1 Die Kleider der Christen Kantate So zieht nun an als die

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Die Kleider der Christen
Kantate
So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches
Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; und ertrage einer den andern und
vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr
euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das
Band der Vollkommenheit. Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in einem
Leib, regiere in euren Herzen; und seid dankbar. Lasst das Wort Christi reichlich unter
euch wohnen; lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen
und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. Und alles, was ihr tut mit
Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem
Vater, durch ihn.
Kolosser 3,12-17
"Kleider machen Leute", sagt das Sprichwort und meint damit, dass eine bestimmte Kleidung
einen Menschen in den Augen der anderen zu dem macht, was die Kleidung bedeutet. An der
Kleidung können wir z.B. erkennen, ob jemand ein Verkehrspolizist ist oder ein Soldat oder eine
Krankenschwester; oder ob jemand zum Baden geht, zum Tennisspiel oder zu einer Feier.
Auch von uns selber wissen wir, wie eine bestimmte Kleidung unser Lebensgefühl beeinflussen
kann. Es hat einen großen Einfluss auf unsere Stimmung, ob wir unser Arbeitszeug oder
unseren besten Anzug oder unser bestes Kleid anhaben, ob wir in Freizeitkleidung oder in einer
Uniform stecken. Unsere Kleidung passen wir dem an, was wir gerade tun, sei es bei der
täglichen Arbeit, auf dem Sportplatz, bei einem Konzert oder auf einer Hochzeit.
Der Apostel Paulus spricht auch vom Anziehen einer bestimmten Kleidung. Aber er meint keine
Kleidung aus gewebtem Stoff, sondern eine "Kleidung" im übertragenen Sinn. Er meint eine
"Kleidung", dessen einzelne Teile aus bestimmten Eigenschaften bestehen, nämlich aus
herzlichem Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, und Geduld.
Bevor wir darüber noch genaueres hören, müssen wir uns erst einmal damit beschäftigen, wer
diese Kleidung denn anziehen soll. Kleidung muss ja zu der Person passen, die sie trägt. Wir
ziehen nicht irgendetwas an, sondern das, was uns gefällt und was uns steht. Unsere Kleidung
muss die richtige Größe haben und wir achten darauf, dass sie zu unserem Typ passt.
Auch Paulus weist darauf, dass die Kleidung, von der er spricht, von bestimmten Menschen
getragen werden soll. Die "Auserwählten Gottes als die Heiligen und Geliebten", sollen sie
tragen. Wer von Gott auserwählt ist, wer von ihm geheiligt und geliebt wird, dem passt und steht
diese Kleidung. Der soll sie anziehen. Der ist auf rechte Weise mit ihr gekleidet. Das leuchtet
uns ein, dass jemand, der in solcher besonderen Weise mit Gott verbunden ist, auch solch eine
besondere Kleidung trägt. Er ist der rechte "Typ" für diese Kleidung.
Wer aber sind diese Auserwählten Gottes, die dieses Kleid tragen sollen? Wer sind die Heiligen
und Geliebten? Um diese Auserwählten zu finden, brauchen wir nicht erst lange zu suchen und
uns nicht weit umzusehen. Denn Paulus meint uns! Wir sind diese von Gott Auserwählten. Wir
sind angeredet und aufgefordert, diese Kleidung aus herzlichem Erbarmen, Freundlichkeit,
Demut, Sanftmut und Geduld anzulegen. Wir also sollen diese Eigenschaften wie ein Kleid
anziehen, so dass sie uns ganz umhüllen und umgeben und unser Leben von allen Seiten
bestimmen.
Macht Paulus sich über uns lustig, wenn er uns dazu auffordert? Passt nicht das alte Kleid der
Sünde viel besser zu unserem "Typ" als das neue Kleid Gottes? Sind wir nicht weit davon
entfernt, Auserwählte und Heilige Gottes zu sein? Nein, Paulus meint es ernst damit, wenn er
uns als die Auserwählten Gottes und als die Heiligen und Geliebten anredet. Und er ist
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überzeugt davon, dass uns dieses neue Kleid steht. Deshalb fordert er uns auf, es anzuziehen.
Wir dürfen das allerdings nicht so verstehen, als ob Paulus uns deshalb mit solchen
Würdenamen anredet, weil unser Verdienst und unsere Fähigkeiten dazu Anlass geben, und
uns solche Ehrentitel sozusagen von Rechts wegen zustehen würden. Paulus nennt uns
deshalb so und nicht anders, weil Gott uns dazu gemacht hat.
Durch seinen Sohn Jesus Christus hat er uns zu seinen Auserwählten gemacht. Durch dessen
Leiden und Sterben ist unsere Sünde, die uns von Gott trennt, getilgt. Und seine Auferstehung
von den Toten hat den Teufel besiegt, die Pforten der Hölle zerstört und die Tür in das neue
Leben in der Gemeinschaft mit Gott aufgestoßen.
Dass dieses Heilswerk des Herrn Christus auch uns ganz persönlich gilt, wissen wir seit unserer
Taufe. Durch sie ist uns die Gerechtigkeit des Herrn Christus angezogen worden wie ein Kleid.
Durch sie sind wir geheiligt und zu solchen Menschen geworden, die von Gott geliebt werden.
Durch diese Taten Gottes an uns zu unserer Erlösung hat unser Leben nicht nur einen neuen
Inhalt und Sinn bekommen, sondern auch eine neue Richtung. Unsere Schuld muss uns nicht
mehr plagen. Wir leben durch den Herrn Christus in einer neuen Gemeinschaft mit Gott, die
darauf beruht, dass Gott uns vergeben hat.
Von daher fordert Paulus uns auf, das "neue Kleid" anzuziehen. Und wenn er dabei nicht
einfach sagt: "Lebt so" oder "seid so", wie es sich für Christen gehört, sondern ausdrücklich vom
"anziehen" spricht, so will er damit etwas ganz Besonderes deutlich machen.
Er will uns damit darauf aufmerksam machen, dass diese Eigenschaften, von denen er spricht,
nicht aus uns heraus kommen, dass sie nicht selbstverständlich zu uns gehören wir z.B. unsere
Haut, die ein Teil von uns ist, sondern dass sie eben wie ein Kleidungsstück von außerhalb von
uns kommen. So wie wir uns ein Kleid oder einen Anzug kaufen und anziehen und uns damit
schmücken, so sollen wir mit der Gerechtigkeit Christi auch herzliches Erbarmen, Freundlichkeit,
Demut, Sanftmut und Geduld anziehen und uns damit zur Ehre unseres Herrn schmücken.
Als von Gott Geliebte sollen wir ein Spiegelbild dessen sein, was unser Herr für uns getan hat.
Deshalb gehört erst einmal das herzliche Erbarmen zu unserem "Kleid" des Glaubens. Von
unserem Herrn hören wir es immer wieder, wie er sich über die Menschen in ihren vielen Nöten
erbarmt hat. Ja, wir selber leben allein von seiner Barmherzigkeit.
Deshalb sollen auch wir herzliches Mitgefühl zeigen bei den Nöten unseres Nächsten und sollen
helfen, wo Menschen in Not sind. Wir sollen das, was der andere zu tragen hat, teilen und ihm
beistehen.
Zu dem "Kleid", das wir anziehen sollen, gehört auch die Freundlichkeit. Das ist die rechte
Weise, wie wir miteinander umgehen sollen. Nicht in der Haltung der Überheblichkeit und des
Zurechtweisens oder mit ständigem Nörgeln und Schimpfen sollen wir den anderen begegnen,
sondern in einer Weise, die es gut mit ihm meint und auf die man sich verlassen kann. Der Ton
macht die Musik, sagen wir. Das gilt auch für den Ton beim Umgang miteinander.
Auch die Demut ist ein Teil des neuen Kleides. Sie spielt sich nicht selbst auf und begehrt nicht
die Ehrenplätze. Sie ist nicht in sich selbst verliebt und hält sich nicht selbst für klug, sondern
hält sich herunter zu den geringen Dingen (Römer 12,16).
Die Sanftmut ist gütig und mild. Sie braust nicht auf und verliert nicht die Selbstkontrolle. Und
die Geduld hat einen langen Atem. Sie kann warten und vertraut sich Gottes Führung getrost
an.
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Paulus ermahnt uns auch zum Tragen und Ertragen des Anderen. Das ist mehr, als sich "mal
wieder zu vertragen", wie Kinder es öfter tun, nachdem sie sich gezankt haben. Um Menschen
auf Dauer zu ertragen, brauchen wir Gottes neues Kleid, damit wir auch einmal die Launen und
Eigenheiten des anderen schlucken können.
Wir brauchen dazu und zu allen anderen Weisen unseres Verhaltens ein Herz, das vergeben
kann. Deshalb bringt Paulus seine Ermahnung damit zum Abschluss und Ziel, dass er sagt:
"Vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch
vergeben hat, so vergebt auch ihr!"
Das bedeutet nicht, dass wir immer alle Fehler und Streitigkeiten ohne ein Wort vergeben und
vergessen müssen. Eine berechtigte Klage darf und soll auch ausgesprochen werden.
Allerdings nicht, um damit jemanden öffentlich bloßzustellen, sondern damit seine Schuld
ausgelöscht werden kann. So handeln wir ja auch am Anfang jedes Gottesdienstes. Wir
bekommen keine automatische Generalvergebung, weil Gott aus lauter Milde alle Augen
zudrückt, sondern er vergibt uns auf das Bekenntnis unserer Sünde hin und auf Grund unsere
Bitte um Gnade um seines Sohnes willen. Wirkliche Vergebung geschieht nur auf diese Weise.
Alle diese Eigenschaften werden wie die Stoffbahnen eines Kleides, durch einen Gürtel
zusammengehalten. Dieser Gürtel ist die Liebe. "Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist
das Band der Vollkommenheit", sagt Paulus. Durch die Liebe werden die einzelnen
Verhaltensweisen zu einem Ganzen. Herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut,
Geduld und das einer den andern Ertragen und Vergeben ist nur möglich und macht nur dann
Sinn, wenn es in Liebe geschieht.
So wird das Bild vom Kleid, das Paulus gebraucht, zu einem Bild unseres Herrn Christus. Er ist
damit beschrieben. Genauso kennen wir ihn, genauso hat er sich uns gegenüber verhalten und
tut er es noch heute und alle Tage. Unser Herr ist nicht mit sich selber beschäftigt, sondern
immer nur mit uns. Er ist allezeit um uns besorgt und an uns interessiert und scheint sich selber
ganz und gar zu vergessen.
Dabei machen wir es ihm nicht gerade leicht, weil wir so oft andere Wege gehen und uns anders
verhalten als er es von uns haben möchte. Aber er trägt uns, obwohl er viel Anlass hätte, uns
abzuschütteln. Er vergibt uns - nicht nur siebenmal, sondern siebzig mal siebenmal, also immer.
Er hat sich um unsertwillen gedemütigt und begegnet uns in Sanftmut und Geduld, obwohl er
es nun wirklich nicht nötig hätte.
Wir aber haben diesen unseren Herrn angezogen und sollen damit so sein wie er. Seit unserer
Taufe passt das neue Kleid zu unserem "Typ" und wir dürfen und sollen es anziehen. Herzliches
Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld und alles andere, was Paulus nennt, soll
unser Leben ausmachen.
Wie aber steht es mit unserem Verhalten untereinander? Leben wir in einer Gemeinschaft, die
so beschrieben werden kann? Wie steht es mit unserem Erbarmen über den Anderen und mit
unsrem ihm Helfen in seinen Nöten? Wie steht es mit unserem geduldig aufeinander Hören und
aneinander Tragen und Festhalten? Wie sieht es aus mit unserer Bereitschaft zum Begraben
und Vergeben alter Schuld? Wie herrlich glänzt der Gürtel der Liebe, der uns in allem
schmücken soll?
Bei diesen Fragen kommt dazu, dass wir dieses Kleid immer tragen sollen. Wir sollen es nicht
nur Sonntags anlegen, sondern am Sonntag und am Alltag. "Alles, was ihr tut mit Worten oder
mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn",
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sagt Paulus. Das ist die Formel für das, was christliches Leben ist. Das ist der Maßstab, an dem
wir uns ausrichten sollen in allem, was wir sind und tun!
Wir wissen, dass unser Leben anders aussieht und oftmals auch ganz anders, ja oft genug das
genaue Gegenteil davon ist. Wir wissen, wie weit wir von dem entfernt sind, was Paulus hier
sagt. Wir kennen uns selber gut genug, als dass wir uns seine Mahnung ruhig anhören können.
Sie trifft uns und wir haben sie nötig. Deshalb wollen wir auch das von Paulus annehmen, was
er sonst noch sagt. Er zeigt uns nämlich, wie wir solch ein Leben im neuen Kleid führen können,
ohne es ständig zu zerreißen und schmutzig zu machen.
Dazu appelliert Paulus nicht an unsere eigenen Kräfte. Er ruft uns nicht dazu auf, uns doch
zusammenzureißen und alles zu tun, was in unserer Macht steht, um das neue Leben zu führen,
sondern er tut etwas ganz anderes. Er weist uns auf die Stelle, wo wir allein die Kraft für solch
ein Leben bekommen können. Das aber ist der Gottesdienst, wo Gott uns begegnet und wo er
uns seine Gaben schenkt, die wir gebrauchen sollen.
"Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen; lehrt und ermahnt einander in aller
Weisheit", fordert der Apostel uns deshalb auf. Der Herrn Christus will in seinem Wort unter uns
wohnen. Er will nicht nur wie ein seltener Gast ab und zu für kurze Zeit flüchtig von uns
aufgenommen werden, sondern permanent unter uns wohnen. Er will eine Bleibe, ein Heim
bei uns haben.
Und wir sollen sein Wort reichlich unter uns wirken lassen. Ein nur seltener Gottesdienstbesuch
und ein nur loser Kontakt mit Gemeinde und Kirche genügt nicht zur Gestaltung eines
christlichen Lebens! Solange wir uns der Predigt des Evangeliums entziehen, kann es bei uns
gar nicht aussehen, weil es aussehen soll.
Wenn wir Gottes Wort reichlich unter uns wirken lassen, kommt es auch zu dem, woran uns der
heutige Sonntag Kantate ganz besonders erinnert und wozu er uns auffordert, nämlich dass wir
Gott dankbar in unseren Herzen singen mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern. Die
Musik im Gottesdienst ist ein besonderer Dienst am Wort Gottes. Mit unseren Liedern sollen wir
uns die Heilstaten Gottes zu unserer Ermutigung, zum Trost und zur gemeinsamen Freude
zu-singen und unseren Schöpfer und Erlöser damit preisen!
Dazu haben wir wahrlich immer Grund und Ursache genug. Darum lasst uns das neue Kleid
anziehen, den Gürtel der Liebe umbinden und Gott mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen
Liedern dankbar in unseren Herzen singen. Er wolle uns unsere Herzen, Munde und Hände
dazu öffnen. Amen.
Herr, dreieiniger Gott, wir loben und preisen dich mit unserem Gesang. Nimm dieses Lobopfer
an als unseren Dank dafür, dass du uns aus vielen Gefahren und Nöten gerettet hast,
besonders aber, dass du unseren größten Feind, den Tod zunichte gemacht hast durch das
unschuldige Leiden und Sterben deines Sohnes Jesus Christus und seine Auferweckung von
den Toten. Dir sei Ehre und Ruhm und Preis bis in alle Ewigkeit. Amen.
Wittenberg, 2. Mai 2010
Peter Ahlers
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