer Maure - 83 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1.3. Der Einfluss über den Kaufkraftparitätenkanal => Anstieg des inländischen Preisniveaus (=Inflation): P€ ↑ => Rückgang des realen Kreditangebotes: (M / P€ ↑) ↓ => Anstieg des inländischen Zinsniveaus: i€↑ => Teilweiser Rückgang der starken Wechselkursabwertung: e$€ ↓↓ ↑ = (1+i€↓↑ ) / (1+i$)) * f$€↓ e$ € ↓ = (1+i€ ) / (1+i$)) * f$€↓ => Ein Teil der Abwertung bleibt aber bestehen wegen der vom Preisanstieg bewirkten Veränderung der Kaufkraftparität: e$€ ↓ = P$ / P€ ↑ => Rückgang der inländischen Überschussnachfrage: YD↓ = C↓ +I↓ +EX↓ - IM↑ © RAINER MAURER, Pforzheim Neues Marktgleichgewicht mit höherem Preisniveau P€ ↑ und abgewertetem Wechselkurs e$€ ↓. Im Vergleich zur Geldpolitik im neoklassischen Modell einer geschlossenen Volkswirtschaft (AU. 2.2.1), stellt sich also in einer offenen Volkswirtschaft bei expansiver Geldpolitik nicht nur ein Anstieg des inländischen Preisniveaus sondern auch eine Abwertung der inländischen Währung ein. - 84 - Prof. Dr. Rainer Maure © RAINER MAURER, Pforzheim Internationale Wirtschaftsbeziehungen 3.1. Währungstheorie 3.1.1. Die Zahlungsbilanz 3.1.2. Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität 3.2. Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs 3.2.1.1. Der direkte Einfluss über den Devisenmarkt 3.2.1.2. Der Einfluss über den Zinsparitätenkanal 3.2.1.3. Der Einfluss über den Kaufkraftparitätenkanal 3.2.2. Währungspolitik bei fixen Wechselkursen Prof. Dr. Rainer Maure - 87 - © RAINER MAURER, Pforzheim 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.2. Geldpolitik bei fixen Wechselkursen ➤ In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen wurde der Welthandel von den meisten Staaten durch protektionistische Maßnahmen behindert. Dazu zählten insbesondere auch Devisenkontrollen. ➤ Eine Folge davon war, dass der internationale Warenaustausch in der Zeit zwischen den Weltkriegen nicht wieder auf das Niveau zurück fand, das er vor 1914 erreicht hatte (vgl. Diagramm). ➤ Nach dem Zweiten Weltkrieg vereinbarte die internationale Staatengemeinschaft deshalb 1944 auf Initiative der USA ein System fixer Wechselkurse Der Leiter der US-Delegation (Fixkursystem) – das Bretton-Woods- Harry White (l.) und der Leiter der UK-Delegation John Maynard System. Prof. Dr. Rainer Maure Keynes (r.) waren die - 88 Hauptakteure in Bretton-Woods Pro-Kopf BIP und Exportquote der frühen Industrieländer*) von 1820 - 1990 18 Pro-Kopf BIP in PPP US-$ of 1985 16 1990 14 1980 12 10 Rückgang des Welthandels bis 1939 8 6 1960 Smoot-Hawley Act 1950 1946 1939 1930 1918 1919 1920 1900 1914 1860 1840 1850 1830 1820 18701880 1945 4 2 © RAINER MAURER, Pforzheim 1970 0 0% 5% 10% Industrieexporte in % BIP 15% 20% *) Durchschnittswerte; bis 1870: Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Dtl., Italien, UK, USA; ab 1871 zusätzlich: Australien, Kanada, Finland, Niederlande, Norwegen, Schweden. Quelle: Maddison, 1992, Dynamic Forces in Capitalist Development, Oxford Univ. Press. - 89 - Prof. Dr. Rainer Maure 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.2. Geldpolitik bei fixen Wechselkursen © RAINER MAURER, Pforzheim ➤ Die Vereinbarungen des Bretton-Woods-Systems: ■ Die Wechselkurse aller Teilnehmerstaaten gegenüber dem US-$ werden fixiert. ■ Jede Währung darf nur mit einer Bandbreite von +/- 1% um ihren fixierten Kurs schwanken, z.B. 0,27 $ / DM. ■ Die jeweilige Notenbank muss mit ihrer Geldpolitik dafür sorgen, dass diese Bandbreite eingehalten wird. ■ Im Gegenzug verpflichten sich die USA dazu, jederzeit $-Forderungen ausländischer Zentralbanken zum einem Preis von 35 $ pro Unze in Gold umzutauschen. ➤ Das System existierte, bis der amerikanische Präsident Richard Nixon 1971 die Goldeinlösepflicht der USA einseitig kündigte. Warum kam es dazu? Prof. Dr. Rainer Maure - 90 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.2. Geldpolitik bei fixen Wechselkursen ➤ ➤ ➤ © RAINER MAURER, Pforzheim ➤ ➤ Prof. Dr. Rainer Maure Das System geriet in zunehmende Schwierigkeiten, als die USA unter der Regierung Johnson Mitte der 60er Jahre ihre Staatsausgaben zur Finanzierung wohlfahrtsstaatlicher Programme und des Vietnamkriegs erhöhten und dies über Kreditaufnahme finanzierten. Der Anstieg der Kreditnachfrage durch die US-Regierung führte zu einem Anstieg der $-Zinsen: i$↑ Dadurch drohte die private Konsum- und Investitionsgüternachfrage in den USA zu sinken: C(i↑)↓ + I(i↑)↓ Um das zu verhindern erhöhte die amerikanische Notenbank (Fed) ihre Geldangebot: M$↑. Dadurch stieg das Kreditangebot, so dass die $–Zinsen wieder sanken => i$↑↓ Die private Nachfrage in den USA blieb deshalb mehr oder weniger unverändert (kein Crowding-out), während die Staatsnachfrage stieg. Dadurch kam es zu einer Überhitzung der USA Konjunktur, so dass die Güterpreise in den USA langfristig zu steigen begannen: P$↑. - 91 - © RAINER MAURER, Pforzheim 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.2. Geldpolitik bei fixen Wechselkursen ➤ Durch diese Kombination von Fiskal- und Geldpolitik stieg in den 60er Jahren das Preisniveau in den USA stärker als die Preisniveaus in den Mitgliedsländern des Bretton-WoodsSystems. ➤ Die Kaufkraftparitätenbeziehung wurde dadurch stets gestört. Aufgrund des Preisanstiegs waren US-Güter teuerer als z.B. deutsche Güter: PDM < P$↑ / e$DM. Das galt auch in Bezug auf die Güterpreise in den anderen Mitgliedsländern. ➤ Die Amerikaner fragten deshalb verstärkt die billigeren Gütern in den anderen Mitgliedsländern nach. Dazu mussten sie aber Dollar in die Währungen der anderen Mitgliedsländer tauschen. ➤ Auf den Devisenmärkten führte das dazu, dass das Angebot an Dollar und die Nachfrage nach DM ständig stieg. ➤ Es resultierte deshalb eine stetige Abwertungstendenz des Dollar gegenüber den Währungen der anderen Mitgliedsländer: e$DM ↑ = P$↑ / PDM Prof. Dr. Rainer Maure - 92 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.2. Geldpolitik bei fixen Wechselkursen Da die Notenbanken der Mitgliedsländer des Bretton-WoodsSystems verpflichtet waren, den Wechselkurs ihrer Währung gegenüber dem Dollar in einem festen Band zu halten, mussten sie gegen die stetige Abwertung des Dollars Maßnahmen ergreifen. ➤ Wie die Folgenden Diagramme für den Fall der Bundesbank zeigen, waren sie deshalb gezwungen, immer wieder zur Stützung des Dollarwechselkurses Dollar nachzufragen bzw. aufzukaufen: © RAINER MAURER, Pforzheim ➤ Prof. Dr. Rainer Maure - 93 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs 30 e = $ / DM 28 DM-Angebot(P1DM,P1$) 26 24 22 20 18 eFix1 16 14 1% z.B.: 0,27 $/DM 12 10 © RAINER MAURER, Pforzheim 8 6 4 DM-Nachfrage(P1DM,P1$) 2 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 DM1 Prof. Dr. Rainer Maure 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 DM - 94 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs 30 e = $ / DM 28 DM-Angebot(P1DM,P1$) 26 24 22 20 18 eFix1 P1$ < P2$ 16 14 12 10 8 © RAINER MAURER, Pforzheim Durch den Preisanstieg in den USA wurden die Güter in Deutschland aus Sicht der USA billiger. Dadurch stieg die Nachfrage nach DM. DM-Nachfrage(P1DM,P2$) 6 4 DM-Nachfrage(P1DM,P1$) 2 0 0 Prof. Dr. Rainer Maure 2 4 6 8 10 12 14 16 18 DM1 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 DM - 95 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs 30 DM-Angebot(P1DM,P2$) e = $ / DM 28 DM-Angebot(P1DM,P1$) 26 24 22 20 18 eFix1 P1$ < P2$ 16 14 12 10 Gleichzeitig wurden die Güter in den USA aus deutscher Sicht teurer. Dadurch sank das Angebot an DM. © RAINER MAURER, Pforzheim 8 DM-Nachfrage(P1DM,P2$) 6 4 DM-Nachfrage(P1DM,P1$) 2 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 DM1 Prof. Dr. Rainer Maure 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 DM - 96 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs 30 DM-Angebot(P1DM,P2$) e = $ / DM 28 DM-Angebot(P1DM,P1$) 26 24 e2 22 20 18 eFix1 16 14 12 10 Daraus resultierte eine tendenzielle Aufwertung der DM gegenüber dem Dollar von eFIX1 auf e2. © RAINER MAURER, Pforzheim 8 DM-Nachfrage(P1DM,P2$) 6 4 DM-Nachfrage(P1DM,P1$) 2 0 0 Prof. Dr. Rainer Maure 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 DM1 DM2 24 26 28 30 32 34 36 38 40 DM - 97 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs 30 DM-Angebot(P1DM,P2$) e = $ / DM 28 26 24 e2 22 20 18 eFix1 16 14 12 10 Daraus resultierte eine tendenzielle Aufwertung der DM gegenüber dem Dollar von eFIX1 auf e2. © RAINER MAURER, Pforzheim 8 DM-Nachfrage(P1DM,P2$) 6 4 2 0 0 Prof. Dr. Rainer Maure 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 DM2 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 DM - 98 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs DM-Angebot der Bundesbank 30 DM-Angebot(P1DM,P2$) e = $ / DM 28 26 24 e2 22 20 18 eFix1 16 14 Da die Bundesbank verpflichtet war den DM-Dollar-Kurs maximal 1% über eFIX1 aufwerten zu lassen, musste sie stets zusätzliche DM anbieten bzw. Dollar nachfragen, um den Kurs wieder Richtung eFIX1 zu drücken. 12 10 © RAINER MAURER, Pforzheim 8 DM-Nachfrage(P1DM,P2$) 6 4 2 0 0 Prof. Dr. Rainer Maure 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 DM2 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 DM - 99 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.2. Geldpolitik bei fixen Wechselkursen ➤ Diese ständigen Devisenmarktinterventionen zugunsten des Dollars hatten zwei Konsequenzen: 1. Die Notenbanken der Mitgliedsländer häuften riesige Dollarbestände an. 2. Da durch die Interventionen der Dollarwechselkurs nicht abwerten konnte, sondern auf seinem Fixkursniveau blieb, blieben die Güter der Mitgliedsländer aus Sicht der Amerikaner billig und wurden weiterhin stark nachgefragt: PDM * e $DM ↓ < P$ ↓ © RAINER MAURER, Pforzheim ↓ Prof. Dr. Rainer Maure 3. Durch die resultierende Überschussnachfrage, stiegen dann auch die Preise in den Mitgliedsländern. Die hohe Inflation in den USA übertrug sich also auf die Mitgliedsländer des Bretton-WoodsSystems (=„Inflationsimport“). In Fixkursystemen passen sich die Inflationsraten der Mitgliedsländer also immer der Inflationsrate der Leitwährung an: PDM ↑ * e $DM ↑ ↓ = P$↑ - 100 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.2. Geldpolitik bei fixen Wechselkursen © RAINER MAURER, Pforzheim ➤ Warum kam es nun unter diesen Umständen zum Bruch des Bretton-Woods-Systems? ■ Da die US-Notenbank ihre Geldmenge wachsen ließ, ohne im dazu notwendigen Umfang ihre Goldbestände zu erhöhen, stiegen die $-Reserven der Notenbanken der Mitgliedsländer weit über die Goldbestände der US-Notenbank. ■ Da der freie Marktpreis des Goldes über den 35 $/Feinunze lag, zu dem die Fed Gold verkaufte, bestand für die anderen Notenbanken des Bretton-Woods-Systems ein starker Anreiz, ihre $-Reserven bei der Fed einzulösen und das Gold dann zu dem höheren Preis auf dem freien Markt zu verkaufen. Prof. Dr. Rainer Maure - 101 - © RAINER MAURER, Pforzheim 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.2. Geldpolitik bei fixen Wechselkursen ➤ Frankreich machte 1969 dann den ersten Schritt und wollte seine gesamten $-Reserven bei der Fed in Gold umtauschen. ➤ Da die Fed aber nicht genug Gold hatte, konnte sie das nicht tun. Die Fed war also de facto „zahlungsunfähig“. ➤ Ein von der US-Seite vorgebrachter Lösungsvorschlag, sah vor, die Fixkurse des Dollars gegenüber anderen Währungen abzuwerten. Dadurch hätten die ständigen Dollarkäufe der Mitgliedsländer unterbleiben können. ➤ Die meisten Mitgliedsländer fanden diese Idee nicht gut, weil dies eine Abwertung ihrer bereits angesammelten Dollarbestände - und damit des Goldwertes ihrer Dollarreserven bedeutet hätte. ➤ Da man sich nicht einigen konnte, wurde 1971 von Präsident Nixon die Goldeinlösepflicht der USA einseitig gekündigt, was den Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems bedeutete. Prof. Dr. Rainer Maure - 102 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.2. Geldpolitik bei fixen Wechselkursen © RAINER MAURER, Pforzheim ➤ Damit begann dann eine Phase flexibler Wechselkurse für die Weltwirtschaft. ➤ Die EU-Länder begrenzten jedoch bereits 1973 durch die Einführung der „Währungsschlange“ die Wechselkursschwankungen zwischen ihren Ländern. ➤ 1979 wurde dann das Europäische Währungssystem eingeführt, das 1999 in der Europäischen Währungsunion aufging. ➤ Was war der Konstruktionsfehler des Bretton-Woods Systems? Prof. Dr. Rainer Maure - 103 - © RAINER MAURER, Pforzheim Internationale Wirtschaftsbeziehungen 3.1. Währungstheorie 3.1.1. Die Zahlungsbilanz 3.1.2. Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität 3.2. Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs 3.2.1.1. Der direkte Einfluss über den Devisenmarkt 3.2.1.2. Der Einfluss über den Zinsparitätenkanal 3.2.1.3. Der Einfluss über den Kaufkraftparitätenkanal 3.2.2. Währungspolitik bei fixen Wechselkursen 3.2.3. Währungspolitik bei flexiblen Wechselkursen Prof. Dr. Rainer Maure - 104 - © RAINER MAURER, Pforzheim 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.3. Geldpolitik bei flexiblen Wechselkursen ➤ In einem System flexibler Wechselkurse braucht die Notenbank auf den Wechselkurs keine Rücksicht zu nehmen. ➤ Sie kann sich darauf konzentrieren, mit Hilfe ihrer Geldmenge die Inflationsrate in dem von ihr angestrebten Zielbereich zu halten. ➤ Der Nachteil in einem Flexkurssystem sind die kurzfristigen und zum Teil heftigen Wechselkursschwankungen. ➤ Exportunternehmen, die ihre Produkte im Ausland in ausländischer Währung verkaufen müssen, haben deshalb ein erhöhtes Gewinn- und Absatzrisiko. ➤ Dieses Risiko erhöht aus Sicht der Unternehmen die Transaktionskosten – wirkt also per Saldo ähnlich wie ein Zoll oder wie Transportkosten. Prof. Dr. Rainer Maure - 105 - Problem: Wechselkursrisiko aus Handelsgeschäft © RAINER MAURER, Pforzheim t=0 t=1 t=2 t=3 t Handelsgeschäft: 20 000 $ in t=3 Kosten: 9 000 € Zahlungseingang: 20 000 $ Kassakurs: 2$€ Kassakurs: e$€ ? Gewinn bei Geltung Kassakurs: . 20 000 $ / 2$€ . - 9 000 € . = 1 000 € Gewinn: . . 20 000 $ / e$€ . - 9 000 € . = ??? € => Wenn in t=3 noch der Kassakurs von t=0 gelten würde, wäre ein gewinnbringendes Handelsgeschäft möglich. Aber der Dollar könnte bis t=3 auch auf e$€ = 2,5 abwerten. Dann würde ein Verlust von 20 000 $ / 2,5 $€ – 9000 € = - 1000 € resultieren! = Wechselkursrisiko Prof. Dr. Rainer Maurer Maure - 106 - © RAINER MAURER, Pforzheim 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.3. Geldpolitik bei flexiblen Wechselkursen ➤ Konsequenzen des Wechselkursrisikos: ■ Wenn Unternehmen sich nicht gegen das Wechselkursrisiko schützen könnten, würden sie nur solche internationalen Handelsgeschäfte abschließen, bei denen die Gewinnspanne so hoch ist, dass normale Wechselkursschwankungen nicht zu Verlusten führen können. ■ Internationale Handelsgeschäfte mit geringer Gewinnspanne, würden also unterbleiben. ➤ Wechselkursrisiko würde dann also internationalen Handel verhindern - ähnlich wie Zölle. ➤ Finanzmärkte bieten aber Möglichkeiten, sich gegen Wechselkursrisiken vollständig abzusichern. ➤ Sie fördern also den internationalen Handel. Prof. Dr. Rainer Maure - 107 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.3. Geldpolitik bei flexiblen Wechselkursen ➤ Die meisten Exportunternehmen sichern sich gegen Wechselkursrisiken ab - aber auch dabei entstehen Kosten. ➤ Drei Instrumente können dazu eingesetzt werden: © RAINER MAURER, Pforzheim 1. Fremdwährungskredite 2. Devisentermingeschäfte 3. Devisenoptionsgeschäfte Prof. Dr. Rainer Maure - 108 - t=1 t=2 t=3 t Handelsgeschäft: 20 000 $ in t=3 Kosten: 9 000 € Zahlungseingang: 20 000 $ Kassakurs: 2$€ Kassakurs: e$€ ? Dollarkreditaufnahme in Höhe v. 20 000 $ zu Zins1) von 2% und Umtausch in €: . 20 000 $ / 2$€ . - 9 000 € . = 1 000 € Umsatz aus Handelsgeschäft:. 20 000 $ verwendet zur Rückzahlung des Kredites inkl. Zins: . 20 000 $ *(1,02) . - 20 000 $ = 400 $ Umtausch von 200 € * 2$€ = 400 $ in Dollar zur Zahlung der Zinsen in t=3 => Sicherer Nettogewinn = 1000 € - 200 € = 800 € Prof. Prof.Dr. Dr.Rainer RainerMaure Maurer entsprich einem Jahreszins von 8,24% = ((1,02)(1/3))12 -1 © RAINER MAURER, Pforzheim t=0 1) Das Elimination des Wechselkursrisikos durch Fremdwährungskredit: 109 --- 109 Elimination des Wechselkursrisikos durch Währungstermingeschäft: © RAINER MAURER, Pforzheim t=0 t=1 t=2 t=3 t Handelsgeschäft: 20 000 $ in t=3 Kosten: 9 000 € Zahlungseingang: 20 000 $ Kassakurs: 2$€ Kassakurs: e$€ ? Terminkurs: 2,1$€ Umsatz aus Handelsgeschäft:. 20 000 $ Umtausch in € zum Terminkurs: . . 20 000 $ / 2,1$€ . . - 9 000 € = 523,8 € Vereinbarung des Umtauschs von 20 000 $ auf Termin zum Terminkurs 2,1$€ => Sicherer Nettogewinn = 523,8 € Prof. Prof.Dr. Dr.Rainer RainerMaure Maurer 110 --- 110 Elimination des Wechselkursrisikos durch Optionsgeschäft: (a) $-Abwertung t=0 t=2 t=3 t Handelsgeschäft: 20 000 $ in t=3 Kosten: 9 000 € Zahlungseingang: 20 000 $ Kassakurs: 2$€ Kassakurs: 2,4$€ ? Optionkurs: 2$€ Wahrnehmung der Option: . 20 000 $ / 2$€ . - 9 000 € = 1 000 € Kauf von 20 000 $Verkaufsoptionen zum Optionskurs von 2$€ © RAINER MAURER, Pforzheim t=1 Optionsprämie je €: 0,05 € => 20 000/ 2$€ * 0,05 € = 500 € => Sicherer Nettogewinn = 1 000 € - 20 000/ 2$€ * 0,05 € = 500 € Prof. Prof.Dr. Dr.Rainer RainerMaure Maurer 111 --- 111 Elimination des Wechselkursrisikos durch Optionsgeschäft: (b) $-Aufwertung t=0 t=2 t=3 t Handelsgeschäft: 20 000 $ in t=3 Kosten: 9 000 € Zahlungseingang: 20 000 $ Kassakurs: 2$€ Kassakurs: 1,8$€ Optionkurs: 2$€ Verfallenlassen der Option & Umtausch zum Kassakurs: . . . 20 000 $ / 1,8$€ . . - 9 000 € = 2 111,1 € Kauf von 20 000 $Verkaufsoptionen zum Optionskurs von 2$€ © RAINER MAURER, Pforzheim t=1 Optionsprämie je €: 0,05 € => 20 000/ 2$€ * 0,05 € = 500 € => Nettogewinn = 2 111,1 € - 20 000/ 2$€ * 0,05 € = 1611,1 € Prof. Prof.Dr. Dr.Rainer RainerMaure Maurer 112 --- 112 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.3. Geldpolitik bei flexiblen Wechselkursen ➤ Was passiert bei einem Termingeschäft mit dem Wechselkursrisko? ■ Wie können die beiden folgenden Unternehmen das Währungsrisiko aus ihren Handelsgeschäften beseitigen? © RAINER MAURER, Pforzheim ◆ Ein europäischer Autobauer verkauft ein Auto in die USA zu Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer einem Preis von 20 000 $ zahlbar in einem Monat. ◆ Die Produktionskosten betragen 8 000 €. Zum gegenwärtigen Kassakurs von 2$€ wäre das Geschäft profitabel (20 000 $ / 2$€ - 8 000 € = 2 000 €). ◆ Bei einer Abwertung des Dollar auf mehr als 2,5$€ würde ein Verlust resultieren: 20 000 $ / 2,5$€ − 8 000 € = 0 . - 113 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.3. Geldpolitik bei flexiblen Wechselkursen ◆ Ein amerikanischer Kühlschrankhersteller verkauft 100 Kühlschränke nach Europa zu einem Preis von insgesamt 10 000 € zahlbar in einem Monat. ◆ Die Produktionskosten für die 100 Kühlschränke betragen 18 000 $. Zum gegenwärtigen Wechselkurs von 2$€ wäre das Geschäft profitabel (10 000 € * 2$€ -18 000 $= 2 000 $). ◆ Wenn der Euro jedoch auf mehr als 1,8$€ abwerten würde, würde der Kühlschrankhersteller einen Verlust machen (10 000 € * 1,8$€ − 18 000 $ = 0 $). © RAINER MAURER, Pforzheim ■ Wie können die beiden folgenden Unternehmen das Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer Währungsrisiko aus ihren Handelsgeschäften beseitigen? - 114 - 3. Währungstheorie und Währungspolitik 3.2.3. Geldpolitik bei flexiblen Wechselkursen ■ Die beiden Hersteller können ein Währungstermingeschäft abschließen: ◆ Der europäische Autobauer verkauft dem amerikanischen Kühlschrankhersteller 20 000 $ für einen Wert von 10 000 € zahlbar in einem Monat. ◆ Der implizite Terminkurs beträgt also 2$€. ■ Dieser Terminkontrakt ist also für beide Hersteller von © RAINER MAURER, Pforzheim Vorteil. ■ Terminmärkte können also bei sachgemäßer Verwendung auch dazu dienen, Risiken zu aus der Welt zu schaffen! Prof. Dr. Rainer Maure Prof. Dr. Rainer Maurer - 115 - Internationale Wirtschaftsbeziehungen © RAINER MAURER, Pforzheim 3.1. Währungstheorie 3.1.1. Die Zahlungsbilanz 3.1.2. Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität 3.2. Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs 3.2.2. Währungspolitik bei fixen Wechselkursen 3.2.3. Währungspolitik bei flexiblen Wechselkursen 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume Prof. Dr. Rainer Maure - 116 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume ➤ ➤ ➤ Die Theorie optimaler Währungsräume geht auf die Arbeiten des Nobelpreisträgers Robert Mundells (1961) zurück. Im folgenden beschäftigen wir uns mit einer vereinfachten Version der Kernidee. Sie besteht in einer Kosten-Nutzen-Analyse des Beitritts zu einer Währungsunion, bei dem alle Einflussfaktoren systematisch gegeneinander abgewogen werden. Diese werden in zwei Kurven zusammengefasst: 1. Die Kurve des Effizienzgewinns eines Beitritts © RAINER MAURER, Pforzheim 2. Die Kurve der Stabilitätskosten eines Beitritts => Ab dem Punkt, wo der Effizienzgewinn größer ist als die Stabilitätskosten, lohnt sich ein Beitritt. ■ Prof. Dr. Rainer Maure Im Folgenden werden diese beiden Kurven und ihre Bestimmungsfaktoren hergeleitet: - 117 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume ➤ Was ist der „monetäre Effizienzgewinn“ einer Währungsunion? ■ Der monetäre Effizienzgewinn entsteht durch den Wegfall des Währungsrisikos in einer Währungsunion. ■ Er besteht aus zwei Komponenten: Monetäre Gewinne durch internationalen Handel (Güter und Dienstleistungen) 2. Monetäre Gewinne beim internationalen Austausch von Produktionsfaktoren (Arbeit und Kapital) © RAINER MAURER, Pforzheim 1. Prof. Dr. Rainer Maure - 118 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume © RAINER MAURER, Pforzheim 1. Monetäre Gewinne durch internationalen Güterhandel ■ Wie im vorangegangenen Abschnitt 3.2.3. gesehen, entstehen bei Prof. Dr. Rainer Maure flexiblen Wechselkursen Transaktionskosten für Unternehmen, die ihre Produkte in andere Währungsräume verkaufen: ◆ Bei Nichtabsicherung des Handelsgeschäfts entstehen aus der resultierenden Wechselkursunsicherheit Risikokosten. ◆ Bei Absicherung des Währungsrisikos durch die in 3.2.3. genannten Finanzmarktinstrumente entstehen wie gesehen ebenfalls Kosten in Form von Maklergebühren und Zinsen. ■ Diese Transaktionskosten haben die gleiche Wirkung wie Zölle oder Transportkosten (vgl. Kapitel 8.3.1.): Sie reduzieren den internationalen Handel und damit die Möglichkeit Handelsgewinne zu erzielen. ■ Wenn sich Länder zu einer Währungsunion zusammenschließen, entfallen diese Kosten. ■ Eine Währungsunion wirkt also wie ein Abbau von Zöllen oder ein Rückgang von Transportkosten: Sie verstärkt die Handelsintegration. Die dadurch steigenden Handelsgewinne bilden eine Komponente des „monetären Effizienzgewinns“. - 119 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume © RAINER MAURER, Pforzheim 2. Monetäre Gewinne beim Austausch von Produktionsfaktoren ■ Der internationale Austausch von Produktionsfaktoren wie Arbeit Prof. Dr. Rainer Maure und Kapital ist natürlich auch eine Form des internationalen Handels. In der Handelsstatistik wird er in Abgrenzung zum „Güterhandel“ als „Dienstleistungshandel“ bezeichnet. ■ Ökonomisch betrachtet besteht aber hier kein Unterschied, so dass in Bezug auf die monetären Gewinne das Gleiche gilt wie beim Güterhandel: ◆ Durch eine Währungsunion entfallen für Arbeiter, die in anderen Mitgliedsländern der Währungsunion arbeiten oder für Haushalte, die ihre Ersparnisse in anderen Mitgliedsländer der Währungsunion angelegt haben, die Transaktionskosten, die von flexiblen Wechselkursen verursacht werden, z.B. durch wechselkursbedingt schwankende Lohneinkommen oder Kapitalerträge. ◆ Daraus resultieren dann wiederum höhere Gewinne beim internationalen Austausch von Produktionsfaktoren, die die zweite Komponente des „monetären Effizienzgewinns“ bilden. - 120 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume ➤ Zusammengefasst gilt also: ■ ■ © RAINER MAURER, Pforzheim ■ Prof. Dr. Rainer Maure Je stärker ein Land mit den Mitgliedsländern einer Währungsunion Güter und Produktionsfaktoren austauscht, desto größer ist der monetäre Effizienzgewinn der durch den Beitritt zu einer Währungsunion erzielt werden kann. Die Stärke des Austauschs von Gütern und Dienstleistungen wird auch als „Grad der wirtschaftlichen Integration“ bezeichnen. Man kann also sagen, dass der monetäre Effizienzgewinn mit dem Grad der wirtschaftlichen Integration eines Landes mit den Mitgliedsländern einer Währungsunion steigt (s. Schaubild). - 121 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume Gewinn, Kosten Monetärer Effizienzgewinn eines Beitritts Monetärer Effizienzgewinn = Reduzierung von Währungsrisiken,Transaktionskosten, Kalkulationskosten, die bei flexiblen Währungen anfallen. © RAINER MAURER, Pforzheim Er ist um so höher, je höher die wirtschaftliche Integration zwischen dem Beitrittsland und der Währungsunion. Grad der wirtschaftlichen Integration zwischen Währungsunion und Beitrittsland => Für ein Land, das gar keinen Handel mit Gütern oder Produktionsfaktoren mit den Mitgliedsländern einer Währungsunion treibt, macht ein Beitritt zu einer Währungsunion keinen Sinn. Prof. Dr. Rainer Maure - 122 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume ➤ Was sind die „Stabilitätskosten“ einer Währungsunion? ■ Durch den Eintritt in eine Währungsunion entfallen für ein Land aber auch die Vorteile die eine eigene Währung bietet: ◆ © RAINER MAURER, Pforzheim ◆ Prof. Dr. Rainer Maure Ein flexibler Wechselkurs erlaubt es dem Land eine eigenständige Geldpolitik zu führen, mit der es auf ökonomische Schocks (Nachfrageschocks oder lohnpolitische Schocks) reagieren kann. Ohne eine eigenständige Geldpolitik bleibt dem Land nur noch die Fiskalpolitik als Instrument zur Abfederung von Schocks. ■ Der Beitritt zu einer Währungsunion kann also die Anfälligkeit eines Landes für Schocks erhöhen. Er kann also die Wirtschaftsentwicklung instabiler machen. Dieser Effekt wird deshalb als „Stabilitätskosten einer Währungsunion“ bezeichnet. - 123 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume ➤ Wovon hängen die Stabilitätskosten einer Währungsunion ab? ■ Wenn das Land allerdings immer von den gleichen Nachfrageschocks wie die anderen Mitgliedsländer getroffen wird, dann sind die Stabilitätskosten nicht groß: ◆ Wenn in dem Land z.B. immer dann die Nachfrage einbricht, wenn dies auch bei den anderen Mitgliedländern der Fall ist (=Nachfrageschocks symmetrisch sind), dann kann die Zentralbank der Währungsunion dies durch einen Senkung des Zinssatzes und der damit verbunden Abwertung des Wechselkurses bekämpfen. © RAINER MAURER, Pforzheim Je „gleichförmiger“ die Nachfrageschocks alle Länder treffen, Prof. Dr. Rainer Maure • • desto besser passt eine einheitliche Geldpolitik, desto geringer sind die Stabilitätskosten! Also sind die Stabilitätskosten einer Währungsunion um so geringer, je gleichförmiger Nachfrageschocks die Mitgliedländer treffen. - 124 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume ➤ Wovon hängen die Stabilitätskosten einer Währungsunion ab? ■ Ein anderer Faktor, der die Höhe der Stabilitätskosten beeinflusst, ist die Mobilität der Arbeitskräfte: ◆ ◆ © RAINER MAURER, Pforzheim Prof. Dr. Rainer Maure Wenn die Mobilität der Arbeitskräfte eines Landes hoch ist, können die Arbeiter im Falle einer Rezession, die nur ein Land trifft (=asymmetrischer Nachfrageschock), leichter in die Länder der Währungsunion, in denen keine Rezession herrscht, auswandern. Dadurch werden also die Folgen eines Nachfrageschocks für den Arbeitsmarkt des Landes als gemildert. Also sind die Stabilitätskosten einer Währungsunion um so geringer, je mobiler die Produktionsfaktoren der Mitgliedsländern sind. - 125 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume ➤ Zusammengefasst gilt also: ■ Je gleichförmiger Nachfrageschocks ein Land und die übrigen Mitgliedsländer einer Währungsunion treffen und je mobiler die Produktionsfaktoren des Landes in Bezug auf die andern Mitgliedsländer der Währungsunion sind, © RAINER MAURER, Pforzheim desto kleiner sind die Stabilitätskosten, die durch den Beitritt zu einer Währungsunion entstehen. Prof. Dr. Rainer Maure ■ Man kann also sagen, dass die Stabilitätskosten mit dem Grad der wirtschaftlichen Integration eines Landes mit den Mitgliedsländern einer Währungsunion sinken (s. Schaubild): - 126 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume Gewinn, Kosten Ökonomischer Stabilitätsverlust = Verlust der automatischen Stabilisierungswirkung eines flexiblen Wechselkurses. © RAINER MAURER, Pforzheim Ökonomischer Stabilitätsverlust durch Beitritt Prof. Dr. Rainer Maure Er ist um so kleiner, je höher die wirtschaftliche Integration zwischen dem Beitrittsland und der Währungsunion. Grad der ökonomischen Integration zwischen Währungsunion und Beitrittsland - 127 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume ➤ Wenn man nun die Kurve des monetären Effizienzgewinns mit der Kurve des Stabilitätsverlustes vergleicht, stellt man fest, dass es mit steigender ökonomischer Integration einen Schnittpunkt gibt, ab dem der monetäre Effizienzgewinn eines Beitritts größer ist als die Stabilitätskosten. ➤ Wenn also ein Land mindestens diesen Grad der Integration mit den anderen Mitgliedsländern der Währungsunion erreicht, sollte es nach der Theorie optimaler Währungsräume, der Währungsunion beitreten. © RAINER MAURER, Pforzheim ➤ Das veranschaulicht das folgende Schaubild: Prof. Dr. Rainer Maure - 128 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume Gewinn, Kosten Monetärer Effizienzgewinn eines Beitritts Ökonomischer Stabilitätsverlust durch Beitritt Schnittpunkt beider Kurven = Grad der ökonomischen Integration, ab dem der Nutzen eines Beitritts größer ist als die Kosten. Vor dem Schnittpunkt ist der "ökonomische Stabilitätsverlust" eines Beitritts größer als der "monetäre Effizienzgewinn", so dass ein Beitritt nicht lohnend ist. Grad der ökonomischen Integration zwischen Währungsunion und Beitrittsland Unabhängige Währung lohnend Prof. Dr. Rainer Maure Beitritt zur Währungsunion lohnend - 129 - © RAINER MAURER, Pforzheim Internationale Wirtschaftsbeziehungen 3.1. Währungstheorie 3.1.1. Die Zahlungsbilanz 3.1.2. Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten 3.1.3. Kaufkraft- und Zinsparität 3.2. Währungspolitik 3.2.1. Der Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs 3.2.2. Währungspolitik bei fixen Wechselkursen 3.2.3. Währungspolitik bei flexiblen Wechselkursen 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.1. Die Theorie optimaler Währungsräume 3.3.2. Der empirische Befund zur Europäischen Währungsunion Prof. Dr. Rainer Maure - 130 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.2. Der empirische Befund zur Europäischen Währungsunion ➤ ➤ Nach der Theorie optimaler Währungsräume sollten Länder nur dann eine Währungsunion bilden, wenn zwischen ihnen ein hoher Grad an ökonomischer Integration vorliegt. Ein "hoher Grad an ökonomischer Integration" kann an folgenden Faktoren gemessen werden: Grad der Handelsintegration zwischen den Mitgliedsländern Mobilität der Produktionsfaktoren Annäherung des Konjunkturzyklus Annäherung der Inflationsraten Möglichkeiten zu länderspezifischer Fiskalpolitik © RAINER MAURER, Pforzheim 1. 2. 3. 4. 5. Prof. Dr. Rainer Maure - 131 - Anteil der EU-Exporte an den Gesamtexporten der Länder 90% 85% 80% 75% 70% 65% 60% 55% © RAINER MAURER, Pforzheim 50% 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Deutschland Spanien Niederlande Finnland Prof. Dr. Rainer Maure Irland Frankreich Österreich Vereinigtes Königreich Griechenland Italien Portugal Quelle: EUROSTAT - 132 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.2. Der empirische Befund zur Europäischen Währungsunion Mobilität des Produktionsfaktors Arbeit Anteil der ihren Wohnort pro Jahr wechselnden Bevölkerung in Prozent der Gesamtbevölkerung im Durchschnitt Großbritannien (1996) Deutschland (1990) Italien (1999) USA (1999) 1,7 % 1,1 % 0,5 % 3,1 % © RAINER MAURER, Pforzheim Quelle: Peter Huber (2004), Inter-regional Mobility in Europe Neuere Untersuchungen zeigen, dass die Mobilitätsrate zwischen den Mitgliedsländern der EU rund 1 Prozent pro Jahr, während die Mobilitätsrate zwischen den US Bundesstaaten bei rund 3 Prozent liegt (Bonin et al. (2008)). Prof. Dr. Rainer Maure - 133 - Abweichung des BIP vom langfristigen Trend1) (GDP-Gap) 8% Synchrone Konjunkturzyklen? 6% 4% 2% 2009Q03 2009Q01 2008Q03 2008Q01 2007Q03 2007Q01 2006Q03 2006Q01 2005Q03 2005Q01 2004Q03 2004Q01 2003Q03 2003Q01 2002Q03 2002Q01 2001Q03 2001Q01 2000Q03 2000Q01 1999Q03 1999Q01 1998Q03 1998Q01 1997Q03 1997Q01 1996Q03 1996Q01 1995Q03 -2% 1995Q01 0% -4% © RAINER MAURER, Pforzheim -6% 1) -8% Trend nach Hodrick-Prescott-Filter Eurozone(11) Prof. Dr. Rainer Maure Deutschland Quelle: Eurostat, eigene Berechnungen Spanien Frankreich Italien - 134 - Abweichung des BIP vom langfristigen Trend1) (GDP-Gap) 8% Synchrone Konjunkturzyklen? 6% 4% 2% 2009Q03 2009Q01 2008Q03 2008Q01 2007Q03 2007Q01 2006Q03 2006Q01 2005Q03 2005Q01 2004Q03 2004Q01 2003Q03 2003Q01 2002Q03 2002Q01 2001Q03 2001Q01 2000Q03 2000Q01 1999Q03 1999Q01 1998Q03 1998Q01 1997Q03 1997Q01 1996Q03 1996Q01 1995Q03 -2% 1995Q01 0% -4% © RAINER MAURER, Pforzheim -6% 1) -8% Trend nach Hodrick-Prescott-Filter Eurozone(11) Prof. Dr. Rainer Maure Deutschland Quelle: Eurostat, eigene Berechnungen Spanien Frankreich Italien USA - 135 - Abweichung des BIP vom langfristigen Trend1) (GDP-Gap) 8% Synchrone Konjunkturzyklen? 6% 4% 2% 2009Q03 2009Q01 2008Q03 2008Q01 2007Q03 2007Q01 2006Q03 2006Q01 2005Q03 2005Q01 2004Q03 2004Q01 2003Q03 2003Q01 2002Q03 2002Q01 2001Q03 2001Q01 2000Q03 2000Q01 1999Q03 1999Q01 1998Q03 1998Q01 1997Q03 1997Q01 1996Q03 1996Q01 1995Q03 -2% 1995Q01 0% -4% © RAINER MAURER, Pforzheim -6% 1) -8% Prof. Dr. Rainer Maure Hodrick-Prescott-Filter Eurozone(11) Frankreich Portugal Belgien Italien Finnland Quelle: Eurostat, eigene Berechnungen Deutschland Luxemburg USA Irland Niederlande Spanien Österreich - 136 - Varianz der BIP-Lücken der Mitgliedsländer der Europäischen Währungsunion1) 0,03 Synchrone Konjunkturzyklen? 0,02 0,02 0,01 © RAINER MAURER, Pforzheim 0,01 1) Ungewichtete Standardabweichung der BIP-Lücken Quelle: Eurostat, eigene Berechnungen Prof. Dr. Rainer Maure 2009Q03 2009Q01 2008Q03 2008Q01 2007Q03 2007Q01 2006Q03 2006Q01 2005Q03 2005Q01 2004Q03 2004Q01 2003Q03 2003Q01 2002Q03 2002Q01 2001Q03 2001Q01 2000Q03 2000Q01 1999Q03 1999Q01 1998Q03 1998Q01 1997Q03 1997Q01 1996Q03 1996Q01 1995Q03 1995Q01 0,00 - 137 - Jährliche Inflationsraten in der Europäischen Währungsunion 6% 5% 0,015 Angleichung der Inflationsraten? 4% 3% 0,010 2% 1% 0% 0,005 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 -1% © RAINER MAURER, Pforzheim -2% -3% Prof. Dr. Rainer Maure 0,000 Deutschland Griechenland Frankreich Portugal Irland Spanien Italien Standardabweichung o. GR (rechte Skala) - 138 - 3.3. Ist die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum? 3.3.2. Der empirische Befund zur Europäischen Währungsunion © RAINER MAURER, Pforzheim ➤ Der empirische Befund spricht eigentlich nicht dafür, dass die Europäische Währungsunion ein optimaler Währungsraum ist: 1. Der Grad Handelsintegration ist zwar realativ hoch: die Exporte in andere EU-Länder machen bei allen Ländern mehr als 50% der Gesamtexporte aus. 2. Die Mobilität der Produktionsfaktoren gemessen am Faktor Arbeit ist im Durchschnitt aber gering. 3. Die Konjunkturzyklen der Mitgliedsländer laufen im Vergleich zu Prof. Dr. Rainer Maure Ländern außerhalb der Währungsunion nicht besonders synchron. Eine dauerhafte Angleichung ist auch nicht zu erkennen. 4. Auch bei den Inflationsraten gibt es noch immer deutliche Differenzen. - 139 - 3.4. Kontrollfragen © RAINER MAURER, Pforzheim ➤ Die Kontrollfragen bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihr Verständnis der Lerninhalte dieses Kapitels zu überprüfen. Alle Fragen können mit Hilfe dieses Vorlesungsskriptes beantwortet werden. Sollten Sie Schwierigkeiten haben, wenden Sie sich nach den Vorlesungen an mich oder besuchen Sie mein Kolloquium oder senden Sie mir eine E-Mail. Prof. Dr. Rainer Maure - 141 - © RAINER MAURER, Pforzheim 3.4. Kontrollfragen 1. Leiten Sie den Zusammenhang zwischen Leistungsbilanz und Kapitalbilanz aus der BIP-Verwendungsrechnung her. 2. Welche Transaktionen werden in der Kapitalbilanz verbucht, welche Transaktionen werden in der Leistungsbilanz verbucht? 3. Was ist die Zahlungsbilanz? 4. Warum ist die Zahlungsbilanz immer ausgeglichen? 5. Muss die Leistungsbilanz ausgeglichen sein? 6. Welche Faktoren bestimmen die Grenze für die Verschuldung eines Landes gegenüber dem Ausland? 7. Welche Gründe können zu längerfristigen Leistungsbilanzdefiziten führen? 8. Wie wirkt das Staatsdefizit auf die Leistungsbilanz? 9. Wie ist der Wechselkurs definiert? Prof. Dr. Rainer Maure - 142 - 3.4. Kontrollfragen 10. Der $-Wechselkurs des € beträgt 1,5$€; der ¥-Wechselkurs des € beträgt 0,15 ¥€. Bestimmen Sie den $-Wechselkurs des ¥. 11. Erläutern Sie die Kaufkraftparitätentheorie. 12. Welchen Einfluss haben Transportkosten auf die Geltung der Kaufkraftparität zwischen den Währungen zweier Länder? Begründen Sie Ihre Aussagen. 13. Welchen Einfluss haben Handelszölle auf die Geltung der Kaufkraftparität zwischen den Währungen zweier Länder? Begründen Sie Ihre Aussagen. 14. Leiten Sie die Zinsarbitragegleichung her. © RAINER MAURER, Pforzheim 15. Beschreiben Sie verbal, wie Devisenmarktinterventionen der Notenbank auf das inländische Preisniveau wirken. 16. Erläutern Sie wie die Geldpolitik über den Zinsparitätenkanal auf den Wechselkurs wirkt. 17. Erläutern Sie wie die Geldpolitik über den Kaufkraftparitätenkanal auf den Wechselkurs wirkt. Prof. Dr. Rainer Maure - 143 - 3.4. Kontrollfragen 18. Beschreiben Sie die Funktionsweise der Bretton-Woods-Systems. 19. Erläutern Sie die Gründe für den Zusammenbruch des BrettonWoods-Systems. 20. Beschreiben Sie anhand folgender Darstellung des Devisenmarktes den Einfluss der Notenbank auf den Wechselkurs. e=$/€ €-Angebot © RAINER MAURER, Pforzheim e1 €-Nachfrage DM1 Prof. Dr. Rainer Maure Devisen in € - 144 - 3.4. Kontrollfragen 21. Beschreiben Sie anhand des Diagramms, wie ein Anstieg des DMAngebotes auf den Wechselkurs wirkt und was die Notenbank dagegen unternehmen kann. e = $ / DM DM-Angebot © RAINER MAURER, Pforzheim e1 Prof. Dr. Rainer Maure DM-Nachfrage DM1 Devisen in DM - 145 - 3.4. Kontrollfragen 22. Beschreiben Sie anhand des Diagramms, wie ein Anstieg der DMNachfrage auf den Wechselkurs wirkt und was die Notenbank dagegen unternehmen kann. e = $ / DM DM-Angebot © RAINER MAURER, Pforzheim e1 Prof. Dr. Rainer Maure DM-Nachfrage DM1 Devisen in DM - 146 - 3.4. Kontrollfragen 23. Kann es in einem System fester Wechselkurse eine unabhängige Notenbank geben? 24. Kann es in einem System flexibler Wechselkurse eine unabhängige Notenbank geben? 25. Erläutern Sie, wie ein Fremdwährungskredit zur Absicherung des Wechselkursrisikos von Handelsgeschäften eingesetzt werden kann. © RAINER MAURER, Pforzheim 26. Erläutern Sie, wie ein Devisentermingeschäft zur Absicherung des Wechselkursrisikos von Handelsgeschäften eingesetzt werden kann. 27. Erläutern Sie, wie ein Devisenoptionsgeschäft zur Absicherung des Wechselkursrisikos von Handelsgeschäften eingesetzt werden kann. Prof. Dr. Rainer Maure - 147 - 3.4. Kontrollfragen 28. Erläutern Sie, wie der „monetäre Effizienzgewinn“ beim Beitritt in eine Währungsunion zustande kommt. 29. Erläutern Sie, wodurch beim Beitritt in eine Währungsunion "Stabilitätskosten" entstehen. 30. Wovon hängt der Effizienzgewinn eines Beitritts in eine Währungsunion ab? © RAINER MAURER, Pforzheim 31. Wovon hängen die Stabilitätskosten eines Beitritts in eine Währungsunion ab? Prof. Dr. Rainer Maure - 148 - 3.4. Kontrollfragen 32. Erläutern Sie wie der Grad der ökonomischen Integration zwischen Währungsunion und Beitrittsland auf den Effizienzgewinn und auf die Stabilitätskosten eines Beitritts zu einer Währungsunion wirken. 33. Wie ist der "GDP-Gap" definiert? 34. Wie kann man die Synchronismus der Konjunkturen zweier Länder vergleichen? © RAINER MAURER, Pforzheim 35. Welche empirischen Größen kann man zur Analyse der Frage verwenden, ob eine Währungsunion ein optimaler Währungsraum im Sinne der Theorie Mundells ist? Wie lautet die Interpretation dieser Größen? 36. Ein Maschinenbauunternehmen kann eine Maschine zu 30 000 $ mit Zahlung in einem Monat in die USA liefern. Die Produktionskosten der Maschine betragen 24 000 €. Ist eine Wechselkursabsicherung mittels Termin- oder mittels Kreditgeschäft günstiger, wenn folgende Marktbedingungen gegeben sind: Kassakurs: e € $ = 1,1, Terminkurs: e € $ = 1,2, Dollarzins i$ (Laufzeit 1 Monat): i$ = 2% - 149 - Prof. Dr. Rainer Maure