Trias: Das Herz-Buch: Bypass, Ballondilatation, Stents

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Inhalt
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Das Herz ist ein Muskel – und das
Pumpwerk des Körpers. Erfahren und
verstehen Sie, wie das Organ aufgebaut
ist, woran es erkranken kann. Lesen
Sie, wie Mediziner den Ursachen auf
die Spur kommen und für Sie die beste
Therapie entwickeln.
Ballondilatation, Stent oder Bypass? Erfahren Sie, welche Therapie sich bei welchem Befund am besten eignet; wie die
Untersuchungen und Therapien funktionieren. Mit den Daten und Fakten werden
Sie Ihr Wissen vertiefen und so ein wenig
Angst vor den Eingriffen verlieren.
6 Liebe Leserin, lieber Leser
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48 Herzkatheter: Ballondilatation und Stent
Der Motor des Lebens
10 Wie sieht das Herz eigentlich aus?
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Der Weg des Blutes
Klappen – die Blutschleusen
Herzschlag – reine Muskelsache
Im Netz der Herzkranzgefäße
Was erregt das Herz?
Herz im Konzert mit anderen Organen
22 Die koronare Herzerkrankung
23 Entwicklung der koronaren Herzkrankheit
25 Wie alarmiert das Herz?
28 Frauenherzen schlagen anders
33 Vom Symptom zur Diagnose
34 Welche Untersuchungen sind nötig?
44 Das Ergebnis steht fest
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Herz auf dem Prüfstand
Herzkatheter oder Bypass?
Was passiert vor dem Katheter?
Herzkatheter zur Diagnostik
Der therapeutische Herzkatheter
Herzkatheter: Stent
Was passiert nach dem Katheter?
66 Die Bypassoperation
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Ersatz von Adern – wie geht das?
Was ist eine Herz-Lungen-Maschine?
Was passiert nach der Bypassoperation?
Wie verhalte ich mich nach dem Eingriff?
81 Bleibt die Seele unberührt?
81
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86
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Was macht Angst, was ist Chance?
Die Phasen der Verarbeitung
Psychosoziale Risikofaktoren
Herz entzwei: Takotsubo-Kardiomyopathie
Inhalt
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Gewinnen Sie Ihre Lebensfreude
zurück! Lesen Sie, wie wichtig die Rehabilitation ist und wie Sie Ihre Genesung
unterstützen können. Sie erhalten
zudem viele Informationen über Medikamente, die Sie vorübergehend und
dauerhaft nehmen sollten.
Fit bleiben und das Leben genießen.
Lesen Sie, wie Sie über Ernährung und
Bewegung Ihren Körper bei der Gesund­
erhaltung helfen. Gewinnen Sie wieder
Vertrauen in Ihren Körper – gehen Sie
auf Reisen, in die Sauna, leben Sie Ihre
Partnerschaft.
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Heilen und erholen
96 Der Weg zur Gesundung – die Reha
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104
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Phase I – Frühmobilisation
Phase II – Rehabilitation im Anschluss
Phase III – lebenslange Nachsorge
Ambulante Betreuung
Was macht der Hausarzt, was der
­Kardiologe?
106 Selbsthilfegruppen und Herzsport­
gruppen
140 Partnerschaft und Sexualität
142Kinderwunsch
143 Besonderheiten bei Reisen
144 Sauna-Regeln und Tipps
145 Herzkrank und berufstätig sein
146 Was muss ich im Berufsleben beachten?
147 Wann kommt eine Berentung infrage?
147 Was bedeutet der Grad der Behinderung?
149Glossar
108 Medikamentöse Therapie der KHK
151Anhang
108 Steckbriefe der Medikamente
117 Was ist bei der Einnahme zu beachten?
156Register
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Zurück im Leben
122 Vorbeugen und den Lebensstil ändern
123 Mit Bewegung Körper und Seele helfen
126 Mit gutem Essen fit bleiben
137 Diabetes – oft spät erkannt,
aber bedeutsam
SPECIAL
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88
131
Gefühle und Herz
Weitere Herzerkrankungen
Herzrhythmusstörungen
Wie bewältige ich Stress?
Abnehmen, ohne zu hungern
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Wie bewältige ich Stress?
Stress erkennen – Herz
­schonen
Holm Rübsam
Für einen anhaltenden Erfolg einer Bypassoperation, Ballondilatation oder
Stentimplantation ist nachgewiesen, dass der richtige Umgang mit Stress sehr
wichtig ist. Da Stress nicht gleich Stress ist und der Begriff heute sehr inflationär verwendet wird, ist es wichtig, sein wahres Gesicht und seine Mechanismen
zu kennen.
D
ie Spezies Mensch ist sehr
alt. Stress im uralten Sinne
hieß für unsere Vorfahren:
Gefahr droht, also muss ich mit
Flucht oder Kampf reagieren.
Für das Überleben war also die
Bereitstellung eines Höchstmaßes an Energie erforderlich:
Muskeln verbrauchen in diesen
Situationen viel Energie, während die Versorgung anderer
Bereiche, z. B. der inneren
Organe, reduziert wird.
Diese Reaktionsweise auf
Stress haben wir vererbt bekommen. Aber: Waren damals
diese Reaktionen überlebensnotwendig, können Sie
heute die Basis für Probleme
darstellen. Unsere heutige
Lebens- und Arbeitsplatzsituation braucht meist nur noch
einen gut funktionierenden
Kopf, aber kaum noch Muskelkraft. Von daher produzieren
wir meist einen konstanten
Energieüberschuss, der quasi
im »Körper steckenbleibt«.
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Was geschieht unter
Stress?
Kurz gesagt: Das sympathische (Energie und Bereitschaft
erzeugende) Nervensystem ist
aktiviert.
Dies führt auf der körperlichen
Ebene zu:
▬▬erhöhter Atemfrequenz,
▬▬gesteigertem Puls und
Blutdruck,
▬▬erhöhter Muskelspannung,
▬▬verstärkter Blutgerinnung,
▬▬Freisetzung von Zucker und
Fettstoffen,
▬▬herabgesetzter Verdauung,
▬▬reduzierter Immunkom­
petenz,
▬▬verminderter Sexual­
funktion.
Stress – Heute?
Diese Mechanismen haben
unseren Vorfahren oft das
Leben gerettet. Heute helfen
uns unsere Notfallprogramme bei Zeitdruck, Problemen
beim Autofahren, lärmenden
Nachbarn usw. nicht – denn
wir können nicht mit Kampf
oder Flucht reagieren. Auch die
Möglichkeit, die Muskelkraft
in Bewegung umzuwandeln,
wie es unsere Vorfahren ganz
selbstverständlich taten, ist
heute kaum noch vorhanden.
Wir verspüren meist nur noch
das Gefühl (z. B. »weglaufen zu
wollen«), können es aber in der
Regel nicht direkt umsetzen.
Stress – Heute – und
nun?
Ist das sympathische Nervensystem ständig erregt,
kann das zu Herz-KreislaufErkrankungen führen. Ein
erhöhter Muskeltonus kann
z. B. Verspannungen, Gelenk- und Haltungsschäden
sowie Spannungskopfschmerz
verursachen. Ein erhöhter
Cholesterinspiegel erhöht
das Schlaganfallrisiko. Ein
erhöhter Zuckerspiegel erhöht
Wie bewältige ich Stress? Stress erkennen – Herz ­schonen
die Gefahr von Leber- und
anderen Organerkrankungen.
Die verminderte Darmtätigkeit
kann zu Magen-Darm-Erkrankungen führen. Hinzu kommt,
dass bei Dauerbelastung auch
die Immunabwehr des Körpers
geschwächt wird. Durch diese
chronische Belastung ist auch
ständig die innere Alarmbereitschaft erhöht. Das führt zu
Erschöpfung und Leistungsverlust (»Burn-out«), hinzu kommt
der heutige Lebenswandel: Wir
bewegen uns zu wenig, schlafen zu wenig, machen auf der
Arbeit keine Pausen, nehmen
Suchtmittel usw. Dies alles
kann zu einem Teufelskreis
mit gegenseitiger Verstärkung
führen.
Ist Stress immer
schädlich?
Nur das Fehlen eines gesunden
Wechsels zwischen Phasen
der Belastung und Phasen der
Entlastung, also Dauerspannungen, stellen ein Problem für
unser System dar. Ein gewisses
Maß Stress/Anforderungen ist
lebensnotwendig. Ein leichter,
anregender Stress ist lern- und
leistungsfördernd. Natürlich
erlebt und bewertet jeder
Stress anders. Was ein Mensch
als »normal« empfindet, kann
für den Nächsten bereits eine
Überforderung darstellen. Wie
ich meine eigenen Fähigkeiten
zur Bewältigung sehe, entscheidet mit darüber, in welchem Ausmaß ich eine Aufgabe
als Stress erlebe. Generell gilt:
Immer wenn wir Menschen das
Gefühl haben, dass »uns etwas
über den Kopf wächst«, oder
wenn wir den Eindruck haben,
»die Kontrolle zu verlieren«,
dann fühlen wir uns gestresst.
Abschließend sei gesagt:
Sowohl die Über- als auch die
Unterforderung stellen auf
Dauer die gleiche Belastung
für unser System aus Körper,
Seele, Geist dar.
Stress vermeiden –
Herz schonen
▬▬Finden Sie Ihre Stressauslöser und Ihre eigene Art,
auf Stress zu reagieren.
Setzen Sie sich in Ruhe mit
Ihren täglichen Anforderungen und Ihren Reaktionen
(körperlich und seelisch)
auseinander.
▬▬Finden Sie Möglichkeiten,
kurzfristig Ihre Stressreaktionen zu mildern (z. B. den
Raum verlassen, ruhig durchatmen, bewusstes Loslassen
der Muskelanspannung
usw.). Dies beseitigt nicht
die Ursache, reduziert aber
die körperliche Reaktion!
▬▬Suchen Sie die Ursachen für
Ihren Stress und reduzieren
Sie ihn langfristig.
▬▬Sollten Sie alleine nicht in
der Lage sein, Veränderungen in Ihrem als stressig
erkannten Alltag zu leisten,
weil Sie z. B. das Gefühl
haben, dass »es ja allen so
gehe«, gönnen Sie sich ein
vertrauensvolles Gespräch
mit Ihren Freunden oder mit
Ihrem Arzt.
Bereits in der Rehabilitation
erhalten Sie Angebote, um mit
Ihrem persönlichen Stressgeschehen besser umgehen zu
können. Als Strategien können
Sie z. B. Entspannungsübungen, autogenes Training oder
Atemtechniken erlernen.
Für viele stellt Sport ein
Ausgleich zu »alltäglichem
Stress« dar. Hier schlagen Sie
gewissermaßen zwei Fliegen
mit einer Klappe. Regelmäßige
sportliche Betätigungen, vor
allem Ausdauersport sei hervorgehoben, senkt das Risiko
weiterer kardiovaskulärer Ereignisse. Sport hat also einen
gefäßprotektiven (= schützenden) Effekt. Gleichzeitig bauen
Sie Ihren Stress ab, indem
die übermäßige Aktivität des
sympathischen (erregenden)
Nervensystems gedrosselt
wird. Sport wirkt im Allgemeinen auch antidepressiv.
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Bleibt die Seele unberührt?
Wissen
Gemeinsam verarbeiten
Nicht nur Betroffene, sondern auch
der Partner, haben intensiven Stress
in Form von Verlust- oder Todesangst
erlebt. Bedenken Sie: Der »Erkrankte«
erhielt medizinische Hilfe, aber der
»Gesunde« wurde verlassen und auch
alleine gelassen – und zwar bildlich
und wörtlich. Nehmen Sie sich Zeit, um
sich gegenseitig zu sagen, wie es Ihnen
geht, was Sie brauchen, aber auch, was
Sie nicht wollen.
bewusst zu machen, dass beide Partner eine
Erfahrung gemacht haben, die die bisherigen
Normen und Werte stark infrage stellt. Dies
geht anfangs oft mit teils tiefer Verunsicherung einher – aber wie jede Krise birgt auch
diese Chancen. Versuchen Sie, sich das stets
vor Augen zu führen.
Sie benötigen beide das Gefühl, dass der andere zuhört und sich in den jeweils anderen
versucht hineinzuversetzen. Zu dem neuen
Umgang gehören oft auch sehr viel Ehrlichkeit und Einsicht – sowie der Mut, eigene
Schwächen zu erkennen, sie sich einzugestehen und auszusprechen. Genauso wichtig ist,
die Schwächen und Unsicherheiten anderer
(etwa die des Partners) anzunehmen und zu
akzeptieren. Das ist nicht immer einfach. Vor
allem dann, wenn der Erkankte vorher in der
Beziehung der stärkere Teil der Gemeinschaft
gewesen ist. Besonders wenn die Beziehung
oder der Freundeskreis zahlreiche Risikofaktoren (z. B. Rauchen) lebt, sollten Sie gemeinsam nach Lösungen suchen. Denn auch wenn
der »Kranke« für sich entschieden hat, das
Rauchen zu beenden, sich mehr zu bewegen
oder sich gesünder zu ernähren, so braucht er
Hilfe und Unterstützung, um es auch wirklich
im Alltag umzusetzen.
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Die Phasen der Verarbeitung (Seite 83)
eines kardialen Ereignisses gelten nicht nur
für den Betroffenen. Viele Angehörige haben
durch die Erkrankung des Partners ebenfalls
die Chance, für sich selbst zu einer veränderten Betrachtungs- und Lebensweise zu kommen. Aus diesem Grund erhalten auch Angehörige schon im Krankenhaus und während
der Rehabilitation die Möglichkeit – alleine
oder mit dem Partner zusammen – mit den
Therapeuten und Ärzten zu sprechen, um eigene Ängste, Logiken und Fragen zu bearbeiten. Das kardiale Ereignis hat nicht nur den
Betroffenen »getroffen«, es ist die Chance für
das gesamte soziale Gefüge, nicht in der Verleugnungsphase (Seite 84) zu verharren,
sondern die Erkrankung zu bewältigen und
neu in das Leben zu starten.
Aber auch die Phase der Gefühle von Angst
und Unsicherheit treffen den Partner genauso wie den Patienten. Da kann es schon
beim ersten Mal im Krankenhaus sein, dass
der Angehörige dem Betroffenen seine Angst
nicht zeigen möchte oder er hat das Gefühl,
dass der Partner jetzt »so komisch ist«, »gar
nicht mehr der, den ich kenne« – oder dass er
eigentlich gar nicht so genau weiß, wie er mit
dem Betroffenen und der Situation überhaupt
umgehen soll. All diese Gefühle sind normal,
sprechen Sie oder Ihr Angehöriger bei Fragen
mit dem Fachpersonal. Beide Seiten müssen
erst lernen, mit der neuen Situation umgehen
zu können.
Tipp
▬▬Vielleicht möchten Sie Ihren Partner
»in Watte packen« oder »so tun, als ob
nichts passiert sei«. Aber: Beide Varianten entsprechen nur einem Extrem. Finden Sie die goldene Mitte.
▬▬Angehörige benötigen Zeit, um mit der
neuen Situation umzugehen. Dies kann
Monate dauern. Viele Fragen ergeben
sich erst im »normalen« Alltag.
Herz entzwei: Takotsubo-Kardiomyopathie
Herz entzwei: Takotsubo-Kardiomyopathie
Ines Härtel
Brigitte, 73 Jahre alt
» Meine Gedanken gingen hin und her
Vor zwei Jahren erhielt ich in den Abendstunden die telefonische Mitteilung meiner
Schwägerin, dass ihr Mann an einer Lungenembolie nach der Gallenblasenoperation
verstorben sei. Das war ein sehr großer Schock für mich! Die Schwester meines Mannes
und ihr Mann waren mir sehr gute Freunde, viele gemeinsame Erlebnisse verbanden
uns. Und nun sollte mein Schwager tot sein? Ich habe die ganze Nacht kaum geschlafen,
Gedanken gingen hin und her, mein bisher immer gut eingestellter Blutdruck stieg in
die Höhe. Am Morgen war ich völlig zerschlagen und kaputt, als wir zu meiner Schwägerin fuhren. Dort angekommen, bekam ich sehr starke, brennende Schmerzen im linken Brustkorb und ich brach zusammen. Mein Mann fuhr mich in unser Krankenhaus,
wo ich sofort auf die Intensivstation gelegt wurde. In mehreren Laboruntersuchungen
hätte sich der Verdacht auf einen Herzinfarkt bestätigt, teilte mir eine junge Ärztin
schließlich mit.
»Die seelische BelasMir ging es inzwischen etwas besser, ich hatte durch Medikamente
tung war zu groß.«
keine Schmerzen mehr. Ich wurde dann mit dem Hubschrauber in eine
größere Klinik zur Herzkatheteruntersuchung geflogen. Daran kann ich
mich gar nicht mehr richtig erinnern. Jedenfalls wurde mir dort dann gesagt, dass meine Herzkranzadern in Ordnung seien, aber die Pumpleistung des Herzens betrug nur
noch 38 Prozent! Schuld daran sei die große seelische Belastung durch den plötzlichen
Tod meines Schwagers, erklärte mir ein Arzt. Er sagte auch, dass sich im Verlauf mit Unterstützung von Medikamenten die Pumpleistung mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder
normalisiere. Im Laufe der nächsten Wochen und Monate ging es mir immer besser. Bei
der Nachkontrolle ein Dreivierteljahr später stellten die Ärzte im Ultraschall wieder eine
ganz normale Pumpleistung des Herzens fest. █
Wenn das Herz entzweibricht … Diese Herzerkrankung heißt Takotsubo-Kardiomyopathie oder Stress-Kardiomyopathie. Die
Erkrankung wurde 1991 in Japan erstmals
beschrieben. Bis heute gibt es Fallberichte aus der ganzen Welt. Die Häufigkeit der
Erkrankung liegt bei ungefähr zwei Prozent
aller Menschen, die mit der Diagnose »akutes
Koronarsyndrom« stationär aufgenommen
werden. Von einer höheren Dunkelziffer (in
Deutschland ­sieben bis zehn Prozent) wird
ausgegangen. Die Diagnose ist seit 2006 als
eigenständige, primär erworbene Kardiomyopathie (Erkrankung des Herzmuskels) in die
Klassifizierung der Herzmuskelerkrankungen
aufgenommen.
Da die Takotsubo-Kardiomyopathie sehr oft
im Zusammenhang mit seelischen Belastungen auftritt, sind auch die Begriffe »Syndrom
des gebrochenen Herzens« oder BrokenHeart-Syndrom gebräuchlich. Davon betroffen sind fast ausschließlich Frauen jenseits
der Wechseljahre.
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Bleibt die Seele unberührt?
Wissen
Auslöser können sein:
▬▬plötzlicher Verlust oder schwere Erkrankung nahestehender Personen
▬▬eigene schwere Erkrankungen
▬▬Streit/schwere Konflikte im persönlichen
Bereich/in der Familie
▬▬Erleben von Gewalt (Überfälle, Naturkatastrophen)
Als Ursache vermuten Mediziner eine extreme Erhöhung von Stresshormonen (sogenannte Katecholamine wie z. B. Adrenalin)
im Blut aufgrund der belastenden Ausnahmesituation. Der Herzmuskel besitzt sehr
viele Rezeptoren (Andockstellen) für diese
Stresshormone, deren »Zuviel« die Regulation der Pumparbeit der Herzmuskulatur
erheblich stört. Warum die meisten betroffenen Frauen im Alter von 60–75 Jahren sind,
ist nicht sicher zu erklären. Auch vermuten
die Mediziner einen Zusammenhang mit
dem verminderten Östrogenspiegel nach den
Wechseljahren.
Kennzeichen der Takotsubo-Kardiomyopathie ist das klinische Bild eines Herzinfarktes
oder eines schweren Angina-pectoris-An-
▼Takotsubo-Kardiomyopathie.
normales
Herz
„Broken
Heart“
linker
Ventrikel
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Wo kommt der Name Takotsubo eigentlich her?
Der Name Takotsubo leitet sich von
einer Tintenfischfalle ab. Die charakteristische Form der Bewegungsstörung
der linken Herzkammer erinnert an ein
Takotsubo, eine japanische Tintenfischfalle. Die spitzennahen Anteile
der Herzmuskulatur arbeiten fast nicht
mehr, sie erscheinen ballonartig aufgetrieben (apical ballooning), wodurch in
der Durchleuchtung der kontrastmittelgefüllten linken Herzkammer das Bild
eines krugähnlichen Gefäßes entsteht,
das die japanischen Erstbeschreiber an
ein Takotsubo erinnerte.
falls. Im EKG und im Labor finden sich in der
Regel typische Zeichen eines Herzinfarktes.
Bei der Herzkatheteruntersuchung sind die
Herzkranzgefäße völlig unauffällig, aber die
Pumpleistung der linken Herzkammer ist in
typischer Weise eingeschränkt. Unter einer
medikamentösen Behandlung mit Betablockern und ACE-Hemmern normalisiert sich
die Herzleistung im Verlauf von acht bis zwölf
Tintenfisch-Falle
(Takotsubo)
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