30 A USBILDUNG UND B ERATUNG LANDPOST 21. AUGUST 2010 Bodenbearbeitung und Saatbettbereitung Konventionell oder konservierend? DieBodenbearbeitungistnebendem Klima und dem Bewuchs ein wesentlicher strukturbildender Faktor und verändert die Grob- und Feinstruktur des Bodens. Die Bodenbearbeitung stellt somit einen tief greifenden Eingriff in den Boden dar. Die Bearbeitungsmaßnahmen prägen die Bodenstruktur im Oberboden und das Relief des Ackers und beeinflussen den Lebensraum für die Bodenfauna und -flora und den Wurzelraum. Der Begriff „Bodenstruktur“ kennzeichnet den Zustand und die Anordnung der Bodenbestandteile. Der Boden hat je nach Aufbau seiner Struktur einen mehr oder weniger großen Anteil an Hohlräumen. Diese als Poren gekennzeichneten Hohlräume haben Einfluss auf die Wasserführung und die Durchlüftung des Bodens. In derVergangenheit bestimmten im Wesentlichen die wendende Bodenlockerung und das tiefe Einmischen von Unkräutern und Ernterückständen die Bearbeitung. Sie verlangten die regelmäßige Anwendung des Pfluges. Umgangssprachlich wurde wurde vom „reinen Tisch“ geredet. Allerdings ist das Ausmaß jährlich tiefer Lockerung vor dem Hintergrund von Kosteneinsparung und Bodenschutz kritisch zu überdenken (Abbildung 1). Eine Reduzierung der Eingriffsintensität verbessert die Aggregierung des Bodens. Die an der Oberfläche befindlichen Ernterückstände mindern die Erosion und Verschlämmung. Keimendes Pflanz- und Saatgut benötigt eine verkrustungsfreie Oberfläche und ein für die Wurzeln gut zugängliches, lockeres Saatbett. Wasser- und Luftleitfähigkeit des Bodens erfordern einen hohen Anteil an Luft und Wasser führenden Grob- und Mittelporen mit einer hohen nutzbaren Feldkapazität. Einzelkornsaat oder Drillsaat – bei Mais, Weizen und Raps eine spannende Frage. Grundsätzlich unterscheiden sich die einzelnen Bearbeitungsgänge im Verfahren nach Eingriffsintensität, Tiefe und Zweck (Abbildung 2): ● Stoppelbearbeitung als flache, die Kapillarität unterbrechende Form, um die Keimung von Ausfallgetreide zu fördern ● Grubbern als tiefere Lockerung und Einmischung organischer Substanz ● Pflügen als krumentiefe, wendende Bearbeitung Konventionelle Bodenbearbeitung Wesentliches Kennzeichen der konventionellen Bodenbearbeitung ist der alljährliche Einsatz des Pfluges in 15 bis 30 cm Tiefe. Dabei wird der Oberboden gewendet, und Unkräuter und organische Reststoffe werden Abbildung 1: Kraftstoffverbrauch & Leistungsbedarf in der Bodenbearbeitung Kraftstoffverbrauch [l/ha] nach Holz 2002 (LK SH) Pflug 16 - 30 l/ha Grubber 8 - 20 l/ha 8 - 18 l/ha Kreiselegge/Drillmaschine Pflug Grubber Kreiselegge v - Arbeit [km/h] 5-7 5-7 5-7 Leistungsbedarf kW/m nach KTBL Arbeitstiefe Bodenart Bodenart [cm] leicht mittel 20 - 30 20 - 35 30 - 60 15 - 25 12 - 25 20 - 45 8 - 10 15 - 30 Bodenart schwer 60 - 120 35 - 80 krumentief eingearbeitet. In Fruchtfolgen mit hohem Anteil an organischer Substanz oder mit Zwischenfruchtanbau spielt dies eine Rolle, namentlich im ökologischen Landbau, der außerdem auf die mechanische Unkrautbekämpfung angewiesen ist. Das Einarbeiten von Stroh und Stoppel kann auch aus Gründen der Feldhygiene notwendig werden, um beispielsweise die Infektionsrisiken von Pilzkrankheiten zu senken. Außerdem bessert es die Funktionssicherheit der Säaggregate. Der Boden wird stark gelockert, sodass ein Packer, meist mit Ringen großen Durchmessers, auf mittlerem Boden auch als Doppelpacker, den Boden wieder verfestigt. Der Pflug hinterlässt eine ebene, von Reststoffen freie Oberfläche. Der Grundbodenbearbeitung kann so die Saatbettbereitung mit herkömmlicher Sätechnik folgen. Dagegen steht der Nachteil einer oft zu feinkrümeligen Oberfläche. Diese ist auf sensiblen Böden direkt der Gefahr der Erosion durch Wind und Wasser ausgesetzt. Bei starken Niederschlägen steigt die Verschlämmungsgefahr. Die Schlagwirkung der Regentropfen zerstört die Oberflächenstruktur, Feinmaterial verschließt die wasserführenden Poren der Oberfläche. Es entstehen Verschlämmung beziehungsweise Verkrustung an der Oberfläche. Als wesentlicher Nachteil des Pfluges gilt stets die Bearbeitungssohle, auch „Pflugsohle“ genannt. Aufgrund einer stets gleichbleibenden Arbeits- tiefe bilden die Pflugschare in der Schnittebene eine verdichtete Zone aus. Andererseits ist vermehrt zu beobachten, dass der Boden in natürlicher Struktur aufbricht, also nicht abgeschert wird. Abbildung 2 Kriterien und Ziele zur Bodenbearbeitung Boden: Strukturverbesserung Beheben von Schäden Erosion Wasserkapazität Bodenleben Befahrbarkeit Pflanze: Feldaufgang Wurzelbildung Fusarium-Risiko Mineralisierung Strohmanagement Unkrautprophylaxe Wirtschaftlichkeit: Schlagkraft Kombination von Effekten Arbeits- und Maschinenbedarf Kontrollbedarf Managementfähigkeit Investitionskosten Dieselverbrauch Verfahrenskosten Ertragssicherheit Betriebsorganisation 21. AUGUST 2010 31 Konservierende, nicht wendende Bodenbearbeitung für mehr Erosionsschutz. Fotos: Prof. Dr. Yves Reckleben Das Schlepperrad in der Furche trägt horizontale und vertikale Kräfte in der Tiefe ein. Mit der zunehmenden Arbeitsbreite geht dieser Nachteil zurück. Außerdem wird – im Gegensatz zu früher – mit bodenschonender Bereifung gearbeitet. Konservierende Bodenbearbeitung Die konservierende Bodenbearbeitung verzichtet als wesentliches Kennzeichen auf den Pflug und die Wendung des Bodens. Die Bearbeitungsintensität wird hinsichtlich der Art, Häufigkeit und Eingriffstiefe gegenüber der konventionellen Bearbeitung reduziert. So werden die organischen Reste der Vorfrucht je nach Arbeitsverfahren und Arbeitstiefe in den Oberboden eingemischt, oder sie verbleiben an der Ackeroberfläche. Mit Blick auf die Sätechnik ergeben sich daraus als Verfahren: ● Mulchsaat: Die Erntereste werden an oder nahe der Oberfläche belassen, die Aussaat erfolgt in die vorhandene Mulchschicht. ● Direktsaat: Diese Form der Bodenbestellung ist definiert als eine Bestellung ohne jegliche Bodenbearbeitung seit der vorangegangen Ernte. Die Direktsaat hat unter unseren klimatischen Verhältnissen keine Bedeutung. Die Mulchsaat hingegen bietet – je nach Technik und Ziel – vielfältige, bewährte Erscheinungsformen. Ein wichtiger Grund liegt in der Verminderung von Erosion durch Wasser und Wind. Das gilt für gefährdete Standorte, Hanglagen, schluffhaltige Böden seit eh und je. Es trifft aktuell all die Praktiker, die den finanziellen Anreiz aus staatlichen Förderprogrammen nutzen wollen. Die Prämie wird mit der Prophylaxe gegenüber Boden und Nährstoffaustrag begründet. Grundsätzlich gilt, dass das Erosionsrisiko mit abnehmender Intensität der jährlichen Bodenbearbeitung geringer wird. Bei der konservierenden Bodenbearbeitung entfällt die starke Bodenwendung, und die Erntereste verbleiben an der Oberfläche, sodass die Aussaat in die Erntereste erfolgt. Der Boden ist somit länger bedeckt als bei der konventionellen Bodenbearbeitung und weniger den Witterungseinflüssen ausgesetzt. Das Belassen von Pflanzenresten auf oder nahe der Bodenoberfläche stellt in Kombination mit einem intakten Bodengefüge eine wirksame Maßnahme zur Vorbeugung gegenüber Erosion, Oberflächenabfluss und Verschlämmung dar. Denn die Pflanzenreste dämpfen die Aufprallenergie der Regentropfen, und sie behindern als Miniaturdamm das Abfließen des Wassers oder Wirken des Windes. Das bedeutet also: je höher der Bedeckungsgrad, desto besser der Effekt. Die öffentliche Förderung kann dazu führen, dass diese Bedeckung über Kennwerte kontrolliert wird. Zielkonflikte mögen bestehen: Obenaufliegendes Stroh bindet Niederschlag, der nicht dem Boden zugutekommt. Der Häcksler am Mähdrescher soll das Stroh kurz häckseln, damit es gut zu verteilen ist und schnell im Boden umgesetzt wird. Dann lässt also die „mechanische Wirkung“ nach. Andererseits: Je feiner das Stroh gehäckselt und mit dem Boden vermischt ist, als desto geringer wird wegen der mikrobiel- 32 A USBILDUNG UND B ERATUNG LANDPOST Maisfeldtage Schleswig-Holstein 2010 Abbildung 3: Systeme der Bodenbearbeitung Bodenbearbeitungssysteme mit Pflug konventionell wendend ohne Pflug konservierend nicht wendend 21. AUGUST 2010 Den Frühbezug nutzen ohne Bodenbearbeitung Direktsaat „No Till“ Intensität Befahrbarkeit Erosionsgefahr Flächenleistung len Umsetzung das Risiko von Pilz- ker ausgesetzt ist. Ernterückstände auf der Oberfläche minimieren die infektionen eingeschätzt. Verdunstung. Bei Verfahren der konservierenden Bodenbearbeitung ist Erosionsgefahr durch die ständige Bodenbedeckung in Betracht ziehen beziehungsweise die oberflächennahe Einarbeitung der Erntereste die VerZu bedenken ist vor Ort, wann die dunstung im Vergleich zur konventioRisiken der Erosion primär bestehen: nellen Bodenbearbeitung durch den über Winter angesichts der starken, Pflug wesentlich geringer. andauernden Niederschläge auf den Aufgrund der höheren Bodenfeuchgesättigten Boden, mit oder ohne Be- te und der dichteren Lagerung erwärwuchs an Wintergetreide. Das andere men sich die konservierend bearbeiExtrem bildet im Frühjahr die noch teten Standorte im Frühjahr langsaoffene Fläche mit Hackfrucht oder mer, sodass es zu einer späteren NMais, die dem Risiko von Sturm oder Mineralisation gegenüber den geGewitter ausgesetzt ist. Über diesen pflügten Varianten kommt. Effekt an der Oberfläche hinaus kommt der Wirkung im Boden auf Struktur und Bodenleben Bedeutung Fazit zu. Durch den Pflugverzicht kommt es Im Wettbewerb der Verfahren im Oberboden zu einer Akkumulation kommt es wesentlich darauf an, von Nährstoffen, da diese nicht mehr dass der Betriebsleiter die in tiefere Bodenschichten eingeSchwierigkeiten beherrscht, die mischt werden, sondern im Hauptwurder Pflugverzicht mit sich bringen zelraum der Pflanzen verbleiben. Das kann. Auf keinen Fall darf das Eraber hängt davon ab, wie tief der tragsniveau gefährdet werden. Grubber arbeitet beziehungsweise arDen Problemen von Fruchtfolgebeiten muss, um den Strohertrag einkrankheiten ist mit gutem Strohzuarbeiten. Insofern haben die in der management und richtiger EinarLiteratur genannten hohen C- und Nbeitung entgegenzuwirken. Die Gehalte in der „Mulchschicht“ (5 bis Technik von Kurzscheibenegge, 10 cm) kaum praktische Relevanz. Grubber und Sämaschine hat hier Der Verbleib von Pflanzenresten deutliche Fortschritte gebracht. auf der Bodenoberfläche führt zu eiDie Befahrbarkeit, besonders bei ner hohen Aktivität der Regenwürnasser Witterung, hat hier deutlimer, die das Material in den Boden che Effekte zugunsten der konsereinziehen. Damit schaffen sie eine vierenden Bodenbearbeitung gevertikal ausgerichtete Porenstruktur, bracht, wie zahlreiche Versuche an die die Infiltration von Niederschlag der Bundesforschungsanstalt für fördert sowie die Festigkeit des BoLandwirtschaft in Braunschweig dens und damit die Befahrbarkeit verund dem Institut für Landwirtbessert. schaftliche Verfahrenstechnik in Des Weiteren ist der WasserhausKiel gezeigt haben (Abbildung 3). halt von Bedeutung. Jede Form der Bodenbearbeitung führt zunächst einmal zu einem zusätzlichen Wasserverlust. Die wendende Bearbeitung Prof. Dr. Yves Reckleben bringt feuchten Boden an die OberfläLandwirtschaftskammer che, wo er schneller austrocknen kann Tel.: 0 43 31-94 53-246 und dem Einfluss der Witterung stä[email protected] Die Maisfeldtage der Landwirtschaftskammer dienen dazu, einen Überblick über das Sortenangebot zu bekommen und Leistungen von Maissorten einschätzen zu können. Fotos: Dr. Elke Grimme Laut statistischem Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein wurden in diesem Jahr insgesamt 696.000 ha Ackerfläche im nördlichsten Bundesland mit Marktfrüchten bestellt. Der Getreideanteil beläuft sich auf 30 %; Winterraps wurde auf 16 % der Gesamtfläche angebaut. Auf den Silomaisanbau entfielen 184.000 ha Ackerland (27 % der Gesamtfläche), das bedeutet eine Steigerung von 37.000 ha imVergleich zumVorjahr. Dieser sprunghafte Anstieg der Silomaisfläche ist vor allem mit der Produktion von Mais als Nachwachsendem Rohstoff zur Nutzung in Biogasanlagen zu erklären. Um die entsprechenden Silagemengen in den Anlagen bereitzustellen, ist neben der Produktionstechnik beim Maisanbau vor allem die Sortenwahl entscheidend. In der Praxis wird als wesentliches Merkmal der Sortenbeurteilung von Biogasmais der Trockenmasseertrag erachtet. Nicht außer Acht gelassen werden sollte auch die Abreife auf dem jeweiligen Standort. Auf Mais als Energieträger in der Rindviehfütterung entfallen seit Jahren zirka 90.000 ha der angebauten Ackerfläche. Die Qualitätsanforderungen an Silomais zur Steigerung der Grundfutterleistung werden nach wie vor züchterisch angestrebt. Um das genetische Leistungspotenzial des Maises zu bewerten, führt die Landwirt- Standorte der Maisfeldtage Wallsbüll Desmerciereskoog Tolk Witzwort Schuby Osterrönfeld Futterkamp Krumstedt Hemdingen Wotersen Termine der Maisfeldtage 2010 Datum 31. August 2. September 3. September 6. September 7. September 8. September 9. September 13. September 14. September 16. September Wochentag Dienstag Donnerstag Freitag Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Montag Dienstag Donnerstag Zeit 19 Uhr 19 Uhr 10 Uhr 19 Uhr 13.30 + 19 Uhr 19 Uhr 19 Uhr 19 Uhr 19 Uhr 19 Uhr Standort Hemdingen Wotersen Schuby Osterrönfeld Wallsbüll Futterkamp Desmerciereskoog Tolk Krumstedt Witzwort